Sucht im Alter
Dr. Dirk K. Wolter Psykiatrien i Region Syddanmark
Gerontopsykiatrisk Afdeling Aabenraa
Zunahme von Suchtproblemen im Alter
• Vorerfahrungen mit illegalen Drogen (USA): – >50-Jährige 11 % – „baby boomers“ 49 % (Gfroerer et al. 2003)
• Abhängige von Alkohol u. illegalen Drogen (USA): – 2000: 1,7 Mio (2,3 % der Bevölkerung ab 50 Jahre) – 2003 Prognose für 2020: 4,4 Mio (3,9 %) (Gfroerer et al. 2003) – 2009 Prognose für 2020: 5,7 Mio (4,9 %) (Han et al. 2009)
• Konsum illegaler Drogen (USA): (Colliver et a. 2006) – 2000: 1,6 Mio (2,2 %), Prognose 2020: 3,5 Mio (3,1 %)
• Nicht bestimmungsgemäße Einnahme von Psychopharmaka (USA): (Colliver et a. 2006) – 2000: 0,9 Mio (1,2 %), Prognose 2020: 2,7 Mio (2,4 %)
Zunahme von Suchtproblemen im Alter
• Beibehaltung von Konsumgewohnheiten • Bessere Lebensbedingungen und Gesundheits-versorgung
längere Lebenserwartung auch für Suchtkranke (Paradox: körperliche Folgeerkrankungen verlieren an Schrecken) (Beynon 2009)
• Veränderungen von Familienstrukturen, Wertewandel, Preisverfall bei Alkohol (Johnson & Gerstein 1998)
• „baby bommers“ = erste Generation mit Erwartungen und Einstellungen der „quick fix“-Kultur: für jedes Problem eine schnelle Lösung, z. B. Pillen (Dowling et al. 2008)
• Künftige Bedeutung von nicht-stoffgebundenen Süchten? (Clarke 2008, Levens et al 2005, Petry 2002)
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Rauchstopp im Alter: Hemmnisse
• „Im Alter lohnt es sich nicht mehr“ • „Die Schäden durch das langjährige Rauchen sind bereits
eingetreten, warum jetzt noch etwas tun?“ – „The damage has already been done“.
• „Man muss ja nicht ganz aufhören, Einschränkung des Tabakkonsums nutzt auch schon.“
• „Rauchen kann in gewissem Rahmen gut für ältere Menschen sein und die Lebensqualität verbessern.“
• „Rauchen ist eine der letzten Freuden im Leben alter Menschen.“
• „Je älter desto schwerer der Entzug“ • … wenn das Personal selbst raucht.
(Cataldo 2007, vgl. Andrews et al. 2004, Schofield 2006)
Rauchstopp im Alter: Hemmnisse
• „Im Alter lohnt es sich nicht mehr“ • „Die Schäden durch das langjährige Rauchen sind bereits
eingetreten, warum jetzt noch etwas tun?“ – „The damage has already been done“.
• „Man muss ja nicht ganz aufhören, Einschränkung des Tabakkonsums nutzt auch schon.“
• „Rauchen kann in gewissem Rahmen gut für ältere Menschen sein und die Lebensqualität verbessern.“
• „Rauchen ist eine der letzten Freuden im Leben alter Menschen.“
• „Je älter desto schwerer der Entzug“ • … wenn das Personal selbst raucht.
(Cataldo 2007, vgl. Andrews et al. 2004, Schofield 2006)
Auswirkungen einer systematischen
Erfassung des Rauchstatus
Interventionsrate
Abstinenzquote
keine systematische Erfassung
38,5 % 3,1 %
systematische Erfassung 65,6 % 6,4 %
nach: Lindinger P (2005): Die Motivation des Rauchers zur Abstinenz.
In: Batra A (Hrsg.): Tabakabhängigkeit. Wissenschaftliche Grundlagen und Behandlung. Stuttgart: Kohlhammer.
Was nutzt Rauchstopp?
• Nach 20 min – Puls und Blutdruck sinken,
Körpertemp. Hände/Füße steigt auf normale Werte
• Nach 8 Stunden – CO-Konz. im Blut sinkt, O2-Konz.
steigt auf normale Werte
• Nach 24 Stunden – Herzinfarktrisiko sinkt ab jetzt
• Nach 48 Stunden – Beginn Regeneration der
Nervenenden. Geruchs- und Geschmackssinn verbessert
• Nach 2 Wo – 3 Mon – Kreislaufstabilisierung, Verbesserung
Lungenfunktion
• Nach 1 – 9 Monaten – Weniger Hustenanfälle, NNH-
Probleme und Kurzatmigkeit. Lunge wird gereinigt. Infektionsgefahr sinkt, mehr körperliche Kraftreserven.
• Nach 1 Jahr – Risiko Koronarinsuff. 50 %.
• Nach 5 Jahren – Risiko Lungen-, Mundhöhle, Luft-/
Speiseröhrenkrebs 50 %.
• Nach 10 Jahren – Lungenkrebsrisiko wie bei
Nichtrauchern. Risiko für andere Krebsarten sinkt.
• Nach 15 Jahren – Risiko Koronarinsuff. wie bei
lebenslangem Nichtraucher
Nach: Lindinger 2005 nach American Cancer Society
Rauchstop im Alter
• Ein Datum festsetzen
• Evtl. kurz vorher Beginn Nikotinpflaster
• Vorbereitung
– Wann ist der Druck am größten?
• Tageszeit
• Situation
– Alternativen für den Griff zur Zigarette
• haptisch, gestisch, Bewegungen
• Ggf. medikamentöse Unterstützung
Medikamente zur Raucherentwöhnung
• Nikotinersatz – Diverse Formen, Dosierung nach Tabakkonsum, beginn
kurz vor/mit Rauchstop
• Bupropion (Zyban) – (Elontril, nichtretardiert), Beginn noch während des
Rauchens. Krampfanfälle, Tachykardie, RR-Anstieg, Interaktionen
• Nortriptylin (Nortrilen) – Nur als Antidepressivum zugelassen, trizyklisch
• Vareniclin (Champix) – Partieller Agonist am nikotinischen ACh-Rezeptor, wohl
besser wirksam als Bupropion. Cave kardiovaskuläre UAW
www.bzga.de
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Dia von J. Lützelschwab, Langenbruck, CH
Ältere Heroinabhängige • Vorgealtert, körperliche Beeinträchtigungen, die deutlich
älteren Kohorten der Gesamtbevölkerung entsprechen. (Rosen et al. 2008)
• Reduzierte Lebenserwartung durch Drogenkonsum: – minus 18 - 22,5 Jahre (Fareed et al. 2009, Lofwall et a. 2005)
• Häufiger: Hypertonie, Lebererkrankungen, organische Schmerzsyndromen und eingeschränkte körperlicher Leistungsfähigkeit, verglichen mit jüngeren Drogenkonsumenten und verglichen mit der gleichaltrigen Gesamtbevölkerung. (Lofwall et al. 2005)
• Kumulation von Risikofaktoren: Hepatitis C 73-100 % (gleichaltr. Ges.-Bev. 2 %), Raucher über 85 % (23 %), Diabetes mell. 13-18 % (9,6 %). (Fareed et al. 2009, Hser et al. 2004)
• Keine adäquate Einbindung in med. Versorgung, nur 7,1 % regelm. Hausarztkontakt. (Rajaratnam et al. 2009)
Aus: Wolter DK: Sucht im Alter – Altern und Sucht. Stuttgart: Kohlhammer 2011
Dia von Irmgard Vogt, Frankfurt
Langzeitstudien: Konsummuster Heroin, 1 Hser et al. 2007
CAP-Studie mit 471 von 581 Männer, die 1962-64 an einer Zwangstherapie teilgenommen haben.
Gruppe 1 Frühaussteiger (über 10 Jahre)
Gruppe 2 Reduzierer (über 15 Jahre)
Gruppe 3 Dauerkonsumenten – chronisch Abhängige
Deutsches Ärzteblatt 25/2011
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
LONTS 2 2014
Entwicklung der Einstellung zu OA
• Bis ca. 2003 – Unkritische Übertragung der Erfahrung mit
Malignompatienten und akuten Schmerzen auf Nicht-Tumorschmerzen
– Jeder Schmerz kann mit Opioiden erfolgreich behandlet werden, wenn man nur hoch genug dosiert
– Missbrauchsrisiko vernachlässigbar gering
– Complianceprobleme als Ausdruck analgetischer Unterdosierung (”Pseudoaddiction”)
Deyo RA, von Korff M, Duhrkoop D: Opioids for low back pain. BMJ 2015;350:g6380 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.g6380
open access
open access
open access
Entwicklung der Einstellung zu OA
• Ab ca. 2003 – Erfahrungen mit Malignompatienten und akuten
Schmerzen lassen sich nicht einfach auf Nicht-Tumorschmerzen übertragen
– Begrenzte Wirksamkeit bei Nicht-Tumorschmerzen
– Massiver Verordnungsanstieg (”Epidemie”)
– Risiken der Langzeit- und Hochdosisbehandlung
– Missbrauchsrisiko groß
– Complianceprobleme als Ausdruck von Missbrauch/Abhängigkeit
• ”Eingeschlossen wurden 11 offene Anschlussstudien mit 2445 Teilnehmern, die nozizeptive (Kreuzschmerz, Arthrose) und neuropathische Schmerzen (radikulär, Polyneuropathie) hatten.
• Die Studiendauer betrug im Median 26 Wochen (26–108 Wochen). • Nur eine Minderheit der Patienten, die bei der Randomisierung für eine
Opioidtherapie ausgewählt worden waren, beendete die offene Langzeitstudie. • Bei diesen Patienten konnten allerdings anhaltende Effekte einer Schmerzreduktion
gezeigt werden. • Eine Langzeittherapie mit Opioiden kann bei sorgfältig ausgewählten und
überwachten CNTS-Patienten erwogen werden, die in der kurzfristigen Therapie mit Opioiden bei zumindest tolerablen unerwünschten Ereignissen eine klinisch bedeutsame Schmerzreduktion erfahren haben.”
For chronic back pain, • systematic reviews find scant evidence of efficacy. • Randomized controlled trials have high dropout rates, brief
duration (four months or less), and highly selected patients. • Opioids seem to have short term analgesic efficacy for chronic
back pain, but benefits for function are less clear. • The magnitude of pain relief across chronic non-cancer
pain conditions is about 30%. • Given the brevity of randomized controlled trials, the long term
effectiveness and safety of opioids are unknown.
• Opioids do not seem to expedite return to work in injured workers or improve functional outcomes of acute back pain in primary care.
Deyo RA, von Korff M, Duhrkoop D: Opioids for low back pain. BMJ 2015;350:g6380 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.g6380 open access
http://www.painpolicy.wisc.edu
http://www.painpolicy.wisc.edu/http://www.painpolicy.wisc.edu/
Dtsch Ärztebl 2013;110(4):45-51
Jensen-Dahm C, Gasse C, Astrup A, Mortensen PB, Waldemar G:
Frequent use of opioids in patients with dementia and nursing
home residents-A study of the entire elderly population of Denmark.
Alzheimers Dement. 2014 Sep 16. pii: S1552-5260(14)02495-9.
doi: 10.1016/j.jalz.2014.06.013
Die Verordnungsrate von Opioidanalgetika
bei Heimbewohnern und Demenzkranken
ist beunruhigend hoch
Nebenwirkungen von OA
• Überdosierungsfolgen bei Hochdosisbehandlung
• Erhöhtes Frakturrisiko (Solomon et al. 2010, Chou et al. 2015),
• Erhöhte Gesamtmortalität (Solomon et al. 2010)
• Erhöhtes Herzinfarktrisiko (Chou et al. 2015).
• Opioidmissbrauch und –abhängigkeit sind auch bei elektiven
orthopädischen Eingriffen mit erhöhter postoperativer Morbidität
und Mortalität verbunden (Menendez et al. 2015).
• Endokrinologische Nebenwirkungen:
bei langfristiger Opioideinnahme kommt es zu Hypogonadismus,
was Libidoverlust und Depressivität/Apathie nach sich zieht,
aber auch den analgetischen Effekt negativ beeinflussen kann;
weitere Folgen sind Osteoporose, verminderte Insulinsekretion
und Hyperglykämie (Brennan 2013, Vuong et al. 2010).
• Immunsuppressive Wirkung (v. a. Morphin) (Sacerdote et al. 2012)
Häufigkeit Opioidabhängigkeit
• durchschn. 3,27 / 11,5 % (Sucht/ADRB) 0,19 / 0,59 % wenn Suchtanamnese negativ Fishbain DA, Cole B, Lewis J, Rosomoff HL, Rosomoff RS: What percentage of chronic nonmalignant pain patients exposed to chronic opioid analgesic therapy develop abuse/addiction and/or aberrant drug-related behaviors? A structured evidence-based review. Pain Med. 2008 May-Jun;9(4):444-59
• 0 - 50 % abh. v. Design und diagnost. Kriterien Højsted J, Sjøgren P: Addiction to opioids in chronic pain patients: a literature review. Eur J Pain. 2007 Jul;11(5):490-518
• Inzidenz 0 - 24, Prävalenz 0 - 31 % „…not associated with a major risk for developing dependence.“ Minozzi S, Amato L, Davoli M: Development of dependence following treatment with opioid analgesics for pain relief: a systematic review. Addiction. 2013 Apr;108(4):688-98.
Wie viele OA-Patienten sind abhängig?
• Aktuellste Metaanalyse: 38 Studien (36 aus USA, 1 DK, 1 N)
• Enge Definition abuse (intention), nur in 1 Studie untersucht.
• High-quality-Studien:
– misuse 2-53,6 % (Mittelwert 23,6-24,5 %),
– addiction 0,7-23 % (Mittelwert 8,8-9,8 %). Vowles KE, McEntee ML, Julnes PS, Frohe T, Ney JP, van der Goes DN: Rates of opioid misuse, abuse, and addiction in chronic pain: a systematic review and data synthesis. Pain. 2015 Apr;156(4):569-76. doi: 10.1097/01.j.pain.0000460357.01998.f1.
Prävalenz Opioidabhängigkeit
Patienten mit langfristiger Opioideinnahme
Uni-Schmerzambulanz København (ø 53 Jahre) Punktprävalenz
– 14,4 % nach ICD-10
– 19,3 % nach Portenoy-Kriterien Højsted J, Nielsen PR, Guldstrand SK, Frich L, Sjøgren P: Classification and identification of opioid addiction in chronic pain patients. Eur J Pain. 2010 Nov;14(10):1014-20
Wie viele OA-Patienten sind abhängig?
• Problematik der diagnostischen Kriterien
– In den gängigen Klassifikationssystemen (ICD-10*, DSM-IV*, DSM-5*) Prototyp Heroinabhängigkeit.
– Seit > 25 Jahren Kritik der Schmerzmediziner
• Alternative Kriterien
– Suchtmittelassoziierte Verhaltensauffälligkeiten ADRB („aberrant drug-related behaviors“)
– Kontrovers und unscharf
*ICD: International Classification of Diseases (WHO)
*DSM: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Am Psychiatric Ass)
Aus: Wolter DK: Schmerzen und Schmerzmittelabhängigkeit im Alter. Die gerontopsychiatrische Perspektive. Kohlhammer 2016
Aus: Wolter DK: Schmerzen und Schmerzmittelabhängigkeit im Alter. Die gerontopsychiatrische Perspektive. Kohlhammer 2016
Erhebliche auf Opioide
zurückzuführende UAW
Kontrollverlust bezüglich
der Opioideinnahme
Intensive Beschäftigung mit der Beschaffung
von Opioiden trotz adäquater Analgesie
Suchtmittelassoziierte Verhaltensauffälligkeiten ADRB
(„aberrant drug-related behaviors“)
• Schwache Indizien
• Horten von Tabletten in Phasen geringerer Symptomatik
• Beschaffung ähnlicher Medikamente bei anderen medizinischen Einrichtungen
• Einzelne eigenmächtige Dosiserhöhungen
• Vehementes Einfordern höherer Dosen
• Nachfrage nach ganz bestimmten Präparaten
• Unzulässige Anwendung des Medikaments bei anderen Symptomen
• vom Arzt nicht angestrebte psychotrope Effekte
• Starke Indizien
• Rezeptfälschung
• Wiederholtes „Verlieren“ von Rezepten
• Rezeptbeschaffung von nichtmedizinischen Quellen
• Entwenden oder „Leihen“ von Tabletten von anderen Personen
• Viele eigenmächtige Dosiserhöhungen
• Injektion oraler Zubereitungen
• Gleichzeitiger Konsum verwandter illegaler Drogen
• Urin-Screening: – Nachweis nicht verordneter Opiate
– Nachweis von Stimulanzien
– Urin-Screening negativ
• Verkauf/Weitergabe verschreibungspflichtiger Medikamente
nach Ives et al. 2006, Kahan et al. 2006
Opioidanalgetika Einnahmedauer
• Norwegen:
Nach 5 J. 24 % der noch Lebenden
(17 % der ges. Ausgangsstichprobe) weiter mit Opioid,
davon 33,7 % Dosissteigerung > 100 %.
Bei hoher Dosis häufiger auch Benzodiazepine. (Fredheim et al. Pain. 2013 Nov;154(11):2487-93)
• USA:
CNTS-Patienten
nach 7-24 Monaten (Ende follow-up)
noch 44 % mit Opioid (Kalso et al. Pain. 2004 Dec;112(3):372-80)
Opioidanalgetika Einnahmedauer Dänemark:
• Kohorte mit Behandlungsbeginn im Jahr 2000:
– 57 % nur im Jahr 2000,
– 33 % mind. 1 Rezept in den folgenden 2-5 Jahren,
– 8 % in jedem Jahr bis Untersuchungsende / Tod.
• Jahreswechsel 2009/10:
– 52 % bis 1 Jahr,
– 25 % 2 - 5 Jahre,
– 10 % 6 - 10 Jahre,
– 13 % länger als 10 Jahre. (Stat. Serumsinstitut)
Arzneiverordnungsreport 2008
Arzneiverordnungsreport 2014
Dänemark: Anteil der Personen, die Rezepte für starke Opioide einlösen, per 1.000 Einwohner je Alterskohorte.
SSI: Brugen af og udgifterne til stærke smertestillende midler er stigende. Kopenhagen o. J.
Frenk SM, Porter KS, Paulozzi LJ: Prescription Opioid Analgesic Use Among Adults: United States, 1999–2012. NCHS Data Brief No. 189, February 2015
% der jeweiligen Kohorte
open access
Frenk SM, Porter KS, Paulozzi LJ: Prescription Opioid Analgesic Use Among Adults: United States, 1999–2012. NCHS Data Brief No. 189, February 2015
% der jeweiligen Kohorte
open access
Risikofaktoren • Sucht-Vorgeschichte Edlund et al. 2007, Ives 2006, Michna et al. 2004
– Eigenanamnese
– Familienanamnese
• psychische Störungen, insbesondere
– Depression und Angststörungen
• Häufigkeit von Arztbesuchen
• Initiale Dosis u. Dauer der OA-Behandlung
• Psychosozialer Stress
• Schmerzintensität bzw. Schmerzfolgen Boscarino et al. 2010, Edwards et al. 2011, Sullivan et al. 2010
Komplexe persistierende Abhängigkeit
• Auch therapeutische Abhängigkeit ist Abhängigkeit
• Entgegen früheren Annahmen
– nicht rasch reversibel
– persistierend auch Monate nach dem Absetzen
• Symptome
– Entzugssymptome, opioid seeking, Craving
– Hyperalgesie
– Anhedonie
• Erfordert therapeutische Elemente wie in der Suchtbehandlung
Ballantyne JC, Sullivan MD, Kolodny A: Opioid Dependence vs Addiction: A Distinction Without a Difference? Arch Intern Med. 2012 Sep 24;172(17):1342-3. doi: 10.1001/archinternmed.2012.3212
Studien an Patienten über 60 Jahre
• Mittlere Studiendauer 4 Wochen
• Nur 5 von 40 Studien über mehr als 12 Wochen
• Besserer Effekt bei neuropathischen Schmerzen als bei Schmerzen des Bewegungsapparates
• Analgetischer Effekt wird nicht mit Alter geringer
• Leichte nichtsignifikante Verbesserung des Schlafes
• Kein Einfluss auf physical quality of life (SF 36)
• Leichte Verschlechterung mental health functioning
• Missbrauchsrisiko korreliert negativ mit Alter Papaleontiou M, Henderson CR Jr, Turner BJ, Moore AA, Olkhovskaya Y, Amanfo L, Reid MC: Outcomes associated with opioid use in the treatment of chronic noncancer pain in older adults: a systematic review and meta-analysis. J Am Geriatr Soc. 2010 Jul;58(7):1353-69
LONTS 2, 2014
LONTS 2, 2014
Erscheint im 2. Halbjahr 2016
www.dggpp.de
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Epidemiologie BZD-Konsum • > 85jährige, Nordschweden/Finnland: BZD-Verordnung
bei 40,7 % (dement: 47,4 % nichtdement: 35,1) (Lövheim et al. 2008 Pharmacoepidemiol Drug Saf)
• > 65jährige Västerbotten (Nordschweden): Verordnung Tranquilizer/Hypnotika 1982 - 13,2 % und 2000 - 39,2 % (Lövheim et al. 2008 Int J Geriatr Psychiatry)
• > 75jährige Schweden, 4. Quartal 2005: Verordnung von BZD (12,2 %) oder BZD-Analoga (16,1 %), zus. 24,6 %, in 4,7 % 2 und in 0,6 % 3 o. mehr Substanzen. 49 % Bedarf, Rest fest. (Johnell und Fastbom 2009)
• > 75jährige Wien: BZD-Verordnung bei 13,8 %, bei 9 % regelmäßig, bei 8,6 % > 6 Mon. (Assem-Hilger et al. 2009)
• zuhause lebende alte Menschen, Quebec (Kanada): chronischer BZD-Gebrauch bei 19,8 %, jährliche Inzidenzrate 1,9 %, positiver Altersgang. (Egan et al. 2000 JAGS)
• Heimbewohner in Belgien: chronischer BZD-Gebrauch bei 50 % (Bourgeois et al. 2012 Eur J Clin Pharmacol)
Aktuelle Metaanalyse
• ca. 3 % der Gesamtbevölkerung nehmen chronisch BZD und Z-Drugs ein,
• bei 47 % der alten Menschen mit BZD-Verordnung chronischer Gebrauch,
• im Alter häufiger als bei Jüngeren Überschreitung der empfohlenen Dosierungen (zwischen 3 % und 70 % in den einzelnen Studien). (Kurko et al. Eur Psychiatry. 30(8):1037-1047)
Reed K, Bond A, Witton J, Cornish R, Hickman M, Strang J:
The Changing Use of Prescribed Benzodiazepines and z-Drugs and of over-the-Counter Codeine-Containing Products in England:
A Structured Review of Published English and International Evidence and Available Data to Inform Consideration of the Extent of Dependence and Harm. 2011.
http://www.webcitation.org/62IwJzrmC
open access
http://www.webcitation.org/62IwJzrmC
Reed K, Bond A, Witton J, Cornish R, Hickman M, Strang J:
The Changing Use of Prescribed Benzodiazepines and z-Drugs and of over-the-Counter Codeine-Containing Products in England:
A Structured Review of Published English and International Evidence and Available Data to Inform Consideration of the Extent of Dependence and Harm. 2011.
http://www.webcitation.org/62IwJzrmC
open access
http://www.webcitation.org/62IwJzrmC
Reed K, Bond A, Witton J, Cornish R, Hickman M, Strang J:
The Changing Use of Prescribed Benzodiazepines and z-Drugs and of over-the-Counter Codeine-Containing Products in England:
A Structured Review of Published English and International Evidence and Available Data to Inform Consideration of the Extent of Dependence and Harm. 2011.
http://www.webcitation.org/62IwJzrmC
open access
http://www.webcitation.org/62IwJzrmC
Barmer GEK Arzneimittelreport 2011
Benzodiazepinwirkungen
Entzugssymptome
Erwünschte (therapeutische) Wirkungen
Effekte bei Überdosierung und Langzeitanwendung
(schleichende Intoxikation)
Ängstlichkeit, Irritierbarkeit, Palpitationen, Unruhe, Depressivität
Angstlösung, affektive Entkoppelung
Gleichgültigkeit, affektive Verflachung,
Interessenverarmung, „Wurstigkeit",
Persönlichkeitsnivellierung, Realitätsflucht, Depressivität
Übererregbarkeit des ZNS durch Wegfall der GABAergen Hemmung: • Krampfanfälle • Nervosität, sensorische Überempfindlichkeit • Schlaflosigkeit, Albträume
Muskelkrämpfe, Myoklonien, Ataxie
Verstärkung GABAerger Hemmung im ZNS: • antikonvulsive Wirkung • Beruhigung ("Tranquilizer")
• Sedierung, Schlafanbahnung
• zentrale Muskelrelaxation
Ausgeprägte GABAerge Hemmung im ZNS: • Benommenheit Antriebsverlust, Apathie, kognitive Beeinträchtigungen • Tagesmüdigkeit, Hangover Koordinationsstörungen, Ataxie, • Muskelschwäche, Gangstörungen, Stürze, Atemdepression
Benommenheit, Konzentrationsstörungen, Konfusion, Delir
Amnesie (i. d. Anästhesie) Fehlhandlungen während d. Amnesie, Vergesslichkeit, Lernhemmung, kognitive Beeinträchtigungen
Benzodiazepinwirkungen
Entzugssymptome
Erwünschte (therapeutische) Wirkungen
Effekte bei Überdosierung und
Langzeitanwendung
(schleichende Intoxikation)
Ängstlichkeit, Irritierbarkeit, Palpitationen, Unruhe, Depressivität
Angstlösung, affektive Entkoppelung
Gleichgültigkeit, affektive Verflachung,
Interessenverarmung, „Wurstigkeit",
Persönlichkeitsnivellierung,
Realitätsflucht, Depressivität
Übererregbarkeit des ZNS durch Wegfall der GABAergen Hemmung:
• Krampfanfälle
• Nervosität, sensorische
Überempfindlichkeit
• Schlaflosigkeit, Albträume
• Muskelkrämpfe, Myoklonien, Ataxie
Verstärkung GABAerger Hemmung im ZNS: • antikonvulsive Wirkung • Beruhigung ("Tranquilizer")
• Sedierung, Schlafanbahnung
• zentrale Muskelrelaxation
Ausgeprägte GABAerge Hemmung im ZNS:
• Benommenheit
• Antriebsverlust, Apathie,
kognitive Beeinträchtigungen
• Tagesmüdigkeit, Hangover
Koordinationsstörungen, Ataxie,
• Muskelschwäche, Gangstörungen, Stürze,
Atemdepression
Benommenheit,
Konzentrationsstörungen, Konfusion,
Delir
Amnesie (i. d. Anästhesie) Fehlhandlungen während der Amnesie, Vergesslichkeit,
Lernhemmung, kognitive
Beeinträchtigungen
Benzodiazepinwirkungen
Entzugssymptome
Erwünschte (therapeutische)
Wirkungen
Effekte bei Überdosierung und Langzeit-anwendung (schleichende Intoxikation)
Ängstlichkeit, Irritierbarkeit, Palpitationen, Unruhe, Depressivität
Angstlösung, affektive Entkoppelung
Gleichgültigkeit, affektive Verflachung,
Interessenverarmung, „Wurstigkeit",
Persönlichkeitsnivellierung, Realitätsflucht, Depressivität
Übererregbarkeit des ZNS durch Wegfall der GABAergen Hemmung:
• Krampfanfälle • Nervosität, sensorische Überempfindlichkeit • Schlaflosigkeit, Albträume
• Muskelkrämpfe, Myoklonien, Ataxie
Verstärkung GABAerger Hemmung im ZNS:
• antikonvulsive Wirkung • Beruhigung ("Tranquilizer")
• Sedierung, Schlafanbahnung
• zentrale Muskelrelaxation
Ausgeprägte GABAerge Hemmung im ZNS:
• Benommenheit • Antriebsverlust, Apathie, kognit. Beeinträchtigung • Tagesmüdigkeit, Hangover Koordinationsstörungen, Ataxie, • Muskelschwäche, Gangstörungen, Stürze, Atemdepression
Benommenheit, Konzentrationsstörungen, Konfusion, Delir
Amnesie (i. d. Anästhesie) Fehlhandlungen während Amnesie, Vergesslichkeit, Lernhemmung, kognitive Beeinträchtigung
Nebenwirkungen und Komplikationen bei
(schleichender) Benzodiazepin-Überdosierung
• Affektivität/Kontakt:
– Affektive Verflachung, Persönlichkeitsnivellierung,
Interessenverarmung, Gleichgültigkeit, Depressivität
• Vigilanz/Antrieb/Verhalten:
– Benommenheit, Tagesmüdigkeit („hangover“), Antriebsminderung,
Apathie
• Neuropsychologie:
– Konzentration, Aufmerksamkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit;
Vergesslichkeit, Lernhemmung; Amnesie mit konsekutiven
Fehlhandlungen; kognitive Beeinträchtigungen bis zur
Pseudodemenz
• Motorik:
– Muskelschwäche, Koordinationsstörungen, Ataxie, Gangstörungen,
Stürze
• Vegetativum:
– Atemdepression
Aus: Wolter DK: Sucht im Alter – Altern und Sucht. Stuttgart: Kohlhammer 2011
Dia von R. Holzbach,
Lippstadt/Warstein
Holzbach Psychotherapie im Alter 2/2012
• Schleichende Intoxikation
Extremrechnung:
200 Std. HWZ, Gleichgewicht nach
5facher HWZ = ca. 6 Wochen –
so lange trotz konstanter Dosis weiter
Anstieg der Plasmakonzentration!
• Gilt für alle BZD außer für die, die
ausschließlich über Glukuronidierung
(Phase-II-Stoffwechselwege) abgebaut
werden
* Nach Goodman & Gilman 1998
Nur diese BZD für alte Menschen, HWZ sonst unkalkulierbar!
Aus: Wolter DK: Sucht im Alter – Altern und Sucht. Stuttgart: Kohlhammer 2011
Benzodiazepinwirkungen
Entzugssymptome
Erwünschte (therapeutische) Wirkungen
Effekte bei Überdosierung und Langzeitanwendung
(schleichende Intoxikation)
Ängstlichkeit, Irritierbarkeit, Palpitationen, Unruhe, Depressivität
Angstlösung, affektive Entkoppelung
Gleichgültigkeit, affektive Verflachung,
Interessenverarmung, „Wurstigkeit",
Persönlichkeitsnivellierung, Realitätsflucht, Depressivität
Übererregbarkeit des ZNS durch Wegfall der GABAergen Hemmung: • Krampfanfälle • Nervosität, sensorische Überempfindlichkeit • Schlaflosigkeit, Albträume
Muskelkrämpfe, Myoklonien, Ataxie
Verstärkung GABAerger Hemmung im ZNS: • antikonvulsive Wirkung • Beruhigung ("Tranquilizer")
• Sedierung, Schlafanbahnung
• zentrale Muskelrelaxation
Ausgeprägte GABAerge Hemmung im ZNS: • Benommenheit Antriebsverlust, Apathie, kognitive Beeinträchtigungen • Tagesmüdigkeit, Hangover Koordinationsstörungen, Ataxie, • Muskelschwäche, Gangstörungen, Stürze, Atemdepression
Benommenheit, Konzentrationsstörungen, Konfusion, Delir
Amnesie (i. d. Anästhesie) Fehlhandlungen während d. Amnesie, Vergesslichkeit, Lernhemmung, kognitive Beeinträchtigungen
Benzodiazepinwirkungen
Entzugssymptome
Erwünschte (therapeutische) Wirkungen
Effekte bei Überdosierung und
Langzeitanwendung
(schleichende Intoxikation)
Ängstlichkeit, Irritierbarkeit, Palpitationen, Unruhe, Depressivität
Angstlösung, affektive Entkoppelung
Gleichgültigkeit, affektive Verflachung,
Interessenverarmung, „Wurstigkeit",
Persönlichkeitsnivellierung,
Realitätsflucht, Depressivität
Übererregbarkeit des ZNS durch Wegfall der GABAergen Hemmung:
• Krampfanfälle
• Nervosität, sensorische Überempfindlichkeit
• Schlaflosigkeit, Albträume
• Muskelkrämpfe, Myoklonien, Ataxie
Verstärkung GABAerger Hemmung im ZNS: • antikonvulsive Wirkung • Beruhigung ("Tranquilizer")
• Sedierung, Schlafanbahnung
• zentrale Muskelrelaxation
Ausgeprägte GABAerge Hemmung im ZNS:
• Benommenheit
• Antriebsverlust, Apathie, kognitive Beeinträchtigungen
• Tagesmüdigkeit, Hangover Koordinationsstörungen, Ataxie,
• Muskelschwäche, Gangstörungen, Stürze, Atemdepression
Benommenheit, Konzentrationsstörungen, Konfusion, Delir
Amnesie (i. d. Anästhesie) Fehlhandlungen während der Amnesie, Vergesslichkeit, Lernhemmung, kognitive Beeinträchtigungen
Benzodiazepinwirkungen
Entzugssymptome
Erwünschte (therapeutische) Wirkungen
Effekte bei Überdosierung und Langzeitanwendung
(schleichende Intoxikation)
Ängstlichkeit, Irritierbarkeit, Palpitationen, Unruhe, Depressivität
Angstlösung, affektive Entkoppelung
Gleichgültigkeit, affektive Verflachung,
Interessenverarmung, „Wurstigkeit",
Persönlichkeitsnivellierung, Realitätsflucht, Depressivität
Übererregbarkeit des ZNS durch Wegfall der GABAergen Hemmung: • Krampfanfälle • Nervosität, sensorische Überempfindlichkeit • Schlaflosigkeit, Albträume
• Muskelkrämpfe, Myoklonien, Ataxie
Verstärkung GABAerger Hemmung im ZNS:
• antikonvulsive Wirkung • Beruhigung ("Tranquilizer")
• Sedierung, Schlafanbahnung
• zentrale Muskelrelaxation
Ausgeprägte GABAerge Hemmung im ZNS:
• Benommenheit • Antriebsverlust, Apathie,
kognitive Beeinträchtigung • Tagesmüdigkeit, Hangover
Koordinationsstörungen, Ataxie, • Muskelschwäche, Gangstörungen, Stürze, Atemdepression
Benommenheit, Konzentrationsstörungen, Konfusion, Delir
Amnesie (i. d. Anästhesie) Fehlhandlungen während der Amnesie, Vergesslichkeit, Lernhemmung, kognitive Beeinträchtigung
Aus: Wolter DK: Entzugssyndrome und Entzugsdelir.
In: Hewer W, Drach LM, Thomas C (Hrsg.): Delir beim alten Menschen. Stuttgart: Kohlhammer 2016
Nach Holzbach 2012, Lader 2011, Tyrer 1993
Aus: Wolter DK: Sucht im Alter – Altern und Sucht. Stuttgart: Kohlhammer 2011
BZD-Abhängigkeit
• Französische Studien (Guerlais et al. 2015, Landreat et al. 2010)
• Anteil Abhängige von Dauerkonsumenten
– Alter < 65 J.: ca. 50 %
– Alter > 65 J.: ca. 35 %
• BZD-Einnahme im Alter mehr Gewohnheit, weniger intensiv suchtartig ausgeprägt Dosen niedriger, soziale Folgeprobleme geringer, belangvolle komorbide psychische Störungen seltener (Gérardin et al. 2014)
Aus: Wolter DK: Sucht im Alter – Altern und Sucht. Stuttgart: Kohlhammer 2011
Entzug, Rebound oder Rückfall
• Absetzphänomene oder Rebound-Effekt: Gegenreaktion des Organismus, Neujustierung des Gleichgewichts („minor symptoms“)
• Rückfall: Wiederauftreten der Symptome der Erkrankung/Störung, die zur Einnahme der BZD geführt hat (Angst, Schlafstörungen)
• „eigentliche“ Entzugssymptome, können erhebliche Eigendynamik entfalten und bedrohlich werden („major symptoms“) (Dickinson & Eickelberg 2014)
Dickinson WE, Eickelberg SJ (2014):
Management of sedative-hypnotic intoxication and withdrawal.
In: Ries RK, Fiellin DA, Miller SC, Saitz R: The ASAM Principles of Addiction Medicine.
Philadelphia: Wolters Kluwer. 5th Ed. 2014. 652-667
Schwere Entzugssymptome eigentlich
nur bei high-dose-Abhängigkeit
aber
durch Kumulation wird
low-dose zu high-dose
Z-Substanzen
• Trotz kurzer HWZ hang over möglich
– FDA 2013: Dosisempfehlungen für Zolpidem herabgesetzt, max. 10 mg, Frauen max. 5 mg.
• Suchtrisiko insgesamt wohl kleiner als bei BZD
• Zolpidem problematischer als Zopiclon
• UAW (Verdacht, epidemiologische Daten)
– Krebs (Iqbal et al. 2015, Kao et al. 2012, Kripke et al. 2012), akute Pankreatitis (Lai et al. 2015), Leberabszess (Liao et al. 2015), Epilepsie (Harnod et al. 2014), Schlaganfall (Huang et al. 2013), Glaukom (Ho et al. 2015), M. Parkinson (Huang et al. 2015, Yang et al. 2014)
Patienten für den Entzug gewinnen 3-Phasen-Modell von Holzbach
• Vermeidung suchttypischer Begrifflichkeiten „Nebenwirkungen“ statt „Abhängigkeit“
• Phase 1 - Wirkumkehr und relative Unterdosierung/Entzugserscheinungen
• Phase 2 – Apathiephase (allmähliche relative Überdosierung)
• Phase 3 – Suchtphase (Vollbild der schleichenden Intoxikation)
• „Lippstädter Benzo-Check“
• Dauer des Entzugs nicht zu lang (3 Monate)
BZD-Entzug in der Hausarztpraxis und im Altenheim…
Verbesserungen nach Beendigung langjähriger BZD-Einnahme, Woche 0 vs. 52
•„map search“ (Symbole finden, visuospatiale Fähigkeiten) 2 min (p < 0,05)
•„speed of information processing“ (Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit,
Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis) (p < 0,001)
•„simple reaction time“ (p < 0,05)
•„total digit span“ (Zahlen Nachsprechen, Arbeitsgedächtnis,
Aufmerksamkeit) (p < 0,005) Curran HV, Collins R, Fletcher S, Kee SC, Woods B, Iliffe S (2003): Older adults and withdrawal from benzodiazepine
hypnotics in general practice: effects on cognitive function, sleep, mood and quality of life. Psychol Med. 33(7):1223-37
… ist möglich • ohne nachteilige Folgen, ohne Ausweichen auf andere Psychopharmaka,
• mit einer Verbesserung der subjektiven Schlafqualität.
Entscheidend bzw. notwendig sind: • ein klarer Abdosierungsplan
• eine tragfähige Arzt-Patient-Beziehung und
• ein Ansprechpartner für Krisensituationen. Bourgeois J, Elseviers MM, Van Bortel L, Petrovic M, Vander Stichele RH (2014): Feasibility of discontinuing chronic
benzodiazepine use in nursing home residents: a pilot study. Eur J Clin Pharmacol. 70(10):1251-60
Curran HV, Collins R, Fletcher S, Kee SC, Woods B, Iliffe S (2003): Older adults and withdrawal from benzodiazepine
hypnotics in general practice: effects on cognitive function, sleep, mood and quality of life. Psychol Med. 33(7):1223-37
Paradoxe Reaktionen
• Symptomatik
– erhöhte psychomotorische Erregung, Rededrang affektive Durchbrüche bei < 1 % der Patienten
• Genese/Risikofaktoren – sowohl junges wie höheres Alter,
– Sucht-(Alkohol-)Anamnese,
– zerebrale Vorschädigungen,
– psychische Krisen,
– reizbar-aggressive Persönlichkeitszüge bzw. Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen
– anterograde Amnesie durch BZD/Z-Substanzen
Komplexe Schlaf-assoziierte Verhaltensweisen
• Symptomatik
– schlafassoziierte Ess-Störungen, „sleep driving“ mit anschließender Amnesie (Daley et al. 2011, MacFarlane et al. 2014, Poceta 2011, Pressman 2011), selbstgefährdende parasuizidale Handlungen (Chopra et al. 2013)
• Genese/Risikofaktoren
– hohe Serumkonzentration von Substanzen mit hoher Rezeptoraffinität (Triazolam, Zolpidem)
– anterograde Amnesie durch BZD/Z-Substanzen
Nach: Paquin AM, Zimmerman K, Rudolph JL:
Risk versus risk: a review of benzodiazepine reduction in older adults.
Expert Opin Drug Saf. 2014 Jul;13(7):919-34. doi: 10.1517/14740338.2014.925444 (modifiziert)
Benzodiazepine – wie absetzen? • Mindestens halbjährlichen die Patienten ansprechen,
Dosisreduktion, Intervalltherapie usw. vorschlagen • Immer fraktioniert absetzen! • Ambulant eher nach festem Schema • Stationär eher nach Befinden des Patienten • Biologische und psychologische Faktoren
(„Pseudoentzugssymptome“) • Beginn mit 2/3 der letzten Dosis,
danach entsprechend weiter abdosieren • Umstellung auf Standardsubstanz (Äquivalenzdosen, Achtung:
Tabellen geben nur Anhaltspunkte!) • Es dauert u. U. bis zu einem Jahr, bis ein ausgeglichener, leidlich
stabiler Zustand erreicht ist • Häufig unterstützende Medikation erforderlich (sedierende
Antidepressiva, cave Pregabalin: Suchtpotential)
Benzodiazepinentzug • abruptes Absetzen, • semilogarithmisch beginnend mit 60 % der langzeitlich
eingenommen Dosis und danach täglich 10 % weniger, • semilogarithmisch beginnend mit 40 % der langzeitlich
eingenommen Dosis und danach täglich 10 % weniger, • semilogarithmisch beginnend mit 2/3 der langzeitlich
eingenommen Dosis und anschließend wöchentlich jeweils Reduktion um 1/3 der letzten Dosis,
• linear Reduktion um 10-25 % der langzeitlich eingenommen Dosis pro Woche je nach geplanter Gesamtdauer,
• lineare Reduktion um 25 % alle 2 Wochen oder 12,5 % jede Woche,
• rein an der Symptomatik orientiert ohne festes Schema. (Harrison et al. 1984, Heberlein et al. 2009, Holzbach 2010, Poser et al. 2006)
Benzodiazepinentzug Instruktion und Psychotherapie
• Zusätzliche Psychotherapie bringt zusätzlichen Nutzen, wenn sie auf spezifische Probleme fokussiert (z. B. Schlafstörungen)
• Psychotherapie ohne zusätzlichen Nutzen, wenn sie allein auf BZD und BZD-Entzug fokussiert
• Entscheidend sind
– Tragfähige Arzt-Patient-Beziehung
– Suffiziente Informationen (z. B. über flüchtigen Charakter von Rebound-Phänomenen)
– Klarer Plan für die Reduktion
Aus: Wolter DK: Sucht im Alter – Altern und Sucht. Stuttgart: Kohlhammer 2011
Schlafmittel: Grundregeln • Toleranzentwicklung nach 3-4 Wochen • keine längerfristige regelmäßig-tägliche Gabe,
sondern z. B. – quotengeregelte Bedarfstherapie
(max 10 TD in 3 Wo) – Wochenintervalltherapie (2-4 Wo, dann 2-4 Wo
Hypnotika-freies Intervall) – Tagesintervalltherapie (5 von 7 Tagen pro Wo) – kontrollierte Bedarfsintervalltherapie (prospektive
Festlegung von max 3-4 Einnahmetagen pro Wo) – GABA-PAM niedrig dosiert kombiniert, Intervall
Pollmächer T, Wetter TC: Schlafstörungen. In: Holsboer F, Gründer G, Benkert O (Hrsg.):
Handbuch der Psychopharmakotherapie. Heidelberg, Springer: 2. Aufl. 2012
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Alkoholkonsum im höheren Lebensalter
Als ”rødvingeneration“ bezeichnet man in Dänemark heute die ”jungen Alten”
(”Junge Alte”: 60 bis 75 Jahre), zu deren lifestyle der mehr oder weniger
tägliche Konsum von alkoholischen Getränken gehört. Es handelt sich dabei
aber keineswegs um ein rein dänisches Phänomen:
Studien aus verschiedenen europäischen Ländern belegen eine Zunahme
des globalen Alkoholverbrauchs. Gleichzeitig wächst aber auch der Anteil
alkoholabstinenter Personen, die aktiven Alkoholkonsumenten trinken also
pro Kopf mehr. Der Abstinenzleranteil nimmt jedoch nur in den jüngeren
Altersgruppen zu. Im Einklang mit diesem Ergebnis belegen die
altersspezifischen Verbrauchsstatistiken, dass heute mehr alte Menschen
Alkohol trinken als früher. Diese Statistiken zeigen aber auch, dass der Anteil
der Älteren mit riskantem oder missbräuchlichem Konsum größer ist als
früher und noch weiter wächst, und zwar vor allem unter den älteren Frauen,
die langsam zu den Männern aufschließen.
Wolter DK: Alkohol im Alter.
Trinkgewohnheiten, risikoarmer Konsum und alkoholbezogene Störungen.
Z Gerontol Geriat 2015; 48(6): 557-570
Riskanter Alkoholkonsum im Alter • „Riskanter Konsum“ bei je nach Grenzwerten:
11-25 % der Männer, 5-12 % der Frauen ab 60
• Gefährlicher und Hochrisikokonsum: 7-9 % der Männer, 2-3 % der Frauen ab 60 Schäufele 2009a,b
• Frauen machen 80 % aller Abstinenten aus. Deshalb verändert sich die geschlechtsspezifische Prävalenz, wenn man nur die Konsumenten betrachtet: hier gleichen sich Frauen und Männer an. Schäufele 2009b
• Zunahme des Alkoholkonsums im Alter bei Frauen stärker, weil die Veränderungen der Konsumgewohnheiten im 20. Jahrhundert vor allem Frauen betrafen. Bjørk et al. 2006, 2008, Meng et al. 2014, Schäufele 2009b, Waern et al. 2014
Aus: Wolter DK: Sucht im Alter – Altern und Sucht. Stuttgart: Kohlhammer 2011
Alkohol-Screeening: CAGE • Cut down
Haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, dass Sie ihren Alkoholkonsum verringern sollten?
• Annoyed Hat Sie schon einmal jemand durch Kritisieren Ihres Alkoholtrinkens ärgerlich gemacht?
• Guilty Haben Sie schon einmal wegen Ihres Alkoholtrinkens ein schlechtes Gewissen gehabt oder sich schuldig gefühlt?
• Eye opener Haben Sie schon einmal morgens als erstes Alkohol getrunken, um sich nervlich wieder ins Gleichgewicht zu bringen oder einen Kater loszuwerden?
Alkoholwirkung im Alter
• Bei gleicher Trinkmenge höhere BAK
– Verteilungsvolumina: Wasseranteil geringer
• Verminderte Alkoholverträglichkeit
– Abfall der Aktitvität der Acetaldehyddehydrogenase
• Bei gleicher BAK sind die neuropsychologischen Effekter ausgeprägter als bei Jüngeren
– Geringere kognitive Reservekapazität
Die Intensität des Entzuges hängt nicht vom kalendarischen Alter ab,
sondern von der Schwere der Alkoholabhängigkeit und der
allgemeinen gesundheitlichen Verfassung bzw. Komorbidität.
Alkoholentzug - Behandlung
• Cave ambulanter Entzug im Alter
• Primär ist die GABA-Glutamat-Dysbalance
– Erste Wahl: Benzodiazepine/Clomethiazol
– die vegetativen Symptome sind nur sekundär • Monotherapie mit Clonidin o. ä. riskant
– die psychotischen Symptome sind nur sekundär • Monotherapie mit Haloperidol o. ä. riskant
– Antikonvulsiva nur als Komedikation bei Indikation
• Basistherapie
– Flüssigkeit, Elektrolyte, Kalium, Magnesium
– Prophylaxe Wernicke-Enzephalopathie
Entzug stationär oder ambulant
Indikation für stationär
• Reduzierter AZ und/oder kognitive Einbußen
• Erhebliche somatische Komorbidität
• Risiko für Krampfanfälle oder Entzugsdelir
• Erhebliche psychische Komorbidität
• suizidale Gefährdung
• fremdgefährdendes Verhalten
• ein den Behandlungserfolg behinderndes Umfeld
Voraussetzungen für ambulant
• Patient ausreichend belastbar
• Stabile Wohnsituation
• Unterstützendes soziales Umfeld
• Ausreichende Compliance
Indikationen für stationär =
Kontraindikationen für ambulant
Chemie oder Persönlichkeit? 1 Vielen Menschen fällt es schwer, angesichts leichter Verfügbarkeit von Alkohol
nur wenig zu trinken. Wer das kann, verfügt über entsprechende Persönlich-
keitseigenschaften (Ich-Stärke usw.) – diese Eigenschaften fördern aber auch
in anderer Hinsicht eine gesunde Lebensweise; es ist dann also nicht der
Alkohol die Erklärung, sondern die reife, ”erwachsene” Persönlichkeit, die es
ermöglicht, gesund zu leben und als Teil dieser gesunden Lebensweise auch
den Alkoholkonsum in risikoarmen Grenzen zu halten.
Dies gilt auch für die mitunter behaupteten Unterschiede zwischen Bier und
Wein, letzterer soll ja gesünder sein. Eine dänische Studie hat die Ernährungs-
gewohnheiten nicht anhand von Selbstauskünften (Fragebogen), sondern auf
recht unbestechliche Weise untersucht, indem sie die Einkaufsgewohnheiten
anhand der Kassenzettel im Supermarkt ausgewertet hat. Dabei zeigte sich,
dass der Warenkorb von Weintrinkern deutlich mehr gesunde und deutlich
weniger ungesunde Nahrungsmittel enthielt als der der Biertrinker, eine
holländische Studie kam zu einem vergleichbaren Ergebnis [21]. Ausschlag-
gebend ist also nicht der Alkohol bzw. die Art des alkoholischen Getränks,
sondern die Lebensweise insgesamt.
Wolter DK:
Alkohol im Alter. Trinkgewohnheiten, risikoarmer Konsum und alkoholbezogene Störungen.
Z Gerontol Geriatr. 2015 Aug;48(6):557-68; quiz 569-70. doi:10.1007/s00391-015-0925-9.
Johansen D et al.:
Food buying habits of people who buy wine or beer: cross sectional study.
BMJ. 2006 Mar 4;332(7540):519-22 doi:10.1136/bmj.38694.568981.80
Chemie oder Persönlichkeit? 2
Hinsichtlich der angeblichen gesundheitsfördernden Wirkungen von
(Rot-) Wein wird in jüngster Zeit häufig auf den pflanzliche Wirkstoff
Resveratrol verwiesen, der im Reagenzglas- und Tierversuch
erstaunliche Eigenschaften bis hin zu lebensverlängernden Wirkungen
zeigt.
Die Bioverfügbarkeit ist jedoch äußerst gering, vor einer pharmazeu-
tischen Nutzung gilt es noch zahleiche technische Hürden zu überwinden
und unklare Fragen zu beantworten. Auch (Rot-) Wein enthält Resveratrol,
der Gehalt in Weintrauben ist jedoch äußerst gering und je nach Rebsorte
schwankend.
Wollte man mit (Rot-) Wein die Wirkstoffkonzentrationen erreichen, die sich
im Tierversuch als wirksam erwiesen haben, müsste man am Tag zwischen
40 und 120 l trinken.
Wolter DK:
Alkohol im Alter. Trinkgewohnheiten, risikoarmer Konsum und alkoholbezogene Störungen.
Z Gerontol Geriatr. 2015 Aug;48(6):557-68; quiz 569-70. doi:10.1007/s00391-015-0925-9.
• Metaanalyse 56 Studien 261.991 Personen
– Variante des Alkoholdehydrogenase-Gen (ADH1B) • Alkoholunverträglichkeit (Flushs und Übelkeit),
• die Betroffenen trinken deutlich weniger,
• Alkohol wird schneller abgebaut,
• keine anderen Auswirkungen auf Herz-Kreislaufsystem.
– je geringer der Alkoholkonsum, um so geringer das kardiovaskuläre Risiko, ohne die aus den früheren Beobachtungsstudien bekannte u-förmige Kurve..
• Fazit: je geringer der Alkoholkonsum, um so geringer das kardiovaskuläre Risiko.
Holmes MV, Dale CE, Zuccolo L et al.:
Association between alcohol and cardiovascular disease: Mendelian randomisation
analysis based on individual participant data.
BMJ. 2014 Jul 10;349:g4164. doi: 10.1136/bmj.g4164
Ist Alkohol in kleinen Mengen gesund? • Bias bei der Erfassung von Trinkgewohnheiten und Trinkmengen.
• Abstinenzler: oft auch sog. ”sick quitters”.
• Persönlichkeit: Trotz leichter Verfügbarkeit von Alkohol wenig trinken. Risikoarmer Konsum als Teil gesunder Lebensführung.
• Lebensführung auch entscheidend beim angeblichen Unterschied zwischen Bier und Wein.
• Resveratrol: Um die im Tierversuch wirksamen Konzentrationen zu erreichen, müsste man am Tag 40-120 l (Rot-) Wein trinken.
• Fazit: Wenn ältere Menschen Alkohol trinken und es ihnen gut geht, sind sie nicht deshalb in guter Verfassung, weil sie trinken, sondern sie können trinken, weil sie so gesund sind, d. h. aktiver Alkoholkonsum ist ein Indikator für robuste Gesundheit.
Wolter DK: Alkohol im Alter. Trinkgewohnheiten, risikoarmer Konsum und alkoholbezogene Störungen.
Z Gerontol Geriatr. 2015 Aug;48(6):557-68; quiz 569-70. doi:10.1007/s00391-015-0925-9.
Fillmore KM, Stockwell T, Chikritzhs T, Bostrom A, Kerr W: Moderate alcohol use and reduced mortality risk:
systematic error in prospective studies and new hypotheses. Ann Epidemiol. 2007 May;17(5 Suppl):S16-23
Alkohol – Alter - Gesundheit
• Für die Behauptung gesundheitsfördernder Wirkungen von mäßigem Alkoholkonsum gibt es nach heutigem Stand keinen Beleg.
• Wenn ältere Menschen Alkohol trinken und es ihnen gut geht, so sind sie nicht deshalb in guter Verfassung, weil sie trinken, sondern sie können trinken, weil sie so gesund sind, d. h. aktiver Alkoholkonsum im Alter ist Indikator für robuste Gesundheit.
Peytremann Bridevaux I, Bradley KA, Bryson CL, McDonell MB, Fihn SD: Alcohol screening results in elderly male veterans: association with health status and mortality.
J Am Geriatr Soc. 2004 Sep;52(9):1510-7
Alkohol – ungefährlicher Konsum • Risikoarme Schwellendosis beim gesunden Menschen
ohne zusätzliches genetisches oder erworbenes Risikofür erwachsene Männer:
– Männer: 24 g Alkohol pro Tag (0,5-0,6 l Bier / 0,25-0,3 l Wein)
– Frauen: 12 g Alkohol pro Tag
• 2 alkoholfreie Tage pro Woche einhalten
• Binge drinking sollte unterbleiben – Männer: 5 drinks à 10 g Alkohol (1,25 l Bier / 0,6 l Wein)
– Frauen : 4 drinks (1 l Bier / 0,5 l Wein) pro Trinkepisode
• protektive Senkung d. kardiovaskulären Risikos nur bei Personen mit durchgemachtem Herz-/Hirninfarkt bzw.
ältere Personen mit Risikofaktoren außer Hypertonie Seitz et al., in Jahrbuch Sucht 2008
Alkohol – ungefährlicher Konsum • Risikoarme Schwellendosis beim gesunden Menschen
ohne zusätzliches genetisches oder erworbenes Risikofür erwachsene Männer:
– Männer: 24 g Alkohol pro Tag (0,5-0,6 l Bier / 0,25-0,3 l Wein)
– Frauen: 12 g Alkohol pro Tag
• 2 alkoholfreie Tage pro Woche einhalten
• Binge drinking sollte unterbleiben – Männer: 5 drinks à 10 g Alkohol (1,25 l Bier / 0,6 l Wein)
– Frauen : 4 drinks (1 l Bier / 0,5 l Wein) pro Trinkepisode
• protektive Senkung d. kardiovaskulären Risikos nur bei Personen mit durchgemachtem Herz-/Hirninfarkt bzw.
ältere Personen mit Risikofaktoren außer Hypertonie Seitz et al., in Jahrbuch Sucht 2008
Alkoholkonsum und Gesundheit
• Maßvoller Alkoholkonsum (Alkoholgenuss) ist für gesunde Erwachsene nicht schädlich
– Je älter umso maßvoller!
• Es gibt keinen Beleg, dass Alkohol gesundheitsförderlich ist
• Alte Menschen, die maßvoll trinken und es vertragen, brauchen nicht aufzuhören
– aber: Regeln für nicht riskanten Konsum beachten!
– Mindestens zwei alkoholfreie Tage in der Woche!
• Wer nicht trinkt, sollte auf keinen Fall dazu aufgefordert werden, ”für die Gesundheit” mit dem Trinken anzufangen
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Verhaltenssüchte
• Diagnostische Einordnung umstritten – Suchterkrankungen
– Impulskontrollstörungen
– Zwangsstörungen
• Im DSM-5 erstmals eigene Kategorie ”Verhaltenssucht” (behavioral addiction) – Hier nur pathologisches Spielen (gambling disorder)
eingeordnet
– Verweis auf weitere Verhaltenssüchte im Kapitel über klinische Syndrome mit weiteren Forschungsbedarf
Verhaltenssüchte • Einordnung als ”Sucht” wegen überzeugender
Übereinstimmungen zwischen ”substanz-” und ”nichtsubstanzassoziierten Süchten” hinsichtlich – Krankheitsverlauf (chronisch rezidivierender Verlauf mit höherer
Verbreitung und Prävalenz unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen),
– Phänomenologie (subjektives Craving, Intoxikation und Entzug), – Toleranzeffekten, – Komorbiditäten, – genetischer Veranlagung, – neurobiologischen Mechanismen (den Neurotransmittern
Glutamat, Opioiden, Serotonin und dem dopaminergen mesokortikolimbischen Belohnungssystem werden eine bedeutende Rolle zugeschrieben),
– Behandlungsverlauf
Mann K, Fauth-Bühler M: Konzept und Positionierung der Verhaltenssüchte in der Klassifikation psychischer Erkrankungen.
In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 1-10
Argumente gegen die Einordnung von pathologischem Spielen als Sucht
• Unklarheiten – ob pathologische Spieler Entzugserscheinungen oder
Rebound-Phänomene erleben; – in Bezug auf die Qualität und Quantität der
„Belohnungs“-Erfahrungen; – welche exzessiv betriebenen Verhaltensweisen
überhaupt suchtartig entgleisen können; – Ob verschiedene „Spielertypen“ existieren (andere
psychische Störungen als Grunderkrankung).
• Inflationäre Verwendung des Suchtbegriffs? Hayer T, Rumpf HJ, Meyer G: Glücksspielsucht. In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 11-31
Verhaltenssüchte - Hauptformen
• ”Überzeugende” neurobiologische und klinische Befunde:
– Pathologisches Glücksspiel (gambling)
– ”Internet- und Computerspielsucht” (gaming)
• Noch unzureichende Befundlage:
– Pathologisches Kaufen
– Exzessives Sexualverhalten
– Suchtaspekte bei Adipositas
Mann K, Fauth-Bühler M: Konzept und Positionierung der Verhaltenssüchte in der Klassifikation psychischer Erkrankungen.
In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 1-10
Musalek: Ohne auf wirklich zuverlässige Zahlen zurückgreifen
zu können, wird von etwa 5 % Kaufsüchtigen, aber bis zu 30 %
gefährdeten Personen ausgegangen.
Pathologisches Spielen - Formen
• Gambling (Glücksspiel)
– Casino (Roulette usw.)
– Kartenspiel (Poker)
– Spielautomaten
– Sportwetten
• Gaming
– Computerspiele
– Internet Gaming
Yazdi: Ganz sicher! Schon im 19. Jahrhundert wurde die Glücksspiel- sucht auf einer Ebene mit Alkohol-, Opium- oder Kokainsucht gesehen. Heute können gemeinsame Muster neurobiologisch bestätigt werden. Beide Suchtarten können die dopaminergen Bahnen des Belohnungs- systems auf gleiche Weise beeinflussen. Sogar für das Craving bei Verhaltenssüchten konnte gezeigt werden, dass die selben Hirn- strukturen wie bei substanzbezogener Sucht involviert sind. (…) Auch im Bereich der sogenannten cue reactivities (Schlüsselreiz- Reaktionen) erkennen wir starke Analogien: Bilder eines Spiel- automaten lösen beim Spielsüchtigen ähnliche Hirnaktivität aus wie das Bild einer Flasche beim Alkoholiker. Eine weitere Verbindung ist das häufige Phänomen der Suchtverschiebung: hat der Spielsüchtige kein Geld, raucht und trinkt er mehr.
Erbas B, Buchner UG: Pathological gambling—
prevalence, diagnosis, comorbidity, and intervention
in Germany. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(10): 173–9
Pathologisches Spielen - Begriffe
• Pathologisches Spielen
• Subklinisches Pathologisches Spielen
• Glücksspielsucht
• Problematisches Spielen
• Pathological gambling
• Disordered gambling
• Gambling disorder
• At-risk gambling
Pathologisches Spielen - DSM-IV
• Diagnose wenn 5 von 10 Kriterien vorliegen.
• Keine subsyndromalen Formen,
• v.a. in der epidemiologischen Forschung trotzdem Verwendung: – „problematisches Spielverhalten“ (in der Regel
beim Vorliegen von 3 oder 4 Symptomen),
– „risikoreiches Spielverhalten“ (in der Regel beim Vorliegen von 1 oder 2 Symptomen)
Hayer T, Rumpf HJ, Meyer G: Glücksspielsucht. In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 11-31
Pathologisches Spielen - DSM-5
• Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen und abhängigen Verhaltensweisen (Substance-Related and Addictive Disorders) – Störungen ohne Substanzbezug
(Non-Substance-Related Disorders) • Störung durch Glücksspielen (Gambling Disorder)
• Differenzierung („Bestimme“ – „Specify“) – Episodisch oder andauernd (Episodic / Persistent) – Frühremittiert oder anhaltend remittiert
(In early remission / In sustained remission) – Schwergrad (current severity):
• leicht (mild): 4-5 Symptome • mittel (moderate): 6-7 Symptome • schwer (severe): 8-9 Symptome
Pathologisches Spielen - DSM-5
Dauerhaftes oder häufiges problematisches Glücksspielen führt nach Angaben der Person in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden, mind. 4 Kriterien in 12 Monaten:
1. Glücksspiel mit immer höheren Einsätzen notwendig, um gewünschte Erregung zu erreichen. 2. Unruhe und Reizbarkeit beim Versuch, das Glücksspiel einzuschränken oder aufzugeben. 3. Wiederholte erfolglose Versuche, das Glücksspiel zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben. 4. Starke gedankliche Eingenommenheit durch Glücksspielen. Häufiges Glücksspielen in belastenden Gefühlszuständen.
Pathologisches Spielen - DSM-5
Dauerhaftes oder häufiges problematisches Glücksspielen führt nach Angaben der Person in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden, mind. 4 Kriterien in 12 Monaten:
6. Rückkehr zum Glücksspiel am nächsten Tag, um Verluste auszugleichen (dem Verlust „hinterherjagen“ – Chasing)
7. Belügen anderer, um das Ausmaß der Verstrickung in das Glücksspiel zu vertuschen.
8. Gefährdung oder Verlust von wichtigen Beziehungen, Arbeitsplatz oder Aufstiegschancen durch das Glücksspiel.
9. Verlassen auf finanzielle Unterstützung durch andere, um eine Glücksspiel-bedingte finanzielle Notlage zu überwinden.
Pathologisches Spielen – Epidemiologie international
• 12-Monatsprävalenz problematischen Spielverhaltens in Europa 0,3 – 2,1 % – am höchsten in Finnland,
– am niedrigsten in Großbritannien und Dänemark
• Nach Liberalisierung Anstieg in GB
• Prävalenzraten in Europa (inkl. D) mitunter deutlich niedriger als in Ländern wie Australien, USA, Kanada und Hongkong.
Hayer T, Rumpf HJ, Meyer G: Glücksspielsucht. In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 11-31
open access
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Pathological gambling: Epidemiologie
Lebenszeitprävalenz 95 % Konfidenzintervall
Pathologisches Spielen Männer
0,64 0,50 – 0,78
Pathologisches Spielen Frauen
0,23 0,17 – 0,29
Subklinisches PS Männer
6,79 6,32 – 7,26
Subklinisches PS Frauen
3,26 2,93 – 3,59
PS = mind 5 AUDADIS-IV-Kriterien, subklinisches PS = 1-4 AUDADIS-IV-Kriterien
NESARC-Studie: National Epidemiologic Survey on Alcohol and Related Conditions.
Repräsentative Stichprobe USA 2001-2002, n = 43.093 ab 18 Jahre Blanco C, Hasin DS, Petry N, Stinson FS, Grant BF:
Sex differences in subclinical and DSM-IV pathological gambling: results from the
National Epidemiologic Survey on Alcohol and Related Conditions. Psychol Med. 2006 Jul;36(7):943-53.
Disordered gambling: Epidemiologie
12-Monats-Prävalenz (%) 95 % Konfidenz-Intervall
Adipositas (BMI > 30)
21,8 21,0 - 22,6
Nikotinabhängigkeit
12,8 12,0 - 13,6
Alkoholabhängigkeit
3,8 3,5 - 4,1
Medikamenten- und Drogenabhängigkeit
0,6 0,4 - 0.9
disordered gambling (mind 3 AUDADIS-IV-Krit.)
0,16 0,12 - 0,2
NESARC-Studie: National Epidemiologic Survey on Alcohol and Related Conditions.
Repräsentative Stichprobe USA 2001-2002, n = 43.093 ab 18 Jahre Blanco C, García-Anaya M, Wall M, de Los Cobos JC, Swierad E, Wang S, Petry NM:
Should pathological gambling and obesity be considered addictive disorders?
A factor analytic study in a nationally representative sample. Drug Alcohol Depend. 2015 May 1;150:129-34.
Pathologisches Spielen
• Epidemiologische Daten aus Deutschland (12-Monats-Prävalenz - 8 Studien 2007-2011) – Problemspieler 0,21 – 064 % – Pathologische Spieler 0,19 – 0,56 %
• Erstkontakt – hohe Verfügbarkeit, leichte Griffnähe, extensive
Vermarktung
• Bindung an das Spielmedium – rasche Spielabfolge, variable Einsatz- und
Gewinnmöglichkeiten, häufige Beinahe-Gewinne Hayer T, Rumpf HJ, Meyer G: Glücksspielsucht. In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 11-31
Erbas B, Buchner UG: Pathological gambling—
prevalence, diagnosis, comorbidity, and intervention
in Germany. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(10): 173–9
Pathologisches Spielen: Risikomarker
• Eindeutige Datenlage
– junges Alter, männlich, ethnische Minorität
• Weniger eindeutige Datenlage
– sozioökonomische Faktoren (niedriger sozialer Stauts, geringes Einkommen, Arbeitslosigkeit)
Braun B, Kräplin A, Bühringer G: Verhaltensprävention von pathologischem Glücksspielen. In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 177-194
Pathologisches Spielen: Komorbidität
• Inzidenz innerhalb von 3 Jahren bei pathologischen Spielern (OR): – Bipolare Störung 2,02
– Generalisierte Angststörung 2,25
– Posttraumatische Belastungsstörung 3,81
– Nikotinabhängigkeit 1,56
– Alkoholmissbrauch 1,68
– Alkoholabhängigkeit 3,38
Chou KL, Afifi TO: Disordered (pathologic or problem) gambling and axis I psychiatric disorders: results from the National Epidemiologic Survey on Alcohol and Related Conditions. Am J Epidemiol. 2011 Jun 1;173(11):1289-97
Pathologisches Spielen: Komorbidität
• Klinische Interviews mit pathologischen Spielern in Deutschland:
– Eine weitere psychische Störung (DSM-IV, Achse I) fand sich bei 95,5 %,
– ohne substanzgebund. Störungen (stoffgebund. Suchterkrankungen) betrug die Rate 71,1 %,
– vorwiegend affektive Störungen (66,1 %);
– Persönlichkeitsstörungen (Achse II) bei 35,2 %. Hayer T, Rumpf HJ, Meyer G: Glücksspielsucht. In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 11-31
Erbas B, Buchner UG: Pathological gambling—
prevalence, diagnosis, comorbidity, and intervention
in Germany. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(10): 173–9
Mehrfachnennungen möglich
81 % psychische Störungen
Erbas B, Buchner UG: Pathological gambling—
prevalence, diagnosis, comorbidity, and intervention
in Germany. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(10): 173–9
Carneiro E, Tavares H, Sanches M, Pinsky I, Caetano R, Zaleski M, Laranjeira R:
Gambling onset and progression in a sample of at-risk gamblers from the general population.
Psychiatry Res. 2014 May 30;216(3):404-11. doi: 10.1016/j.psychres.2014.01.035.
Schwager JC: Pathologische Glücksspielsucht im Alter. Psychotherapie im Alter. Im Druck
Epidemiologie: Zunehmende Häufigkeit. Kohorteneffekt: Risiko in rezenten Kohorten deutlich höher. Verdura Vizcaíno EJ, Fernández-Navarro P, Petry N, Rubio G, Blanco C: Differences between early-onset pathological gambling and later-onset pathological gambling: data from the National Epidemiologic Survey on Alcohol and Related Conditions (NESARC). Addiction. 2014 May;109(5):807-13
Pathologisches Spielen im Alter • Spielautomaten - Risikomarker
– „junges Alter“ (60-69), männlich, alleinstehend
– Motivation „experience excitement”
– Motivation Geldgewinn Southwell J, Boreham P, Laffan W: Problem gambling and the circumstances facing older people : a study of gaming machine players aged 60+ in licensed clubs. J Gambl Stud. 2008 Jun;24(2):151-74
• „Geld ist das Suchtmittel des Glücksspielers!“
• „Öfter als bei jüngeren Spielern „exotischere“ Glücksspielformen wie Pferdewetten und Casinospiel“
Schwager JC: Pathologische Glücksspielsucht im Alter. Psychotherapie im Alter. Im Druck
Pathologisches Spielen im Alter • Alter bei Beginn
– < 25 Jahre: 19,6 %
– 25-54 Jahre 67,4 %
– > 55 Jahre: 13,4 %
• Late-onset (Alter bei Beginn > 55 Jahre)
– Seltener Bankrott, Kreditkartenentzug wg. Spielens, Schulden, ungedeckte Schecks usw.
– Seltener PS-positive Familienanamnese Grant JE, Kim SW, Odlaug BL, Buchanan SN, Potenza MN: Late-onset pathological gambling: clinical correlates and gender differences. J Psychiatr Res. 2009 Jan;43(4):380-7
Pathologisches Spielen im Alter • Hohe Komorbidität mit Stress-relatierten
Erkrankungen (Alkoholmissbrauch/-abhängigkeit, Depression; Hypertonie)
• In den USA sind alte Menschen bevorzugte Zielgruppe der Gambling Industry.
Lucke S, Wallace M: Assessment and management of pathological and problem gambling among older adults. Geriatr Nurs. 2006 Jan-Feb;27(1):51-7
• Alte Spieler haben weniger soziale, juristische und Suchtprobleme.
• Höherer Frauenanteil, Frauen beginnen erst > 55 Jahre
Petry NM: A comparison of young, middle-aged, and older adult treatment-seeking pathological gamblers. Gerontologist. 2002 Feb;42(1):92-9
Pathol. Spielen im Alter - NESARC • 10.563 Personen ab 60 Jahre, davon (lifetime-Prävalenz)
– 28,74 % Freizeitspieler – 0,85 % disorderes gamblers
• 0,29 % pathologische Spieler • 0,56 % subsyndromal
• Häufung körperlicher Erkrankungen bei disordered gamblers Pietrzak RH, Morasco BJ, Blanco C, Grant BF, Petry NM: Gambling level and psychiatric and medical disorders in older adults: results from the National Epidemiologic Survey on Alcohol and Related Conditions. Am J Geriatr Psychiatry. 2007 Apr;15(4):301-13
• Risiko f. Herzerkrankungen bei at-risk Spielern ab 60 J. erhöht Pilver CE, Potenza MN: Increased incidence of cardiovascular conditions among older adults with pathological gambling features in a prospective study. J Addict Med. 2013 Nov-Dec;7(6):387-93
• propsektiv erhöhtes Risiko für gen. Angststörung und Suchterkrankungen bei at-risk Spielern ab 55 Jahre
Pilver CE, Libby DJ, Hoff RA, Potenza MN: Problem gambling severity and the incidence of Axis I psychopathology among older adults in the general population. J Psychiatr Res. 2013 Apr;47(4):534-41
Pathologisches Spielen im Alter
• PRISM-E Projekt, Querschnittsstudie, n = 843 Hausarztpat. > 65 Jahre
• 10,9 % at-risk-gambler (def. über Höhe des Einsatzes, absolut bzw. relativ zum Vermögen)
• Stärkste Prädiktoren – Binge drinking
– Aktuell PTSD-Symptome
– Ethnische Minorität
– VA clinic patient Levens S, Dyer AM, Zubritsky C, Knott K, Oslin DW: Gambling among older, primary-care patients: an important public health concern. Am J Geriatr Psychiatry. 2005 Jan;13(1):69-76
Pathologisches Spielen im Alter
• Widersprüchliche Ergebnisse zur Prognose bei late onset:
– Später Beginn kann ein erhöhtes Risiko für Entwicklung von disordered gambling bedeuten,
– komorbide Psychopathologie kann ausgeprägter sein;
– es gibt aber auch gegenteilige Ergebnisse (s. o.).
• Positive Effekte von Freizeitspielen (recreational gambling) sind unbestreitbar
Tse S, Hong SI, Wang CW, Cunningham-Williams RM: Gambling behavior and problems among older adults: a systematic review of empirical studies. J Gerontol B Psychol Sci Soc Sci. 2012 Sep;67(5):639-52
JAMA Intern Med. 2014;174(12):1930-1933
JAMA Intern Med. 2014;174(12):1930-1933
Pathologisches Spielen - Therapiemöglichkeiten
• Wirksame nichtmedikamentöse Ansätze – Selbsthilfegruppen, Telefon-/Internethotlines – (Kognitive) Verhaltenstherapie
• Copingstrategien, Stressbewältigung
– Motivierende Gesprächsführung
• Psychopharmaka (Minderung des Bedürfnisses zu spielen?) – Opioidantagonisten: Naltrexon oder Nalmefene – glutamaterger Modulator N-Acetylcystein (NAC) – N-Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Rezeptorantagonist Memantine
• Zu berücksichtigen – Schweregrad (ambulant oder stationär) – Komorbidität
Leménager T, Wölfling K, Peukert P, Batra A: Therapiemöglichkeiten bei pathologischem Glücksspiel, Internet- und Computerspielsucht. In: Mann K (Hrsg.): Verhaltenssüchte. Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Pravention. Berlin, Heidelberg: Springer 2014. 127-141
Übertragung von Erfahrung aus der Therapie von stoffungebundenen Suchtformen (Verhaltenssüchten) auf stoffgebundene Suchtformen Musalek: Beispiel Kaufsucht: eine völlige Abstinenz vom Konsum ist in Der Praxis nicht realisierbar – jeder muss ein Minimum an persönlichem Bedarf einkaufen. Modelle der partiellen Abstinenz funktionieren hier, wenn kritische Verhaltensweisen gemieden werden: täglicher Einkauf nicht im großen Einkaufszentrum mit zahllosen Kaufverführungen (Elektronik, Mode), sondern in kleinen Läden oder beim Lebensmittel- diskonter. Eine starke Beziehung zeigt sich zu Depression und Manie: es gibt wechselnde Zustände, in denen Betroffene ihr Verhalten besser oder eben schlechter kontrollieren können.
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Sucht und Mißbrauch Hierarchie der
Behandlungsziele (nach Körkel)
Sicherung des Überlebens
Sicherung des möglichst guten Überlebens
Reduzierung von Konsum(exzessen),
Verlängerung drogenfreier Zeiten
Einsicht in die Grunderkrankung,
Bearbeitung von Rückfällen
Abstinenz
Autonome
Lebensgestaltung
in Zufriedenheit
Sucht im Alter - Therapie
• Behandlungsschritte – Vertrauen aufbauen, motivieren, Ziele festlegen
– Konsummuster stabilisieren
– Richtungswechsel, Konsum reduzieren
• Abstinenz nicht absolutes und einziges Ziel – harm reduction
– Rückfälle bearbeiten
• Alkohol: im Alter oft bessere Therapieadhärenz und Therapieergebnisse
– v. a. bei late onset
– und bei altersspezifischem Vorgehen
Motivierende Gesprächsführung
• empathisch-respektvolle Grundhaltung
• Techniken: – aktives Zuhören
– offene Fragen
– „change talk“ (Entwicklung von optimalen Diskrepanzen)
– „confidence talk“ (Änderungszuversicht und Selbstwirksamkeit )
• nicht-konfrontatives Vorgehen – Patient soll sich nicht in eine Verteidigungsrolle gedrängt fühlen
– nicht dem Patienten Vorhaltungen machen oder ihn überführen
– sondern gemeinsam sein Problem erforschen
– „zwei Menschen, die Seite an Seite sitzen und ein Familienalbum durchblättern“
• geschmeidiger Umgang mit Widerstand
www.bzga.de
Dia von N. Scherbaum, Essen
Sucht im Alter - Therapie • Altershomogene Gruppen / altersspezifische Angebote sind günstiger
• Körperliche/kognitive Leistungsfähigkeit u. sensorische Beeinträchtigung berücksichtigen
• Sitzungsdauer eher kürzer
• Mitarbeiter müssen über gerontologische Kenntnisse verfügen
• Altersspezifische Themen (Verlusterlebnisse, Kinder/Enkel, Kriegserfahrungen usw.)
• Ressourcenorientiertes statt defizitorientiertes Vorgehen (geriatrisches Prinzip)
• Fertigkeiten vermitteln, die beim Wiederaufbau sozialer Netzwerke erforderlich sind
• Vernetzung mit Altenhilfeeinrichtungen
• Religiös-spirituelle Dimension berücksichtigen
• Therapieziele: - Abstinenz in der Klinik ist noch kein Therapieerfolg - Eigenständige Abstinenz oder Nutzung äußerer Kontrollinstanzen? - Abstinenz oder Stabilisierung des Konsums?
• Ungünstig: Ungeduld, konfrontatives Vorgehen, den Patienten überführen wollen
• Notwendig: Respekt vor der Lebensleistung der Patienten
• Anforderungen an Nachsorgeeinrichtungen: - gemeindenah - altengerecht (Erreichbarkeit, Zeiten) (Blow 2000, Epstein et al. 2007)
Agenda
• Rauchen
• Illegale Drogen
• Opioidanalgetika
• Benzodiazepine
• Alkohol
• Verhaltenssüchte
• Therapie
• Sucht und Demenz
Alkohol und Gedächtnis/Lernen
• „Bei lang anhaltender hoher Blutalkoholkonzen-tration findet keine Speicherung im Langzeit-gedächtnis mehr statt.“ (Soyka & Küfner 2008, 50)
• Amnestische Wirkung (über GABAA-Rezeptor analog den Benzodiazepinen?) führt dazu, dass Lernen nur noch in geringerem Ausmaß erfolgt.
• Damit wird die kognitive Reservekapazität reduziert.
• Damit bleibt auch soziales Lernen aus. Folgen sind Wesensänderungen.
„Alkohol-Demenz“ - Häufigkeit
• 21-24 % aller Demenzen (Carlen et al., 1994; Smith & Atkinson, 1995)
• 2 % aller Demenzen (Schmidt et al., 2005)
• Inzidenzrate von 11,6% bei Demenzkranken unter 70 Jahren, aber nur 1,25% bei allen Demenzen (Knopman et al., 2006)
Alcohol Related Dementia – diagnostische Kriterien (Oslin et al. Int J Geriatr Psychiatry 1998)
• Wahrscheinliche ARD • Demenz-Syndrom besteht mind. 60 Tage nach dem letzten Alkoholkonsum
• Alkoholkonsum von durchschnittlich mind. 35m/28w Drinks/Woche für mind. 5 Jahre bis mind. 3 Jahre vor Demenz-Beginn
• Unterstützende Kriterien:
• andere alkoholassoziierte Organschäden
• Ataxie oder sensible PNP (andere Ursachen ausgeschlossen)
• Nach 60 Tagen Abstinenz Stabilität oder Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit
• Nach 60 Tagen Abstinenz Rückbildung atrophischer Veränderungen (Hirnfaltenrelief, Ventrikelweite)
• Zereberalläre Atrophie (bes. Vermis) in der Bildgebung
• Kriterien, die gegen die Diagnose ARD sprechen:
• Aphasische Symptome (language impairment), bes. Dysnomia/Anomia
• Fokalneurologische Symptome (außer Ataxie/PNP)
• Bildgebung: (sub)kortikale Infarkte, SDH o. ä. umschriebene pathologische Veränderungen
• Hoher Hachinski-Score
• Indifferente Kriterien:
• In der Bildgebung Nachweis kortikaler Atrophie
• „Deep white matter lesions“ ohne fokale Infarkte
• APO E4-Status
Merke:
• Ein dementieller Prozess, in dessen Genese Alkoholmissbrauch eine wesentliche Rolle spielt, zeichnet sich stets aus durch – Besonderheiten, die aus spezifischen Alkoholfolge-krankheiten
herrühren (z. B. Korsakoff-Syndrom, Kleinhirnschäden usw.), oder – eine akzentuierte Psychopathologie mit dominierenden
unspezifisch frontal-subkortikalen Symptomen bei deutlich geringer ausgeprägten kortikalen Defiziten.
• Wenn hingegen ein fortgeschrittenes „Alzheimer-typisches“ Demenz-Syndrom ohne dysproportional im Vordergrund stehende Neugedächtnisstörungen und „frontale“, subkortikale Symptomatik vorliegt, so kann dieses nicht auf Alkoholmissbrauch als wesentlichen ätiologischen Faktor zurückgeführt werden (Schmidtke 2002).
Wernicke-Korsakoff-Syndrom • Ausgeprägte Veränderungen wie von
Wernicke beschrieben in 1 % unausgelesener Autopsien (nur bei 20 % davon Diagnose zu Lebzeiten gestellt), leichtere Veränderungen in 5 % unausgelesener Autopsien
• Bei klinischem Korsakoff-Syndrom häufig keine WE in der Anamnese bekannt (z. B. bei 40 von 47)
• Abortiv-subklinische Formen, rezidivierende Episoden, Kumulation
(Sechi & Serra 2007, Thomson & Marshall 2006)
Thiaminmangel - Thiaminsubstitution
• Thiaminspeicher reichen für max. 3-6 Wochen
• Resorption = aktiver Transport, Kapazität beschränkt: max 4,5 mg bei oraler Einzeldosis
• Normaler Tagesbedarf 0,5 mg / 1000 kcal
• Bei chronischem grenzwertigem Mangel kann erhöhter Bedarf (Krankheit, Alkoholentzug, Glukoseinfusion) zur plötzlichen Krise führen
• Bei (drohender) Wernicke-Enzephalopathie ist orale Substitution nicht ausreichend
• Glukoseinfusion nie ohne Thiamin!
• Magnesiumsubstitution! (Sechi & Serra 2007, Thomson & Marshall 2006)
Wernicke-Enzephalopathie
• harm-reduction? • Zusatz von Thiamin zu Lebensmitteln (z. B.
Mehl/Brot – Vorbild Australien)
• Orale Thiamin-Langzeitbehandlung/-substitution bei aktiven Alkoholikern
• Routinemäßige parenterale Gabe in Notfallambulanzen bei Klinikaufnahme bei bekannten Alkoholikern bzw. “Verdachtsfällen”
Barker et al., CNS Drugs 2004; 18:37-48
Cognitive Effects of Long-Term
Benzodiazepine Use
Metaanalyse
Neuropsychologische Beeinträch-
tingungen in moderater bis hoher
Effektstärke in allen untersuchten
neuropsychologischen Domänen
(s. Abb. links) bei Langzeitein-
nahme von Benzodiazepinen in
therapeutischer Dosis (durchschn.
9,9 Jahre und 17,2 mg Diazepam-
Äquivalent)
Conclusions In this prospective population based study, new use of benzodiazepines was associated with increased risk of dementia. The result was robust in pooled analyses across cohorts of new users of benzodiazepines throughout the study and in a complementary case-control study. Considering the extent to which benzodiazepines are prescribed and the number of potential adverse effects of this drug class in the general population, indiscriminate widespread use should be cautioned against.
Billioti de Gage et al. BMJ 2012;345:e6231 doi: 10.1136/bmj.e6231
Benzodiazepine und Demenzrisiko
• Widersprüchliche Ergebnisse
– DAT-Frühsymptom Schlafstörungen ⇒ BZD
– Neuropsycholog UAW ⇒ kognit. Reservekapazität
• Methodische Probleme:
– Erfassung der kumulativen Dosis
– Erfassung einnahmefreier Intervalle
– BZD bei Auftreten von Demenz angesetzt
– BZD bei Auftreten von Demenz abgesetzt
• Bisher keine Hinweise dafür, dass BZD zu dauerhaften strukturellen Hirnläsionen führen. (Busto et al. 2000, Karkos 1991, Stewart 2005)
Neue Studien
• Kein erhöhtes Risiko, möglicherweise sogar demenz-protektiver Effekt (Imfeld et al. 2015)
• Erhöhtes Demenzrisiko unter langwirksamen BZD (Shash et al. 2015)
• Nur leicht erhöhtes Demenzrisiko bei Personen mit minimaler BZD-Exposition, aber keine Korrelation mit der Dosis, was die Autoren als Argument gegen eine kausale Rolle der BZD werten (Gray et al. 2016)
Rauchen und Demenz
• Verringerte kognitive Leistungsfähigkeit bei Rauchern Collins et al. 2009, Deary et al. 2003, Nooyens et al. 2008, Ott et al. 2004, Reitz et al. 2005, Richards et al. 2003, Sabia et al. 2008, 2012
• Rauchen ist mit erhöhtem Demenzrisiko assoziiert Reitz et al. 2007
• Studie mit 21.123 Pb > 23 J., in Kalifornien
– Demenzrisiko dosisabhängig erhöht (adj. HR)
• 1-2 Päckchen/d – DAT 1,44 VaskD 1,37
• > 2 Päckchen/d – DAT 2,14 VaskD 2,72 Rusanen et al. 2010
Erscheint im 2. Halbjahr 2016