Der Einfluss von
Freuds patriarchalischer
Weiblichkeitsvorstellung
auf seine allgemeinen
psychoanalytischen Konzepte
- Daniela Prousa, WS 2004 / 2005 -
Christa Rohde-Dachsers
Fragestellung :
Spiegelt sich in Freuds
allgemeiner psychoanalytischer
Theorie und Methode
gar auch das
patriarchalische Geschlechtsbild
wider ?
Ihre Methode :
Die tiefenhermeneutische Untersuchung der
Metaphorik der Freudschen Konzepte
des „psychischen Apparates“ der psychoanalytischen Methodik
daraufhin, ob das patriarchalische
Geschlechtsbild darin transportiert wird.
Die Idee, die hinter Rohde-Dachsers
Methode steht :
„Metaphern (…) deuten auf Weltbilder, die
ihnen zu Grunde liegen.
(…) sie organisieren unser Handeln und
unsere Wahrnehmung und determinieren gar,
was wir fühlen (…).
Metaphern konstruieren somit Wirklichkeiten.“
(Michael B. Buchholz in „Metaphernanalyse“; 1993, S. 8-12).
Geschlechtsmetaphern
in Freuds Konzept
des
psychischen Apparats
Der Psychische Apparat (spätere Version) :
ÜBER-ICH ( bw, vbw, ubw )
ICH ( bw, vbw, ubw )
ES ( ubw )
Das Unbewusste, in weiten Teilen
mit dem ES identisch, ist laut Freud :
• ein „dunkler Kontinent“
• „geheimnisvoll“
Freud über Weiblichkeit :
• ein „dunkler Kontinent“
• „geheimnisvoll“
Das unbewusste ES laut Freud :
• muss erobert, unterworfen werden :
„Wo Es war, soll Ich werden“.
Die Patriarchalische Vorstellung
über die Frau :
• Der Mann ist Eroberer der
passiven Frau, die unterworfen wird.
Entwertung der Frau
Das unbewusste ES laut Freud :
„Das Es kann kein äußeres Schicksal erleben
oder erfahren, außer durch das Ich.“
„[Das] Es kann nicht sagen, was es will,
es hat keinen einheitlichen Willen zustande
gebracht.“
Die Patriarchalische Vorstellung
über die Frau :
Die Frau zu Hause am Herd; der Mann, der Erfahrungen mit der „Welt da draußen“ sammelt, berichtet der Frau gelegentlich davon oder trägt – an ihrer Stelle sprechend – auch mal eines ihrer Interessen vor.
Die Frau selbst ist zu keinem klaren Willen fähig. Entwertung
Das unbewusste ES laut Freud :
• ist ganz „amoralisch“• enthält die Leidenschaften• ist „mörderisch“• trägt „Zumutungen“ an das Ich heran
Dämonisierung der Frau
Im Konzept des Unbewussten,
des ES, findet sich also Freuds
„doppelte Weiblichkeitskonstruktion“
wieder !
Die Frau ( das Es, das Ubw ) wird
a) entwertet ( z.B. Autonomie abgesprochen )
b) dämonisiert (alles triebhafte, gar
„mörderische“, geht von ihr aus)
Rhode-Dachser:
„(…) damit ist das Es in der gleichen Rolle wie die Frau in der patriarchalischen Familie, an welcher sich dieses Theoriemodell [des psychischen Apparats] implizit orientiert.“
(Christa Rhode Dachser in „Expedition in den Dunklen Kontinent.
Weiblichkeit im Diskurs der Psychoanalyse“; 2003, S.164)
Es scheint aber auch die psychische
Problematik des patriarchalischen Mannes
in diesen Metaphern gespiegelt zu sein :
„[Das Ich] wehrt sich (…) vergeblich gegen die
Zumutungen des mörderischen Es (…).“
Die Psychischen Abwehroperationen des
patriarchalischen Mannes können sein Ich vor
den eigenen (verleugneten) Triebansprüchen
sowie vor der (verleugneten) „realen“ Frau
nicht immer völlig abschirmen.
Das ICH in Freuds Theorie :
• ist der Außenwelt zugewandt
• „repräsentiert, was man Vernunft,
Besonnenheit nennen kann“
• „ist bemüht, moralisch zu sein“
• „ist der Helfer des Es“
Das Patriarchalische Selbstbild
des Mannes:
Das Selbst ist der Ort aller
„guten“ Eigenschaften ( nicht triebhaft,
nicht unmoralisch,…).
Das Selbst ist stark und gut ( vgl. „Helfer“ ).
Ihm steht die „weite Welt offen“.
Das ICH in Freuds Theorie ist männlich
konzipiert, transportiert auf latenter Ebene das
patriarchalische Selbstbild des Mannes.
Rohde-Dachser: „Das Ich (…) [erfährt] seine
männliche Konnotation bereits durch seine
Gegensetzung zum Unbewußten und zum Es.
Männlich wird es aber auch durch die Art
seiner Einwirkung auf dieses Es, das es
kolonialisiert, kultiviert, sich aneignet (…).“
(Christa Rhode Dachser in „Expedition in den Dunklen Kontinent. Weiblichkeit im Diskurs der Psychoanalyse“; 19…., S.144)
Das sich das Es aneignende Ich
taucht in Freuds Formulierung des
Ziels einer psychoanalytischen
Behandlung so auf :
• „Die Psychoanalytische Behandlung ist ein
Werkzeug, welches dem Ich die fortschreitende
Eroberung des Es ermöglichen Soll“.
• „Wo Es war, soll Ich werden“.
Rohde-Dachser:
„Das latente Motiv psychoanalytischen Tuns
ist hier also die Inbesitznahme der Frau
und/oder ihre Vereinnahmung in die Welt des
Männlichen, sozusagen ihre Absorbtion.“
(Christa Rhode Dachser in „Expedition in den Dunklen Kontinent. Weiblichkeit im Diskurs der Psychoanalyse“; 19…., S.164)
Quintessenz :
Freud hat seine eigenen Kastrationsängste, allgemein die abgewehrten Seiten seiner männlichen Persönlichkeit, und damit sein männliches Selbstbild latent ebenso sehrin seine (manifest geschlechtsneutralen)psychoanalytischen Konzepte eingebracht,wie die patriarchalische Männerwelt diese Elemente in ihrem Weiblichkeitsmythos fixiert hat.
Mit anderen Worten :Freuds gesamte Theorie ist durchtränkt vom patriarchalischen Geschlechterbild.
In der analytischen Situation mit ihrer analytischen Methode wird das patriarchalische Weltbild in der Beziehung zwischen Analytiker und Analysand quasi „symbolisch“ realisiert.