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Zur Okologie des KohlweiBlings (Pieris brassicae). Von Ii. Friedcriehs. (hus dem Entomologischen Seminar, Kostock.) (Nit 5 Abbildungen.) I. Wie sich dcr FraB auf Kohlriibenfeldern verteilt. Der Sommer 1929 brachte in Dleclilenburg starken SchadfraB durch P&is bmssiwe, und zwar nuch auf Kohlriibenfeldern, wahrend solche im Jahre 2930 wenigstens in der Rostocker Gegend nur selten ernstlich be- schadigt wurden. Es fie1 1929 auf, daB der Schaden sich oft nicht gleich- maBig iiber das Feld verteilte, sondern nur eine Anzahl Reihen von Pflanzen an einem Rande kahlgefressen war, darauf noch einige schwaclier befressene Reihen folgten und nach dem anderen Ende des Feldes zu der Schaden immer geringer wurde. Einige Falle mogen genauer geschildert werden : 1. Schwaan, 9. Oktober. Das beschriebene Bild des FraBes am Rande des Feldes war sehr deutlich bei Kohlrubenstreifen (Abb. l), die an einen Siidhang angrenzten, in dessen Mitte sich eine Chaussee und auf dessen Hohe sich ein Wald befand, so daB die ersten Kohlpflanzen- reihen sehr geschutzt lagen. Soweit die Kohlriiben a3f den Hang hinauf- reichten, waren sie kahl gefressen. Die anschlieaende Senke, aber auch eine Bodenerhebung, in welche sie sich fortsetzt, waren sehr wenig be- fressen. WeiBkohl war unterschiedslos iiberall dort fast kahl gefressen, Rotkohl nicht Ganzlich von den Raupen entblattert waren Kohlruben auf Sand, die mit Spargelpflanzen in der Weise abwechselten, daB die Ruben auf den aufgeworfenen Wallen standen, die Spargelpflanzen in den Graben. Die Elaupen fralSen nach Entblatterung auch an den Ruben, an deneii Erdraupen zugleich das Zerstorungswerk vollendeten. Es war hier und an anderen Stellen sehr deutlich, da13 auf Sandboden bei Durre, in- dem das Wachstum der Ruben zuruckblieb, der Schaden sich ungemein vergrofierte, da die Pflanzen die verlorene Substanz nicht ersetzen konnten. 2. Gegend zwischen P e n z i n und Blankenberg, 14. Oktober. Mehrere parallel laufende Kohlrubenstreifen, durch andere Kultnren ge-

Zur Ökologie des Kohlweißlings (Pieris brassicae)

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Zur Okologie des KohlweiBlings (Pieris brassicae). Von

Ii. Friedcriehs. (hus dem Entomologischen Seminar, Kostock.)

(Nit 5 Abbildungen.)

I. Wie sich dcr FraB auf Kohlriibenfeldern verteilt.

Der Sommer 1929 brachte in Dleclilenburg starken SchadfraB durch P&is bmssiwe, und zwar nuch auf Kohlriibenfeldern, wahrend solche im Jahre 2930 wenigstens in der Rostocker Gegend nur selten ernstlich be- schadigt wurden. Es fie1 1929 auf, daB der Schaden sich oft nicht gleich- maBig iiber das Feld verteilte, sondern nur eine Anzahl Reihen von Pflanzen an einem Rande kahlgefressen war, darauf noch einige schwaclier befressene Reihen folgten und nach dem anderen Ende des Feldes zu der Schaden immer geringer wurde. Einige Falle mogen genauer geschildert werden :

1. Schwaan, 9. Oktober. Das beschriebene Bild des FraBes am Rande des Feldes war sehr deutlich bei Kohlrubenstreifen (Abb. l), die an einen Siidhang angrenzten, in dessen Mitte sich eine Chaussee und auf dessen Hohe sich ein Wald befand, so daB die ersten Kohlpflanzen- reihen sehr geschutzt lagen. Soweit die Kohlriiben a 3 f den Hang hinauf- reichten, waren sie kahl gefressen. Die anschlieaende Senke, aber auch eine Bodenerhebung, in welche sie sich fortsetzt, waren sehr wenig be- fressen. WeiBkohl war unterschiedslos iiberall dort fast kahl gefressen, Rotkohl nicht Ganzlich von den Raupen entblattert waren Kohlruben auf Sand, die mit Spargelpflanzen in der Weise abwechselten, daB die Ruben auf den aufgeworfenen Wallen standen, die Spargelpflanzen in den Graben. Die Elaupen fralSen nach Entblatterung auch an den Ruben, an deneii Erdraupen zugleich das Zerstorungswerk vollendeten. Es war hier und an anderen Stellen sehr deutlich, da13 auf Sandboden bei Durre, in- dem das Wachstum der Ruben zuruckblieb, der Schaden sich ungemein vergrofierte, da die Pflanzen die verlorene Substanz nicht ersetzen konnten.

2. Gegend zwischen P e n z i n und B l a n k e n b e r g , 14. Oktober. Mehrere parallel laufende Kohlrubenstreifen, durch andere Kultnren ge-

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Fr ieder ic I i s : Zur Gkologie des I<ohLlvveiBlings (Pioris brassicae). 61i!)

trennt, grenzten mit der Schmalseite an einen TTaldrand. In dieseni an den T a l d grenaenden Teil w r e u sie kahlgefressen, snnst kaum beschadigt. Dcr Waldrand ist sonnig und liegt geschiitzt. In einem Winkel von 450 schriig gegenuber lag ein anderes Rubenfeld, auch dieses an Rald grenzend, aber nicht geschiitzt. Hier war auBer in den ersten beiden Reihen und an einer etwas einspriugendeu geschiitzten Ecke kein merkbarer Fran zu verzeichnen.

Ein riesiger Kohlriibenschlag, mini Teil in einer fenchten Niederung gelegen, aber zum Teil hiitier, iiberall nicht vor deiii Winde geschiitzt, war im allgemeincn kaum angegriffen und nirgends sehr stark befressen. Unmittelbar angrenzend befand sich ein Tal, das uur nach einer Seite hin

offen war. Ein kleiner Kohlrubenacker hier war kahlgefressen, ein anderer, am Eingang der Schlucht ungeschutzt gelegener nicht.

3. Gegend zwischen R o s t o c k und R o g g e n t i n , 8. Oktober Es wurde festgestellt, daB, je kleiner das Eohlriibenfeld, um so ofter Kahl- fral3 eingetreten war. Allerdings handelte es sich in swei Fallen n u r urn Pieris rapae.

4. Butzow. 25. September. Ein groRes Kohlriibenfeld innerhalb einer groBen, baumfreien Ebene (Wiesen) war praktisch wenig beschadigt, die Raupen meist schon verpuppt. Der FraB verteilte sich ungleichrnaBig iiber das gauze Peld, war aber am starksten (zurn Teil RahlfraB) an dern ICande, wo sicb in 75 m Entfernung Kiefernwald befand.

5. H e i l i g e n d a m m , 29. September. Das erste, sehr groBe Kohlrijben- feld, das untersucht wurde, lag auf einer Anh6he sehr nahe der See, allen Winden preisgegeben. Der RaupenfraB war kaum merklich: nur am Rande landeinmarts starker, wo etwas Windschuts war. Benachbarte Iiohlqarten,

3i *

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570 F r i e d e r i c h s :

ebenfalls im Windschutz, waren kahlgefressen, innerhalb einer Wiese aber nur iiidRig hefressen. In einer vor dem Winde einigermafien geschutzten Jlulde, wo ein Eohlriibenfeld lag, war der Frafi daran ziemlich stark. Die weiter inlands gelegenen Felder in dieser Gegend waren nur schmach befressen.

Urn zu erfahren, ob der starkere PraR aiii Rande auf Auswahl der hetreffenden Pflanzen durch den Schmetterling oder auf Wanderung der Raupen beruht, wurden im Sommer 1930 entsprechende Untersuchungen gemacht. In der Versuchsgartenwirtschaft der Lnndwirtschaftskammer bot sich gute Gelegenheit dam. Die Verteilung der Gelege in einer groSen Anpflanzung Ton Weifikohl und Rotkohl lie13 deutlich erkennen: erstens, dafi die Reihen am Rande uberhaupt starker belegt waren, und zweitens, daR die durch Hauser und eine Bodensenkung For dem Wind geschiitzte Lage eines Teils des Peldes dort die starkste Belegung auf sich gezogen hatte. Ein anderes Feld, ohne starken Windschutz, war gleichmlfliger belegt, doch am starksten an einem Rande, wo eiue Hecke und ein Haus angrenzten.

Eine groWe Weiljkohlpflanzung in dieser Gegend, auf freiem Felde liegend, dem Wind ausgesetzt, hatte auf 36 Pflanzen, wahllos heraus- gegriffen, 6 Gelege. Ein kleines nach Westen geschutztes Feld in der Nghe war sehr stark belegt, etwa 2 Gelege je Pflanze, ein anderes kleines, im freien Felde gelegenes praktisch frei von Gelegen.

Da die beobachteten Tatsachen mir auf Befragen von anderen Seiten bestatigt wurden, so konnen daraus - jedenfalls fur unsere Gegend - folgende Schl i isse gezogen werden:

1. Die Rander von Anpflanzungen, wo die KohlweiBlinge ihre Eier ablegen, werden oft vor der Mitte bevorzugt. In ausgesprochenster Weise geschieht diese Bevorzugung, wenn der betreffende Rand irgendwie vor dem Winde geschiitzt und sonnig ist.

2. J e kleiner die Anpflanzung, desto stiirker pflegt sie belegt zu werden. Zur Erklarung dieses Verhaltens der Falter kann folgendes dienen :

Sie sind sehr empfindlich pegen Witterungseinflusse, bevorzugen daher den Windschutz. Nasse ist ihnen sehr gefahrlich. In einem mannshohen Gazekafig im Versuchsgarten des Entomologischen Seminars in Rostock gingen die darin eingeschlossenen etwa hundert Falter an einem regne- rischen Tage zugrunde, obgleich durch ein dichtes Pflanzengewirr Gelegen- heit zum Verstecken geboten war. In einer groBen Wiesenebene wurde im Fruhjahr die Beobachtung gemacht, da13 die Falter an Grabenrandern Schutz gesucht hatten. In Ruhe am Spatnachmittag wurden ihrer viele an einem Sudhang an Pflanzen angetroffen. Warum auch, abgesehen von geschutzter Lage, Rander oft mehr belegt werden, bleibt dabei freilich eine offene Frage. VieJleicht wlrd rnancher Falter durch die erste Kohl- pflanze, an die er beim Anfliegen gerat, zur Eiablage gereizt, weil er reife Eier hat.

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Zur Oliologie des KohlneiBling> (Pieris brassicae). 2 5 7 1

DaR kleine Felder stiirker belegt werden, hat offenbar seine niichste Ursache darin, daR von deu herumfliegenden Faltern mehr auf die einzelne Pflanze kommen als in gronen Anpflanzungen, rollends wenn es sich hei den grofien Feldern uni solche run mehreren Hundert Norgen dusdehnung handelt. Verf. teilt iiberdies die ihni von Herrn Reg.-Rat Dr. S p e y e r , Stade, bricflicli ausgesprochene Verniiitung, dnB es auf einem solchen grol3en Schlag den Ealtern an Hlutennahrung fur sich selhst fehlt. Wir haben hier einen jener Ausnahmefiille ron den] Prinzip der Schiidlichkeit der Monokultur in bezug auf den Pflanzenschutz vor uns. mie Verf. deren mehrere in seinem Buch iiber die ,,Gruudfragen'L angefubrt hat.

Praktisch ist zu schlieBen, daB in geschutzten Lagen, insbesondere zn Sudhangen, und auf sandigem Boden groRerer Schade zu erwarten ist und MaBnahmen zum Schutae der Pflanzen notiger sind als anderswo, wenn man es nicht vorzieht, die Nahrungspflanzen des Kolilweifllings da anzubauen, wo sie weniger gefiihrdet sind. Diese Folgerungen gelten jedenfalls fur den fistlichen Teil des nordatlantischen Klimabezirks.

11. Einiges iiber vermehrungsbegrenzende Faktoren. In der soeben genannten klimatischen Region, in der Rostock liegt,

tritt zu Herbstbeginn in der Regel ein groRes Sterben bei den Kohl- weiBlingsraupen durch lhtoi i iophto~a sphaerosperwa 1) ein. I m Jahre 1929 jedoch, als wahrend des Sommers ein mehr kontinentales Klima auch an unserer Kuste herrschte, war diese Erankheit selten, und es ge- langten vie1 mehr Raupen als in anderen Jahren zur Verpuppung. Erst im Vorrucken des Herbstes, nach starkeren Niederschlagen urn den 9. Oktober, konnte die Krankheit haiifiger beobachtet werden, doch nicht in dem Um- fange wie gewohnlich. Gleichzeitig wurde eine ungemein starke Para- sitierung der Puppen durch PterornnEus puparuin beobachtet, wobei eine Puppengeneration von mehreren des Schmarotzers parasitiert wird, denn das Ausschlupfen des Pterornalus wurde in sonnigen Mittagsstunden be- obachtet.2) Setzen wir den Fall, daB ebenso, wie P. brassicae in unserem Kustenklima allgemein sehr unter der Pilzkrankheit zu leiden hat,3) sie im Binnenland mehr von Pterornalus puparum heimgesucht wird4) - von

I) Die Bestimmung verdankt Verf. Herrn Prof. L a c o n in Hohenheim. z, Und sie pElanzen sich dann alsbald weiter fort; man vergleiche das spater ge-

nannte Experiment. 3, An der Mecklenburgischen Kuste ist dies in ihrer ganzen dusdehnung der Fall,

wie ich 1930 feststellen konnte. Oher die Gegend BOD Hamburg schrieb A. S e l z e r in Internat. ent. Monatsschr. 11, 1917/18, S. 226-227: ,,Der KohlweiPling geht hier fast jedes Jahr seiner fast vollstandigen Vernichtung entgegen. Sehr haufig fliegt er hier im Friihjahr, selbst nach den raupenreichsten Jahren, nicht. . . :' Derselbe hutor fuhrt dann weiter aus, daB die Falter in jedem Jahre wieder aufs neue zufliegen.

4, Vermutlich verhalt es sich so, doch kann ich wegen der Lage meines Wohn- ortes das nicht feststellen.

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372 F r i e d e r iulis:

Apauteles p n z abgesehen - su miirde dns in Ubereinstimmung init dern V I I U F. C. C o o k 1) ausgesprochenen Grundsatz stehen, wonach irn Kern des Jlasseuverbreitungsgebietes eines Sckidlings derselbe weitgehend durch Parasiten in seiner Vermehrung beschriinlit werde, wogegen mehr peripher die Parasiten von geringerer Bedeutung seien und Gradationen kiufiger durch Seuchen znsammenbriichen. Tru Jahre 1929 naherten die klirnati- sclien Verhlltnisse bei uns in1 Sonirner sich mehr denen des Binneu- 1 an d es a1 s ge w o h n 1 ich .

W e meit die Vernichtung durch F~'t:llloniophforn gehen kann und in der Regel geht, erhellt aus folgendeiu: Ende September 1930 wurde an vielen Stellen, wo Baume oder Mauern in der Nahe von Kohl oder Rohlriiben standen, nnch Puppen gesucht. Xur drei typische Piille seien angef iihrt :

1. Kim Apantebs-Kokons, keine Pieris- Puppen. 2. Dasselbe, dazu 1 pteromalisierte Bcpe-Puppe. Im Jahre vorher

waren an dieser Stelle, einer Mauer, sehr viele Pieris-Puppen gefunden worden.

3. Zahllose Apai&leshiiufchen selbst hoch in den Kronen der Chausee- blume. Die apan telisierten Raupen mufiten zum Teil noch erstaunlich wei t gewandert sein. Die erreichbaren Kokonhaufchen konnten auf niehrere Hnndert geschatzt werden, die Zahl der erreichbaren lhassicne- Puppen betrug 3 gesunde, S abgestorbene (,,verjauchte"), 1 pteromalisierte.

Rechnet man nur 150 Eokonhaufcheu, und das einzelne Haufchen zu 20 Kokons, so ergibt das 3000 Apanteles, d. h. dieser Parasit geht an dieser Stelle mit mindestens tausend ma1 so riel Individuen in den Winter als der Wirt. Zugleich erkennt man, wie aufierordentlich wenig von den L'rassiuae-Puppen nur iibrig bleihen kann, da der Winter sie weitpr dezimiert.

Bemerkenswert ist auch, dafi die apantelisierten Raupen mindestens zum Teil dem Pilz nicht zu erliegen scheinen, da es ihnen doch gelingt, die Baume aufzusuchen zu einer Zeit, w o das Gros der nicht apantelisierten schon zugrunde gegangen ist und iiberall auf den Kohlblattern die breiig gewordenen, dann rertrockneten braunen Reste derselben zu finden sind. Dieser Punkt bedarf noch genauerer Untersuchung.

Dem Statistischen Amt in Schwerin verdanke ich die in Betracht kommenden klimatischen Mittelwerte von 1927, 1929 und 1930. Das Jahr 1927 war ein solches mit Enlomphtoraseuche (wie immer im Sep- tern ber); das folgende Jahr scheidet aus dieser Betrachtwg aus, weii Verf. sich rom September ab aul3erhalb Deutschlands aufhielt; 1929 nahm im September Pteromalzis iiberhand, und 1930 war wieder ein .Ento- mophtora-Jahr. Es galt, die Klimawerte hierzu in Beziehung zii bringen.

l ) W. C. C o o k s , A bioclimatic zonation for studying the economic distribution of njurious insects (Ecology, Vol. 10, 1929, S. 282-293).

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. -', Zur kdogie des Kohl\\ eiGliiigs (E'ieris lxassicae). J I 3

Was zunachst die m i t t l e i e Luf t ten ipern tur betrifft, so mar sie in1 Septeiiiber - als der liritischen Zeit - 1920 um 1,40 hoher als in den heiden anderen .Jnhren (Ah)-). 2). Hiernach sieht es so aus, als ob 1929 nur eiue wenig groDere TTarmezufuhr stattgefunden hatte. Man muR aber auBerdem d ie d u r c h Sonne in d e n Insek tenkorpe r ein-

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Abb. 2. Temperaturverlauf (Yonatsmittel) Abb. 3. Regentage April bis Oktober i n den Jahren Zeichenerkl#rung wie in Abb. 2. April his Oktober. 1927, 19?9, 19311.

ges t r ah l t e Warme in Betracht ziehen. Die Anzahl der Stunden mit Sonnenschein betrug 1927: 163,2; 1929: 202,3 und in 1930 mit seiner enormen Erztomoplztora-Epidemie nur 119,4.

Mit der F e u c h t i g k e i t liegt es umgekehrt. Die Anzah l de r R e g e n t a g e belief sich im September 1927 auf 12, 1929 auf 6, 1930 aber auf 18 (Abb. 3). Die Summe d e r Niederschlage war in 1927 gleichwohl nur gering: 46,16 mm; sie blisb sogar etwas hinter dem

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574 F r i e d e r i c h s .

1.5 jahrigen Mittel (62 iiim) zuriick (&Abb. 4). Sie war aber 1929 noch niedriger: 3,5.:12 iiiiu, iviihrend sie 1930 auf S8,39 stieg. Auch die m i t t l e r e r e l a t i v e T,uf t feucht igl ;e i t war rerschieden (Abb. 5): 1927 und 1930: 84 1929 aber n u r i 6 Es komiiit hinzu, daI3 die trockene Periode 1929 nicht erst im September eintrat, sondern die Xiedersclilage

Mumbe Abb. 4. Sumrne der Niederschlage April bis Oli-

tober in den Jahren 1927. 1919, 1920. ZeichonerklXrung wie bei Abb. 2.

bliebeu in] Juli, August und September urn 18,s bezw. 4S,O und 13,4 m m hinter dem 15 jahrigen Mittel zuruck. I n 1930 dapegen waren die Sieder- scliliige im Juli 93,9 mm, im August 18,4 mm und im September 35,3 niin hoher als iiii 15 jahrigen Mittel. Sehr bexeichnend ist auch, daR, als irn Oktober 1929 starkere Niederschlage einsetzten, die Seuche alsbald in einem gewissen MalSe einsetzte.

Da die starke Abhangigkeit der Pilzseuchen, auch anderer Seuchen, der InseBten von der Witterung be- kannt ist, so sind wir zu der Annahme berechtigt, daB die fur unsere Gegend abnormale Witterung im Sommer,

Abb. 5. Mittlere relatire Luftfeuchtigkeit April bis Oktober in den Jahren 1927, 1929, 1930.

ZeichenerklSrung wie bei Abb. 2.

insbesondere im September I 929 PteroiizaEus begunstigt und Entomophtora unterdruckt hat. Und zwar scheint die Anzahl der Regentage ausschlag- gebend zu sein, mit denen ja zugleich die Menge des Sonnenscheins und der durch ihn in die Raupen direkt eingestrahlten Warme steigt und fallt. Hierzu fehlen freilich Experimente, wieweit diese Raupen sich dem Sonnenschein aussetzen oder entziehen, wie iiberhmpt mancherlei Experi- mente zur Ergiinzung wunschenswert waren.1) Doch kommt es dabei

I) Unsere diesbezuglichen Einrichtungen waren und sind noch nicht fertig. Der Raum dafiir wird zurzeit gebaut.

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- - - Zur Ob-dogie deb Kolilweil3lings (Pierii hrassicae). . I 1 .)

nicht aliein auf die Ranpen an, die zwar 1929 vie1 starker als soust auftraten, aber auch ic den beideu anderen Jahren bis in den September liinein trefflich und zahlreich gediehen, sondern aiich auf das Terhalten von I’feroiuultis und dem PiIz.

Warum ergreift die Pilzseuche die sich in) Friihjahr entwickelnde 1. Generation aiclit? Die Temperatcr kann ebeuso niedrig wie in1 Sep- tember, die XegenmeRge kann grijRer seiu, auch die Anzahl der Regen- tage ; die Luftfeuchtigkeit kann fast ebenso hoch sein. Hierbei spielt sicherlich die Volksdichte der Raupen eine Rolle, aber es k n n u aulierdem aus irgendeinem Grunde, den wir nicht keunen, die 2. Generatiou physio- logisch geschwlcht, anfalliger sein.

Kicht geklart durch die Iilimatogramme wird auch die Frage, warum 1929 die zweite (vielleicht schon die erste Generation?) bei uns starker als gewijhnlich war. Man mu13 ja auch mit Zumanderung rechnen. Es ware zu nntersuchen, ob strenge Winter (1928!) auf gewisse Insekten gradationsfordernd einmirken.

Diese Untersuchungen sind zugleich ein treffliches Beispiel dafiir, da13 die Individuenzahl der Insekten grundsatzlich nicht durch das Elima allein, sondern durch dessen Zusammenwirken init b io t i schen Faktoren bestimmt wird, also durch den E inhe i t s f ak to r (da etwaige Variabilitat endogener Faktoren hinzukommen mag). Obgleich das Klima 1929 zur kritischen Zeit ein betrachtlich von dem der Jahre 1927 und 1930 ab- weichendes war, murde in allen drei Jahren die zweite Bmssicne-Generation hinweggerafft: einmal durch Pteroinalus, zweirual durch die Seuche; direkt bewirkend waren diese, auf das Klima verschieden reagierenden Faktoren. Das Klima totet bei uns auch in Jahren wie 1930 die groSeren Raupen nicht direkt ab; es bestimmt nur, ob sie der Seuche oder der SchlupL wespe Bum Opfer fallen - wenn die angenommenen Zusammenhange richtig erkannt sind.

Anders liegen die Dinge naturlich dam, wenn, wie es im Hochgebirge vermutlich der Fall ist, die 2. Raupengeneration restlos den friihen Nacht- frosten im Herbstbeginn zum Opfer fallt.

Das Schicksal der P. hrassicae im Herbst gibt eine gute Gelegenheit zu einer grundsatzlicheo Erorterung des Zusammenwirkens der Faktoren. Nach Thienemann’) gilt dabei das Gesetz des Miniinurns bezw. Pessi- mums: der pessimale Faktor gibt den Ausschlag fur die Zahl der Uber- lebenden und von seiten des Tieres dasjenige Stadium, das diesem Faktor gegenuber das Empfindlichste ist. Von meiner Seite ist die Verke t tung der Faktoren sehr betont worden, die gerade in diesem Falle sehr inter- essant in Erscheinung tritt. Der pessimale Faktor fur die Raupen der 2. Generation ist hier im gustenland in normalen Jahreu der Pilz, aber nur unter dem EinfluR von Witterungsfaktoren. Haben diese letzteren

’) Friederichs. Grundfragen und GesetzmaBigkeiten Bd. 1. S. 102.

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5 i ( i F r i e d e r 1 c 11 s :

nicht eiuen solchen Wert, d a B sie den I'ilz begiinstigcn, sonclern veriindern sicli iiach cler Kichtung ,.schiines Fetter", SO merden sie optimal fiir die Sclilupfn-espc P ~ ~ , Y J ~ ~ U ~ U . S , die dadurch itirerseits zum pessimalen Faktor (fiir die Puppe) wirtl. Fcrner sind dic Kitterungsfaktoren uutereinander so verbtinden, daR c's schmer ist, einen bestimmten von ihnen als aus- schlaggebend zu bezeichnen ; wir sahcn, daR die Anzahl der Regcctage am wichtigsten erscheint, uiit der aber zugleich die Sonnenscheindauer steigt und fallt, mit dieser dic eiir Verfiigung stehende Wiirmemenge und anch die Luftfeiichtigkeit. Der vorhin gebrauchte Ansdruck ,,Verkettung" der Fa lhren ist somit uuvolll-ommen, sie sind o r g a n i s c h miteinander (und dem Tier) verbunden.

P. 6masicae geht also hier i n normalen Jahren niit einer sehr ge- ringen Puppenzahl in den Winter, und 1920 gelangten zwar sehr viele Haupen zur Verpuppung, wurden aber dann Zuni grooten Teil parasitiert. Die groBe Zahl der mit Ptel-onznlus-Larven gefiillten Puppenhiillen bot aber Gelegenheit zu der Untersuchung, wieviele Puppen, parasitiert oder nicht parasitiert, den Viigeln Zuni Opfer fallen. Das war leicht dort zu untersuchen, wo Kiefernwald an das Kolilrubenfeld angrenzt; weil d a m die Stiimme der Kiefern zur Verpuppung aufgesncht werden. An zwei Waldriindern murden Einschnitte in die K.inde an jeder Stelle gemacht, wo eine Puppe (oder parasitenhaltige Puppenhullej angeheftet war. Jeder Haufe von Apniteles-Rokons wurde durch einen Strich gelber Farbe markiert. $chon im Laufe des Oktober verschmanden an dem ersten Wddrand die markierten Puppen groRtenteils, und es war an verbleibenden Resten zu erkennen, daR die Puppe von einem Vogelschnabel aufgehackt worden war. Eine Untersuchung am 25. April ergab, daR von 308 Puppen nur 3 erhalten geblieben maren. Diese waren aber parasitiert. AuRerdem wurden 3 lebende, unparasierte Puppen gefunden, die wir nicht markiert hatten. Die gelben Marken der Apanteles-Kokonhaufchen wurden an 30 Stellen wiedergefunden. Davon waren 15 Haufchen ganz oder fast ganz vernichtet, weitere 15 ganz oder teilweise erhalten.

An dem anderen Waldrand wurden im Oktober 315 Puppen markiert. Untersucht wurde zuerst am 4. Dezember. Es murden 28 lebende oder parasitierte Puppen uazerstort gefunden. Am 29. April 1) aber waren alle diese Puppen obne Ausnahme weggefressen, Reste davon aber oft noch vorhanden, an denen deutlich zu erkennen war, daR es sich um VogelfraS handelte. 2 )

Ein dritter Versuch bezog sich auf die Uberwinterung von im Versuchsgarten aufgezuchteten Raupen, die sich irn Herbst 1929 an den

I) Der Eohlweilling schliipft hier erst im Nai und Juni aus der Puppe. z, Im Eerbst 1930 wurdcn auf der Rinde alter Linden bei Grevesmiihlen viele

Urn Weihnaohten wurde nichts Apnuteles-Kokons und menige Pieris-Puppen gesehen. weiter als 1 lebende Puppe daran gefunden.

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Ijrettern des liijlzernen Ihfigs, der sie umgab, verpuppt Iiatten. Nit diesen Brettern wurde folgenderniaflen verfahreu.

1. Ein Teil der Bretter. wurde im Freien, ror Feinden durcli Stotf- gaze geschcitzt, aufgestellt ; schutzen sollte dies vor allem vor Ptcrol7zn1m. dber am 23. April 1030 wnrde festgestellt: es waren

2 lebend 36 parasitiert (I'terorizalrrs) 7s anclerweitig abgestorben. E'arasiten auszuschlieflen.

Es war also uicht gelungen, die

- 1:iti

2 , n e r z ~ e i t e Teil der Puppen murde durch weitniaschigen Dralit

9 lebend, 64 parasitiert, 57 nndermeitig abgestorbea, zusammen 130. 3. Uer dritte Teil befand sich an einem Holzrahmen, der in eineni

Apfelbaum aufgehiingt wurde. .50 lebend, 7 von Vogeln angepickt, 5 parasitiert, 43 anderweitig

abgestorben, zusammen 105. Der Winter 19%/30 mar bekanntlich milde. Stellt man die lebenden,

die parasitierten und die ,,verjauchtent' Puppen im Durchschnitt aller drei Versuche einander gegenuber, so erhalt man die Verhaltniszahlen 61 : 125 : 178, oder, menn man beide Todesursachen zusammenfaI3t 61 : 303 = etwa 1 : 5 . der Puppen am Leben geblieben. Es mu6 zugegeben werden, daB eine Raupe, die sich ihre Anheftungsstelle selbst sucht, oft geschiitzter iiber- wintern wird.

Andere Parasiten als Apunteles und Pteromalus traten nur ganz vereinzelt auf. Diese beiden gehen jedenfalls hier immer in griiBerer und zuweilen in ungeheuer vie1 groflerer Individuenzahl in den Winter als ihr Wirt und uberstehen den Winter anscheinend auch besser. Wie sich das richtige Verhffltnis, d. h. dasjenige das den Wirt bestehen laBt, im Fruhjahr wieder herstellt, ist noch eine offene Frage.

Der Grad der Parasitierung durch Pte.romaZus wurde (1929) an Material, das an verschiedenen Stellen bei Rostock und Butzow gesammelt mar, im Herbst festgestellt:

nur gegen Viigel geschiitzt. Es waren am 23. April

Es maren am 23. April

In 'dem Klima eines milden Winters waren also etwa

Brassicae Rapae - - - d b - Ab-

Ge- Para- Parasitiert ge- ge- sund sitiert Ge- sund storben storben

3 Stellen bei Rostock 22 69 (75,S0/0) 1 12 83 42 Butzom (1) . . . 23 86(78,9O/,) 2 12 363 0

,, (2) . . . 1 5 128(S7,0"/,) 4 - 5 1 60 283(82,50/,) 7 24 451 (94,940/,) 43

Es waren also 1529 von der Gesamtzahl der Bmssicue-Puppen der 2. Generation S0,85 O/,, bei Nichteinrechnung der andermeitig abgestorbenen S2,5O/,, parasitiert; bei Rapae waren die Zahlen 87,65 und 94,9401,.

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:)7S F r i e d c r i c h 5 :

Uni festzustellen ~ ob J ' t e ~ o ~ i l r t s mehrere Generationen in einei Puppengeneration \-on Brassiene hervnrbringt, wurden nicht parasitierte Bmssienc-Puppen am 2s. Septeinber 1929 mit frisch geschliipften Ptc/,o- /ucrlzrs im Labor zusammengebracht. Diese Puppen wurden in der Tat wieder parasitiert.

Die Verhaltnisse im Binnenland sind niir nicht au5 eigener Anschauung bekannt. Doch erhielt ich einige Nitteilungen dariiber Ton Herrn P. h 'angnow scn.. Berlin, als ich im Friihjahr 1928 Kohlweifllingspuppen von ihm bezog. Berlin liegt im sub- sarrnatischen Klimabezirl;, der kontinentales Kliina hat. Ich erhielt Anfang Marz die Nitteilung, es werde schwer sein, Puppen zu besuhaffen, da im Spatherbst das Gros von Schlupfwespen angestochen wurde ; sammle inan die Puppen friihzeitig ein, so pflegten sie nicht angestochen zu sein; die Parasitierung (der meisten) erfolge deninach erst irn Spatherbst. duf Grund dieser und meiner Beobachtungen darf man scblieDen, daB auch dort mehrere Schl upfwespengenerationen (es handelt sich vermutlich urn Pteronzalus) noch im Herbst aufeinanderfolgen und die Puppen mehr und mehr parasitieren. Herr R a n g n o w schrieb weiter: ,,Wenn eio Kohlfeld am Waldrand lie& so kriechen die Puppen Hunderte von Metern in den Wald hinein, um sich an den Baumen zu ver- puppen; dort bleiben sie parasitenfrei; die Schlupfwespen scheinen also den Wald zu meiden;') auf den Rieselfeldern hier lassen sie nichts durch den Winter kornmen, was nicht sich verborgen oder isoliert verpuppt hat.'L

Am 7. Marz sandte mir Herr R. etwa 150 lebende Puppen, von denen nur wenige parasitiert waren. Er hatte sie in der Umgegend Berlins an den Baumen einer Pappel- und einer Ulmenallee gefunden. Bus all diesem wird deutlich genug, daR bei Berlin der gleiche Sterblichkeits- faktor die meisten Herbstpuppen zum Erliegen bringt wie hier in] Jahre 1925 : Schlupfwespen. Auch im dortigen Klima kommen offenbar verhaltnismaBig wenig Puppen durch den Winter; es miissen aber niehr sein als hier, denn man konnte bei uns nicht 150 meist gesunde Puppen im Marz an nur zwei Stellen einsammeln.

Beziiglich der Verpuppung des KohlweiBlings ist noch folgendes zu bemerken: An einer Stelle, wo der Waldrand 75 m entfernt war, wurden bis 30 m in den Wald hinein Puppen gefunden. Die am weitesten voni Felde entfernten Puppen waren also als Raupen mindestens 105 m ge- wandert und zmar zum Teil bis in die Kronenhohe der Kiefern. Viele hatten sich am Gras des Waldbodens (aber nur am Rand des Waldes) verpuppt. Diese waren im Friihjahr restlos verschwunden. Offen bleibt die Frage, mie sich die Richtung der der Verpuppung vorhergehenden Wanderung bestimmt.

111. Flugzeit der 1. Beneration. Bus den uberwinternden Puppen der 2. Generation schliipfen die

Falter vereinzelt erst im letzten Junidrittel aus. Als Hijhepunkt der Fort-

l) Es bleibt zu untersuchen, ob die Pteromahs wirklich beschattete Stellen meiden. Ob Unsere hier an Wald rande rn gesammelten Puppen waren sehr stark parasitiert.

die Parasitierung tiefer hinein abnahm, ist mir nicht bekannt.

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Zur t 'tkologie des KohlweiClings (Pieris brassicae). 57 9

pflanzung der 1. Generation 1930 bei Rostock murde Juliende festgestellt. 1) Sowohl in unsereiii als anch im Versiichsgarten der Landmjrtschafts- Cammer murde zu dieser Zeit die Zahl der Ejgelege plijtzlich sehr grofl. Von 2 1 derselben wurde die hnzahl der Eier gezahlt.

122, 39, 148, SO, 70, 72, 31, 200, 124, 33, 30, 70, 58, 90, 109, 52, 71, 102, 133, 10'7, S.i. Zusammen 1S25 Eier. Blinimalzalil: 30. Maximal- zahl: 200. Durchschnitt 87 (S6,9).

IV. Xahrungapflanzen. In einem Versuchsgartenfeld, das R U S Wirsing, WeiBkohl und Hot-

kohl bestand, wurde konstatiert, daS die erstere Sorte am starksten belegt war, Weinkohl weniger und Rotkohl wenig. Gleichwohl wurde der Haupt- stelle fur Pflanzenschutz in Rostock, wie ich auf Befragen erfuhr, am 4. Juli 1930 starker PraB an 25 Morgen Rotkohl im Felde gemeldet.2) duch ist Rotkohl ohne Zweifel eine geeignete Nahrung fur die Raupen, bei der sie sich gut entwickeln konnen. Im Versuchsgarten wurde folgender Versuch gemacht: 1 g o n e Wirsingpflanze wurde mit 163 Eiern der 2. Generation besetzt

1 ,, Rotkohlpflanze ., ,, 163 Eiern der 2. Generation besetzt, die an WeiBkohl abgelegt waren

die an Rotkohl abgelegt waren.

A m Wirsingkohl wurden nach einigen Wochen 1 Puppe und 92 lebende

1 ,, Weil3kohlpflanze ,, 7 , 162 91 7, ,? 1, ,,

1 1) 7) 3, l l 175 Eiern der 2. Generation besetzt,

Zusammen 663 Eier.

Raupen gefunden, am WeiBkohl 70 lebende Raupen, am Rotkohl I war bereits alles verpilzt, am Rotkohl I1 aber 155 lebende Raupen vorhanden.

Urn Mitte September befand sich: am Wirsingkohl: 1 Puppe, sonst alles verpilzt, am WeiBkohl: alles verpilzt, am Rotkohl I: alles verpilzt, am Rotkohl 11: 36 lebende Puppen.

Es batten sich also aus 663 Eiern 37 Puppen entwickelt =5,60/,,, ein Ergebnis, das vermutlich vie1 giinstiger ist als das allgemeine, da j a

1) A. E e s s (in Zeitschr. f. angew. Ent. Bd. 4. S. 332) schrieb betroffs der Schweiz: ,,Urn den 1. August herum war (bei Bern) die Flugzeit uberall auf 3em Hohepunkt". Ferner: ,,In hoheren Lagen ist der BohIweiBling beinahe gleichzeitig wie im Tiefland aufgetreten", was sich offenbar ebenfalls auf die neue, die schadliche Generation bezieht.

Im ganzen lagen bei der Eauptstelle 1930 6 Meldungen von SchadfraB durch die 1. Generation vor (bis Ende Juli gerechnet), und zwar meisr an Kohlruben.

*) Also Schadfrafi durch die 1. Generation.

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5liO F r i e d e r ic l i s :

die Parasiten ganz atisgesclilossrn gewesen waren. Die Puppen aber er- martet dann nocli eine grol3e Sterblichlreit in1 Rinter, so daB die Selten- heit der Falter in1 Friihjahr sich leicht daraus erkliirt.

Kohlruben werden, wenn dem Falter die genannten Kohlartell zur Terfiigung steheu. vie1 weniger reichlich belegt als diese. I m Jahre 1930 war erheblicher SchadfraD an Kohlriiben hier selten, bei der starlien Gradation des Jahres 1919 jedoch hiiufig und auf Sandboden oft M a - strophal.

Zweinial wurde bemerkt, dal3 die Itailpen in Girten an l ' l .c,pn~olum 112ajus (Kapuzinerkresse) fraBen. Auch Meerrettig (C'l,rlzlearia amwmrin) murde 1020 hier und da kahlgefressen, aber nur durch iiberwandernde Raupeii nach Kahlfrafl dss Kohls, denn Pflanzen in der Nahe, die nicht an Kohl angrensten, blieben ganz verschont.

SchluDbcmerkuageii. Im ashre 1929 veroffentlichte Verf. mit F. S t e i n e r eine ,,erste Mitteilung" iiber

die Bedeutung des Lichts fur die Insektenentwicklung. Eine ,,erste Dlittcilung" war es in der Tat aucli insofern! als vorher iiber diesen Gegenstand so gut wie nichts bekannt gexTorden war. Aber auch diese Mitteiluog, auf nur einem, allerdings urnfangreichen (mit Tausenden von Raupen ausgefuhrten) Experiment beruhend, brachte, wie sich 1930 herausstellte, nur ein vorlaufiges Ergebnis, denn die gleichen Versuche im Jahre 1930. zum Teil wieder mit P. bmssicae ausgefuhrt, schienen bezuglich der Mortalitat durch Lichtmangel die Ergebcisse des Jahres 1929 nicht zu hestatigen. Sie wurden mit der 2. Generation ausgefuhrt, daher durch das Auftreten der erwahnten Seuche arg gestort. Man kann bei uns, wie daraus ersichtlich, nur mit der 1. Generation schlussige Ergeb- nisse erhalten, daher denn die Versuche im nachsten Jahre wieder aufgenommon wenleu miissen.

Ein merkwiirdiges Resultat aher sei schon jetzt mitgeteilt : Diejenigen Raupen, die im Dunkel aufgewachsen waren, verblieben in diesem Jahre auch als Puppen im Dunkel. Einige starben ab, die iibrigen, mebrere Dutzend, lieferten bis auf ein paar nach wenigen Wochen den Faltsr - nur sie, alle ubrigen, am Licht aufgewachsenen und am Licht verbliebenen Puppen uberwinterten als solche. Bevor Schliisse aus diesem Versuch gezogen werden, wird er wiederholt und variiert werden miissen. Es ist j a immerhin denkbar - obwohl Eiraupchen des gleichen Geleges nach Moglichkeit aaf verschiedene Bafige verteilt wunleo - da13 es sich urn die Nachkommenschaft eines einzelnen tri- voltinen Palters gehandelt haben konnte.

Die umfangreiche Literatur iiber den KohlweiBling ist in den vor- stehenden Mitteilungen h u m beriicksichtigt worden , da diese nicht ab- gernndet, sondern nur ein Einzelbeitrag zur Kenntnis eines unserer gemeinsten Schadlinge sein sollen, der trotz seiner Gewohnlichkeit uns noch allerlei Ratsel aufgibt.

Zusammenhssung. 1. Im mecklenburgischen Kiistenland wurde beobachtet, daR der Kohl-

weil3ling beim Ablegen der Eier oft die Rander der Anpflanzungen For der Nitte bevorzugt, in ausgesprochenster Weise diejenigen Rander, welche

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geschutzt uud sonuig liegen: der Falter selhst hedarf sehr des Schntzcs gegen raulie Titterung.

2. J e kleiner eine Anpflanzung ist, desto stiirker pflegt sie belegt zu merden: eine dusnahme von der Regel der Regiinstigung der Schfdlinge durch Monokultur. Es mird erortert, wie sich das erkliirt.

:{. I n der genannten Gegend ist in normalen Jahren der stdrliste rrrnPhrungsbegrenzende E'aktor der Pilz Eiato~r~ophto~n s~~hricro.sl,ci.~~cr,.

der in1 September die Raupen hinwegrafft. d l s jedoch 1928 das Iiliina in diesern Monat mehr kontinental war, blieh die Seuche aus, und die Raupen gelangten zur Verpuppung, u m dann aber vou der Schlupfwespe Ptero~~iulirs pupamwz auf ein Minimum reduziert zu merden. Mehr als eine Generation der Schlupf mespen schmarotzt iu einer Generation ron Ho hlweifilingspuppen.

Ausschlagebend fur die Art des Zusammeubruchs der Gradation ist vor allem die Anzahl der Etegentage m i September. Die kornplizierte Verbundenheit der oerschiedenen E'aktoren wird gekennzeichiiet.

4. A p z t e l e s geht hier immer und l'teerornalics ging 1929 in gewaltig viel grofierer Individuenzahl in den Winter hinein als der Virt, dessen Anzahl irr? Herbst stets auf ein Minimum herabsinkt und dann irn Winter noch eine grol3e Sterblichkeit hat, auch durch Vogel, mie genau und zum Teil zahlenniafiig verfolgt werden konnte. Der Angriff der Vbgel richtet sich zugleich auf die Schlupfwesen, dereu es aber dennoch auch im Fruh- jahr zuerst viel mehr geben mu13 als Kohlmeifiliuge.

5. Ptel-oinultrs priparunz parasitierte 1929 die Puppen der 2. Generatioa von Brcxssicae zu 80,S50/0, von Aapae zu 87,6501, im Durchschnitt der untersuchten Falle.

6. Angaben uber die der Verpuppung vorausgehende Wanderung der Raupen.

7. Das Ausschlupfen der Brassicae aus der Puppe dauert hier vom Mai bis ZUM letzten Junidrittel an. Eierzahl eines Geleges maximal 200, durchschnittlich 87.

8. Gewisse Kohlarten werden anderen vorgezogen, aber selbst an dem wenig beliebten Rotkohl kann starker Schadfrafi oorkommen. Gelegent- liche Putterpflanzen sind Tropaeolunz nzajtis und Cochlearia urntorack : an letztere werden aber keine Eier gelegt.