3/201722. Jahrgang
Juli 2017
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Pharma-forschung
Warum Study Nurses
nicht nur nett sein dürfen:
Risk-Based, Remote und
zentralisiertes Monitoring
kommt an den Prüfstellen an
Hepatotoxizität von
Phytopharmaka und
Nahrungsergänzungsmitteln
Vergleich der baulich-
funktionellen Gestaltung
von Einleitungsräumen in
Zentral-OPs mithilfe von
Simulationsmodellen
Weitere Themen im Heft: Ökonomische Analyse der roboterassistierten Prostatektomie · CRPS – Das Krankheitsbildmit den 1000 Gesichtern. Die neurokognitive Rehabilitation bei Klienten mit dem Complex Regional Pain Syndrome (CRPS) · Enterokokken · Haftung aus Life-Science-Risiken: Teil 3: Die D&O Versicherung
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Die aktuellen Herausforderungenfür Kliniken bestehen darin, einerkontinuierlich wachsenden Patien-tenzahl eine qualitativ bestmögli-che Behandlung zu vertretbarenKosten zukommen zu lassen. Nurso können sie unter den wirtschaft-lichen, gesellschaftlichen und ge-sundheitspolitischen Rahmenbe-dingungen überlebens- und kon-kurrenzfähig bleiben.
Vor diesem Hintergrund hat dasUniversitätsklinikum Mannheim
(UMM) eine gesundheitsökonomi-sche Analyse der roboterassistier-ten Prostatektomie (DaVinci-Pros-tatektomie) durchgeführt. DieDRG M01B - Große Eingriffe an denBeckenorganen beim Mann ohneäußerst schwere CC oder bestimm-te Eingriffe an den Beckenorganenbeim Mann mit äußerst schwerenCC (DaVinci-Prostatektomie) zähltzu den TOP DRG´s der Klinik mit ho-hem Erlös und erheblichen Kostenfür Anschaffung und nicht wieder-verwendbare Instrumente. Zudem
eignet sich die Prostatektomie auf-grund der großen Relevanz im Be-reich der Urologie gut zum Bench-marking. Das Projekt wurde vomInstitut für Workflow-Manage-ment im Gesundheitswesen (IWiG),An-Institut der praxisHochschuleKöln, Rheine, Heidelberg, unterder Leitung von Herrn Professor Dr.rer. oec. Dipl. Soz.-Päd. MichaelGreiling betreut.
Das Prostatakarzinom ist ein bösar-tiger Tumor der Vorsteherdrüse
Ökonomische Analyse der roboterassistiertenProstatektomieMichael Greiling, Christoph Klein, Axel Häcker
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des Mannes. In Deutschland ist derProstatakrebs die häufigste Krebs-erkrankung bei Männern. Die ope-rative Therapie wird aufgrund derdemographischen Entwicklung zu-künftig weiter an Bedeutung ge-winnen. Das roboterassistierte Da-Vinci-Operationssystem ist eineWeiterentwicklung des laparosko-pischen Eingriffs. Der Operateurarbeitet nicht mehr direkt am Ope-rationstisch, sondern bedient eineKonsole. Von dort aus steuert ermanuell hoch bewegliche Roboter-arme mit chirurgischen Instrumen-ten, die über kleine Schnitte in denPatienten eingeführt werden. DieBewegungen werden vom Systemexakt und störungsfrei übertragenund kompensieren das natürlicheZittern der Hände. Der operieren-de Arzt verfolgt den Eingriff mit-tels einer 3D-Kamera, ein zweiterChirurg unterstützt den Eingriff di-rekt am Operationstisch. Das Ver-fahren bewährt sich durch höchstePräzision und hervorragende Er-gebnisse, da Komplikationen wieInkontinenz und Impotenz selte-ner auftreten. Der Patient profi-tiert von wenig Schmerzen, gerin-gem Blutverlust, kleinen Operati-onsnarben und einem kürzer-en Krankenhausaufenthalt. Aller-dings sind die Vorzüge dieserOperationstechnik mit erheblichenKosten verbunden.
Um den ökonomischen Nutzen derDaVinci-Prostatektomie zu erfassen,ist eine Darstellung aller Kosten desBehandlungsprozesses notwendig.Eine Prozessanalyse in Kombinationmit einer Prozesskostenrechnung er-laubt es, Behandlungsabläufe de-tailliert abzubilden und monetär zubewerten. Die Erhebung und Konso-lidierung von Zeiten und Kostenmacht die Prozesse transparent underlaubt weiterführende Analysenund Vergleiche.
Eine systematische Prozessmo-dellierung schafft Transparenz
In einer ersten Projektphase wur-den zunächst alle Prozesse der Da-Vinci-Prostatektomie standardi-siert erhoben und transparent ab-gebildet. Anschließend erfolgte ei-ne Analyse und Kalkulation der ro-boterassistierten Prostatektomiemit Hilfe des vom IWiG entwickel-ten ClipMed PPM Projektmanage-ment. Die Web-Anwendung unter-stützt eine unkomplizierte Projekt-planung durch eine eindeutige Zu-weisung von Aufgaben und Ver-antwortlichkeiten mit dem Ziel, dieWertschöpfung zu erhöhen.
Die grafische und tabellarische Ab-bildung des gesamten Behand-lungsablaufs mit allen Prozesszei-ten erfolgte mit der Software-Lö-sung ClipMed PPM (� Abb. 1−5).
Das in ClipMed integrierte IWiGPRM [ProzessReferenzModell] ent-hält einen einzigartigen Baukas-ten, bestehend aus bereits ange-legten Bausteinen, die individuellzusammengesetzt werden kön-nen. Sie sind eindeutig bezeichnetund enthalten alle notwendigenAufgaben mit den entsprechendenInformationen. Das Referenzmo-dell erlaubt eine standardisier-te, transparente Darstellungdes vollständigen Behandlungsver-laufs von der Aufnahme eines Pati-enten bis zu seiner Entlassung, mitallen notwendigen Prozessen undLeistungen. Im Fall der DaVinci-Prostatektomie ergaben sich 225Prozesse, verteilt auf 7 Tage und ei-nem prästationären Tag.
Eine verursachungsgerechteProzesskostenrechnungzeigt die Wirtschaftlichkeit
Anschließend wurde der ökonomi-sche Nutzen mit Hilfe der Prozess-kostenrechnung auf Vollkostenba-sis bewertet. Die Prozesskosten-rechnung untersucht, für welcheProzesse die einzelnen Kosten an-fallen. Für alle erfassten Leistun-gen und Abläufe der DaVinci-Pros-tatektomie wurden Personal-,Sach- und Zuschlagskosten verursa-chungsgerecht erfasst und monetärbewertet.
Basierend auf der jeweils benötig-ten Zeit wurden die Personalkostender beteiligten Mitarbeiter berech-net, direkte Sachkosten zugeordnetund zusätzlich mittels prozessba-sierter Schlüssel sämtliche Gemein-kosten zugewiesen. So erhielt dieKlinik ein detailliertes GesamtbildderWirtschaftlichkeit.AufGrundla-ge einer solchen Aufschlüsselungder eigenen Kosten konnte für dasUniversitätsklinikumMannheimeinBenchmark mit drei Vergleichsklini-ken durchgeführt werden. Da einemonetäre Auswertung vertraulichbehandelt wird sind die folgenden
Gesamtkosten
Personalkosten Sachkosten Zuschläge
27,56 %
33,36 %39,09%
0
Gesamt-Sicht mit Personalkosten
Gesamtkostenübersicht
Abb. 1: Prozesskostenbericht mit ClipMed: Gesamtkostenübersicht
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Auswertungsergebnisse in Prozent-werten angegeben.
Ergebnisse
Im Universitätsklinikum Mann-heim verteilten sich die Kosten fürdie Behandlung eines PatientenmitderDaVinci-Prostatektomiebeiplanmäßigem Ablauf auf das Per-sonal (27,56 %), die Sachmittel(33,36 %) und Zuschläge(39,09 %). Ein Benchmark mit denVergleichskliniken ergab, dass dieniedrigsten Gesamtkosten der Ver-gleichskliniken um 5,33 % unterden Gesamtkosten des Uniklini-kum Mannheim lagen. Im Ver-gleich zum DRG-Erlös ergab sich fürdas UMM eine negative Abwei-chung von 3,24 %. Die Personal-kosten des klinischen Pfades ver-teilten sich auf den ärztlichenDienst (55,97 %), den Funktions-dienst (28,16 %) und den Pflege-dienst (15,87 %). Allein 74,19 %der gesamten Personalkosten ent-fielen auf den operativen Eingriff.
Die im Benchmark-Vergleich höchs-ten Personalkosten für den ärztli-chen Dienst überstiegen dieKosten des UMM um 22,9 %. Diegeringsten Personalkosten für denärztlichen Dienst waren um39,70 % niedriger als die Kosten imUMM. 87,32 % der direkten Sach-kosten entfielen auf die Prozessedes operativen Eingriffs. Die höchs-ten Sachkosten im Rahmen desOperativen Eingriffs entstandenfür den Medizinischen Bedarf OPEinzelkosten (70,68 %). Die höchs-ten Sachkosten der Vergleichsklini-ken lagen um 26,51 % höher alsim UMM. Im Benchmark-Vergleichwies das UMM die geringsten Sach-kosten aus. Mit Hilfe von Kosten-treibern (Bezugsgrößen) wurdendie indirekten Kosten (zum BeispielKosten der nicht medizinischen In-frastruktur) kalkuliert, die nicht mitHilfe des Bruttostundensatzes odermittels direkter Verteilung von
Sachmittelkosten den Prozessen zu-gewiesen werden konnten. Zu denKostentreibern zählen beispiels-weise Belegtage, Fallzahlen oderZeitwerte in Minuten. Die Kosten-stelle OP wies im klinischen Pfaddie höchsten Zuschlagskosten auf.Die zweithöchsten Zuschlagskostenentfielen auf die Kostenstelle Nor-malstation.
Fazit
Die gewählte Methode hat sich so-wohl für den klinisch tätigen Arzt,als auch für die Krankenhausfüh-rung als ein wertvolles Werkzeugherausgestellt. Die Herangehens-weise erzeugt absolut transparente
Behandlungspfade. Es wird ersicht-lich, welche Berufsgruppe eine be-stimmte Tätigkeit zu einem defi-nierten Zeitpunkt verrichten muss.Auch der Zeitaufwand für dieDurchführung der Tätigkeiten unddie Art der verwendeten Hilfsmittelsind einfach nachzuvollziehen. AufWunsch können der Bedarf an Me-dikamenten oder der medizinischeSachbedarf dokumentiert werden.
Am Ende der Betrachtungsweisesteht nicht nur eine Zahl, die den Er-lös bzw. die Kosten im Vergleich zurInEK-Kalkulation aufzeigt. Die Ana-lyse untersucht vielmehr den ge-samten Prozessablauf. Sie zeigt, ob
Gesamtkosten der Personalressourcen
Gesamtkosten
Personalkosten ärztlicher Dienst Personalkosten Plegedienst Personalkosten FD/MTD
55,97 %
28,16 %
15,87 %
0
Abb. 3: Prozesskostenbericht mit ClipMed: Personalkostenübersicht
Gesamtkosten im Vergleich mit dem DRG-Erlös
Min. Ø Max. eigenes Haus Fallgruppen-Erlös
94,67 %97,75 %
100,49 % 100 % 96,76 %
Abb. 2: Benchmarkbericht mit ClipMed: Gesamtkosten im Vergleich mit dem DRG-Erlös
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die Prozessschritte in der richtigenReihenfolge ablaufen und ob dieTätigkeit von der geeigneten Be-rufsgruppe ausführt wird. Mögli-cherweise ist es sinnvoll, Tätigkei-ten auch auf andere Berufsgruppenzu verlagern, die diese kostengüns-tiger erbringen können. Unter Um-ständen werden verschiedene Pro-dukte des medizinischen Bedarfs
zur Diskussion gestellt. Das ProjektamUniversitätsklinikumMannheimkonzentriert sich auf die Optimie-rung der Prozess- und Strukturqua-lität, und verbessert somit automa-tisch die Ergebnisqualität.
Es hat bewirkt, dass durch eine le-diglich geringfügige Umstellungder Prozesskette ein kompletter Be-
handlungstag ohne Einbußen vonQualität oder Wohlbefinden fürden Patienten eingespart werdenkonnte. Da die Angaben vonden Mitarbeitern selbst stammen,schafft ClipMed nicht nur Transpa-renz, sondern auch Vertrauen indie Daten. Gerade dies ist ein beson-ders deutlicher Vorteil gegenüberder reinen InEK-Kalkulation. Dieseführt immerwiederzuDiskussionendarüber, dass die Kalkulationszah-len ja Durchschnittswerte aus vielenHäusern darstellen.
Im Regelfall fühlt sich jede Klinik alseine völlig eigenständige Einrich-tung,dienichtmitanderenHäusernzu vergleichen sei. Sowohl den Kli-nikmitarbeitern, als auch der Kran-kenhausführung ist zudem dieMöglichkeit gegeben, insbesonde-re bei Klinikverbünden, die Thera-pie an einzelnen Standorten bei einund derselben DRG optimal zu ver-gleichen, Synergieeffekte zu nut-zen und Ressourcenoptimierungendurchzuführen. Die Methode eig-net sich auch, um den Erfolg vonProzessveränderungen zu prüfen.Für die Durchführung der Bewer-tung einer DRG oder eines Krank-heitsbildes ist für die Klinikmitar-beiter unterschiedlicher Berufs-gruppen ein Zeitumfang von etwadrei bis vier Stunden aufzuwenden.Der Aufwand für ein Haus hält sichsomit in Grenzen, sodass sich Ver-laufsuntersuchungen geradezu an-bieten. Es zeigt sich, dass die Metho-de geeignet ist, sowohl der optima-len Versorgungsqualität der Patien-ten, als auch den betriebswirt-schaftlichen Aspekten gerecht wer-den zu können.
Ausblick
Für den Erfolg einer Klinik ist eswichtig, die richtigen Dinge zu tun(Effektivität) und diese Dinge auchrichtig zu tun (Effizienz). Die Frage,welche Leistungen zu welchen Kos-ten angeboten werden können,
Personalkosten der Berufsgruppe Ärtztlicher Dienst
Abweichungeigenes HausMax.ØMin.
71,58 %
97,31 %
129,69 %
100 %
-2,69 %
Abb. 4: Benchmarkbericht mit ClipMed: Personalkosten der Berufsgruppe ÄrztlicherDienst
Vergleich der Sachkosten
Abweichungeigenes HausMax.ØMin.
100 %
121,45 %
136,09 %
100 %
21,45 %
Abb. 5: Benchmarkbericht mit ClipMed: Vergleich der Sachkosten
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Dr. med. ChristophKlein, MHBA
Prof. Dr. med.Axel Häcker
Prof. Dr. rer. oec.Dipl.-Soz. Päd.Michael Greiling
muss fundiert beantwortet werden.Die Wirtschaftlichkeit von roboter-assistierten Operationen hängt we-sentlich von der Fallzahl ab. Ist dieBelegungskapazität voll ausge-schöpft, verringern sich die Zu-schlagskosten pro Fall. Die Doku-mentation der Prozesse einer Da-Vinci-Prostatektomie und die ersteIST-Analyse mit Prozesskostenrech-nung sollten durch weitere Analy-sen ergänzt werden um Schwach-stellen, Probleme, Fehler und Risi-ken zu identifizieren. Hierzu kannes sinnvoll sein, eine Durchlaufzeit-und Wertschöpfungsanalyse durch-zuführen. Das Ergebnis ist eine Aus-wertung von Bearbeitungs-, Rüst-,Transport-, Warte-, Such- und Lie-gezeiten sowie von Nutz-, Stütz-,Fehl- und Blindleistungen inner-halb der Prozesse.
Auf Grundlage dieser Analysen sollteeine Sollkonzeption erarbeitet wer-den mit dem Ziel, einen Soll-Pfad oh-ne Schwachstellen zu entwickeln.Nach erfolgreicher Implementierungder optimierten Prozesse sollte eineregelmäßige Überprüfung des fest-gelegten Behandlungsverlaufs erfol-gen, zum Beispiel durch die Analysevon Datensätzen (§ 21 Datensatz)und/oder speziellen Kennzahlen undIndikatoren.
Zur Unterstützung können hilfrei-che Dokumente eingesetzt werdenwie Checklisten oder krankenhau-sindividuelle und bereits mit Leis-tungen gefüllte Patientenkurven.Das IWiG bietet zudem die Nutzungvon mobilen Lösungen an, welchedie Steuerung und Evaluation derAbläufe im Rahmen des Risiko-, Inn-ovations- und Beschwerde-Mana-gements unterstützen.
Darüber hinaus besteht die Mög-lichkeit der akademischen Weiter-bildung von Mitarbeitern des Uni-versitätsklinikums Mannheim zum„Certified Workflow-Manager in
Health Care“ durch das IWiG. Sokönnen die Kompetenzen direkt insUnternehmen eingebracht werden.Die gewonnenen Erkenntnisse hel-fen dabei, weitere Behandlungsp-fade mit der gleichen Methode zuanalysieren, zu optimieren und zusteuern.
Korrespondenzadresse:Prof. Dr. rer. oec. Dipl.-Soz. Päd.Michael GreilingInstitut für Workflow-Managementim Gesundheitswesen (IWiG)An-Institut der praxisHochschuleKöln, Rheine, HeidelbergGeschäftsführung
Dr. med. Christoph Klein, MHBAUniversitätsmedizin MannheimÄrztliche DirektionGeschäftsbereichsleiterZentrale Klinische Einrichtungen
Prof. Dr. Med. Axel HäckerUniversitätsmedizin Mannheim