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Lernen und Spielen im Kindergarten - Neue Technologien im Einsatz

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Kapitel des L3T Lehrbuch (http://l3t.eu)

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2  —  Lehrbuch  für  Lernen  und  Lehren  mit  Technologien  (L3T)

1. Kinder  und  ihr  Zugang  zu  neuen  Technologien  

Lebenswelten  der  Kinder  sind  Medienwelten  Kinder in unserer Gesellschaft wachsen von klein aufmit einer Vielzahl an Medien und Medienproduktenauf. Nach einer Studie von Feierabend und Mohr(2004) sehen zwei Drittel der zwei- bis fünfjährigenKinder täglich oder beinahe täglich fern. In über 90Prozent der befragten Haushalte befinden sich Fern-seher, Telefon, Radio, Mobiltelefon, Videorekorderund Stereoanlage. Die Studie bringt damit deutlichzum Ausdruck, dass Kindern potentiell bereits einbreites Medienspektrum zur Verfügung steht und sievon diesem auch Gebrauch machen.

Medien   erfüllen   verschiedene   Funk?onen   in   der   Ent-­‐wicklung  von  Kindern  

Durch den Besitz von Technologien erleben Kinderihre persönliche Autonomie und Stärke. Medienhelfen ihnen bereits im Kindergartenalter bei der ge-zielten Suche nach Information, dienen daher als In-formationsvermittler. Die Informationsvermittlunggeschieht dabei vor allem gemeinsam in BegleitungErwachsener, wenn Kinder noch nicht lesen können,oder allein, anhand altersangepasster Medienpro-dukte. Durch Medien können Kinder in vielfältigerund kreativer Weise ihre eigene Sichtweise aus-drücken und darstellen. Zum Beispiel wenn in einemProjekt, in dem es um elektrische Geräte im Haushaltgeht, auf einer „Fotosafari“ durch die „Kita“ (kurzfür „Kindertagesstätte“) alle Geräte fotografiertwerden, die Strom brauchen. Die von den Kindernhergestellten Medienprodukte, in diesem Fall Fotos,werden als Grundlage einer Diskussion genutzt. DieKinder können die Fotos verwenden, um ihre Erfah-rungen in die Diskussion einzubringen oder ihrenStandpunkt zu verdeutlichen (Fthenakis et al., 2009).Eine weitere Funktion von Mediennutzung ist dieUnterstützung der Kinder beim Erwerb des Kon-zepts der symbolischen Repräsentation, das heißt, dieMädchen und Jungen müssen erst den Charakter vonSymbolen begreifen und verstehen. Ein wichtigerGrund für die Mediennutzung ist nicht nur für Er-wachsene, sondern auch für Kinder im Kindergarten-alter das Bedürfnis nach Entspannung, Spiel undSpaß (Fthenakis et al., 2009). Wenn dabei von „Kin-

dergarten“ die Rede ist, schließt dies alle Formen ele-mentarer Bildungsinstitutionen für Kinder im Altervon drei bis sechs Jahren mit ein.

Studien   zur   Nutzung   von   neuen   Technologien   im   ele-­‐mentaren  Bildungsbereich

Aktuelle Forschungsergebnisse zur Nutzung vonneuen Technologien im elementaren Bildungsbereichsind international nur rudimentär vorhanden, was aufhohen Forschungsbedarf schließen lässt. Siraj-Blatchford (2006) untersuchte die Auswirkungen desEinsatzes von Informations- und Kommunikations-technologien im frühen Bildungsbereich. Ergebnissezeigen, dass neue Technologien im institutionellenBildungsbereich vor allem auf kreative Weise genutztwerden, gefolgt von der Nutzung für die BereicheLese- und Schreibfähigkeit, Mathematik und Wissen.Der Computer kommt laut Siraj-Blatchford vor allemin Bezug auf Lesekompetenz in Bildungseinrich-tungen zum Einsatz.

In einer österreichischen Studie (Pfarrhofer &Koller, 2007) stellte sich heraus, dass 68 Prozent derdrei- bis fünfjährigen Kinder zu Hause Zugang zueinem Computer oder Laptop haben. Davon haben45 Prozent einen Internetzugang. 37 Prozent derEltern empfinden den Umgang mit dem Computerals eine wichtige Bildungserfahrung für ihre Kinder.

Kindergarten,  Technologieeinsatz  und  Medienbildung  

Die Potenziale neuer Technologien stellen deshalbauch die Bildungsinstitutionen für drei- bis sechs-jährige Kinder vor die Herausforderung, Konzeptefür aktuelle und engagierte Medienbildung zu entwi-ckeln. Elementare Bildungseinrichtungen sind aufge-fordert, die Lebenswelt der Kinder zu reflektierenund die Basis für lebensbegleitende Bildungsprozessezu legen. Da die Verwendung von digitalen Techno-logien die Wissensgesellschaft in entscheidendemMaße prägt, beeinflussen Medien dementsprechendauch die frühe Kindheit und können als bedeutenderSozialisationsfaktor gesehen werden (Theunert &Schorb, 2004). Kinder erwerben bereits in ihrem fa-miliären Umfeld grundlegende Medienkompetenzen(Spanhel, 2002). An diesen ersten Kompetenzensollten sich Konzepte der Medienbildung im Kinder-garten orientieren und darauf aufbauen. DerUmgang mit neuen Technologien bedarf einer früh-zeitigen und pädagogisch wertvollen Herangehens-

Warum  glauben  Sie,   sind  Medien  wich@g   für  Kinder?Welche  Funk@onen  erfüllen  Medien  in  der  Lebensweltvon   Kindern?   Zu   welchem   Zweck   nutzen   KinderMedien   Ihrer   Einschätzung   nach?   Disku@eren   Sie   inKleingruppen.  

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92   Prozent   der   befragten   Eltern   erwarten,   dass   derUmgang  mit  neuen  Technologien  in  der  Schule  und  imKindergarten  gelehrt  wird  (Pfarrhofer  &  Koller,  2007)

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weise, die Kindern eine verantwortungsvolle, selbst-bestimmte Partizipation in der Mediengesellschaft er-möglicht. Hierzu ist eine spielerische Gestaltung not-wendig, die den Kindern erlaubt sich ihre eigenen, in-dividuellen Handhabungen selbstgesteuert anzu-eignen und in der sie sich selbst als Person auspro-bieren können.

2. Einsatz  von  neuen  Technologien  in  Verbindung  mitMedienbildung  

Mit  Medien  ko-­‐konstruk?v  lernen  Die folgenden Ausführungen zur Umsetzung vonMedienbildung und zur Nutzung neuer Technologienim Kindergarten gehen von einem sozialkonstrukti-vistischen Bildungsverständnis aus, das Bildung alsErgebnis sozialer Prozesse konzeptualisiert, die sichin der Interaktion zwischen einzelnen Personen voll-ziehen. Demzufolge kann das Lernen von Kindernnicht als Weitervermittlung von bereits bestehendem,„fertigem“ Wissen verstanden werden, sondern alskooperative und kommunikative Aktivität, an derKinder und Erwachsene aktiv beteiligt sind und beider gemeinsam Sinn konstruiert wird sowie Kompe-tenzen neu aufgebaut werden. Diese Vorgehensweisewird als Ko-Konstruktion bezeichnet: Kinder ko-konstruieren ihr Wissen, Sinn und Bedeutung auf derGrundlage ihrer bisherigen Erfahrungen und ebensoin Auseinandersetzung mit Interaktionspartnern inihrer sozialen Umgebung (Fthenakis, 2004). Die Artund Weise wie Interaktionen zwischen Fachkräftenund Kindern sowie zwischen den Kindern gestaltetwerden, ist demnach von entscheidender Bedeutungfür die Entwicklung der Kinder.

Medien haben für ko-konstruktives Lernen einebesondere Bedeutung: Mit Hilfe neuer Technologienerhalten Kinder nicht nur Zugang zu Informationen,sie können auch selbst Medien herstellen, um ihreLernwege festzuhalten, sich diese vergegenwärtigenund ihre Sichtweise in die Diskussion einbringen. Ineinem Projekt, in dem es zum Beispiel um das ThemaWerbung geht, erfahren die Mädchen und Jungen ei-nerseits, was Werbung erwirken möchte und anderer-seits aber auch, wie Werbung gestaltet und eingesetztwird. In verschiedenen Angeboten erkunden die

Kinder die Welt der Werbung und stellen etwa eigeneWerbeproduktionen her und beginnen dadurch, ihrenBezug zu Werbung zu reflektieren.

Bildungsziele  der  Medienbildung

Die Bildungsziele im Bereich der Medienbildunglassen sich in zwei große Bereiche unterteilen. DerZielbereich „Stärkung von Kompetenzen für denaktiven Umgang mit Medien“ schließt zum einenein, dass Kinder Erfahrungen und praktische Kennt-nisse im Umgang mit Medien sammeln, und zum an-deren Medien für eigene Anliegen, Fragen und densozialen Austausch nutzen. Im zweiten Zielbereich„Stärkung von Kompetenzen für die kritische Re-flexion von Medien“ geht es neben der Verar-beitung und Reflexion des eigenen Umgangs und ei-gener Erfahrungen mit Medien darum, die Machartund Funktion von Medien zu reflektieren und Kennt-nisse darüber zu erwerben (für eine detaillierte Dar-stellung von Zielen der Medienbildung im Kinder-garten siehe Fthenakis et al., 2009). Eine Umsetzungdieser Ziele orientiert sich an den vier Grundposi-tionen, die im Folgenden beschrieben werden.

Weiterführende  Literatur/Materialien:▸ Aufenanger,  S.  &  Neuß,  N.  (1999).  Alles  Werbung,oder   was?  Medienpädagogische   Ansätze   zur   Ver-­‐mi\lung   von   Werbekompetenz   im   Kindergarten.Ein   Forschungsprojekt   der   Unabhängigen   Landes-­‐anstalt   für   das   Rundfunkwesen   (ULR).   URL:h\p://www.dr-­‐neuss.de/Onlinetexte   [2010-­‐09-­‐28].▸ LfM   Nordrhein-­‐Wesdalen;   LPR   Hessen   &   LPRRheinland-­‐Pfalz  (2003).  Kinder  und  Werbung.  Bau-­‐steine  für  den  Kindergarten.  MedienpädagogischerBaukasten  zum  Thema  „Kinder  und  Werbung“  Me-­‐dienpädagogisches  Material.  München:  kopaed.  

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In der Praxis: Unterstützung bei der PortfolioarbeitDer   Einsatz   neuer   Technologien   bereichert   und   unterstütztauch  die  Pordoliomethode  zur  Dokumenta@on  und  Reflexionkindlicher   Lern-­‐   und   Entwicklungsprozesse   im   Kindergarten,indem   Kinder   ihre   Lerngeschichten   nicht   nur   als   Bild   imOrdner   ablegen,   sondern  diese   beispielsweise   auch   anhandvon   unterschiedlichen   medialen   Werkzeugen   wie   zum   Bei-­‐

spiel   Weblogs   oder   Podcasts   erzählen   und   ergänzen.   Bei-­‐spiele   für   solche   Kindergartenweblogs   oder   auch   Erziehe-­‐rinnen   und   Erzieher   die   über   ihre   Arbeit   berichten,   findensich  bei  Mister  Wong  unter  den  Schlagworten  #l3t  und  #kin-­‐dergarten.  

Warum  sollte  ein  Kind  in  elementaren  Bildungsins@tu-­‐@onen   bereits   Medienkompetenz   erwerben?   Disku-­‐@eren   Sie   in   Kleingruppen,   wie   Sie   sich   ein   medien-­‐kompetentes   Kind   vorstellen.   Vergleichen   Sie   die   Er-­‐gebnisse.

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3. Ak?v,  krea?v  und  koopera?v  mit  Medien  umgehen  Wie bei der Umsetzung anderer Bildungsbereicheauch geht es im Bildungsbereich nicht nur darum,etwas über Medien zu lernen und einen verantwor-tungsvollen Medienumgang zu entwickeln, sonderndass Kinder die Möglichkeit haben, sich aktiv han-delnd mit Themen und Gegenständen auseinander-zusetzen. Das geschieht, indem sie sich mit Fach-kräften oder anderen Kindern über Ideen austau-schen, nach Erklärungen suchen oder gemeinsamProbleme lösen und dabei eben Medien einsetzen.Medien können hier Gegenstand und Mittel der In-teraktion sein. Medienbildung bzw. die Nutzungneuer Technologien im Kindergarten zielt also daraufab, dass Kinder Medieninhalte nicht nur aufnehmen,indem sie beispielsweise ein Buch oder einen Film

anschauen, sondern darauf, dass die Kinder Medienaktiv für ihre Belange einsetzen (Fthenakis et al.,2009).

Erfahrungsberichte aus der Praxis zeigen, dassKinder auch ohne Lese- und Schreibkenntnisse ver-schiedenste Medien handhaben können, wenn sie in-tuitiv und durch Experimentieren nutzbar sind. DieArt und Weise, wie Kinder Medien nutzen, sollte auf-gegriffen werden: Kinder entwickeln ihre Kompe-

tenzen im Umgang mit Medien weniger durch „Ver-stehen“ viel mehr durch „Begreifen“ (Röll, 2002). Alsbesonders geeignet gelten deshalb handlungsorien-tierte Ansätze der Medienbildung, welche die Befä-higung zu einer „kritisch-reflexiven Mediennutzung“anstreben (Hug, 2002) und die Zusammenführungvon Medienalltag und Medienhandeln umfassen(Schorb, 2008). Aus der Frage, was Medien mitKindern machen, formuliert sich so die Auffor-derung, was Kinder mit Medien alles machenkönnen. Handlungsorientierte Ansätze beinhalteneinen Perspektivenwechsel vom eher passiven Medi-enrezipienten zum aktiven Medienproduzenten (Hug,2002).

Interessieren sich Kinder dafür, wie Zeichentrick-filme entstehen, könnten sie gemeinsam mit derFachkraft einen eigenen Trickfilm produzieren: Dazutauschen sich die Kinder zunächst über ihre Lieb-lingsfiguren aus dem Fernsehen aus. Welche FigurenWie  tragen  Medien  zur  Par@zipa@on  von  Kindern  bei?

Welche   besonderen  Möglichkeiten   bieten  Medien   indiesem  Zusammenhang?  (Denken  Sie  dabei  über  kom-­‐munika@ve,   soziale   und   kollabora@ve   Aspekte   nach).Schreiben   Sie   in   einer   Kleingruppe   Ihre   Gedanken   inForm  eines  „Brainstorming“  nieder.

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Abbildung  1:  Trickfilme  mit  Kindergartenkindernerstellen.  Quelle:  Elisabeth  Schallhart,  KindergartenMaurach  a.  Achensee.

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gefallen den Kindern, welche nicht? Warum ist dasso? Danach denken sich die Kinder eine kleine Ge-schichte aus, die anschließend mittels Stopptrick ver-filmt wird (siehe Abbildung 1).

4. Lernmethodische  Kompetenz  stärken

Im Bildungsbereich geht es nicht nur darum, etwasüber Medien zu lernen und einen verantwortungs-vollen Medienumgang zu entwickeln, sondern auchum das Lernen mit Medien, also um Medien undneue Technologien als Mittel des Lernens. WennKinder mit Hilfe von Medien Zugang zu Informa-tionen bekommen, indem sie beispielsweise Bücheroder Filme anschauen, gemeinsam mit der Fachkraftim Internet recherchieren oder per Telefon je-mandem Fragen stellen und anschließend diese Infor-mationssuche reflektieren, lernen sie nicht nur etwasüber geeignete Informationsquellen, sondern auchüber den Umgang mit Informationen: Wie kommeich an Informationen? Wie habe ich wichtige Infor-mationen ausgewählt? Wie kann ich über eine Sachenoch mehr herausfinden? Das sind alles Fragen,welche das eigene methodische Vorgehen beimLernen betreffen (Fthenakis et al., 2009). Denn dierichtige Suche von Informationen, die Orientierungim „Informationsdschungel“, so wie die kritische Be-wertung von Informationen will gelernt sein. Die„Wissenskluft-Perspektive“ (Tichenor, 1970) gehtjedoch davon aus, dass Menschen mit höherem so-zioökonomischem Status Medien vielfältiger undanders für ihre Informationssuche nutzen als Men-schen mit niedrigerem sozioökonomischem Status.Dies betrifft in weiterem Zusammenhang auch schonKinder zwischen drei und sechs Jahren, da der Ge-brauch von Medien und den Stellenwert, den sieMedien zuschreiben unter anderem von ihren sozio-kulturellen Voraussetzungen in ihrer Lebenswelt,ihrer Familie abhängen (Paus-Hasebrink & Bichler,2006). Aus diesem Grund kommt allen Bildungsinsti-tutionen die Aufgabe zu, Chancengleichheit beimZugang zu Medien und ihrer kompetenten Nutzungzu fördern.

Medien können das Lernen der Kinder unter-stützen, indem sie zur Dokumentation eines Projektsoder einer bestimmten Aktivität eingesetzt werden:Die von Kindern erstellten Foto-Dokumentekönnten für die gemeinsame Reflexion genutztwerden: Was haben wir Neues dazugelernt? Wiehaben wir es gelernt? Warum haben wir das gelerntund weshalb sind wir dieser Frage nachgegangen? Re-flexionsfragen dieser Art tragen dazu bei, dassKinder etwas über das Lernen lernen.

5. Spiel  als  wich?gste  Lernform  In der Medienpraxis und dem Lernen mit neuenTechnologien ist das Spiel die wichtigste Lernformder Kinder. Der spielerische Umgang mit Medien imKindergarten bezieht sich einerseits auf das Kennen-lernen und das freie Experimentieren mit verschie-densten Medien und andererseits auf das angeleiteteSpiel, das didaktisch-pädagogisch durch die Kinder-gartenpädagogin oder den Kindergartenpädagogenbegleitet wird. Beispiele in diesem Artikel beziehensich vor allem auf das angeleitete Spiel mit Medien.Kinder erhalten etwa im Kindergarten Raum, ihreMedienerlebnisse zu verarbeiten und führen Ge-schichten in ihrer Fantasie weiter, die sie aus verschie-denen Medien kennen. Das Spiel kann aber auch alsAusgangspunkt für die gemeinsame Reflexion derMedienerlebnisse der Kinder genutzt werden. ImRollenspiel können die Kinder emotionale Mediener-lebnisse bearbeiten, indem sie eine spannende Ge-schichte zu einem für sie guten Ende führen. Die ge-meinsame Ko-Konstruktion der Bedeutung vonMedien sowie deren Funktionsweise und Nutzenkann durch die Fachkraft unterstützt werden, indemsie den Kindern beispielsweise verschiedene Medienzur Verfügung stellt und die Mädchen und Jungendiese dann in ihren (Rollen-) Spielen einbeziehenkönnen (zum Beispiel Spieltelefone, Kassettenre-korder mit Mikrofon, Fotoapparate; Fthenakis et al.,2009).

Der Einsatz von Lern- und Spielsoftware nimmtseit einigen Jahren auch im Kindergarten zu. Lern-software, die einen spielerischen Zugang zu Wissenermöglicht, wird bereits in vielen Einrichtungen ein-gesetzt. Geeignete Lern- und Spielsoftware, dieKinder zu einem spielerischen, experimentellen, aberauch gemeinschaftlichen Entdecken des Computersanregt, bietet einen kindgerechten Einstieg in dieWelt der neuen Technologien. Die Kindergartenpä-dagogin, der Kindergartenpädagoge stehen hier aller-dings vor der Aufgabe, aus einer Vielzahl an Pro-

Zu   welchen   Zwecken   setzen   Sie   selbst   Medien   ein?Schreiben  Sie  alle  Aspekte  Ihrer  persönlichen  Medien-­‐nutzung   nieder   und   vergleichen   Sie   dies   in   derGruppe.

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Spiele  fördern  Krea@vität  sowie  Interak@on  und  habeneine  überaus  wich@ge  Rolle  in  der  sozialen  und  kogni-­‐@ven   Entwicklung   von   Kindern.   Immer   mehr   (kos-­‐tenlose)   Lern-­‐   und   Spielsoqware   werden   von   zahl-­‐reichen   Anbietern   auch   schon   für   die   Allerkleinstenangeboten.

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grammen qualitativ hochwertige Produkte auszu-wählen. Ein Leitfaden zur Bewertung von Computer-spielen wie beispielsweise in Marci-Boehncke undRath (2007, 146-169) oder Qualitätskriterien zur Be-urteilung von Software für den Einsatz im Kinder-garten (Schachtner et al., 2005, 44ff) können hier dieEntscheidung erleichtern. Als besonders gut ge-eignete Software zur Förderung von Sprache undSchrifterwerb kann an dieser Stelle „Die Schlaumäuse– Kinder entdecken Sprache“ angeführt werden. AlsZielformulierung bietet dieses Lernprogramm denKindern ein schriftkulturelles und sprechanregendesUmfeld am Computer (Kochan & Schröter, 2006, 6).

6. Bereichsübergreifend  und  als  ganze  Person  mit  undüber  Medien  lernen  Das Lernen von Kindern lässt sich nicht in ver-schiedene Teilbereiche aufteilen, in denen unabhängigvoneinander Lernen stattfindet. Kinder lernen und

entwickeln sich als gesamte Persönlichkeit. BeimLernen arbeiten Wissen, Gefühle und Körper ver-netzt miteinander zusammen. Aus Sicht der Fachkraftgeht es zum einen darum, eine Verarbeitung des In-halts in verschiedenen Formen anzuregen, bei der alleSinne (Sehen, Hören, Fühlen, Riechen, Schmecken)angesprochen werden, und zum anderen darum, denKindern bereichsübergreifende Zugänge zum Themazu ermöglichen, indem verschiedene Bildungsbe-reiche wie zum Beispiel Sprache, Mathematik und Be-wegung miteinander verknüpft werden.

Software-Anwendungen unterstützen die Er-stellung von multimedialen Inhalten beispielsweise inE-Portfolios oder Weblogs. Sie erleichtern die Wis-sensaufnahme, da verschiedene Sinne angesprochenwerden (siehe Abbildungen 4 und 5).

7. Faktoren  die  den  Umgang  mit  Technologien  im  Kin-­‐dergarten  beeinflussen  

Abschließend möchten wir die wesentlichen Faktorenbeschreiben, die den Umgang mit (neuen) Techno-logien im Kindergarten beeinflussen.

Individuelle  Ebene  –  Pädagoginnen  und  Pädagogen  

Es entsteht die Frage, wie Pädagoginnen und Pä-dagogen eine von Aufenanger (1999) beschriebenemedienpädagogische Kompetenz erwerben. Dieskann in praxisbezogenen und handlungsorientiertenberuflichen Ausbildungsgängen geschehen, sei es anFachschulen, Hochschulen, Berufskollegs oder inWeiterbildungsmaßnahmen. Eine umfassende, medi-enpädagogische Ausbildung von Erzieherinnen undErziehern angelegt an Baackes Medienkompetenz-Modell (Baacke, 1997) müsste somit die LehrzieleMedienkritik, Medienkunde, Mediennutzung, Me-diengestaltung und Baackes Modell ergänzend, Medi-

Welche   Kompetenzen   können   durch   die   Arbeit   mitden  neuen  Medien  von  den  Kindern  gestärkt  werden(Sach-­‐,   Methoden-­‐,   Selbst-­‐,   Sozialkompetenz)?   Re-­‐cherchieren  Sie  in  Praxisbüchern  und/oder  im  Internetnach   Beispielen   ak@ver   Medienarbeit   (im   Kinder-­‐garten).   Erläutern   Sie   in  der  Gruppe,  welche  Kompe-­‐tenzen  der  Kinder  dabei  gestärkt  werden.

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Wenn   Sie   Interesse   an   weiterführenden   Informa-­‐@onen  über  die  prak@sche  Arbeit  mit   neuen  Techno-­‐logien  im  Kindergartenbereich  haben,  dann  besuchenSie  folgende  Seiten:  ▸ Bibernetz   –   Netzwerk   frühkindliche   Bildung:h\p://www.bibernetz.de/  ▸ Blickwechsel  –  Verein  für  Medien-­‐  und  Kulturpäd-­‐agogik:  h\p://www.blickwechsel.org/  

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endidaktik beinhalten. Diese Anforderungen an diePädagoginnen- und Pädagogenausbildung lassen er-kennen, dass der Einsatz von Technologien im Kin-dergartenalltag von der Medienkompetenz von Erzie-herinnen und Erziehern abhängt.

Organisatorische  Ebene  –  Kindergarten  

Damit sich Kinder ihre Medienwelt selbstbestimmt,kritikfähig und breit gefächert erschließen und überihr Handeln ihre Medienkompetenz entwickelnkönnen, bedarf es pädagogischer Konzepte, dieweder von einer bewahrpädagogischen Natur nochvon einer Medienhysterie geprägt sind. Eine einrich-tungsspezifische Ausrichtung von Medien sieht dieVerwendung von neuen Technologien in Form eineszukunftsorientierten Konzeptes vor, das die Pädago-ginnen und Pädagogen gemeinsam erarbeiten und inihrem Alltag integriert umsetzen: Notwendig sindeine kompetente Leitung, als „Schlüssel“ für Verän-derungen, geeignetes technisches Equipment als Ba-sisfaktor für den Technologieeinsatz sowie die Imple-mentierung einer informations- sowie kommunikati-onstechnologischen Bildungskonzeption, die schritt-weise in den Institutionsalltag eingeführt und be-gleitet wird. Eine derartige medienpädagogische Aus-richtung von Kindergärten beginnt in den Bildungs-institutionen erst langsam Fuß zu fassen und bedarfweiterer Entwicklungen.

Allgemeine  Rahmenbedingungen

Um im pädagogischen Alltag von Kindertageseinrich-tungen eine medienpädagogische Praxis zu etablieren,die sich an den Bedürfnissen der Kinder und ihrerAlltagswelt orientiert, müssen Eltern, Erzieherinnenund Erzieher auf die Förderung von Medienkom-petenz vorbereitet werden. Eine generelle, konzeptio-nelle Einbindung des Bereichs Medienbildung kannauch aus Sicht eines Kindergartenträgers eineGrundlage schaffen, die das Thema eingrenzt und fürdie benötigte Transparenz hinsichtlich finanzieller,personeller und technischer Ressourcen und Anfor-derungen sorgt.

Fazit

Da Medien im Leben von Kindern eine wichtigeRolle spielen und Kinder bereits über vielfältige Me-dienerfahrungen verfügen, hat der Kindergarten dieAufgabe, Technologien in den Kindergartenalltag ein-zubinden. Neue Technologien dienen dem Aufbauund Erwerb lernmethodischer Kompetenzen sowieder Unterstützung ko-konstruktiven Lernens, welchesauf Kooperation und Kommunikation ausgerichtetist.

„Medienkompetenz kann nur fördern, wer medi-enpädagogische Kompetenz besitzt“ (Schell, 2006).Diese Feststellung lässt erkennen, dass die Medien-kompetenz der Kindergartenpädagogin, des -pä-dagogen unmittelbar mit der Medienbildung derKinder zusammenhängt. Denn nur wer mit Medienin sinnvoller, verantwortungsbewusster Weise um-gehen kann, ist auch in der Lage, dies den Kindern zuvermitteln. Aus diesem Grund müssen Technologienin der Ausbildung und Fortbildung eine Rolle spielen,da eine handlungsorientierte medienpädagogischePraxis kein statisches Konzept darstellt und eineständige Weiterentwicklung fordert (Schell, 2006, 47).Besonderen Wert sollte hier auch auf mediendidakti-sches Wissen und Reflexionsvermögen sowie aufKenntnisse über geeignete Methoden des Technolo-gieeinsatzes und der Vermittlung von Medienkom-petenz gelegt werden.

Literatur

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