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Page 1: Bemerkung zu der Veröffentlichung: Wilhelm Künzer und Hans Zeisel: Incontinentia pigmenti (Bloch-Sulzberger)

Zeitschrift f[ir Kinderheilkunde, Bd. 67, S. 177--178 (19:i9).

Bemerkung zu der Verfiffentlichung: Wilhelm K/inzer und Hans Zeisel:

Incontinentia pigmenti (Bloch-Sulzberger). Zeitsehrift f/Jr Kinderheilkunde 66, S. 411, (1949).

~)'on

Hubert Seidlmayer. (EingEgangen am 22. Juni 19d9).

Die beiden Autoren verOffentlichen eine weitere Beobachtung einer Incontinentia pigmenti im Kindesalter. Aus der Miinchener Universitfits- Kinderklinik babe ich im Jahr 1942/3 selbst beobachtete F~lle dieser merk- wfirdigen Pigmentanomalie publiziert und zugleich die bis dahin in tier Weltliteratur bekannten Ffille gesammelt and kritisch besprochen. Dabei

ergab sich die interessante Feststellung, dab mit tier Pigmentanomalie mehr oder weniger konstant andere StOrungen verbunden sind, die tells vereint, tells einzeln auftreten kOnnen, wie Augenerkrankungen, Gehirn- erkrankungen, diffuser Haarausfall, Nagelverfinderangen, Hypodontie, Zahndeformitfiten und Biganomalien, alles St6rungen, die Organe betreffen, die sich entwicklungsgeschichtlich vom Ektoderm ableiten. Als Ursache wurde yon uns eine ,,elective frfihembryonale Keimblattschfidigung" (yon Plaundler) angenommen. Eine sichere Entscheidung konnte nicht ge- troffen werden, ob es sich um einen peristatischen oder erblichen Schaden handelt. Nit diesen Feststellungen kamen wir zu dem Ergebnis, diese Er- krankung nicht als Hautkrankheit aufzufassen, sondern sie mit den auf- tretenden anderen StOrungen in den Kreis ,,multiple Abartungen" einzu- reihen. Auch yon P/aundler trat damals far diese Auffassung ein.

Wir batten Gelegenheit einen der von uns beobachteten Ffille der Autop- sie zuzuffihren. Dabei ergab sich der ~iberraschende Befund einer Aplasie des Nebennierenmarkes, der von HSra histologisch festgestellt wurde. Unseres Wissens handelt es sich um die erste Sektion eines Trfigers dieser Erkrankung. Es wurde yon uns damals erwogen, inwieweit die Mark- aplasie mit tier Ausbildung des melanotischen Exanthems in Beziehung gesetzt werden kann. Eine in allen Einzelheiten befriedigende Erkl~rung der Entstehung der Pigmentationen bei dem Abartungssyndrom konnte nicht gefunden werden. Es wurde jedoch in Erwfigung gezogen, daft die Aplasie des Nebennierenmarkes zu Beginn tier physiologischen Pigmen- tierung unmittelbar vor und nach der Geburt zu einer StOrung des Pig- menthaushalts mit Auftreten des melanotischen Exanthems fahren kOnnte trod daft die nur vor~ibergehende StOrung im Adrenalin-Melaninbaushalt

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178 It. Seidlmayer: Bemerkung zu der Yer6ffentli6hung: W. K~nzer und K. Zeisel.

durch ein kompensatorisches Einsp.ringen des extrasuprarenalen Mark- gewebes (Paraganglien) behoben wird.

Bei der neuen Beobachtang yon Kgnzer und Zeisel handelt es sich um einen 5 Monate alten Sfiugling. Die Autoren konnten keine andere St6rung oder Miltbildung bei dem Fall beobachten. Wit haiten es aber wohl ffir m6glich, dab auch bei diesem Kind spfiter.andere Erscheinungen auftreten kOnnen (Alopecie, Zahnmil~bildungen, Augenhintergrundsverfinderungen u. ft.). Sicher ist eine genaue Weiterverfolgung dieses Falles sehr wichtig.

Ffir den Kinderarzt scheint es mir hinsichtlich Atiologie und Patho- genese welt befriedigender, das Krankheitsbild als Abartungssyndrom auf- zufassen, bei dem die Pigmentanomalie nui" ein Zentralfaktor ist, um den sich in den meisten Ffillen weitere Nebenfaktoren gruppieren.

Literatur.

Seidlmayer: Z. Kind~rhk. Bd. 611, Seite 451 (1942).

Dr. Hubert Seidlmayer, Kempten/Allgfiu, Parkstral~e 14/0.


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