Das kutane Lymphom-erkennen und therapieren
Martin KesslerDipl. ECVIM-CA (Onc)FTA für Kleintiere
Kutanes LymphomEpidermotrope und nicht-epidermotrope Formen
Epidermotropes Lymphom:• Infiltration mit neoplastischen T-Lymphozyten mit
spezifischem Tropismus für die Epidermis und hautadnexale Strukturen
• drei Subfomen– Mycosis fungoides– pagetoide Retikulose– Sézary Syndrom
Nicht-epidermotropes Lymphom:• primär aus lymphatischen (meist B-)Zellen der Dermis
oder sekundär im Zusammenhang mit multizentrischem Lymphom
Epidermotropes Lymphom
• Spezielle Subpopulation der T-Lymphozyten – „Skin-homing“ Rezeptoren � „skin-homing-T-cells“;
„epidermotrope“ T-Zellen– Verbinden sich mit den epidermalen Keratinozyten
• Ätiologie unbekannt– chronische antigene Stimulation kutaner T-Zellen z.B. bei
chronischen Dermatitiden oder Atopie ?
Histologie und Immunhistologie
• histologische Untersuchung von Hautbiopsien i.d.R. diagnostisch• hochgradige epitheliotrope Infiltration monomorpher, atypischer
lymphatischer Zellen – perivaskuläre Infiltration + Infiltration der Hautadnexen (Haarfollikel, Talg-
und Schweißdrüsen)• Pathognomonisch: „Pautrier’sche Mikroabszesse“
• fokale Ansammlungen atypischer Lymphozyten in intraepidermalen Vesikeln• nicht in allen Fällen vorhanden
Histologie und Immunhistologie
• T-Immunphänotyp• im Vgl. zu anderen lymphatischen
Neoplasien verhältnismäßig viel Zytoplasma• Verwechslungen mit histiozytären
Tumoren und Plasmozytomen möglich • Frühstadien mitunter schwer von
nicht-neoplastischen lymphozytärenHautveränderungen (z.B. atopischeDermatitis) zu unterscheiden, da oft von erheblicher Entzündungszellinfiltration begleitet • in fraglichen Frühstadien
Klonalitätsnachweis• Gen-Rearrangements des Gamma-T-
Zellrezeptors
Epidermotropes T-Zell-LymphomEpidemiologie
• Kutanes Lymphom im Vergleich zu anderen Lymphomen selten – Überweisungspraxen für Dermatologie: 2-7 Fällen pro 1.000
Patienten
• Evtl. Prädisposition für Cocker Spaniel, Bichon Frisee und Boxer
• Keine Geschlechts-prädisposition
• Durchschnittsalter 8,6 Jahre
Formen des kutanen T-Zell Lymphoms
Mycosis fungoides (MF)
Pagetoide Retikulose
Sézary-Syndrom
Formen des kutanen T-Zell Lymphoms
Mycosis fungoides (MF)
• Gleicht einer Hautpilz-erkrkanKung
• häufigste Form des kutanes Lymphoms
• Je nach Erkrankungsstadium sehr unterschiedliches klinisches Erscheinungsbild – Dermale, mukokutane und orale Formen– im Krankheitsverlauf meist Systembeteiligung
Formen des kutanen T-Zell Lymphoms
Pagetoide Retikulose• im Gegensatz zur MF im weiteren Verlauf keine Systembeteiligung
• maligne Zellen strikt intraepithelial und periadnexal lokalisiert – disseminierte und aggressive Form: Ketron-Goodman � häufiger
– lokalisierter Typ: Woringer-Kolopp; epidermotropeRetikulose � selten
• wird von einigen Pathologen als benigne kutane lymphoproliferative Erkrankung angesehen
• beim Hund extrem selten
Formen des kutanen T-Zell Lymphoms
Sézary-Syndrom• zusätzlich zu Hautveränderungen
Leukämie + oft generalisierte LN-Vergrößerung
• Hautinfiltrate beim SS: – „Sézary-Zellen“: gehirnwindungsartige
„zerebriforme“ Zellkerne – in Zweifelsfällen molekularbiologischer
Nachweis der Klonalität• Ddx: Leukämie mit sekundärer
Hautbeteilung!– hier Tumorzellen vorwiegend
perivaskulär in der Dermis ohne Epitheliotropismus
Albert Sezary (1880-1956)
Mycosis fungoidesKlinisches Bild
• Erscheinungsbild sehr variabel, ähnelt im Verlauf anderen infektiösen und autoimmunen Dermatosen!!
• Differenzialdiagnose zu zahlreichen therapieresistenten Hauterkrankungen
• Tumorentwickung in „typischen“ Stadien oder ohne Stadien (d‘emblée Variante)
Mycosis fungoidesKlinisches Bild
• Tumorstadien– 1. Stadium: Hautrötungs-Stadium (Patchstadium) mit großflockigen
Hautschuppen (exfoliative Erythrodermie) – 2. Stadium: Plaquestadium – 3. Stadium: Noduläres Stadium– 4. Stadium: systemischen Ausbreitung mit Lymphadenopathie und
Einbeziehung viszeraler Organe
• Erkrankung schreitet beim Hund deutlich schneller fort als beim Mensch
• Stadienabfolge zeigt häufig Überlappungen• „d’emblée“-Variante: direktes und i.d.R. zahlreiches Auftreten
aller Erscheinungsbilder auf davor unveränderter Haut ohne Durchlaufen der klassischen Tumorstadien
Mycosis fungoidesHautrötungs-Stadium (exfoliative Erythrodermie)
• initial herdförmige, generalisierte Hautrötung mit großflockigen Hautschuppen
• kann einige Monate bestehen, bevor Progression
Mycosis fungoidesPlaque- und Hautknoten-Stadium
� die meisten Patienten zum Vorstellungszeitpunkt in dieser Phase, evtl. da frühere Veränderungen nicht als Tumor erkannt
− oft parallel auch noch Erythrodermie und Hautschuppen –„d’emblée“-Variante: alle Erscheinungsbilder gleichzeitig
� Pruritus� Pfotenballen hyperkeratisisch, ulzeriert oder depigmentiert
� Sekundäre Hautinfektion mit Malassezien häufig
Mycosis fungoidesMukokutane Form
im Bereich der mukokutanen Übergänge Erythem mit Depigmentation, Ulzeration und Alopezie
Mycosis fungoidesorale Form
Bleibt manchmal auf Maulhöhlenschleimhaut beschränkt i.d.R. spätere systemische Ausbreitung
Ulzeration und Infiltration Mukosa, Gingiva, Gaumen, Zunge
Therapie und Prognose
• Großflächigere, generalisiere und systemischen Erscheinungsbilder vorsichtige bis schlechte Prognose• i.d.R. < 1 Jahr
• Therapiekombination aus Kortikosteroiden, Zytostatika, synthetische Vitamin-A Analoga (Retinoide), Tyrosinkinaseinhibitoren (KIT-Rezeptorantagonisten), ungesättigte Fettsäuren
• Chirurgische Exzision oder Strahlentherapie nur bei den (seltenen) lokalisierten Formen• lokalisierte pagetoide Retikulose auch unbehandelt oft über Jahre ohne Progression stabil
Chemotherapie
• Lomustin (60-80mg/m²PO, alle 3 Wo)– alleine oder als Bestandteil eines
Polychemotherapieprotokolls– Hofheim III Protokoll
(CHOP+CeCeNu)
Studie (46 Hunde)• 83% Ansprechen
• 15 Hunde komplette Remission• 23 Hunde partielle Remission• 5 stabile Erkrankung • 3 Tumorprogression• mediane Dauer des Therapieansprechens 94
Tage (Bereich 22-282 Tage) Studie (36 Hunde)• 6 komplette Remission, med. DFI 106d• 22 partielle Remission, med. Ansprechzeit
88 Tage
Andere Therapien
• synthetische Vitamin-A Analoga (Retinoideund Rexinoide)• beim Menschen häufig eingesetzt• auch beim Hund Retinoid-Rezeptoren nachweisbar
• Einsatz auch beim Hund sinnvoll• Dosis Isotretinoin Hund: 1-8 mg/kg tgl.
• Studie: partielle Remission bei 6 von 14 behandelten Hunden
• Fettsäuresupplementation mit Omega-6-Fettsäuren (Linolensäure) • Studie: Färberdistelöl (3 ml/kg jeden 3. Tag) Tumorremission bei 6 von 8 Hunden
• Masitinib (Masivet)?