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228 W . Lenkeit, J. 0. Gutte und A . Streuter-Petermoller

- 20. STEIN, W. H., MOORE, S.: J. of biol. Chem. 176, 337, 1948. - 21. STEIN, W. H., MOORE, W. S.: J. of biol. Chem. 176, 367, 1948. - 22. STEIN, W. H., MOORE, S . : J. of biol. Chem. 178, 79, 1949. - 23. STEIN, W. H., MOORE, S . : Cold Spring Harbor Symp. Quant. Biol. 14, 179, 1950. - 24. STEIN, W . H., MOORE, S.: J. of biol. Chem. 190, 103, 1951. - 25. Sou- PART, p., MOORE, S., BIGWOOD, E. J.: J. of biol. Chem. 206, 699, 1954. - 26. SYNGE, R. L. M.: Bioch. J. 38, 285, 1944. - 27. TALLAN, H. H., STEIN, W. H., MOORE, S.: J. of biol. Chem. 206, 825, 1954. - 28. TRISTRAM, G. R.: Bioch. J. 40, 721, 1946. - 29. WALL, J. S.: Analyt. Chem. 25, 950, 1953.

Aus dem Institut fur Kerphysiologie und Kerernahrung der Universitat Gottingen Direktor: Prof . D r . D r . W. Lenkeit

Langfristige Untersuchungen zum aui3eren und inneren Stoffwechsel des graviden und laktierenden Schweines

2. Mittei lung: D e r Ablauf der N-Bilanz vom E n d e d e r G r a v i d i t a t bis zum E n d e der Laktation bei gleichbleibender E r n a h r u n g

Von W. LENKEIT, J. 0. GUTTE und A. STREUTER-PETERMOLLER

Die N-Bilanz einer saugenden Sau versuchte erstmalig PIELOK (5) im Gottinger In- stitut zu erfassen. Bei den bis dahin vorliegenden Arbeiten von THOMANN (6) und HURTER (2) wurde nur die N-Ausscheidung in Kot und H a r n bestimmt. Es fehlte in diesen Versuchen die Bestimmung der Milchmenge und des N-Gehaltes der Milch, so daB die N-Ausscheidung in der Milch unbekannt blieb und daher die Berehnung der N-Bilanz nicht moglich war.

PIELOK fuhrte wahrend der Laktation einige Stoffwechselversuche mit einer Dauer von 5 bis 8 Tagen nach entsprechender Vorfutterungszeit durch. Er fand dabei in einigen Fallen eine deutliche Diskrepanz zwischen der Gewichtsentwicklung des Tieres und der N-Bilanz. Diese Beobachtung gab den Anlag, anstatt der allgemein ublichen kurzfristigen Versuche langfristige Versuche durchzufuhren, in denen die Tiere vom Ende der Graviditat bis zum Ende der Laktation bei gleichbleibender Er- nubrung ohne Unterbrechung im Versuch standen.

Gleichzeitig sollte in diesen Versuchen der Einflufl der EiweiBmenge im Futter auf den Stoffwechsel, besonders auf die Milchleistung, untersucht werden. In den einzelnen Versuchen wurden daher Rationen rnit sehr unterschiedlicher Eiweiamenge verfuttert.

Allgemeine Versuchsubersicht

Die allgemeinen Versuchsdaten wurden in Tabelle 1 dargestellt. Es wurden 6 Versuche an drei veredelten Landschweinen durchgefuhrt. Die Tiere

,,Sneewittchen" und ,,Rapunzel" sind im hiesigen Institut aufgezogene Tochter der Sau Juleika". Diese wurde aus einer Stammherde des siidhannoverschen Zuchtge- bietes erworben.

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Untersuchungen zum Stoffwecbsel des graviden und laktierenden Schweines 229

Tabrlle I

Allgemeine Versuchsiibersicht

Versuch . . . . . . . . . . . . .

Name d. Versudxtieres

Geburtsdatum der Versuchstiere . . . . . . . 1. 1. 53 ? 1. 1. 53 ? 1. 1. 53 ?

.

Laktation . . . . . . . . . . . 1. 5. 1. 5. 3. 4.

Datum des Abferkelns 16. 11. 53 9. 7.53 16. 1. 54 9.7. 53 18. 10. 54 1. 1. 53 I - _-

Versuchsration gefiit- tert ab: . . . . . . . . . . . . 16.10.53 27.6.53 22. 12.53 21.7,.53 4. 10.54 27.12.52

Dauer d. Versuches bis: 22. 12.53 19. 7. 53 21. 2. 54 21. 8. 53 18. 12. 54 19.2.53

Zahl der saugenden

-

Ferkel . . . . . . . . . . . . 11-9 7 10-9 7 11-8 5

Zahl der tagliehen Saugungen . . . . . . . . . 17-13 16-14 18-14 15-14 23-18 12-8

Tabelle 2

Futter

Verrudr 1 Snee. I 1 Sul. IIa 1 Rap. I 1 Sul. I Ib -_ - -. ......

Die Tagesration bestand aus folgenden Furtermitteln: . . . . . . . . . . . . . Gerste s

Hafer g Dorschmehl g EiweiRkonzentrat . . . g Sojaextraktionsschrot g Trockenhefe (Waldhof) g Luzernegrunmehl . . . g phosphors. Futterkalk g Calciumkarbonat . . . . g zusatzl. Vitamin A I. E. zusatzl. Vitamin D, I. E.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1488 558

93

56 37 19 70

5000 500

L

-

2000 500 200

150 100 50

-

- - - -

2975 3333 1116 1250

186 208

112 125 74 85 37 43

25 - 5000 -

500 -

- -

- -

Die Tagesration enthielr: Trodrensubstanz . . . . g 1958 2608 3822 4386 Rohprotein . . . . . . . . g 304,9 527,s 609,7 749,3 N . . . . . . . . . . . . . . . . g 4898 84,5 97,6 119,9 Gesamtnzhrstoff . . . . . . 1453 1994 2889 3345 NK, . . . . . . . . . . . . . . . . 3315 4520 6585 7599

. . . . . . . . . . . . . . . - 22,5 16,2 . . . . . . . . . . . . . . . . . - 23,2 20,2

Ca g 22,o P g 242

I Snee. I I I S ~ I . I -

3500 3000 1000 1000 600 - - 400 - 300

150 200 - 100 - - - -

10000 4500 1000 1520

4387 4260 977,2 786,8 156,4 125,9

3673 3159 8383 7160

50,9 35,6 35,3 31,9

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I- I -

R.prot.

i. d. Mi.

810

Tabelle 3

Mittleres K

orpergewicht, M

ilchmenge und R

ohproteingehalt der Milch

(Stidrstoffaktor: 6,37)

~-

Korp.-

Gew

. kg

Versuch

I Snee. I

I Sul. IIa

I R

ap. I

R.prot.

i. d. Mi.

'18

Colostrum

* 1. Lakt.-Tag 2.

4. 5. 6.-10.

ll.-15. 16.-20

, 21.-25.

, 26.-30.

*, 3 1 .-3 5.

, 36.40.

,, 4 1 .-45.

1,

46.-50. ,,

5 1 .-55. ,

56.40. ,

Korp.-

Gew

. kg

3559 3630

108,6 4029 4226 3962

104,4 4076

101,4 3720

99,5 3661

98,8 3450

97,9 3390

96.8 3115

Mil&

- m

cngc g1T

ag

R.prot.

Korp.-

i. d. Mi. G

cw.

'I* kg

14,97 5,48 5,43 5,39

4,73 4,59

5,19

4,61 4,63 4,88 4,92 5,13

250,8

240,6

__

Mil&

- rnenge

~

R.pror.

i. d. Mi.

'18

~ Korp.-

Gcw

. kg

Sul. IIb Snee. I1

I--

16,3 1 14,68

2850 12,75

4971 5,40

5891 6,13

147,l 6610

5,43 4730

5,70 6745

4,94 5230

5,49 6856

5,04 5704

5,20 142,2

6929 4,54

139,7 7228

4,53 137,9

6696 4,78

137,2 5753

5,07 239,O

6373

137,3 5216

5,26 235,l

6444 137,2

5311 5,24

235,6 5746

5,59 236,2

5216 6,06

237,O

4940 6,08

225,O

215,9 4,96

210,3 5,OO

207,3 5,07

205,3 5,33

204,s 5,52

202,s

5,86 203,2

6,Ol

205,8 206,7 208,6 208,3

R.pror.

i. d. Mi.

'I8

14,22

4216 7,64

5072 7,lO

5930

6,08 6639

5,73 7082

5,45 7762

5,09 8468

4,87 8159

4,97 8431

5,17 7693

5,22 7587

5,73 6145

6,Ol

5404 6,18

5198 6,33

5209 6,59

4953 6,71

* Colostrum

wurde w

ahrend des Ferkelns ermolken.

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Untersuchungen zurn Stoffwechsel des graviden und laktierenden Schweines 23 1

Vers. Sul. I

45 Tage

Alle Tiere ferkelten normal ab. Irgendwelche Krankheitserscheinungen vor oder wahrend der Versuche wurden nicht beobachtet.

Im Versuch Sul. I1 erfolgte am 12. Laktationstag eine Futterumstellung. Der Versuch Sul. I Ia umfafit daher die ersten 10 Laktationstage, der Versuch Sul. I I b den Rest der Laktation vom 20. Laktationstag ab. Der 12. bis 19. Laktationstag wurde als Vorfutterungszeit betrachtet. In allen iibrigen Versuchen wurde vom Ende der Graviditat bis zum Ende der Laktation eine konstante Futterration verfiittert. Die Tiere nahmen (mit Ausnahme des Versuches Sul. I) die Versuchsration, auch am “age des Abferkelns, imrner vollstandig auf. I m Versuch Sul. I verweigerte das Tier am 1 . Laktationstag die Futteraufnahrne. Dieser Versuch wurde daher erst vom 4. Laktationstag ab gewertet.

Im Versuch Sul. I wurden nur 5 Ferkel zum Saugen angesetzt und zunachst tag- lich nur 12, spater 8 Saugungen durchgefuhrt. Durch diese Mafinahme wurde die Milchleistung des Tieres absichtlich niedrig gehalten. Dieser Versuch kann daher nicht mit den iibrigen Versuchen verglichen werden und wird am Schlui3 der Arbeit gesondert betrachtet. In den iibrigen Versuchen wirkte weder die Zahl der saugen- den Ferkel no& die der taglichen Saugungen leistungsbegrenzend (s. 1. Mitteilung).

In den einzelnen Versuchen wurden Eiweifimengen von 300 bis 980g verfiittert. I n den folgenden Darstellungen wurden die Versuche nach der im Futter verabreichten Eiweifimenge (N-Menge) geordnet.

Das mittlere Korpergewicht der Tiere *, Milchmenge und Proteingehalt der Milch werden in Tabelle 3 angegeben.

Die allgemeine Verscrchsrnethodik wurde in der 1. Mitteilung gesondert darge- stellt (4.). Die Stickstoffbestimmungen wurden in Futter, Kot, H a r n und Milch nach KJELDAHL durchgefiihrt. Zur Berechnung des Rohproteins wurde fur Futter und Kot der Stickstoffaktor 6,25, fur Milch 6,37 verwendet. Da der Stickstoffaktor fur Milch umstritten ist (es werden in der Literatur 6,05 bis 6,38 genannt), wurde allerdings zumeist auf eine Umrechnung der Stickstoffwerte verzichtet.

Zur Erfassung der Trocknungsverluste irn Kot wurden in zwei Laktationsver- suchen neben der N-Bestimrnung im Trockenkot taglich zwei N-Bestimmungen im Frischkot durchgefiihrt. Dabei wurden folgende Diff erenzen gefunden:

Das Futter und dessen Analyse ist in Tabelle 2 dargestellt.

Vers. Sumrne Sul. I1 beid. Vers.

44 “age 89 Tage

Der Trocknungsverlust liegt rnit rund 10 O/o des Trockenkot-N iiberraschend hoch. I n den ubrigen Versuchen wurde aus arbeitstechnischen Griinden auf die N-

,,Mittleres Korpergewicht” bezeichnet den Durchshnict aller Wagungen des betreffenden Versuchsabschnittes. Die Wagungen der Tiere erfolgten taglich rnorgens vor dem Fiittern.

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Tabelle 4

Die N

-Ausscheidungen und die N

-Bilanz (g/T

ag)

-

-

Rap. I

Sul. IIb Snee. I1

97,6 11 9,9

156,4 ~~

Verruch

N im

Futter

27,5 31,9

- + 12,9

f35

,l 25,7

54,9 - + 17,O

24,8

94,4 -

4- 37.1 (11 T

age) (1 0 T

age) (5 T

age) T

age vor dem

Abferkeln

Snee. I Sul. IIa

-

48,s 84,5

-

1.- 5. Lkt.-T.

27,5 31,9

- 19,8

12,O

46,5 45,2

- 19,2

48,9 52,l

- 27-9

46,3 49,2

- 22,4

] 24,7 24,2

29,3 - 13,9

11,6 47,3

46,6 -21,O

. } 9,14

6.-10. ,,

20,4 26,9 -

8.2 9,71

17,7 27,O

- 5,6

18,4 26,4 -

5,7

18,9 26,2 -

53

11.-15. ,,

16.-20. ,,

21.-25. ,,

26.-30. ,,

51.-35. ,,

\9,19 18,O

25,l - 3,5

36.-40. ,,

36,3 51,4 -

11,O

20,9 34,2

50,2 -

7,7 I

95,4 56,6 -

19,2 95,4

62,O -

24,6 88,l

64,8 - 18,9

\23,6

22,3 84,7

63,7 - 14,4

77,4 68,5 -

12,6 70,3

63,l -

0,l

75,6 68,3 -

10,s I

79,4 58,O

- 4,O

} 23,1 23,O

34,2 45,8

- 3,1

24,2 47,O

50,7

- 2,O

36,O

43,l - 3,4

23,8 46,t

53,9 -3,9

33,5 43,7

-

13

23,5 44,9

49,s + 1,7 }2l,9

21,O

45,5 48,O

4- 5,4

26,3 42,4

47,l 4- 4,l

78,7 52,4

f

2,3

78,2 51,4

$.

3,7 } 2390

11.-45. ,,

16.-50. ,,

j1.-55. ,,

56.-60. ,,

72,O

53,9 4-

?;O

] 23,6 79,4

52,O 4-

1,5

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Untersuchungen zum Stoflwechsel des gravidcn und laktierenden Schweines 233

Bestirnmung im Frischkot verzichtet. Da der Kot in diesen Versuchen ebenso behan- delt und analysiert wurde wie in den Versuchen Sul. I und 11, schien es angebracht, bei der Berechnung der N-Ausscheidungen im Kot ebenfalls einen Trocknungsver- lust von 10 O/o des Trockenkot-N in diesen Versuchen anzusetzen.

Die Versuchsergebnisse

Die N-Ausscheidungen in Kot, H a r n und Milch sind in Tabelle 4 angegeben. Die Ausscheidungen im Kot schwanken nur wenig und zeigen keine deutliche

Tendenz irn Verlauf der Laktation. Die Verdaulichkeitskoeffizienten der gleichcn Rationen liegen alle innerhalb der iiblichen Schwankungsbreite von k 2 O/o. Eine Veranderung der Verdaulichkeit des Rohproteins gleicher Rationen wahrend der Laktation oder im Vergleich zur Graviditat ist nicht festzustellen.

Die N-Ausscheidungen im Harn fallen von Laktationsbeginn bis etwa zum 30. Laktationstag stark ab.

Der N-Gehaft (Proteingehalt) J e r Sauenmilch (Tabelle 3) zeigt rnit fortschrci- tender Laktation einen zunachst schnelleren, dann langsameren Abfall bis zum 11. bis 15. Laktationstag, dem ein Anstieg bis zum Ende der Laktation folgt. Der Pro- teingehalt der Sauenrnilch zeigt demnach mit fortschreitender Laktation einen ganz ahnlichen Verlauf wie der der Kuh- und Schafmilch (ULRICH, [7.]).

Ein Einflufl der Futterung auf den Proteingehalt der Milch ist kaum zu erken- nen. Zu einern bestirnrnten Laktationsstadium wurden in allen Versuchen fast die gleichen Werte gefunden.

Auf Grund der Tatsache, dafl im Verlauf der Laktation der N-Gehalt der Milch sich etwa gegenlaufig zu den Milchrnengen verhalt (siehe Tabelle 3), ist die N-Aus- scheidung in der Milch irn Verlauf einer Laktation wesentlich konstanter als etwa die Milchrnenge. Beim Vergleich entsprechender Laktationsstadien der verschiedenen Versuche ist festzustellen, dafl niit grofler werdenden Eiweiflmengen irn Futter dis in der Milch ausgeschiedenen N-Mengen, also die Milcheiweiflmengen ebenfalls gro- Oer werden. Die hochste Leistung wurde erst bei einer Eiweiflrnenge im Futter von 980 g Rohprotein = ca. 830 g verdauliches Rohprotein erreicht und es ist moglich, dafl die Leistungsgrenze in diesen Versuchen noch nicht erreicht wurde.

Eine Bestatigung dieser Ergebnisse ist in den Untersuchungen von GRANZ (1) zu sehen, der an einem groflen, in der Praxis untersuchten Material (177 Laktationen von 82 Sauen) steigende 4-Woken-Wurfgewichte rnit steigender Eiweiflrnenge im Futter der Sauen im Bereich von 400 g bis 900 g verdaulichem Rohprotein feststellte.

Die N-Bilanz ist in allen Versuchen, gleichgultig, welche Eiweiflrnenge verfiittert wurde, zu Laktationsbeginn stark negativ. Das bedeutet, dafl alle Tiere zu Lak- cationsbeginn Korpereiweifl abbauten. Bei genauem Vergleich der einzelnen Ver- such: fallt sogar auf , dafl die Tiere urn so rnehr Korpereiweifl abbauten, je reich- licher sie rnit Eiweifl ernahrt wurden! Es ware zu erwarten gewesen, dafl die Tiere nur dann Korpereiweifl in groflerem MaRe mobilisieren, wenn das Futtereiweif, nicht ausreicht, um die Bausteine zur Milcheiweiflsynthese zu liefern, also nur in den Versuchen rnit geringer Eiweiflernahrung.

Die N-Bilanzen zeigen eine charakteristische Tendenz rnit fortschreitender Lak- tation. Z u Laktationsbeginn sind sie stark negativ und nahern sich bis um den 30. Laktationstag ausgeglichener Bilanz.

Die Verrnutung, dafl der Abbau von Korpereiweifl zu Laktationsbeginn durdi groflere Eiweiflausscheidungen in der Milch und dadurch bedingten Eiweiflmangel

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N-Aussheidung in 1 Kor Harn Milch dTg. 1 dTg. 1 dTg.

verursacht wird, trifft nur in den Versuchen bei geringster Eiweiflernahrung zu. Bei mittlerer und reichlicher Eiweiflernahrung werden dagegen in spateren Laktations- stadien gleichgrofle oder groflere Milcheiweihengen bei geringerem Abbau von Korpereiweifl oder gar bei ausgeglichener N-Bilanz synthetisiert als zu Laktations- beginn, wie die folgende Gegenuberstellung zeigt:

N-Bilanz dTg.

Versuch Rap. I

N im Futter: 97,6 gmag

Versuch Snee . I! N im Futter: 156,4 g/Tag

1.- 5.Lakt.-Tag ............. 23,6 95,4 56,6 - 19,2 36.-40. ,, ............. 23,O 79,4 58,O - 4,O

6.-10. Lakt.-Tag . . . . . . . . . . . . . 23,6 95,4 62,O - 24,6 11.-15. ,, ............. 22,3 88,l 64,s - 18,9 16.-20. ,, ............. 22,3 84,7 63,7 - 14,4 26 .-3 0. , , ............. 23,l 70,3 63,l - 0,l

Versucb Sul. I

N im Futter: 125,9 gmag

4.- 5. Lakc.-Tag . . . . . . . . . . . . . 31,7 91,O 39,2 - 35,9 41.-48. ,, . . . . . . . . . . . . . 29,O 63,l 37,2 - 3,s

6.-10. ,, ............. 31,6 81,4 44,s - 31,s 25.-30. ,, . . . . . . . . . . . . . 26,3 56,3 43,6 - 0,4 31.-35. ,, . . . . . . . . . . . . . 31,2 55,2 43,l - 3,7

Diskussion der Versuchsergebnisse

Die Versuchsergebnisse lassen sich folgenderrnaflen zusarnmenfassen:

1. Die Verdaulichkeit des Rohproteins gleicher Rationen zeigte irn Verlauf der Laktation und im Vergleich t u r Trachtigkeit nur geringe Unterschiede inncrhalb der ublichen Schwankungen.

2. Die N-Ausscheidungen im H a r n waren zu Laktationsbeginn grofler als in spa- teren Laktationsstadien.

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Untersuchungen zum Stofiwechsel des graviden und laktierenden Schweines 235

3. Im Bereich von 260 bis 830g verdautem Rohprotein pro T a g wurden steigende Milchleistungen mit steigender Eiweiflmenge im Futter gefunden, wobei unter ,,Milchleistung" die in der Milch ausgeschiedene Eiweiflmenge (N-Menge) ZII

verstehen ist. 4. Die N-Bilanzen waren in allen Versuchen zu Laktationsbeginn stark negativ und

naherten sich bis um den 30. Laktationstag ausgeglichener Bilanz. Es hat den Anschein, d a 8 die negative N-Bilanz zu Laktationsbeginn bei reichlicher

Ernahrung nicht auf einen EiweiGmangel im Futter zuriickzufiihren ist, es sei clenn, man nimmt an, daR das MilcheiweiB zu Laktationsbeginn (etwa auf Grund anderer Zusammensetzung) mit wesentlich schlechterem Nutzeff ekc aus dem Futtereiweifl synthetisiert werden kann als in spateren Laktationsstadien, so daR auch im Falle reichlichster EiweiRernahrung zu Laktationsbeginn KorpereiweiR zur Milchsynthese herangezogen werden mug.

U m diese Frage zu iiberpriifen, wurde speziell ein Versuch in folgender Weise durchgefiihrt:

Einer Sau wurde eine hinsichtlich der EiweiR-, Ca-, P-, Energie-, Vit. A- und D-Versorgung relativ reichliche Ration verfiittert, zum Saugen j e d d nur 5 Ferkel zunachn zwolfmal und spater achtmal taglich angesetzr (Versuch Sul. I). Durch diese MaRnahme wurde die Milchleistung der Sau absichtlich niedrig gehalten. Auf Grund der maximalen Aufnahmefahigkeit der Ferkel mit 1000 bis 1200 g Milch pro Ferkcl und T a g war nur eine Milchmenge von 5 bis 6 kg pro T a g zu erwarten. Es sollte iiberpriifi werden, o b auch in diesem Falle, bei kiinstlich gedrosselter Milchleistung, die negative N-Bilanz zu Laktationsbeginn zu beobachten war.

Die Ergebnisse des Versuches sind in Tabelle 5 zusammengefaflt.

Tabelle 5

Die N-Bilant im Vetlauf der Laktation bei reichlicfier Ernahrung und kiinstlicfi gedrosselter Milchleistung

Versuch Sul. I N i m Futter: vorn 1.-20. Lakt.-Tag 125,8 g/Tag

vom21.48 . ,, 126,O g/Tag

4.- 5.Lakt.-Tag ............. 31,7 6.-10. ,, ............. 31,6

11.-14. ,, ............. 25,4 15.-19. ,, .. . . . . . . . . . . . 25,4 25.-30. ,, ............. 26,3 31.-35. ,, ............. 31,2 36.-40 ,, ............. 28,l 41 .48 . ,, ............. 29,O

91,O 81,4

66,3 56,3 55,2 60,s 63,l

75,4

39,2 44,s 47,6 46,9 43,6 43,l 42.1 37,l

- 35,9 - 31,s - 22,4 - 12,6 - 0,4 - 3,7 - 5,2 - 3,5

Tatsachlich iiberschritt die tagliche Milchmenge in diesem Versuch 5 bis 6 kg nicht. Die N-Ausscheidung in der Milch blieb daher wesentlich hinter der des am

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236 W . Lenkeit, J . 0. Giitte und A . Streuter-Petermolier

gleichen Tier durchgefuhrten Versuches Sul. I1 (in dern weniger EiweiR irn Futtcr gegeben wurde) zurudc. Dennoch war auch in diesern Versuch z u Laktationsbcginn die N-Bilanz stark negativ. Bei bis zurn 40. Laktationstag fast konstanter N-Aus- scheidung in der Milch wird die negative N-Bilanz zu Laktationsbeginn allein durJ i groRe N-Ausscheidungen irn H a r n hervorgerufen, die sich allrnahlich verrnindern.

Selbst durch Verminderung der Milchleistung infolge unvollkonirnenen Besaugens kann ein Abbau von Korpereiweif3 zu Laktationsbeginn nicht verhindert werden. DaR die N-Bilanz irn Versuch Sul. I sogar noch starker negativ ist als in den ubrigcn Versuchen, ist wahrscheinlich auf die Ruckbildung von 6 Strichen zuruckzufuhren, da von d c n 5 Ferkeln nur 7 Zitzen besaugt wurden.

Es ist somit auflerordentlich unwahrscheinlich, daR die negative N-Bilanz Z ? I

Laktationsbeginn bei reichlicher Ernahrung auf einen Eiweiflmangel irn Futter zu- ruckzufuhren ware, da in diesern Falle der Abbau von KorpereiweiR bei verrnin- derter Milchleistung ebenfalls' geringer sein muate.

Energiernangel als Ursache des Abbaus von KorpereiweiR zu Laktationsbeginn kann ebenfalls nicht angenornrnen werden, da die Energieausscheidung in der Milch in spateren Laktationsstadien stets groRer war als zu Laktationsbeginn, wie die spateren Ausfuhrungen uber den Energieurnsatz zeigen werden.

Es mug daher angenomrnen werden, daC die negativen N-Bilanzcn zu Lak- tationsbeginn darauf zuruckzufuhren sind, daR nach dern Abferkeln irn mutterlichen Organismus ein Abbau N-haltiger Stoffe erfolgt, ohne Rucksicht darauf, ob das Futtereiweia bereits zur Milchsynthese ausreicht oder nicht. Hieran ist die Ruckbil- dung von Uterus und nicht angesogenen Zitzen beteiligt. Die Surnrne des Eiweifl- abbaus uberstieg jedoch die aus Uterus und nicht besaugten Zitzen zu erwartenden Werte uni ein vielfaches. Es ist daher anzunehrnen, daR wahrend der Tragezeit in1 mutterlichen Organismus uber den EiweiRansatz in Feten, Uterus, Placenta, Eihauten und Gesauge hinaus noch groflere N-Mengen retiniert werden, die nach dern Ferkeln ausgeschieden werden. Ahnliches wurde bereits bei der Frau beobachtet: LANG und R A N K E ( 3 ) berichten, daR zur Bildung des Fetus und der mutterlichen Adnexc etwa 800 bis 900 g Protein benotigt, unter gunstigen Umstanden aber 1200 bis 2500 g EiweiR gespeichert werden und daR kurz vor der Geburt dann eine erhebliche N- Abgabe einsetzt.

Zur Verifizierung dieser Hypothesc sind langfristige Versuche iiber die gesamte Tragezeit crnd Laktation am selben Tier irn Gangc.

Die verniutete N-Retention uber die in Fcten, Uterus rnit Adnexcn und Milch- druse abgelagerten N-Mengen hinaus kann selbstverstandlich nur dann stattfinden, wenn wahrend der Tragezeit eine reichliche EiweiRfutterung gewahrt wird. Diese war in dicsen Versuchcn gegeben, da die Tiere bereits 14 bis 30 Tage vor dern Ab- ferkeln die Laktationsrationcn erhielten und auch vorher relativ eiweigreiche Ra- tionen verfuttert wurden.

Die obencrwahntc, geradezu paradoxe Tatsache, dafl die N-Bilanzen wahrend der Laktation urn so starker negativ waren, je reichlicher die Tiere rnit EiweiR ernahrt wurden, fande darin ihre Erklarung, daR die Tiere die Laktationsrationen bereits wahrcnd der Tragezeit erhielten. Die N-Einlagerung durfie wahrend der Tragczcit urn so groaer gewesen sein, je reichlicher die Tiere rnit EiweiR ernahrt wurden.

Es ist durchaus rnoglich oder sogar zu erwarten, daR die negativen N-Bilanzen

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Untersuchungen zum Stoffwechsel des graviden und laktierenden Schweines 237

zu Laktationsbeginn nicht beobachtet werden oder sogar eine N-Retention statt- findet, wenn die Tiere wahrend der Tragezeit einer geringeren Eiweiflernahrung unterworfen werden. Diese Annahrne bleibt no& durch entsprechende Versuche zu priifen. Als ein Hinweis dafiir diirflen die Untersuchungen von PIELOK (5) ge- deutet werden.

Wahrend der Laktation fand PIELOK in 6 kurzfristigen Versuchen, allerdings in spateren Laktationsstadien, stets positive N-Bilanzen. Wahrend der Tragezeit war hier jedoch die. EiweiRrnenge rnit 238 g verdaulichern Rohprotein zu gering bernessen; die N-Retention betrug narnlich in der 16. Woche 97Oio des verfugbaren N, was ungeniigende Eiweiflzufuhr anzeigt (PIELOK) und zusatzliche Synthesen' nicht erniog- licht. Es wird in dern Falle vielrnehr nach der Geburt wahrend der Laktation zu einer N-Retention, also positiven Bilanz komrnen.

Die GroRe der N-Bilanz wahrend der Laktation diirfie daher weniger in Be- ziehung zur Fiitterung und Leistung wahrend der Laktation stehen, als zur Fiit- terung wahrend der Graviditat.

Zusammenfassung

I n 6 langfristigen Versuchen, in denen veredelte Landschweinsauen bei gleichblei- bender Fiitterung vorn Ende der Graviditat bis zurn Ende der Laktation im Stoff- wechselversuch standen, wurden zu Laktationsbeginn stark negative N-Bilanzen beobachtet. Diese konnen nicht irnrner auf einen EiweiRmangel irn Futter zuruck- gefiihrt werden, da sie 1. bei reichlicher Ernahrung ebenso aufiraten wie bei geringer Ernahrung, da

2. in spateren Laktationsstadien gleichgrofle oder groRere Milcheiweiflrnengen als zu Laktationsbeginn bei ausgeglichener N-Bilanz beobachtet wurden, und da

3. die negative N-Bilanz zu Laktationsbeginn in gleicher Grofle wie in den iibrigen Versuchen auch bei reichlicher Ernahrung und absichtlich verrninderter Milch- leistung (Herabsetzung der Zahl der saugenden Ferkel und der Zahl der tag- lichen Saugungen) zu beobachten war.

Es wird die Verrnutung ausgesprochen, dai3 Verlauf und GroRe der N-Bilanz wahrend der Laktation entscheidend durch die Ernahrung der Tiere wahrend der Graviditat beeinfluflt wird. Versuche zur weiteren Begrundung dieser Annahrne sind geplant.

Literatur

1. GRANZ, E.: Diss. sc. agr. Gottingen 1954. - 2. HURTER, F.: Diss. Bonn-Poppelsdorf 1930. - 3. LANG K. u. 0. RANKE: Stoffw. u. Ernahrung, Bln., Gttg., Hdlbg. 1950, Seite 255. - 4. LENKEIT, W. u. J. 0. GUTTE: 2. f. Tierern. u. Futtermittelk. to. 94. (1955). - 5. PIELOK, J.: Beihefle zum Archiv f . Tierern. 2. 2. Bln. 1952. - 6. THOMANN, W., J. LUTZ u. F. KAEGI: Beitrage zur Kenntnis d. Stoffw. beim vered. Landschwein,? Bern 1934. - 7. ULRICH, A.: Milchwiss. 8. 98. (1953).


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