Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19.10.2011
Therapiesymposium Hamburg
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19. O
kto
be
r 2
01
1
Winfried V. Kern
Medizinische Universitätsklinik
Freiburg
Therapie akuter ambulant erworbener Atemwegsinfektionen
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19. O
kto
be
r 2
01
1
Winfried V. Kern
Medizinische Universitätsklinik
Freiburg
Therapie akuter ambulant erworbener Atemwegsinfektionen
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft | Fachausschuss der Bundesärztekammer 4
Potenzielle Interessenkonflikte W.V. Kern
Vortragshonorare, Reisebeihilfen und/oder Forschungsbeihilfen von
AkdÄ, Fa. Astellas, Fa. AstraZeneca, Fa. Bayer, BMBF, BMG,
Fa. BMS, Fa. Boehringer, DFG, DGI, ESCMID, EU, Fa. Gilead
Sciences, Fa. GSK, Fa. Janssen, Fa. MSD, PEG, Fa. Pfizer, Fa.
Siemens, Fa. Springer-Verlag, Fa. Thieme-Verlag, Universität
Bremen/Bertelsmann, Universität Freiburg, Universität Köln, RKI,
Stiftung Warentest
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19. O
kto
be
r 2
01
1
Akute obere Atemwegsinfektionen
Pharyngitis/A-Streptokokken-Angina
Akute Otitis media
Akute Rhinosinusitis
Akute tiefe Atemwegsinfektionen
Akute Bronchitis
Akute Exazerbation einer COPD
Ambulant erworbene Pneumonie
Gliederung
5. D
eze
mb
er
201
1
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19. O
kto
be
r 2
01
1
No. 1 bei den Schleimhautinfektionen = Viren, ansonsten:
A-Streptokokken bei Tonsillopharyngitis
Pneumokokken und Haemophilus bei den anderen
Infektionen
No. 1 bei der Pneumonie =
Grundsätzliches:
Erreger ambulant erworbener Atemwegsinfektionen
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19. O
kto
be
r 2
01
1
No. 1 bei den Schleimhautinfektionen = Viren, ansonsten:
A-Streptokokken bei Tonsillopharyngitis
Pneumokokken und Haemophilus bei den anderen
Infektionen
No. 1 bei der Pneumonie = Pneumokokken, ansonsten:
Haemophilus
….
Mycoplasma
Legionella
Grundsätzliches:
Erreger ambulant erworbener Atemwegsinfektionen
Folie 10
Folie 11
Vorschlag zum Vorgehen bei
Verdacht auf Tonsillopharyngitis
- schwere Erkrankung, Vd.
auf Peritonsillarabszess
- rezidivierende A-Strepto-
kokken-Angina
- rheumatisches Fieber in der
Eigenanamnese und/oder
bei Familienangehörigen
Scharlach
Rachenabstrich: kulturpositiv
für A-Streptokokken*
McIsaac
Score <3
Rachenabstrich: A-Strepto-
kokken-Schnelltest positiv
McIsaac
Score 3
Antibiotische Therapie**
Verschlech-
terung Tag 3
* bei schwerer Erkrankung gegebenenfalls empirische Therapie (vor Befundmitteilung)
starten, HNO-fachärztliche Mitbehandlung.
** Penicillin (oral) für 7(-10) Tage ist die Therapie der Wahl, bei schwerer Erkrankung sollte
eine initiale Behandlung mit Amoxicillin/Clavulansäure erwogen werden; bei häufigen
Rezidiven ist ein Therapieversuch mit Amoxicillin/Clavulansäure, Clindamycin oder
Oralcephalosporin gerechtfertigt.
5. D
eze
mb
er
201
1
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
Literatur
Centor RM et al. 1981. The Diagnosis of strep throat
in adults in the emergeny room. Med Decision Making
1:239-46.
McIsaac WJ et al. 2000. The validity of a sore throat
score in family practice. CMAJ 163:811-5.
Folie 13
Centor-Score bzw. McIsaac-Score
Wahrscheinlichkeit von A-Streptokokken-Genese einer Tonsillo-pharyngitis bei unterschiedlichen Centor-Scores und McIsaac-Scores.
Centor A-Strep McIsaac A-Strep
4 50-60% 4 bis 5 50% 3 30-35% 3 35% 2 15% 2 17% 1 6-7% 1 10% 0 <5% -1 bis 0 <5%
Folie 14
Centor-Score bzw. McIsaac-Score
Kriterien des Centor-Score und McIsaac-Score zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit von A-Streptokokken bei akuter Tonsillo-pharyngitis.
Fehlen von Husten +1 Fieber >38°C (auch anamnestisch) +1 Stark geschwollene und belegte Tonsillen (Exsudate) +1 Geschwollene und schmerzhafte vordere Halslymphpknoten +1 Alter <12 Jahre* +1 Alter ≥45 Jahre* –1
* zusätzliche Kriterien des McIsaac-Score (auch für Kinder geeignet/validiert)
Folie 15
Vorschlag zum Vorgehen bei
Verdacht auf Tonsillopharyngitis
- schwere Erkrankung, Vd.
auf Peritonsillarabszess
- rezidivierende A-Strepto-
kokken-Angina
- rheumatisches Fieber in der
Eigenanamnese und/oder
bei Familienangehörigen
Scharlach
Rachenabstrich: kulturpositiv
für A-Streptokokken*
McIsaac
Score <3
Rachenabstrich: A-Strepto-
kokken-Schnelltest positiv
McIsaac
Score 3
Antibiotische Therapie**
Verschlech-
terung Tag 3
* bei schwerer Erkrankung gegebenenfalls empirische Therapie (vor Befundmitteilung)
starten, HNO-fachärztliche Mitbehandlung.
** Penicillin (oral) für 7(-10) Tage ist die Therapie der Wahl, bei schwerer Erkrankung sollte
eine initiale Behandlung mit Amoxicillin/Clavulansäure erwogen werden; bei häufigen
Rezidiven ist ein Therapieversuch mit Amoxicillin/Clavulansäure, Clindamycin oder
Oralcephalosporin gerechtfertigt.
5. D
eze
mb
er
201
1
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
Sensitivität & Spezifität
von A-Streptokokken-Schnelltests
Sensitivität ~70% (in der Praxis; in Studien ~90%)
Spezifität >90%
…. drei “neue” Studien zum Schnelltest bei Erwachsenen:
Humair et al (Schweiz) Arch Intern Med 2006
mind. 2 Centor-Kriterien, Vergleich Schnelltest vs Kultur vs “empirische” Therapie
Ergebnisse:
- Schnelltest >90% Sensivitität und Spezifität, sehr kosteneffektiv
- Centor 3+4 MIT Erregersicherung (vs ohne):
- adäquate Therapie 95/94 vs 59%
- Übertherapie 3 vs 32%
Worrall et al (Canada) Can Fam Physician 2007
Randomisiert in übliche Praxis vs Leitlinien vs Schnelltest vs
Leitlinien+Schnelltest
Ergebnisse:
- Antibiotika 58 vs 55 vs 27 vs 38%
Lior et al (Spanien) Br J Gen Pract 2011
mind. 1 Centor-Kriterium, randomisiert in Schnelltestverwendung vs
konventionell, n=543
Ergebnisse:
- Antibiotika 44 vs 64%
- “inadäquate” Antibiotika 27 vs 60%
Folie 23
Vorschlag zum Vorgehen bei Tonsillopharyngitis
Verdacht auf Tonsillopharyngitis
- schwere Erkrankung, Vd.
auf Peritonsillarabszess
- rezidivierende A-Strepto-
kokken-Angina
- rheumatisches Fieber in der
Eigenanamnese und/oder
bei Familienangehörigen
Scharlach
Rachenabstrich: kulturpositiv
für A-Streptokokken*
McIsaac
Score <3
Rachenabstrich: A-Strepto-
kokken-Schnelltest positiv
McIsaac
Score 3
Antibiotische Therapie**
Verschlech-
terung Tag 3
* bei schwerer Erkrankung gegebenenfalls empirische Therapie (vor Befundmitteilung)
starten, HNO-fachärztliche Mitbehandlung.
** Penicillin (oral) für 7(-10) Tage ist die Therapie der Wahl, bei schwerer Erkrankung sollte
eine initiale Behandlung mit Amoxicillin/Clavulansäure erwogen werden; bei häufigen
Rezidiven ist ein Therapieversuch mit Amoxicillin/Clavulansäure, Clindamycin oder
Oralcephalosporin gerechtfertigt.
5. D
eze
mb
er
201
1
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
Folie 25
„NNT“ bei Otitis media mit Endpunkt Prävention einer
Mastoiditis
Petersen et al. BMJ 2008:
Risiko der Mastoiditis bei AB ~0.5 (0.4-0.9)
NNT = 4831 (2393 to 13 456)
Folie 26
„NNT“ bei Otitis media mit Endpunkt Prävention einer
Mastoiditis
Thompson et al. Pediatrics 2009:
Häufigkeit der Mastoiditis ~2-5 pro 10.000 Otitis media-
Episoden
NNT ~5000
umgerechnet für UK:
~250 mehr Mastoiditis-Fälle bei
~750.000 weniger AB-Verschreibungen
Folie 27
Vorgehen bei akuter Otitis media
In der Regel ist initial eine rein symptomatische Therapie (Paracetamol oder Ibuprofen) vertretbar, sofern
o es sich nicht um Kinder <6 Monate handelt o keine ausgeprägten Krankheitszeichen bzw. eine beidseitige oder
perforierte Otitis vorliegen o die Eltern/Betreuer aufgeklärt wurden und einverstanden sind o eine Kontrolle nach ~3 Tagen (bei Kleinkindern nach 24 h)
gewährleistet ist
Das Aushändigen eines Antibiotika-Rezeptes mit der Option, dieses nur bei Bedarf einzulösen, ist ein probates Vorgehen bei aufgeklärten und ko-operativen Betreuern/Patienten (cave: bei Kindern <2 Jahre in fast 50% der Fälle im Zeitraum von einer Woche Therapie angezeigt)
Antibiotika (Mittel der Wahl: Amoxicillin für 5(-7) Tage) sind indiziert bei
o Säuglingen o unzureichender Beschwerdebesserung oder Progression o initial stark ausgeprägten Krankheitszeichen o großzügige Indikationsstellung bei Kleinkindern
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19. O
kto
be
r 2
01
1
Akute obere Atemwegsinfektionen
Pharyngitis/A-Streptokokken-Angina
Akute Otitis media
Akute Rhinosinusitis
Akute tiefe Atemwegsinfektionen
Akute Bronchitis
Akute Exazerbation einer COPD
Ambulant erworbene Pneumonie
Gliederung
Folie 29
Young et al. Lancet 2008
Folie 30
Young et al. Lancet 2008
Folie 31
Young et al. Lancet 2008
Folie 32
Young et al. Lancet 2008
Folie 33
Verdacht auf Rhinosinusitis
Schwere/fortgeschrittene Erkrankung*
Verschlechterung (Tag 5-10)
Beschwerdepersistenz >10 Tage
Eiterstraßen an der Rachenhinterwand
+ starke Schmerzen (Intensität >3/5)
Antibiotische Therapie***
Erhöhtes CRP (>20**)
+ Fieber
* bei schwerer/fortgeschrittener Erkrankung HNO-fachärztliche Mitbehandlung.
** Normalwert: <5 mg/L
*** Amoxicillin (oral) für 5 (-7) Tage ist die Therapie der Wahl, bei schwerer/fortge-
schrittener Erkrankung sollte eine initiale Behandlung mit Amoxicillin/Clavulansäure
erwogen werden.
JA
JA
JA
JA
NEIN
NEIN
NEIN
Abbildung 2: Vorschlag zum Vorgehen bei akuter
Rhinosinusitis Vorschlag zum Vorgehen bei Rhinosinusitis
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft Fachausschuss der Bundesärztekammer
19. O
kto
be
r 2
01
1
Akute obere Atemwegsinfektionen
Pharyngitis/A-Streptokokken-Angina
Akute Otitis media
Akute Rhinosinusitis
Akute tiefe Atemwegsinfektionen
Akute Bronchitis
Akute Exazerbation einer COPD
Ambulant erworbene Pneumonie
Gliederung
Folie 35
Akute Bronchitis (nicht: AECOPD !)
hauptverantwortlich für einen inadäquat hohen AB-
Verbrauch
AB-Verordnungsraten (international) <30% bis >60%
hierzulande Verbesserungspotenzial von ~30-40%
(AB-Reduktion alleine durch eine bessere Arzt-
Patienten-Kommunikation)
NNT (Pneumonie-“Vermeidung“) ~100, bei älteren
Menschen 20-50 (!?)
Brie
l e
t a
l. A
rch
In
tern
Me
d 2
00
8
Eva
ns e
t a
l. L
an
ce
t 2
00
2
Folie 39
Akute Exazerbation einer COPD
Patienten mit nicht-schwerer AECOPD (ambulant)
sollten (nur) dann antibiotisch behandelt werden, wenn sie
eine fortgeschrittene COPD (GOLD III-IV) mit Typ-II-
Exazerbation, d.h. eitrigen Auswurf haben.
Mittel der Wahl in dieser Situation ist Amoxicillin (5-7
Tage).
- bei Versagen/Rezidiv: Doxycyclin oder neues Makrolid,
je nach kürzlicher (in den letzten Monaten) Vorbe-
handlung auch: Amoxicillin/Clavulansäure, Oral-
cephalosporin, Moxifloxacin/Levofloxacin
- bei bekannter Pseudomonas-Besiedlung: Ciprofloxacin
Brie
l e
t a
l. A
rch
In
tern
Me
d 2
00
8
Folie 45
Ambulant erworbene Pneumonie
AB-Behandlungsindikation
leichte Pneumonie (CRB65 0[-1]; ambulant):
Amoxicillin
Amoxicillin/Clavulansäure bei „Risikofaktoren“ für
vermehrt gram-negative Erreger
mittelschwere Pneuminie (stationär):
Amoxicillin/Clavulansäure + (initial) Makrolid
Was haben erfolgreiche, so
unterschiedliche, ältere Menschen
wie Gerhard Schröder, Edmund
Stoiber, Dieter Hallervorden,
Volker Finke, Wolfgang
Niedecken und Heino
gemeinsam ???
Ganz einfach:
Sie lassen sich
regelmäßig
gegen Grippe impfen