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Spektroskopie mit Positronen
Lebensdauermessung
Carola Oberhüttinger
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Inhalt
• Positronenproduktion• e+ im Festkörper• Wechselwirkung mit Fehlstellen• Lebensdauermessung
– Experimenteller Aufbau
– Datenauswertung
• Slow-positron-beam-Technik• Positronenmikroskop
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1. Positronenproduktion
• β+-Zerfall– 22Na, 64Cu, 58Co, ...
• Paarproduktion (Bremsstrahlung)• 113Cd(n,γ)114Cd – Reaktion
γ-Quanten mit Gesamtenergie von 9,041 MeV können Paarproduktion machen→ kontinuierlicher Strahl mit hoher Intensität
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Positronenquelle
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Positronenspektrum
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2. e+ im Festkörper, Thermalisierung
• e+ werden innerhalb von ps auf therm. Energien gebremst
• Verlust von Energie durch Ionisation, Anregung von Elektronen, Exzitonen usw.
• Thermalisierungszeit macht nur wenige Prozent der Gesamtlebensdauer aus
• e+ legen dabei eine Strecke von ca. 100 μm zurück
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Eindringtiefe
• Abhängig von Ekin der e+ und der Massendichte der Substanz
• Charakteristische Eindringtiefe:
1/α+ ≈ 17*ρ/Emax1,43
• Im μm Bereich:
z.B. Aluminium 1/α+= 90 μm
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Positronen-Eindringtiefenprofil
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Diffusion
• Diffusionslänge von 0,1 bis 0,4 μm• Im thermalisierten Zustand ist das e+
delokalisiert• e+ wird durch Gitterfehler eingefangen• Diffusionslänge bestimmt stark die
Sensitivität der e+ - Methode• Nach Diffusion Annihilation unter
Aussendung von γ-Strahlung
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Annihilation von e+ und e-
• σ = (πr02c)/v ~ 1/v
• Zerstrahlungsrate λ = σvne ~ ne
• Lebensdauer τ = 1/ λ ~ 1/ne
→ Lebensdauer sensitiv auf el. Umgebung
• Typische Lebensdauern: 100 – 200 ps
• Annihilation in 2 γ-Quanten mit jeweils
511 keV Energie
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3. Wechselwirkung mit Fehlstellen
• e+ werden in Leerstellen, Versetzungen usw. gefangen, da hier Elektronendichte lokal erniedrigt ist
• Fehlstellen haben unterschiedliche Bindungsenergien
• Versetzungen als Übergangszustand für assoziierte Defekte („leerstellenartig“)
• Andere Haftstellen: Korngrenzen, Leerstellencluster
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Einfang in einer Leerstelle
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Trapping-Modell
• Konzentration der Leerstellen aus dem Verhältnis von freien zu eingefangenen e+
• Im therm. Gleichgewicht ist die Leerstellenkonzentration gegeben durch:
cv=c0exp(-Ev/kBT)
Ev: nötige Energie zur Bildung einer Leerstelle
• z.B. für Ev=1 eV bei 1000K ist cv=10-5/Atom
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Trapping-Modell
Epot
freie Zustände
Einfachleerstelle
λf
εμ
λv
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Ratengleichungen
• dnf/dt = -λfnf – μcvnf + εnv + N
• dnv/dt = -λvnv + μcvnf – εnv
N: Anzahl der pro Sekunde eingestrahlten Positronen
• Lösen im Gleichgewicht (dnf/dt =dnv/dt = 0)
→ Bruchteil freier bzw. gebundener Positronen ff bzw. fv
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Lebensdauern
• Experimentell misst man entweder ff und fv getrennt, indem man die Anteile über die verschiedenen Lebensdauern τ=1/λ unterscheidet oder man misst eine mittlere Lebensdauer τM:
1/τM = ff * 1/τf + fv * 1/τv
• Daraus kann man dann Ev bestimmen
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Drei Anwendungsmöglichkeiten
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4. Lebensdauermessung
• Lebensdauer wird als Zeitdifferenz zwischen emittierten γ-Quant (1,27 MeV) aus Probe und γ-Quant (511 keV) aus Annihilation gemessen
→ Aktivität darf nicht zu hoch sein, damit im Mittel nur ein Positron in der Probe ist
• Minimale Probendicke erforderlich, damit größter Teil der Positronen in der Probe annihiliert
• γ-Quant wird mit Szintillator-Photomultiplier Anordnung detektiert
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„Sandwich“-Aufbau
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Experimenteller Aufbau
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Lebensdauer
• Amplitude ist direkt proportional zur Zeitdifferenz und wird in einem Viel-Kanal-Analysator gespeichert
• Mehr als 106 Ereignisse nötig für ein komplettes Lebensdauerspektrum
• Lebensdauer auf 1 ps genau, aber nur Lebensdauern über 50 ps überhaupt messbar
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Lebensdauerspektrum
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Datenauswertung 1
• Lebensdauerspektrum:
N(t) = Σi=1k+1 Ii/τi * exp(-t/ τi)
k: Anzahl der unterschiedlichen Defekte• Faltung mit Zeitauflösungsfunktion z.B.
Gaußkurve• Komponenten erscheinen als Überlagerung von
Geraden im halblogarithm. Plot• Spektrum enthält zusätzlich Hintergrund und
Annihilationen in der Quelle
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Datenauswertung 2
• Auswertung erfolgt mit Computer • Auflösbarkeit der verschiedenen Komponenten
hängt von ihrer Anzahl, ihrem Abstand und Anzahl der Messdaten ab
• Defekthalbleiter haben meistens diskrete Spektren, aber auch kontinuierliche (z.B. bei Leerstellen-Clustern) sind möglich
• Auch Methode der max. Entropie möglich → Intensität-über-Lebensdauer-Graph
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Intensität über Lebensdauer
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5. Slow-positron-beam Technik
• Viele Halbleiterprobleme betreffen dünne Schichten und oberflächennahe Defekte
→ man benötigt niederenergetische e+
• Dies erreicht man durch Moderation
• Aber: räumliche Trennung von Quelle und Probe dadurch, deswegen muss ein Strahl-Leitsystem benutzt werden
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Moderation
• Moderation basiert auf negativer Austrittsarbeit für Positronen bei vielen Festkörpern
• Folie ist viel dünner als mittlere Eindringtiefe• v.a. Materialien mit hoher Atomzahl• Effizienz: ungefähr 10-4 • Stärkere Quellen nötig, um viele moderierte
Positronen zu erzeugen• Trennung von unmoderierten und moderierten
Positronen vor Experiment nötig
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Moderation
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Strahl-Leitsystem
• ExB-Filter zur Strahltrennung
• Hochvakuum reicht aus (10-5 Pa)
• Unmoderierte e+ werden abgeschirmt
• Leitsystem auch mit elektrostatischen Linsen möglich, aber aufwendiger für verschiedene Energien
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Strahl-LeitsystemStrahl-Leitsystem
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Pulsung
• Zusätzlich Pulsung notwendig, da wegen stärkerer Quelle keine eindeutige Zuordnung zwischen Start- und Stop-γ-Quant möglich ist
• Monoenergetische Positronen werden im Linearbeschleuniger beschleunigt
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Prinzip der Messungen
• Lebensdauermessung in Abhängigkeit von der Positronenenergie
• Zusätzlich Rückdiffusion bei niedrigen Energien:Anzahl der rückdiffundierten e+ abhängig von der Eindringtiefe, der Diffusionskonstante und der Defektdichte, da gefangene e+ nicht die Oberfläche erreichen– Man erhält totale Rate für alle Defekte, keine obere
Grenze für Bestimmung der Defektdichte– Nachteil: keine Information über Art des Defekts
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Defekt-Tiefenprofil
• Um das Defekt-Tiefenprofil zu erhalten, muss das Positronen-Eindringtiefen-Profil P(z,E) bekannt sein, Makhov Profil
• Parameter aus Monte-Carlo-Simulationen
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Positronen-Eindringtiefenprofil
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Defekt-Tiefenprofil
• Zur Berechnung wird die Probe in Scheiben aufgeteilt, deren Defektdichte und Positronendichte als konstant angenommen wird
• Annäherung durch Gaußfunktion oder auch Stufenfunktion
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6. Positronenmikroskop zur Defektanalyse
• Triftshäuser et al., München, 1997
• Wird mit gepulstem Strahl mit variabler Energie betrieben, Lebensdauermessung
• Durchmesser: 1 μm oder weniger
• Positronenenergie: 0,5 – 30 keV
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Positronenmikroskop
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Reemissions-Positronenmikroskop
• Reemissionsmikroskop nutzt negative Austrittsarbeit bei bestimmten Oberflächen
• Oberfläche wird Strahl mit einigen keV ausgesetzt, räumliche Verteilung der emittierten Positronen wird gemessen
• Falls oberflächennahe Defekte vorhanden sind, gibt es ein Minimum
• Räumliche Auflösung: 2,3 μm, aber durch nicht vorhandene Positronenpunktquellen beschränkt
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Zusammenfassung I
• Quelle: v.a. 22 Na über β+-Zerfall
• So viele e+ wie möglich sollten in die Probe gelangen
• e+ werden in Defekten gefangen
→ Parameter der Annihilation ändern sich charakteristisch
→ Defekte und ihre Konzentrationen
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Zusammenfassung II
• Lebensdauer wird als Zeitunterschied zwischen zwei γ-Quanten gemessen
• Komponenten der verschiedenen Defekte können mit Computerrechnungen getrennt werden
• Größe des Defekts bestimmt Lebensdauer• Defektdichte kann aus der Intensität
berechnet werden
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Zusammenfassung III
• Dünne Schichten und Oberflächen können mit monoenergetischen, langsamen Positronen untersucht werden
• Pulsung des Strahls notwendig
• Zusätzlich über Rückdiffusion Aufschluss über Defektdichte
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Literatur
• Positronen in Halbleiter, Krause-Rehberg• Nukleare Festkörperphysik, Prof. Schatz und Prof.
Weidinger• Der Einfluß von Versetzungen auf die
Positronenzerstrahlung, Tobias Wider• An improved pulsed low-energy positron system,
P. Willutzki et al.• The München scanning positron microscope,
G. Kögel, SPM-Group
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Bilder
• Der Einfluß von Versetzungen auf die Positronenzerstrahlung, Tobias Wider:Bilder Seite 5,13,15
• An improved pulsed low-energy positron system, P. Willutzki et al.: Bild Seite 33
• Bundeswehruniversität München: Bild Seite 41• http://positron.physik.uni-halle.de/: Bilder Seite
4,6,9,20,21,23,26,29,31,36,38,40