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110 J. A. Hedvall. Zur Kritik der Arbeiten van Herrn Balarew iiber Reaktionen zwischen festen Stoffen. Von J. ARWD HEDVALL. Ein in dieser Zeitschrift, Bd. 160, S. 92, veroffentlichter neuer Versuch von Herrn BALAREW, seine vorgefaBte Meinung, dal3 Reaktionen zwischen festen Stoffen unmiiglich sind, weiter zu befestigen, ist schon in demselben Heft, S. 101, von TAMMANN zuriickgewiesen worden. Dem mit diesen Dingen vertrauten Leser bleibt danach eigent- lich nichts mehr ubrig von dem BALmEw'schen ,,Beitrag zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande". Ich hatte daher diesmal die Schrift unbeantwortet lassen kiinnen, zumal da der gegen die Re- sultate von mir und HEUBEEGER gerichtete Angriff einfach in einer Wiederholung der schon friiher l) ins Feld gefiihrten Ideen besteht. An der gegen seine damals veriiffentlichten nberlegungen im Detail ausgef~rten Kritik3 geht er niimlich ohne weiteres vorbei. Ich kann aber nicht umhin, auf einige ganz besondere fremd- artige MiSdeutungen etwas niiher einzugehen: Trotzdem ich in der genannten Kritik zeigte, daB sich Ba(OH), beim Reagieren ganz anders verhielt als BaO, so werden von BALAREW samtliche BaO- Reaktionen immerfort auf einen Ba(OH),-Gehalt des Oxyds zuriick- gefiihrt. Weil BALAREW nach Reiben und Mischen ein BaO-Priiparat mit 43O/, Ba(OH), bekommen hat, scheiut es ihm natiirlich, daB auch die BaO-Praparate, die von anderen Forscbern angewendet wurden, ebenso wasserreich gewesen seien. Auch in den Fdllen, wo das Oxyd in einem Strom von trockenem reinen Stickstoff bei 700 - 800 O entwlssert nnd nicht einmal wahrend des Mischens aus der trockenen N,-Atmosphare herausgenommen wurde 9, sollen also nach Herrn BALAREW die BaO-Beaktionen in der Bildung einer Ba(OH),-haltigen Schmelze ihren Grund haben ! xhnliche Uber- I) 2. mrg. u. allg. Chm. 124 (1923), 117. ') Z. anorg. u. allg. Ckm. 140 (1924), 243. Vgl. die genannte Kritik von mir S. 245ff.

Zur Kritik der Arbeiten von Herrn Balarew über Reaktionen zwischen festen Stoffen

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Page 1: Zur Kritik der Arbeiten von Herrn Balarew über Reaktionen zwischen festen Stoffen

110 J. A. Hedvall.

Zur Kritik der Arbeiten van Herrn Balarew iiber Reaktionen zwischen festen Stoffen.

Von J. ARWD HEDVALL.

Ein in dieser Zeitschrift, Bd. 160, S. 92, veroffentlichter neuer Versuch von Herrn BALAREW, seine vorgefaBte Meinung, dal3 Reaktionen zwischen festen Stoffen unmiiglich sind, weiter zu befestigen, ist schon in demselben Heft, S. 101, von TAMMANN zuriickgewiesen worden.

Dem mit diesen Dingen vertrauten Leser bleibt danach eigent- lich nichts mehr ubrig von dem BALmEw'schen ,,Beitrag zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande". Ich hatte daher diesmal die Schrift unbeantwortet lassen kiinnen, zumal da der gegen die Re- sultate von mir und HEUBEEGER gerichtete Angriff einfach in einer Wiederholung der schon friiher l) ins Feld gefiihrten Ideen besteht. An der gegen seine damals veriiffentlichten nberlegungen im Detail a u s g e f ~ r t e n Kritik3 geht er niimlich ohne weiteres vorbei.

Ich kann aber nicht umhin, auf einige ganz besondere fremd- artige MiSdeutungen etwas niiher einzugehen: Trotzdem ich in der genannten Kritik zeigte, daB sich Ba(OH), beim Reagieren ganz anders verhielt als BaO, so werden von BALAREW samtliche BaO- Reaktionen immerfort auf einen Ba(OH),-Gehalt des Oxyds zuriick- gefiihrt. Weil BALAREW nach Reiben und Mischen ein BaO-Priiparat mit 43O/, Ba(OH), bekommen hat, scheiut es ihm natiirlich, daB auch die BaO-Praparate, die von anderen Forscbern angewendet wurden, ebenso wasserreich gewesen seien. Auch in den Fdllen, wo das Oxyd in einem Strom von trockenem reinen Stickstoff bei 700 - 800 O entwlssert nnd nicht einmal wahrend des Mischens aus der trockenen N,-Atmosphare herausgenommen wurde 9, sollen also nach Herrn BALAREW die BaO-Beaktionen in der Bildung einer Ba(OH),-haltigen Schmelze ihren Grund haben ! xhnliche Uber-

I) 2. m r g . u. allg. Chm. 124 (1923), 117. ') Z. anorg. u. allg. Ckm. 140 (1924), 243.

Vgl. die genannte Kritik von mir S. 245ff.

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legungen, die in keinem einzigen Falle von eigenen, nach be- w a h r t e n Me t h 0 d en k r i t i s c h ausg e f ii h r t e n Versuchen gestiitzt werden, legt er auch seinem P6stuht zugrunde, da6 alle SrO- Reaktionen auf eine entstandene Sr(OH),-haltige Schmelze zuriick- gefiihrt werden mussen. l)

Fur die mit anderen Oxyden als BaO und SrO gemischten Systeme pa& natiirlich die Schmelzhypothese nicht mehr. Ohne jeden experimentellen Beleg erkliirt Herr BALABEW daher die dies- bezaglichen Reaktionen ganz einfach als ,,Destillationsprozesse". Seine gewohnliche Art zu Werke zu gehen, wird z. B. aus seiner Tabelle 1 sehr schbn exemplifiziert. Als Beispiel fiihre ich folgendes an: In dem System CaO + CuSO, findet er ein Gemisch, wo daa Salz bei der Reaktionstemperatur tatsLchlich einen, von W~HLER und PLUDDEXA" bestimmten, meEbaren Anhydriddruck besitzt.

Bus diesem und einigen anderen iihnlichen Faillen zieht Herr BALABEW gleich den SchluS, da6 samt l i che PbO-, CaO- und MgO- Reaktionen ,,in der Tat einfache Destillationsprozesse sind". Ale Beweismaterial hat er dabei selber auch das System CaO + ZnSO, angefiihrt und sich auf die von WOHLEB und PLUDDEMANN be- stimmten Zersetzungsdrucke von ZnSO, gestiitzt. Ich habe die Reaktionatemperatur von CaO rnit ZnSO, zu 520 & 6O 3 festgestellt, TAWANN zu 520O9); BALAREW zitiert einen Wert von 490°, der TAMMANN zugeschrieben wird. Nach der Arbeit von WOHIZR und PLUDDEMANN betragt aber der Zersetzungsdruck von ZnSO, bei 675O 5 mm und ist nach der Kurve bei jeder Temperatur unter 650° in diesem Zusammenhang sicher zu vernachlassigen! ,)

Es ist sohon ofters von mir erwiihnt worden - das letztemal im Zusammenhang mit den Oxyd-Sulfidreaktionen 5, -, daS gas- formige Produkte von erhitzten Salzen i n e in igen F a l l e n eine

I) Es sol1 in diesem Zusammenhange hervorgehoben werden, daB siimtliche von mir und meinen Mitarbeitern verSffentlichten Reaktionen mit entwiiseerten Prtiparaten (Oxyd, Sale) beobachtet wnrden.

*) 2. amrg. u. aRg. Ghehcna. 128 (1923), 5. Z. anoi-g. u. allg. Cham. 149 (1925), 47.

4, Es verdient iibrigens in diesem Zusammenhang hervorgehoben cu wcrden, da8 man bei diesen eehnellen Reaktionen nicht bloB mit dem G l e i c h - gewichtsdruck zu tun bat, eondern auch mit der Geschwindigkei t der thermischen Zersetzung. Letztere ist meiatens verhgltnismilBig gering. Vgl. 2. anorg. u. allg. Chew. 128 (1923), 7 und Ber. 41 (1908), 716.

b, 2. anorg. 26. allg. Chem. 164 (1926), 1.

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Rolie spielen kiinnen, und zwar sowohl in den Systemen, wo die Temperatur zufolge d e r in tens iven Reak t ion hoch steigt, wie auch in den Gemischen, wo die Anfangstcmperaturen ziemlich hoch licgen (CsO, Mg0). Es ist aber nuch geniigeiid hervorgehoben und zahlenmaBig gestiitzt worden, da6 es unmoglich ist, die vielen auf- fallenden RegelmaBigkeiten der ,,Platzwechselreaktionen" auf diese Weise zu erklaren. Filr den B e t r a g d e r Umse tzung kann d e r t h e r m i s c h e Ze r fa l l i n gewissen F a l l e n e ine Rol le spielen, h a t a b e r n i ch t s mi t dem Zus tandekommen d i e s e r Reak t ionen zu tun. Die Belege hierfiir sind selbstverstandlich der grund- legende Gedanke in jeder Abhandlung von mir und meinen Mit- arbeitern iiber dieses Thema, und es hat keinen Zweck, sie hier noch einmal im Detail zu wiederholen.

Die von uns untersuchten Systeme von CaO und MgO mit Phosphaten l), Silicaten, Aluminaten und Chromiten%) die sich hin- sichtlich der Reaktion genau 60 verhalten wie die ilbrigen, wird wohl auch BALABEW weder durch Schmelzen noch durch Destillationen e&l&ren konnen. An geschmolzenes Ca(OH), oder &(OH), ist jrt

doch nicht zu denken, und ebensowenig wohl an gasf6rmiges P,O,, SO,, A1,0, oder Cr,O, bei etwa 500°. Ich sehe also einer dritten Hypothese von Herrn BALAREW zur Ekklbwng dieser Beaktionen entgegen. Es geniigt namlich in diesen Systemen nicht einmal die von BALABEW vorgeschlagene ,,Korrektion" von etwa p l u s d re i - h u n d e r t Grad! Er hat namlich in der letzten Arbeit einen Ver- such ausgeffihrt aus dem resultierte, daf) die Temperaturdifferenz zwiachen einem Thermoelement am inneren Rande nnd einem im Zentrum des Tiegels etwa 300° betrigt. Nach diesem Befunde ver- mehrt er einfach die von TAMMANN gefundenen Reaktionstempera- turen um etwa 3000, wonach die betreffenden Systeme entweder der Schmelz- oder der Destillationshypothese zuginglioh werden!

Ich habe schon in der ersten Erwiderung an BALABEW~) er- wiihnt, wie man zu verfahren hat, urn genaue und reprodnzierbare Temperatnrbestimmungen vornehmen zu kannen, indem ich auf die in der Abhaudlung ,,Siiureplatzwechsel zwiachen festen Phasen UP") aiedergelegten Erfahrungen hinwies. Darin iet u. a. angegeben, da6

l) 2. unorg. u. dZg. Chem. 1% (1924), 49. *) Svensk hzm. tidsb. 1926, 166; Zbl. 19'25, 4, 1946. 7 2. amrg. u. allg. Chem. 140 (1924), 243. 4, 2. aaorg. u. aUg. C h n . 136 (1924), 69ff.

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man am besten mit einer Substanzmenge von 0,l-0,2 g und einem Temperaturanstieg von 1-2 Grad pro zahn Sekunden arbeitet. In dem einzigen Versuch der letzten BuAmw'schen Arbeit hat er aber 1 - 30 p r o S e k u n d e gehabt. Er hat also rnit einem rund zehnm a1 zu schnellen Temperaturanstieg erhitzt. Es miissen aber dabei auch noch andere Abweichungen von der erprobten richtigen Methodik vorgekommen sein, um die unglaublich groBen Temperatur- differenzen von 300 O hervorzurufen.

Leider muB ich Herrn BALAREW auah die Prioritat der Idee mit zwei Thermoelementen - einem im Zentrum und einem an der Peripherie - bestreiten. Sie ist scbon von mir und meinen Mitarbeitern als regelmtiBige Kontrolle langst gebraucht worden. l) Beim richtigen Arbeiten liegt die Temperaturdifferenz der beiden Elemente immer innerhalb der kleinsten Versuchsfehler, d. h. inner- halb der Grenzen des au0 verschiedenen Bestimmungen der Reaktions- temperatur ermittelten Mittelwerts, d. h. hiichstens 1-2 9

TAMMANN hat schon2) auf den sehr eigenartigen SchlnB von BALAREW, daB die Beaktionen, wo die Temperatur zufolge d e r R e a k t i o n ins Gebiet des Schmelzens oder der thermischen Zer- setzung steigt, keine Umsetzungen zwischen festen Stoffen sein konnen, aufmerksam gemacht. Einen ahnlichen FehlschluS macht BALAREW auch in bezug auf die von mir und E. NOBSTRBM unter- suchten Reaktionen zwischen Oxyden , Sulfiden und Sauerstoff. 3,

,,Wenn man die Resultate von W. BENDERES und E. GOUDBAU durch- studiert", sagt BALAREW, ,,so wird es klar, daB rneine Ergebnisse nicht als solche betrachtet werden k5nnen.L' Nach der richtig an- geftihrten Literaturangabe meint er vermutlich die bekannten Unter- suchungen von W. REINDERS und E. GODDRIAAN. Glenau wie in dem oben angefiihrten Beispiel mit CuSO, nimmt er ein System, wo i n bezug auf den G r a d d e r Umse tzung gasfarmige Anhy- dride in einigen Glemischen eine Rolle spielen kijnnen, und er ist gleich rnit dem SchluB fertig, daB nicht bloB in diesem System, sondern auch in slmtlichen anderen eben diese gasfijrmigen Anhy- dride die Reaktionen he rvor ru fen . Da6 eine solche Auffassung der Beaktionen nicht mit der von REINDEBS und GOUDRIAAN hervor- gehobenen langsamen Ausbildung des Gleichgewichts, nicht mit den

I) 2. anwg. u. allg. Chenz. 1% (1924), 77. *) 2. anorg. u. allg. Chem. 160 (1927), 103. ') 2. anorg. zb. a&. Chem. 154 (1926), Iff.

Z. morg. und allg. Chem. Ed. 162. 8

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von mir gemachten Beobachtungen uber die Oxydation von Cu,S bei den in Frage kommenden Versuchsbedingungen und nicht mit der schnellen und bei etwa gleicher Temperatur eintretenden Rertktion von Cu,S mit CaO, MgO und SrO vereinbar ist, la6t Herrn BALAREW ebenso unberiihrt wie das Verhalten der ZnS-, Ag,S-, Cr,C,-, FeSi,- uod Ca,P,-Systeme, wo die Reaktionen einiger oder siimtlicher Oxyde bei Temperaturen liegen, wo gasformige Anhydride bloB spurenweise bzw. gar nicht auftreten.

Auf eine Reihe von unrichtig angefuhrten Temperaturangaben und anderen Daten gehe ich hier nicht ein.

Orebro , C h i s o h s Laboraloriicm der Technisehen Sehde, im Miirz 1927.

Bei der Redaktion eingegaugen am Zl.M!irz 1927.