Mit den Augen hören – mit den Ohren sehen
Voraussetzungen eines chancengleichen Zugangs zur Informationsgesellschaft
BAR-Seminar
„Praktische Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention:
Barrierefreiheit in Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit“
Frankfurt/Main, 12. Juni 2011
Jutta Croll, Stiftung Digitale Chancen
Stiftung Digitale Chancen
! Gründung im Januar 2002, hervorgegangen aus dem Projekt Netzwerk Digitale Chancen an der Universität Bremen
! Private-Public-Partnership mit Sitz in Berlin und Bremen unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
! Stifter Universität Bremen AOL Deutschland Zustifter Accenture Burda-Stiftung
Unser Ziel ist Digitale Integration Ziel der Stiftung Digitale Chancen ist es, Menschen für die Möglichkeiten des Internet zu interessieren und sie bei der Nutzung zu unterstützen.
So können sie die Chancen dieses digitalen Mediums erkennen und für ihr tägliches Leben nutzen.
Für wen ergeben sich Barrieren durch die Gestaltung? Nutzerinnen und Nutzer älterer und anderer Technik situativ eingeschränkte Nutzerinnen und Nutzer fremdsprachige Menschen Internet-Neulinge ältere Menschen Menschen mit Farbfehlsichtigkeit (8% der männlichen Bevölkerung) Menschen mit Behinderungen (relevant ca. 5 Millionen)
GdB > 50 % - 8% - 7 Millionen inklusive niedriger GdB 14 Millionen davon ca. 35 % relevant - ca. 5 Mio.
Barrieren für... blinde Menschen:
graphische Darstellungen, Mausnavigation, komplexer Aufbau
Menschen mit eingeschränkter Motorik der Arme/Hände:
Mausnavigation, Zeitlimits, 'gedrängte' Navigation
sehbeeinträchtigte oder farbfehlsichtige Menschen:
fehlende Skalierbarkeit, Farbkontraste
gehörlose Menschen:
Audio-/Video, komplexer Satzbau, unverständliche Sprache
Menschen mit Lernschwierigkeiten:
komplexer, verwirrender Aufbau, unverständliche Sprache
Sehbehinderungen Hörbehinderungen
Motorische Schwächen Lern-/Leseschwäche/ Sprachbehinderung
4 Prinzipien zur Gestaltung von
barrierefreien Systemen
Verständlichkeit
Bedienbarkeit
Wahrnehmbarkeit
Nachhaltige Nutzbarkeit
Nach WCAG 2.0 / BITV 2.0
Es muss sichergestellt sein, dass der gesamte Inhalt so präsentiert wird, dass er von jeder Nutzerin / jedem Nutzer wahrgenommen werden kann – mit Ausnahme von Inhalten, die nicht in Worten ausgedrückt werden können.
Wahrnehmbarkeit
Wahrnehmbarkeit Bedienbarkeit Verständlichkeit Nachhaltige Nutzbarkeit
Alle Elemente, die benötigt werden, um sich die Inhalte der Website zu erschließen, z. B. Schaltflächen und Menüleisten, müssen von jeder Nutzerin und jedem Nutzer bedienbar sein.
Bedienbarkeit
Wahrnehmbarkeit Bedienbarkeit Verständlichkeit Nachhaltige Nutzbarkeit
Die Darstellung der Inhalte und die Beschreibung der Bedienelemente muss leicht verständlich formuliert sein, die Texte sollen so kurz und einfach wie möglich sein.
Verständlichkeit
Wahrnehmbarkeit Bedienbarkeit Verständlichkeit Nachhaltige Nutzbarkeit
Die verwendeten Webtechnologien sollen es erlauben, dass man mit aktuellen und mit zukünftigen assistiven Technologien / Zugangstechnologien auf die Inhalte der Website zugreifen kann.
Nachhaltige Nutzbarkeit
Wahrnehmbarkeit Bedienbarkeit Verständlichkeit Nachhaltige Nutzbarkeit
4 4 Prinzipien und die verschiedenen Behinderungsarten
Sehbehinderungen
Motorische Schwächen
…führen zu unterschiedlichen, teilweise sich widersprechenden Anforderungen.
Hörbehinderungen
Lern-/Leseschwäche/ Sprachbehinderung
Zugangsbarrieren
blind sehbehindert/ farbenblind
gehörlos/ schwerhörig
Lese-/Lern- schwäche
graphische Darstellungen
Mausnavigation
komplexer Aufbau
eingeschränkte Motorik der Arme/Hände
Zeitlimits
„gedrängte“ Navigation
fehlende Skalierbarkeit Farbkontraste
komplexe Sprache
Audio-/Video
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Wahrnehmbarkeit
Für blinde Nutzer/innen (Webformator)
Screenreader (Video mit Neal Ewers) www.doit.wisc.edu/accessibility/video/screen_readers.asp
können nur die textuellen Inhalte einer Website „Wort für Wort“ wiedergeben
deshalb sind aussagekräftige Textäquivalente für alle Bilder, grafischen Elemente, Symbole, Animationen, Skripte und Image Maps notwendig
für die Tabulatorsteuerung ist eine sinnvolle Bezeichnung der Links notwendig, die die Navigation erleichtert
Textäquivalente haben keinen Einfluss auf das Layout
wo Textäquivalente notwendig sind, kann man durch Ausschalten der Images feststellen
www.SGB-IX-umsetzen.de
Individualisierbares Oberflächendesign wird ermöglicht durch die Trennung von Inhalt und Layout
Wahrnehmbarkeit
Einsatz von assistiven Technologien zur Ausgabe:
Vergrößerungssoftware (z.B. Zoomtext oder MAGic)
Betriebssystem- bzw. Browsereinstellungen zur Vergrößerung, zum Kontrastwechsel, zur Farbanpassung
Wahrnehmbarkeit
Bedienbarkeit
Tabulator-navigation: Alles per Tab erreichbar, sichtbarer Tab-Fokus
www.stadionbad-bremen.de
http://www.stadtbibliothek-bremen.de
klare Gliederung, Übersichtliche Navigation, Unterstützung durch Piktogramme
Verständlichkeit
DOCTYPE vorhanden
• http://www.einfach-fuer-alle.de
<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 4.01//EN" "http://www.w3.org/TR/html4/strict.dtd"> <html lang="de">
Nachhaltigkeit
Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen (BGG) (in der Fassung vom 27. 04. 2002)
§ 4 BGG: Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikations- Einrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen
in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Deutsche Gesetzgebung zur Barrierefreiheit Behindertengleichstellungsgesetz BGG (in der Fassung vom 27. 04. 2002)
§11 Barrierefreie Informationstechnik
BIT-V Barrierefreie Informationstechnik Verordnung 1.0 (in der Fassung vom 17. 07. 2002)
BIT-V Barrierefreie Informationstechnik Verordnung 2.0 (in der Fassung vom 21. 09. 2011)
12 Anforderungen 61 Bedingungen in zwei Prioritätsstufen
BITV Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (in der Fassung vom 21.09.2011)
Prinzip 1: Wahrnehmbarkeit – Die Informationen und Komponenten der Benutzerschnittstelle sind so darzustellen, dass sie von den Nutzerinnen und Nutzer wahrgenommen werden können.
Anforderung 1.1 Für jeden Nicht-Text-Inhalt sind Alternativen in Textform bereitzustellen, die an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer angepasst werden können.
Anforderung 1.2 Für zeitgesteuerte Medien sind Alternativen bereitzustellen.
Anforderung 1.3 Inhalte sind so zu gestalten, dass sie ohne Informations- oder Strukturverlust in unterschiedlicher Weise präsentiert werden können.
Anforderung 1.4 Nutzerinnen und Nutzern ist die Wahrnehmung des Inhalts und die Unterscheidung zwischen Vorder- und Hintergrund so weit wie möglich zu erleichtern.
BITV Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (in der Fassung vom 21.09.2011)
Prinzip 2: Bedienbarkeit – Die Komponenten der Benutzerschnittstelle und die Navigation müssen bedient werden können.
Anforderung 2.1 Für die gesamte Funktionalität ist Zugänglichkeit über die Tastatur sicherzustellen.
Anforderung 2.2 Den Nutzerinnen und Nutzern ist ausreichend Zeit zu geben, um Inhalte zu lesen und zu verwenden.
Anforderung 2.3 Inhalte sind so zu gestalten, dass keine epileptischen Anfälle ausgelöst werden.
Anforderung 2.4 Der Nutzerin oder dem Nutzer sind Orientierungs- und Navigationshilfen sowie Hilfen zum Auffinden von Inhalten zur Verfügung zu stellen.
BITV Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (in der Fassung vom 21.09.2011)
Prinzip 3: Verständlichkeit – Die Informationen und die Bedienung der Benutzerschnittstelle müssen verständlich sein.
Anforderung 3.1 Texte sind lesbar und verständlich zu gestalten.
Anforderung 3.2 Webseiten sind so zu gestalten, dass Aufbau und Benutzung vorhersehbar sind.
Anforderung 3.3 Zur Fehlervermeidung und -korrektur sind unterstützende Funktionen für die Eingabe bereitzustellen.
Prinzip 4: Robustheit – Inhalte müssen so robust sein, dass sie von möglichst allen Benutzeragenten, einschließlich assistiver Technologien, zuverlässig interpretiert werden können.
Anforderung 4.1 Die Kompatibilität mit Benutzeragenten, einschließlich assistiver Technologien, ist sicherzustellen.
Rechtslage Das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz verlangt von den Behörden des Bundes („Träger öffentlicher Gewalt“), dass diese ihre Internetauftritte und -angebote nach Maßgabe der barrierefreie Informationstechnik-verordnung schrittweise technisch so gestalten, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.
„Schrittweise“ wird verstanden als eine den technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten angepasste Umsetzung der Vorschrift.
Neue Angebote bzw. neue Teile bestehender Angebote müssen barrierefrei gestaltet werden, für die Umgestaltung bestehender Angebote gilt die schrittweise Umsetzung.
Für die Landes- und kommunalen Behörden sehen entsprechende Ländergesetze gleiche Regelungen vor.
Zielvereinbarungen
sind das im BGG vorgesehene Instrument zur Erreichung der Barrierefreiheit in den Angeboten der Wirtschaft
Verhandlungen müssen aufgenommen werden, wenn ein anerkannter Verband das Unternehmen dazu auffordert
müssen Vereinbarungen über Umfang und Zeitplan der zu realisierenden Schritte zur Barrierefreiheit enthalten
können bei Nichteinhaltung mit dem Mittel der Verbandsklage auf juristischen Wege durchgesetzt werden
Barrierefreies Webdesign bietet ökonomische Vorteile, denn es erschließt durch einfachere Bedienbarkeit außer den Menschen mit
Behinderungen auch andere neue Nutzergruppen, z. B.: Interneteinsteiger und NutzerInnen mobiler Endgeräte mit kleinem Display
die Trennung von Layout und Inhalt durch die Verwendung von Cascading Style Sheets reduziert die Übertragungsraten und den benötigten Speicherplatz auf dem Webserver
es leistet einen Beitrag zur Corporate Responsiblity des Unternehmens und erschließt auch dadurch neue Kundengruppen
es vereinfacht einen künftigen Relaunch der Site und reduziert die Kosten
Web 2.0
Web 2.0 - Was ist das Internet heute?
Wiki
Bewertungen, Meinungsumfragen
Kartenanwendungen
Austausch- plattformen
• Inhalte • Themen
• Vermittlung • Bewertung
(We)blogs
Online-Spiele Multi-User Spiele
Online- Zusammenarbeit
• Lernmanagement-Systeme • Projektmanagement
• Kalender • Chat
• Forum • Remote Application
Mash-Ups
Web 2.0 Aufhebung von
Autoren-/ Nutzer-Rolle
Studie zur Web 2.0 Nutzung
Quantitativer und qualitativer Studie der Aktion Mensch zur Nutzung von Webangeboten durch Menschen mit Behinderungen unter Mitwirkung des Fachlichen Beirats zur BIENE Explorative Interviews mit Experten hinsichtlich Nutzungsverhalten und
Nutzungsmotivation Leitfadengestützte Gruppeninterviews mit Menschen mit
Behinderungen Barrierefreie Nutzerbefragung unter Menschen mit Behinderungen Ergebnisse Erkenntnisse zum Kommunikationsverhalten von Menschen mit
Behinderungen im Internet Identifizierung von Barrieren bei Web 2.0-Angeboten Entwicklung eines erweiterten Prüfverfahrens für die Barrierefreiheit von
Internetangeboten
Leitfaden zur barrierefreien Gestaltung von Bürgerbeteiligungsverfahren
Video zum Projekt unter www.einfach-teilhaben.de
Leitfaden zur barrierefreien Gestaltung von Bürgerbeteiligungsverfahren
Die UN Behindertenrechtskonvention fordert im Handlungsfeld „gesellschaftliche und politische Teilhabe“, insbesondere den Zugang zu amtlichen Informatione und die Beteiligung an Wahlen u. ä. sicherzustellen.
Die UN Behindertenrechtskonvention konkretisiert in den Artikeln 21 und 29 die volle und gleichwertige gesellschaftliche und politische Teilhabe. Artikel 21 garantiert das Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen.
Artikel 29 garantiert die Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben.
Leitfaden zur barrierefreien Gestaltung von Bürgerbeteiligungsverfahren
Die Handlungsempfehlungen zur Erreichung des Ziels, Bürgerbeteiligung erfolgreich und barrierefrei online zu gestalten, stützen sich auf die folgenden vier Kernforderungen: Inklusivität, das heißt, dass die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen bei der Planung und Durchführung von Beteiligungsprozessen von Anfang an berücksichtigt werden, z. B. durch Einbeziehung ihrer Interessenvertretungen. Standardkonformität, das heißt, dass die Vorgaben der BIT-V 2.0 und WCAG 2.0 bei der Umsetzung von Online-Beteiligungsangeboten nachweislich eingehalten werden. Reduzierte Komplexität, das heißt, dass Online-Beteiligungsangebote sich auf die erforderlichen Elemente beschränken, um unnötige Barrieren zu vermeiden. Transparenz, das heißt, dass Beteiligungsprozesse für alle Bürgerinnen und Bürger verständlich und nachvollziehbar gestaltet werden.