Physik A – VL16 (15.11.2012)Physik A VL16 (15.11.2012)
Hydrostatik II - Grenzflächenerscheinungeny g
K hä i d Adhä i• Kohäsion und Adhäsion
• Die Oberflächenspannung
• Benetzung und Kapillarwirkung
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GrenzflächenerscheinungenKohäsion und AdhäsionKohäsion und Adhäsion
• Moleküle eines stofflich homogenen Systems (= Phase) üben gegenseitig Kräfte aufeinander aus:
Zusammenhangskräfte
⇒ Die Moleküle bleiben nahe beeinander: Kohäsion / Kohäsionskraft
• Beispiel: Wasserfilm zwischen zwei Glasplatten
◦ Kohäsion zwischen Wassermolekülen
• Der Durchmesser der Platten bestimmt die Tragfähigkeit:
Kohäsion zwischen Wassermolekülen◦ Adhäsion zwischen Wassermolekülen und Oberflächen der Platten
Beispiel: Aluminiumplatten mit Öl (d = 30 cm) können ca. 1 kg tragen2
Kohäsion und AdhäsionAll i K äft i i Flü i k it t f
• im Inneren der Flüssigkeit bleiben die Moleküle aufgrund der Kohäsionskräfte nahe beisammen
Allgemein: Kräfte in einem Flüssigkeitstropfen
aufgrund der Kohäsionskräfte nahe beisammen⇒ Kräfte in alle Richtungen heben sich auf: Kräftegleichgewicht
d Ob flä h d Flü i k it bl ibt i lti d K ft !• an der Oberfläche der Flüssigkeit bleibt eine resultierende Kraft !⇒ Moleküle an der Oberfläche spüren Kraft, die nach innen gerichtet ist:
Oberfläche krümmt sich, nähert sich Halbkugelform an⇒ Adhäsion / Adhäsionskraft
⇒ um Moleküle an die Oberfläche zu befördern, muss Arbeit gegen diese Kraft geleistet werdenmuss Arbeit gegen diese Kraft geleistet werden
◦ je näher an Oberfläche, desto größerdie Arbeit
b h h d◦ Arbeit erhöht die Oberflächenenergie
Kohäsionskräftevan der Waals-Wechselwirkungen, Dispersionskräfte (London’sche Kräfte), Wasserstoffbrückenbindungen, bei Elektrolytlösungen: ionische Kräfte (Coulomb-Kräfte)
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Kohäsion und Adhäsion
• Moleküle an der Oberfläche spüren Effekte am deutlichsten⇒ Größte Kräfte an den Phasengrenzen:
Adhä i k fAdhäsionskraft
• Die Moleküle meiden die Oberfläche und versuchen, diese so klein ö l h h l M d Ewie möglich zu halten → Minimierung der Energie
⇒ Ursache für Form von Oberflächen, besonders bei Flüssigkeiten
Beispiel der Oberflächenänderung durch Adhäsionskräfte: Quecksilberkügelchen
◦ Beobachtung:kleine Kügelchen ziehen sich zu einem großen Tropfen zusammen:großen Tropfen zusammen:
⇒ Minimierung der Oberfläche,
Adhäsionskräfte wirken wie eine einschließende Haut
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Adhäsionskräfte wirken wie eine einschließende Haut
Kohäsion und Adhäsion
• ein System ist immer bestrebt, den stabilen Gleichgewichtszustand kleinsterpotentieller Energie einzunehmen
◦ Flüssigkeitsoberflächen sind Minimalflächen:Die Kugel ist unter allen Körpern gleichen Volumens der mit der geringsten Oberfläche
⇒ Flüssigkeitstropfen sind kugelförmig !
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Oberflächenspannung
• Wird die Oberfläche einer Flüssigkeit vergrößert , wird Arbeit gegen die Kohäsionskräftebzw. gegen den Kohäsionsdruck geleistet: Volumenarbeit
AEWA Δ⋅=Δ= σWA σ
( d ifi h Ob flä h i )⇒ Definition der Oberflächenspannung ⎥⎦
⎤⎢⎣⎡
ΔΔ
==mN
nänderungOberfläche nenergieOberfläche
AEσ
(oder: spezifische Oberflächenenergie) ⎦⎣Δ mnänderungOberfläche A
• Beispiele für Oberflächenspannungen gegen LuftAE
ΔΔ
=σAΔ
Flüssigkeit σ / mN·m-1 Flüssigkeit σ / mN·m-1
Wasser (80°C) 62,6 Ethylether 17,0Wasser (50°C) 67,9 n-Hexan 18,4Wasser (20°C) 72,8 Benzol 29,0
Olivenöl 33,0Quecksilber (18°C) 471,0 Ethylenglykol 48,4Quecksilber (20°C) 476,0 Glycerin 62,5
• Temperaturabhängigkeit der Oberflächenspannung:Näherungsgleichung für Wasser in Abhängigkeit von Temperatur T, ausgehend vom Wert bei 20°C
⎞⎛
6⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛⎟⎠⎞
⎜⎝⎛ −⋅−⋅= 291002,0107275,0)(
KTtWasserσ
Oberflächenspannung
Beispiele: Objekte auf Wasseroberfläche
◦ Eine Nadel oder eine Büroklammer können auf einer Wasseroberflächekönnen auf einer Wasseroberfläche schwimmen
◦ Ursache ist NICHT der Auftrieb, d di Ob flä hsondern die Oberflächenspannung
◦ zieht man an z.B. der Nadel, kann man die Oberfläche vergrößern
⇒ Methoden zur Messung der Oberflächenspannung
Abreiss- bzw. Bügelmethodeg
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• Messung der Oberflächenspannung
Oberflächenspannung• Messung der Oberflächenspannung
Abreiss- / Bügelmethode:Das Hochziehen einer Flüssigkeitslamelle mit einem gBügel erzeugt eine zusätzliche Kraft, die durch die Oberflächenspannung entsteht:
FsFE Δ⋅Δ
Faktor 2 da Oberfläche zwei Seiten hat !!!
lF
slsF
AE
222=
Δ⋅⋅Δ
=Δ⋅Δ
=σ
Faktor 2, da Oberfläche zwei Seiten hat !!!daher: zweifache Kraft zum Ziehen !
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! Vereinfachte Betrachtung, da zusätzlich Gewichtskraftauf die Flüssigkeitslamelle wirkt: F = 2σl + mg
Oberflächenspannung
Ä
• Die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit wird durch Zugabe oberflächenaktiver Substanzen beeinflusst
Beispiel: Änderung der Oberflächenspannung durch Zugabe von Spülmittel
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Oberflächenspannung
Physikalische Begründung für die Verminderung der Oberflächenspannung durch Tenside
• Ursache: Amphipatischer Charakter der Oberflächenaktiven SubstanzAmphipatischer Charakter der Oberflächenaktiven Substanz. Die Moleküle (z.B. Seifenmoleküle) sind an der Oberfläche der Lösung unter energetischen Aspekten besonders günstig angeordnet:
der hydrophile Teil taucht in die Oberfläche ein und kanndort mit den Wassermolekülen interagieren,
der hydrophobe Teil der Kohlenwasserstoffschwanz kannder hydrophobe Teil, der Kohlenwasserstoffschwanz, kann sich in Richtung der Gasphase ausrichten.
Die Tensid-Moleküle akkumulieren sich an der Wasseroberfläche.
Für diese Moleküle ist keine resultierende Kraft in Richtung des Inneren der Lösung gerichtet.
⇒ Verminderung der Oberflächenspannung g f p g
Die energetisch ungünstige Anordnung von Wassermolekülen an der Oberfläche wird durch die energetisch günstigere, gerichtete Anordnung von Tensid-Molekülen an der Oberfläche der Lösung
t tersetzt.
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• Überdruck – Die Young-Laplace-Gleichung
Oberflächenspannung
Beispiel: Überdruck in einer Seifenblase◦ Der Druck in Seifenblasen hängt von deren Größe ab.
• Überdruck – Die Young-Laplace-Gleichung
Δrp2
f g ß
◦ Bestimmung der Druckänderung Δp aus Energiedifferenz ΔE zwischen Seifenblasen mit Radiusdifferenz Δr:
p1
rpArFE Δ⋅Δ⋅=Δ⋅=Δ Δp = p2 - p1
AFp =ΔsFE Δ⋅=Δ ArpA Δ⋅=Δ⋅Δ⋅⇒ σ2
AE Δ⋅=Δ σ2rAAp
Δ⋅Δ⋅
=Δ⇔σ2
Seifenblasenhaut = 2 Oberflächen
rdrdArA ππ 8;4 2 ==
rrrrp
Δ⋅Δ⋅
=Δ 2482
ππσ
rrrrrp σ
ππσ 4
482
2 =Δ⋅Δ⋅
=ΔdrrdA π8=⇒ rr Δ⋅4π rrrπ4 Δ⋅
⇒ Allgemein :p σ⋅
Δ2 Young-Laplace-
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Überdruck z.B. im Inneren eines Tropfens: rp =Δ g p
Gleichung
Grenzflächenerscheinungen
◦ sind an einer Grenzschicht die Adhäsionskräfte stärker als die Kohäsionskräfte,bleibt die Flüssigkeit haften sie benetzt die Oberfläche
• Benetzung und Kapillarwirkung
bleibt die Flüssigkeit haften, sie benetzt die Oberfläche.→ Benetzung entsteht, wenn die Molekülkräfte untereinander (Kohäsion) geringer
sind als die Kräfte gegenüber den Molekülen der festen Oberfläche (Adhäsion)
◦ Fallunterscheidung: - Adhäsionskräfte > Kohäsionskräfte: benetzende Flüssigkeit- Adhäsionskräfte < Kohäsionskräfte: nicht-benetzende Flüssigkeit
Kapillaraszension (Beispiel: Wasser)
l k ll f d b ldDie Flüssigkeit steigt in einer Kapillare auf und bildet eine konkave Oberfläche (Meniskus).
Kapillardepression (Beispiel: Quecksilber)
Die Flüssigkeit hat in einer Kapillare einen niedrigeren Pegel als in der Umgebungund bildet eine konvexe Oberfläche.
12Die Steighöhe in einer Kapillare ist abhängig von deren Durchmesser.
Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
• Maß für die Benetzung ist der Rand- oder Kontaktwinkel, den die Oberfläche i hlieinschliessen.
Wassertropfen auf Lotusblüte
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Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
Bei großer Kontaktfläche relativ zum Flüssigkeitsvolumen (= dünne Röhren)
⇒ benetzende Flüssigkeiten steigen (Kapillaraszension), nicht benetzende Flüssigkeiten sinken ab (Kapillardepression):
⇒ Kontaktwinkel ungleich 90°⇒ Kontaktwinkel ungleich 90
⇒ Steht im Widerspruch zu kommunizierenden Röhren !!
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Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
Frage: Wie groß ist die Steighöhe / Sinkhöhe in einer Kapillare?Di Flü i k i i (b i k ) i d K ill i bi di d Ob flä h⇒ Die Flüssigkeit steigt (bzw. sinkt) in der Kapillare so weit, bis die von der Oberflächen-spannung σ herrührende Kraft Fσ und die Gewichtskraft der Flüssigkeitssäule FG im Gleichgewicht sind.
Kraft Fσ ?
→ Abreiss- / Bügelmethode:
Faktor 2, da Oberfläche zwei Seiten hat !l
Fsl
sFA
E222
=Δ⋅⋅Δ⋅
=Δ⋅Δ
=σ
Bei nur einer Seite: lFlF
⋅=⇔= σσ σ
Die Oberflächenspannung σ ist gleich dem auf die Länge der Begrenzungslinie bezogenen Betrag der Oberflächenkraft Fσ
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Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
Frage: Wie groß ist die Steighöhe / Sinkhöhe in einer Kapillare?Di Flü i k i i (b i k ) i d K ill i bi di d Ob flä h⇒ Die Flüssigkeit steigt (bzw. sinkt) in der Kapillare so weit, bis die von der Oberflächen-spannung σ herrührende Kraft Fσ und die Gewichtskraft der Flüssigkeitssäule FG im Gleichgewicht sind.
FF =gml ⋅=⋅⇒ σ
GFF =σ
| l = Länge der Grenzfläche= Innenumfang der Kapillare
gVr ⋅⋅=⋅⋅⇒ ρπσ 2
ghrr ⋅⋅⋅⋅=⋅⋅⇒ 22 πρπσ
| V = Zylindervolumen
Fσ ⊥
grrh⋅⋅⋅⋅⋅
=⇔ 2
2πρ
πσrggr
rhρσ
πρπσ 22
2 =⋅⋅/⋅/⋅/⋅
=⇔ /
σ,⊥
⇒ Bei zusätzlicher Berücksichtigung unvollständiger Benetzung (θK > 0°):
rgh K
ρθσ cos2 ⋅
=
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rgρ
Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
Frage: Wie groß ist ein Wassertropfen?B i i i li d i h Röh d⇒ Bei einem aus einer zylindrischen Röhre austretenden Wassertropfen muss sich beim Ablösen die Oberfläche des Tropfens um den Innen-Querschnitt der Röhre vergrößern.
◦ die von der Oberflächenspannung σ herrührende Kraft Fσ hält den Tropfen…
dlF ⋅⋅=⋅= πσσσ d: Innendurchmesser der Röhre
◦ … bis die Gravitationskraft mit mit steigendem Volumen größer wird…
gVFG ⋅⋅= ρ
◦ … und sich der Tropfen bei Kräftgleichheit ablöst…
dgVFFG ⋅⋅=⋅⋅⇒= πσρσ
⇒ Volumen des Tropfens beim Ablösen:g
dV ⋅⋅=
ρπσ
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g⋅ρ
Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
• Lotusblüteneffekt: lernen von der Natur - superhydrophobe Oberflächen
Auf Selbstreinigung optimierte, doppelt strukturierte biologischeOberfläche: K bi i Mik (Z ll ) dKombination von Mikro- (Zellen) und Nanostrukturen (Wachskristalle) minimiert die Kontaktflächen⇒ Reduzierte Adhäsion⇒ Reduzierte Adhäsion
Wassertropfen auf Lotusblüte: T f bild f K lf (K k i k l (b θ ) 90°) dTropfen bildet fast Kugelform (Kontaktwinkel α (bzw. θK) > 90°), und läuft bei der kleinsten Kippung ab
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Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
• Lotusblüteneffekt: lernen von der Natur - superhydrophobe Oberflächen
Ein Tropfen Wasser nimmt beimEin Tropfen Wasser nimmt beimAbrollen die lose auf dem Blattaufliegenden Schmutzpartikel auf und reinigt so die Oberfläche.
fettliebender Farbstoff, der zumMarkieren von Geldscheinenverwendet wird, kann mit wenigWasser von der BlattoberflächeWasser von der Blattoberflächeweggespült werden.
⇒Anwendung des Prinzips:
Klebstoff auf Wasserbasis bleibt nicht haften, sondern läuft ab
Selbstreinigende Fassadenfarbe:
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Grenzflächenerscheinungen
Benetzung und Kapillarwirkung
• Schmutzunempfindliches Brillenglas durch hydrophobe Schicht:Lotusblüten-Abperleffekt durch nanotechnologische StrukturierungLotusblüten Abperleffekt durch nanotechnologische Strukturierung
Wasserläufer:Wasserläufer:
Gleiches Prinzip!Superhydrophobe Ober-
fläche der Beine durch
Die Natur als Vorbild:Superhydrophobe Oberfläche aus porösem Silizium zeigtfläche der Beine durch
Nanostrukturierung(A,B)
aus porösem Silizium zeigt gleiche strukturelle Merkmale (D,E) wie Wasserläuferbeine.
Zusammenfassung• Moleküle bzw Atome einer homogenen Phase üben gegenseitig Kräften aufeinander aus:• Moleküle bzw. Atome einer homogenen Phase üben gegenseitig Kräften aufeinander aus:
Kohäsion/Kohäsionskräfte
• Moleküle bzw. Atome an Phasengrenzflächen üben ebenfalls Kräfte aufeinander aus:g f f f f
Adhäsion/Adhäsionskräfte
• Beide Kräfte und das Prinzip der Energieminimierung sind für die Form von Oberflächen, spezielll i k i b fl h i d i i lfl hder von Flüssigkeiten, verantwortlich: Flüssigkeitsoberflächen sind Minimalflächen
• Zur Vergrößerung einer Flüssigkeits-Oberfläche muss Volumenarbeit gegen die Kohäsionskräfte geleistet werden: AEWA Δ⋅=Δ= σ
mit der Oberflächenspannung
AEWA ΔΔ σ
⎥⎦⎤
⎢⎣⎡
ΔΔ
==mN
nänderungOberfläche nenergieOberfläche
AEσ
⇒ Young-Laplace-Gleichung für den Überdruck in einem Wassertropfen:
• Adhäsionskräfte > Kohäsionskräfte: benetzende Flüssigkeit ⇒ Kapillaraszensionr
p σ⋅=Δ
2
f f g p
Adhäsionskräfte < Kohäsionskräfte: nicht-benetzende Flüssigkeit ⇒ Kapillardepression
◦ Steighöhe / Sinkhöhe in einer Kapillare abhängig vom Kontaktwinkel:rg
h K
ρθσ cos2 ⋅
=
• Lotusblüteneffekt: superhydrophobe Oberflächen in der Natur und in der technischen Anwendung21
rgρ