Neobiota
• Neophyten: nicht heimische Pflanzenarten, die nach der Entdeckung von Nordamerika (1492) nach Europa eingeführt wurden
• Neozoen: nicht heimische Tierarten, die nach der Entdeckung von Nordamerika (1492) nach Europa eingeführt wurden
• Archaeobiota: usprprünglich nicht heimische Arten, die bereits vor 1492 eingeschleppt wurden und sich etablierten
Besiedlung eines neuen Habitats
Ankunft Etablierung Populationswachstum
Ausbreitung
Störung des Ökosystems
Integration in das neue Ökosystem
Genetische Anpassung
Invasive Art
Nichtinvasive
exotische Art
Koevolution - Koexistenz
Nischenanpassung, lokales Aussterben,...
Verändert nach Bazzaz (1986)
Natürliche Lebensraumerweiterung• Überwindung einer geographischen Barriere
• Auflösung einer geographischen Barriere
• Entwicklung neuer Arteigenschaften
Besiedlung von Landlebensräumen durch Gefäßpflanzen
Verstärkte Bodenbildung
Erhöhter Nährstofffluss
Verstärkte CO2-Aufnahme
Eutrophierung
Anoxia
Aussterben
Verringerte athmosphärische & ozeanische CO2-Konzentration
Global Abkühlung
Vergletscherung
Verändert nach Algeo and Scheckler (1998)
Besiedelung der Hawaii Inseln
Zeitperiode Dauer Immigrationsrate
Entstehung der Inseln –Ankunft der Polynesier
70 Mill. Jahre 2.9×10-5 Arten/Jahr
Ankunft der Polynesier –Ankunft der Europäer
1.400 Jahre 3.5×10-2 Arten/Jahr
Ankunft der Europäer –heute
225 Jahre 60 Arten/Jahr
USGS (1999)
Absichtliche Freisetzung
• Nutztiere & Nutzpflanzen• Zierpflanzen & Haustiere• Biologische Schädlingsbekämpfung• Fische & Jagdwild• Vertreter der alten Heimat
Unbeabsichtigte Freisetzung
• „Blinde Passagiere“– Landwirtschaftl. Produkte– Verpackungen– Ballastwasser– …
• „Ausreißer“– Haustiere, Gartenpflanzen– Zoos, botanische Gärten– Versuchstiere
• Parasiten, Pathogene
Unbeabsichtigte Erleichterung
• Aufhebung physischer Barrieren• Bereitstellung von Ressourcen• Störung• Landschaftsveränderung• Klimaveränderung
Eigenschaften invasiver Arten
• Gutes Ausbreitungsvermögen• Hohe Reproduktionsrate, hohes
Populationswachstum • Fähigkeit zur ungeschlechtlichen
Fortpflanzung oder Selbstbefruchtung• “Genetische Fitness” • Breiter ökologischer Toleranzbereich • Klimatische Passung
Anfälligkeit einer Artengemeinschaft für Invasion • Abwesenheit starker Konkurrenten• Abwesenheit natürlicher Feinde• Vorhergehende Störung• Besiedlungsdruck• Biotische “Förderung”
Source: Pics4Learning
Source: NOAA Photo Library
Mechanismen• Vertikale Prozesse in der Nahrungskette
• Horizontal Prozesse in der Nahrungskette
• Änderung der Umwelteigenschaften
Prevention and Control of Invasions
• Prävention– Vorhersagen– Regulation
• Bekämpfung • Kontrolle• Restoration
Neobiota
Verbreitung von Organismen im aquatischen Bereich:
• natürliche Ausbreitung: Strömungen, Wanderungen, Aufwuchs auf Meerestieren, im Gefieder von Vögeln
• Schiffsverkehr: mit dem Ballast, mit der Ladung, im Aufwuchs der Schiffsaußenhaut
• Aquakultur• Aquarienhandel• Kanäle
Neobiota
Ballastwasser:• seit ca. 1880 wird Ballastwasser zur Stabilisierung von
nicht voll beladenen Schiffen verwendet• transportiertes Ballastwasser weltweit ca. 10 Milliarden t
jährlich (Rigby & Taylor 1995), in deutschen Häfen werden jährlich 10 Mill. t Ballastwasser abgelassen
• nach Schätzungen werden mit der Welthandelsflotte täglich 4.000-7.000 Arten transportiert (bisher > 1000 Arten in Ballasttanks festgestellt)
S. Gollasch
Neobiota
Beispiel Sandklaffmuschel (Mya arenaria)
• Herkunft: Ostküste Nordamerikas
• eine der häufigsten Arten im Wattenmeer der Nordsee
• vermutlich als Schiffsaufwuchs durch Wikinger eingeschleppt
www.nationalpark-hamburgisches-wattenmeer.de
NeobiotaBeispiel Zebramuschel
(Dreissena polymorpha)• Herkunft: ponto-kaspische
Region• seit Mitte des 19.
Jahrhunderts in Nordeuropa, seit 1986 in den Großen Seen
• erreicht Dichten bis 700.000 Ind./m²
• Verdrängung heimischer Muschelarten, Verstopfung industrieller Rohrleitungen (Kosten: mehrere 100 Mil. USD jährlich)
L. Peters
USGS Noindigenous Aquatic Species Program
NeobiotaBeispiel Rote Königskrabbe (Paralithodes
camtschaticus)• Größe bis 1,6 m, Alter bis 25 a• Herkunft: Nordpazifik• 1961-69 zur Erhöhung der
Fischereifangerträge an der russischen Barentsseeküste angesiedelt, zunehmende Ausbreitung westwärts (seit 1992 in N-Norwegen)
• Reduktion von Muschelbänken und Plattfischbeständen (eine Krabbe frisst täglich 400-700 g Muscheln)
NeobiotaBeispiel Mnemiopsis leydii• Größe: 100-120 mm• Herkunft Nordamerika• in den 1980er Jahre mit
Ballastwasser in das Schwarze Meer gelangt
• starke Reduktion des Zooplanktons, tägliche Nahrungsaufnahme bis zum 10fachen des eigenen Körpergewichts, führte bis 1994 zum Zusammenbruch der Anchovi-Fischerei
R. Harbison, Woods Hole Oceanographic Institution
NIMPIS (2002)
Neobiota
Anzahl der neu registrierten gebietsfremden Arten im Bereich der Ostsee in Intervallen von 25 Jahren mit Angabe ihrer Herkunft.
Andere Herkunft oder Herkunft unbekannt
Südostasien und Indopazifische Region
Nordamerika
Ponto-Kaspische Region
Leppäkoski et al. (2002)
Neobiota: Etablierung
100 eingebrachte Arten
90 nicht überlebens- bzw.vermehrungsfähig
10 unbeständig
1-2 dauerhaft etabliert
0,2 haben invasiven Charakter
„10er-Regel“
Neobiota
Gruppe Gesamt etabliert noch nicht etabliert Status fraglich
Säugetiere 22 8 14 0Vögel 163 15 138 10Reptilien 14 0 13 1Amphibien 8 1 7 0Knochenfische 54 8 21 25Sinnentiere 35 10 2 23Insekten 553 115 185 253Krebse 62 26 9 27Ringelwürmer 33 10 4 19Weichtiere 83 40 7 36Sonstige Arten 122 31 43 48Summe 1149 264 443 442
Verteilung der 1149 in Deutschland nachgewiesenen Neozoenarten nach Artengruppen, Stand 2003 (BfN 2005).
Neobiota
Gegenmaßnahmen in der Schifffahrt:• keine Aufnahme von Ballastwasser in seichten und
verschmutzten Buchten und nicht während der Nacht • „Reballasting“: Austausch des Ballastwassers auf der
Hochsee• Behandlung des Ballastwassers (Filtern, Erhitzen,
ultraviolettes Licht, Ultraschall, Ozon, Gift, Veränderung des Salzgehaltes, Sauerstoffentzug oder Entsorgung in spezifischen Abwasseranlagen)
• Australien führte 1990 eine Richtlinie für den Umgang mit Ballastwasser ein, Initiative der Internationalen Schifffahrtsorganisation zur Behandlung des Ballastwassers ab 2009 (IMO A.868(20)
Ökonomische KostenStudie des UBA (Rheinhardt et al. 2003) zu den ökonomischen Folgen von Neobiota in Deutschland. Zusammen-fassung der Kosten, die durch ausge-wählte Neobiota jährlich in Deutschland ent-stehen.
Neobiota
Studie des UBA (Rheinhardt et al. 2003) zu den öko-nomischen Folgen von Neobiota in Deutschland. Zusammenfassungder Kosten, die durch die bearbeiteten Neobiota (20 Arten) jährlich in den jeweiligen Problemfeldern entstehen.
Übernutzung
www.wikipedia.de
Dobson 1997
Aufzeichnung der zwischen 1920 und 1980 in den südlichen Meeren gefangenen Wale.
Beispiel Walfang
ÜbernutzungGeschichte des Walfangs I:• Beginn des 18. Jahrhunderts: Entdeckung von Pottwalen als Quelle
für Schmieröl, Kerzenwachs, Lampenöl, Beginn des goldenen Zeitalters des Walfangs der amerikanischen Nordstaaten
• 18. und 19. Jahrhundert: Ausdehnung des Walfangs auf weitere Walarten (Glatt-, Buckel- und Grauwal)
• 1860: Norwegen nimmt erstes dampfgetriebenes Walfangschiff mit Harpunengeschütz in Betrieb, Fang von Blau-, Finn- und Buckelwalen
• Beginn des 20. Jahrhunderts: Walbestände im gesamten Atlantik reduziert, Walfänge konzentrieren sich auf die südlichen Ozeane, Einrichtung von Walfangstationen auf der Insel Südgeorgien und den Falklandinseln
ÜbernutzungGeschichte des Walfangs II:• 1908: britische Behörden belegen Walöl der Fangstationen mit
Steuern, Norweger entwickeln schwimmende Walverarbeitungsstationen und später Fabrikschiffe
• 1932: nach Übersättigung des Walölmarktes (1930 wurden 30.000 Blauwale gefangen) werden erste Walfangquoten für die südlichen Meere vereinbart
• 1946: Gründung der Internationale Walfangkommission (IWC), offizielles Fangquotensystem wird eingerichtet (Gesamtgewicht der pro Jahr gefangenen Wale wird begrenzt)
• 1961: IWC legt Fangquoten für jede der 17 Walfangnation fest• 1986: IWC beschließt weltweites Moratorium des kommerziellen
Walfangs
Übernutzung
Die Bestände einiger Walarten nach Daten von National Geographic 1988. Die Angaben zum Walbestand vor Beginn des Walfangs sind spekulativ.
Aus Primack 1995
Übernutzung
Aus Gaston & Spicer 2004
a) Schätzungen zum weltweiten Fischfang im Zeitraum 1950 – 99;
b) Anteil wichtiger mariner Fischressourcen in den verschiedenen Entwicklungsphasen der Fischerei.
a)
b)
Beispiel Fischfang
Biomass of Table Fish (tons per km2)
Source: Millennium Ecosystem Assessment; Christensen et al. 2003
19002000
Übernutzung• Fischerei hat einen Anteil von ca. 1 % am weltweiten
GNP• in Asien dient Fisch ca. 1 Milliarde Menschen als
Hauptquelle für tierische Proteine• weltweit sind ca. 200 Mill. Menschen vom Fischfang
abhängig• die Kapazität der Fischereiflotte reicht aus um zweimal
die Jahresproduktion der Meere zu fischen (Weber 1994)
• die jährlichen Kosten in der Fischereiwirtschaft betragen 124 Milliarden USD; die jährlichen Fangerträge haben eine Wert von 70 Milliarden USD (FAO 1992)
• der Beifang wird auf jährlich 27 Mill. t geschätzt (1/4 –1/3 des Gesamtfangs)
Übernutzung
Beispiel illegaler Handel mit Pflanzen und Tieren aus Wildbeständen:
• Schätzungen zu den jährlich gehandelten Pflanzen und Tieren aus Wildbeständen (Hunter, 1996):– 25.000-30.000 Affen– 2-5 Mill. Vögel– 500-600 Mill. Aquarienfische– 9-10 Mill. Orchideen– 7-8 Mill. Kakteen
Übernutzung
• in 2004 wurden ca. 10.000 Tiere oder Teile von Tieren vom Zoll Frankfurt beschlagnahmt (1000 Beschlagnahmungen in Deutschland pro Jahr)
• Strafen– Hornschnitzereien von einer Waldziegenantilope:
bis zu 2.000 Euro– Jaguarfell aus Paraguay: bis zu 1.000 Euro– artgeschützte Muschel: Verwarnungsgeld von bis
zu 40 Euro
IFAW
Übernutzung
Gegenmaßnahmen:• Stabilisierung der Weltbevölkerung• Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhaltes
ohne Zerstörung der Umwelt schaffen• durch Strafen und Anreize, die der Erhaltung von
Umwelt eine höhere Bedeutung verleihen (z.B. durch angemessene Preise für nachhaltig erzeugte Produkte)
• Beschränkung des internationalen Handels von Produkten, deren Gewinnung die Umwelt schädigt
• Ressourcenverbrauch senken
Zusammenfassung
1. Durch Schaffung von Transport- und Ausbreitungswegen sowie einer absichtlichen Freisetzung (z.B. in der Aquakultur) kommt es zur Verbreitung von gebietsfremden Arten.
2. Durch gebietsfremde Arten kann es zur Verdrängung heimischer Arten kommen. Mechanismen sind die Konkurrenz um Ressourcen, die Verbreitung von Krankheiten, der Prädations- bzw. Parasitierungsdruck, Hybridisierung und Änderung der Umweltbedingungen.
3. Viele Arten sind durch Übernutzung und illegalen Handel bedroht. Die kommerzielle Ausbeutung folgt häufig auf eine gesteigerte Abhängigkeit von Technik, Verkehr und neuen Märkten.
Diskussion
• Warum ist die Verschleppung oder Freisetzung von gebietsfremden Arten im Gegensatz zur natürlichen Ausbreitung von Arten kritisch zu betrachten?
• Durch welche Faktoren wird die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine gebietsfremde Art etabliert, erhöht?
• Warum sind Inseln besonders anfällig für eingeführte Arten und Krankheiten?
• Wie beeinflusst der Mensch die Verbreitung und Häufigkeit von Krankheiten in Tier- und Pflanzenpopulationen?
Literaturempfehlung
• Kegel, B. (2001): Die Ameise als Tramp: Von biologischen Invasionen. Heyne Verlag, 447 S.
• Millenium Ecosystem Assessment: http://www.millenniumassessment.org/en/Index.aspx