Lehrstuhl für Baugeschichte und Denkmalpflege
Prof. Dr. Jan Pieper
Baugeschichtsmappe:
Thema: Rheinische Romanik (Sakralbau)
von Stefanie Gonnermann – 201398
St. Maria im Kapitol - Köln
Inhaltsverzeichnis:
1. Romanik Einführung
• Herleitung des Begriffes
• Geschichtliche Einordnung
Bedeutung der Klöster
Drei Ständeordnung
• Unterteilung in die einzelnen Phasen:
Vorromanik- Frühromanik Karolinger-Ottonen
Hochromanik Salier
Spätromanik Staufer
mit den bautechnische und ideologische Innovationen/Baukomponenten
2. Rheinische Romanik
• Trikonchos
• Wandaufbau
• Rheinische Apsidengliederung
• Rheinischer Stützenwechsel
• Vierungsturm
• Kölner Kirchen
3. St. Maria im Kapitol
• Baudaten und Geschichte
• Vorbilder
• Baukörper
• Herleitung des Grundrisses
• Dach
• Wandgliederung
• Ausstattung
• Zitate
• Details/Fotos
1. Romanik – Einführung• Romanik -Herleitungnach Brockhaus:
„[von lat. romanus = römisch] Epoche der
abendländischen Kunst des frühen Mittelalters
(um 950 – 1250), die auf die karolingische Kunst
folgte und von der Gotik abgelöst wird. zur Früh-
R. rechnen u. a. die ottonische Kunst und der
normannische Baustil; die Hoch-R. (in Frankreich
100-1150, in Dtl. 1050-1150) wird in Dtl auch als
sal. Kunst bezeichnet, die Spät-R. auch als
staufische Kunst (1150-1250) oder als
Übergangsstil ( die Kunst der Stauferzeit in Dtl.
und Italien zeigt spätrom. und frühgot. Stilformen,
während in Frankreich bereits die Frühgotik
vorherrschte).
Baukunst: Bei den Kirchenbauten(Basiliken) sind
die einzelnen Teile, Schiffe, Vierung, Querhaus,
Chorpartie und Türme, klar voneinander
abgesetzt; charakteristisch sind
Doppelturmfassaden im W (Caen, Saint-Étienne,
um 1065-1081) oder ein W-Werk (St. Pantaleon in
Köln, 984-100), Vierungstürme, sowie auch
Türme am O-Abschluß (Dom in Speyer, um
1030ff., und Worms, um 1140/50ff). Das
Gesamtbild wirkt geschlossen und plastisch
durchformt. Der frührom. Kirchenraum war noch
flach gedeckt. Im späten 11.Jh. begann sich etwa
gleichzeitig im Dtl., Frankreich und der Lombardei
die Wölbung durchzusetzen (zunächst Kreuzgrat-,
später Kreuzrippengewölbe; in Frankreich
außerdem Tonnengewölbe, in einzelnen
Landschaften, bes. in Aquitanien, auch Kuppeln).-
Neben der kirchl. (...)“
Der Begriff Romanik ist irreführend, da er
die Vorstellung beinhaltet, diese
Baukunst habe sich aus dem römischen
entwickelt, und sei ein Ausläufer der
mittelmeerischen Spätantike. Tatsächlich
handelt es sich aber um eine neue
nordisch-abendländische Bauform.
Der Begriff meinte anfangs jene
Sprachen, die aus dem Latein und seinen
Dialekten stammten, und wurde in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von
französischen Autoren, dann von
deutschen (Kunst-) Historikern auf
Architektur und Kunst des
Hochmittelalters übertragen.
• Geschichtlicher Hintergrund
Nach dem Untergang Roms beginnt die
politische und künstlerische
Eigenständigkeit der Gebiete nördlich der
Alpen. Die Macht der deutschen Kaiser
reicht bis Italien und Spanien.
Nach Karl dem Großen zerfällt das Reich
und erst Otto der Große festigte ein
Neues. Aus dem ehemaligen
ostfränkischen Reich entsteht das Heilige
Römische Reich Deutscher Nation, und
aus dem westfränkischen Reich
Frankreich.
Die Grundlage für eine „europäische
Einheit“ dieser Zeit bildet das
Christentum. Es ist zu dieser Zeit eng
verknüpft mit der weltlichen Macht. Die
Macht des Kaisers gilt als das Abbild der
Allgewalt Gottes.
Aber auch andere Gemeinsamkeiten, wie
das feudale Lehnswesen und die
Hierarchie der Stände prägen den Geist
dieser Zeit.
Dreiständeordnung
Das Bild der argraischen Welt wird seit
dem 9. Jh. geprägt durch die drei Stände:
Lehrstand (Geistlichkeit), Wehrstand
(Ritter) und Nährstand (Bauern), die als
unzertrennlich und voneinander abhängig
gelten. Es löst die Vorstellung der
Zweiteilung der Gesellschaft in
Laienschaft und Geistlichkeit ab.
Mönchtum
Die Klöster spielen eine zunehmend
wichtige Rolle. Schon Karl der Große
schafft ein karolingisches Bildungs-
wesen, indem er den Klöstern die Pflege
und Verbreitung der lateinischen Liturgie
überträgt.
Das Mönchtum vollzieht den Wandel von
der laikalen Lebensform in eine
kirchliche. Ab dem 9. Jh. werden auch
Mönche zum Priester geweiht und die
Liturgie tritt ins Zentrum des
Klosterlebens.
Es entstehen die Adelsklöster, die neue
Brüder nur bei innerer Eignung und einer
entsprechenden Schenkung aufnehmen.
Die Macht und der Reichtum der Klöster
steigt damit zusehends.
Das Beispiel Cluny verdeutlicht dies, mit
einer strengen schon feudalen
Hierarchie, sehr eindrucksvoll. Der Abt
von Cluny war nämlich lediglich dem
Papst unterstellt. Die Priors der
Töchterklöster unterstanden direkt dem
Abt von Cluny. Die cluniaziensischen
Mönche unterlagen einer strengen Zucht
und absolutem Gehorsam. Diese Klöster
entstand aus einer Reformbewegung
gegen die Verweltlichung des
Klosterlebens.
„Die Blüte der sakralen Kunst des 11. Jh.
wurde von den liturgischen Funktionen
hervorgerufen, die die Mönche für die
Gesamtheit des Volkes erfüllen.“ (Duby)
Die Funktionen bestanden im
Wesentlichen im Beten und der Pflege
der Liturgie und der Vermehrung der
Gäubigen.
Das Christentum propagiert den
strafenden Gott und die Menschen
glauben, daß den Sündern auf Erden in
der Hölle Qualen und Leiden drohen.
Der Tod und der Übergang zum Tod ist
das zentrale Thema in der romanischen
Kunst. Das irdische Leben gilt als
Übergangsstadium.
Diese Vorstellung bringt den Reliquien-
und Todeskult, die Wallfahrten, sowie die
Kreuzzüge, denn die Kirche nutzt die
Angst ihrer Gläubigen vor den drohenden
Höllenqualen. Sie bietet die Vergebung
der Sünden durch die Buße. Durch
körperliche Arbeit, Wallfahrt, Beten oder
eine Spende an die Kirche können die
Sünden vergeben, bzw. die Zeit im
Fegefeuer verkürzt werden.
Insbesondere Stiftungen sollten für den
Stifter die göttliche Gnade erreichen und
für sich selbst nebenbei ewiges
Gedenken.
Wallfahrten und Reliquienkult
Daher pilgerten, spendeten und bauten
die Menschen an Kirchen für ihr
Abbildung 1 Heilig-Grab-Kirche (- 1=konstant. um 330,
2=byzant. um 1040, 3= ma um 1167)
Seelenheil. Beste Voraussetzungen für
die Blüte der sakralen romanischen
Baukunst. Die Cluniaziener errichteten an
drei der vier großen Ausgangspunkte der
Wallfahrten nach Santiago de
Compostella Abteien, und viele
Herbergen auf dem Weg dorthin waren
Klöster Clunys. Diese Klöster und
Kirchen mit ihrer reichen Ausstattung
waren ausschließlich zum Lobe Gottes
errichtet.
Der Reliquienkult wurde dadurch
geschürt, daß jeder Kirche und jedem
Altar eine Heiligen-Reliquie beigefügt
werden mußte. Die Lehre des
unversehrten Leibes wurde zugunsten
derer, daß in jedem Körperteil der Heilige
anwesend sei, aufgehoben, um den
ungeheuren Bedarf an Reliquien decken
zu können.
Um den Gläubigen den langen Weg nach
Jerusalem zu ersparen, entstehen die
ersten Kopien der Heilig-Grab-Kirche
(Abb. 1).
Deren Verbreitung zeigt Abb.2.
Kopieren war damals die übliche
Methode beim Entwurf eines Bauwerkes.
Die Kreisform ist das Symbol für das
Himmlische. Die Zentralbauten greifen
dieses Thema auf, während die
Saalkirchen den christlichen Lebensweg
vom Diesseits (Langschiff) ins
Himmlische Jerusalem (Altar)
symbolisiert.
Die Grabeskirche und auch St. Maria im
Kapitol wirken wie eine Verschmelzung
beider Ansätze.
Abbildung 2 Kopien der Heilig-Grab-Kirche
• Vorromanik-Frühromanik
Karolinger-Ottonen (750-1024)
Die 798 vollendete Aachener Pfalzkapelle
ist einer der wenigen Zentralbauten der
Karolinger. Vorherrschend ist zu dieser
Zeit der Typus der dreischiffigen Basilika,
mit Langhaus, niedrigerem Querhaus,
Vorjoch und halbrunder Apsis. Durch das
niedrigere Querhaus konnte noch keine
ausgeprägte Vierung entstehen.
Die Ottonen festigen das nach Karl dem
Großen zerfallene Reich und Sachsen
wird das neue Machtzentrum.
Die ottonische Baukunst behält die
karolingischen Formen weitgehend bei.
Unter Otto I entstehen die ersten
Großbauten, unter Otto II werden im
Kirchenraum auch Säulen verwandt und
unter Otto III entsteht der
Stützenwechsel.
Unter den Ottonen entsteht der Typus der
Querhausbasilika, bestehend aus
dreischiffigem Langhaus, Querhaus und
ausgeschiedener Vierung.
Ab dem 9. Jh. wird der Westteil der
Kirchen, zur Betonung des selbständigen,
bzw. dem Kaiser und somit der weltlichen
Macht vorbehaltenen, Kirchenteils erhöht.
Anfang der 11. Jh. entsteht der
Überfangbogens und das Würfelkapitel.
Typisch sind große glatte Wandflächen
außen und innen. Der fehlende
Sockelbereich außen läßt die Kirchen als
aus dem Boden wachsend erscheinen.
Abbildung 3 St. Michael, Hildesheim von Nordwest
Hauptbauwerke der Zeit sind St. Cyriak
in Genrode (um 1000), und St. Michael in
Hildesheim (1010-1033)( Abb.3+4 ).
Abbildung 4 Grundriß St. Michael, Hildesheim
Letzteres zeigt erstmalig die Anwendung
des St. Gallener Klosterplans (Abb. 5).
Dieser Plan ist der älteste erhaltene
mittelalterliche Bauplan mit einem festen
auf Quadraten basierenden Maßsytem.
Bei St. Michael handelt es sich um eine
dreischiffige Basilika mit zwei
Querhäusern und einer ausgeschiedenen
quadratischen Vierung, die das
Grundmaß für das Bauwerk bildet.
Die Eckpunkte der Grundrißquadrate sind
Pfeiler, zwischen denen je zwei von
einem Bogen überspannte Säulen
(sächsischer Stützenwechsel) stehen.
Neu ist auch der Gliederungsgedanke –
die Akzentuierung, Rhythmisierung und
Unterbrechung der Reihung, sowie der
Einbau von Emporen.Abbildung 5 St. Gallener Klosterplan
• Hochromanik
Salier (1000-1150)
Cluny III (Abb. 6+7) bildet den Höhepunkt
der cluniaziensischen Bestrebungen um
die Betonung der Heiligkeit des
liturgischen Zentrums.
Die außerordentliche Überhöhung des
Ostteils, gegenüber des Westwerkes,
dient der Betonung der Bedeutung und
Macht Gottes.
Abbildung 6 Schema Rekonstruktion v. Cluny III
Abbildung 7 Grundriß Klosteranlage Cluny III
Die Kaiserdome Speyer 1030-12. Jh.
(Abb.8+9) , Mainz (1081—1137) und
Worms (1125 bis 13. Jh.) hingegen,
verdeutlichen in ihrem Westwerk
hingegen zudem die Größe des Kaisers.
Abbildung 8 Kaiserdom zu Speyer
Er diente auch als Grabstätte des
Kaisergeschlechts der Salier.
Das geplante Tonnengewölbe über dem
Mittelschiff konnte aus technischen
Gründen erst in der zweiten Bauphase
verwirklicht werden. Dazu war eine
Verstärkung jedes zweiten Pfeilers
notwendig.
Neu ist auch das gebundene System
Die Aufriß der Langhauswände wird
stärker modelliert. Damit werden die bis
dahin vorherrschenden großen
Wandflächen aufgelockert und
rhythmisiert.
Die Fenster des Obergaden orientieren
sich axial an den Arkadenbögen.
Dies ist eine Grundvoraussetzung für die
Wölbung in Jochen.
Abbildung 9 Hauptschiff Kaiserdom zu Speyer
Außerdem tritt damit die horizontale in
der Bedeutung der Wandgliederung
zurück. Blendnischen anstelle der glatten
Wände betonen die Vertikale, das
Aufstrebende und die Steilheit des
Raumes.
Die ersten Zwerggalerien tauchen auf.
• Spätromanik
Staufer – Welfen (1150-1250)
Es erscheinen Blendbögen und
Säulenreihen in den Fassaden.
Sehr wichtige Bauten der Zeit sind die
staufische Klosterkirche Maria Laach
(Abb. 10) und der Kaiserdom zu Worms
(Abb. 11).
Sie sind zwei sehr typische, aber auch
sehr unterschiedliche und jeweils der
Ambition der Erbauer entspringende
Bauten.
Maria Lach, die Klosterkirche hat sehr
ausgewogene Turmgruppen in Ost und
West.. Sie wirkt recht gedrungen und
auch schwerer als zum Beispiel der ältere
Dom zu Speyer. Die Flächen des
Außenbaus sind durch Lisenen
gegliedert. Die Rundbogenfriese ruhen
auf kleinen Konsolen.
Alles in Allem wird der Bau imposant,
aber schlicht.
Abbildung 10 Maria Laach
Die Spätromanik ist die große Zeit der
Einwölbung. Die Technik wird nun
allgemein vorherrschend.
Beim Kaiserdom zu Worms (1120/30-
1181) türmen sich die Baumassen im
Westen auf. Außen zeigt er sich in einem
sehr einheitlichen Stil. Eine Besonderheit
und Neuheit ist der polygonale
Chorabschluß im Osten, der von zwei
Rundtürmen flankiert wird. Dieser Typus
gibt es sonst erst seit Beginn des 13.Jh.
in Deutschland.
Der Westchor zeigt ein Höchstmaß an
Durchbildung einer Mauer. Er gehört
schon in die späteste Stufe der
staufischen Architektur.Abbildung 11 Kaiserdom zu Worms
Spätstufe
Adel und Rittertum beginnen ebenfalls
Träger der Kultur zu werden.
Bei den sakralen Bauten spiegelt sich
dies in der häufig gleichwertigen
Gestaltung von Ost- und Westbau.
Immer mehr Blendbögen und
Säulenreihen zieren die Fassaden.
Eine starke plastische Durchbildung der
Fassaden, durch Zerlegung in Schichten
ist ein typisches Merkmal der
Spätromanik.
In der staufischen Spätstufe (nur in
Deutschland) tritt das Monumentale in
den Vordergrund.
2. Rheinische Romanik
Einer der Hauptgedanke der salischen
Baukunst ist es alles in einen Kontext zu
fassen. Zu dieser Zeit führt die
Rheinische Bauschule bei der
Umsetzung dieses Gedankens. St.
Maria im Kapitol bildet einen der
Höhepunkte, durch die klare
Angliederung des Kleeblattchores
(Trikonchos) an die dreischiffige Basilika.
• Trikonchos
Der Begriff Trikonchos ist auf den
griechischen Begriff Conche ( Muschel
zurückzuführen. In der Architektur äußert
sich die Form des Trikonchos in
geometrisch reiner Gestalt dreier
halbrunder Apsiden an drei Seiten eines
Quadrates angeordnet dessen vierte
Seite offen oder geschlossen ist.
Trikonchen gehörten zum Formengut der
römischen Profanarchitektur. Die cella
trichora (reine Form ohne vierten Arm)
fand Verwendung als Speisesaal
(Triklinum), so zum Beispiel in Villen in
Piazza Armerina auf Sizilien, oder als
Thermenarchitektur, wie in den
Kaiserthermen von Trier.
Die ältesten christlichen Dreikonchen-
anlagen sind Friedhofskapellen aus dem
3. und 4. Jh., wie S. Sixtus (Abb. 12).Abbildung 12 S. Sixtus bei Rom
• Wandaufbau
In den Konchen findet man häufig unten
kleinere halbrunde Nischen, und im
oberen Konchenteil eine Galerie (Abb. )
Abbildung Groß St. Martin Ostkonche
Der dreigeschossige Wandaufbau, wie in
Groß St. Martin (Abb. 13), mit Arkaden,
Abbildung 13 Groß St. Martin Blick nach Nordwest
Triforium und Obergaden, entsteht im
Rheinland, und wird ein verbreiteter
Baugedanke.
Anstelle des Triforiums kann auch wie in
St. Ursula in Köln eine Empore
auftauchen.
Charakteristisch für die Kölner Kirchen ist
der zweischichtige Wandaufbau, der
Innen- und Außenraum bestimmt, und
körperhafte Mauer auflockert.
Ein typisches Beispiel dafür sind
Laufgänge hinter Bogenstellungen
(Zwerggalerie, Abb. 14). Für die
Abbildung 14 St. Aposteln, Köln Ostansicht
staufische Architektur, ist dies besonders
elegant.
• Rheinische Apsidengliederung
Hierbei handelt es sich um die Vorstufe
zum rheinischen Stützenwechsel .
Schlanke Halbsäulen im Wechsel mit
schmalen Pilastern (Abb. 15) gliedern
die Wände .
Abbildung 15 St. Maria im Kapitol , Ostkonche
• Rheinischer Stützenwechsel
Der Rheinische Stützenwechsel, Pfeiler-
Säule-Pfeiler, dient der Gliederung der
Längswände im Langhaus.
Er unterstützt das gebundene System bei
der Wölbung, bei dem auf ein
Mittelschiffjoch je zwei Seitenschiffjoche
entfallen. Die Pfeiler markieren die
Eckpunkte des Mittelschifffochs, während
die Säule die dritte Stütze der zwei
Mittelschiffjoche ist.
• Vierungsturm
Einer der eindrucksvollsten, und neben
dem Dom stark die Silhouette Kölns
prägende, Vierungstürme ist der von
Groß St. Martin (Abb. 16).
Abbildung 16 Gr0ß St. Martin von Westen
Den Übergang der Spät-Romanik im
Rheinland zur Gotik findet man am
Bonner Münster (Abb. 17). Hier kann
man viele Elemente der Rheinischen
Bauschule (Konchen, Wandaufbau,
Zwerggalerien, Vierungsturm) neben den
Bündelpfeilern und Spitzbögen der Gotik
sehen.Abbildung 17 Bonner Münster
• Kölner Kirchen
„Keine andere deutsche Stadt
beherbergte im frühen Mittelalter neben
der Bischofskirche so viele Stifte, Klöster
und geistliche Niederlassungen wie Köln.
In dem Jahrhundert zwischen 1150 und
1250 bauten fast alle ihre Kirchen neu.
Noch heute sind zwölf großartige
romanische Basiliken erhalten, von
denen einige zu den besten Werken ihrer
Zeit gehören. Neben St. Maria im Kapitol,
das zu den Schöpfungsbauten der
Romanik zählt, ragen vor allem die
Großkirchen der Spätromanik hervor, die
mit ihrer unverwechselbaren
Formensprache eine eigene Stilgruppe
bilden.
Trotz schwerer Kriegszerstörungen und
einem nicht immer originalgetreuen
Wiederaufbau kann sich Köln heute
rühmen, das bedeutendste Ensemble
romanischer Baukunst in Deutschland zu
besitzen.“
(Zitat: Arnold Wolff, Dombaumeister)
Die wichtigste Voraussetzung für die
Baulust im MA war neben dem
Enthusiasmus der Gläubigen die
politische Macht und damit verbundene
Reichtum Kölns. Die enge familiären
Verflechtungen von Kirche und
Kaiserhaus und die günstige Lage Kölns
waren die Hauptursachen dafür.
Auf dem Stapelrecht basiert schließlich
die finanzielle Grundlage der Stadt.Abbildung 18 Kölner Kirchen 1248
Das Dekagon (fertiggestellt 1227) von St.
Gereon ist ein besonders eindrucksvolles
Raumerlebnis.
3. St. Maria im Kapitol
• Baudaten und Geschichte
Die erste Kirche, die Plektrudis (+717),
Gattin Pippins des Mittleren, als Ruhesitz
diente, wurde auf den Fundamenten des
eines römischen Kapitoltempels (Abb.19)
erbaut, was den späteren Namen der
Kirche erklärt.
Abbildung 19 Grabungsbefund
Dieser Tempel, zu Ehren der Gottheiten
Jupiter, Juno und Minerva errichtet,
stammte vermutlich aus der ersten Hälfte
des 1. Jh. und damit aus der
Gründungszeit der Colonia.
Im MA war aber dieser Tempel jedoch
nicht nur als Steinbruch interessant, es
galt zudem als gute Tat einen
heidnischen Tempel zu zerstören.
Bei der Kirche handelte es sich
wahrscheinlich um eine kleine Saalkirche
oder Kapelle, eine Art Hauskapelle der
Hausmeier. Erste schriftliche Erwähnung
findet sie in Ruotgers
Lebensbeschreibung des Erzbischofs
Bruno (953-965).
Der heutige, nach dem 2. Weltkrieg
restaurierte Bau, entspricht in seiner
Gestalt dem , den die Äbtissin Ida
zwischen 1040 und 1060 bauen ließ.
Sie war eine Tochter des Pfalzgrafen von
Ezzo, der eine Schwester Kaiser Ottos III.
geheiratet hatte, und somit den Ottonen
eng verbunden.
• Vorbilder
Als Vorbilder für den Bau gelten die
Geburtskirche in Bethlehem und die
Hadriansvilla bei Tivoli für den Grundriß, -
für die Anlage mit Westbau und östlichem
Dreikonchenchor seien die Benediktiner-
Abteikirche St. Michael in Hildesheim
(1010-1035) und der Speyrer Dom (1029-
1061) bestimmend gewesen, und die
Aachener Pfalzkapelle wird in Westwerk
und Empore zitiert.
• Baukörper
Die Kirche ist ein dreischiffiger Bau mit
einer basikal gestuften
Dreikonchenanlage im Osten und
dreitürmigen Westbau. Unter der
Dreikonchenanlage erstreckt sich eine
Hallenkrypta mit seitlichen Annexen in
Langhausbreite .
Man kann den Bau sowohl als trikonche
Querschiffbasilika, als auch als Vierpaß
ohne vierte Apsis sehen.
Es handelt sich in jedem Fall um ein
Hauptwerk der salischen
Kirchenbaukunst in Deutschland, - ein
Schöpfungsbau, da sie zum ersten mal
die Verschmelzung von Längs- und
Zentralbau zeigt und dabei gleichzeitig
das Thema Trikonchos zu höchster
Vollendung bringt.
Der Grundriß (Abb. 20) zeigt die schlichte
Formvollendung.
Abbildung 20 Grundriß nach Rathgens
Abbildung 22 Schnitt längs
Unter der Dreikonchenanlage erstreckt
sich eine Hallenkrypta mit seitlichen
Annexen in Langhausbreite .
Abbildung 21 Krypta
• Herleitung des Grundrisses
Von Klaus Gereon Beuckers stammen
die folgenden Theorien zum Grundriß von
St. Maria im Kapitol.
Seit Hugo Rathgens eine Verwandtschaft
zwischen der Geburtskirche in Bethlehem
und St. Maria im Kapitol erkannt hat, -
spätestens aber nach der
Ineinanderprojektion derer beiden
Grundrisse durch Ottmar Schwab 1987
(Abb. 23), gilt die Herleitung des Kölner
Trikonchos als sicher.
Abbildung 23 St. Maria im Kapitol + Geburtskirche
Jedoch fehlt bei der Geburtskirche der
Umgang in den Konchen, wodurch eine
sehr unterschiedliche Raumwirkung
entsteht.
Auch die Maße für das Vierungsquadrat,
als Grundlage der Grundrißkonfiguration,
sowie die Radien der Apsiden stimmen
nicht überein. Maßliche
Übereinstimmungen finden sich beim
Querhaus. Hier stimmt das Außenmaß
der Geburtskirche mit dem Innenmaß der
Säulenstellung von St. Maria im Kapitol
überein. Eine ungefähre
Übereinstimmung findet sich bei den
jeweiligen Außenmaßen der Wände der
sich an die Ostkonchen anschließenden
Kapellen.
Dazu bemerkt Herr Beuckers, daß das
Maßnehmen im Inneren der
Geburtskirche erheblich leichter gewesen
sei, als
die Aufnahme der Außenmaße,
insbesondere, da die Kirche östlich
eingebaut ist.
Auf der Suche nach dem Umgang muß
man auf andere Bauten zurückgreifen,
wie beispielsweise die Abteikirche in
Stavelot (11.Jh., Abb. 24) oder San
Lorenzo in Mailand (Spätantike).
Stavelot besitzt einen solchen Umgang,
wobei das Querhaus allerdings im
Gegensatz zu St. Maria im Kapitol
rechteckig ist. Es besteht auch eine
Beziehung zwischen beiden, da
Erzbischof Hermann II, Bruder der
Äbtissin Ida, diese 1040 geweiht hat.
Im näheren Umfeld besitzt auch noch St.
Servatius in Maastricht, die 1039 geweiht
wurde polygonale Querkonchen mit
innerem Umgang. Es ist allerdings unklar,
ob dieser Umgang schon bei der Weihe
bestanden hat.
Erzbischof Hermann war als Erzkanzler
des Reiches für Italien immer wieder
längere Zeit in Tivoli gewesen und so
liegt es nahe, daß ihm der Grundriß der
Ruine der Hadriansvilla bekannt war.
Diese besaß ein Triklinum mit einem
Abbildung 24 Abteikirche Stavelot
leicht längs gestreckten Mittelsaal, das in
der Raumwirkung von St. Maria im
Kapitol viel ähnlicher gewesen sein
dürfte, als die der Geburtskirche. Eine
Ineinanderprojektion der Grundrisse
(Abb. 25) zeigt, daß die Gebäude
maßlich zwar nicht hundertprozentig
übereinstimmen, sich aber in Grundriß-
proportionen stark
ähneln.
Abbildung 25 St. Maria im Kapitol + Triklinum
Maßliche Übereinstimmung gibt es hier
auch genau andersherum, da diesmal
das Außenmaß des Querhauses mit dem
Innenmaß beim Triklinum übereinstimmt.
Die Radien der Konchen sind bei beiden
gleich. Zentrale Punkte, wie die
kreuzförmigen Pfeiler fallen mit den
Ansetzen der Kölner Säulenreichen
übereinander. Da die Hadriansvilla im 11.
Jh. bereits eine bekannte Ruine war,
dürfte sich auch damals schon leicht zu
vermessen gewesen sein.
Alles in Allem muß die Frage nach dem
Vorbild des Trikonchos von St. Maria im
Kapitol aber weiter offen bleiben, da bis
jetzt keine Erkenntnisse über den
Wissenstand der Äbtissin oder ihres
Bruders Hermann gibt.
• Dach
Das Mittelschiff besaß ursprünglich, wie
heute im rekonstruierten Nachkriegs-
zustand, eine Flachdecke, die später
durch eine Wölbung ersetzt wurde
(Abb.27+28) . Die Seitenschiffe hingegen
waren von Anfang an gewölbt.
Die Querarme der Konchen haben
Vorjoche mit einem Tonnengewölbe, an
das nach außen eine Halbkuppel
anschließt.
Über der Vierung schwebt eine
Halbkuppel ohne aufgesetzten Turm.
Abbildung Blick in die Kapelle
Die kleinen, sich in die Ecken des
Kleeblattes anschmiegenden, Kapellen
besitzen ein Kreuzgratgewölbe (Abb. 26).
Abbildung 27 Blick nach Osten Zustand um 1910
Abbildung 28 Blick nach Westen
• Wandgliederung
Die Gliederung der Konchenräume
(Abb. 29) besteht aus jeweils sieben
Arkaden auf sechs schlanken Voll- und
zwei Halbsäulen mit quadratischen
Plinthen,
attischen Basen, Würfelkapitellen und
profilierten Kämpferplatten. Über einem
durchlaufenden Gesims befinden sich
Rundbogenfenster.
Die Wandgliederung des Langhauses
besteht im Mittelschiff aus jeweils sieben
rundbogigen Scheidarkaden auf
längsrechteckigen Pfeilern mit axial
darüber angeordneten
Rundbogenfenstern. Den sechs breiten
Freipfeilern der Arkaden sind zu den
Seitenschiffen hin Halbsäulen mit
Würfelkapitellen vorlegt, die zusammen
mit den gleichartigen Vorlagen der
Seitenschiffs-Außenwände die Gurtbögen
der fast quadratischen Kreuzgratgewölbe
tragen.
Abbildung 29 Ostkonche
Abbildung 30 Mittelschiffwand
Zitate
Abbildung 31 Empore Innenraum Rtg. Westen
Abbildung 32 Innenraum Oktogon Aachener Pfalz
Die Empore des Westwerkes von St.
Maria im Kapitol Zitiert die des
Oktogons in der Aachener Pfalzkapelle.
Möglicherweise ist die eine Anspielung
auf den Anspruch der Kölner, in der
Bedeutung der der Kaiserstadt nicht
nachzustehen.
Auch im Turm des Westwerk es wird der
Aachener Dom zitiert.
Abbildung 33 Zeichnung ursprüngliche
Dreiturmgruppe St. Maria im Kapitol
Vierung
• Ausstattung
Im Inneren sind wichtige Teile der reichen
Ausstattung erhalten, u.a. die romanische
Bildertür (um 1060), der Lettner
(1520/25), der Sarkophag der Plektrudis
und zahlreiche bedeutende
Glasmalereien, die hier aber nicht weiter
erläutert werden.
Lettner
Querschiff
Quellennachweis:
Literatur und Bilder:
• Schlaglichter der deutschen Geschichte, Helmut M. Müller
• Brockhaus in fünf Bänden
• Jerusalemskirchen, Katalog zu Ausstellung, J. Pieper, A. Naujokat, A. Kappler
• Baustilkunde, Wilfried Koch
• Die Kunst der Romanik, Hrsg. Rolf Toman
• Kölns romanische Kirchen, Werner Schäfke
• Colonia Romanica 3, 11 und 15
Jahrbücher des Fördervereins Romanische Kirchen in Köln e. V.
nur Bilder:
• Kirchen in Köln, Hiltrud Kier
• Romanik in Köln, Anthologie, Förderverein R. K. i. K. e. V.
• www.an.online.de
• www.eurofeldlipid.org
• www. freizatradler.de wormser dom
• www.wormser-dom.de
• www.maria-laach.de
• www.arch.uiuc.edu#
• www.naturfreunde.de
• www.stadt koeln.de
• www.city-guide-koeln.de
• www.romanische-kirche-koeln.de
• www.city-guide-aache.de
• www.dombauverein-speyer.de
u. a.