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Page 1: i'{€¦ · und Al Di Meola nicht unbe-eindruckt gewesen." Ein klassisches Genre, wie es Flamenco nun einmal ist, neu zu denken, ist für Nichtspanier nicht nur eine große Herausfor-derung,

cal und Alexander Kilian sofort. ,,Aber im besten Fall zieht das Spielgenau daraus auch seine Spannung", sagt Jan Pascal.

r Von Franz X.A. Zipperer

Ein recht gegensätzliches Duohat sich da 2007 zusammen-gefunden. Jan Pascal ist zwölfJahre älter als Alexander Kilian,der mit seiner schwarz-rotenlgelfrisur äußerlich den Punkgibt. Über mangelnden musikali-schen Hintergrund können sichbeide nicht beklagen. Jan Pascalentstammt ein er musika lisc henFamilie und hat einen Großvater.der in Spanien lebt und seinemEnkel eine Gitarre aus einerspanischen Manufaktur schenkt.Neben Gesangsunterricht undklassischem G itarrenunterrichtlernt Jan Pascal Flamencogitarrebei Rafael Cortes, dessen ersteGitarre übrigens ebenfalls ein Ge-schenk seines Großvaters war.

Cortes ist auch einer derLehrer von Alexander Kilian, dererst durch georgische Folkloreund indische Rhythmik zuwestlichen Klangwelten kommt.Bereits mit 15 Jahren hat er denSonderpreis des 0pen-Strings-Gitarrenfestivals in Osnabrückabgeräumt. Es schließen sichMeisterkurse, unter anderem bei

Peter Fingel an. Auch ein Diplomim Fach Jazzgitarre hat er bereitsin derTasche. So betrachtet, sinddie beiden Musiker gut gerüstet,um sich des Flamenco anzu-nehmen. Doch nicht einfach soals Nachahmer.,,Bisher wurdedie Flamencogitarre als reinspanisch-andalusisches, von äu-ßeren Einflüssen unabhängigesKonklave gedacht", blickt JanPascal auf das Genre. ,,Wir ha-ben da sehr genau hingeschautuns der Energie und der Kraftder Flamencogitarre bedientund etwa ganz Eigenes damitangestellt. Dabei sind wir auchvom Fusionprojekt der GitarristenPaco de Lucia, John McLaughlinund Al Di Meola nicht unbe-eindruckt gewesen."

Ein klassisches Genre, wiees Flamenco nun einmal ist, neuzu denken, ist für Nichtspaniernicht nur eine große Herausfor-derung, sondern auch eine großeChance. Schließlich stehen JanPascal und Alexander Kilianauch in derTradition deutscherGitarristen.,,Zudem nehmenwir die Flamenco-Elemente janicht als Lokalkolorit her und

tapezieren damit lediglich unsereSlcht auf das Genre", erklärtAlexander Kilian. ,,Wir bringenunsere ldeen ein und könnenauch - anders als die im Stil oftfest venarurzelten, manchmalsogar gefangenen Spanier - vielfreier damit umgehen." Flamencowird so zu einem Feueniverk derlnspiration, und die daraus her-geleiteten Stücke sind so leicht,so wohltuend, so luftig und dochso feinfühlig. Dabeiwird der Hei-ligen Dreifaltigkeit des Flamencoaus Baile, Cante und Toque dieHeiligkeit abgesprochen.,,Diehaben wir komplett dekonstruiertund beispielsweise Jazzbögenmit hineingenommen", ergänztJan Pascal.

An den Stücken wirdgemeinsam gearbeitet. Dochnähern sich die beiden denKompositionen dabei völligunterschiedlich an. ,,lch habekeine Hochschule besucht, blndafür aber ausgiebig in Spaniengereist und habe überall, wo esging, die Seele des Flamencoaufgesogen", fährt Jan Pascalfort,,,während Alexander Kilianals Hochschulabsolvent das

Analytische und die vielfältigenTechniken des Arrangements miteinbringt." Wer genau hinhö(dem erschließt sich, dass Kilianbeim Aufeinanderschichten derKlänge beider Gitarren sehr starkvon Bigband-Arran gementsbeeinflusst ist. ,,So wirken unsereunterschiedlichen Denkweisenauch immer als gegenseitigesKorrektiv, und keiner läuft Gefahlseine Herangehensweise als ab-solut zu betrachten", nimmt Kilianden Gesprächsfaden wieder auf.

0bwohl die Musik vonCaf6 del mundo zunächst immerkammermusikalisch zu zweitfunktionieren muss, ist das AlbumLa Perlavollvon Gästen wie demTrompeter Joo Kraus, dem Tenor-saxofonisten Mulo Francel oderder Schlagzeugerin Angela Fron-tera. ,,Beim Mittun der Gäste sindVorgaben gering, schließlich sollder Gast die Freiheit haben, dasStück nach seiner Fasson zu be-reichern und nicht nach unsererPfeife zu tanzen, sonst bräuchtenwir ja keine Gäste", erläutert Ale-xander Kilian das Prinzip. ,,Undmit den Gastmusikern wird vonAngesicht zu Angesicht im Studioeingespielt. Nur so können diemagischen Momente der gegen-seitigen Überraschung, die beimgemeinsamen Einspielen immerwieder auftreten, überhaupt fürden Hörer konserviert werden."

Und so kann etwas Neuesentstehen. Eben durch diesekreative 0ffenheit, die auch einWagnis ist. Aberwas zeitigtGroßes? Wagnisse! Auf diese Artund Weise gelingt es Jan Pascalund Alexander Kilian, die Flamen-co-Form aufzubrechen und ihrauf der Basis der Gitarrendialogeeinen neuen, so bisher nicht ge-kannten Ausdruck zu verleihen.Und es dürfte nur eine Frage derZeit sein, bis jemand aus Spanienauf diese Form aufmerksamwird und sie ins Mutterland desFlamenco trägt.

i'{Da wagen sich zwei deutsche Gitarristen als Caf6 del mundo aufdas weite und doch recht dicht hesiedelte Feld des Flamenco. Eingewagtes Spiel? Das hestätigen die beiden Protagonisten Jan Pas-

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