Veränderung des emotionalen Erlebens im Französischunterricht
Eine Längsschnittuntersuchung
3. Bundeskongresses des GMF 2010 Universität Augsburg
17.9.2010
Christian Beermann (Hamburg, Universität Hamburg)
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1. Theorie 1. Definition Lern- und Leistungsemotionen 2. Emotionen und schulisches Lernen 3. Situation des Französischunterrichts
2. Design Quantitativ 1. Fragestellung 2. Skalierung 3. Stichprobe
3. Methode Quantitativ 1. Mehrebenenanalyse 2. Piecewise Growth Modeling 3. Kodierung von Zeit
4. Erste Ergebnisse 5. Datentriangulation / Design Qualitativ
1. Latent Growth Mixture Modeling 2. Problemzentrierte Interiviews 3. Dokumentarische Methode
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 3
Lern- und Leistungsemotionen sind Emotionen, die sich vorrangig auf Lern- und Leistungsaktivitäten und -ergebnisse beziehen, die anhand eines Gütemaßstabes von anderen Personen oder vom Schüler/Lernenden selbst bewertet werden.
(Pekrun, Frenzel, Götz & Perry, 2007)
Definition von Lernemotionen
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 4
reizlos, antriebslos, leer
Tätigkeitswechsel, Suche nach Stimuli, Verlassen der Situation
Tagträumen, Abschweifen der Gedanken
Müdigkeit, Schlaffheit, Gähnen, starrer Blick
Komponentendefinition von Emotionen nach Götz, 2004
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 5
Kontroll-Wert Modell der Emotionsentstehung
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 6
• Emotionen werden domänenspezifisch unterschiedlich erlebt. (Götz et al. 2006)
• Im Unterricht wird die ganze Bandbreite an Emotionen erlebt, dabei treten positive Emotionen ebenso häufig auf wie negative. (Pekrun 2002)
• Diffuses Konzept von Emotion in der Fremdsprachenforschung. • Die Wichtigkeit von Emotionen für den Unterricht wird immer
wieder betont. (Hu 2003; Schwerdtfeger 1997)
• Bezug zu aktueller psychologischer Emotionsforschung fehlt. • Explizite Erforschung des Französischunterrichts erstmals bei
Cronjäger (2009).
Emotionen und schulisches Lernen
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 7
• Es existieren geschlechtsspezifische Unterschiede in Hinblick auf das Emotionserleben im Unterricht. (Götz 2004, Cronjäger 2009)
• Diese Unterschiede sind domänenspezifisch verschieden. (Götz 2004, Frenzel et. al. 2007)
• Auch die Zusammensetzung einer Lerngruppe in Hinblick auf die Geschlechterverteilung ist zu berücksichtigen. (Frenzel et. al. 2007)
Ergebnisse anderer Studien
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 8
• Abwahlzahlen steigen beim Übergang in die Sekundarstufe II
(Bittner 2003)
• Wunsch Französisch zu lernen bei Erwerbsbeginn häufig groß
(Schröder-Sura et. al. 2009)
• Mögliche Gründe • Fachleistung • Fachschwierigkeit • Unterrichtliche Bedingungen • Einstellung gegenüber der Sprache (Bittner 2003)
• Insbesondere Jungen haben eine negative Einstellung zum
Französischunterricht. (Bonin 2009)
Situation des Französischunterrichts
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 9
1. Verändert sich das Emotionserleben von Schülerinnen und Schülern im gymnasialen Französischunterricht im Verlauf der Sekundarstufe I?
2. Auslöser von Emotionen: Gibt es kompetenzspezifische Unterschiede im Emotions-erleben, bzw. haben Unterrichtsmerkmale wie Autonomieerleben oder Fehlerrückmeldung einen Einfluss auf das Emotionserleben
3. Kann das Geschlecht oder die Geschlechterverteilung in der Lerngruppe als Prädiktor für die Ausprägung und Entwicklung von Emotionen im Französisch-unterricht angenommen werden?
Fragestellungen
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 10
Befragung mittels eines standardisierten Fragebogens zu 6 Messzeitpunkten (MZP)
Klasse 6 Klasse 7 Klasse 8 Klasse 9
1 2 4 3 5 6 MZP
Design
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 12
• N = 548 Hamburger SchülerInnen
(39,2% Jungen; 60,8% Mädchen)
• Ausschluss von Klassenwiederholern, MuttersprachlerInnen
• 35 Klassen an 19 Hamburger Gymnasien. Durchschnittlichen Gruppengröße von 15, 66
Stichprobe
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 13
ICC Designeffekt
Freude .12 - .18 2,76 - 3,64
Langeweile .06 - .13 1,88 – 2,91
Mehrebenenanalyse
=> Mehrebenenanalyse ist notwendig. Bei Nichtbeachtung der Mehrebenenstruktur käme es zu fehlerhaften Parameterschätzungen und Unterschätzung der Standardfehler.
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 14
Mehrebenenmodell Ebene 3 Klassen
Ebene 2 Schüler
Ebene 1 MZP t1 t2 t3 t4
Klasse 1
S1 S2 ... S3 S4
t1 t2 t3 t4 t1 t2 t3 t4 t1 t2 t3 t4 … t1 t2 t3 t4
Klasse 2 ...
S1 S2 ... S3 S4
t1 t2 t3 t4 t1 t2 t3 t4 t1 t2 t3 t4
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 15 13.09.2010
• Wachstumsparameter als latente Variablen.
Intercept = Ausgangspunkt; Slope = Steigung
• Wachstum t1-t4 linear. Konnte nach Erhebung von t5, t6 nicht bestätigt werden. (CFI: .73; TLI: .80; RMSEA: .13)
• Quadratischer Faktor erschwert die Interpretation, daher Piecewise Growth: Spezifikation von zwei linearen Slopes. (CFI: .95; TLI: .95; RMSEA: .06)
• Leistung als Kovariate, auf einzelne Messzeitpunkte.
Piecewise Latent Growth Curves
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 17
Zeit wurde so kodiert, dass 1 = 1 Schuljahr Abstände zwischen den MZP berücksichtigt wurden.
Klasse 6 Klasse 7 Klasse 8 Klasse 9
1 2 4 3 5 6 MZP
0 0.25 0.75 0.5 3.25 3.75 MZP
Kodierung von Zeit
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 18
Entwicklung Freude
13.09.2010
Fixed Effects Random Effects
β (SE) Individual- Klassenebene
Intercept 3.34*** (.07) 0.34*** (.05) 0.13*** (03)
Slope 1 -0.82** (.06) 0.27* (.13) 0.05 (.04)
Slope 2 -0.25*** (.03) 0.05*** (.01) 0.02** (.01)
Χ² / df / p : 95.28 / 33 / .00; CFI .96; TLI: .96; RMSEA: .06
Signifikanzniveau: ***p < .001; **p < .01; *p < .05
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 20
Fixed Effects Random Effects
β (SE) Individual- Klassenebene
Intercept 1.53*** (.05) 0.17*** (.02) 0.04** (.01)
Slope 1 0.60*** (.08) 0.25 (.13) 0.12 (.06)
Slope 2 0.26** (.03) 0.08*** (.01) 0.02** (.01)
Χ² / df / p : 58.92 / 33 / .01; CFI .98; TLI: .97; RMSEA: .04
Signifikanzniveau: ***p < .001; **p < .01; *p < .05
Entwicklung Langeweile
13.09.2010
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 22
Nur
Geschlecht kodiert mit 0 = weiblich, 1 = männlich
Signifikanter Effekt auf Intercept von Freude
(-0.18*** (.07))
Geschlecht
not1c not2c
-0,3
-0,2
-0,1
0
0,1
0,2
0,3
Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen
Mittelwerte Noten in Wachsumsprozess I und II zentriert am Klassenmittelwert
w
m
Gesamt
Mittle
re A
bw
eic
hu
ng
vo
n K
las
se
nm
itte
lwe
rt
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 24
Abwahl
• 47,8 % der befragten Schülerinnen und Schüler würden Französisch abwählen, wenn sie könnten.
• Auch hier gibt es signifikante Geschlechtsdifferenzen(Χ² 27,44 p<0.01):
Weiblichh Männllich Gesamt
Ja 159 (38,3%) 173 (62,5%) 332
Nein 256 (61,7%) 104 (37,5%) 360
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 25
Fragebo-genstudie
Wachs-tums-
kurven-modelle
LCA Unterschiedliche
Entwicklungs-gruppen
identifizieren
Auswahl der
Proban-den
Qualitative Interviews
Auswertung der
Interviews: Dokumenta
rische Methode
Triangulationsprozess
Datentriangulation
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 26
Growth Mixture Modeling
13.09.2010
• Ermöglicht latente Klassen von Entwicklungs-verläufen zu bilden.
• Somit können Entwicklungstypen herausgearbeitet werden.
• Soll zur Auswahl der Fälle für die qualitativen Interviews dienen.
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 28
Beispiel 2 Klassenlösung Freude
13.09.2010
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 29
Problemzentrierte Interviews • Qualitative Leitfadeninterviews sog.
Problemzentrierte Interviews (Flick 2004)
• Nachfragen bei besonders markanten Fällen.
• Aufforderung zu Erzählungen jedoch gesteuerter als bei narrativen Interviews.
• Vorteil: Es können Informationen über die quantitativen Skalen hinaus erfragt werden.
Christian Beermann
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Datentriangulation
17.09.2010 30
Dokumentarische Methode
• Rekonstruktives Vorgehen • Explizit typenvergleichendes Vorgehen
„komparative Analyse“ (Nohl 2009)
• Vorherige Auswahl relevanter Themen
Merci beaucoup pour votre attention!
Thank you very much for your attention!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Christian Beermann
Folien zum Download:
http://www.christian-beermann.de
Literatur Bittner C. (2003) Der Teilnehmerschwund im Französischunterricht. Eine unabwendbare Entwicklung? Eine empirische Studie am Beispiel der gymnasialen Oberstufe. Französisch heute. 4:338-353. Cronjäger, H. (2009). Emotionen im schulischen Fremdsprachenunterricht: Bedingungen, Wirkungen und Veränderungen im ersten Lernjahr Französisch. Jena: (unveröffentlichte Dissertation). Flora, D. (2008). Specifying Piecewise Latent Trajectory Models for Longitudinal Data. Structural Equation Modeling: A Multidisciplinary Journal, 15(3), 513-533. Frenzel, A., Pekrun, R., & Goetz, T. (2007). Perceived learning environment and students' emotional experiences: A multilevel analysis of mathematics classrooms. Learning and Instruction, 17(2007), 478-493. Götz, T. (2004). Emotionales Erleben und selbstreguliertes Lernen bei Schülern im Fach Mathematik. München: Utz. Hu A. (2003) Schulischer Fremdsprachenunterricht und migrationsbedingte Mehrsprachigkeit. Tübingen: Gunter Narr Verlag. Li F., Duncan T., Duncan S., Piecewise growth mixture modeling of adolescent alcohol use data. Structural Equation Modeling: A Multidisciplinary Journal. 2001;8(2):175 - 204. Nohl A-M. (2009) Interview und dokumentarische Methode. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Schröder-Sura A., Meißner F., Morkötter S. (2009) Fünft- und Neuntklässler zum Französischunterricht in einer quantitativen Studie (MES). französisch heute. (1):5-15. Schwerdtfeger I.-C.(1997) Der Unterricht Deutsch als Fremdsprache: Auf der Suche nach den verlorenen Emotionen. Informationen Deutsch als Fremdsprache.,24 (5) 587-606.