Mitschrift zur Linearen Algebra I
Wintersemester 07 / 08
bei Prof. Dr. Peter BurgisserMit Vorbehalt von Tippfehlern sowie sprachlichen und mathematischen bzw.
inhaltlichen Ungenauigkeiten
1
Lineare Algebra I
Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 1
Mittwoch, 17.10.2007
Michael Habermann
1 Grundlagen
Was ist eine Aussage?
Aristoteles: ”Eine Aussage ist, was entweder wahr oder falsch ist”
Welche der folgenden Satze sind Aussagen?
· Der Mond kreist um die Erde.
· 1 + 1 = 3.
· Es ist warm hier.
· Angela Merkel ist schon.
· x+ 1 = y
Eine Implikation / Folgerung verknupft Aussagen und transportiert Wahrheit.
A,B seien Aussagen.
A⇒ B bedeutet:
· A impliziert B, aus A folgt B,
· A ist hinreichend(e Bedingung) fur B,
· B ist notwendig(e Bedingung) fur A,
· wenn A (wahr ist), dann (ist) B (wahr)
A⇒ B ist gleichbedeutend mit nicht B ⇒ nicht A
aber nicht mit B ⇒ A
· Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Aquivalenz: Falls A⇒ B und B ⇒ A,
so sind die Aussagen A und B aquivalent: A⇔ B
Implikationsketten: A⇒ A1 ⇒ A2 ⇒ ...⇒ An ⇒ B
impliziert: A⇒ B
1.1 Mengen
Grundbegriff, auf dem die ganze Mathematik aufbaut.
Georg Cantor (1895): ” Eine Menge ist die Zusammenfassung bestimmter,
wohlunterschiedener Objekte, unserer Anschauung
oder unseren Denkens, wobei von jedem dieser Objekte feststeht,
ob es zur Menge gehort oder nicht.”
Die Objekte der Menge heißen Elemente der Menge.
Schreiben: a ∈ A: a ist Element der Menge A
a /∈ A: a ist nicht Element der Menge A
Darstellung von Mengen:
· Aufzahlung: A = 1, 2, 3, 4
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Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 1
Mittwoch, 17.10.2007
Michael Habermann
· Beschreibung der Eigenschaft der Elemente
A = a : a ungerade ganze Zahl, 0 ≤ a < 10
1.1.1 Beispiel
· p = p : p Primzahl, 0 ≤ p ≤ 9 = 2, 3, 5, 7· N = 0, 1, 2, 3, ... Menge der naturlichen Zahlen
· Z = ...,−3,−2,−1, 0, 1, 2, 3, ...Menge der ganzen Zahlen
Die leere Menge ∅ = enthalt keine Elemente: ∅ = x : x 6= x
1.1.2 Definition
Eine Menge A heißt Teilmenge der Menge B, falls jedes Element
von A auch Element von B ist.
D.h. Fur alle a ∈ A gilt a ∈ B Schreibweise: A ⊆ B
1.1.3 Definition
Zwei Mengen A und B heißen gleich, falls
A ⊆ B und B ⊆ A Schreibweise: A = B
D.h. A = B bedeutet: Fur alle a gilt a ∈ A, genau dann, wenn a ∈ B
1.1.4 Beispiel
· N ⊆ Z, aber N 6= Z, da −1 /∈ N
· 2, 4 ⊆ 1, 2, 3, 4, 2, 4 6= 1, 2, 3, 4· 2, 4 = a : a gerade ganze Zahl, 1 < a ≤ 4· Die leere Menge ∅ ist Teilmenge jeder Menge A,
auch ∅ ⊆ ∅. Nicht verwechseln mit ∅ /∈ ∅
· Bei Aufzahlungen werden Wiederholungen und die Reihenfolge ignoriert.
2, 4, 4, 2 = 2, 4 = 4, 2
1.2 Verknupfungen von Mengen:
1.2.1 Definition
Seien A und B Mengen
· Die Schnittmenge (der Durchschnitt) ist definiert als
A ∩B := x : x ∈ A und x ∈ B· Die Vereinigungsmenge ist defiert als
A ∪B := x : x ∈ A oder x ∈ B· Die Differenzmenge ist definiert als
A \B := x : x ∈ A und x /∈ B
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Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 1
Mittwoch, 17.10.2007
Michael Habermann
· A und B heißen disjunkt, falls
A ∩B = ∅
D.h. A und B enthalten keine gemeinsamen Elemente
1.2.2 Beispiel
A := 0, 1, 3, 5, 7, 9, B := 0, 1, 2, 4, 6, 8⇒ A ∩B = 0, 1, A ∪B = 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9
A \B = 3, 5, 7, 9
Eigenschaften der Mengenverknupfungen
1.2.3 Satz:
(1) A ∩∅ = ∅, A ∪∅ = A (∅ extremal, neutral)
(2) A ∩A = A, A ∪A = A (Idenpotenz)
(3) A ∩B = B ∩A, A ∪B = B ∪A (Kommutativitat)
(4) (A ∩B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C),
(A ∪B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C) (Assoziativitat)
(5) A ∩ (B ∪ C) = (A ∩B) ∪ (A ∩ C),
A ∪ (B ∩ C) = (A ∪B) ∩ (A ∪ C) (Distributivitat)
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Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 2
Donnerstag, 18.10.2007
Michael Habermann
1.2.4 Satz (5):
Seien A,B,C Mengen
Dann gilt: A ∩ (B ∪ C) = (A ∩B) ∪ (A ∩B)
Beweis: Beh. 1: A ∩ (B ∪ C) ⊆ (A ∩B) ∪ (A ∩ C)
Sei a ∈ A ∩ (B ∪ C). Dann a ∈ A und a ∈ B ∪C1. Fall: a ∈ B ⇒ a ∈ A ∩B ⇒ a ∈ (A ∩B) ∪ (A ∩ C)
2. Fall: a /∈ B ⇒ a ∈ C ⇒ a ∈ A ∩ C ⇒ a ∈ (A ∩B) ∪ (A ∩ C)
Beh. 2: (A ∩B) ∪ (A ∩ C) ⊆ A ∩ (B ∪ C).
Sei a ∈ (A ∩B) ∪ (A ∩ C)
1. Fall: a ∈ A ∩B ⇒ a ∈ A und a ∈ B ⇒ a ∈ B ∪ CAlso: a ∈ A ∩ (B ∪ C)
2. Fall: a /∈ A ∩B ⇒ a ∈ A ∩ C ⇒ a ∈ A und a ∈ C ⊆ B ∪ CAlso: a ∈ A ∩ (B ∪ C)
q.e.d.
1.2.5 Definition
Die Potenzmenge P (A) einer Menge A ist die Menge aller Teilmengen von A
P (A) = B : B ⊆ A
1.2.6 Beispiel:
· A = 1, 2 ⇒ P (A) = ∅, 1, 2, 1, 2· Fur jede Menge A gilt ∅ ∈ P (A) und A ∈ P (A).
· P (1) = ∅, 1· P (∅) = ∅
Man beachte also den Unterschied zwischen ∈ und ⊆:
1 ∈ 1, 2; 1 ⊆ 1, 2; 1 /∈ 1, 2; 1 ∈ P (1, 2)Statt P (A) auch 2A
Die naive Definition von Mengen nach Cantor fuhrt zu Widerspruchen:
1) Russelsche Antinomie (Paradoxie)
Sei R die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten:
R := A : A Menge und A /∈ AWare R eine Menge, so musste entweder R ∈ R oder R /∈ R.
Aber: R ∈ R⇔ R /∈ R2) Der Barbier von Sevilla rasiert genau diejenigen mannlichen Einwohner von Sevilla,
die sich nicht selbst rasieren.
Rasiert der Barbier sich selbst?
M := x : x mannliche Einwohner von Sevilla, den der Barbier rasiert.M ist keine Menge!
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Vorlesung 2
Donnerstag, 18.10.2007
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1.3 Abbildungen
1.3.1 Definition
Seien A und B Mengen, Ist a ∈ A und b ∈ B, so nennt man (a, b) ein geordnetes Paar.
Zwei geordnete Paare (a, b) und (a′, b′) heißen gleich, falls a = a′ und b = b′.
Das kartesische Produkt von A und B ist die menge aller geordneten Paare (a, b),
wobei a ∈ A, b ∈ B: A×B := (a, b) : a ∈ A, b ∈ BDem ”kartesisch” nach Rene Decartes, einem franzosischen Philosoph und
Mathematiker (17 Jhdt.), der die analytische Geometrie erfunden hat.
1.3.2 Beispiel
· (1, 2) 6= (2, 1)
· 1, 2, 3 × b1, b2 = (1, b1), (1, b2), (2, b1), (2, b2), (3, b1), (3, b2)· R = reellen Zahlen ⇒ R×R = (x, y) : x, y ∈ R(x, y) kartesische Koordinaten eines Produktes.
1.4 Beziehungen zwischen Objekten als Relationen
1.4.1 Defintion
Eine Relation zwischen zwei Mengen A und B
ist eine Teilmenge R ⊆ A×B. Falls A = B, sprechen wir
von einer Relation auf A
1.4.2 Beispiel
· A = 1, 2, 3, B = b1, b2, R := (1, b2), (2, b1), (3, b1)· A = B = R, R= := (x, y) : (x, y) ∈ R×R, x = y
= (x, x) : x ∈ RR< := (x, y) ∈ R×R : x < y
1.4.3 Wichtige Klassen von Relationen:
· Abbildungen (oder Funktionen)
· Aquivalenzrelationen
· Ordnungsrelationen
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Vorlesung 3
Mittwoch, 24.10.2007
Michael Habermann
Wiederholung: Mengen A, Element x
x ∈ A oder x /∈ AA ⊆ BA = B bedeutet: A ⊆ B und B ⊆ AA ∩B := x : x ∈ A und x ∈ BA ∪B := x : x ∈ A oder x ∈ BA \B := x : x ∈ A und x /∈ B
kartesisches Produkt der Mengen A und B
A×B := (a, b)︸ ︷︷ ︸
geordnetesPaar
: a ∈ A und b ∈ B
(a, b) = (a′, b′) genau dann, wenn a = a′ und b = b′
(1, 2) 6= (2, 1) 1, 2 = 2, 1, 1, 1 = 1
Relation R ⊆ A×BRelation in A, falls B = A, d.h. R ⊆ A×A
Abbildungen Def.: Eine Abbildung (oder Funktion)
von der Menge A in die Menge B ist eine Relation f ⊆ A×B derart,
dass es fur alle a ∈ A genau ein b ∈ B gibt mit (a, b) ∈ fSchreibweise: f : A→ B
A heisst Definitionsbereich von f
B heisst Bildbereich oder Wertebereich von f
Das zu a ∈ A eindeutig gehorende b ∈ B mit (a, b) ∈ f wird meist
bezeichnet mit f(a) ”f von a”
Illustrationen:
1.4.4 Beispiel
· R = (1, b2), (2, b1), (3, b1) ist eine Abbildung
f : 1, 2, 3 → b1, b2Es gilt f(1) = b2, f(2) = b1, f(3) = b1· (1, b1), (2, b2), (1, b2) keine Abbildung falls b1 6= b2
1.4.5 Beispiel
Oft ergibt sich f(a) durch eine konkrete Rechenvorschrit, z.B.
f : N→ N, f(a) = a2 Andere Schreibweise: f : N→ N, a 7→ a2
Der Name der Variablen a ist egal, kann geradesogut schreiben
f : N→ N, x 7→ x2
Der Graph einer Abbildung f : A→ B ist definiert als
Gf := (a, f(a)) : a ∈ A(Streng genommen ist Gf dasselbe wie f)
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Vorlesung 3
Mittwoch, 24.10.2007
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1.4.6 Bemerkung
Zwei Abbildungen f : A→ B mit f ′ : A′ → B′ sind gleich, falls
A = A′ und B = B′ und f(a) = f ′(a) fur alle a ∈ A
1.4.7 Beispiel
N→ N, x 7→ x2 und
Z→ Z, x 7→ x2 sind verschiedene Abbildungen.
Z→ N, x 7→ x2
1.4.8 Defintion
Eine Abbildung f : A→ B heisst
· injektiv, falls aus a1, a2 ∈ A mit
a1 6= a2 stets f(a1) 6= f(a2) folgt
(Fur alle a1, a2 ∈ A gilt: a1 6= a2 ⇒ f(a1) 6= f(a2)
Aquivalent dazu:
Fur alle a1, a2 ∈ A gilt: a1 = a2 ⇐ f(a1) = f(a2)
Beh.: Die Aussagen I und II sind aquivalent, d.h.
I ⇒ II (aus I folgt II)
II ⇒ I (aus II folgt I)
Zeigen I ⇒ II: Nehmen an, I ist wahr. Wollen zeigen, dass II wahr ist.
Fuhre einen indirekten Beweis. Nehmen an, dass II falsch ist.
Das bedeutet, es gibt a1, a2 ∈ A und f(a1) = f(a2) aber a1 6= a2
Weil I wahr ist, gilt aber f(a1) 6= f(a2). DAS IST EIN WIDERSPRUCH!!!
⇒ Unsere Annahme war deshalb falsch, deshalb ist II wahr //)
· surjektiv, falls fur alle b ∈ B ein a ∈ A existiert mit b = f(a)
· bijektiv, falls f injektiv und surjektiv ist.
Illustration
1.4.9 Beispiel
· f : lebende Menschen → N, x 7→ Lebensalter von x in Jahren
nicht surjektiv, nicht injektiv
· 1) f : N→ N, f(x) = x2 injektiv, nicht surjektiv
2) g : Z→ N, g(x) = x2 nicht injektiv, nicht surjektiv
3) h : R→ y ∈ R : y ≥ 0, h(x) = x2 nicht injektiv, nicht surjektiv
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Vorlesung 4
Donnerstag, 25.10.2007
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f : A→ B, a 7→ f(a)
1.4.10 Definition
Die identische Abbildung auf der Menge A ist definiert als
idA : A→ A, a 7→ a
1.4.11 Defintion
f : A→ B und g : B → C Abbildungen,
so definiert man deren Komposition oder Hintereinanderausfuhrung ob die Abbildung,
g f : A→ C, a 7→ g(f(a))
1.4.12 Satz
Eine Abbildung f : A→ B ist bijektiv, genau dann,
wenn es eine Abbildung g : B → A gibt mit
g f = idA und f g = idB
Hier ist zu zeigen, dass zwei Aussagen I und II aquivalent sind.
D.h. I gilt genau dann, wenn II gilt.
Zeigen: · I impliziert II (aus I folgt II), I ⇒ II
· II impliziert I
Beweis:
(1) Sei f : A→ B bijektiv. Zu b ∈ B gibt es genau ein a ∈ A mit f(a) = b
Wir definieren die Abbildung g : B → A, welche b ∈ B dieses eindeutig bestimmte a zuordnet
Dann gilt: f(g(b)) = b fur alle b ∈ B, d.h. f g = idB
Ferner
g(f(a)) = a fur alle a ∈ A, d.h. g f = idA
(2) Umgekehrt sei g : B → A mit g f = idA, f g = idB gegeben
· Seien a1, a2 ∈ A mit f(a1) = f(a2). Dann a1 = g(f(a1)) = g(f(a2)) = a2
Folglich ist f injektiv
· Sei b ∈ B. Setze a := g(b). Dann gilt f(a) = f(g(b))↓= b
Also ist f surjektiv //
Erganzung zum Satz:
Die Abbildung g im Satz ist eindeutig bestimmt und heisst inverse Abbildung um f
Man schreibt dafur g = f−1
Vorsicht: f−1 nicht zu verwechseln mit 1f(x) = f(x)−1 falls f : A→ R = 0
a 7→ f(x)
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Donnerstag, 25.10.2007
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1.4.13 Definition
Sei f : A→ B eine Abbildung
· Fur X ⊆ A heisst die Menge
f(X) := f(x) : x ∈ Xdas Bild von X unter f
· Fur Y ⊆ B heisst die Menge
f−1(Y ) := a ∈ A : f(a) ∈ Y (Vorsicht! Die Abbildung f−1 ist im allgemeinen nicht definiert!)
heisst Urbild von Y unter f
1.4.14 Beispiel
f : R→ R, f(x) = x2. Fur a, b ∈ R, a ≤ b bezeichne mit
[a, b] := x ∈ R : a ≤ x ≤ bdas Intervall mit Endpunkten a, b
X = [1, 2] f(X) = [1, 4]
Y = [1, 4] f−1(Y ) = [−2,−1] ∪ [1, 2]
1.4.15 Bemerkung
Sei f bijektiv, Dann f−1 : B → A
f−1(Y )︸ ︷︷ ︸
BildvonY unterf−1
= f−1(Y )︸ ︷︷ ︸
UrbildvonY unterf
1.5 Ordnungs und Aquivalentrelationen
Eine Relation in A ist eine Teilmenge R ⊆ A×A
1.5.1 Beispiel
A = N = 0, 1, 2, ...R := (x, y) ∈ N×N : x ≤ yKleiner-Gleich Relation
1.5.2 Definition
Eine Relation ≤ in A heisst partielle Ordnung, falls folgende Eigenschaften erfullt sind.
Reflexivitat: a ≤ a fur alle a ∈ AAntisymetrie: Aus a ≤ b und b ≤ a folgt a = b
fur alle a, b ∈ ATransitivitat: Aus a ≤ b und b ≤ c folgt a ≤ c
fur alle a, b, c ∈ A
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1.5.3 Beispiel
1. ≤ in N ist eine partielle Ordnung
2. Seien a, b ∈ N
a teilt b, falls es ein c ∈ N mit ac = b gibt
In Zeichen: a | b z.B. 3 | 6, 6 ∤ 15
(Die Teilbarkeit | ist eine partielle Ordnung auf N)
3. Sei Ω eine Menge.
Potenzmenge P(Ω) = a : a ⊆ ΩDie Teilmengeneigenschaft a ⊆ b definiert eine partielle Ordnung auf P(Ω)
1.5.4 Bemerkung
0 | 0, denn wahle belibiges c: 0 · c = 0
- Reflexivitat: a | a fur alle a ∈ N
(Grund: a· |= a)
- Antisymetrie: Sei a | b und b | cEs gibt c1, c2 ∈ N mit ac1 = b, bc2 = a
⇒ (bc2)c1 = b
1. Fall: b 6= 0
⇒ c2c1 = 1 ⇒ c1 = c2 = 1 ⇒ a = b
2. Fall: b = 0
⇒ a = 0 ⇒ a = b = 0√
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Mittwoch, 07.11.2007
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1.6 Aussagen
Aristoteles (384 - 322 vor Christus)
1.6.1 Definition
Eine Aussage ist eine sprachlichen Gebilde, das entweder wahr oder falsch ist.
Verknupfung von Aussagen: Seien A und B Aussagen
Wir definieren:
A ∧B (”A und B”) ist genau dann wahr, wenn A und B wahr ist.
A ∨B (”A oder B”) ist genau dann wahr, wenn A oder B wahr ist.
¬A (”nicht A”) ist genau dann wahr, wenn A falsch ist.
Beschreibung mit Wahrheisfeldern
A B A ∧B A ∨B A⇒ B A⇔ B B ⇒ A (A⇒ B) ∧ (B ⇒ A)
f f f f w w w w
f w f w w f f f
w f f w f f w f
w w w w w w w w
Implikationen A⇒ B (”A impliziert B, ”aus A folgt B”)
definiert durch Tabelle
! Vorsicht: A⇒ B ist wahr, wenn A falsch ist:
1 = 2⇒ Ich bin ein Esel wahre Aussage
Die Aquivalenz A ⇔ B (”A aquivalent B”)
ist definiert durch Tabelle
A ist genau dann wahr, wenn B wahr ist.
1.6.2 Bemerkung
A⇔ B ist logisch gleichwertig zu (A⇒ B) ∧ (B ⇒ A)
Wichtiges Prinzip: Man beweist Aquivalenz zweier Aussagen durch den Nachweis
der Implikationen in beide Richtungen.
1.6.3 Bemerkung (Kontrapositionsgesetz)
A⇒ B ist logisch gleichwertig zu ¬B ⇒ ¬A und auch zu ¬A ∨B¡
1. Beweis: mit Wahrheitstafel (Ubung)
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Mittwoch, 07.11.2007
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2. Beweis: A⇒ B ist falsch genau dann wenn A wahr und B falsch
(¬B)⇒ (¬A) ist falsch genau dann, wenn ¬B wahr und ¬A falsch
(¬A) ∨B ist falsch genau dann, wenn (¬A) wahr und B falsch
1.6.4 Beispiel:
Haufiger Fehler: falsche Ubersetzung in umgangssprachliche Implikationen
A ”es regnet”
B ”ich nehme einen Schirm mit”
A⇒ B wenn es regnet, nehme ich einen Schirm mit
B ⇒ A wenn ich einen Schirm mitnehme, dann regnet es
¬A⇒ ¬B wenn es nicht regnet, so nehme ich keinen Schirm mit
1.6.5 Methode des indirekten Beweises
Um sich in der Wahrheit einer Aussage A zu uberzeugen, nimmt man an, dass
A falsch ist und folgern mittels logischer Schlusse,
dass eine Aussage B sowohl wahr als auch falsch ist.
Da letzeres absurd ist, muss A wahr sein.
1.6.6 Beispiel
Zur Illustration:
Definition: Eine Primzahl ist eine Zahl p ∈ N, p > 1
deren einzige positive Teiler 1 und p sind.
(∗) Man sieht leicht: Jede Zahl n ∈ N und n > 1 wird von
einer Primzahl geteilt
Satz Es gibt unendlich viele Primzahlen
Beweis: (Euklid) Wir fuhren einen indirekten Beweis
Angenommen es gabe nur endlich viele Primzahlen
Diese seien p1, p2, ..., pn
Bilde das Produkt q := p1 · p2 · ... · pn
Nach (∗) wird q + 1 von einer Primzahl geteilt.
Also gibt es ein i ∈ 1, 2, ..., n so dass pi|(q + 1)
Andererseits ist pi|q. Daraus folgt: pi|1Daraus folgt pi = 1, ein Widerspruch zu pi > 1 Also war die Annahme falsch und es gibt unendlich viele Primzahlen. //
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Mittwoch, 07.11.2007
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1.6.7 Regeln beim Verknupfen von Aussagen
doppelte Negation ¬¬A⇔ A
de Morgan ¬(A ∨B)⇔ (¬A) ∧ (¬B)
¬(A ∧B)⇔ (¬A) ∨ (¬B)
Distributivitat A ∧ (B ∨ C)⇔ (A ∧B) ∨ (A ∧ C)
A ∨ (B ∧ C)⇔ (A ∨B) ∧ (A ∨ C)
A ∨ (¬A)⇔ w
A ∧ (¬A)⇔ f
1.6.8 Beispiel
Vereinfachung von zusammengesetzten Aussagen
A ∧ (A ∨B) ⇔ A
¬B ∧ (A ∨B) ⇔ (¬B ∧A) ∨ (¬B ∧B) ⇔ ¬B ∧A(¬(¬A ∧B)) ∧ (A ∨B)
⇔ (A ∨ ¬B) ∧ (A ∨B)︸ ︷︷ ︸
:=C
⇔ (A ∧ C)︸ ︷︷ ︸
A
∨(¬B ∧ C)
⇔ A ∨ (¬B ∧A) ⇔ A
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Donnerstag, 08.11.2007
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1.6.9 Pradikate
1 + 1 = 2 wahre Aussage
x+ y = y + x keine Aussage
Sei M eine Menge. Eine Aussagenform (also ein Pradikat)
ist ein ”Satz” in Variablen x1, ..., xn, der zu einer Aussage wird,
wenn jedes xi durch ein Element von M erzeugt wird.
Bsp.:
M = N (x+ y = y + x) ∧ (z = 1) ist ein Pradikat
Pradikate konnen mit ∧,∨,¬ verknupft werden.
1.6.10 Quantoren
Um Pradikate in Aussagen umzuwandeln, verwenden wir
Allquantor: ∀x ”fur alle x ∈M”
Existenzquantor: ∃x ”es gibt ein x ∈M”
Sei P (x) ein Pradikat uber der Menge M in der Variablen x. Die Aussage
∃P (x) ist genau dann wahr wenn es wenigstens ein a ∈M gibt,
so dass P (a) wahr ist.
∀P (x) ist genau dann wahr, wenn P (a) fur jedes a ∈M wahr ist.
Bsp.:
∀x(x ≤ x+ 1) ist wahr uber M = N
Man schreibt auch
∀x ∈MP (x) bzw. ∃x ∈MP (x)
Man macht entsprechende Festsetzungen fur mehrere Variablen
∀x∀y(x+ y = y + x) ist wahr uber N
Bsp.:
∀x∃y(x = y2) falsch uber M = R
wahr uber M = a ∈ R : a ≥ 0∀x∃y((x ≥ 0)⇒ x = y2) wahr uber M = R
! Vorsicht !: Bei verschiedenen Quantoren kommt es auf die Reihenfolge an
Bsp.:
M = Z:
∀x∃y(y ≤ x) ist wahr
∃y∀x(y ≤ x) ist falsch
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Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 7
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1.6.11 Negationsregel
¬(∀xP (x)) logisch aquivlanet zu ∃x¬P (x)
¬(∃xP (x)) logisch aquivalent zu ∀x¬P (x)
1.7 Vollstandige Induktion
Ein machtiges Beweisprinzip, um Aussagen der Form
∀n ∈ NP (n) zu beweisen.
Induktionsprinzip: Sei P (n) ein Pradikat uber N
Induktionsvorraussetzung: P (0) ist wahr.
Induktionsschritt: ∀n ∈ N(P (n)⇒ P (n+ 1)) ist wahr.
Dann ist ∀n ∈ NP (n) wahr.
1.7.1 Axiom
Jede nichtleere Teilmenge von N hat ein kleinstes Element.
1.7.2 Beweis des Induktionsprinzip
Wir schließen indirekt. Angenommen, es gibt ein n0 ∈ N so dass P (n0) falsch ist.
Die Menge A := n ∈ N : P (n) falsch ist nicht leer, da n0 ∈ AAxiom ⇒ A hat ein kleinstes Element m.
Es gilt m > 0, da 0 /∈ ADa m minimal ⇒ m− 1 /∈ AAlso P (m− 1) wahr. Nach dem Induktionsschritt P (m− 1)⇒ P (m) gilt P (m wahr.
D.h. m /∈ A Widerspruch //
1.7.3 Beispiel
Beispiel 1: ∀n ∈ N(n+1∑
k=1
k = (n+1)·(n+2)2 )
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Beweis durch Induktion:
Induktionsvorraussetzung (IV): n = 0: 1 = 1·22
√
Induktionsschritt (IS): Sei n ∈ N belibig. Es gelten+1∑
k=1
k = (n+1)·(n+2)2
Dann:n+2∑
k=1
k =n+1∑
k=1
k + (n+ 2)
= (n+1)·(n+2)2 + (n+ 2)
= (n+ 2)[n+12 + 2
2 ] = (n+2)·(n+3)2 //
1.7.4 Satz (Summe der geometrischen Reihe)
Sei q ∈ R, q 6= 1 und n ∈ N Dann
q0 + q1 + q2 + ...+ qn = qn+1−1q−1
Beweis durch Induktion:
(IV): n = 0 q0 = q1−1q−1 = 1
√
(IS): Angenommen P (n) ist wahr.
(q0 + q1 + ...+ qn) + qn+1 = qn+1−1q−1 + qn+1 = qn+1−1
q−1 + qn+1(q−1)q−1 = qn+2−1
q−1 //
1.7.5 Satz
Alle naturlichen Zahlen sind gleich.
Beweis: Fur a, b ∈ N definiere maxa, b :=
a falls a ≥ bb falls a < b
Betrachte folgendes Pradikat P (n)
∀a, b ∈ N(maxa, b = n⇒ a = b)
(IV): P (0) ist wahr, denn maxa, b = 0⇒ a = b = 0
(IS): Es gelte P (n). Seien a, b ∈ N und maxa, b = n+ 1
Dann gilt maxa− 1, b− 1 = n
Nach Induktionsvorraussetzung gilt:
a− 1 = b− 1, also a = b //
∀nP (n) wahr ⇒ ”alle naturlichen Zahlen sind gleich”
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Lineare Algebra I
Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 7
Donnerstag, 08.11.2007
Michael Habermann
Modifiziertes Induktionsprinzip:
Sei P (n) ein Pradikat uber N , n0 ∈ N
Verankerung: P (n0) ist wahr
Schritt: Fur belibiges n ≥ n0 gilt
P (n)⇒ P (n+ 1)
Dann ist P (n) wahr fur alle n ≥ n0
Beweis: Wende das Induktionsprinzip auf das Pradikat
Q(n) := P (n+ n0) an
Q(0) = P (n0) wahr
∀n ∈ N(Q(n)⇒ Q(n+ 1)
2 Mengen
2.1 Endliche Mengen
2.1.1 Definiton
Zwei Mengen A und B heissen gleichmachtig, falls es eine Bijektion
von A nach B gibt. Notation A ≃ B
2.1.2 Bemerkung
A ≃ AA ≃ B ⇒ B ≃ A(A ≃ B) ∧ (B ≃ C) ⇒ A ≃ C
Beweis: f : A→ B bijektiv
g : B → C bijektiv
⇒ g f : A→ C bijektiv //
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Lineare Algebra I
Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 8
Mittwoch, 14.11.2007
Michael Habermann
2.1.3 Beispiele endlicher Mengen
N = 0, 1, ...,N∗ := 1, 2, ... = N \ 0
2.1.4 Definition
Zwei Mengen A und B heissen gleichmachtig falls,
es eine Bijektion A→ B gibt. Schreibweise A ≃ B
2.1.5 Definition
Eine Menge A heisst endlich, falls A = ∅ oder
es gibt n ∈ N∗ mit A ≃ 1, 2, ..., n
2.1.6 Lemma
Fur n,m ∈ N∗ gilt.
1, 2, ..., n ≃ 1, 2, ...,m ⇒ n = m
Aufgrund des Lemmas ist die folgende Definition sinnvoll
2.1.7 Definition
Die Kardinalitat |A| einer nichtleeren endlichen Menge ist die eindeutig bestimmte
Zahl n ∈ N∗ mit A ≃ 1, 2, ..., nMan sagt |∅| = 0
2.1.8 Bemerkung
Sei A endlich. Dann A = ∅ ⇔ |A| = 0
Folgerung: Seien A,B endliche Mengen. Dann
A ≃ B ⇔ |A| = |B|
Beweis: ”⇐”: Sei n := |A| = |B|. Dann
A ≃ 1, 2, ..., n, B ≃ 1, 2, ..., n⇒ A ≃ B
”⇒”: A ≃ 1, 2, ..., |A|, B ≃ 1, 2, ..., |B|⇒ 1, 2, ..., |A| ≃ 1, 2, ..., |B|Lemma⇒ |A| = |B|. //
Beweis des Lemmas: Beweise mit Induktion nach m, dass
∀n ∈ N∗(1, 2, ...,m = 1, 2, ..., n ⇒ m = n) (Beweis als Ubung)
Seien A1, A2, ..., Ar Mengen. Deren Vereinigung ist
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Wintersemester 07 / 08
Vorlesung 8
Mittwoch, 14.11.2007
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A1 ∪A2 ∪ ... ∪Ar =⋃r
i=1Aj := xi∃i ∈ 1, 2, ..., rx ∈ AjAnalog definiert man den Durchschnitt
A1 ∩A2 ∩ ... ∩Ar =⋂r
i=1Aj := xi∀i ∈ 1, 2, ..., rx ∈ Aj
2.1.9 Satz 1
Seien A1, ..., Ar endliche Mengen, die paarweise disjunkt sind.
(d.h. ∀i 6= y Ai ∩Aj = ∅). Dann ist A1 ∪ ... ∪Ar endlich.
und |A1 ∪A2 ∪ ... ∪Ar| = |A1|+ |A2|+ ...+ |Ar |
Beweis: Induktion nach r. Start i = 1 klar
Sei r = 2. oBdA A1, A2 6= ∅. Seien
f : 1, 2, ..., n1 → und g : 1, 2, ..., n2 → A2 bijektiv
Definiere: h : 1, 2, ..., n1 + n2 → A1 ∪A2,
h(x) = f(x), falls 1 ≤ x ≤ n1 oder g(x− n1) falls n1 < x ≤ n1 + n2
h ist surjektiv. h ist injektiv, mit A1 ∩A2 = ∅
Also h bijektiv ⇒ |A1 ∪A2| = n1 + n2
Induktionsschritt Es gelte die Behauptung fur r ≥ 1
Seien A1, ..., Ar+1 und paarweise disjunkt. Dann sind
B := A1 ∪ ... ∪Ar und Ar+1, disjunkt. Also
|A1 ∪ ... ∪Ar+1| = |B ∪Ar+1| = |B|+ |Ar+1| = |A1|+ ...+ |Ar|+ |Ar+1| //
Das kartesische Produkt von Mengen A1, ..., Ar ist definiert als
A1 ×A2 × ...×Ar := (a1, a2, ...ar) : ai ∈ Ai fur i ∈ 1, 2, ..., r
2.1.10 Satz 2
Sind A1, ..., Ar| = |A1| · |A2| · ... · |Ar |
Beweis: Indukiton nach r. Start r = 1 klar.
sei r = 2: Es gilt
A1 ×A2 =⋃
b∈A2A1 × b
Ausserdem (A1 × b) ∩ (A1 × b′ = ∅ falls b 6= b′
Es gilt A1 × b ≃ A1, also |A1 × b| = |A1|Satz 1 ⇒|A1 ×A2| =
∑
b∈A2
|A1 × b =∑
b∈A2
|A1| = |A1| · |A2|
Der Induktionsschritt geht ahnlich wie vorher //
2.1.11 Definition
Fur Mengen A,B bezeichne BA die Menge der Abbildung A→ B
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Vorlesung 8
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2.1.12 Korollar (”Folgerung”)
Seien A,B endlich. so ist BA endlich und
|BA| = |B||A|
Bsp.: |1, 2, 31,2| = 32 = 9
Beweis: oBdA A 6= ∅√
Sei |A| = n > 0
oBdA A = 1, 2, ..., n. (A ≃ A′ ⇒ BA ≃ BA′
)
Dann BA = B × ...×B︸ ︷︷ ︸
n−mal
Satz 2 ⇒ |BA| = |B|n = |B||A|
2.1.13 Korollar
(Potenzmenge in A ¶(A) = 2A := B : B ⊆ A1B : A→ 0, 1) Sei A endlich. Dann ist 2A endlich und
|2A| = 2|A|
Beweis: Wir ordnen einer Teilmenge B ⊆ A ihre
Indikatorfunktion 1B : A→ 0, 1 zu, definiert durch
1B(x) := 1 falls x ∈ B; 0 sonst.
Umgekehrt ordnen wir einer Funktion f : A→ 0, 1 die Teilmenge
f−1(1) = x ∈ A : f(x) = 1 zu
Die Abbildungen
2A → 0, 1A, B 7→ 1B
und
0, 1A → 2A, f 7→ f−1(1)sind invers zueinander. (triviale Verifikation)
Folglich
2A ≃ 0, 1AKorollar 1 ⇒
|0, 1A| = 2|A|
⇒|2A| = |0, 1A| = 2|A| //
2.1.14 Bemerkung
A = 1, 2, ..., n, f ∈ 0, 1Af = (f1, ..., fn) ”Folge von n Bits”
2.1.15 Satz
Seien A,B endlich und f : A→ B
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(1) Ist f injektiv, so gilt |A| ≤ |B| f : N→ N, n 7→ n+ 1
gilt uberdies |A| = |B|, so ist f bijektiv.f injektiv, f nicht surjektiv
(2) Ist f surjektiv, so gilt |A| ≥ |B|gilt uberdies |A| = |B|, dann ist f bijektiv
Beweis: (1) Sei f : A→ B injektiv. Dann ist
A→ f(A), a 7→ f(a) bijektiv
Haben wir eine disjukte Zerlegung
B = f(A) ∪ (B \ f(A))
Satz 1 ⇒ |B| = |f(A)|+ |B \ f(A)| ≥ |f(A)| = |A|ist uberdies |A| = |B| ⇒ |B \ f(A)| = 0
⇒ B \ f(A) = ∅
⇒ f(A) = B ⇒ f surjektiv
(2) Sei f surjektiv. Sei oBdA B = 1, 2, ..., nBetrachte fur i ∈ Bf−1(i) := f−1(i) = a ∈ A : f(a) = i(heisst Faser von i). Nach Vorraussetzung gilt
∀i ∈ B f−1(i) 6= ∅ (f injektiv)
Es gilt A : f−1(1) ∪ f−1(2) ∪ ... ∪ f−1(n)
und f−1(i) ∩ f−1(j) = ∅ fur i 6= j
Satz 1 ⇒|A| =
n∑
i=1
|f−1(i)|︸ ︷︷ ︸
≥1
≥ n = |B|
Ist uberdies |A| = |B|, so folgt
∀i ∈ B |f−1(i)| = 1
D.h. f ist injektiv
2.2 Unendliche Mengen
2.2.1 Definition
Eine Menge heisst unendlich, wenn sie nicht endlich ist.
2.2.2 Bemerkung
N ist unendlich
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Mengen A,B
A ≤ B :⇔ ∃ϕ : A→ B injektiv
2.2.3 Satz (Schroder-Bernstein)
A ≤ B und B ≤ A ⇒ A ≃ B
Beweis: Sei ϕ : A→ B injektiv
Ψ : B → A injektiv
Schreibweise Ψϕ := Ψ ϕ fur Komposition
ϕn := ϕϕ · · · ϕ︸ ︷︷ ︸
n−mal
fur n ∈ N∗, ϕ = id
X := A \Ψ(B) Ureier A = EierΨ := B \ ϕ(A) Urhuhner B = Huhner
ϕ : aus Ei schlupft Huhn
Ψ : Huhn legt ein Ei
Definieren X ⊆ AX := (Ψϕ)n(x) : x ∈ X,n ∈ N Eier die von Ureier abstammen
BX := ϕ(Ψϕ)n(x) : x ∈ X,n ∈ N = ϕ(AX) Huhner, die von Ureiern abstammen
Y ⊆ BY := (ϕΨ)n(y) : y ∈ Y, n ∈ N Huhner, die von Ureier abstammen
AY := Ψ(ϕΨ)n(y) : y ∈ Y, n ∈ N = Ψ(BY ) Eier die von Urhuhner abstammen
1. Beh.: AX ∩AY = ∅
Beweis: Sonst ∃n,m ∈ N ∃x ∈ X , y ∈ Y(Ψϕ)n(x) = Ψ(ϕΨ)m(y) = (Ψϕ)mΨ(y)
(Ψϕ)n injektiv
1. Fall: n ≤ m (Ψϕ)n(x) = (Ψϕ)n(Ψϕ)m−nΨ(y)
Kann Kurzen, da (Ψϕ)m injektiv ⇒ x = (Ψϕ)m−nΨ(y) = Ψ(ϕΨ)m−n(y) ∈ Ψ(B)
Wiederspruch zu x ∈ A \Ψ(B)
Analog BX ∩BY = ∅ Definieren
A∞ := A \ (AX ∪AY )
B∞ := B \ (BX ∪BY )
Genugt zu zeigen: AX ≃ BX , AY ≃ BY , A∞ ≃ B∞
Nach Definition ist ϕ(AX) = BX , also ist
AX → BX , a 7→ ϕ(a) bijektiv, also AX ≃ BX
Analog AY ≃ BY
2. Beh.: ϕ(A∞) ⊆ B∞
Sei a ∈ A∞. Ware ϕ(a) /∈ B∞, dann
1. Fall: ϕ(a) ∈ BX , etwa ϕ(a) = ϕ(Ψϕ)n(x)
⇒ a = (ψϕ)n(x) ⇒ a ∈ AX 2. Fall: ϕ(a) ∈ BY , etwa ϕ(a) = (ϕΨ)n(y)
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Falls n = 0 ⇒ ϕ(a) = y Falls n > 0 ⇒ a = Ψ(ϕΨ)n−1(y) ⇒ a ∈ AY 2. Beh. gezeigt.
3. Beh.: B ⊆ ϕ(A∞)
Sei b ∈ B∞ Da b /∈ Y ⇒ ∃a ∈ A b = ϕ(a)
Ware a ∈ AX ⇒ b = ϕ(a) ∈ BX Ware a ∈ AY , etwa a = Ψ(ϕΨ)n(y) fur ein y ∈ Y⇒ b = ϕ(a) = (ϕΨ)n+1(y) ∈ BY ⇒ 3. Beh. gezeigt.
2+3 Beh. ⇒ ϕ(A∞) = B∞
Also ist A∞ → B∞, a 7→ ϕ(a) bijektiv,
Also A∞ ≃ B∞ //
2.2.4 Korrolar
Q ist abzahlbar unendlich
Beweis: ϕ : Q→ Z×N∗, q = ab7→ (a, b)
wobei Bruch ab
gekurzt.
Die Abbildung ϕ ist inkektiv ⇒ Q ≤ Z×N∗
Ferner Z ≃ N, N∗ ≃ N ⇒ Z×N∗ ≃ N×N ≃ N
⇒ Q ≤ N
Wegen N ⊆ Q ⇒ N ≤ Q
Schroder-Bernstein⇒ Q ≃ N //
2.2.5 Korrolar
R ≃ 2N
Beweis: Sei I = x ∈ R : 0 ≤ x < 1Jedes x ∈ I hat eine dyadische Darstellung (vergleiche Analysis)
x =∞∑
i=0
ai
2i+1 , ai ∈ 0, 1
Ist nicht eindeutig, da1
2m = 12m + 0
2m+1 + 02m+2 + ... = 1
2m+1 + 12m+2 + ...
Wenn man den rechten Fall ausschließst, so ist die dyadische Darstellung eindeutig.
Genauer, die Abbildung:
M := a ∈ 0, 1N : k ∈ N : ak00 ist unendlich → I
a = (ao, a1, a2, ...) 7→∞∑
k=0
ak
2k
ist bijektiv (Fur formalen Beweis siehe Analysis)
Also M ≃ I. Da M ⊆ 0, 1N ⇒M ≤ 2N
Wir haben aber auch 2N ≤M , da
0, 1N→M , (a0, a1, a2, ...)→ (a0, 0, a1, 0, a2, 0, ...)
inektiv ist. Also 2N ≤M
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Schroder-Bernstein⇒ I ≃M ≃ 2N
Die Abbildung f :]− 1, 1[→ R, f(x) = x1−x2 ist bijektiv. (vergleiche Analysis)
Also R ≃]− 1, 1[≃]0, 1[≤ IDa I ⊆ R ⇒ I ≤ R
⇒ R ≃ IInsgesamt: R ≃ I ≃ 2N //
2.2.6 Bemerkung
Man kann zeigen, dass fur belibige Mengen A, B stets
A ≤ B oder B ≤ A gilt.
3 Gruppen
3.1 Permutationen
3.1.1 Definition
Eine Permutation eine menge A ist eine bijektive Selbstabbildung
g : A→ A von A
Man bezeichnet die Menge der Permutationen um A = 1, 2, ..., n mit Sn.
3.1.2 Bemerkung:
|Sn| = n!
Schreibe fur die Komposition von Abbildungen g, h : A→ A
gh := g h (”zuerst h, dann g”)
Offenbar gilt fur alle g, h, k ∈ Sn:
(1) e := indA ∈ Sn
(2) g, h ∈ Sn ⇒ gh ∈ Sn
(3) g ∈ Sn ⇒ g−1 ∈ Sn
(4) (gh)k = g(hk) (Assoziativgesetz)
(5) ge = eg = g
(6) gg−1 = g−1g = e
3.1.3 Beispiel:
n = 5,
g =
(1 2 3 4 5
3 4 5 1 2
)
Permutationen 1 7→ 3, 2 7→ 5, 3 7→ 4, 4 7→ 1, 5 7→ 2
Sei h =
(1 2 3 4 5
1 3 5 2 4
)
Dann
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gh =
(1 2 3 4 5
3 4 2 5 1
)
, hg =
(1 2 3 4 5
5 4 2 1 3
)
Insbesondere gh 6= hg
g−1 =
(1 2 3 4 5
4 5 1 3 2
)
”Zyklen” ind spezielle Permutationen, z.B.
g1 =
(1 2 3 4 5
2 3 4 5 1
)
Schreibweise: g1 = (12345) = (23451)
heisst Zykel der Lange 5
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Sn = g : g : 1, 2, ..., n → 1, 2, ..., n bijektiv = Permutation um 1, 2, ..., n
gg−1 = g−1g = e := id, ge = eg = g
Zyklus g = (251346)
gemeint 2 7→ 5, 5 7→ 1, 1 7→ 3
3 7→ 4, 4 7→ 6, 6 7→ 2
3.1.4 Definition
Sei k ≥ 2 und a1, ..., ak ∈ 1, 2, ..., n paarweise verschieden
Definiere g ∈ Sn durch
g(b) :=
ai+1 falls b = a und i < k
a1 falls b = ak
b falls b /∈ a1, ..., akg heisst Zykel der Lange k. Bez:
g = (a1, a2, ..., ak)
Ein Zykel der Lange 2 heisst Transposition
3.1.5 Beispiel
n = 8 g = (235)(68)
g(1) = 1, g(2) = 3
(235) = (352) = (523)
3.1.6 Bemerkung
1. b heisst Fixpunkt um g, falls g(b) = b
2. a1, ..., ak = Menge der Nichtfixpukte um g = (a1, ..., ak)
3. (a1, ..., ak) = b1, ..., bl) ⇔ k = l und ∃i ≤ k (b1, ..., bk) = (ai, ..., ak, a1, ..., ai−1)
3.1.7 Definition
Zwei Zykel (a1, ..., ak) und (b1, ..., bl) heissen disjunkt, falls a1, ..., ak ∩ b1, ..., bl = ∅
3.1.8 Lemma
Disjunkte Zyklen kommulieren, d.h.
z1, z2 disjunkte Zyklen ⇒ z1z2 = z2z1
Beweis: Setzen zi := Nichtfixpunkte von ziFallunterscheidung
1. a /∈ z1, a ∈ z2: z1(z2(a)) = z1(a) = a = z2(z1(a))
2. a ∈ z1, a /∈ z2: z1(z2(a)) = z1(a), z2(z1(a)) = z1(a) da z1 ∩ z2 = ∅
3. a /∈ z1, a ∈ z2: analog
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4. a ∈ z1, a ∈ z2: unmoglich
3.1.9 Beispiel
n = 3 (12)(13) = (132)
(13)(12) = (123)
3.1.10 Satz
Jede Permutation g ∈ sn lasst sich als ein Produkt um paarweise disjunkten Zyklen schreiben,
und zwar bis auf die Reihenfolge auf genau eine Art.
(e = ”leere Produkt”)
Formaler Beweis folgt nachste Woche
3.1.11 Beispiel
g =
(1 2 3 4 5 6 7 8 9
3 1 5 8 2 7 6 4 9
)
= (1352)(48)(67)
3.1.12 Beispiel
|S3| = 3! = 6, S3 = e, (12), (13), (23), (123), (132)
3.1.13 Korollar
Jedes g ∈ Sn ist ein Produkt von Transpositionen
Beweis: G.z.z. Jeder Zykel ist Produkt von Transpositionen
Sei g = (a1, a2, ..., ak) ein Zykel
Behauptung: g = (a1a2)(a2a3)(a3a4) · · · (ak−1ak)
a1 7→ a2, a2 7→ a3, ..., ak−1 7→ ak
ak 7→ a1
3.1.14 Definition
Eine Nachbartransposition ist eine Transposition der Form (aa+ 1)
3.1.15 Korollar
Jede Permutation ist ein Produkt um Nachbartranspositionen
Beweis Als Ubung
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3.1.16 Definition
Sei g ∈ Sn Ein Fehlstand um g ist ein Paar (i, j) mit i < j und g(i) > g(j)
3.1.17 Beispiel
n = 5 g =
(1 2 3 4 5
2 4 5 1 3
)
Fehlstande: (1, 4), (2, 4), (2, 5), (3, 4), (3, 5)
3.1.18 Definition
Sei g ∈ Sn und α die Anzahl der Fehlstande
· g heisst gerade, falls α gerade is
· g heist ungerade, falls α ungerade ist.
Das Signum (oder auch Vorzeichen) von g ist definiert als
sgn(g) := (−1)α =
1 falls g gerade ist
−1 sonst
3.1.19 Beispiel
1. sgn(e) = 1 (α = 0)
2. sgn(aa+ 1) = −1 (α = 1)
3.1.20 Theorem
g, h ∈ S − n gilt
sgn(gh) = sgn(g) · sgn(h)
3.1.21 Korollar
sgn(ab) = −1
Beweis: Sei g ∈ Sn mit g(1) = a, g(2) = b (existiert)
Dann (ab) = g(12)g−1
(Verfikation: Fur k /∈ a, b ist g−1(k) /∈ 1, 2⇒ g(12)( g−1(k)
︸ ︷︷ ︸
Fixpunktvon12
= g(g−1(k)) = k
g(12)(g−1(a)) = g(2) = b Analog g(12)(g−1(b)) = g(1) = a )
gg−1 = eSatz⇒ sgn(g)sgn(g−1) = sgn(e) = 1
⇒ sgn(g−1) = 1sgn(g) = sgn(g)
Satz ⇒ sgn(ab) = sgn(g(12)g−1)
= sgn(g) sgn(12)︸ ︷︷ ︸
=−1
sgn(g−1)
= −sgn(g) · sgn(g−1) = −(sgn(g))2 = −1 //
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3.1.22 Korollar
sgn(a1...ak) = (−1)k−1, d.h. Zyklen ungerader Lange sind gerade,
Zyklen gerade Lange sind ungerade.
Beweis: Wissen (a1...ak) = (a1a2)(a2a3)...(ak−1ak)
Satz ⇒ sgn(a1...ak) = (−1)k−1 //
3.1.23 Beispiel
n = 12
g = 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
8 1 5 2 7 109 4 1 6 3 12 sgn(g) = ?
g = (1 8 4 2)(3 5 7 9 11)(6 10)
sgn(g) = (−1) · (+1)(− 1) = +1
g ist gerade
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Donnerstag, 29.11.2007
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3.1.24 Satz
Fur g, h ∈ Sn gilt sgn(gh) = sgn(g) · sgn(h)
Beweis: (1) h = (a a+ 1) Betrachte
φ : (i, j) : (i, j) Fehlstand um g (i, j) 6= (a a+ 1) → (i, j) : (i, j)
Fehlstand um gh (i, j) 6= (a a+ 1)definiert durch
φ((i, , j)) := (i, j) falls i, j ∩ a, a+ 1 = ∅
φ((i, a)) := (i, a+ 1)
φ((i, a+ 1)) := (i, a)
φ((a, j)) := (a+ 1, j)
φ((a + 1, j) := (a, j)
Man pruft nach ·φ wohldefiniert
·φ bijektiv
Sei α die Anzahl der Fehlstande in g
Sei β die Anzahl der Fehlstande in gh
Dann β
α+ 1 falls g(a) < g(a+ 1)
α− 1 falls g(a) > g(a+ 1)
Also sgn(gh) = (−1)β = (−1)α±1 = −(−1)α
= −sgn(g) = sgn(g) · sgn(h)
(2) Sei nun h = t1 · t2 · ... · tq, wobei
ti Nachbartransposition (existiert nach Korollar)
⇒ sgn(h) = sgn((t1...tq−1)tq)(1)= −sgn(t1...tq−1)
Induktion nach q ⇒ sgn(t1 · · · tq) = (−1)q
Analog sei g = t1 · t2 · · · tq, ti Nachbartransposition
⇒ sgn(g) = (−1)p
Ferner gh = t2 · · · tqt1 · · · tqsgn(gh) = (−1)p+q = (−1)p · (−1)q = sgn(g) · sgn(h) //
3.2 Gruppen und Untergruppen
Sei A eine Menge. Eine r-stellige Operation in A ist eine Abbildung ω : Ar → A (r ∈ N)
Wichtig sind: · 2-stellige (oder binare Operationen)
ω : A×A→ A
gewohnlich schreibt man statt ω(a, b)
aωb. z.B. a+ b, a · b, a ∪ b· 1-stellige Operationen: ωA→ A
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Donnerstag, 29.11.2007
Michael Habermann
3.2.1 Definition
Eine Gruppe ist eine Menge G zusammen mit einer 2-stelliugen Operation
G×G→ G, (g, h) 7→ g · h (Multiplikation)
mit einem ausgezeichneten Element
e ∈ G (Neutralelement)
und einer 1-stelligen Operation
G→ G, g 7→ g−1 (Iversion)
so dass folgende Axiome erfullt sind:
(1) ßforallg, h, k ∈ G (g · h) · k = g · (h · k) (Assoziativitat)
(2) ∀g ∈ G g · e = e · g = g
(3) ∀g ∈ G g · g−1 = g−1 · g = e
Die Gruppe heisst abelsch (oder kommutativ), wenn gilt
(4) ∀g, h ∈ G g · h = h · g
3.2.2 Bemerkung
· Die Gruppe wird meistens mit G bezeichnet
· Meist lasst man Multiplikationenspunkt weg und schreibt
(g, h) 7→ gh
· Bei abelschen Gruppen schreibt man meist
(a, b) 7→ a+ b (mit Inversen −a und Neutralelement 0)
3.2.3 Beispiel
(1) G = sn
gh = Komposition von g, h
e = identische Abbildung
g−1 = inverse Abbildung
Sn heisst symmetrische Gruppe (auf n Symbolen)
Sn ist nicht abelsche Gruppe falls n ≥ 3
(12)(13) 6= (13)(12)
(2) G = Z
Multiplikation: Addition ganzer Zahlen
e = 0
Inversen: n 7→ −nG bildet eine abelsche Gruppe: Die additive Gruppe der ganzen Zahlen
(3) G = Q, (g, h) 7→ g + h
e = 0
g 7→ −g
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⇒ abelsche Gruppe. additive Gruppe der rationalen Zahlen Q
(4) G = Q× := Q \ 0 bildet abelsche Gruppe
(g, h) 7→ gh multiplikative Gruppe
g 7→ g−1 der rationalen Zahlen Q×
e = 1
(5) Additive Gruppe von R
Multiplikative Gruppe R× := R \ 0
(6) G = 1,−1(g, h) 7→ gh
e = 1
g 7→ g−1 = g
⇒ bildet Gruppe
3.2.4 Bemerkung
(1) Sei f ∈ G. Dann
f = e ⇔ ∃g ∈ G gf = g
Beweis: ”⇒” klar ”⇐” ⇒f
(2)= ef
(3)= (g−1g)f
(1)= g−1(gf) = g−1g
(3)= e
Also f = e //
(2) Seien g, h ∈ G. Dann
h = g−1 ⇔ hg = e (⇔ gh = e)
Beweis: ”⇒” klar ”⇐” Sei hg = e
h = he = h(gg−1) = (hg)g−1 = eg−1 = g−1
Also h = g−1 //
(3) (e−1)−1 = e
(4) (g−1)−1 = g
3.2.5 Folgerung
Zwei Gruppen, die in Mengen und Multiplikation ubereinstimmen, sind gleich.
3.2.6 Definition
Sei G eine Gruppe. Eine Untergruppe von G ist eine Teilmenge H ⊆ G mit
(1) ∀g, h (g, h ∈ H ⇒ gh ∈ H)
(2) e ∈ H(3) ∀g (g ∈ H ⇒ g−1 ∈ H)
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3.2.7 Bemerkung
(1) H ist dann in naturlicher Weise eine Gruppe
- Multiplikation von H ist die Einschiebung der Multiplikation in G auf H ×HH ×H → H , (g, h) 7→ g · h
Inversion H → H g 7→ g−1
Bezeichnung: H ≤ G fur H Untergruppe von G
(2) H ≤ G mit K ≤ H ⇒ K ≤ G
(3) H ≤ G und L ≤ G ⇒ H ∩ L ⇒ G
3.2.8 Beispiel
(1) e ≤ G, G ≤ Gechte Untergruppe H : H ≤ G, H /∈ e, G
(2) Untergruppen von S3 = e, (12), (13), (23), (123), (132)Echte Untergruppen sind: e, (12), e, (13), e, (23)
e, (123), (132) Verifiziere!
Behauptung: Das sind alle echte Untergruppen von S4
(3) Definiere An := g ∈ Sn : sgn(g) = 1Behauptung: An ≤ Sn
An heisst alternierende Gruppe
z.B. A3 = e, (123), (132)Beweis:
· g, h ∈ An ⇒ gh ∈ An : sgn(gh) = sgn(g)sgn(h) = 1 · 1 = 1
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Wiederholung:
Gruppe G
G×G→ G(g, h) 7→ gh
e ∈ GG→ G, g 7→ g−1
Axiome:
Bsp.: (1) G = S1 symetrische Gruppe
(2) Z,Q,R Gruppen (Operation Addition)
(3) Q× = Q \ 0, R× = R \ 0 Gruppen (Operation = Multiplikation)
Produkte mit vielen Faktoren:
Sei G eine Gruppe, g1, · · · , gt ∈ GMan definiert induktiv
g1g2 · · · gt := g1(g2 · · · gt) fur t ≥ 2
z.B. g1g2g3g4 := g1(g2(g3g4))
Verallgemeinerte Assoziativitat fur 1 ≤ s < t gilt
(g1 · · · gs)(gs+1 · · · gt) = g1 · · · gt
Beweis: Induktion nach s. Start s = 1: Klar nach Def.
Schritt s ≥ 2: (g1 · · · gs)(gs+1 · · · gt)Def= (g1(g2 · · · gs))(gs+1 · · · gt)
Assoz.= g1((g2 · · · gs)(gs+1 · · · gt))
Induvor= g1(g2 · · · gt)
Def= g1 · · · gt //
G Gruppe, Untergruppe H ≤ GH ⊆ G mit
· ∀g, h ∈ H gh ∈ H· e ∈ H· ∀g ∈ H g−1 ∈ H⇒ H ist in naturlicher Weise eine Gruppe
Bsp.: · Z ≤ Q, Q ≤ R
· −1, 1 ≤ Q×, Q× ≤ R×
· An := g ∈ Sn : sgn(g) = 1 ≤ Sn alternierende Gruppe
(Z,+)
Intermezzo: Division mit Rest
3.2.9 Satz
Seien a,m ∈ Z, m ≥ 1. Dann gibt es eindeutig bestimmte q ∈ Z, r ∈ 0, 1, ...,m− 1 und
a = qm+ r
r heisst der Rest von a bezuglich m
Bez.: a mod m := r
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Beispiel: a = 365, m = 7
365/7 = 52
Divisionsalgorithmus aus der Schule
365 = 52 · 7 + 1 ⇒ 365 mod 7 = 1
Beweis: Existenz: Sei q ∈ Z minimal mit a < (q + 1)m
⇒ qm ≤ a. Setze r := a− qm⇒ 0 ≤ r < m und a = qm+ r
Eindeutigkeit: Sei a = q, m+ r1 = q2m+ r2, ri ∈ 0, 1, ...,m− 1oBdA q2 ≥ q1⇒ 0 ≤ (q2 − q1)m = r1 − r2 ≤ r1 < m
⇒ q2 − q = 0 ⇒ q2 = q1 ⇒ r2 = r1 //
3.2.10 Beispiel
Sei m ∈ Z. Definiere
Hm := a ∈ Z : ∃b ∈ Z a = bm= a : a Vielfaches von m
Dann Hm ≤ Z (trivial)
z.B. H0 = 0, H1 = Z, H2 = ...,−4,−2, 0, 2, 4, ...· Fur m ∈ N∗ ist Hm = H−m unendlich
· Fur m,n ∈ N∗, m 6= n ⇒ Hm 6= Hn
3.2.11 Satz
Jede Untergruppe von Z ist von der Form Hm fur ein m ∈ N
Beweis: Sei H ≤ Z, H 6= 0Sei m := minn ∈ N∗ : n ∈ H⇒ m ∈ HEs gilt Hm ⊆ H (Verwende, dass H ≤ Z)
Umgekehrt sei a ∈ H oBdA a > 0
Division mit Rest ∃q, r ∈ Z
a = qm+ r 0 ≤ r < m
m ∈ ⇒ qm ∈ Ha ∈ H⇒ r = a− qm ∈ H
= a+ (−qm)
Minimalitat von m ⇒ r = 0 Also a = qm ⇒ a ∈ Hm
Haben gezeigt H ⊆ Hm. Es golt H = Hm //
3.2.12 Definition
Sei G eine Gruppe, H ≤ G, g ∈ G
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Die Menge gH := gh : h ∈ H heißt linke Nebenklasse von H bzgl. g (in G)
Analog heißt die Menge Hg := hg : h ∈ H rechte Nebenklasse von H bzgl. g (in G)
3.2.13 Bemerkung
H ist linke und rechte Nebenklasse von H
eH = H = He
Bsp.: G = S3, H = e, (12)eH = H , (12)H = H , (13)H = (13), (13)(12) = (13), (123)(23)H = (23), (132),(123)H = (123), (13), (132)H = (132), (23)Haben drei verschiedenen Linksnebenklassen von H in S3
e, (12) = H, (13), 123), (23), (132)Diese bilden eine Partition von S3 in Teilmengen gleicher Große
3.2.14 Lemma
Sei H ≤ G, a, b ∈ G. Dann aH = bH ⇔ b−1a ∈ H
Beweis: ”⇒” aH = bH ⇒ a = ae ∈ aH = bH
⇒ ∃h ∈ H a = bh
⇒ b−1a = b−1bh = eh = h ∈ H”⇔” Sei b−1a ∈ H Sei h ∈ H
ah = b(b−1a)h ∈ bHEs fehlt aH ≤ bH . Analog bH ⊆ aH //
3.2.15 Beispiel
(1) G = Sn, H = An, g ∈ Sn Dann
gAn =
An falls g ∈ An
Sn \An sonst
(2) Nebenklassen von Hm in Z) !WICHTIG!
G = Z, H = Hm, NK vom Hm = a+Hm fur a ∈ Z
Lemma: a+Hm = b+Hm ⇔ (−b) + a = a− b ∈ Hm
⇔ m teilt a− b
m = 0 Die NK von H0 = 0 sind a fur a ∈ Z
m > 0 (i) Die NK von Hm sind a+Hm fur 0 ≤ a < m
(ii) Gilt a+Hm 6= b+Hm fur 0 ≤ a < b < m
Beweis: (i) Gegben a ∈ Z Schreibe a = qm+ r, 0 ≤ r < m
Dann a− r ∈ Hm ⇒ a+Hm = r +Hm
(ii) Ware a ∈ b+Hm ⇒ b− a ∈ Hm ⇒ m teilt b − a
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Widerspruch zu 0 ≤ b− a < m //
3.2.16 Satz
Sei H ≤ G. Die Menge gh : g ∈ Gder linken Nebenklassen von H ist eine Partition von G in gleichmachtige Teile.
Analog fur rechte Nebenklassen
Die Menge Hg : g ∈ G der rechten Nebenklassen ist gleichmachtig
zur Menge gH : g ∈ G der linken Nebenklassen
Bsp.: G = S3, H = e, (12)Linke NK: H, (13), (123), (23)(132)Rechte NK : H, 13), (132), (23)(123)|G| = q|H |, q = (G : H) heisst Index von H in G
Interessant: |H | teilt |G|
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Wiederholung: G Gruppe, H ≤ G Untergruppe,
fur g ∈ G heißt gH = gh : h ∈ H heißt linke Nebenklasse (analog rechte NK Hg)
3.2.17 Satz
Sei H ≤ G. Die Menge
gH : g ∈ G aller linken Nebenklassen ist eine Partition von G
in gleichmachtige Teilmengen. Analog fur rechte Nebenklassen.
Ferner ist die Menge der rechten Nebenklassen gleichmachtig zu der Menge
der linken Nebenklassen.
Beweis: (i) ∀g ∈ G : gH 6= ∅, da g = ge ∈ gH
(ii) zu zeigen: linke Nebenklassen sind paarweise disjunkt
Seien a, b ∈ G mit aH ∩ bH 6= ∅
Dann existiert c ∈ aH ∩ bH , d.h. ∃h1, h2 ∈ H : c = ah1 = bh2
⇒ b−1a = h2h−11 ∈ H Lemma
= aH = bH
(iii) zu zeigen: linke Nebenklassen uberdecken G, d.h. G =⋃
g∈G gH
Da ”⊇” klar ist, zeigen wir ”⊆”:
Sei g ∈ G. Dann ist g ∈ gH ⊆⋃
g∈G gH
(iv) zu zeigen: Linke Nebenklassen sind gleichmachtig
Seien a, b ∈ G. Definiere ϕ : aH → bH , ah 7→ bh.
ϕ ist wohldefiniert, da c = ah = ah′ mit h, h′ ∈ Ha−1
⇒ h = h′
ϕ ist bijektiv, da ψ : bH → aH , bh 7→ ah
invers zu ϕ, d.h. ϕ ψ = id, ψ ϕ = id
(v) zu zeigen: Die Menge der rechten Nebenklassen ist gleichmachtig zu der Menge
der linken Nebenklassen.
Definiere ϕ : aH : a ∈ G → Hb : b ∈ GaH 7→ Ha−1
ψ : Hb : b ∈ G → aH : a ∈ GHb 7→ b−1H
Dann gilt ϕ ψ = id, ψ ϕ = id, also ϕ bijektiv
[ϕ ψ(Hb) = ϕ(b−1H = H(b−1)−1 = Hb] //
3.2.18 Definition
Eine Gruppe G heißt endlich, falls G als Menge endlich ist.
Man nennt |G| die Ordnung von G.
Sei G endliche Gruppe, H ≤ G. Dann heißt
(G : H) := |gH : g ∈ G| = |Hb : b ∈ G|
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der Index von H in G.
Bez.: Seien m,n ∈ Z Schreibe m|n ⇔ ∃k ∈ Z : n = km
und sagen ”m teilt n”
3.2.19 Satz (Lagrange)
Sei G endliche Gruppe, H ≤ GDann gilt |G| = (G : H) · |H |Insbesondere teilt |H | die Ordnung |G|
Beweis: Sei k := (G : H), g1H, ..., gkH alle linken Nebenklassen von H
Satz ⇒ G = g1H ∪ ... ∪ gkH disjunkte Vereinigung, ∀i : |giH | = |H |
Also: |G| =k∑
i=1
|giH | =k∑
i=1
|H | = k · |H |
3.2.20 Beispiel
(1) Sei m ∈ N, n ≥ 2 Betrachte An ≤ Sn
Linke Nebenklassen von An sind An, Sn \An = (12)An
(fruheres Beispiel)
⇒ (Sn : An) = 2Lagrange⇒ |An| = 1
2 |Sn| = n!2
(2) Alle echten Untergruppen von S3:
Sei HleqS3.Lagrange⇒ |H |||S3| = 6
⇒ |H | ∈ 1, 2, 3, 6 H echte Untergruppe ⇒ |H | ∈ 2, 31. Fall: H enthalt Transoposition t.
⇒ e, t ≤ H Lagrange⇒ 2||H | ⇒ |H | = 2
e, t = H
2. Fall: H enthalt keine Transposition
Da S3 nur e, Transposition und 3-er Zykel enthalt,
muss H einen 3er-Zykel enthalten: z ∈ He, z, z2 ≤ H Lagrange⇒ 3||H | ⇒ |H | = 3⇒ H = e, z, z2die echten Untergruppen von S3 sind also
e, (12), e, (13), e, (23), e, (123), 132)
Erzeugung:
Sei G Gruppe, M ⊆ G Teilmenge
Betrachte H := H : H ≤ G,M ⊆ H [G ∈ H]
3.2.21 Lemma
Es existiert genau ein H0 ⊆ H ,
d.h. H0 ist die kleinste Untergrupper von G, die M enthalt.
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Beweis: existenz: Definiere H0 :=⋂
H∈HH
Dann M ⊆ H0 und H0 ≤ G [prufe!]
⇒ H0 ∈ H. Außerdem: ∀H ∈ H: H0 =⋂
H∈HH ⊆ H ⇒ (∗)Eindeutigkeit: Seien H0, H1 ∈ H mit (∗)
⇒ H0 ⊆ H1, H1 ⊆ H0 ⇒ H0 = H1 //
3.2.22 Definition
Das H0 aus dem Lemma heißt die von M erzeugte Untergruppe von G
Wir schreiben: H0 =< M >
Falls M = g1, ..., gk, dann < g1, ..., gk >=< g1, ..., gk >
3.2.23 Proposition
Sei M ⊆ G. Dann gilt
< M >= g1gn : n ∈ N, ∀i : gi ∈M oder g−1i ∈M
Betrachte: Fur n = 0 ist das ”leere Produkt” = e
Beweis: Sei H1 die rechte Seite
Leicht: H1 ≤ G. Klar: M ⊆ H1 ⇒ H1 ∈ Hzu zeigen: Minimalitat, d.h. (∗)Sei H ∈ H, d.h. H ≤ G, M ⊆ H . Zu zeigen H1 ⊆ HSei g = g1 · · · gn ∈ H1, d.h. ∀i : gi ∈M oder g−1
i ∈M⇒ ∀i : gi ∈ Hh oder g−1
i ∈ H︸ ︷︷ ︸
⇒gi∈H
⇒ g ∈ H
Also H1 ⊆ H .
Notation: G Gruppe, g ∈ G Fur n ∈ Z definere
gn :=
g · · · g︸ ︷︷ ︸
n−mal
, n > 0
1, n = 0
g−1 · · · g−1
︸ ︷︷ ︸
|n|−mal
, n < 0
Beweis: ∀m,n ∈ Z : gn · gm = gn+m (leicht zu prufen)
Korollar: < g >= gn : n ∈ Z
Beweis: Propositon ⇒ < g > = gǫ1 · · · gǫn
︸ ︷︷ ︸
gǫ1+...+ǫn
: n ∈ N, ǫi ∈ ±1
= gn : n ∈ Z //
3.2.24 Bemerkung
< g > ist abelsch: gn · gm = gn+m = gm+n = gm · gn
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3.2.25 Definition
G Gruppe
(1) Eine Teilmenge M ⊆ G erzeugt G
falls < M >= G
(2) G heißt endlich erzeugt, falls eine endliche Teilmenge M ⊆ Gexistiert, die G erzeugt.
(3) G heißt zyklisch, falls ein g ∈ G existiert, mit G =< g >
3.2.26 Definition
Seien G und H Gruppen. G und H heißen isomorph, falls eine Abbildung
ϕ : G→ H existiert mit
(i) ϕ(e) = e
(ii) ∀g, h ∈ G : ϕ(g · h) = ϕ(g) · ϕ(h)
(iii) ϕ bijektiv.
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Mittwoch, 12.12.2007
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· G Gruppe, M ⊆ G< M > von M erzeugte Untergruppe
· G endlich erzeugt: ∃M ⊆ G,
M endlich und G =< M >
· heisst zyklisch: ∃g ∈ GG =< g >=:< g >
Bsp.: (1) M = Nachbartranspositionen ⊆ Sn
M erzeugt Sn
(2) Z ist zyklisch: Z =< 1 >=< −1 >
(3) endliche Gruppen sind endlich erzeugt
(4) (Q,+) nicht endlich erzeugt
(5) (Q×, ·) nicht endlich erzeugt
(6) Sei g ∈ G. Dann ist < g > zyklisch
3.2.27 Korrolar
Eine endliche Gruppe von Primzahlordnung ist zyklisch.
3.2.28 Definition
G Gruppe, g ∈ G. Existiert m ∈ N∗ mit gm = e, so heißt
ord(g) := minn ∈ N∗ : gn = edie Ordnung von g. Andernfalls setzt man ord(g) :=∞
3.2.29 Beispiel
(1) G = (R,+), g ∈ R, g 6= 0 ⇒ ord(g) =∞[mg = 0, m ≥ 1 ⇒ g = 0]
(2) G = (R×, ·) ord(1) = 1, ord(−1) = 2
∀g ∈ R× \ 1,−1 ord(g) =∞(3) z ∈ Sn Zykel der Lange l ⇒ ord(z) = l
(4) G = S7 g = (12)(345) ord(g) = 2 · 3 = 6
h = (12)(3456)ord(h) = 4
3.2.30 Proposition
G Gruppe, g ∈ G(1) Ist ord(g) =∞, so sind die gj fur j ∈ Z paarweise verschieden,
insbesondere ist gj, j ∈ Z unendlich
(2) Ist ord(g) = m, so ist
< g >= e, g, g2, ..., gm−1, | < g > | = m
Beweis: (1) Sei gi = gj fur i < j
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Mittwoch, 12.12.2007
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⇒ gi = gj = gi+j−i = gigj−i
⇒ e = g−igi = g−igigj−i = gj−i
⇒ ord(g) <∞(2) H := e, g, g2, ..., gm−1Beh.: H ≤ G
(1) e ∈ H(2) g−i = eg−i = gmg−i = gm−i fur 1 ≤ i < m⇒ g−i ∈ H(3) 0 ≤ i, j < m Falls i+ j < m ⇒ gigj = gi+j ∈ H
Falls i+ j ≥ m ⇒ gigj = gi+j = gi+j−m ∈ Hda 0 ≤ i+ j −m < m
Es folgt < g >⊆ H und Da H ⊆< g >
⇒ < g >= H
Noch z.z.: gj fur o ≤ j < m sind paarweise verschieden
Sonst: gi = gj 0 ≤ i < j < m
e = g0 = g−igi = g−igj = gj−i, 1 ≤ j − i < m
Widerspruch zur Minimalitat von m.
3.2.31 Korrolar
Sei G endlich, g ∈ G. Dann
(1) ord(g) = | < g > | und ord(g) teilt |G|(2) g|G| = e
Beweis: (1) ord(g) = | < g > | wegen Proposition
Lagrange ⇒ | < g > | teilt |G|(2) Sei |G| = k · ord(g) ⇒ g|G| = gk·ord(g) = (gord(g))k = ek = e //
3.3 Homomorphismen
Sei g ∈ G, ord(g) =∞ (z.B. G = R, g = 7)
Dann habe Bijektion
ϕ : Z→< g >, j 7→ gj
Es gilt:
ϕ(i)ϕ(j) = gigj = gi+j = ϕ(i+ j)
fur alle i, j ∈ Z. Nenne ϕ Gruppenisomorphismus
3.3.1 Definition
Seien G,H Gruppen
(1) Eine Abbildung ϕ : G→ H heißt Gruppenhomomorphismus (oder Homomorphismus
oder noch kurzer Morphismus), falls
∀a, b ∈ G ϕ(a · b) = ϕ(a) · ϕ(b)
(2) Ein Morphismus ϕ heißt Isomorphismus (kurz Iso),
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Mittwoch, 12.12.2007
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falls ϕ bijektiv
(3) Zwei Gruppen G und H heißen isomorph, falls
∃ϕ ϕ : G→ H , ϕ Iso
Bez.: G ≃ H(4) Ein Isomorphismus ϕ : G→ G heißt Automorphismus
3.3.2 Lemma
Sei ϕ : G→ H ein Morphismus, dann
(1) ϕ(eG) = eH
(2) ∀a ∈ G ϕ(a−1) = ϕ(a)−1
Beweis: (1) eGeG = eG ⇒ ϕ(eG)ϕ(eG) = ϕ(eGeG) = ϕ(eG)
⇒ ϕ(eG) = e //
(2) aa−1 = e
⇒ ϕ(a)ϕ(a−1) = ϕ(aa−1) = ϕ(e) = e
⇒ ϕ(a)−1 = ϕ(a−1) //
3.3.3 Bemerkung
1) id : G→ G Automorphismus
2) H ≤ G, Inklusion H → G, g 7→ g ist Morphismus
3) ϕ : G→ H Morphismus und ψ : H → K Morphismus
⇒ ψ ϕ : G→ K ist Morphismus
4) ϕ : G→ H Iso ⇒ ϕ−1 : H → G Iso
5) G ≃ G, G ≃ H ⇒ H ≃ GG ≃ H , H ≃ K ⇒ H ≃ K
3.3.4 Beispiele
(1) Sei g ∈ G Dann ist
ϕ : Z→ G, j 7→ gj ein Morphismus
[ ϕ(j + k) = ϕ(j)ϕ(k), d.h.
gj+k = gj · gk ”Potenzgesetz”]
(2) Sei m ∈ Z Dann ist Z→ Z, a 7→ ma ein Morphismus
(3) sgn : Sn → −1, 1︸ ︷︷ ︸
Gruppe·
g 7→ sgn(g) ist Morphismus
sgn(gh) = sgn(g)sgn(h)
3.3.5 Bemerkung
ϕ : G→ H Morphismus
(1) F ≤ G ⇒ ϕ(F ) ≤ HBeweis:
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Vorlesung 15
Mittwoch, 12.12.2007
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1) e = ϕ(e) ∈ ϕ(F )
2) a ∈ F ϕ(a)−1 = ϕ(a−1) ∈ ϕ(F ), da a−1 ∈ F3) a, b ∈ F ⇒ ab ∈ F Also ϕ(a)ϕ(b) = ϕ(ab) ∈ ϕ(F ) //
Insbesondere F = G
imϕ := ϕ(G) ≤ H(2) K ≤ H ⇒ ϕ−1(K)
︸ ︷︷ ︸
a∈G:ϕ(a)∈K
≤ G
Insbedonere kere = ϕ−1(e) = a ∈ G : ϕ(a) = e ≤ Gheißt Kern in ϕ
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Donnerstag, 13.12.2007
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Wiederholung:
Gruppen G,H
ϕ : G→ H heißt Morphismus, falls
∀g1, g2 ∈ G ϕ(g1 · g2) = ϕ(g1) · ϕ(g2)
ϕ Isomorphismus, falls ϕ bijektiv
Bsp.: (1) sgn : Sn → −1, 1 Morphismus
ker(sgn) = An ≤ Sn
(2) R>0 = a ∈ R : a > 0 ≤ R× mult. Gruppe
R additive Gruppe
Beh.: (R,+) und (R>0, ·) sind isomorph!
Suche ϕ : R→ R>0 bijektiv
∀a, b ∈ R ϕ(a+ b) = ϕ(a) · ϕ(b)
Nehmen ϕ(a) = 2a Exponentialfunktion
Es gilt 2a+b = 2a · 2b
Umkehrabbildung: ϕ−1 : R>0 → R, x 7→ log2x
log2(x · y) = log2x+ log2y
Allgemein: Sei ϕ : G→ H Morphismus
Dann
ker(ϕ) := g ∈ G : ϕ(g) = e Kern
im(ϕ) := ϕ(g) : g ∈ G Bild
3.3.6 Lemma
Sei ϕ : G→ H Morphismus. Dann
ϕ injektiv ⇔ ker(ϕ) = e
Beweis: ”⇒” klar
”⇐” Sei ker(ϕ) = eSei ϕ(a) = ϕ(b)
⇒ e = ϕ(a)ϕ(a)−1
= ϕ(b)ϕ(a)−1
= ϕ(b)ϕ(a−1)
= ϕ(ba−1)
⇒ ba−1 ∈ ker(ϕ)
⇒ ba−1 = e
⇒ b = a
Also ϕ injektiv //
3.3.7 Bemerkung
(1) ϕ : G→ H Morphismus ⇒ ∀n ∈ N, ai ∈ G ϕ(a1a2...an) = ϕ(a1)...ϕ(an)
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Insbedonere ϕ(an) = ϕ(a)n fur n ∈ Z, a ∈ G
(2) ”Gruppentheoretische Eigenschaften” einer Gruppe G bleiben bei Ubergang
zu einer ismorphen Gruppe erhalten.
Bsp.: z.B. G ≃ G′,
G abelsch ⇔ G′ abelsch
G zyklisch ⇔ G′ zyklisch
3.4 Faktorgruppen
Sei G abelsch,
H ≤ G ⇒∀g ∈ G gH = Hg
3.4.1 Satz
G abelsch, H ≤ G. Die Menge der Nebenklassen
G|H := gH : g ∈ Gist eine Gruppe bzgl. der Multiplikation
(aH, bH) 7→ abH ,
Neutralelement H und Inverses
aH 7→ a−1H
Weiterhin ist ϕ : G→ G|H , a 7→ aH
ein surjektiver Morphismus mit Kern H
Beweis: (1) Multiplikation wohldefiniert:
zu zeigen: aH = a1H und bH = b1H
⇒ abH = a1b1H
Erinnerung: aH = a1H ⇔ a−11 a ∈ H
Haben a−11 a ∈ H , b−1
1 b ∈ Hb−11 a−1
1 ab = a−11 ab−1
1 b ∈ Hzu zeigen ist:
b−11 a−1
1 ab = (a1b1)−1ab ∈ H
(2) Inverse wohldefiniert: analog
(3) Die Abbildung ϕ : G→ G|H , a 7→ aH erfullt
ϕ(ab) = ϕ(a) · ϕ(b) fur alle a, b ∈ G[abH = aH · bH ]
(4) ϕ surjektiv mit Kern H : surjektiv klar
a ∈ ker(ϕ) ⇔ ϕ(a) = H ⇔ a ∈ H
(5) G|H ist eine Gruppe a, b, c ∈ GAssoziativitat: (ϕ(a)ϕ(b))ϕ(c) = ϕ(ab)ϕ(c)
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= ϕ((ab)c) = ϕ(a(bc)) = ϕ(a)ϕ(bc)
= ϕ(a)(ϕ(b)ϕ(c))
Neutralelement: ϕ(a)ϕ(e) = ϕ(ae) = ϕ(a) = ϕ(ea) = ϕ(e)ϕ(a)
ϕ(e) = H
Inverse wohldefiniert: analog
G|H heisst Faktorgruppe von G nach H ,
ϕ : G→ G|H heisst kanonischer Morphismus
3.4.2 Bemerkung
(1) Da G als abelsch vorrausgesetzt wurde, verwende in der Regel die additive Schreibweise
G|H = g +H : g ∈ Gϕ : G→ G|H , g 7→ g +H
(2) 0 ≤ GG|0 = g + 0 : g ∈ G = g : g ∈ Gϕ : G→ G|0, g 7→ g Isomorphismus
(3) G|G = G, ϕ : G→ G|G, g 7→ G
3.4.3 Beispiel
!!! WICHTIG !!!
G = Z, H = Hm =< m >= Vielfaches von mWissen bereits Z|Hm
= a+ < m >: 0 ≤ a < mZ|Hm
ist eine Partition von Z in gleichmaaßige Teile
m = 5 Z|<5> = < 5 >, 1+ < 5 >, 2+ < 5 >, 3+ < 5 >, 4+ < 5 >Die Nebenklasse a+ < m > wird eindeutig reprasentiert durch a ∈ N mit a < m
Wie wird in der Faktorgruppe Z|<m> gerechnet?
Neutralelement: < m >
Inverses: −(a+ < m >) = −a+ < m >= m− a+ < m >
Addition: (a+ < m >) + (b+ < m >)
= a+ b+ < m >
= (a+ b−m)+ < m >
Z|<m> heißt Restklassengruppe modulo m
Wir setzen Zm := 0, 1, 2, ...,m− 1 und identifizieren die Restklassengruppe Z|<m>
mit Zm via der Bijektion
: Zm → Z|<m>, a 7→ a+ < m >
Definiere eine Gruppe auf Zm, so dass ein Gruppenisomorphismus wird.
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Konkret: a+ b :=
a+ b falls a+ b < m
a+ b−m falls a+ b ≥ m−a := m− a0 := 0
Bsp.: Z5 = 0, 1, 2, 3, 43 + 4 = 2
2 + 2 = 4
−3 = 2
4 + 4 = 8 in Z, 8 = 1 · 5 + 3
4 + 4 = 3 in Z5
Additionstabelle fur Z5
0 1 2 3 4
0 0 1 2 3 4
1 1 2 3 4 0
2 2 3 4 0 1
3 3 4 0 1 2
4 4 0 1 2 3
Die Abbidlung Z→ Zm
a 7→ a mod m
ist ein surjektiver Morphismus mit Ker < m >
Bei uns bezeichnet a mod m den Rest von a
bei Division durch m ≥ 1
a = qm+ r, 0 ≤ r < m
a mod m := r
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Meine ”Lieblingssatze” in Lineare Algebra I
Cantor, Schroder-Bernstein, Signum ist Gruppenhomomorphismus (sgn(gh) = sgn(g) sgn(h)
Satz von Lagrange,
4 Ringe und Korper
4.1 Ringe
4.1.1 Definition
Ein Monoid (oder Halbgruppe) ist eine Menge S zusammen mit einer
binaren Operation
S × S → S, (a, b) 7→ ab (Multiplikation)
und einem ausgezeichnetem Element e ∈ S so dass gilt
(1) ∀a, b, c ∈ S (ab)c = a(bc)
(2) ∀a ∈ S ae = ea = a
S heisst Kommutativ, falls ∀a, b ∈ S ab = ba
4.1.2 Bemerkung
· Neutralelement ist durch Multiplikation eindeutig bestimmt
· Definiere wie bei Gruppen a1 a2 ... an
Dann (a1 · · ·an)(b1 · · · bn) = a1 · · · anb1 · bn
4.1.3 Definition
H heisst Unterring von S, falls H ⊆ S, e ∈ H ,
∀a, b ∈ H ab ∈ H
4.1.4 Bemerkung
H ist in naturlicher Weise ein Monoid
4.1.5 Definition
Seien S, S′ Monoide. Ein Morphismus von S nach S′ ist eine Abbildung
ϕ : S → S′ mit ∀a, b ∈ § ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b)
und ϕ(e) = e
4.1.6 Beispiel
(1) Jede Gruppe ist ein Monoid
(2) Sei M Menge, S := MM : f : f : M →M Abb.
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Multiplikation = Komposition, Neutralelement = idM
Dann ist S ein Monoid
S ist keine Gruppe (strenggenommen: nicht zu Gruppe erweiterbar,
da nicht alle f bijektiv sind)
(3) (N,+, 0) ist Monoid, aber keine Gruppe
(4) (N, ·, 1) ist Monoid, aber keine Gruppe
(5) Bei der Definition von Morphismus darf ϕ(e) = e nicht weggelassen werde.
Bsp.: ϕ : N→ N, a 7→ 0
erfullt ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b), aber ϕ(1) = 0 6= 1
(6) Wichtiges Beispiel: Sei X Menge, z.B. X = a, b, ..., zeine endliche Folge aus X ist ein n-Tupel
(x1, ..., xn), n ∈ N, xi ∈ X (Fur n = 0 haben ”leeres Wort” ∅)
Multiplikation: (x1, ..., xn)(y1, ..., ym) := (x1, ...xn, y1, ..., ym)
Konkatenation
Neutralelement ∅: S ist ein Monoid
nicht kommutativ: stammbaum 6= baumstamm
Sprachweise: X Alphabet. Wort aus X := endliche Folge aus X
S Monoid der Worte aus X
4.1.7 Definition
Ein Ring ist eine Menge A mit zwei binaren Operationen +, ·zwei ausgezeichneten Elementen 0, 1
einer einstelligen Operation − so dass gilt:
(1) (A,+, 0,−) ist abelsche Gruppe
(2) (A, ·, 1) ist Monoid
(3) ∀a, b, c ∈ A a(b + c) = ab+ ac
(b + c)a = ba+ ca
(Distributivgesetze)
A heisst kommutativ, wenn (A, ·, 1) kommutativ Monoid ist, d.h.
∀a, b ∈ A ab = ba
4.1.8 Bemerkung
(1) (A,+, 0,−) heisst additive Gruppe von A
(A, ·, 1) heisst multiplikatives Monoid von A
(2) Es gelten verallgemeinterte Distributivgesetze
a(b1 + ...+ bn) = ab1 + ...+ abn(b1 + ...+ bn)a = b1a+ ...+ bna
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(3) ∀a ∈ A a · 0 = 0 · aBeweis: a · 0 = a · (0 + 0) = a · 0 + a · 0
0 = a0 + (−a0) = a0 + a0 + (−a0) = a0
Analog 0a = 0
(4) ∀a, b ∈ A a · (−b) = (−a)b = −(ab)
Beweis: 0 = 0b = (a+ (−a)) · b = ab+ (−a)b⇒ −(ab) = (−a)bAnalog: a(−b) = −(ab)
(5) Man definiert die Subtraktion:
a− b := a+ (−b)Dann gilt: (a− b)c = ac− bc, c(a− b) = ca− cb
4.1.9 Definition
(i) Sei A Ring, B ⊆ AB heisst Unterring, falls B Untergruppe von (A,+, 0,−) und
B Untergruppe von (A, ·, 1).
D.h. · ∀a, b ∈ B a+ b, ab ∈ B· 0, 1 ∈ B· ∀a ∈ B −a ∈ B
B ist dann in naturlicher Weise ein Ring.
(ii) Seien A, C Ringe. Ein Ringmorphismus von A nach C
ist eine Abbildung ϕ : A→ C so dass ϕ Morphismus fur die additiven Gruppen
und multiplikativen Monoide wird d.h.
∀a, b ∈ A
ϕ(a+ b) = ϕ(a) + ϕ(b)
ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b)//ϕ(1) = 1
4.1.10 Beispiel
Z kommutativer Ring
Q kommutativer Ring
R kommutativer Ring
Inklusion Z → Q Ringmorphismus
Z ⊆ Q
Q ≤ R Unterringe
Erinnerung an Faktorgruppen und Restlassengruppen
Gruppe Z, Untergruppe < m >≤ Z
Restklassengruppe Z|<m> = a+ < m >: a ∈ ZOperation: (a+ < m >) + (b+ < m >) := (a+ b)+ < m >
Z→ Z|<m> surjektiver Gruppenmorphismus mit Ker < m >. |Z|<m>| = m
a 7→ a+ < m >
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Zm := 0, 1, 2, ...,m− 1; Zmbijektiv→ Z|<m> definiere Addition auf Zm,
so dass α Gruppenisomorphismus wird.
a 7→ a+ < m >
Z5 = 0, 1, 2, 3, 42 + 2 = 4, 2 + 3 = 0
3 + 3 = 1, −2 = 3
Neu 2 · 2 = 4, 2 · 3 = 1
3 · 3 = 4 = −1
4.1.11 Satz
Sei m ∈ N, m ≥ 2 Die Menge Zm = 0, 1, ...,m− 1 mit der additiven Strucktur
(a, b) 7→ (a+ b) mod m
a 7→ (−a) mod mund der multiplikativen Strucktur
(a, b) 7→ (ab) mod m
ist ein kommutativer Ring. Die Abbildung ρ : Z→ Zm, a 7→ a mod m
ist ein surjektiver Ringmorphismus mit Ker < m >
Beweis: Aussage ist bezuglich der additiven Strucktur bereits bekannt
(i) (Zm, ·, 1) ist kommutativer Monoid
zeige: a mod m = a1 mod m
b mod m = b1 mod m
⇒ (ab) mod m = (a1b1) mod m
[Sei a− a1 = km, b− b1 = lm ⇒ab− a1b1 = ab− a1b + a1b− a1b1
= (a− a1)b + a1(b− b1)= kmb+ a1lm = (kb+ a1l)m]
Es folgt ∀a, b ∈ Z ρ(ab) = ρ(a)ρ(b)
ρ(1) = 1 ist klar
ρ erfullt die Eigenschaft eines Ringmorphismus
4.1.12 Bemerkung
(a+ b) mod m =
a+ b falls a+ b ≤ ma+ b−m sonst
(−a) mod m =
0 falls a = 0
m− a sonst
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Ring A
(A,+, ,−) abelsche Gruppe
(A, ·, 1) multi. Monoid
⇒ Distributizgesetz
z.B. Z, Q, R
Zm = 0, 1, ...,m− 1 m ∈ N, m ≥ 2
a+ b := (a+ b) mod m fur a, b ∈ Zm
a · b := (a · b) mod m 0 = 0
−a := (−a) mod m 1 = 1
Beh.: · Zm ist ein kommutativer Ring bzgl. +, ·· ρ : Z→ Zm, a 7→ a mod m ist surektiver Ringmorphismus
Beweis: Weiss ∀a, b ∈ Z ρ(a+ b) = ρ(a) + ρ(b)
Beh.: ∀a, b ∈ Z ρ(a · b) = ρ(a) · ρ(b)Beweis: (Beh.:) Wissen: a mod m = a1 mod m
b mod m = b1 mod m∗⇒ (ab) mod m = (a1b1) mod m
Sei a1 := a mod m = ρ(a), b1 := b mod m = ρ(b)
ρ(ab) = (ab) mod m∗= (a1b1) mod m = (ρ(a)ρ(b)) mod m = ρ(a) · ρ(b) // (Beh)
⇒ ρ erfullt die Axiome einer Ringmorphismus
(aber noch nicht gezeigt, dass Zm Ring ist)
Zm ist ein kommutativer Ring
Distributivgesetz x · (x + z) = x · y + x · z fur x, y, z ∈ Zm
ρ surektiv ⇒ ∃a, b, c ∈ Z x = ρ(a), y = ρ(b), z = ρ(c)
ρ(a) · (ρ(b) + ρ(c)) = ρ(a) · ρ(b+ c) = ρ(a(b + c))
= ρ(a · b+ a · c) = ρ(a · b) + ρ(a · c)= ρ(a) · ρ(b) + ρ(a) · ρ(c)
Analog zeigt man Assoziativgesetz x · (y · z) = (x · y) · zKommutativgesetz x · y = y · x
⇒ alles gezeigt
4.1.13 Beispiel
(1) Rechnen in Z11
7 · 8 = 1, 3 · 9 = 5
(2) (516 + 3 · 54 − 2 · 52) mod 7 =?
= ρ(516 + 3 · 54 − 2 · 52) = ρ(5)16︸ ︷︷ ︸
=2
+ ρ(3) · ρ(5)4︸ ︷︷ ︸
=6
− ρ(2) · ρ(5)2︸ ︷︷ ︸
=1
in Z7 52 = 4 3 · 54 = 3 · 2 = 6
54 = 42 = 2 2 · 52 = 2 · 4 = 1
58 = 22 = 4
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516 = 42 = 2
Schreibweise: Statt a mod m = b mod m schreibt man meist
a ≡ b mod mDies definiert eine Aquivalentklasse auf Z, der Aquivalenzklassen
gerade die Nebenklassen von < m > sind!
(3) Multiplikations-Tafel von Z6
· 0 1 2 3 4 5
0 0 0 0 0 0 0
1 0 1 2 3 4 5
2 0 2 4 0 2 4
3 0 3 0 3 0 3
4 0 4 2 0 4 2
5 0 5 4 3 2 1
2 · 3 = 0, 2 6= 0, 3 6= 0
Nullteiler von Z6: 2, 3, 4
(4) Multi.-Tafel von Z5 keine Nullteiler
Z5 ist ein Integritatsbereich
4.1.14 Definition
Sei A ein kpmmutativer Ring
(1) a ∈ A heisst Nullteiler, falls a 6= 0 und ∃b 6= 0 ab = 0
(2) A heisst Integritatsbereich, falls A keinen Nullteiler hat und A 6= ∅
4.1.15 Bemerkung
In Integritatsbereichen kann man ”Kurzen”, d.h.
ac = bc, c 6= 0 ⇒ a = b
Grund: ac = bc ⇒ (a− b)c = 0 ⇒ a− b = 0
c kein Nullteiler
4.1.16 Beispiel
Z, Q, R Integritatsbreiche
4.2 Exkurs uber ganze Zahlen
Teilbarkeit in Z, a, b ∈ Z
a|b ”a teilt b” :⇔ ∃c ∈ Z ac = b
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4.2.1 Regeln
Fur alle a, b, c ∈ Z gilt
1|aa|0a|b und b 6= 0 ⇒ |a| ≤ |b|a|b und b|c ⇒ a|ca|b und b|a ⇒ a = ±b0|a ⇔ a = 0
a|1 ⇔ a = ±1
a|b und a|c und x, y ∈ Z ⇒ a|(xb+ yc)
4.2.2 Definition
Eine Zahl p ∈ N heisst Primzahl, falls p genau zwei positivie Teiler hat.
Nichtprimzahlen heissen zusammengesetzt
4.2.3 Satz
jede positive ganze Zahl a ist ein Produkt von Primzahlen
(1 = leeres Produkt)
Beweis: Induktion nach n n = 1, 2 klar
Schritt: n ≥ 2 ObdA n zusammengesetzt Etwa n = ab, 1 < a, b < n
Indu’Vor ⇒ ∃ Zerlegung a = p1 · · · pr, b = q1 · · · qs, pi, qj prim
n = ab = p1 · · · prq1 · · · qs //
4.2.4 Großter gemeinsamer Teiler (ggT)
Sei a, b ∈ N∗
T := x ∈ N∗ : x|a und x|bSei d das maximale Element von T , d ist der großte gemeinsame Teiler von a, b
Bez.: d = ggT (a, b)
4.2.5 Satz
(1) ∃u, v ∈ Z d = ua+ vb
(2) T = x ∈ N∗ : x|d d.h.,
∀x ∈ N∗ (x|a und x|b ⇔ x|d)
Beweis: (1) Sie d∗ das minimale Element von
I := x ∈ N∗ : ∃u′, v′ ∈ Z x = u′a+ v′bEtwa d∗ = ua+ vb Division mit Rest
d∗ = qa+ r, 0 ≤ r < a
⇒ r = d∗ − qa = (u− q)a+ vb ∈ I
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Fortsetzung folgt im nachsten Jahr!
Berechnen des ggTs mit euklidischem Algorithmus
4.2.6 Beispiel
a = 600, b = 237 ggT (600, 237) = ggT (237, 126)
600 = 2 · 237 + 126 = ggT (237, 126) = ggT (126, 111)
b = 237 = 1 · 126 + 111 ...
126 = 1 · 111 + 15 ...
111 = 7 · 15 + 6 ...
15 = 2 · 6 ...
6 = 2 · 3 + 0 ggT (6, 3) = ggT (3, 0) = 3
4.2.7 Bemerkung
a = qb+ r Dann
ggt(a, b) = ggt(b, r)
Beweis: x|a ∧ x|b⇔ x|b ∧ x|r
Suchen u, v ∈ Z mit ua+ vb = d = 3
126 = a− 2b erweiterer euklidischer Algorithmus
111 = b− 126 = b− (a− 2b) = −a+ 3b
15 = 126− 111 = (a− 2b)− (−a+ 3b) = 2a− 5b
6 = 111− 7 · 15 = (−a+ 3b)− 7(2a− 5b) = −15a+ 38b
3 = 15− 2 · 6 = (2a− 5b)− 2 · (−15a+ 38b) = 32a− 81b
Ergebnis: 3 = ggT (600, 237) = 32 · 600− 81 · 237, v = −81
u = 32
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Beweis zur letzten Vorlesung
a, b ∈ N∗ T := x ∈ N∗ : x|a ∧ x|bd := maxT = ggT (a, b)
4.2.8 Satz
(1) ∃u, v ∈ Z d = ua+ vb
(2) T = x ∈ N∗ : x|d, d.h.
∀x ∈ N∗ (x|d ⇔ x|a ∧ x|b)
Beweis: zu (1) I := x ∈ N∗ : ∃u, v ∈ Z : x = ua+ vbd∗ := minI Etwa d∗ = ua+ vb zu zeigen: d = d∗
· d ≤ d∗: x ∈ T ⇒ x|a ∧ x|b ⇒ x|d∗ ⇒ x ≤ d∗Also d = maxT ≤ d∗
· d∗ ∈ T : Division mit Rest
a = qd∗ + r, 0 ≤ r < d∗
r = a− qd∗ = a− q(ua+ vb)
= (1− qu)a− qubMinimalitat von d∗ ⇒ r = 0 (sind r ∈ I r < d∗)
Also d∗|aAnalog d∗|b Also d∗ ∈ TEs folgt d = d∗
zu (2) x|a ∧ x|b ⇒ x|dx|d ⇒ x|a ∧ x|b //
4.2.9 Bemerkung
Berechnung von u, v in (1) geht effizient mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus
4.2.10 Definition
a, b ∈ N∗ heissen teilerfremd, wenn ggT (a, b) = 1
4.2.11 Korrolar
ggT (a, b) = 1 ⇒ ∃u, v ∈ Z ua+ vb = 1
4.2.12 Korrolar
Sei p Primzahl, a, b ∈ Z
p|(ab) ⇒ p|a oder p|b
Beweis: oBdA a, b ∈ N∗. Zeigen Kontraposition
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Sei p † a und p † b Dann ggT (p, a) = 1, ggT (p, b) = 1
Korrolar⇒ ∃u, v, u′, v′ ∈ Z
1 = up+ va, 1 = u′p+ v′b
⇒ 1 = (up+ va)(u′p+ v′b) = (uu′p+ uu′b+ vau′)p+ vv′(ab)
⇒ p † (ab) (sonst p|1 ) //
4.2.13 Hauptsatz der elementaren Zahlentheorie
Jedes n ∈ N∗ hat eine bis auf die Reihenfolge eindeutige Produktzerlegung in Primzahlen:
n = p1 · · · pr = q1 · · · qs, pi, qj Primzahlen
⇒ r = s und ∃σ ∈ Sr ∀i pi = qσ(i)
Beweis: Existenz: bereits gezeigt (Kummer)
Eindeutigkeit: mit Induktion nach r
Start: r = 0 ⇒ n = 1 ⇒ s = 0√
Schritt: r ≥ 1 pr|n∗ ⇒ ∃j pr|qj (∗ p prim, p|(a1...an) ai ∈ Z ⇒ ∃ip|ai)
oBdA j = s (Vertausche Reihenfolge der q, ..., qs)
p1 · · · pr−1pr = q1 · · · qs−1pr ⇒ p1 · · · rr−1 = q1 · · · qs−1
Verwende Induvor: r − 1 = s− 1 ⇒ (r = s) ... //
4.3 Korper
4.3.1 Definition
Sei A ein Ring a ∈ A heisst Einheit, falls ∃b ∈ A ab = ba = 1
4.3.2 Bemerkung
b ist dann eindeutig bestimmt und heisst (multiplikative) Inverse von a: b =: a−1
[ ab1 = b1a = 1 ∧ ab2 = b2a = 1 ⇒ b1 = b1(ab2) = (b1a)b2 = b2 ]
4.3.3 Satz
A× = a ∈ A : a Einheit ist ein Untermonoid des multiplikativen Monoids von A
und ist eine Gruppe (Einheitsgruppe)
Beweis: (1) A× Untermonoid: 1 ∈ A×
a, c ∈ A× ⇒ ac ∈ A× [ (ac)(c−1a−1 = a(cc−1)a−1
= aa−1 = 1
(c−1a−1)(ac) = 1]
(2) A× Gruppe, Inversenoperation a 7→ a−1 //
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Vorlesung 19
Mittwoch, 09.01.2008
Michael Habermann
4.3.4 Definition
Ein Schiefkorper ist ein Ring K mit K× = K \ 0Ein Korper ist ein kommutatirver Schiefkroer K× heisst multiplikative Gruppe von K
4.3.5 Bemerkung
· K× ⊇ K \ 0 bedeutet: ∀a ∈ K (a 6= 0 ⇒ a Einheit)
· K× ⊆ K \ 0 bedeutet K 6= 0 (⇔ 0 6= 1) [Ubung]
4.3.6 Bemerkung
Sei A 6= 0 kommutativer Ring, a ∈ Aa Einheit ⇒ a kein Nullteiler
( a ∈ A× ac = 0 ⇒ c = (a−1a)c = a−10 = 0
⇒ a kein Nullteiler )
⇒ Jeder Korper ist ein Integritatsbereich
4.3.7 Beispiele
(1) Z× = 1,−1 Z ist kein Korper
(2) Q× = Q \ 0 Q ist Korper
(3) R× = R \ 0 R ist Korper
Untersuchen die Restklassen Zm auf Einheiten und Nullteiler
4.3.8 Satz
Sie m ∈ N, m ≥ 2, a ∈ Zm, a 6= 0
(1) a ∈ Z×m ⇔ ggT (a,m) = 1
(2) a Nullteiler ⇔ ggT (a,m) > 1
Also haben disjunkte Zerlegung
Zm = Z×m ∪ a : a Nullteiler ∪ 0
Beweis: · Sei ggT (a,m) = 1 Dann ∃u, v ∈ Z
1 = ua+ vm. Wende Ringmorphismus ρ : Z→ Zm, x 7→ x mod m an
Also 1 = ρ(1) = ρ(ua+ vm) = ρ(u)ρ(a) + ρ(v)ρ(m)
= ρ(u) · a⇒ a ∈ Z×
m
· d = ggT (a,m) > 1 Dannmd∈ N, m
d< m ⇒ 0 6= m
d∈ Zm
a · md
= ad·m in Z
aZm· m
d= 0 in Zm
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Also a = 0 oder a Nullteiler
a ∈ Zm \ 0 : ggT (a,m) = 1 ⊆ Z×m ⊆ Zm \ 0
a ∈ Zm \ 0 : ggT (a,m) > 1 ⊆ a ∈ Zm : a Nullteiler ⊆ Zm \ 0V ereinigung dieser disjunkten Mengen ist Zm \ 0
4.3.9 Beispiele
m = 600, a = 539 539−1 =? in Z600
EEA ⇒ 1 = −53 · 600 + 59 · 539 in Z
⇒ 1 = 59 · 539 in Z600 ⇒ 539−1 = 59
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4.3.10 Beispiel
(1) Ring Z12, Einheitsgruppe Z×12
Multiplikations-Tabelle
· 1 5 7 11
1 1 5 7 11
5 5 1 11 7
7 7 1 11 5
11 11 7 5 1
∀a ∈ Z×12 a
2 = 1 (”Diagonale”)
⇒ Z×12 nicht zyklisch
(2) Z×11 = 1, 2, .., 10 = Z11 \ 0 Einheitsgruppe
Z11 ist ein Korper
a = 2 Ordnung um a in Z×11?
(k 1 2 3 4 5 ... 8 9 10
ak 2 4 8 5 10 ... 3 6 1
)
ord(2)|10 ⇒ ord(2) = 10
Z×11 ist zyklisch und zwar erzeugt von a = 2
4.3.11 Korrolar
Sei m ∈ N, m ≥ 2 Aquivalent sind
(1) Zm Korper
(2) Zm Integritatsbereich
(3) m Primzahl
Beweis: (1) ⇒ (2): klar
(2) ⇒ (3): Kontraposition: Sei m = ab a, b < m
⇒ a · b = 0 in Zm a, b 6= 0 in Zm
⇒ a Nullteiler
(3) ⇒ (1): Sei m prim, a ∈ Zm, a 6= 0
ggT (a,m) = 1,m ⇒ ggT (a,m) = 1
⇒ a ∈ Z×m. //
4.3.12 Bemerkung
Die Zm mit m prim heissen endliche Primkorper
4.3.13 Satz (Kleiner Fermatischer Satz)
Sei p eine Primzahl, a ∈ Z×p
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Dann ap−1 = 1 in Zp
Anders formuliert: p prim, a ∈ Z, p † a⇒ ap−1 mod p = 1
Beweis: G eindliche Grupp, g ∈ G ⇒ g|G| = e (∗)Hier G = Z×
p = Zp \ 0⇒ |Z×
p | = p− 1
(∗) ⇒ ap−1 = 1 fur a ∈ Z×p //
4.3.14 Beispiel
(1) 802 in Z×11? Kleiner Fermat ⇒ 810 = 1 in Z11
892 = 89·10+2 = (810)9 · 82 = 19 · 82 = 9 in Z11
(2) Welcher Wochentag ist in 2473198 Tage?
2473198 mod 7 = (247 mod 7)3198 = 23198 = (26)533 = 1533 = 1
Kleiner Fermat 26 = 1 in Z7
3198 = 533 · 6Heute ist Donnerstag. Dann ist Freitag
4.4 Korper der komplexen Zahlen
4.4.1 Motivation
Z Z x+ b = 0
Z Q ax = b, a 6= 0
Q R Supremum
R C x2 = b [0.2cm] Wollen, dass x2 = −b fur b > 0 eine Losung hat.
Genugt eine Losung i der Gleichung i2 = −1 zu haben.
( (i ·√b)2 = i2 · b = −b) Nehmen an, wir hatten einen Korper K mit
R ⊆ K Unterring, i ∈ K, i2 = −1
(a+ ib) + (c+ id) = (a+ c) + i · (b+ d)
(a+ ib) · (c+ id) = (ac− bd) + i(ad+ bc)
Die Menge K0 := a+ ib : a, b ∈ R ist ein Unterring von K
Ferner (a+ ib)( aa2+b2
− i · ba2+b2
= (a+ib)(a−ib)a2+b2
= a2+b2
a2+b2= 1
Also hat jedes x ∈ K0, x 6= 0 eine multiplikaive Inverse in K0
⇒ K0 ist ein Korper. Man sagt K0 ist ein Unterkorper von K
Schreibweise eindeutig: a+ ib = a′ + ib′, a, b, c, d inR
⇒ a = a′, b = b′
( i(b− b′) = a′ − a. Ware b 6= b′ ⇒ b− b′ 6= 0
⇒ i = a′−ab−b′
∈ R da i2 = −1, Also b = b′ ⇒ a = a′)
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K0 ist der kleinste Unterkorper von K der R und i enthalt.
4.4.2 Konstruktion von C
Definiere C := R×R als Menge. Definiere
(a, b) + (c, d) := (a+ c, b+ d)
(a, b) · (c, d) := (ac− bd, ad+ bc)
0 := (0, 0)
−(a, b) := (−a,−b)1 := (1, 0)
4.4.3 Definition
Bezuglich dieser Operationen ist C ein Korper
Beweis: Beweis durch triviales Nachrechnen der Korperaxiome
C heisst Korper der komplexen Zahlen
4.4.4 Bemerkung
(1) Die Menge R = R× 0 ist ein Unterkorper von C
und R→ R, a 7→ (a, 0) ist ein Ringisomorphismus (Nachprufen!)
Identifiziere R mit R
⇒ R ⊆ C Unterkorper
(2) i := (0, 1) ⇒ i2 = (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0) = −(1, 0) = −1
(a, b) = (a, 0) + (0, b) = (a, 0) + (0, 1) · (b, 0)
= (a, 0) + i(b, 0)
= a+ i · bubliche Schreibweise
4.4.5 Bezeichnung
z = a+ ib
a = Re(z) heisst Realteil von z
b = Im(z) heisst Imaginarteil von z
|z| :=√a2 + b2 heisst Absolutbetrag von z
Die Zahlen ib heissen rein imaginar
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5 Vektorraume und lineare Abbildungen
5.1 Lineare Gleichungssysteme
5.1.1 Beispiele
Gleichungen uber R
(1)x − 2y = 1 | · 23x + 4y = 5 |
5x = 7 ⇒ x = 75 , y = 1
5
(2)x − 2y = 1
3x − 6y = 3
2. Gleichung uberglussig, hat unendlich viele Losungen
x = 1 + 2µ, y = µ mit belibigen µ ∈ R
(3)x − 2y = 1
3x − 6y = 5
hat keine Losung
Sei K ein fest gewahlter Korper (z.B. K = Q, R, C, Zp)
Betrachte das lineare Gleichungssystem (LG)
α11x1 + α12x2 + ... + α1nxn = β1
α21x1 + α22x2 + ... + α2nxn = β2
......
αq1x1 + αq2x2 +... + αqnxn = βq
mit q Gleichungen und n Unbekannten xj und Koeffizienten αij , βi ∈ KL heisst homogen, falls β1 = ... = βq = 0
L heisst quadratisch, falls q = n ist.
Ein n-Tupel ξ = (ξ1, ..., ξn) ∈ Kn heisst Losung von L, falls
∀1 ≤ i ≤ q αi1ξ1 + αi2ξ2 + ...+ αinξn = βi, d.h.
∀in∑
j=1
αijξj = βi (in K)
5.1.2 Definition
Eine qxn-Matrix uber K ist eine rechteckiges Schema
A =
α11 α12 ... α1n
α21 α22 ... α2n
......
αq1 αq2 ... αqn
= [αij]1≤i≤q∧1≤j≤n = [αij ]
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mit Koeffizienten (oder Eintragen) αij ∈ K
Die i-te Zeile ist das n-te Tupel (αi1, αi2, ..., αin)
Die j-te Spalte ist das n-te Tupel
α1j
α2j
...
αqj
Eine nxn-Matrix heisst quadratisch
Formale Definition: Eine qxn-Matrix uber K ist eine Abbildung
α : 1, 2, ..., q × 1, 2, ..., n → K, (i, j)→ α(i, j) =: αij
Die Menge der qxn-Matrizen uber K wwird bezeichnet mit Kqxn (oder mit Matq,n(K))
Die Koeffizientenmatrix des Gleichungssamstems (L) ist die qxn-Matrix
A = [αij ]
Die erweitere Koeffizientenmatrix
A′ =
α11 ... α1n β1
......
αq1 ... αqn βq
Lineare Gleichungen werden bijektiv durch ihre erweitere Koeffizientenmatrix beschrieben
5.1.3 Gausselimination
Folgende Zeilenoperationen lassen die Losungsmenge invariant (unverandert):
(1) Vertauschen zweier Zeilen: sei i < l
(2) Addieren eines Vielfachen einer Zeile zu einer anderen
Sei ξ ∈ Kn Losung des linken Systemsn∑
j=1
αijξj = βi ⇒n∑
j=1
λαijξj = λβi
n∑
j=1
αljξj = βl
⇒∑
j
αljξj +∑
j
λαijξj = βl + λβi
=∑
j
(αlj + λαij)ξj
Mit Hilfe von (1) und (2) lasst sich A′ auf Treppenform (oder Stufenform) bringen
0 0 ∗ ...
0 0 0 ... ∗ 0 ...
0 0 0 0 0 0 0∗ ...
∗ steht fur Zahl 6= 0
Formale Definition Eine qx(n− 1)-Matrix C = [γij ] hat
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Treffenform, falls ∃i1 ∈ 0, 1, ..., q so, dass
m(i) := j : γij 6= 0fur 1 ≤ i ≤ i1 existiert und i 7→ m(i) strengmonoton wachsend ist und
γij = 0 fur i > i1
5.1.4 Beispiel
K = Z3 = 0, 1, 2, 3, q = 4, n = 5
x3 + x4 + x5 = 1
x1 + 2x2 + x3 + 2x5 = 1
x1 + 2x2 + x4 + 2x5 = 0
2x1 + x2 + x3 + 2x5 = 0
A′ =
0 0 1 1 1 1
1 2 1 0 2 1
1 2 0 1 2 0
2 1 1 0 2 0
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
1 2 0 1 2 0
2 1 1 0 2 0
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
0 0 2 1 0 2
0 0 2 0 1 1
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
0 0 0 2 1 0
0 0 0 1 2 2
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
0 0 0 2 1 0
0 0 0 0 0 2
Treppenform C
Zu C gehort das Gleichungssytem (L′) und L′ hat die Gleiche Losungsmenge wie L
Also ist L unlosbar.
kleine Abanderung von L:
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x3 + x4 + x5 = 1
x1 + 2x2 + x3 + 2x5 = 1
x1 + 2x2 + x4 + 2x5 = 0
2x1 + x2 + x3 + 2x5 = 1
A′ =
0 0 1 1 1 1
1 2 1 0 2 1
1 2 0 1 2 0
2 1 1 0 2 1
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
1 2 0 1 2 0
2 1 1 0 2 1
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
0 0 2 1 0 2
0 0 2 0 1 2
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
0 0 0 2 1 0
0 0 0 1 2 0
=
1 2 1 0 2 1
0 0 1 1 1 1
0 0 0 2 1 0
0 0 0 0 0 0
⇒ (L′) =
x1 + 2x2 + x3 + 2x5 = 1
x3 + x4 + x5 = 1
2x4 + x5 = 0
0 = 0
Losungsmenge des modifizierten Systems?
Wahrend ξ2, ξ5 ∈ K belibig
Bestimmte ξ4, ξ3, ξ1 eindeutig aus (L′) von unten nach oben so erhalt man alle Losungen
2ξ4 + ξ5 = 0 ⇒ 2ξ4 = ξ5 = 2ξ5 ⇒ ξ4 = ξ5ξ3 = −ξ4 − ξ5 + 1 = −2ξ5 + 1 = ξ5 + 1
ξ1 = −2ξ2 − ξ3 − 2ξ5 + 1 = ξ2 − ξ5 − 1− 2ξ5 + 1 = ξ2
Losungsmenge = (ξ2, ξ2, ξ5 + 1, ξ5, ξ5) : ξ2ξ5 ∈ Z3Es gibt genau 9 Losungen
z.B. ist Losung (0, 0, 1, 0, 0)
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5.1.5 Beispiel
K = Q, q = 3, n = 4
(L)
2x1 + x3 − 3x4 = 1
3x1 − x2 − 4x4 = 012x2 − x3 = 1
3
erweiterte Koeffizientenmatrix
A′ =
2 0 1 −3 1
3 −1 0 −4 0
0 12 −1 0 1
3
7→
2 0 1 −3 1
0 −1 − 32
12 − 3
2
0 12 −1 0 1
3
7→
2 0 1 −3 1
0 −1 − 32
12 − 3
2
0 0 − 74
14 − 5
12
(L’)
2x1 + x3 − 3x4 = 1
− x2 − 32x3 + 1
2x4 = − 32
− 74x3 + 1
4x4 = − 512
Gebundene Variable x1, x2, x3
Freie Variable x4
Losungsmenge: Wahle ξ4 ∈ Q belibig und bestimme daraus eindeutig ξ1, ξ2, ξ3aus (L’) von unten nach oben.
5.1.6 Algorithmusw fur Gausselimination
Eingabe [aij ]1≤i≤q,1≤j≤n+1 [ aij ∈ K stehen fur Variable (Speicherplatze)
fur die Koeffizienten der Matrix A’ ]
Variable r, s ∈ N fur Adressierung des Arbeitsfeldes, Hilfsvariable z ∈ K
0. Setzte r ← 1, s← 1
1. Falls r ≥ q STOP
2. Falls s > n+ 1 STOP
3. Falls (∀i ≥ r air = 0) setze s← s+ 1 und gehe nach 1.
4. Wahle i0 ≥ r mit ai0,r 6= 0 (z.B. das kleinste Solche)
Fur j = s, ..., n+ 1 setze (Vertausche i0-te mit r-te Zeile)
z ↔ arj
arj ← ai0j
ai0j ← z
5. Fur i = r + 1, ..., q setze z ← ais
ars
Fur j = s+ 1, ..., n+ 1 setze aij ← aij − zarj
(Subtrahiere z-faches der r-ten Zeile von der i-ten Zeile)
6. Setze r ← r + 1, s← s+ 1 und gehe nach 1. (Verschiebe Arbeitsfeld nach rechts unten)
5.1.7 Allgemein
Sei ein Gleichungssystem in Treppenform:
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∀i ≤ i0 γim(i) 6= 0
∀i < i0 m(i) < m(i+ 1)
Die m(i) heissen Pivotindizes (Pivot: Angelpunkt) die γim(i) heissen Pivotelemente
die xm(i), ..., xm(i0) heissen gebundene Varibalen die ubrigen xj heissen freie Varibablen
Losungsmenge von L’: Wahle belibige Werte in K fur die freien Variablen xj . Dann gibt
es genau eine Moglichkeit, die gebundenen Variablen xim(i) mit
Werten aus K zu belegen damit eine Losung entsteht.
L’ ist unlosbar genau dann, wenn die i0-te Zeile die Form 0 = δi0hat mit δi0 6= 0
5.1.8 Satz
Ein homogenes lineares Gleichungssystem uber einem Korper K
mit q Gleichungen und n Variablen mit n > q
hat stetig eine nichttriviale Losung, d.h. Losung 6= (0, ..., 0)
Beweis: Bringe das Gleichungssystem auf Treppenform
Dabei andert sich die Losungsmenge nicht
Es gibt hochstens q gebundene Variable.
Wegen n > q ibt es wenigstens eine freie Variable.
Diese kann auf 1 gesetzt werden und zu einer Losung 6= (0, ..., 0) erweitert werden. //
5.1.9 Satz
Sei L ein lineares Gleichungssystem uber dem Korper K. Sei E ein Oberkorper von K
d.h. K ⊆ E und K ist Unterring von E. Dann
L ist losbar uber E ⇔ L losbar uber K
Beweis: Bringe L auf Treppenform L′
L′ ist ein System uber K:
LoesK(L) = LoesK(L′)
Analog: LoesE(L) = LoesE(L′)
G.z.z. L′ losbar uber E ⇔ L′ losbar uber K
Wissen: L′ unlosbar uber K ⇔ i0-te Zeile von L′ hat Form 0 = δi0 ,
δi0 6= 0 ⇔ L′ unlosbar uber E
5.2 Vektorraume
Sei K ein Korper.
5.2.1 Definition
Ein Vektorraum uber K (ein K-Vektorraum) ist eine Menge V ,
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zusammen mit:
· einer binaren Operation +
· einem ausgezeichnetem Element 0
· eine einstellige Operation −· fur jedes λ ∈ K eine 1. stellige Operation
v 7→ λv, derart, dass gilt:
(1) (V,+,−) ist eine abelsche Gruppe
(2) ∀λ, µ ∈ K ∀n, v ∈ Vλ(u + v) = (λu) + (λv)
(λ+ µ)v = (λv) + (µv)
λ(µv) = (λµ)v
1v = v
Die Elemente v ∈ V heissen Vektoren
5.2.2 Beispiel
Anschauungsschema mit Bezugspunkt 0
E0 = v : v Ortsvektor an 0
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Wiederholung:
K Korper, V Menge, + : V × V → V , · : K × V → V
(V,+, ·) heißt Vektorraum uber K (K-Vektorraum), falls
(1) (V,+) abelsche Gruppe
(2) ∀λ, µ ∈ K, u, v ∈ V :
λ(µv) = (λµ)v
1v = v
λ(u + v) = λu + λv
(λ + µ)v = λv + µv
5.2.3 Definition
V K-VR, U ⊆ V . Dann heißt U ein Unterraum von V , falls
(1) U Untergruppe von (V,+)
(2) ∀λ ∈ K, v ∈ U : λv ∈ U
5.2.4 Bemerkung
· Ein Unterraum von V ist in naturlicher Weise ein K-VR
· 0, V sind immer Unterraume von V
[ zeige spater: λ0 = 0 ∀λ ∈ K ]
5.2.5 Beispiel
(1) K := R, E = Anschauungsebene. Wahle Bezugspunkt
0′ ∈ E Sei E0′ := Ortsvektoren v an 0′Zeichnung sollte jeder Selber haben oder aber einfach so wissen.
(2) Analog ist die Menge R0′ der Ortsvektoren an einen festen Bezugspunkt
im Anschauungsraum ein R-VR
Sei E eine Ebene durch 0′. Dann ist
U := v ∈ R0′ : Endpunkt von v liegt in Eein Unterraum von R0′
(3) Aufgabe 01 von Blatt 13:
X 6= ∅, Menge, K Korper. Sei V := f : X → KFur f, g ∈ V definiere: f + g durch (f + g)(x) := f(x) + g(x)
Fur λ ∈ K, f ∈ V dfiniere: λf durch (λf)(x) := λf(x)
Damit ist V ein K-Vektorraum
Die Beispile (4) bis (6) sind Spezialfalle davon:
(4) K Korper, n ∈ N
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Mittwoch, 24.01.2008
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Kn := K × ...×K︸ ︷︷ ︸
n−mal
= f : 1, ..., n → K
⇒ Kn ein K-VR
Es gilt fur ξ = (ξ1, ..., ξn), µ = (µ1, ..., µn) ∈ Kn, λ ∈ Kξ + µ = (ξ1 + µ1, ..., ξn + µn)
−ξ = (−ξ1, ...,−ξn)
0 = (0, ..., 0)
λξ = (λξ1, ..., λξn)
Oft schreibt man ξ ∈ Kn ans Spalte ξ =
ξ1...
ξn
(5) K∞ := (αn) : αn ∈ K∀n = α : N→ KK∞ ist K-Vektorraum
(6) KK = f : K → K ist K-VR
Beispiele fur Unterraume:
(4’) Qn ist kein UR des R-VR Rn
Aber: Rn ist Q-VR
Dann ist Qn UR der Q-VR Rn
Allgemein: Sei k ⊆ K, k Unterkorper von K
Dann ist kn ein UR des k-VR Kn
(4”) Betrachte das homogone LGS uber K
(H)
α11x1 + ... +α1nxn = 0...
...
αq1x1 + ... + αqnxn = 0
Damit ist Sol(H) = ξ ∈ Kn : ξ Losung von (H)
ein K-UR von Kn. Sei fur β =
β1
...
βn
∈ Kq
Lβ das zugehorige inhomogene LGS. Dann ist
β ∈ Kq : Lβ losbar in UR von Kq
(5’) α ∈ R∞ : α konvergiert , α ∈ R∞ : α Nullfolge sind URe von R∞
(6’) C(R) := f : R→ R : f stetig UR von RR
D(R) := f : R→ R : f diff’bar UR von C(R)
5.2.6 Bemerkung
Sei V K-VR, u, v ∈ V , λ, µ ∈ K Dann gilt
(1) 0 ∈ K · v = 0 ∈ V (o · v = (0 + 0)v = 0v + 0v ⇒ 0 = 0v )
(2) λ · 0 = 0 ( λ · 0 = λ(0 + 0) = λ0 + λ0 ⇒ 0 = λ0 )
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(3) λv = 0 ⇒ λ = 0 oder v = 0
(λv = 0, λ 6= 0 ⇒ 0 = λ−1(λv) = (λ−1λ)v = 1v = v)
(4) (−1)v = −v Spezialfall von
(5) (−λ)v = −(λv) = λ(−v)((−λ)v + λv = (−λ+ λ)v = 0v = 0)
(6) (λ − µ)v = λv − µvλ(u − v) = λu − λv (Bew. zur Ubung)
(7) Verallgemeinerte Distributivitat:
Fur λ, λ1, ..., λn ∈ K, v, v1, ..., vn ∈ V gilt:
(λ1 + ...+ λn)v = λ1v + ...+ λnv
λ(v1 + ...+ vn) = λv1 + ...+ λvn
(Beweis mit Induktion)
In Summenschreibweise:
(n∑
i=1
λi)v =n∑
ı=1λiv, λ(
n∑
i=1
vi) =n∑
i=1
λvi
(8) U1, U2 Unterrume von V ⇒ U1 ∩ U2 UR von V
Vorsicht: U1 ∪ U2 ist i.a. kein UR
5.2.7 Satz-Definition
Sei V ein K-VR, M ⊆ V . Dann existiert genau ein kleinster Unterraum U0 von V ,
der M enthalt. Dieser heisst der von M erzeugte Unterraum
(der von M aufgespannte UR, die lineare Hulle von M)
Bez. span(M) := U0 M erzeugt V ⇔ span(M) = V
Beweis, Existenz:
Sei U := U ⊆ V : U UR von V , M ⊆ UDef U0 :=
⋂U := v ∈ V : ∀U ∈ U : v ∈ U Dann gilt
M ⊆ U0, und U0 ist UR von V
Ferner ∀U ∈ U : U0 ⊆ UAlso ist U0 ein kleinster UR von V , der M enthalt (∗)Eindeutigkeit: Sei U1 ein UR von V , der (∗) erfullt.
M ⊆ U0 ⇒ U1 ⊆ U0
M ⊆ U1 ⇒ U0 ⊆ U1
⇒ U0 = U1
Suchen eine explizite Beschreibung fur span(M)
5.2.8 Definition
Seien v, v1, ..., vn ∈ V Dann heisst v eine Linearkombination
von v1, ..., vn, falls
∃λ1, ..., λn ∈ K: v = λ1v1 + ...+ λnvn
Bem.: U UR von V , v1, ..., vn ∈ U ⇒ λ1v1 + ...+ λnvn ∈ U
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5.2.9 Proposition
Sei M ⊆ V Dann gilt
span(M) = v ∈ V : v ist Lin-Komb. von Vektoren aus M =: U1
Beweis: Es gilt:
· U1 UR von V
· M ⊆ U1
U UR von V mit M ⊆ U ⇒ U1 ⊆ USatz-Def ⇒ U1 = span(M), da span(M) eindeutig //
5.2.10 Bemerkung
M := v1, ..., vn ⇒ span(M) = λ1v1 + ...+ λnvn : λ1, ..., λn ∈ K
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5.2.11 Wiederholung
Kn ist K-Vektorraum
(x1, ..., xn) + (y1, ..., yn) := (y1 + y1, ..., xn + yn)
λ · (x1, ..., xn) := (λx1, ..., λxn)
Ein Unterraum des K-VRs V ist eine Teilmenge nichtleere U ⊆ V mit
∀u, v ∈ U u+ v ∈ U∀λ ∈ K ∀v ∈ U λv ∈ U
z.B. V = R2
echte Unterraume entsprechen ”Geraden durch den Nullpunkt”
v1, ..., vn, v ∈ Vv heisst Linearkombination von v1, ..., vn falls
∃λ1, ..., λn ∈ Kv = λ1v1 + ...+ λnvn
M ⊆ Vspan(M) = v ∈ V : v ist Linearkombination von Elementen aus MM erzeugt V , falls span(M) = V
M = v1, ..., vn ⇒ span(M) = λ1v1 + ...+ λnvn : λi ∈ K
5.2.12 Beispiele
(1) R2 wird erzeugt von (1, 0), (0, 1)Formal: (x, y) ∈ R2 ⇒ (x, y) = x(1, 0) + y(0, 1)
R2 wird erzeugt von (1, 2), (3, 4)(1, 0) = (3, 4)− 2(1, 2)
(0, 1) = 12 ((1, 2)− (1, 0)) = 1
2 (1, 2)− 12 (1, 0)
(2) R3 wird erzeugt von (1, 0, 0), (0, 1, 0), (0, 0, 1)(3) Kn ist erzeugt von e1, ..., en, wobei
ei := (0, ..., 0, 1, 0, ..., 0) (die 1 ist an der i-ten Stelle
x = (x1, ..., xn) = x1e1 + ...+ xnen)
(4) A = [αij ] ∈ Kq×n
M :=
α11
...
αq1
, ...,
α1n
...
αqn
⊆ Kq
Menge der Spaltenvektoren von A
Beh.: span(M) = β ∈ Kq : Lβ losbarBeweis: Lβ losbar ⇔ ∃ξ ∈ Kn
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α11ξ1 + ... + α1nξn = β1
......
αq1ξ1 + ... + αqnξn = βq
⇔ ∃ξ ∈ Kn ξ1
α11
...
αq1
+ ...+ ξn
α1n
...
αqn
=
β1
...
βq
= β
⇔ β ist Linearkombination der Spaltenvektoren von A
⇔ β ∈ span(M) //
5.2.13 Definition
V K-VR, U1, ..., Ur ⊆ V Unterraume
U1 + ...+ Ur := span(U1 ∪ ... ∪ Ur) heisst Summe der U
5.2.14 Bemerkung
U1 + ...+ Ur = v1 + ...+ vr : vi ∈ Ui
5.2.15 Beispiel
(1) R0 = v : v Ortsvektor an 0 im Anschauungsraum· ein Vektor v ∈ R0, v 6= 0 erzeugt eine ”Gerade”
· Zwei Vektoren u, v ∈ R0 erzeugen eine ”Ebene”
(falls u, v nicht in einer Gerade liegen)
(2) U1, U2 ⊆ E0, U1 ∩ U2 = 0U1 + U2 = E0
falls U1 6= U2
(3) U1, U2 ⊆ R0 ”Ebenen”
U1 ∩ U2 = L
U1 + U2 = R0
5.3 Abbildungen zwischen Vektorraumen
5.3.1 Definition
Seien V,W K-Vektorraume. Ein Morphismus (von VR) oder
lineare Abbildung, ist eine Abbildung ϕ : V →W mit
∀u, v ∈ V ϕ(u+ v) = ϕ(u) + ϕ(v)
∀λ ∈ K, v ∈ V ϕ(λv) = λϕ(v)
5.3.2 Beispiel
(1) ϕ : V →W , v 7→ 0 ist Morphismus
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(2) id : V → V , v 7→ v ist Morphismus
(3) U ⊆ V Unterraum ⇒Inklusion U → V , u 7→ u ist Morphismus
(4) lim : (αi) ∈ R∞ : (αi) konvergent → R
(αi) 7→ limi→∞
αi
ist lineare Abbildung, denn
limi→∞
(αi + βi) = limi→∞
αi + limi→∞
βi
limi→∞
λαi = λ limi→∞
αi
(5) C(R) = f : f : R→ R stetig R-VR
C(R) = f : f : R→ R stetig diffenzierbar Unterraum
D : C1(R)→ C(R), f 7→ f ′ ist lineare Abbildung
(6) Sei d : E0 → E0 Drehung bzgl. 0 und Winkel α.
Dann ist d eine lineare Abbildung
(7) s : E0 → E0 Spiegelung einer Gerade L durch 0.
s ist eine lineare Abbildung
(8) t : E0 → E0 Translation (Verschiebung) um
w ∈ E0, w 6= 0, dh. t(v) = v + w
t ist keine lineare Abbildung!
u+ v + w = t(u+ v)?= t(u) + t(v) = u+ w + v + w = u+ v + 2w
⇒ w = 2w ⇒ w = 0
5.3.3 Bemerkung
Sei ϕ : V →W lineare Abbildung. Dann
(1) ϕ ist ein Morphismus der zugrundeliegenden abelschen Gruppe
Insbesondere ϕ(0) = 0, ϕ(−v) = −ϕ(v)
(2) ϕ(λ1v1 + ...+ λnvn) = λ1ϕ(v1) + ...+ λnϕ(vn)
(3) kerϕ := v ∈ V : ϕ(v) = 0 ist Unterraum von V
imϕ := ϕ(v) : v ∈ V ist Unterraum von V .
Wissen: ϕ injektiv ⇔ kerϕ = 0ϕ surjektiv ⇔ umϕ = W
5.3.4 Beispiele
(1) V = E0, L,K Geraden durch 0, L 6= K
p : V → L Projektion auf L langs K
kerp = K, imp = L, p ist lineare Abbildung
Spezialfall: ”Orthogonalprojektion” wenn K ⊥ L entspricht
R2 → R, (x, y) 7→ x
(2) lim : (αi) ∈ R∞ : (αi) konvergiert → R ist surjektiv
(αi) 7→ limi→∞
αi
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mit Ker
kerlim = (αi) ∈ R∞ : (αi) Nullfolge (3) D : C1(R)→ C(R), f → f ′
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V,W K-Vektorraume
ϕ : V →W mit
∀λ, µ ∈ K ∀u, v ∈ V ϕ(λu + µv) = λϕ(u) + µϕ(v)
5.3.5 Bemerkung
(1) ϕ : U → V , ψ : V →W lineare Abbildung
⇒ ψ ϕ lineare Abbildung
(2) ϕ : V →W linear, ϕ bijektiv
⇒ ϕ−1 : W → V linear
Beweis: (2) ϕ−1 Gruppenmorphismus: schon bekannt
z.z. ϕ−1(λw) = λϕ−1(w) fur λ ∈ K, w ∈ WSei w = ϕ(v) ⇒ λw = λϕ(v) = ϕ(λv)
⇒ λϕ−1(w) = λv = ϕ−1(λw) //
5.3.6 Bezeichnungen
· Bijektive lineare Abbildungen heissen (lineare) Isomorphismen
· Eine lineare Abbildung ϕ : V → V heisst Endomorphismus
· Ein bijektiver Endomorphismus heisst Automorphismus
5.3.7 Definition
Zwei K-VR V,W heissen isomorph, falls
es einen Isomorphismus V →W gibt.
Bez.: V ≃W
Es gilt: V ≃ V , V ≃W ⇒ W ≃ VU ≃ V , V ≃W ⇒ U ≃W(≃ Aquivalenzrelation)
5.3.8 Beispiel
(1) R2 → R2, (x, y) 7→ (y, x) ist Automorphismus
(2) E0∼→ R2
v 7→ (ξ1, ξ2), ξ1, ξ2 kartesische Koordinaten von v
5.4 Dimensionen
5.4.1 Definition
Sei V ein K-VR. Eine Folge um Vektoren (v1, v2, ..., vn) aus V heisst
linear unabhangig, falls
∀λ1, ..., λn ∈ K (λ1v1 + ...+ λnvn = 0 ⇒ λ1 = ... = λn = 0)
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5.4.2 Bemerkung
(1) (v1, ..., vn) linear unabhangig, wenn sich die Vektoren nur auf die triviale
Art zu 0 linear konstruieren lassen
(2) V linear unabhangig ⇔ V 6= 0 (λv = 0, v 6= 0⇒ λ = 0)
5.4.3 Proposition
(v1, ..., vn) linear unabhangig ⇔ ∃i vi ist Linearkombination
von v1, ..., vi−1, vi+1, ..., vn
Beweis: ”⇒” v1, ..., vn linear abhangig ⇒ ∃λ1, ..., λn ∈ K∃i λi 6= 0 λ1v1 + ...+ λnvn = 0
Also vi = −λ1
λiv1 − ...− λi−1
λivi−1 − λi+1
λivi+1 − ...− λn
λivn
⇒ vi ist Linearkombination von v1, ..., vi−1, vi+1, ..., vn
”⇐ ” Sei Vi = µ1v1 + ...+ µi−1vi−1 + µi+1vi+1 + ...+ µnvn
mit mii ∈ K. Dann
0 = µivi + ...+ µi−1vi−1 + (−1)vi + µi+1vi+1 + ...+ µnvn
Also v1, ..., vn linear abhangig //
5.4.4 Beispiel
(3) V = R3 (1, 0, 0), (0, 1, 0), (1, 1, 0) linear abhangig
(1, 1, 0), (1, 0, 1), (0, 1, 1)
λ1(1, 1, 0) + λ2(1, 0, 1) + λ3(0, 1, 1) = (0, 0, 0)
(4) Seien v1, ..., vq ∈ Kq gegeben. Entscheide, ob v1, ..., vn linear unabhangig!
Sei vi =
α11
...
αqi
⇒
λ1v1 + ...+ λnvn =
α11λ + ... + α1nλn
......
αq1λ1 + ... + αqnλn
Also
λ1v1 + ...+ λnvn = 0 ⇔ λ = (λ1, ..., λn) ist Losung
des homogenen linearen Gleichungssystems H (welches zu (αij) gehort
Also
v1, ..., vn linear unabhangig ⇔ H hat nur die triviale Losung
5.4.5 Korrolar
Eine Folge von Vektoren v1, v2, ..., vn ∈ Kq mit n > q ist linear abhangig
Beweis: Ein fruherer Satz (siehe Abschnitt Gausselimination), besagt, dann hat H eine
nichttriviale Losung hat, weil n > q ist.
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5.4.6 Definition
Sei V V K-VR, e1, ..., en ∈ VDie Folge (e1, ..., en) heisst Basis von V , falls
(1) e1, ..., en erzeugen V
(2) (e1, .., en) linear unabhangig
5.4.7 Beispiel
V = Kn hat die Basis (e1, ..., en), wobei hier
ei = (0, ..., 0, 1, 0, ..., 0) Diese heisst Standardbasis.
5.4.8 Bemerkung
Sei ϕ : V →W ein linearer Isomorphismus, v1, ..., vn ∈ VDann · v1, ..., vn linear unabhangig ⇔ ϕ(v1), ..., ϕ(vn) linear unabhangig
· v1, ..., vn erzeugt V ⇔ ϕ(v1), ..., ϕ(vn) erzeugt W
· (v1, ..., vn) Basis von V ⇔ (ϕ(v1), ..., ϕ(vn)) Basis von W
ϕ : V →W linearer Isomorphismus
v1, ..., vn erzeugt V
Beh.: ϕ(v1), ..., ϕ(vn) erzeugt V
Beweis: Sei w ∈W . Es gibt v ∈ V mit ϕ(v) = w
Es gibt λ1, ..., λn ∈ Kmit λ1v1 + ...λnvn = v
Also λ1ϕ(v1) + ...+ λnϕ(vn) = ϕ(λ1v1 + ...+ λnvn) = ϕ(v)
Also ist ϕ(v) Linearkombination von ϕ(v1), ..., ϕ(vn)
5.4.9 Proposition
Seien e1, ..., en ∈ V . Aquivalent sind:
(1) (e1, ..., en) Basis von V
(2) Jedes v ∈ V lasst sich eindeutig, schreiben als
V = ξ1e1 + ...+ ξnen mit ξi ∈ K(3) Die lineare Abbildung
ϕ : Kn → V , (ξ1, ..., ξn) 7→ ξ1e1 + ...+ ξnen
ist ein Isomorphismus
Beweis: (1)⇒ (2)
Sei v ∈ V Da e1, ..., en V erzeugt ⇒ ∃ξ ∈ Kn mit v = ξ1e1 + ...+ ξnen
Eindeutigkeit: Ware auch v = λ1e1 + ...+ λnen, λi ∈ K⇒ 0 = v − v = (λi − ξ1)e1 + ...+ (λn − ξn)en
e1, ..., en linear unabhangig ⇒ ∀iλi − ξi = 0, d.h. λi = ξi
(2)⇒ (1)
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Klar: e1, ..., en ergeugt V
Sei 0 = λ1e1 + ...+ λnen, λi ∈ K0 = 0 · e1 + ...+ 0 · en
⇒ ∀iλi = 0 Also e1, ..., en linear unabhangig
(2)⇔ (3)
(2)⇔ ϕ bijektiv ⇔ ϕ linearer Isomorphismus
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Wiederholung:
V K-VR, vi ∈ VDef: (v1, ..., vn) heisst Basis von V , falls
(1) v1, ..., vn erzeugen V
(2) v1, ..., Vn linear unabhangig
Beispiel: V = Kn hat die Basis
(e1, ..., ei), wobei ei = (0, ..., 0, 1, 0, ..., 0) Standardbasis
5.4.10 Definition
Ein K-VR V heisst endlich erzeugt, falls ∃M ⊆ V endlich
und span(M) = V
5.4.11 Korrolar
Vektoren v1, ..., vn ∈ Kq mit n > q sind linear abhangig
5.4.12 Theorem
Sei V ein endlich erzeugter Vektorraum. Dann
(1) V besitzt eine Basis. Genauer: Jede V erzeugte Menge enthalt eine Basis
(2) Je zwei Basen sind gleichmachtig. Genauer:
e1, ..., en linear abhangig
f1, ..., fq erzeugen V
⇒ n ≤ q0.2cm] Beweis in Teilschritten:
(1a) Jede endliche erzeugende Menge enthalt eine Basis.
Sei M ⊆ V , M endlich, span(M) = V
Dann gibt es e1, ..., en ∈M mit spane1, ..., en = V und
∀i spane1, ..., ei−1, ei+1, ..., en 6= V
Beh.: e1, ..., en linear unabhangig
Beweis: Angenommen e1, ..., en linear abhangig
Dann oBdA ∃λ2, ..., λn ∈ K e1 = λ2e2 + ...+ λnen
⇒ V = spane1e2, ..., en = spane2, ..., enWird zur Minimalitat // (Beh)
(1b) Jede V erzeugende Menge M enthalt eine endliche erzeugende Teilmenge
Sei V erzeugt von f1, ..., fq (existiert nach Vor!)
∃e1, ..., em ∈M ∀i fi ist Linearkombination der e1, ..., em
Also V = spanf1, ..., fq ⊆ spane1, ..., em⇒ V = spane1, ..., em //
(2) Gemaß Teil (1a) genugt es folgendes zu zeigen:
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(e1, ..., en) linear unabhangig
(f1, ..., fq) Basis von V
⇒ n ≤ qNun ist ϕ : Kq → V , ξ 7→ ξ1f1 + ...+ ξqfq
ein lineareer Isomorphismus. Dann sind (Bem)
Kq ∋ ϕ−1(e1), ..., ϕ−1(en) linear unabhangig
⇒ n ≤ q //
5.4.13 Definition
Die Dimension dim(V ) eines endlich erzeugten K-Vektorraums ist definiert als die
(gemeinsame) Kardinalitat siner Basen.
Wir setzen dim(V ) =∞, falls V nicht endlich erzeugt ist.
5.4.14 Beispiel
dim(Kn) = n
5.4.15 Bemerkung
V endlich dimensional ⇔ V endlich erzeugt.
5.4.16 Korrolar (Klassifikation endlich-dimensionaler VR)
Seien V,W endlich dimensionale K-VR
Dann V ≃W ⇔ dim(V ) = dim(W )
Insbesondere V ≃ Kn ⇔ dim(V ) = n
Beweis: (1) V ≃W ⇒ dim(V ) = dim(W )
(e1, ...en) Basis von V , ϕ : V →W linearer Isomorphismus
(ϕ(e1), ..., ϕ(en)) Basis von W . Also dim(V ) = n = dim(W )
(2) Sei dim(V ) = n Dann existiert (e1, ..., en) Basis von V .
Dann ist ϕ : Kn → V , ξ 7→ ξ1e1 + ...+ xnen ein
linearer Isomorphismus
Also Kn ≃ V(3) dim(V ) = dim(W ) = n
(2)⇒ V ≃ Kn ⇒ V ≃W //
5.4.17 Beispiel
(1) E0 ≃ R2 dim(E0) = dim(R2) = 2
R0 ≃ R3 dim(R0) = dim(R3) = 0
Allgemein, heissen VR der Dimension 1 Geraden
Allgemein, heissen VR der Dimension 2 Ebenen
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(2) C als R-VR hat Basis (1, i)
dimRC = 2
(2’) C als C-VR dimCC = 1
(3) R als Q-VR nicht endlich erzeugt. dimQR =∞Beweis: Ware dimQR = n <∞
⇒ R ≃ Qn (als Q-VR)
Da Qn abzahlbar ist ⇒ R abzahlbar // Aber dimRR = 1
(4) dim(V ) = 0 ⇔ V = 0
5.4.18 Be.., merkung
Sei dim(V ) = n <∞, (e1, ..., en) Basiss von V
Dann ist ϕ : Kn → V , ξ = (ξ1, ..., ξn) 7→n∑
i=1
ξiei = v
ein linearer Isomorphismus. Sei v ∈ V Dann heisst
ξ = ϕ−1(v) der Koordinatenvektor von v bzgl. der Basis (e1, ..., en)
ξi heisst i-te Koordinate von v bzgl. (e1, ..., en)
5.4.19 Korollar
Sei dim(V ) = n <∞(1) Mehr als n Vektoren sind immer linear abhangig
(2) Weniger als n Vektoren erzeugen V nie
Beweis: Sei (e1, ..., en) Basis von V . Verwende Theorem
(e′1, ..., e′m) linear unabhangig ⇒ m ≤ n
f1, ..., fq erzeugen V ⇒ n ≤ q //
5.4.20 Satz (Basiserganzungssatz)
Sei dim(V ) <∞, e1, ..., em ∈ V linear unabhangig. Dann ibt es
em+1, ..., em+r ∈ V so, dass (e1, ..., em, em+1, ..., em+r) Basis von V ist.
Beweis: Sei e1, ..., em ⊆M ⊆ V , M linear unabhangig
mit |M | Maximal. (Existiert, da |M | ≤ dim(V ))
Schreibe M = e1, ..., em, em+1, ..., em+rNach Vor. ist e1, ..., em+r linear unabhangig
Genugt zu zeigen e1, ..., em+r erzeugen V
Sei v ∈ V Max ⇒ (e1, ..., em+r, v) linear abhangig
⇒ ∃λ1, ..., λm+r, λ0 ∈ Km+r∑
i=1
λiei + λ0v = 0 ein λi 6= 0
Es gilt λ0 6= 0 (sonst e1, ..., em+r linear abhangig)
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⇒ v ∈ spane1, ..., em+r Da v ∈ V belibig
⇒ V = spane1, ..., em+r
5.4.21 Korrolar
Sei dim(V ) = n <∞, e1, ..., en ∈ V Aquivalent sind
(1) e1, ..., en linear unabhangig
(2) e1, ..., en erzeugen V
(3) e1, ..., en Basis von V
Beweis: (1) ⇒ (2)
Basiserganzungssatz und Invasierung der Dimension
(2) ⇒ (3)
Basisauswahl und Invasierung der Dimension
(3) ⇒ (1) trivial //
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