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Aus der Zahnklinik 2 Zahnärztliche Prothetik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Professor Dr. med. dent. Manfred Wichmann Zur relativen Aktivierung der Kaumuskeln beim Kauen von harter und weicher Nahrung mit unwillkürlicher Kraftentfaltung. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Sandra Fillmer aus Immenstadt

Zur relativen Aktivierung der Kaumuskeln beim Kauen von ... · Nach gängiger Ansicht wird die Mastikation vom Zentralnervensystem (ZNS) durch einen Reflexkreis gesteuert (8,19,42),

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Aus der Zahnklinik 2 – Zahnärztliche Prothetik

der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Direktor: Professor Dr. med. dent. Manfred Wichmann

Zur relativen Aktivierung der Kaumuskeln

beim Kauen von harter und weicher Nahrung

mit unwillkürlicher Kraftentfaltung.

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung der Doktorwürde

der Medizinischen Fakultät

der

Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

vorgelegt von

Sandra Fillmer

aus Immenstadt

Gedruckt mit der Erlaubnis der

Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen Nürnberg

Dekan: Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jürgen Schüttler

Referent: Prof. Dr. rer. nat. Peter Pröschel

Korreferent: Prof. Dr. med. dent. Manfred Wichmann

Tag der mündlichen Prüfung: 06.07.2011

Widmung Die vorliegende Arbeit widme ich meiner gesamten Familie, allen voran

meinem Opa der die Fertigstellung der Arbeit leider nicht mehr erleben

konnte.

Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung/Summary…………………………………………… 1

2. Einleitung und Problemstellung…………………………………............ 5

2.1. Zur motorischen Steuerung des Kauvorgangs………………... 5

2.2. Neuromuskuläre Schutzmechanismen…………………........... 6

2.3. Zum möglichen Einfluss der Bißkraft auf die

relative Aktivierung……………………………………………….. 9

2.4. Problemstellung…………………………………………………. 10

2.5. Zielsetzung………………………………………………………. 11

3. Material und Methode…………………………………………………… 12

3.1. Probanden und grundsätzliches Vorgehen…………………... 12

3.2. Registrierung der Muskelaktivitäten und der

Unterkieferbewegungen………………………………………… 13

3.3. Ablauf der Messungen…………………………………………. 14

3.4. Auswertung………………………………………………………. 15

4. Ergebnisse……………………………………………………………….. 19

4.1. Allgemein………………………………………………………… 19

4.2. Zeitlicher Verlauf der Muskelaktivitäten………………………. 20

4.3. Zeitlicher Verlauf der Aktivitätsverhältnisse………………….. 24

4.4. Zeitlicher Verlauf der minimalen interokklusalen

Distanzen………………………………………………………… 28

4.5. Korrelationen zwischen A/B-Verhältnissen und MIDs………. 29

4.6. Korrelationen zwischen A/B-Verhältnissen

und Muskelaktivitäten…………………………………………… 31

5. Diskussion…………………………………………………………………32

6. Schlussfolgerungen……………………………………………………... 39

7. Literaturverzeichnis……………………………………………………… 40

8. Abkürzungsverzeichnis…………………………………………………. 45

9. Danksagung……………………………………………………………… 46

10. Lebenslauf………………………………………………………………... 47

1

1 Zusammenfassung

Problemstellung und Zielsetzung

Neuere Untersuchungen zeigen, dass bei einer Abnahme der minimalen

interokklusalen Distanz (MID) in aufeinanderfolgenden Kauzyklen das

Arbeits/Balanceseiten Verhältnis (A/B-Verhältnis) der Masseteraktivitäten

zunimmt. Dieser Effekt, der "MID-abhängigen relativen Aktivierung" wurde

als Schutzstrategie gedeutet, die verhindern soll, dass sich Zähne auf der

Balanceseite beim Kauen destruktiv berühren. Diese logische Deutung ist

noch nicht hinreichend gesichert, da Änderungen des A/B-Verhältnisses

auch als Folge unterschiedlicher Kaukräfte beim Kauen unterschiedlich

harter Nahrung beobachtet wurden. Da eine Veränderung der MID beim

Kauen meist mit einer Veränderung der Kaukraft einhergeht, kann sich

theoretisch hinter der MID-abhängigen relativen Aktivierung tatsächlich eine

Abhängigkeit von der Kaukraft verbergen. Die Beantwortung dieser Frage ist

zum Verständnis neuromuskulärer Strategien, die für physiologische

Funktionabläufe bestimmend sind, wichtig. Ziel dieser Arbeit war es, die

These zu prüfen, dass die A/B-Verhältnisse der Mm. masseteres beim Kauen

primär von der MID abhängen und dass die Kaukraft nur über ihre mögliche

Assoziation zur MID mit den A/B-Verhältnissen korreliert ist.

Material und Methoden

Bei 24 funktionsgesunden männlichen Probanden wurden die Unterkiefer-

bewegungen sowie die elektrischen Aktivitäten der Mm. masseteres und

temporales bei rechts - und linksseitigem Kauen von "weichen" und "harten"

Gummibären gleicher Sorte und Charge aufgezeichnet. Für jede Person und

jeden Kauzyklus wurden aus den Unterkieferbewegungen die MIDs und aus

den r.m.s.-Elektromyogrammen die Aktivitätsamplituden und deren A/B-

Verhältnisse ermittelt. MIDs, Aktivitätsamplituden und A/B-Verhältnisse

wurden pro Kauzyklus über die Anzahl der Personen gemittelt. Die mittleren

A/B-Verhältnisse wurden einerseits mit den MIDs, andererseits mit den

Aktivitätsamplituden korreliert und die Beschaffenheit und Qualität der

Korrelationen miteinander verglichen.

2

Ergebnisse

Beim Kauen harter Nahrung waren die Muskelaktivitäten signifikant höher

und die A/B-Verhältnisse kleiner als mit weicher Nahrung. Gleichzeitig waren

bei harter Nahrung die MIDs signifikant größer. Mit beiden Konsistenzen

waren die A/B-Verhältnisse signifikant und eng mit den MIDs korreliert. Die

MID-Abhängigkeiten der A/B-Verhältnisse bei hartem und weichem Kaugut

gingen stetig ineinander über. Unabhängig vom Kaugut zeigten die A/B-

Verhältnisse eine signifikante und enge Korrelation zur MID, die durch eine

Potenzfunktion vom Typ 1/xa beschrieben werden konnte.

Im Gegensatz dazu ergaben sich zwischen den A/B-Verhältnissen und der

Muskelaktivität nur moderate und kaum signifikante Korrelationen.

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse sprechen für die zu prüfende Ausgangsthese, dass das A/B-

Verhältnis primär von der MID beeinflusst wird. Ein beobachteter grober

Zusammenhang zwischen der Kaukraft und dem A/B-Verhältnis ließ sich auf

die größeren MIDs zurückführen, die bei der härteren Nahrung auftraten.

Unter Brücksichtigung der experimentellen Einschränkungen bekräftigen die

Ergebnisse die Vermutung, dass die neuromuskuläre Steuerung in Form der

MID-abhängigen relativen Aktivierung primär eine Strategie zur Kontrolle von

Okklusalkontakten anwendet. Die in der Literatur postulierte Rekrutierung

zusätzlicher balanceseitiger Masseteraktivität bei erhöhtem Kraftbedarf

könnte eine Sekundärstrategie darstellen, die jedoch bei der Zerkleinerung

eines bestimmten Kauguts der MID-abhängigen relativen Aktivierung

untergeordnet ist. Um diese erstmalig getroffenen Aussagen zu erhärten

wäre es sinnvoll, das vorliegende Experiment durch erweiterte, modifizierte

Kaukraftvorgaben und Bolushärten zu wiederholen.

3

Summary

Problem and aims

Recent research indicated that with decreasing minimal interocclusal

distance of the jaw gape in sequent chewing strokes(MID) there results a

increasing ratio between the working- balancing- activity of the masseter

muscles . This effect of the “MID- depending relative activation” is suspected

as a protection strategy for inhibiting destructive tooth contacts on the

balancing side during chewing. This logic interpretation has not already been

saved enough, as changes in the working- balancing- ratio may also be a

result of different chewing forces during chewing food with different hard

properties. As a change of the MID during chewing is mostly accompanied by

a change of the bite forces, it could theoretically be possible that a

dependence of the bite forces of the MID-depending relative activation is

hiding. The reply of this question is important for the understanding of

neuromuscular strategies that set the tone for physiological function

procederes. This study aimed to prove the thesis that working- balancing-

ratios of the masseter muscles are primarily depending on the MID and

further that the chewing force is only correlated to working- balancing ratios

over its possible association to the MID.

Materials and methods

In 24 healthy male students, the jaw movements and the electric activities of

the masseter muscles and temporales muscles were recorded during

chewing soft and heard Gummi Bears on the right and on the left side. For

each person and each chewing stroke the MIDs were determined out of the

jaw movements - the activity amplitudes and its w-b ratios were detected out

of the r.m.s.- electromyograms. MIDs, activity amplitudes and w-b ratios were

averaged for each chewing stroke over the number of test persons. The

averaged w-b ratios were correlated on the one hand with the MIDs, on the

other hand with the activity amplitudes. The texture and the quality of the

correlations were compared.

4

Results

In chewing hard food the muscle activities were higher and the w-b- ratios

were lower than in chewing soft food. The MIDs were also significant larger

in chewing hard food. Both hard and soft food the w-b- ratios were significant

and strictly correlated to the MIDs. The MID- dependences of the w-b ratios

blended into each other in both cases. Irrespective from the kind of food the

w-b ratios showed a significant and tight correlation to the MID that could be

descriped with a power function type 1/xª.

In contrast there is only a moderate correlation between the w-b-ratios and

the muscle activity.

Conclusions

The results prove the entire thesis that the w-b- ratio is primarily influenced

by the MID. An observed rough context between the chewing force and the

w-b- ratio could be traced back to the bigger MIDs that appeared in the case

of chewing harder food. Considering the experimentally limits the results

support the suspicion that the neuromuscular control, in terms of the MID-

depending relative activation, primarily utilizes a strategy to control occlusal

contacts. Literature postulates an additional recrution of balancing- sided

masseter activity when more bite force is needed- this could be a secondary

strategy that is subordinate to the MID- depending relative activation when

hackling certain food. To corrobarate these results it would be suggestive to

repeat this experiment in an enlarged way, especially in regard to modified

chewing force tasks and different bolus properties.

5

2 Einleitung und Problemstellung

2.1 Zur neuromuskulären Steuerung des Kauvorgangs

Die Kenntnis der Strategien nach denen die motorischen Steuerzentren des

neuromuskulären Systems die Kräfte der Kaumuskeln auf die Zahnreihen

und das Kiefergelenk verteilen, ist für das Verständnis der Funktion des

Kauorgans von grundlegendem Interesse.

Nach gängiger Ansicht wird die Mastikation vom Zentralnervensystem (ZNS)

durch einen Reflexkreis gesteuert (8,19,42), der im Wesentlichen aus einem

Zusammenspiel von zentralen und peripheren Elementen besteht. Man

nimmt an, dass sich im ZNS, genauer im Hirnstamm, ein sog. zentraler

Mustergenerator befindet (19). Dieser besteht aus spezialisierten

Neuronenverbänden, die ein gleichbleibendes Aktivierungsmuster erzeugen

welches zu ebenso stereotypen zyklisch-rhythmischen Öffnungs- und

Schließbewegungen des Unterkiefers führt (8,19,29). Dieses

Bewegungsmuster muss allerdings an die sich ständig verändernden

Bedingungen bei der Mastikation angepasst werden. Diese resultieren aus

Volumen, - Textur, - und Lageänderungen des Speisebolus. Das

neuromuskuläre System muss daher die Aktivierung aller Kaumuskeln

fortgesetzt modifizieren um eine optimale Kraftübertragung auf Zahnreihen

und Kiefergelenke bei den variablen Belastungssituationen zu gewährleisten.

Zur Modifikation der stereotypen mastikatorischen Grundaktivierung nutzt

das ZNS zahlreiche "periphere" sensorische Informationen.

Hierzu gehören zum einen Informationen aus der Mundhöhle über Menge,

Konsistenz, Geschmack und Temperatur des Kauguts, die von Temperatur -,

Tast - und Chemosensoren generiert werden. Zum anderen werden

Informationen über die Kieferposition - und bewegung sowie über die Bißkraft

und die Kiefergelenkbelastung durch spezielle Mechanosensoren erfasst, die

für die Wahrnehmung von Vibration, Druck und Bewegung zuständig sind.

Dabei handelt es sich um Haut - und Schleimhautrezeptoren,

Muskelspindeln, parodontale Rezeptoren und Rezeptoren in der Kapsel des

Kiefergelenks (5,7,8,12,16,23,27,34,42). Alle diese Sensoren leiten ihre

afferenten Signale via Hirnstamm und Thalamus an den mastikatorischen

6

Cortex weiter, wo sie verarbeitet werden. Die Efferenzen ziehen vom Cortex

über den Thalamus und das Corpus striatum wieder zum Hirnstamm, und

gelangen über das Rückenmark zu den Kaumuskeln (8,19).

2.2 Neuromuskuläre Schutzmechanismen

Reflexe

Die Steuerung der mastikatorischen Bewegungen und Krafteinwirkungen

erfolgt nach den Idealvorstellungen der Funktionsdiagnostik so, dass die

Zahnreihen harmonisch und störungsfrei aufeinander gleiten und dass die

kraftaufnehmenden Strukturen nicht überlastet werden. Zu diesen Strukturen

gehören die Zahnreihen, das Kiefergelenk und die Kaumuskeln selbst, die ja

für jegliche Kraftproduktion ursächlich sind.

Okklusale Gleithindernisse in Form von Fehlkontakten wurden in der

Funktionslehre seit Jahrzehnten (und werden immer noch) als potentielle

Ursachen für Überlastungen der oralen Strukturen und damit auch für

Schäden der Zahnreihen oder des Kiefergelenks angesehen. Zur Reaktion

auf - und zur möglichen Adaptation an solche okklusalen Fehlkontakte besitzt

das neuromuskuläre System Schutzmechanismen, als deren zentrales

Element bislang die Reflextätigkeit angesehen wurde (8). Ein speziell für den

Bereich des Kausystems sehr bekannter Reflex ist der Mundöffnungsreflex.

Er sorgt dafür, dass die Kontraktion der Kaumuskeln und damit der

Kauvorgang sofort unterbrochen wird, wenn z.B. auf einen Kirschkern oder

eine Schrotkugel gebissen wird. Neben diesem zwar wichtigen aber selten

gebrauchten Schutzmechanismus gibt es andere Phänomene - sog.

exterozeptive Reflexe - von denen angenommen wird, dass sie eine

Schutzfunktion besitzen (8,18,42). Exterozeptive Reflexe werden

experimentell durch taktile Reize wie z.B. Beklopfen der Wangen,

Mundschleimhaut oder Zähne ausgelöst und führen zu kurzen Inhibitionen

der Kaumuskelaktivierung. Obwohl hierbei bislang keine adäquaten

Reduktionen der Bißkraft nachgewiesen wurden, nimmt man an, dass mit

Hilfe dieser Mechanismen insbesondere kleinere Störungen, die während

des Kauvorgangs auftreten, beherrscht werden können ohne den

7

funktionellen Ablauf zu unterbrechen. Diese Annahme basiert auf

Experimenten, die zumeist bei isometrischem Beißen mit geringen Bißkräften

und großen Bißsperrungen durchgeführt wurden. Da beim eigentlichen

Kauen jedoch sehr hohe Kräfte von ca. 200 bis 300 N (24) bei

Zahnabständen von wenigen Zehntel Millimetern (31,33) ausgeübt werden,

ist es nicht bekannt, in wie weit die exterozeptive Inhibition hierbei überhaupt

eine Rolle spielt. Einige neuere Untersuchungen deuten sogar darauf hin,

dass exterozeptive Reflexe mit enger werdendem Zahnabstand an

Wirksamkeit verlieren (18,40,42).

Die "bißsperrungs - bzw. MID - abhängige relative Aktivierung" als ein bisher

unbekannter Schutzmechanismus

Neuere Studien legen nahe, dass das neuromuskuläre System über einen

bisher nicht bekannten Schutzmechanismus verfügt, der dafür sorgt, dass

unerwünschte direkte Zahnkontakte, die beim Kauen auftreten, nicht zu

unphysiologischen Belastungen der Zähne oder des Kiefergelenks führen.

Dieser Schutzmechanismus ist vor allen Dingen zur Kontrolle der

Auswirkungen von sog. Balancekontakten von Bedeutung. Dies sind

Zahnkontakte, die beim einseitigen Kauen oder Zusammenbeißen auf der

Balanceseite (BS) auftreten können. Als Balanceseite bezeichnet man

diejenige Seite, die der sog. Arbeitsseite (AS) gegenüberliegt, auf der gekaut,

oder auf ein Testobjekt gebissen wird. Durch das komprimierte Kaugut oder

Testobjekt verbleibt auf der AS ein vertikaler Spalt zwischen den Zähnen, der

als "Bißsperrung" bezeichnet wird. Für die Bißsperrung beim Kauen

verwendet man auch synonym den Begriff "minimale interokklusale Distanz"

(MID) (30,31).

Unter der "bißsperrungs - bzw. MID - abhängigen relativen Aktivierung" der

Kaumuskeln, versteht man die Erscheinung, dass beim einseitigen Beißen

oder Kauen die wechselseitigen Verhältnisse der elektrischen Aktivitäten von

je zwei Elevatorenmuskeln mit der Bißsperrung bzw. MID assoziiert sind

(30,31). Dies wurde an den Arbeits/Balanceseiten-Verhältnissen (A/B-

Verhältnis) der beiden Masseter - bzw Temporalismuskeln und an den

8

Temporalis/Masseter-Verhältnissen (T/M-Verhältnis) der jeweiligen Muskeln

auf der AS bzw. auf der BS beobachtet.

Abb.1 A/B-Verhältnisse (W/B-ratio) der Mm. Masseteres in

Abhängigkeit von der Bißsperrung beim isometrischen

Beißen bzw. der MID beim Kauen (nach (31)).

Speziell das A/B-Verhältnis der Massetermuskeln wurde mit abnehmender

Bißsperrung bzw. MID beim isometrischen Beißen bzw. Kauen immer größer

(Abb.1). D.h. die Muskelaktivierung wurde bezüglich der Seiten zunehmend

asymmetrischer (30,31). Diese steigende Asymmetrie wurde von einer

deutlichen Abnahme der Masseteraktivität auf der BS verursacht, wobei die

Masseteraktivität auf der AS weitgehend konstant blieb.

Der letztere Befund führte zur Vermutung, dass die bißsperrungsabhängige

relative Aktivierung eine neuromuskuläre Strategie zur Kontrolle von BS

Kontakten sein könnte.

Diese Vermutung basiert auf biomechanischen Überlegungen, die ihrerseits

durch experimentelle Beobachtungen verifiziert sind:

Wenn ein Bolus auf einer Seite gekaut wird, verformt sich die Mandibula

(14,15) und der Unterkiefer kippt um den Bolus (1,14,15,25,26). Der gleiche

Effekt ergibt sich, wenn auf einer Seite isometrisch auf ein Objekt gebissen

wird. Durch die Kippung des Unterkiefers hebt sich die BS Kieferhälfte an. Ist

die MID oder die Bißsperrung durch das Kaugut bzw. das gebissene Objekt

groß genug, z.B. 2 Millimeter oder größer, so wird die BS Unterkieferzahn-

reihe auch bei hoher Bißkraft balanciert ohne dabei die Oberkieferzahnreihe

9

zu berühren. Ist dagegen die MID oder die Bißsperrung kleiner als 2

Millimeter, so kann abhängig von der Bißkraft und den individuellen

anatomischen Verhältnissen die Hebung der BS Zahnreihe in die

Größenordnung der MID kommen, was dann zu Zahnkontakten (22,39) oder

einer Überlastung des Kiefergelenks auf der BS führen könnte (8,26).

Es ist biomechanisch logisch und durch eine aktuelle Untersuchung (39)

experimentell untermauert, dass in der beschriebenen Situation eine

Reduktion der BS Masseteraktivität die Kippung des Unterkiefers um den

Bolus vermindert, und so die Anhebung des Unterkiefers auf der

Balanceseite verringert. Somit kann ein Zusammenprall der Zähne von Ober-

und Unterkiefer auf der BS verhindert oder zumindest kontrolliert werden.

Dieser Mechanismus kann erklären, warum durch das Kauen normalerweise

keine Okklusionsschäden der Zähne oder Dysfunktionen des Kausystems

verursacht werden.

2.3 Zum möglichen Einfluß der Bißkraft auf die relative Aktivierung

Die beschriebene Sicherheitsstrategie beruht nach bisherigen Erkenntnissen

auf einer neuromuskulären Steuerung der relativen Aktivierung, die sich am

vertikalen Zahnabstand orientiert. Dies ist zwar durch die Assoziation

zwischen Bißsperrung bzw. MID und relativer Muskelaktivierung offenkundig,

es ist aber dennoch nicht klar, ob tatsächlich eine afferente Information über

den vertikalen Zahnabstand in den motorischen Steuerzentren verarbeitet

wird und ob diese Information von lagesensitiven Mechanorezeptoren

stammt.

Gewisse Zweifel an einem kausalen Zusammenhang zwischen Bißsperrung

und Muskelsteuerung ergeben sich aus der Tatsache, dass insbesondere bei

Kauvorgängen mit zunehmender Kompression der Nahrung nicht nur die

MID abnimmt, sondern gleichzeitig auch immer die Bißkraft zunimmt.

Dementsprechend wurden auch in mehreren Studien grobe

Zusammenhänge zwischen der Kaukraft und der relativen Muskelaktivierung

dokumentiert und entsprechend interpretiert:

W.L. Hylander et al. (9) analysierten die Funktion des M. masseter während

des Kauens bei Macaca fascicularis. Dabei verglichen die Autoren das A/B-

10

Verhältnis der Mm. masseteres beim Kauen harter Nahrung im Gegensatz zu

weicher Nahrung. Es zeigte sich, dass dieses Verhältnis beim Kauen harter

Nahrung symmetrischer war. Da gleichzeitig bei der härteren Nahrung

höhere Kaukräfte auftraten, wurde gefolgert, dass die Kaukraft die relative

Muskelaktivität beeinflusst (9,44). In einem ähnlichen Experiment, das aber

an Menschen durchgeführt wurde, verglichen Blanksma und van Eijden (3)

die EMG Amplituden beim Kauen von Gummibären mit denen beim Kauen

von Lakritze, welche einen höheren mechanischen Widerstand besitzt. Hier

zeigte sich beim Kauen der zäheren Nahrung eine höhere Muskelaktivität

was auch höhere Kaukräfte vermuten läßt. Parallel dazu war das A/B-

Verhältnis beim Kauen der zäheren Nahrung kleiner, d.h. symmetrischer als

beim Kauen der weicheren Nahrung. Daraus wurde geschlossen, dass der

M. masseter auf der BS verstärkt herangezogen wird, wenn mehr Bißkraft

erzeugt werden soll (3). Zu ähnlichen Ergebnissen kam schließlich auch eine

Studie von Piancino et al (28) in der ebenfalls Masseter A/B-Verhältnisse

beim Kauen zäher und weicher Nahrung verglichen wurden. Aus dem

symmetrischeren A/B-Verhältnis mit zäher Nahrung wurde auf eine mögliche

Schutzfunktion hinsichtlich des Kiefergelenks geschlossen.

Die genannten Studien interpretieren somit alle die Änderung der relativen

Aktivierung als Folge eines erhöhen Kraftbedarfs. In jeder dieser Arbeiten

kam zwar explizit oder implizit zum Ausdruck, dass die verschieden harten

Nahrungen auch mit unterschiedlichen Interokklusalabständen assoziiert

waren. Es wurden jedoch diesbezüglich keine weiteren Untersuchungen

angestellt.

2.4 Problemstellung

Die Frage, ob die zur Steuerung der relativen Kaumuskelaktivierung nötige

afferente periphere Information aus einer sensorischen Wahrnehmung der

Bißkraft oder aber der Bißsperrung resultiert, ist nicht nur von rein

wissenschaftlichem Interesse. Eine Beantwortung dieser Frage könnte auch

im Hinblick auf zahnärztliche Behandlungen von Bedeutung sein, bei denen

natürliche sensorische Informationsquellen z.B. bei der Extraktion von

Zähnen verloren gehen. Zur experimentellen Beantwortung der obigen

11

Frage müsste man die Bißkraft während des Kauens - also die sog.

"Kaukraft" - messen und diese zu den Aktivitätsverhältnissen in Beziehung

setzen. Hierfür müsste die Kaukraft intraoral zwischen den Zahnreihen

erfasst werden, was im Prinzip mit Aufnehmern geschehen könnte, die in

Zähne oder Implantate integriert sind. Wegen des großen methodischen und

finanziellen Aufwandes bei der Anwendung integrierter Sensoren (8,32,38)

empfiehlt es sich, zu einer pilotmäßigen Untersuchung der obigen

Fragestellung zunächst indirekte, aber einfachere Methoden anzuwenden:

Als Ersatz für die nur schwer zu messende Kaukraft kann das Oberflächen -

Elektromyogramm (EMG) verwendet werden, welches als wichtigstes

Hilfsmittel für das Studium von Krafteinwirkungen und neuromuskulären

Zusammenhängen allgemeine Verbreitung gefunden hat.

Es ist mehrfach belegt, dass die Elektromyogramme von Kaumuskeln mit der

Bisskraft beim isometrischen Beißen eng korreliert sind (2,6,17,20,43). Auch

für das Kauen wurden Assoziationen zwischen der Kaukraft und den EMGs

der einzelnen Kaumuskeln demonstriert (24,38).

2.5 Zielsetzung

Falls die neuromuskuläre Steuerung der relativen Muskelaktivierung kausal

von der Bißkraft abhängt und die mehrfach gezeigte Assoziation der relativen

Aktivierung mit der MID nur eine Folgekorrelation davon ist, dass die MID bei

steigender Bißkraft abnimmt, so sollte die relative Aktivierung eine

mindestens ebenso gute, wenn nicht bessere, Korrelation zur Bißkraft

aufweisen wie zur MID. In den zitierten Untersuchungen, die einen

Zusammenhang zwischen der relativen Aktivierung und der Bißkraft

demonstrierten (3,9,28,31,44) waren keine expliziten Korrelationen zwischen

diesen beiden Größen untersucht worden.

Ziel dieser Studie war es daher, zu überprüfen, ob die relative Aktivierung der

Kaumuskeln, ausgedrückt durch Muskelaktivitätsverhältnisse, beim Kauen

mit der Muskelaktivität ebensogut korreliert ist, wie mit der MID.

12

3 Material und Methode

3.1 Probanden und grundsätzliches Vorgehen

Probanden

An der Untersuchung nahmen 24 männliche Studenten der Medizin oder

Zahnmedizin, mit einem mittleren Alter von 24 ± 3 Jahren freiwillig teil. Die

Probanden wiesen einen Biss der Angle Klasse I oder II auf, hatten keine

Zahnlücken und zeigten keine Symptome von kraniomandibulären

Dysfunktionen wie etwa Muskelbeschwerden, Kiefergelenkknacken oder

Kiefergelenksbeschwerden. Von den Versuchen ausgeschlossen waren

Personen mit Skelettanomalien wie z.B. Progenie, Prognathie oder Lang -

und Kurzgesichtssymptomatik. Alle Probanden wurden über den

Versuchsablauf aufgeklärt und gaben ihr mündliches Einverständnis. Das

experimentelle Protokoll war von der Ethikkommission der Medizinischen

Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg genehmigt worden.

Grundsätzliches Vorgehen

Jede Messsitzung bestand aus vier einzelnen Messungen. Bei den ersten

zwei Messungen kauten die Versuchspersonen jeweils einen industriell

standardisierten Gummibären (Goldbären, Haribo, Bonn, Deutschland) auf

der rechten - und auf der linken Kieferseite. Für die dritte und vierte Messung

wurden Gummibären der gleichen Charge, die zuvor gehärtet worden waren

in gleicher Weise auf der rechten, und dann auf der linken Seite gekaut.

Während der Kausequenzen, wurden die elektrischen Aktivitäten der Musculi

masseteres und temporales anteriores auf beiden Seiten, sowie die

Unterkieferbewegungen 30 Sekunden lang registriert. Zur Auswertung der

Messungen wurden aus den Elektromyogrammem die A/B-Verhältnisse und

die T/M-Verhältnisse gebildet. Aus den Aufzeichnungen der

Unterkieferbewegungen wurden die minimalen interokklusalen Distanzen

ermittelt. Die Aktivitätsverhältnisse wurden dann sowohl mit den MIDs als

auch mit den Muskelaktivitäten korreliert.

13

3.2 Registrierung der Muskelaktivitäten und der Unterkieferbewegungen

Die Summenaktionspotentiale der rechten und linken Mm. masseteres sowie

der rechten und linken Mm. temporales anteriores wurden mit Hilfe von

bipolaren Ag/AgCl Oberflächenelektroden (Noraxon, type 272, Scottsdale,

USA) abgeleitet. Der Durchmesser der sensitiven Elektrodenflächen betrug

10 mm, der Elektrodenabstand 20 mm. Zur richtigen Positionierung der

Elektroden, wurden die Probanden aufgefordert auf beiden Seiten ein

Gummibärchen zu kauen. Dabei wurden die Muskelbäuche beidseits

palpiert. Soweit dies möglich war, wurde die Längsachse der

Oberflächenelektroden nach dem Verlauf der Muskelfasern ausgerichtet. Um

den Hautwiderstand zu reduzieren, wurde die Haut an den Klebestellen

zuvor mit Cutasept®F (Bode Chemie, Hamburg) gereinigt und entfettet. Die

Elektroden waren bereits mit Kontaktgel versehen und selbstklebend. Eine

Referenzelektrode für die Erdung des Signals wurde bei jedem Probanden in

der Mitte der Stirn befestigt.

Die Rohelektromyogramme wurden verstärkt und im Bereich von 10 Hz bis 2

KHz gefiltert. Die EMG- Verstärker (Biovision, Wehrheim, Deutschland)

waren unmittelbar an den Elektroden angebracht. Sie hatten eine

Eingangsimpedanz von 10 GOhm , ein Aussteuerungsverhältnis von mehr

als 120 dB und ein Eigenrauschen von 1µV.

Zur Aufzeichnung der Unterkieferbewegungen aus denen später die MIDs

ermittelt werden sollten, wurde ein SIROGNATHOGRAPH verwendet. Dieser

registriert mit Hilfe eines magnetfeldsensitiven Kopfgestells die Bewegungen

eines kleinen Permanentmagneten, der an den unteren Schneidezähnen

befestigt wird. Hierzu wurde ein Autopolymerisat (Luxatemp, ESPE, Seefeld)

und ein provisorischer Befestigungszement (Temp Bond, KerrHawe, Bioggio)

verwendet. Um mögliche Artefakte durch das Erdmagnetfeld auszuschließen,

saßen die Probanden während des Versuches aufrecht in einem Stuhl, der

in Nord-Süd Richtung ausgerichtet war. Um Bewegungsartefakte zu

vermeiden, wurde der Rahmen des Sensors fest am Kopf des Probanden

fixiert, der zusätzlich durch eine Kopfstütze unterstützt wurde.

Die Bewegungssignale des Unterkiefers und die EMG-Signale wurden über

eine Verteilerbox einem 12-Bit A/D-Wandler Einschub (DAQ 6024, National

14

Instruments, Austin, Texas, USA) zugeleitet. Vom A/D-Wandler wurden die

Analogdaten mit einer Abtastfrequenz von 2KHz pro Kanal digitalisiert und

auf einem Laptop (Inspirion 8600, Dell, Austin, Texas, USA) abgespeichert.

Der zeitliche Ablauf der Messungen und die Datenerfassung wurden mit Hilfe

eines selbsterstellten Schaltbildes der Software DASYLab ® (measX,

Deutschland) kontrolliert und gesteuert.

3.3 Ablauf der Messungen

Vor dem Start der eigentlichen Messungen wurden die Verstärkungen der

EMG-Verstärker so eingestellt, dass keine Übersteuerungen auftraten. Dies

geschah während des Kauens von Gummibären, da hierbei in der Regel die

höchsten Muskelaktivitäten erzeugt werden. Traten während der Messungen

dennoch Übersteuerungen auf, so wurde die betreffende Registrierung mit

einer abgeschwächten Verstärkereinstellung wiederholt.

Jeder Proband führte in einer Sitzung die folgenden vier motorischen

Aktionen aus, die jeweils 30 Sekunden lang aufgezeichnet wurden:

1. Kauen eines "weichen" Gummibären auf der rechten Seite

2. Kauen eines "weichen" Gummibären auf der linken Seite

3. Kauen eines "harten" Gummibären auf der rechten Seite

4. Kauen eines "harten" Gummibären auf der linken Seite

Als weiche Gummibären sind hier und im Folgenden diejenigen gemeint, die

frisch der Packung entnommen wurden. Die "harten" Gummibären waren ca.

3 Stunden vor der Messung derselben Packung entnommen, und in einem

Gefrierfach gelagert worden. Die Probanden wurden instruiert, sowohl die

weichen, als auch die gehärteten Gummibären so zu kauen, wie es ihrer

Gewohnheit oder ihrem Empfinden entsprach. Bezüglich der Kaukraft

wurden keinerlei Vorgaben gemacht.

Vor Beginn jeder Messung wurde der Gummibär auf die Zunge manövriert

und die Zähne in die Interkuspitationsposition geführt. Der Unterkiefer wurde

in dieser Position locker gehalten, so dass die Zähne Kontakt hatten, aber

15

die Muskeln keine Aktivität erzeugten. In dieser Haltung wurde der

SIROGNATHOGRAPH auf Null abgeglichen und die Messung gestartet.

Im Anschluß an die hier genannten vier Kauaktionen wurden von den

Probanden noch weitere motorische Aktionen durchgeführt und registriert.

Hierbei handelte es sich um einseitiges isometrisches Beißen auf

Folienkraftaufnehmer, die Bißsperrungen von ca. 2 und 5 mm hervorriefen.

Die Auswertung dieser Experimente steht nicht in direktem Zusammenhang

zur vorliegenden Arbeit und bleibt einer anderen Fragestellung vorbehalten.

3.4 Auswertung

Verarbeitung der Rohelektromyogramme

Die auf der Festplatte des Meß-Laptops im DDF-Format abgespeicherten

Rohmyogramme wurden auf einen USB-Stick gezogen, auf ein Apple

PowerBook G4 übertragen und dort in die Rechen - und Analysesoftware

MATLAB® (The MathWorks, Natick, USA) importiert. Um die EMG-Daten

auswerten zu können, wurden sie in eine Form gebracht, die der r.m.s. (route

- mean - square) Darstellung des Elektromyogramms entsprach. Hierzu

wurden die fortlaufenden Zeitreihenwerte in allen EMG-Kanälen durch

Betragsbildung rechnerisch gleichgerichtet, um positive Amplituden zu

erhalten. Danach wurden die gleichgerichteten Aktivitätsverläufe mit der

Methode des gleitenden Durchschnitts geglättet. Hierzu wurde ein Fenster

mit einer Zeitbreite von 100 Punkten entsprechend 50 msec über die

gleichgerichteten EMG-Kurven gelegt. Die Messpunkte innerhalb des

Fensters wurden zu einem Punkt gemittelt, der dann jeweils einen

Datenpunkt der geglätteten EMG-Kurve darstellte. Sodann wurde das

Fenster um einen Messpunkt entlang der Zeitachse verschoben und die

Prozedur wiederholt.

16

Ermittlung der Aktivitätsamplituden, Aktivitätsverhältnisse und MIDs

Die weitere Auswertung fand ebenfalls in MATLAB® statt. Abb. 2 zeigt

beispielhaft die Zeitverläufe der geglätteten EMG - Signale der vier Muskeln,

sowie den Zeitverlauf des vertikalen Ausschlags der Unterkieferbewegung. In

den beiden oberen Feldern sieht man die Aktivität der rechten und linken

Massetermuskeln in mV während der 30 s dauernden Aufnahmeperiode.

Analog sind in den Feldern drei und vier die Aktivitäten der

Temporalismuskeln dargestellt. Die vertikale Bewegung des Unterkiefers ist

in der untersten Grafik ersichtlich.

Für jeden Probanden und jede Kauaktion wurden von MATLAB® aus den

geglätteten EMG - Zeitkurven (Abb.2) alle während der 30 Sekunden

Messzeit erzielten Aktivitätsmaxima bestimmt. Die zu jedem Kauakt

gehörende minimale interokklusale Distanz wurde als Abstand zwischen der

Null-Linie und dem höchsten Punkt des vertikalen Wegsignals bestimmt.

Aus den vier Akitivitätsmaxima eines jede Kauzyklus wurden die A/B-

Verhältnisse der Masseter- und Temporalismuskeln sowie die T/M-

Verhältnisse der Muskeln der AS und der BS ermittelt. Bei diesen

Verhältnissen handelt es sich um die Quotienten aus Arbeits- und

Balanceseitenaktivität der Mm. masseteres bzw. der anterioren Mm.

temporales (A/B-Verhältnisse) sowie die Quotienten aus Temporalis und

Masseteraktivität für Arbeits- und Balanceseite (T/M-Verhältnis).

Um Aktivitätsmaxima und Aktivtätsverhältnisse beim Kauen der harten und

weichen Gummibären unabhängig von interindividuellen Variationen

vergleichen zu können, wurden die Werte normiert. Hierzu wurde für jede

Person als Referenzwert die Aktivitsamplitude des arbeitsseitigen M.

masseter aus dem ersten Kauzyklus beim Kauen der weichen

Gummibärchen definiert und als 100% festgesetzt. Die absoluten Werte der

vier Aktivitätsmaxima eines jeden Kauzyklus beim Kauen sowohl der

weichen als auch der harten Gummibärchen wurden durch diesen

Referenzwert geteilt. Beim Kauen auf der rechten Seite wurde durch den

entsprechenden Bezugswert des rechten M. masseter, beim Kauen links

durch denjenigen des linken M. masseter geteilt.

17

Abb. 2: Beispiel für die in MATLAB® erstellten, geglätteten EMG -

Zeitverläufe (obere 4 Spuren), sowie den Zeitverlauf der

vertikalen Unterkieferbewegung (untere Spur) beim

rechtsseitigen Kauen eines weichen Gummibären.

Analog zu den Aktivitätsamplituden wurden auch die Aktivitätsverhältnisse

auf den Wert des jeweils ersten Kauzyklus beim Kauen der weichen

Gummibären normiert.

Somit ergab sich für jeden Probanden und jeden Kauzyklus ein Satz von acht

Aktivitätsmittelwerten (Masseter AS und BS sowie Temporalis AS und BS

jeweils beim Kauen der harten und weichen Gummibären), ein Satz von acht

Verhältnismittelwerten, (A/B-Verhältnis der Mm. masseteres und der Mm.

temporales, T/M-Verhältnis für die AS und die BS jeweils beim Kauen der

harten und weichen Gummibären) sowie ein Satz von zwei Mittelwerten der

MID für Kauen von harten und weichen Gummibären.

18

Für jeden der aufeinander folgenden Kauzyklen wurden schließlich die MID’s

und die normierten Aktivitäten und Aktivitätsverhältnisse über die Anzahl der

Probanden gemittelt, die den entsprechenden Zyklus während des Kauens

erreicht hatten.

Darstellung und statistische Auswertung

Die über alle Probanden gemittelten Werte der MIDs, Aktivitäten und

Aktivitätsverhältnisse werden als Funktion der fortlaufenden Kauzyklen in

Diagrammen dargestellt.

Des Weiteren werden die Aktivitätsverhältnisse sowohl zu den MIDs als auch

zu den Aktivitätsamplituden zugehörigen Kauzyklen in Beziehung gesetzt.

Um zu testen, wie jeder Parameter vom zeitlichen Verlauf des Kauvorgangs

abhängt, werden die Mittelwerte der Aktivitäten, Aktivitätsverhältnisse und

MIDs linearen - bzw. polynomischen Regressionen zweiten Grades

unterzogen. Eine Regression wird bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p>

0,01 als signifikant betrachtet.

19

4 Ergebnisse

4.1 Allgemein

Die 24 Probanden führten im Durchschnitt 30 Kauzyklen mit den gehärteten

Gummibären und 29 mit den weichen Gummibären aus, wobei eine

Versuchsperson mehr als 60 Kauzyklen ausführte. Blieb diese

unberücksichtigt, reduzierte sich der Durchschnitt auf 27 Zyklen.

Die Ergebnisse werden auf die ersten 18 Kauzyklen beschränkt, da diese

Anzahl von allen 24 Probanden innerhalb der 30 s dauernden Messung

erreicht wurde.

Im ersten Teil werden sowohl die Aktivitätsverhältnisse und die Aktivitäten

der vier Elevatorenmuskeln als auch die Änderung der minimalen

interokklusalen Distanz im zeitlichen Verlauf dargestellt. Dabei werden in

einem Diagramm die Aktivitäten der Muskeln bzw. deren

Aktivitätsverhältnisse sowohl beim Kauen der weichen als auch der harten

Gummibären im Vergleich dargestellt. Die Beschreibung der Ergebnisse

bezieht sich immer auf die Entwicklung der prozentualen Werte im zeitlichen

Verlauf.

Im zweiten Teil der Ergebnisauswertung werden die Werte der

Aktivitätsverhältnisse auf der Arbeitsseite für die weichen und harten

Gummibären – diesmal getrennt für Kauen auf der linken und rechten Seite –

mit der MID korreliert.

20

4.2. Zeitlicher Verlauf der Muskelaktivitäten

Aktivität des M. masseter auf der Arbeitsseite

Beim Kauen der weichen Gummibären stieg die Aktivität des M. masseter

auf der AS zunächst bis zum sechsten Kauzyklus auf ca. 120% des

Ausgangswertes an und fiel dann im weiteren Verlauf des Kauens

geringfügig auf 115% ab (Abb.3).

Beim Kauen der harten Gummibären begann die Aktivität im ersten

Kauzyklus bereits bei einem Wert von 115% bezogen auf den 1. Kauzyklus

des Kauens von weichen Gummibären. Von da an stieg die Aktivität mit

harten Gummibären deutlicher (als bei weichen) auf bis zu 154% beim

neunten Kauzyklus an und blieb dann im weiteren Verlauf im Mittel auf

diesem Aktivitätsniveau.

Abb. 3: Verlauf der mittleren Aktiviät des arbeitsseitigen M. masseter

beim Kauen von harten und weichen Gummibären

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

160,00

180,00

0 5 10 15 20

Akt

ivit

ät [%

]

Kauzyklen

Masseter AS hart

Masseter AS weich

21

Aktivität des M. masseter auf der Balanceseite

Die Aktivität des balanceseitigen M. masseter begann beim Kauen der

weichen Gummibären bei einem um ca. 15% niedrigeren Wert als die

Aktivität auf der Arbeitsseite (Abb.4). Im weiteren Verlauf nahm die

balanceseitige Aktivität dann linear ab bis auf ca. 65% des Referenzwertes

beim 18. Kauzyklus.

Die BS-Aktivität beim Kauen der harten Gummibären begann bei nahezu

100% des Referenzwertes und stieg bis zum neunten Zyklus auf 127% an.

Von da an fiel sie wieder leicht in Richtung des Anfangswertes, der bei 104

% lag.

Abb. 4: Verlauf der mittleren Aktiviät des balanceseitigen M. masseter

beim Kauen von harten und weichen Gummibären

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

160,00

180,00

0 5 10 15 20

Akt

ivit

ät [%

]

Kauzyklen

Masseter BS weich

Masseter BS hart

22

Aktivität des M. temporalis auf der Arbeitsseite

Die Aktivität des M. temporalis auf der Arbeitsseite stieg beim Kauen der

weichen Gummibären in den ersten beiden Zyklen auf 112% des

Anfangswertes, blieb für die nächsten 12 Kauzyklen ziemlich konstant in

diesem Bereich, um im fünfzehnten Zyklus auf 105% abzufallen (Abb. 5).

Im Vergleich zu dem weichen Bolus stieg die Aktivität des M. temporalis im

Verlauf des Kauens der harten Gummibären signifikant höher auf ca. 140%

des Anfangswertes beim neunten Kauzyklus an und pendelte bis zum 18.

Zyklus um dieses Niveau.

Abb. 5: Verlauf der mittleren Aktivität des arbeitsseitigen M. temporalis

beim Kauen von harten und weichen Gummibären.

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

160,00

180,00

0 5 10 15 20

Akt

ivit

ät [%

]

Kauzyklen

Temporalis AS hart

Temporalis AS weich

23

Aktivität des M. temporalis auf der Balanceseite

Die Balanceseiten-Aktivität des M. temporalis verhielt sich ähnlich wie die

Arbeitsseiten-Aktivität. Die Anfangsaktiviät des balanceseitigen Muskels lag

bei beiden Nahrungshärten allerdings um ca. 15% niedriger als die Aktivität

auf der Arbeitsseite (Abb. 6).

Während die Aktivität beim Kauen der weichen Gummibären von ca. 90%

beim 3. Kauzyklus moderat auf 80% beim 18. Kauzyklus abfiel, stieg die

Aktivität beim Kauen der gehärteten Gummibären auf bis zu 121% des

Ausgangswertes an.

Abb. 6: Verlauf der mittleren Aktivität des balanceseitigen M. temporalis

beim Kauen der harten und weichen Gummibären

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

160,00

180,00

0 5 10 15 20

Aki

tvit

ät [%

]

Kauzyklen

Temporalis BS weich

Temporalis BS hart

24

4.3 Zeitlicher Verlauf der Aktivitätsverhältnisse

A/B-Verhältnis der Mm. masseteres

Im Verlauf des Kauens stieg das A/B-Verhältnis der Mm. masseteres bei

beiden Texturen signifikant und linear an (Abb. 7).

Beim Kauen der weichen Gummibären trat ein signifikant steilerer Anstieg bis

auf ca. 180% des Anfangswertes ein.

Dagegen stieg das A/B-Verhältnis beim Kauen der harten Gummibären nur

auf ca. 140% des Anfangswertes an.

Abb. 7: Verlauf des mittleren A/B-Verhältnisses der Aktivitäten der Mm.

masseteres beim Kauen von harten und weichen Gummibären

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

160,00

180,00

200,00

0 5 10 15 20

A/B

-Ver

häl

tnis

[%]

Kauzyklen

A/B Verhältnis Masseter hart

A/B Verhältnis Masseter weich

25

A/B-Verhältnis der Mm. temporales

Das A/B-Verhältnis der Mm. temporales zeigte im Vergleich zum A/B-

Verhältnis der Mm. masseteres beim Kauen von beiden Nahrungstexturen im

zeitlichen Verlauf nur einen minimalen Anstieg auf ca. 121% (weiche

Gummibären) und 122% (harte Gummibären) (Abb. 8).

Anders als beim A/B-Verhältnis der Mm. masseteres ergab sich hier

zwischen den beiden Nahrungstexturen keine unterschiedliche Steilheit der

Zeitverläufe.

Abb. 8: Verlauf des mittleren A/B-Verhältnisses der Aktivitäten der Mm.

temporales beim Kauen von harten und weichen Gummibären

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

160,00

180,00

200,00

0 5 10 15 20

A/B

Ver

häl

tnis

[%]

Kauzyklen

A/B Verhältnis Temporalis hart

A/B Verhältnis Temporalis weich

26

T/M-Verhältnis der Muskeln auf der Arbeitsseite

Das T/M Verhältnis der Muskeln auf der Arbeitsseite verhielt sich bei beiden

Nahrungstexturen sehr ähnlich und blieb über den gesamten Verlauf der

Nahrungszerkleinerung nahezu konstant (Abb. 9).

Abb. 9: Verlauf des mittleren T/M-Verhältnisses der arbeitsseitigen

Muskeln beim Kauen von harten und weichen Gummibären.

0,00

20,00

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

0 5 10 15 20

T/M

-Ver

häl

tnis

[%]

Kauzyklen

T/M-Verhältnis AS hart

T/M-Verhältnis AS weich

27

T/M-Verhältnis der Muskeln auf der Balanceseite

Im Gegensatz zum T/M-Verhältnis der arbeitsseitigen Muskeln fiel das T/M-

Verhältnis der balanceseitigen Muskeln bei beiden Nahrungshärten

signifikant ab (Abb. 10).

Dabei nahm das T/M-Verhältnis beim Kauen der weichen Gummibären

etwas mehr ab (auf 76%) als das Verhältnis beim Kauen der harten

Gummibären, welches beim 18. Kauzyklus noch 86% des Anfangswertes

betrug.

Abb. 10: Verlauf des mittleren T/M-Verhältnisses der balanceseitigen

Muskeln beim Kauen von harten und weichen Gummibären

0,00

20,00

40,00

60,00

80,00

100,00

120,00

140,00

0 5 10 15 20

T/M

-Ver

häl

tnis

[%]

Kauzyklen

T/M-Verhältnis BS hart

T/M-Verhältnis BS weich

28

4.4 Zeitlicher Verlauf der minimalen interokklusalen Distanzen

Im Verlauf des Kauens nahm bei beiden Bedingungen die MID signifikant ab.

Die MID beim Kauen der weichen Gummibären sank von 1,21 mm beim

ersten Kauzyklus auf 0.29 mm beim 18. Zyklus ab (Abb. 11).

Der Anfangswert der MID beim Kauen der gehärteten Gummibären betrug

3,87 mm und war damit signifikant größer als der Anfangswert beim Kauen

der weichen Gummibären. Im Verlauf des Kauens reduzierte sich die MID

dann auf 0,92 mm.

Abb. 11: Verlauf der mittleren minimalen interokklusalen Distanz beim

Kauen von harten und weichen Gummibären.

-4,50

-4,00

-3,50

-3,00

-2,50

-2,00

-1,50

-1,00

-0,50

0,00

0 5 10 15 20

MID

(m

m)

Kauzyklen

MID hart

MID weich

29

4.5 Korrelationen zwischen A/B-Verhältnissen und MIDs

Die A/B-Verhältnisse der Mm. masseteres beim Kauen von harten

Gummibären auf der rechten (Abb.12a, oben) und linken (Abb.12b, oben)

Arbeitsseite zeigen einen leichten Anstieg bei Abnahme der MID im Bereich

zwischen 4 und 0.5 mm (Abb. 12).

Beim Kauen von weichen Gummibären zeigen die A/B-Verhältnisse für MID’s

zwischen ca. 1.5 und 0,3 mm eine deutlich nicht-lineare inverse Korrelation

zu den MID’s. Die A/B-Verhältnisse des Kauens von harten Gummibären

gehen bei abnehmender MID konsistent in die Verhältnisse des Kauens von

weichen Gummibären über.

Abb. 12: Mittelwerte der A/B-Verhältnisse der Mm. masseteres über den

Mittelwerten der MID bei rechts - und linksseitgem Kauen. Die

roten Kurven in den unteren Grafiken zeigen mathematische

Anpassungen (s. Text).

30

Diese Aussagen gelten auch für die Zusammenlegung der Ergebnisse von

rechtsseitigem und linksseitigem Kauen (Abb.12c, oben).

Die drei unteren Grafiken der Abb.12 zeigen die gleichen Daten, wie die drei

oberen Grafiken, mit dem Unterschied, dass hier die Werte des Kauens von

harten und weichen Gummibären nicht unterschieden sind. An diese

Gesamtdarstellung wurden in Abb.12 unten durch Ausprobieren

mathematische Funktionen angepasst, die den Verlauf der Korrelation

beschreiben sollen. Als sehr gut passend erwies sich hier die allgemeine

Funktion

Gl.1 A/B-Verhältnis = a + eb MIDc

Der Parameter a charakterisiert den Grenzwert, gegen den das A/B-

Verhältnis bei zunehmender MID strebt und wurde mit dem Wert 1.1

angesetzt. Der Parameter eb ist ein Skalierungsfaktor und der Exponent c

bestimmt die Stärke der Krümmung mit der die Kurven bei sehr kleinen

MIDs nach oben biegen.

Für das rechtsseitige Kauen ergab sich A/B = 1.1 + e-0,949 x MID-0,723, für das

linksseitige Kauen ergab sich A/B = 1.1 + e-0,924 x MID-1,26 und für die

Zusammenlegung von rechts - und linksseitigem Kauen A/B = 1.1 + e-0,94 x

MID-0,96. Die Korrelationskoeffizienten (r-Werte) lagen mit 0,89, 0,95 und

0,89 relativ hoch.

Im Mittel über alle Kauzyklen ergab sich bei Zusammenlegung von rechts -

und linksseitigem Kauen für das weiche Kaugut ein A/B-Verhältnis von 2.06 ±

0.42 und für das harte Kaugut ein signifikant kleineres A/B-Verhältnis von

1.42 ± 0.11.

31

4.6 Korrelationen zwischen A/B-Verhältnissen und Muskelaktivitäten

Die A/B-Verhältnisse der Mm.masseteres waren mit den Aktivitäten des

arbeitsseitigen Muskels nicht so eng korreliert wie mit den MIDs. Beim

rechtsseitigen Kauen (a) der weichen Gummibären ergab sich eine

unsignifikante positive, beim linksseitigen Kauen (b) und bei der Kombination

von rechts-und linksseitigem Kauen (c) eine unsignifikante negative

Korrelation (Abb. 13). Die Korrelationskoeffizienten lagen zwischen 0.17 und

0.34. Für das harte Kaugut ergaben sich signifikante positive Korrelationen

mit Korrelationskoeffizienten zwischen 0.32 und 0.65. Die Zusammenlegung

der Ergebnisse des harten und weichen Kauguts (untere Grafiken) ließ keine

bekannte mathematische Funktion erkennen. Die Regression mit Polynomen

zweiten Grades erbrachte Korrelationskoeffizienten zwischen 0.53 und 0.63.

Abb. 13: Mittelwerte der A/B-Verhältnisse der Mm. masseteres über den

Mittelwerten der arbeitsseitigen Aktivität beim rechts - und

linksseitigen Kauen. Die roten Kurven in den unteren Grafiken

zeigen mathematische Anpassungen (s. Text).

32

5 Diskussion

Voraussetzungen

Ziel dieser Arbeit war es, einen Beitrag zur Klärung der Frage zu leisten, ob

beobachtete Korrelationen zwischen Aktivitätsverhältnissen der Kaumuskeln

und der Bißsperrung kausal von letzterer verursacht werden, oder ob dafür

eher die Kaukraft verantwortlich ist.

Anstoß und tieferer Hintergrund für diese Frage ist die Beobachtung, dass

besonders das A/B-Verhältnis der Mm. masseteres stark ansteigt, wenn die

MID im Verlauf der Nahrungszerkleinerung immer enger wird (13,31). Da der

Anstieg des Masseter-A/B-Verhältnisses als neuromuskuläre Strategie zum

Schutz der Zahnreihen vor Überlastung durch balanceseitige

Okklusalkontakte gedeutet wird (30,31), wäre es essentiell zu wissen,

welcher periphere sensorische Input den neuronalen Steuerzentren die

Annäherung des Unterkiefers an den Oberkiefer signalisiert. Offenkundig,

jedoch auch vordergründig, sprechen die Logik und bisherige experimentelle

Befunde dafür, dass die sensorische Information über eine Lageveränderung

des Unterkiefers von lagesensitiven Mechanorezeptoren geliefert wird, wofür

in erster Linie die Muskelspindeln des M. masseter in Frage kommen

(5,7,8,35). Diese Annahme ist jedoch nicht unumstritten, da sich bei der

Abnahme der MID im Verlauf der mastikatorischen Nahrungszerkleinerung

auch die Kaukraft verändern kann. Tatsächlich wurden beim Kauen härterer

Nahrung kleinere A/B-Verhältnisse gefunden als mit weicherer Nahrung. Da

härtere Nahrung mit größerer Kraft gekaut wird als weichere wurde

argumentiert (3,9), dass die neuromuskuläre Steuerung bei größerem

Bißkraftbedarf den balanceseitigen M. masseter stärker aktiviert und somit

eine symmetrischere relative Aktivierung erzeugt. Da aber härtere

Nahrungen größere Bißsperrungen implizieren, könnte sich hinter der

Korrelation zwischen Aktivitätsverhältnissen und Bißsperrung in Wirklichkeit

ein kausaler Einfluss der Bißkraft verbergen. In diesem Fall müsste bei einer

fortschreitenden Nahrungszerkleinerung insbesondere das A/B-Verhältnis

der Mm. masseteres mit der Kaukraft ebensogut korrelliert sein wie mit der

MID.

33

Methodik

Um die Fragestellung direkt zu untersuchen müsste man die Bißkraft

während des Kauens - also die sog. "Kaukraft" - messen und diese mit den

Aktivitätsverhältnissen in Beziehung setzen. Für eine direkte Messung der

Kaukraft müsste diese intraoral zwischen den Zahnreihen erfasst werden.

Dies könnte im Prinzip mit Dynamometern oder mit Aufnehmern, die in

Zähne oder Implantate integriert sind geschehen. Aufgrund der

Mindestbauhöhen von Dynamometern (6,11,17,20,21,33,36,41,42,43) und

dem großen technischen Aufwand zur Anwendung integrierter Sensoren

(24,32,38) verursachen diese Methoden der Kraftmessung zum einen

erhebliche Bißsperrungen und zum anderen würden die physiologischen

Funktionsabläufe bei der Mastikation, die man eigentlich untersuchen will,

stark beeinträchtigt.

Zur Beantwortung der obigen Frage wurde deshalb als Ersatz für die

Kaukraft das EMG des M. masseter verwendet. Dies erscheint aus mehreren

Gründen gerechtfertigt:

Oberflächen-EMGs speziell der Kaumuskeln sind experimentell unkompliziert

und nicht-invasiv ableitbar und beeinträchtigen die natürliche Kaufunktion

nicht. In wissenschaftlichen Untersuchungen haben EMGs daher eine weite

Verbreitung gefunden.

Die Rechtfertigung für die Verwendung von EMGs als Ersatz für die Bißkraft

basiert primär auf zahlreichen Nachweisen stochastischer Beziehungen

zwischen EMG und Bißkraft bei isometrischen Beißvorgängen

(2,4,6,17,20,43). Auch in der vorliegenden Arbeit konnte dies durch die in 3.3

erwähnten, zusätzlichen motorischen Aktionen isometrischen Beißens auf

Folienkraftaufnehmer bestätigt werden (10). Abb.14 zeigt hierzu beispielhaft

eine Aktivitäts/Bißkraft Korrelation die an den Probanden der vorliegenden

Arbeit gewonnen wurde.

Aus den gut belegten Aktivitäts/Bißkraft Korrelationen beim isomentrischen

Beißen kann allerdings nicht ohne weiteres auf die Existenz ebensolcher

Korrelationen beim Kauen geschlossen werden und es wurden solche

Korrelationen auch noch nicht explizit nachgewiesen. Es wurde jedoch

gezeigt, dass im Mittel kleinere Muskelaktivitäten mit kleineren - und größere

34

Abb. 14: Beispiel für die lineare Korrelation zwischen Muskelaktivität

und Bißkraft, erstellt aus Daten des isometrischen Beißens von

Probanden der vorliegenden Arbeit (aus 10)

Muskelaktivitäten mit höheren Kaukräften assoziiert sind (9,32,38).

Aus diesem Grunde wurden in der vorliegenden Studie zwei Testnahrungen

mit sehr unterschiedlichen Härtegraden verwendet, um verschieden hohe

Kaukräfte hervorzurufen. Da den Probanden keine Vorgaben bezüglich der

Kaukraft gemacht wurden, stellten sich auch tatsächlich bei der harten

Nahrung unwillkürlich deutlich höhere Muskelaktivitäten ein als bei der

weichen.

Die unterschiedliche Härte der beiden Gummibärenzustände war rein

empirisch in Vorversuchen ausgetestet worden. Dabei stellte sich heraus,

dass eine dreistündige Lagerung der Gummibären in einem Kühlschrank

einen subjektiv sehr großen Unterschied in der Wahrnehmung der Härte

herbeiführte. Auf eine instrumentelle Härtetestung wurde verzichtet, da diese

nur die Anfangshärte hätte feststellen können, die nach einigen Kauzyklen

bereits deutlich verändert war.

Ein diskussionswürdiges Vorgehen stellt auch die alleinige Verwendung der

Aktivität des arbeitsseitigen M. masseter als Ersatz für die Kaukraft dar, da

sich diese aus der Vektoraddition aller beteiligten Muskelkräfte ergibt. Man

könnte daher argumentieren, dass zur Repräsentation der Kaukraft die

35

Aktivitäten aller vier betrachteten Muskeln addiert werden müssten, was in

vorangegangenen Arbeiten (38) schon praktiziert wurde. Dem ist allerdings

entgegen zu halten, dass beim isometrischen Beißen alle vier Muskeln in

gleicher Weise mit der Bißkraft korreliert waren (10), weshalb eine

Summenbildung keine andere Information erbracht hätte, als die Betrachtung

der Aktivität eines einzelnen Muskels. Dies gilt auch für die hier gemessenen

Aktivitäten während des Kauens (Abb. 3 - 6). Im Vorgriff auf die Diskussion

der Ergebnisse kann man festhalten, dass sich die Aktivitäten des

arbeitsseitigen M. masseter und der beiden Mm. temporales bei beiden

Nahrungshärten sehr ähnlich präsentierten, so dass auch ihre Summe keine

andere Information geboten hätte, als die Aktivität eines einzelnen Muskels.

Darüber hinaus liefert die Addition von Aktivitäten verschiedener Muskeln

keine sicheren Ergebnisse, da die Aktivitäten mit den Muskelkräften über

Faktoren korreliert sind, die für jeden Muskel unterschiedlich sein können

(11,37) und die nicht ermittelt werden können, da Muskelkräfte bisher nicht

direkt messbar sind.

Aus diesen Gründen kann die arbeitsseitigen Masseteraktivität als eine zwar

nicht perfekte, aber vertretbare Approximation der Bisskraft betrachtet

werden.

Ergebnisse

Zunächst bestätigen die Ergebnisse des Kauens von weichen Gummibären

die Aussagen einer vorangegangenen Arbeit (31). In den ersten Kauzyklen

stieg die arbeitsseitige Masseteraktivität leicht an um dann im weiteren

Verlauf leicht abzunehmen. Dagegen fiel die balanceseitige Aktivität von

Beginn des Kauens an nahezu linear ab. Dieses Verhalten (Abb.3,4) erklärt

den starken Anstieg des A/B-Verhältnisses (Abb.7) im Verlauf des Kauens.

Der gleichzeitige Rückgang der MID dokumentiert die zunehmende

Kompression des Kauguts. Die asymptotische Annäherung der MID mit

fortschreitendem Kauen an einen Wert von ca. 0.3 mm entspricht auch

früheren Ergebnissen (31) und kann bedeuten, dass auch bei erweichtem

Bolus eine von Null verschiedene interokklusale Distanz beibehalten wird.

Allerdings muss berücksichtigt werden, dass dieser Wert durch das

36

Rauschen des Sirognathographen und die Auswertung der Wegsignale

beeinflusst wird. Zur Ermittlung der MID wurden alle Weg/Zeit-Kurven so

korrigiert, dass der jeweils höchste (positivste bzw. am wenigsten negativste)

Messwert genau auf der Nulllinie lag. Dies wird grundsätzlich bei

Unterkieferbewegungsmessungen durchgeführt, um ein geringes Driften des

Signals über die Nulllinie hinaus auszugleichen. Diese Korrektur hat zur

Folge, dass das Rauschen in den negativen Wegbereich verschoben wird

und sich somit den MID-Werten doppelt so stark überlagert wie es eigentlich

in Wirklichkeit der Fall ist. Durch diesen Effekt wird den MID Messwerten ein

Biss von ca. 0.1 mm überlagert. Für die Ergebnisse spielt dies keine Rolle,

da hierdurch in der Korrelationsdarstellung der Abb.12 die Punktewolken

lediglich um diesen konstanten Wert (von 0.1 mm) zu größeren MIDs hin

verschoben werden. An der Korrelation zwischen A/B-Verhältnis und MID

ändert dies aber nichts. Es ist gegenwärtig nicht bekannt, ob eine MID von

0.3 mm unterschritten werden kann. Um diese Frage zu klären, müssten

Kauexperimente mit weicheren Testnahrungen durchgeführt werden. Die

Korrelation zwischen dem A/B-Verhältnis und der MID bestätigt ebenfalls

Ergebnisse einer vorangegangenen Arbeit (31).

Beim Kauen der harten Gummibären traten signifikant höhere Aktivitäten auf,

die sich auch im Verlauf des Kauens anders verhielten als beim Kauen der

weichen Gummibären. Da den Probanden hinsichtlich der Kaukraft keine

Vorgaben gemacht worden waren, spiegeln die Verläufe der Aktivitäten in

den Abb. 3 bis 6 die unwillkürliche Reaktion der neuromuskulären Steuerung

auf das harte Kaugut wieder. Anders als beim weichen Kaugut stieg hier die

Aktivität auf der AS im Verlauf des Kauens deutlich an, während sie auf der

BS zunächst leicht anstieg und dann eher gleich blieb. Daraus kann man

einerseits folgern, dass der zähere Bolus generell eine wesentlich höhere

Muskelaktivität und damit eine höhere Kaukraft hervorrief. Zum anderen

zeigen die Aktivitätsverläufe auf AS und BS, dass bei dem härteren Kaugut

der Muskel auf der BS deutlich stärker aktiviert ist als bei dem weichen

Kaugut. Analog hierzu waren die Mittelwerte der A/B-Verhältnisse der Mm.

masseteres bei hartem Kaugut signifikant kleiner als bei weichem Kaugut.

Dies alles spricht zunächst für die Vermutung von Hylander und van Eijden

37

(3,9), dass nämlich zur Erzielung einer höheren Kaukraft der balanceseitige

Muskel verstärkt herangezogen wird. Allerdings ist beim Kauen des harten

Bolus auch die MID von Beginn an wesentlich größer und nimmt bei

fortschreitender Nahrungszerkleinerung nicht auf den gleichen geringen Wert

von 0.3 mm ab, wie beim Kauen der weichen Testnahrung.

Eine Entscheidung darüber, ob nun die die Kaukraft oder aber die MID das

Verhalten der A/B-Verhältnisse kausal beeinflusst kann aus dem Vergleich

der Korrelationsdiagramme der Abb.12 und 13 abgeleitet werden.:

In Abb.12 steigen die A/B-Verhältnisse beim Kauen harter Nahrung mit

abnehmender MID stetig an und gehen konsistent in die A/B-Verhältnisse

des Kauens weicher Nahrung über, die ihrerseits mit abnehmender MID stark

ansteigen. Ungeachtet der Unterschiede zwischen den Nahrungstexturen

und der damit verbundenen Unterschiede im Aktivierungsverhalten (Abb.3,4)

zeigt die Abb.12c eine konsistente, hochsignifikante und starke Korrelation

zwischen dem A/B-Verhältnis und der MID. Die unlineare Form der

Korrelation legt den Schluss nahe, dass bei Unterschreiten einer bestimmten

MID von ca. 1 mm, die Empfindlichkeit der motorischen Steuerung der

Muskelaktivierung gegenüber einer weiteren Abnahme der MID drastisch

zunimmt. Mathematisch drückt sich dies im Exponenten c der MID in der

Regressionsgleichung (Gl.1) aus: je größer der Absolutbetrag von c ist, desto

schärfer wird der Knick, an dem die Regressionskurve nach oben (zu

größeren A/B-Verhältnissen hin) abbiegt. Obwohl Exponentialfunktionen

häufig grundlegende Zusammenhänge beschreiben, kann beim jetzigen

Stand des Wissens noch nicht beantwortet werden, welche neuronalen

physiologischen Mechanismen der Korrelation zu Grunde liegen. Die

Regressionsgleichung GL.1 muss daher zunächst lediglich als formales

Modell betrachtet werden, welches den Zusammenhang zwischen MID und

A/B-Verhältnis sehr gut beschreibt.

Anders als zur MID, zeigten die A/B-Verhältnisse zur Muskelaktivität des

arbeitsseitigen M. masseter weniger konsistente und weniger enge

Korrelationen (Abb.13). Für das weiche Kaugut ergab sich beim

rechtsseitigen Kauen eine ansteigende, für das linksseitige Kauen dagegen

eine absteigende Assoziation zwischen A/B-Verhältnis und Muskelaktivität.

Diese Korrelationen waren allerdings nicht signifikant und hatten sehr kleine

38

Korrelationskoeffizienten. Ursache für diese schlechten Korrelationen kann

sein, dass tatsächlich keine Korrelation besteht. Andererseits variierte die

Muskelaktivität beim Zerkleinern der weichen Gummibären nur sehr wenig,

so dass eine Korrelation möglicherweise nicht sichtbar werden konnte. Um

dies abzuklären wäre es nötig, durch geeignete Auswahl des Kauguts eine

größere Streuung der Muskelaktivitäten zu erreichen.

Letzteres ergab sich unwillkürlich beim Kauen der harten Gummibären, wo

sich zwar nicht sehr enge, aber zumindest signifikante Korrelationen

ergaben. Hier zeigte sich, dass mit zunehmender Aktivität und somit mit

zunehmender Kaukraft die A/B-Verhältnisse anstiegen, was im Grunde im

Widerspruch zu den in der Literatur getroffenen Aussagen (3,9) steht.

Dennoch lassen sich die Feststellungen von Hylander und van Eijden

widerspruchsfrei mit den hier erzielten Ergebnissen erklären, wenn man

berücksichtigt, dass im vorliegenden Versuch das härtere Kaugut mit einer

im Durchschnitt wesentlich größeren MID gekaut wurde, als das weiche

Kaugut.

39

6 Schlußfolgerungen

Die vorliegende Arbeit zeigt, dass während der Zerkleinerung eines

bestimmten Kauguts bei unwillkürlichem, habituellem Kauen, das A/B-

Verhältnis der Mm. masseteres umso kräftiger ansteigt, je kleiner die MID in

aufeinanderfolgenden Kauzyklen wird. Die Korrelation zwischen A/B-

Verhältnis und MID ist unabhängig von der Konsistenz des Kauguts und von

der Kaukraft und läßt sich durch eine Potenzfunktion beschreiben. Während

das A/B-Verhältnis eng mit der MID korreliert, ist es unter den gegebenen

experimentellen Bedingungen nicht, oder nur schwach, mit der Kaukraft

assoziiert.

Im Vergleich zu weicher Nahrung wird beim Kauen härterer Nahrung die

Muskelaktivität von der neuromuskulären Steuerung erhöht und das A/B-

Verhältnis verkleinert. Dieser Effekt, der auch in der Literatur beschrieben ist,

bedeutet nicht, dass die Kaukraft das A/B-Verhältnis beeinflusst. Vielmehr

ließ sich im vorliegenden Fall die Verkleinerung des A/B-Verhältnisses auf

die größeren MIDs zurückführen, die bei der härteren Nahrung auftraten. Die

Ergebnisse legen daher den Schluss nahe, dass das A/B-Verhältnis primär

von der MID beeinflusst wird. Eine durchaus beobachtbare Beziehung

zwischen der Kaukraft und dem A/B-Verhältnis stellt eine Scheinkorrelation

dar, die auftritt, wenn unterschiedliche Kaukräfte mit unterschiedlichen MIDs

einhergehen. Um diese Schlussfolgerung zu erhärten, wäre es sinnvoll, das

vorliegende Experiment zu erweitern und zu modifizieren. Dazu wäre es

insbesondere interessant, durch geeignete Kaukraftvorgaben und

Bolushärten sowohl hohe, als auch niedrige Kaukräfte bei sehr kleinen MIDs

zu erzeugen.

40

7. Literaturverzeichnis

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8. Abkürzungsverzeichnis

AS Arbeitsseite (arbeitsseitig). Die Arbeitsseite ist diejenige

Seite auf der gekaut, auf ein Objekt gebissen oder

zu der der Unterkiefer, bei zahngeführten

Gleitbewegungen, hin bewegt wird.

BS Balanceseite (balanceseitig). Sie liegt der Arbeitsseite

gegenüber

A/B- Verhältnis Verhältnis der arbeitsseitigen zur balanceseitigen

Muskelaktivität

MID „Minimale interokklusale Distanz“

46

9. Danksagung

Herrn Prof. Dr. M. Wichmann möchte ich vielmals dafür danken, dass ich

diese Arbeit an der Zahnklinik 2 – Zahnärztliche Prothetik durchführen

konnte!

Sehr großen Dank gilt Herrn apl. Prof. Dr. P. Pröschel, der während des

gesamten Verlaufs der Promotion stets mit Rat und Tat zur Verfügung stand

und das Projekt hervorragend betreute.

Weiterhin bedanke ich mich bei Herrn Michael Igler, der mir mit Hilfe eines

neuen Computerprogramms die Auswertung der Daten deutlich erleichterte

und beschleunigte.

Zu guter Letzt möchte ich mich noch bei meinem Freund, Herrn Dr. med.

dent. Thomas Ebert bedanken, der mich tatkräftig mit seinem

zahnmedizinischen Wissen unterstützte.