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Enzyklopädien des 21. Jahrhunderts Informationsmanagement im neuen Netz Dr. Jan Schmidt Trier, 04.12.2008

Enzyklopädien des 21. Jahrhunderts

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Vortrag beim Workshop "Im Netz der Dienstleistungen", 4.12.2008, Trier

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Page 1: Enzyklopädien des 21. Jahrhunderts

Enzyklopädien des 21. JahrhundertsInformationsmanagement im neuen Netz

Dr. Jan Schmidt

Trier, 04.12.2008

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Enzyklopädien des 21. Jahrhunderts

– Vortrag widmet sich zwei aktuellen Formen, onlinebasiert Wissen zu sammeln und zu organisieren

1. Einleitung: Nutzungspraktiken im neuen Netz

2. Wikipedia

3. Tagging und Folksonomies

4. Fazit und Ausblick

http://www.flickr.com/photos/stewart/461099066/

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Was geschieht im neuen Netz? Diagnosen.

Commons-Based Peer Production

(Yochai Benkler)

Produsage (Axel Bruns)

Convergence Culture bzw. Participatory Culture

(Henry Jenkins)

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Enzyklopädien Seite 4 von 30

Was geschieht im neuen Netz? Meine Perspektive.

Im Web 2.0 sinken die Hürden für aktives onlinebasiertes…

www.flickr.com/photos/44029537@N00/12760664/

– Identitätsmanagement (Darstellung individueller Interessen, Erlebnisse, Meinungen, Kompetenzen, etc.) z.B. Weblogs, YouTube

http://flickr.com/photos/mylesdgrant/495698908/

– Beziehungsmanagement (Pflege von bestehenden und Knüpfen von neuen Beziehungen)

z.B. studiVZ, XING

http://www.flickr.com/photos/axels_bilder/1267008046/

– Informationsmanagement (Selektion und Weiterverbreitung von relevanten Daten, Informationen, Wissen- und Kulturgütern)

z.B. Wikipedia, Tagging

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Wikipedia

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Wikipedia: Code

• Grundgedanke der Wiki Webs von Ward Cunningham 1995 erstmals entwickelt): – Seiten können von unterschiedlichen Benutzern direkt im Browser editiert werden und mit

anderen Seiten des Wiki Webs verlinkt werden– Änderungen an einzelnen Seiten können nachverfolgt und gegebenenfalls rückgängig

gemacht werden • Wikipedia setzt eine spezifische Form der Wiki-Software ein: MediaWiki

• Merkmale von Mediawiki– Einzelne Seiten („Artikel“) besitzen jeweils noch eine eigene „Diskussionsseite“– Seiten lassen sich mit einem rudimentären WYSIWYG-Editor und einer spezifischen

Syntax bearbeiten

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Wikipedia: Artikel

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Wikipedia: Editieren

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Wikipedia: Diskussion

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Wikipedia: Versionsgeschichte

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Wikipedia: Änderungen vergleichen

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Verbreitung

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40

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100 14-19 20-29 30-39

40-49 50-59 60+

Quelle: ARD/ZDF Onlinestudie 2008

– Wissenschaft– Wikipedia und Suchmaschinen sind für

Studierende der Medien- & Kommunikationswissenschaften (N=811) die wichtigsten Recherchewege (z.B. vor Bibliotheken oder spezialisierte Literaturdatenbanken) [vgl. Wolling/Emmer 2008]

– Aber auch: Häufung von Plagiatsfällen in studentischen Arbeiten (vgl. Weber 2007)

– Journalismus – Wikipedia als Recherchewerkzeug: mehr als

ein Drittel (37%) von 601 befragten Journalisten nennen in offener Frage die Wikipedia als eine der fünf wichtigsten Internetseiten für ihre tägliche Arbeit (zum Vergleich: Google 75%, Spiegel Online 53%) [vgl. Machill/Beiler 2008]

Nutzer der Wikipedia unter allen Onlinern (zumindest selten, in %, 2008)

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Entwicklung der Wikipedia

• Wikipedia ist nicht allein aufgrund des zugrundeliegenden technischen Prinzips so populär geworden

• bestimmte rechtliche und soziale Entscheidungen waren mindestens ebenso entscheidend [vgl. Hepp 2007]

• Rechtliche Öffnung: Inhalte stehen unter einer Lizenz (GNU-FDL), die das Kopieren, Modifizieren und Weiter Verbreiten erlaubt, solange die Folgeinhalte ebenfalls diesen Bedingungen unterliegen

• Soziale Öffnung: Wikipedia ist aus der „Nupedia“ hervorgegangen, die von Experten verfasste Artikel und peer-reviewing vorsah, aber keine kritische Masse erreichte; beide Bedingungen wurden aufgegeben

Wikipedia (Start Januar 2001) hatte bereits nach drei Monaten mehr als 1.000 Artikel, nach einem Jahr 18 verschiedene Sprachversionen, und nach ca. vier Jahren allein im englischsprachigen Bereich über 500.000 Artikel

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Umfang ausgewählter Sprachversionen

Sprache (insgesamt: 264)

Anzahl Artikel Registrierte NutzerAktive Nutzer

(mind. ein Edit in letzten 30 Tagen)

Englisch ~2,6 Millionen ~8,4 Mio ~150.000 aktive Nutzer

Deutsch ~ 800.000 ~650.000 ~25.000

Zulu 181 750 17

http://meta.wikimedia.org/wiki/List_of_Wikipedias (3.12.2008)

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Mechanismen der Wissenserschließung

• Sprachversionen

• Suche nach bestimmten Artikeln

• Alphabetischer Index

• Themenportale: ca. 450 in der deutschsprachigen Wikipedia; z.B. zu Buddhismus, Franken, Leichtathletik oder Science Fiction

• Kategorien: kontrolliertes Vokabular zur Verschlagwortung von Artikeln, z.B. Unternehmer, Fußball-Bundesliga oder Berg in Europa

• Listen: (a) redaktionell betreute Aufstellung von Artikeln, die ein bestimmtes Merkmal teilen, z.B. Deutschlands Sportler des Jahres oder Nationalparks in Südafrika; (b) automatisch erstellte Aufstellung von Artikeln, z.B. Sackgassenartikel (ohne Link auf andere Seiten), Verwaiste Saiten (ohne Link von einer anderen Seite) oder neu angelegte Seiten

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Qualität und Qualitätssicherung

– Die Qualität der Wikipedia beruht auf produkt- und prozessorientierten Mechanismen (vgl. Hammwöhner 2007)– Neutraler Standpunkt bei der Formulierung von Artikeln– Verifizierbarkeit der Inhalte durch Quellenangaben– Gesichertes Wissen statt Originalforschung– Aber: Frage der Reichweite bleibt offen; vgl. Debatte Inclusionists vs. Deletionists– Aufmerksamkeit der Nutzergemeinschaft, insbesondere Beobachtung und Sichtung von

Artikelveränderungen durch engagierte Autoren– Qualitätsstufen: normale, lesenswerte, exzellente Artikel (durch Abstimmungen entschieden)

– Verschiedene Studien haben die Qualität der Wikipedia bzw. einzelner Artikel untersucht (vgl. eine Übersicht bei Hammwöhner 2007)– „Mittlere Qualität“ (geprüft über Vergleich/Analyse einer Artikel-Zufallsauswahl) ist

zufriedenstellend– Problematisch allerdings, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt prinzipiell jeder Artikel Fehler

enthalten kann– Bislang unzureichend untersucht sind Qualitätsunterschiede über Sprachräume hinweg, die

Qualität der Mechanismen zur Wissenserschließung sowie Qualität aus Nutzersicht

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Psychologische Perspektive: Motivationen

• Individualpsychologische Perspektive erklärt Teilnahme an Wikipedia über Motive der Autoren von Artikeln

• Schroer/Hertel (in Druck) identifzieren beispielsweise auf Grundlage einer Befragung (N=106; hoher Anteil von sehr aktiven Wikipedianern) unterschiedliche Motive:

• Aufgewandte Zeit wird positiv beeinflusst durch– Intrinsische Motivation (z.B. Spass an der Aufgabe, Kompetenzerfahrung)– Wahrgenommene Merkmale der eigenen Aufgaben (z.B. Autonomie, Bedeutung, Variabilität)

• Zufriedenheit mit dem eigenen Engagement wird positiv beeinflusst durch– Wahrgenommene Balance von Kosten und Nutzen– Identifizierung mit der Wikipedia-Gemeinschaft– (ebenfalls) Wahrgenommene Merkmale der eigenen Aufgaben (z.B. Autonomie, Bedeutung,

Variabilität)

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Soziologische Perspektive (I): Netzwerke und Positionen

• Stegbauer (2006) formuliert Hypothese für die Teilnahme an Wikipedia, die sich gegen Ansätze aus Motivationspsychologie, aber auch gegen Theorien kollektiver Güter wendet (nach denen die Wikipedia ein „unmögliches Gut“ sei):

– „Trittbrettfahrer“ treten als Konsumenten des Angebots auf, erlauben den Produzenten (den aktiven Wikipedianern) jedoch die Abgrenzung und die Steigerung des Zusammenhalts in der eigenen Gruppe

– 60% der Onliner nutzen die Wikipedia zumindest gelegentlich, doch nur 3 Prozent sind aktive Nutzer, die zumindest gelegentlich auch Veränderungen vornehmen (vgl. Fisch/Gscheidle 2008)

– Engagement in der Wikipedia nimmt stark unterschiedliche Ausmaße an: Analyse einer Zufallsstichprobe aus N=15.000 angemeldeten Teilnehmern ergab: Nur etwa 1 Prozent der Nutzer war für etwa 70 Prozent der edits verantwortlich (vgl. Stegbauer/Rausch 2008)

– Beteiligungsmotivation entsteht vor allem durch die Einbindung in eine Gemeinschaft der Engagierten, aus der Bindungen, Verpflichtungen und Zuständigkeiten entspringen

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Soziologische Perspektive (II): Macht und Diskurse

– Allerdings zeigen sich auch Verfestigungstendenzen (vgl. Stegbauer/Rausch 2008): zentrale Positionen der Wikipedia sind bereits besetzt; für neue Nutzer ist es schwierig, ins Zentrum vorzudringen

– Auch macht- bzw. diskurstheoretische Perspektiven zeigen, dass trotz der niedrigen Zugangsschwellen für aktives Engagement in der Wikipedia keinesfalls von einer vollständig gleichberechtigten Teilhabe gesprochen werden kann

– Konfliktbeilegung wird durch unterschiedliche Macht-Ressourcen beeinflusst (vgl. Roessing 2008)– Argumentative Macht: Deliberative Idealvorstellung von der Mobilisierung der „Kraft des

besseren Arguments“– Technische Macht: Insbes. für Administratoren verfügbar, die bestimmte Seiten oder

Nutzer sperren können– Zeitliche Macht: Verfügbare Zeit kann Ausgang von edit wars oder von übergreifenden

Diskussionen entscheiden („wer hält länger durch?“)– Pentzold (2007) interpretiert die Aushandlungen von Artikelversionen und das

Mobiliseren von Machtressourcen mit Foucault als Realisierungen eines „diskursiven Regimes“

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Tagging und Folksonomies

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Tagging und Folksonomies

• „Tagging“ bezeichnet die Praxis, online verfügbare Inhalte mit frei wählbaren Schlagworten zu versehen und so den eigenen Bedürfnissen gemäß zu kategorisieren

• Tagging-Optionen sind auf einer Vielzahl von Plattformen integriert, z.B.

– Youtube.com (Videos),– Last.fm (Musik),– Qype.de (Restaurants, Hotels, Geschäfte, u.a.)

• Als Visualisierung und Navigationshilfe hat sich die „Tag Cloud“ eingebürgert

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Tagging und Folksonomies

• von besonderer Bedeutung für das Organisieren von Informationen und Wissen sind Verschlagwortungsplattformen wie Delicious.com oder mister-wong.de

• Nutzer speichern Online-Ressourcen als öffentliche Lesezeichen• Delicious.com (Start 2003) hat Ende 2008 über 5 Mio. registrierte Nutzer und über 180 Mio.

gespeicherte Einträge (Hood 2008)• Mister-Wong.de (Start 2006) hat Ende 2008 etwa 6 Millionen gespeicherte Einträge

• Verschlagwortungsplattformen werden vorrangig genutzt, um individuelles Informations-management zu betreiben, doch aus der Aggregation individuell vergebener Schlagworte entstehen überindividuelle Klassifikationsschemata

• Diese „Folksonomies“ („Folks“ und „Taxonomy“) geben Auskunft über inhaltliche Zusammenhänge und Ordnungsmuster zwischen den Inhalten, bspw. …

• „Andere Objekte, die mit Schlagwort A versehen wurden“• „Andere Nutzer haben Objekt O mit den Schlagworten A, B, C versehen“• „Nutzer, die das Schlagwort A verwenden, verwenden zusätzlich die Schlagworte X, Y, Z“• Über individuelles Informationsmanagement hinaus werden dadurch Prozesse des „social

browsing“ (Lerman/Jones 2006)/„social navigation“ (Millen/ Feinberg 2005) unterstützt

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Delicious

http://delicious.com/

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Delicious

http://delicious.com/

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Delicious

http://delicious.com/

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Recherchemöglichkeiten

• Varianten der Recherche auf Verschlagwortungsplattformen:– Nach Schlagworten: geeignet, um neue Quellen zu einem bestimmten Thema zu entdecken,

kann aber auch genutzt werden, um innerhalb von Gruppen Inhalte zu teilen, indem man sich auf ein gemeinsames Schlagwort einigt

– Nach Aktivitäten einzelner Personen: Nutzerseiten geben Einblick in Themeninteressen einzelner Personen; lassen sich auch via RSS „abonnieren“

– Nach einzelnen Quellen: Die Schlagworte und Kommentare verschiedener Nutzer zu einer spezifischen Quelle vermitteln einen Eindruck von deren Einschätzungen, Bewertungen und Assoziationen; für Autoren bzw. Urheber kann dies auch interessant sein, um Reaktionen auf die eigenen Texte, Videos o.ä. zu verfolgen

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Vorzüge von Tagging-Systemen

• Tagging-Systeme unterscheiden sich von Kategorienschemata mit „controlled vocabulary“, wie der von Bibliotheken genutzten „Dewey-Dezimal-Klassifikation“ oder der “International Classification of Diseases” (ICD) – diese klassifizieren Objekte mit Hilfe von eindeutigen und standardisierten Kategorien, die in einem spezifischen, oft hierarchischen Verhältnis zueinander stehen (vgl. u.a. Golder/Huberman 2006; MacGregor/McCulloch 2006; Noruzi 2006):

– Geringe Einstiegshürden, weil keine Kenntnis der vorgegebenen Kategorien und ihrer Beziehungen vorausgesetzt werden, um Schlagworte vergeben zu können

– Schlagworte können Assoziationen, Bewertungen oder aufgabenbezogene Merkmale explizit machen, wodurch zusätzlicher Informationsgehalt hinzugefügt wird

– Suche nach Alltagsbegriffen sowie das eher zufällige Entdecken („serendipitous browsing“) anhand von Assoziationen und semantischen Verknüpfungen zwischen verwandten Objekten ist möglich

– Probleme: Umgang mit Polysemie und Synonymie; kein einheitlicher Grad der Spezifität bzw. Generalität von Schlagworten

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Fazit (1)

• Im Internet entstehen alternative Formen der Zusammenstellung und Ordnung von Informationen bzw. Wissen, die maßgeblich von Laien (im Gegensatz zu professionell tätigen Enzyklopädisten) getragen werden

• Die Wikipedia.. – … ist vermutlich das erfolgreichste Beispiel für nutzergetriebene, nicht-kommerzielle

Zusammenarbeit und Wissensproduktion– … weist allerdings eine sehr ungleiche Beteiligungsstruktur und teilweise rigide, wenn auch

nicht immer explizite diskursive Regimes auf• Tagging-Systeme…

– … verbreitern den Personenkreis, der Objekte mit Metadaten versieht und für zukünftige Recherchen aufbereitet

– … können mit dem dynamischen Wachstum digitaler Informationen deutlich besser Schritt halten, als die Klassifizierung durch Experten oder die automatisierte Extraktion und Vergabe von Metadaten

– … sind gerade im Bereich des „user-generated content“ durch ihre Mechanismen der „user-generated classification“ eine wertvolle Ergänzung

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Fazit (2)

• Enzyklopädien des 21. Jahrhunderts sind deterritorialisierte, aber keine globalen Wissensräume, sondern vielmehr eine Vielzahl von locker miteinander gekoppelten, lokal verdichteten Wissensräumen (vgl. auch Hepp 2007)

• Diese Wissensräume können manifest sein (z.B. Sprachversionen bei Wikipedia) oder eher latent vorliegen (z.B. themen- oder domänenspezifische Cluster bei tagging-Systemen)

• Noch unklar ist, inwieweit nutzergenerierte Inhalte und Schlagworte in Zukunft mit den Modellen des Semantic Web zusammenwachsen können, die auf wohldefinierten Ontologien beruhen und das automatisierte Auffinden von Zusammenhängen zwischen Daten erleichtern soll

• Gelingt diese Integration, könnte Zukunft der Enzyklopädien im „Social Semantic Web“ liegen (vgl. Schmidt/Pellegrini 2009)

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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Jan Schmidt

Hans-Bredow-Institut für Medienforschung

Warburgstr. 8-10, 20354 Hamburg

[email protected]

www.hans-bredow-institut.de

www.schmidtmitdete.de

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Weiterführende Literatur (1)

– Fisch, Martin / Gscheidle, Christoph (2008): Mitmachnetz Web 2.0: Rege Beteiligung nur in Communitys. In: Media-Perspektiven, Nr. 7/2008, S. 356-364.

– Golder, Scott A./Huberman, Bernardo A. (2006): The Structure of Collaborative Tagging Systems. In: Journal of Information Science, Nr. 6, S. 198-208. Online verfügbar unter: http://www.hpl.hp.com/research/ idl/papers/tags/tags.pdf.

– Hammwöhner, Rainer (2007): Qualitätsaspekte der Wikipedia. In: Stegbauer, Christian / Schmidt, Jan / Schönberger, Klaus (Hrsg.): Wikis: Diskurse, Theorien und Anwendungen. Sonderausgabe von kommunikation@gesellschaft, Jg. 8. Online-Publikation: http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/B3_2007_Hammwoehner.pdf

– Hepp, Andreas (2007): Wissenspraktiken im Alltag: Wikipedia und Podcasting zwischen Konnektivität und Mobilität. In: Pühringer, Karin/Zielmann, Sarah (Hrsg.): Wissen/Nicht-Wissen als Thema der Kommunikationsforschung. Münster: LIT. 171-194

– Hood, Stephen (2008): Delicious is 5! In: delicious blog [Weblog], 6.11.2008. Online-Publikation: http://blog.delicious.com/blog/2008/11/delicious-is-5.html

– Lerman, Kristina/Jones, Laurie A. (2006): Social Browsing on Flickr. Working Paper. Online verfügbar unter:http://arxiv.org/PS_cache/cs/pdf/0612/0612047v1.pdf.

– Macgregor, George/McCulloch, Emma (2006): Collaborative tagging as a knowledge organisation and resource discovery tool. In: Library Review, Nr. 5, Jg. 55, S. 291-300.

– Machill, Marcel/Markus Beiler (2008): Die Bedeutung des Internets für die journalistische Recherche. In: Media-Perspektiven, Nr. 10, 2008, S. 516-531.

– Millen, David/Feinberg, Jonathan/Kerr, Bernard (2005): Social Bookmarking in the Enterprise. In: Queue, Nr. 3, S. 28-35.

– Noruzi, Alireza (2006): Folksonomies: (Un)controlled vocabulary? In: KNOWLEDGE ORGANIZATION, Nr. 33, S. 199-203.

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Weiterführende Literatur (2)

– Roessing, Thomas (2008): Propaganda, POV und Pöbeleien – die Dynamik politischer Auseinandersetzungen in Wikipedia. Vortrag bei der Jahrestagung der Fachgruppe Computervermittelte Kommunikation der DGPuK, 7./8.11.2008, Ilmenau.

– Schmidt, Jan (2008): Was ist neu am Social Web? Soziologische und kommunikationswissenschaftliche Grundlagen. In: Zerfaß, Ansgar; Welker, Martin; Schmidt, Jan (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Band 1: Grundlagen und Methoden - Von der Gesellschaft zum Individuum. Köln: Herbert von Halem.

– Schmidt, Jan / Tassilo Pellegrini (2009): Das Social Semantic Web aus kommunikationssoziologischer Perspektive. In: Blumauer, Andreas/Tassilo Pellegrini (Hrsg.), Social Semantic Web. Web 2.0 - Was nun?. Berlin/Heidelberg. S.453-468.

– Schmidt, Jan (in Vorb.): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Konsequenzen des Web 2.0. Konstanz: UVK. Erscheint voraussichtlich Mai 2009.

– Schroer, Joachim/Guido Hertel (in Druck). Voluntary engagement in an open web-based encyclopedia: Wikipedians, and why they do it. Media Psychology.

– Smith, Gene (2008): Tagging. People-Powered Metadata for the Social Web. Berkeley.– Stegbauer, Christian (2006): Wikipedia: Die Erstellung einer Online-Enzyklopädie als Herausforderung für die

Erklärung von Kooperation. In: Stegbauer, Christian/Alexander Rausch: Strukturalistische Internetforschung. Netzwerkanalysen internetbasierter Kommunikationsräume. Wiesbaden: VS. S. 221-244.

– Stegbauer, Christian/Elisabeth Rausch (2008): Nutzerkarrieren in Wikipedia. In: Zerfaß, Ansgar; Welker, Martin; Schmidt, Jan (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Band 1: Grundlagen und Methoden - Von der Gesellschaft zum Individuum. Köln: Herbert von Halem. S. 186-204.

– Weber, Stefan (2007): Das Google-Copy-Paste-Syndrom : wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefährden. Hannover: Heise.

– Weinberger, David (2007): Everything is Miscellaneous. The Power of the New Digital Disorder. New York. – Wolling, Jens/Martin Emmer (2008): Was wir schon immer (lieber nicht) über die Informationswege und –quellen

unserer Studierenden wissen wollten… In: Raabe, Johannes/Rudolf Stöber/Anna M. Theis-Berglmair/Kristina Wied (Hrsg.): Medien und Kommunikation in der Wissensgesellschaft. Konstanz: UVK. S. 340-355.