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39 David M. Wineroither Die Sozialpartnerschaft als Eckpfeiler der österreichischen Konsensdemokratie I. Einleitung Die Sozialpartnerschaft beschreibt die österreichische Version des (Neo-) Korporatismus, das heißt ein System der institutionalisierten Konzertierung auf verschiedenen Politikfeldern unter prinzipiell gleichrangiger Beteiligung der Vertretung von ArbeitnehmerInnen, ArbeitgeberInnen und des Staates. Sie ist eng verwoben mit jener spezifischen Form von Demokratie, welche das politische System der Zweiten Republik angenommen hat: Es handelt sich im internationalen Maßstab um eines der eindeutigsten und ausdau- erndsten Beispiele einer Konsensdemokratie. 1 Konsensdemokratien können auch als Verhandlungsdemokratien be- zeichnet werden, denen der in Bern lehrende Politikwissenschaftler Klaus Armingeon drei Dimensionen zuweist: parteipolitische Konkordanz, Kor- poratismus und Vetospieler, deren Zustimmung für eine gesetzgeberische Änderung des Status quo benötigt wird. 2 „Das entscheidende Merkmal von Verhandlungsdemokratien“, schreibt Roland Czada, „liegt also allein in der Bedeutung politischer Handlungsres- sourcen, die nicht aus Wahlen und Abstimmungen hervorgehen.“ 3 Internationale Aufmerksamkeit wurde im österreichischen Fall beson- ders der Sozialpartnerschaft zuteil, die Modell- und Prototypcharakter be- sitzt. 4 1 Vgl. Lijphart, Arend (1984): Democracies. Patterns of Majoritarian and Consensus Government in Twenty-One Countries, New Haven; Lijphart, Arend (1999): Patterns of Democracy: Government Forms and Performance in irty-Six Countries, New Haven. 2 Vgl. Armingeon, Klaus (2003): e Effects of Negotiation Democracy: A Comparative Analysis. In: European Journal of Political Research Jg. 41 (2003) Heft 1, 81–105. 3 Czada, Roland (2003): Der Begriff der Verhandlungsdemokratie und die vergleichende Policy-Forschung. In: Mayntz, Renate/Streeck, Wolfgang (Hg.): Die Reformierbarkeit der Demokratie. Innovationen und Blockaden, Frankfurt a.M. – New York, 173–203: 173–174. 4 Vgl. Traxler, Franz (1998): Austria: Still the Country of Corporatism, in: Ferner, Anthony/Hyman, Richard (Hg.): Changing Industrial Relations in Europe, 2. Aufl., Oxford – Malden, 239–261; Siaroff, Alan (1999): Corporatism in 24 Industrial Democracies: Meaning and Measurement. In: European Journal of Political Research Jg. 36 (1999) Heft 2, 175–205. Am deutlichsten schlug sich diese Vorbildwirkung in einem regionalen „exceptionalism“ Sloweni- ens nieder, der nunmehr im Begriff ist zu verschwinden. Vgl. dazu Guardiancich, Igor (2012): e Uncertain Future of Slovenian Exceptionalism. In: East European Politics & Societies Jg. 26 (2012) Heft 2, 380–399.

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David M. Wineroither

Die Sozialpartnerschaft als Eckpfeiler der österreichischen Konsensdemokratie

I. Einleitung Die Sozialpartnerschaft beschreibt die österreichische Version des (Neo-)Korporatismus, das heißt ein System der institutionalisierten Konzertierung auf verschiedenen Politikfeldern unter prinzipiell gleichrangiger Beteiligung der Vertretung von ArbeitnehmerInnen, ArbeitgeberInnen und des Staates. Sie ist eng verwoben mit jener spezifischen Form von Demokratie, welche das politische System der Zweiten Republik angenommen hat: Es handelt sich im internationalen Maßstab um eines der eindeutigsten und ausdau-erndsten Beispiele einer Konsensdemokratie.1

Konsensdemokratien können auch als Verhandlungsdemokratien be-zeichnet werden, denen der in Bern lehrende Politikwissenschaftler Klaus Armingeon drei Dimensionen zuweist: parteipolitische Konkordanz, Kor-poratismus und Vetospieler, deren Zustimmung für eine gesetzgeberische Änderung des Status quo benötigt wird.2

„Das entscheidende Merkmal von Verhandlungsdemokratien“, schreibt Roland Czada, „liegt also allein in der Bedeutung politischer Handlungsres-sourcen, die nicht aus Wahlen und Abstimmungen hervorgehen.“3

Internationale Aufmerksamkeit wurde im österreichischen Fall beson-ders der Sozialpartnerschaft zuteil, die Modell- und Prototypcharakter be-sitzt.4

1 Vgl. Lijphart, Arend (1984): Democracies. Patterns of Majoritarian and Consensus Government in Twenty-One Countries, New Haven; Lijphart, Arend (1999): Patterns of Democracy: Government Forms and Performance in Thirty-Six Countries, New Haven.

2 Vgl. Armingeon, Klaus (2003): The Effects of Negotiation Democracy: A Comparative Analysis. In: European Journal of Political Research Jg. 41 (2003) Heft 1, 81–105.

3 Czada, Roland (2003): Der Begriff der Verhandlungsdemokratie und die vergleichende Policy-Forschung. In: Mayntz, Renate/Streeck, Wolfgang (Hg.): Die Reformierbarkeit der Demokratie. Innovationen und Blockaden, Frankfurt a.M. – New York, 173–203: 173–174.

4 Vgl. Traxler, Franz (1998): Austria: Still the Country of Corporatism, in: Ferner, Anthony/Hyman, Richard (Hg.): Changing Industrial Relations in Europe, 2. Aufl., Oxford – Malden, 239–261; Siaroff, Alan (1999): Corporatism in 24 Industrial Democracies: Meaning and Measurement. In: European Journal of Political Research Jg. 36 (1999) Heft 2, 175–205. Am deutlichsten schlug sich diese Vorbildwirkung in einem regionalen „exceptionalism“ Sloweni-ens nieder, der nunmehr im Begriff ist zu verschwinden. Vgl. dazu Guardiancich, Igor (2012): The Uncertain Future of Slovenian Exceptionalism. In: East European Politics & Societies Jg. 26 (2012) Heft 2, 380–399.

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Zitierung: Wineroither, David M. (2013): Die Sozialpartnerschaft als Eckpfeiler der österreichischen Konsensdemokratie. In: Pellar, Brigitte (Red.): Wissenschaft über Gewerkschaft. Analysen und Perspektiven, Wien, 39-70.
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Die „Sozialpartner“ genannten Interessenverbände der ArbeitnehmerIn-nen und ArbeitgeberInnen nehmen privilegierten und weitreichenden Ein-fluss auf den politischen Prozess: sei es durch die Organisation von Selbst-verwaltungskörpern, die Einbringung von Expertise im Rahmen des Begut-achtungsverfahrens im Gesetzgebungsprozess (das heißt im vorparlamenta-rischen Raum) oder die Mitgliedschaft nicht weniger ihrer Spitzenvertrete-rInnen in Parlamenten und Regierungen.

Die folgenden Ausführungen stellen keinen Versuch dar, eine detailrei-che und ausgewogene Darstellung über Einrichtungen und Abläufe im Rahmen der Sozialpartnerschaft zu liefern. Sie beleuchten ebensowenig den Wandel in den Beziehungen des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) zu den übrigen RepräsentantInnen der Sozialpartnerschaft oder in-terne Dynamiken der Entscheidungsfindung.

Vielmehr rückt das Gewicht gewerkschaftlicher Präsenz und des Ent-scheidungssystems der Sozialpartnerschaft für Gesicht und Gelingen der österreichischen Demokratie nach 1945 in den Mittelpunkt – einer umfas-senden Verhandlungsdemokratie und damit einer Form von Demokratie, die eine historische Antithese zum Werde- und Niedergang der parlamenta-rischen Demokratie in der Ersten Republik darstellt.

II. Korporatismus und politischer Konsens: Akteure, Prozesse und Ergebnisse

Gewerkschaften kann schon rein instrumentell ein zweifaches Nahever-hältnis zur Demokratie nachgesagt werden: Erstens „können [sie] selbst das wirtschaftliche Interesse ihrer Mitglieder an besserer Lebenshaltung nur vertreten, wenn die politische Demokratie gesichert bleibt, wie ihnen die Erfahrungen mit dem Obrigkeitsstaat alter Prägung und den totalitären Systemen vor Augen geführt haben.“ 5 Zweitens sind Gewerkschaften mancher orts, wie in Österreich und Schweden, in der Lage gewesen, einen sehr hohen Organisationsgrad zu erreichen und im Verbund mit starken sozialistischen beziehungsweise sozialdemokratischen Parteien einen um-fassenden Wohlfahrtsstaat zu etablieren, in Schweden sogar eine Hege monie

5 Vgl. Abendroth, Wolfgang (1952): Zur Funktion der Gewerkschaften in der westdeutschen Demokratie. In: Gewerkschaftliche Monatshefte Jg. 3 (1952) Heft 11, 641–648: 647.

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der politischen Linken zu begründen und über Jahrzehnte aufrecht zu erhalten.6

Gewerkschaften fungieren, wie Vereine und Verbände allgemein, als Schule von Demokratie und wurden sogar als „Demokratieerzieher“ be-zeichnet.7 Sie sind befähigt, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu erzeugen und ermuntern zur Parteinahme in öffentlichen Angelegenheiten. Über die Verankerung auf betrieblicher Ebene und im Rahmen der Etablierung beziehungsweise des Ausbaus innerbetrieblicher Demokratie befördern Gewerkschaften demokratische Mitbestimmung am Arbeitsplatz und ein Auftreten im öffentlichen Raum.8 In anderen Worten: Gewerkschaften beteiligen sich auf unterschiedlichen Ebenen an der Schaffung von Sozial-kapital.9

Tatsächlich bedeuten jüngere empirische Studien anhand umfassender Ländervergleiche eine höhere politische Systemzufriedenheit des Bürgers/der Bürgerin in Konsensdemokratien gegenüber Konfliktdemokratien.10 Dieser Erfolg stellt sich auf zwei Wegen ein: (a) eine höhere Akzeptanz von „Unterlegenen“ in Wahlprozessen und (b) eine hohe systemische Leistungs-fähigkeit mit Blick auf den materiellen Output und Outcome von Regieren und Verhandeln. Armingeon hat gezeigt, dass eine höhere Leistungsfähig-keit von Konsensdemokratien gegenüber Konfliktdemokratien zum Groß-teil auf dem Einfluss einer einzelnen Dimension von Verhandlungsdemo-kratie beruht: Korporatismus.11

6 Vgl. Scharpf, Fritz W. (1987): Sozialdemokratische Krisenpolitik in Europa, Frankfurt – New York.7 Allgemeiner gesprochen bilden gesellschaftliche Groß-Institutionen wie Gewerkschaften und Kirchen zentrale

Instanzen politischer Sozialisation. Die Verknüpfung bestimmter beruflicher Tätigkeiten mit politischen Präfe-renzen und Klassenlage feiert in der vergleichenden Wahlforschung und politischen Soziologie ein beachtliches Comeback in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Marx’ Diktum vom Sein, welches das Bewusstsein be-stimmt. Vgl. dazu Oesch, Daniel (2006): Coming to Grips with a Changing Class Structure. In: International Sociology Jg. 21 (2006) Heft 2, 263–288.

8 Vgl. Weber, Wolfgang G./Unterrainer, Christine/Schmid, Birgit. E. (2009): The influence of organizational democracy on employees’ socio-moral climate and prosocial behavioral orientations. In: Journal of Organizatio-nal Behavior Jg. 30 (2009) Heft 8, 1127–1149. Die Arbeits- und Organisationspsychologie stützt damit – zu-mindest indirekt – die Behauptung eines Vorrangs der „erzieherischen“ Komponente gegenüber dem Moment der „Selbstrekrutierung“, das heißt einer überdurchschnittlich häufigen Vereins- und Verbandsmitgliedschaft unter jenen, die ohnehin über ein hohes Maß an Sozialkapital verfüg(t)en beziehungsweise es im Alltag demons-trieren. Vgl. dazu Armingeon, Klaus (2007b): Political participation and associational involvement. In: van Deth, Jan W./Montero, José Ramon/Westholm, Anders (Hg.): Citizenship and Involvement in European De-mocracies: A comparative analysis, London, 358–383.

9 Vgl. Putnam, Robert D. (2000): Bowling Alone: The collapse and revival of American community, New York – London – Toronto – Sydney – Singapore.

10 Anderson, Christopher J./Blais, André/Donovan, Todd/Listhaug, Ola (2005): Losers’ Consent: Elections and Democratic Legitimacy, Oxford.

11 Vgl. Armingeon, Klaus (2003): The Effects of Negotiation Democracy: A Comparative Analysis. In: European Journal of Political Research Jg. 41 (2003) Heft 1, 81–105.

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Korporatismus und Konkordanz konnten im österreichischen Parteien-staat nicht losgelöst voneinander agieren. Beide Eigenheiten des politischen Systems räumen Aspekten der politischen Stabilität und materiellen Politik-ergebnisse Vorrang ein gegenüber partizipatorischen Bedürfnissen und pro-zeduraler Qualität von Demokratie. Für die Einrichtungen und Akteure der stark elitenbasierten Verhandlungsdemokratien ergibt sich in vielen Län-dern langfristig ein Legitimationsdilemma „not, it is worth emphasizing, as a result of the failure of consociation democracy, but because consociationalism by its very success has begun to make itself superfluous.“12

Um tiefschürfende gesellschaftliche Konfliktlinien überhaupt auf dem Wege der politischen Verhandlungen lösen zu können, müssen gesellschaft-liche beziehungsweise politische Eliten stellvertretend für breite Bevölke-rungsgruppen handeln können. Gewerkschaften speisen die für sämtliche westlichen Gesellschaften und Parteiensysteme maßgeblichste Konfliktlinie, den fundamentalen Interessengegensatz zwischen Arbeit und Kapital, in den politischen Entscheidungsprozess ein (ganz wie die Existenz der Ge-werkschaften ebendiesem Konflikt entsprang). Sie tun dies in mehr oder weniger enger Koppelung mit der parteipolitischen Arena der Konkordanz, jedenfalls aber im Rahmen korporatistischer Arrangements ausgestattet mit staatlicher Rückendeckung. In Österreich ist diese Abstimmung traditionell besonders intensiv und es besteht eine Klammer auf Personalebene bis in höchste Ämter: Das Beispiel Julius Raabs, der ab 1953 das Amt des Bundes-kanzlers, des ÖVP-Bundesparteiobmannes und des Präsidenten der Bun-deswirtschaftskammer (heute: Wirtschaftskammer Österreich/WKÖ) verei-nigte, ist durchaus exemplarisch.

Entgegen konservativen Befürchtungen trugen die Gewerkschaften be-reits früh im 20. Jahrhundert dort, wo sie zu Massenorganisationen aufge-stiegen waren, zu gesellschaftlicher Integration bei und konnten sich als tauglicher Verhandlungspartner positionieren.13 Gewerkschaften erfüllten und erfüllen im Zusammenspiel mit politischen Linksparteien wesentliche Aufgaben vor allem vertikaler Integration – mit entsprechendem Nieder-

12 Lijphart, Arend (1997): Unequal Participation: Democracy’s Unresolved Dilemma. In: American Political Sci-ence Review Jg. 91 (1997) Heft 1, 1–14: 1–2: „wie wert ist zu betonen, nicht als Resultat eines Versagens kon-soziativer Demokratie, sondern weil diese begonnen hat, sich durch ihren Erfolg entbehrlich zu machen.“ (Übersetzung durch D.W.)

13 Vgl. u. a. Briefs, Götz (1927): Gewerkschaftswesen und Gewerkschaftspolitik. In: Handwörterbuch der Staats-wissenschaften, Band 4, Jena, 1108–1150.

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schlag in materiellen Politikergebnissen, wie ihn die Machtressourcenthe-orie und die Literatur über „varieties of capitalism“ nachgewiesen hat: Ver-handlungsdemokratien bringen koordinierte Volkswirtschaften, das heißt vergleichsweise stark regulierte kapitalistische Wirtschaftssysteme hervor.

Typischerweise folgt das Verhalten korporatistischer und parteipoli-tischer Akteure ähnlichen Logiken, beziehen sich beide Verhandlungsdi-mensionen, die tripartistische des Korporatismus und die konkordante der Regierungspolitik, auf gleichartige Ziele und bedienen einen ähnlichen Funktionskatalog. Das übergeordnete konkordanzdemokratische Ziel von Systemstabilität in fragmentierten Gesellschaften, die Gefahr einer Über-leitung vom Status als struktureller Mehrheit zu einer strukturellen Mind-erheit sowie geringe Implementierungskosten von Politiken im gesamtge-sellschaftlichen Interesse finden allesamt eine Entsprechung im Aufbau so-zialpartnerschaftlicher Strukturen unter Absage an Nullsummenspiele: Die-se „liberale Lösung des kapitalistischen Überlebensproblems basiert auf der Er-kenntnis, dass die gesellschaftlichen Kosten für die Unterdrückung strukturell verankerter Konflikte sehr hoch sind, dass man derartige Konflikte aber erheb-lich mildern, ja ihnen sogar positive Funktionen für die gesellschaftliche Stabi-lität zuweisen kann, indem man sie an einem festen Platz institutionalisiert.“ 14

Wie im Falle von Konkordanz bedarf der tragfähige Tripartismus eines großen Maßes an vertikaler Integration, die historisch primär beziehungswei-se am ausdauerndsten von Einheitsgewerkschaften geleistet werden konnte.15 Die interne Organisation von Gewerkschaft, aber auch aller anderen an sozi-alpartnerschaftlichen Mechanismen beteiligten Verbände spiegelt den erhöh-ten Bedarf von Verhandlungsdemokratien nach legitimem Elitenhandeln im Blick auf das Gemeinwohl ab: strikt repräsentative Verfasstheit, hierarchi-scher Aufbau, Verhandlungen fernab von Öffentlichkeit. Gewerkschaften ebenso wie politische Parteien müssen Zielkonflikte lösen, die aus der Paral-lelität von Einflusslogik und Mitgliedschaftslogik erwachsen, und die in Ver-handlungsdemokratien von herausgehobener Bedeutung sind.16

14 Streeck, Wolfgang (1972): Das Dilemma der Organisation – Tarifverbände zwischen Interessenvertretung und Stabilitätspolitik. In: Meißner, Werner/Unterseher, Lutz (Hg.): Verteilungskampf und Stabilitätspolitik, Stutt-gart, 130–167: 130.

15 Mommsen, Hans (1979): Arbeiterbewegung und Nationale Frage. Ausgewählte Aufsätze, Göttingen.16 Mittlere Funktionärskader in politischen Organisationen repräsentieren tendenziell eine ideologischere bezie-

hungsweise inhaltlich extremere Position im Vergleich mit sowohl „einfachen“ Mitgliedern als auch der Spitzen-ebene, Mays „Law of curvilinear disparity“. May, John D. (1973): Opinion Structure of Political Parties: The Special Law of Curvilinear Disparity. In: Political Studies Jg. 21 (1973) Heft 2, 135–151.

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Regierungspolitische Konkordanz war ihrerseits eine Antwort auf au-ßergewöhnlich enge Verflechtungen zwischen Verbänden, Parteien und gesellschaftlichen Gruppen beziehungsweise Klassen gewesen. Diese his-torischen Bündnisse schmiedeten Wählerallianzen, die über Generatio-nen hinweg Bestand hatten und gleichsam „natürliche“ politische Hei-maten definierten17, die aber im Gegenzug den Status von Bevölkerungs-gruppen als Angehörige der politischen Mehrheit oder Minderheit fixier-ten. Die Stabilität der Vergangenheit wirkt auf heutzutage ungleich dy-namischeren Wählermärkten fort: Die Etablierung von „issue ownership“ erfolgt wesentlich über – von der Bevölkerung weithin akzeptierte – „constituency-based ownership“,18 das heißt einer sozialdemokratischen Partei wird gleichsam automatisch, unbesehen ihrer gegenwärtigen Pro-grammatik oder ihres vergangenen/gegenwärtigen Regierungshandelns, eine höhere Kompetenz unter anderem in der Armutsbekämpfung zuge-standen.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Korporatismus beschreibt ei-nen integralen Bestandteil von Konsensdemokratien. Sein Einfluss auf die Politikergebnisse in Verhandlungsdemokratien ist durchgängig stark aus-geprägt. Gewerkschaften fällt hierbei am prominentesten die Rolle politi-scher Mobilisierung und Integration zu, die diese in Österreich in beson-derer Nähe zur bestehenden politischen Ordnung, den Blick auf die ge-samtgesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche Entwicklung gerichtet und in enger Abstimmung mit der Sozialdemokratie ausfüllten.19

17 Bartolini, Stefano/Mair, Peter (1990): Identity, Competition, and Electoral Availability: The Stabilisation of European Electorates 1885–1995, Cambridge. Gesellschaftliche Segmentierung stellt infrage, ob Wahlen poli-tisch „in der Mitte“ gewonnen werden können. Überhaupt scheint sie das Schmiermittel demokratischen Wett-bewerbs auf minimale Dosis zu setzen: potenzielle Wechselwähler.

18 Vgl. Stubager, Rune/Slothuus, Rune (2012): What Are the Sources of Political Parties’ Issue Ownership? Testing Four Explanations at the Individual Level. In: Political Behavior Jg. 34, URL: http://ps.au.dk/fileadmin/ Statskundskab/Dokumenter/subsites/Forskersider/runeslothuus/Dokumenter/PoliBehav2012.pdf (abgerufen am 26.02.2013), 1–22.

19 Zum Konzept des „general political exchange“ Crouch, Colin (1990): Generalized political exchange in indust-rial relations in Europa during the twentieth century. In: Marin, Bernd (Hg.): Governance and generalized ex-change: Self-organizing policy networks in action, Frankfurt, 69–116. Auch gegenwärtig trägt etwa die Gewerk-schaftsführung die „Nulllohnrunde“ für Wiener Gemeindebedienstete gegen den vehementen und organisierten Widerstand vieler ihrer Mitglieder mit.

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III. Sozialpartnerschaft und Konsensdemokratie: Die österreichische Praxis

3.1 Die Wende zum Konsens in den Nachkriegsjahren

Die Erste Republik, die von wenigen gewollt war,20 blieb als Demokratie „ein schwieriger Gegenstand über das Datum der staatsrechtlichen Begrün-dung einer demokratischen Republik Ende 1918 hinaus.“ 21 In der Sozialde-mokratie herrschte ein instrumentelles Verhältnis zur demokratischen Re-publik vor: Sie sollte ein Vehikel zur Durchsetzung der Interessen der Arbei-ter klasse sein.22 Im Lager der Christlichsozialen kursierten offen autoritäre Konzeptionen wie jene einer Führerdemokratie und einer ständischen Ver-fassung.23

Dennoch regierte in den ersten Jahren der Republik keineswegs Chaos. Staats- und Innenpolitik bewegten sich in einem engen Korridor, begrenzt von revolutionären Forderungen, restaurativer Gefahr und Stillstand als kleins tem gemeinsamen Klassennenner: Die Große Koalition der Jahre 1918 bis 1920 verabschiedete beispielsweise auf Druck der Freien Ge-werkschaften innerhalb der Sozialdemokratie hin bereits 1918 das allgeme-ine Frauenwahlrecht auf allen politischen Ebenen und damit früher als die meisten anderen westlichen Demokratien. Kammern für Arbeiter und Angestellte (Arbeiterkammern) und die Möglichkeit, Betriebsräte zu wäh-len, wurden geschaffen und in der Sozialgesetzgebung in kurzen Intervallen expansive Meilensteine gesetzt, die Österreich „unter den bürgerlich-kapita-listischen Ländern an der Spitze“ platzierten.24

20 Andics, Hellmut (1962): Der Staat, den keiner wollte. Österreich 1918–1938, Wien. Vgl. Botz, Gerhard (1978): Die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich. Planung und Verwirklichung des politisch-administrati-ven Anschlusses (1938–1940), 2. ergänzte Auflage (Schriftenreihe des Ludwig Boltzmann Instituts für Ge-schichte der Arbeiterbewegung 1), Wien – Linz, 40–48; Vajda, Stephan (1980): Felix Austria. Eine Geschichte Österreichs, Wien – Heidelberg, 575–586.

21 Helms, Ludger/Wineroither, David M. (2012): Austria sui generis? Der Vergleich als Königsweg der Demokra-tieforschung. In: Helms, Ludger/Wineroither, David M. (Hg.): Die österreichische Demokratie im Vergleich, Baden-Baden, 13–29: 13.

22 Vgl. Leser, Norbert (1968): Zwischen Reformismus und Bolschewismus. Der Austromarxismus als Theorie und Praxis, Wien – Frankfurt – Zürich.

23 Vgl. Hanisch, Ernst (1990): Demokratieverständnis, parlamentarische Haltung und nationale Frage bei den österreichischen Christlichsozialen. In: Drabek, Anna M./Plaschka, Richard G./Rumpler, Helmut (Hg.): Das Parteienwesen Österreichs und Ungarns in der Zwischenkriegszeit, Wien, 73–86.

24 Hautmann, Hans (1973): Ferdinand Hanusch, der Staatssekretär. In: Staininger, Otto (Hg.): Ferdinand Hanusch. Ein Leben für den sozialen Aufstieg, Wien, 75–104: 94. Zur Sozialgesetzgebung der ersten Koalitions-regierung vgl. auch Göhring, Walter/Pellar, Brigitte (2003): Ferdinand Hanusch. Aufbruch zum Sozialstaat, Wien, 191–231.

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Freilich hielt die politisch-kulturelle Entwicklung weder mit der gesetz-geberischen noch der institutionenreformerischen auch nur annähernd mit. Auf parlamentarischer Bühne blieb es dem langjährigen Linzer Bürgermeister nach 1945 und parlamentarischen Zeitzeugen jener Jahre, Ernst Koref (SDAP/SPÖ), vorbehalten, in der zweiten Sitzung des Nationalrates nach Wiederbegründung der Republik 1945 an „ehrliches Bemühen“ der im Jahr 1920 jäh beendeten Großen Koalition zu erinnern.25 Die politische Kultur des Landes verfiel in dramatischem Ausmaß und mit zunehmender Ge-schwin dig keit. Es folgten bekanntlich ideologische Polarisierung, die Parami-litarisierung der politischen Auseinandersetzung und der Bürgerkrieg im Feb-ruar 1934. Im März 1938 löste eine Diktatur (die des Nationalsozialismus) eine andere ab (die des Ständestaates beziehungsweise Austrofaschismus).

Nach 1945 fand unter dem Eindruck der Beseitigung der Demokratie 1933/34 und des Untergangs der Ersten Republik, der moralischen und ökonomischen Verheerungen der Jahre 1938 bis 1945 sowie der Besatzung durch die Alliierten ein spezieller Typ der politischen Machtteilung Anwen-dung: das Streben nach „gütlicher Übereinkunft“, das heißt Konkordanz, als ultima ratio politischer Eliten.26 Der antithetische Konsenscharakter der Nachkriegspolitik speiste sich kaum aus institutionellen Weichenstellungen des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG). Selbst die Sozialpartnerschaft war in ihren Grundzügen bereits in der Ersten Republik angelegt gewesen, zu-mindest in Form eines institutionellen Gehäuses „organisatorische[r] Voraus-setzungen“ ,27 unter anderem durch die erwähnte gesetzliche Einführung von Betriebsräten und von Arbeiterkammern als Pendant zu den Handelskam-mern (heute Wirtschaftskammern).

Die Initialzündung für die ab 1945 vollzogene Wende weg vom Konflikt und hin zum Konsens hatte ohne Zweifel ein Lernprozess aus dem Schei-tern der Ersten Republik geliefert. Dass der propagierte „antifaschistische Grundkonsens“, im Jahr 1945 rasch zur Staatsräson erhoben, dem „Geist der Lagerstraße“ entsprungen sein soll, ist hingegen eher den Gründungs-mythen der Zweiten Republik zuzurechnen: Das warnende Beispiel der deutsch-deutschen Teilung alleine mahnte zu außenpolitischer Einigkeit

25 Vgl. Stenographisches Protokoll 2. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, 21. Dezember 1945, 27–28.

26 Vgl. Lehmbruch, Gerhard (1967): Proporzdemokratie. Politisches System und politische Kultur in der Schweiz und in Österreich, Tübingen.

27 Vgl. Klose, Alfred (1970): Ein Weg zur Sozialpartnerschaft. Das österreichische Modell, Wien, 27.

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und geschlossenem Auftreten der Führung der bis 1955 unter Souveräni-tätsvorbehalten agierenden Republik.28 Für die Sozialdemokratie bot sich überhaupt die Gelegenheit, erstmals nach einem Vierteljahrhundert Unter-brechung wieder an der Regierung beteiligt zu sein.

Die weitreichende Diskreditierung des deutschnationalen Lagers nach 1945, die teilweise Öffnung sowohl von ÖVP als auch SPÖ gegenüber „min-derbelasteten“ bzw. „ehemaligen“ Nationalsozialisten sowie der forcierte Aufbau eines Parteien- und Patronage-Staates durch die Parteien der Großen Koalition bewirkten eine – bis Mitte der 1980er Jahre anhaltende – hohe Stimmenkonzentration. Damit fiel auch diesen beiden Parteien die Aufgabe zu, an der Überwindung verbliebener gesellschaftlicher Gegensätze mitzu-wirken – im Zuge auch ihrer Transformation zu „Allerweltsparteien“ mit gemäßigtem politischen Programm. Es entwickelte sich ein österrei- chisches Nationalbewusstsein, ÖVP und Katholische Kirche (Mariazeller Manifest 1952) trugen den politischen Katholizismus frühzeitig zu Grabe, in den Jahren darauf kam es, aufbereitet durch Kontakte im Gewerkschaftsbe-reich, zur Aussöhnung zwischen Sozialdemokratie und Katholischer Kirche sowie zur proporzmäßigen und auch ausverhandelten wechselseitigen Betei-ligung von ÖVP und SPÖ an Regierungen in sämtlichen Bundesländern.

3.2 Verhandlungsdemokratie und Wohlfahrtsstaat

Die Befriedung des Klassenkonfliktes nahm die Große Koalition im Partei-enstaat auch auf dem Weg der Nationalisierung von Schlüsselindustrien und des Aufbaus eines moderat umverteilenden Wohlfahrtsstaates in An-griff. Als organisatorisches Vehikel diente die Sozialpartnerschaft, die eine deutliche Absage an den „alten“ autoritären Korporatismus verkörperte. Die sozialpartnerschaftliche Achse funktionierte selbst während der Phase der Alleinregierungen 1966 bis 1983 weitgehend reibungslos. Egon Matz-ner, ein intimer Kenner der Verhältnisse jener Jahre, spricht mit Blick auf die Periode der SPÖ-Alleinregierungen ab 1970/71 für Kernbereiche der Wirtschafts- und Sozialpolitik von der Wahrnehmung lediglich einer „Resi-dualfunktion“ durch die Regierung, die sich um Materien kümmerte, wel-

28 Vgl. Wineroither, David M. (2013): Il consenso politico in Austria. In: Pallaver, Günther/Pombeni, Paolo (Hg.): Il peso della storia nel consenso politico, Bologna (in Vorbereitung).

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che die Sozialpartner unbehandelt ließen.29 Als der österreichische Politik-wissenschaftler Anton Pelinka Ende der 1980er Jahre einen „rise of parlia-mentarianism“ konstatierte, meinte er damit keineswegs eine Aufwertung der Abgeordneten gegenüber Bundesregierung und Parteiorganisationen, sondern einen relativen Bedeutungsverlust der korporatistischen Arena.30

Die Sozialpartnerschaft bildete historisch gesehen keineswegs einen Fremdkörper oder ein neu eingeführtes Element institutionalisierter Ver-handlungen. In einer Reihe von Arbeiten und ganz prominent in dem Werk des Urhebers des einflussreichen politikwissenschaftlichen Konzepts der Konkordanzdemokratie, Gerhard Lehmbruch aus Deutschland, findet sich unter anderem der Verweis auf ein gemeinsames historisches Erbe: angesie-delt auf dem Gebiet Westmitteleuropas und angereichert durch spezifische staatsrechtliche Traditionen, die Erfahrungen mit Religionskonflikten, For-men des Zunftwesens und ständischer Einrichtungen.31 Hinzu kommt auf österreichischer Seite das Moment der habsburgischen „Doppelmonarchie“ mit einer außergewöhnlich hohen Staatsquote, die ein Naheverhältnis zu dem später ausgiebig gepflegten Etatismus der Sozialpartnerschaft anzeigt und eine Kontinuität des Staatsinterventionismus greifbar macht.32 Die Staatstätigkeitsforschung hat eine Reihe bemerkenswerter Aspekte des „ak-tiven Staates“ in Österreich freigelegt, etwa das (auch heute noch) unge-wöhnlich hohe Niveau von Subventionsausgaben.33

Der Wohlfahrtsstaat kontinentalen Typus, der sich im Nachkriegsöster-reich entwickelte und auf dem Versicherungsprinzip fußt, dokumentiert den programmatischen Kern des angestrebten und vollzogenen Klassen-kompromisses. Er hat sich überall dort etabliert, wo die wichtigsten Mitte-links- und Mitte-rechts-Parteien, zumeist sozialdemokratische und christ-demokratische, „cross-class appeal“ an den Tag legten.34 Eine Mehrheit von

29 Vgl. Matzner, Egon (1982): Sozialpartnerschaft. In: Fischer, Heinz (Hg.): Das politische System Österreichs, 3. Auflage, Wien, 429–452: 439.

30 Vgl. Pelinka, Anton (1989a): Decline of the Party State and the Rise of Parliamentarianism: Change within the Aust-rian Party System. In: Pelinka, Anton/Plasser, Fritz (Hg.): The Austrian Party System, Boulder – London, 21–40: 36.

31 Vgl. u. a. Lehmbruch, Gerhard (1996): Die korporative Verhandlungsdemokratie in Westmitteleu ropa. In: Swiss Political Science Review Jg. 2 (1996) Heft 4, 19–44.

32 Vgl. Obinger, Herbert (2012): Das Staatstätigkeitsprofil der Zweiten Republik im internationalen Vergleich. In: Helms, Ludger/Wineroither, David M. (Hg.): Die österreichische Demokratie im Vergleich, Baden-Baden, 317–338.

33 Vgl. Obinger, Herbert/Zohlnhöfer, Reimut (2007): Abschied vom Interventionsstaat? Der Wandel staatlicher Subven-tionsausgaben in den OECD-Ländern seit 1980. In: Swiss Political Science Review Jg. 13 (2007) Heft 2, 203–236.

34 Vgl. Kitschelt, Herbert/Rehm, Philipp (2010): Economic Redistribution and Socio-Political Governance: When and Where Do Second Dimension Voter Alignments Matter?, paper delivered at the 17th Conference of the Council for European Studies, 15–17 April 2010, Montreal.

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WählerInnen kann kaum gegen einen wohlfahrtsstaatlichen Status quo mo-bilisiert werden, der lediglich moderate Umverteilung zulässt; mithin fehlt es an dem glaubwürdigen Angebot politischer Parteien, die ja vielfach ent-scheidend an seinem Aufbau beteiligt gewesen waren, deutliche Gegenent-würfe (substantieller Ausbau oder radikaler Rückbau des Wohlfahrtstaates) zu verwirklichen. Tatsächlich haben der deutschamerikanische Politikwis-senschaftler Philipp Rehm und seine Kollegen jüngst mit Verweis auf poli-tisch-ökonomische Gegebenheiten einen eher hohen Akzeptanzwert für ei-nen Wohlfahrtsstaat in Ländern des kontinentalen Typus belegt.35

Das gilt auch und besonders für Österreich. ÖVP und SPÖ fanden An-klang auch unter Wählern „fremder“ Klassen. Das Wohlfahrtsregime ent-spricht der kontinentaleuropäischen Variante konsistent in sämtlichen in-ternational vergleichenden Studien.36 Jüngere Studien zum Ausmaß der Wirkung von Transferleistungen belegen eine insgesamt moderate Umver-teilung im Vergleich der OECD-Staaten, die auf Kosten der gehobenen Mittelschicht geht und den unteren Rand des Mittelstandes begünstigt.37 Ein detaillierterer Blick auf weitere Parameter bestätigt den Charakter des Wohlfahrtsstaates in Österreich, wie er durch den Dekommodifizierungs-wert angezeigt wird, der das Ausmaß der Entkoppelung von Sozialsystem und Arbeitsmarkt angibt. Die Ersatzrate im Rahmen des Arbeitslosenbezu-ges ist vergleichsweise hoch, die Arbeitslosenrate aktuell (Stand Ende 2012) sowohl insgesamt als auch für Jugendliche EU-weit am niedrigsten. Die Beschäftigungsrate selbst wird durch ein liberales Frühpensionierungsre-gime traditionell gedrückt. Schließlich herrscht in der Familienpolitik das „male bread-winner“-Modell vor. Auf Linie mit dieser Argumentation be-findet sich das in kleinen Schritten erfolgte „welfare retrenchment“, das be-deutet einen langsamen und insgesamt moderaten Rückbau des Wohlfahrts-staates in Österreich.38

35 Vgl. Rehm, Philipp/Hacker, Jacob S./Schlesinger, Mark (2012): Insecure Alliances: Risk, Inequality, and Sup-port for the Welfare State. In: American Political Science Review Jg. 106 (2012) Heft 2, 386–406.

36 Vgl. Esping-Andersen, Gøsta (1990): The Three Worlds of Welfare Capitalism, Princeton; Scruggs, Lyle/Allan, James (2006): Welfare State Decommodification in Eighteen OECD Countries: A Replication and Revision. In: Journal of European Social Policy Jg. 16 (2006) Heft 2, 55–72.

37 Institut für Höhere Studien (IHS): Verteilungs- und Anreizwirkungen des österreichischen Steuer-Transfer- Systems, URL: http://www.ihs.ac.at/publications/lib/steuer_transfer_160610.pdf (abgerufen am 02.03.2012).

38 Vgl. Armingeon, Klaus/Giger, Nathalie (2008): Conditional Punishment: A comparative analysis of the electoral consequences of welfare state retrenchment in OECD nations, 1980–2003. In: West European Politics Jg. 31 (2008) Heft 3, 558–580. Siehe auch Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (Hg.) (2012): Sozialbericht 2011–2012. Ressortaktivitäten und sozialpolitische Analysen, Wien.

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Von den 1960er Jahren bis zur Jahrtausendwende, konkret bis zur Etab-lierung der schwarz-blauen „Wenderegierung“ im Februar 2000, war Öster-reich „the country of corporatism“.39 Auch in dieser Hinsicht hat die poli-tikwissenschaftliche Forschung handfeste makroökonomische Gründe für die Etablierung dieser Form ausgedehnter politischer Kooperation festge-halten. So besagt die zu großer Bekanntheit gelangte These von Peter Kat-zenstein, dass kleinere Staaten, deren Volkswirtschaft eng mit dem Welt-markt verflochten und die damit von diesem abhängig sind, bewusst auf neokorporatistische Interessenvermittlung setzten, um den internationalen Stürmen zu trotzen – gleichermaßen mit Blick auf die Interessen von Ar-beitnehmerInnen in „geschützten“ und „ungeschützten“ Sektoren.40 Erst ein flexibles, einstudiertes und bewährtes Interessenausgleichsystem ermög-lichte demnach notwendige Anpassungen an sich verändernde Wettbe-werbsbedingungen. Ständische und etatistische Traditionen gingen schließ-lich unter sozialistischer Hegemonie in den 1970er Jahren in eine stark nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik über: den Austrokeynesianismus.

Für die junge Zweite Republik der 1950er bis 1970er Jahre bedeutete der finanzierbare Aufbau eines umfassenden Wohlfahrtsstaates – zumal vor dem Hintergrund der wenig günstigen Ausgangsbedingungen der 1945 wiederbegründeten Republik – eine ökonomische wie politische Erfolgsge-schichte, die sich in den ersten Jahren ihres Bestehens nicht erahnen ließ. Freilich fand diese Entwicklung nicht vollständig losgelöst vom internatio-nalen Umfeld statt: Die westlichen Demokratien insgesamt bewegten sich in der Nachkriegszeit auf die „Goldene Ära des Wohlfahrtsstaates“ zu, die ihren Höhepunkt rund um das Jahr 1980 finden sollte.

3.3 Das Bündnis von Sozialdemokratie, Arbeitnehmer organisationen und Arbeiterschaft

3.3.1 Die Allianz von Gewerkschaft und Sozialdemokratie

Das Verhältnis von Gewerkschaften und Sozialdemokratie nach 1945 kann durch zwei Konstanten beschrieben werden: ein prinzipieller Gleichklang der politischen Stoßrichtung und ein affirmatives Verhältnis zur politischen

39 Vgl. Traxler (1998).40 Vgl. Katzenstein, Peter J. (1985): Small States in World Markets: Industrial Policy in Europe, Ithaca.

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Ordnung (erinnert sei an die Streikbewegungen der Jahre 1947 und 1950). Beides war nicht zuletzt auch Ergebnis von Wahlerfolgen und hohem Orga-nisationsgrad und des dadurch ermöglichten eigenen maßgeblichen Anteils an der Regierungspolitik.

Sowohl horizontale Koordination als auch vertikale Integration erreichten bemerkenswerte Ausmaße. Die SPÖ stieg in den Folgejahrzehnten zu einer Staatspartei auf, die vor dem Februar 2000 gerade einmal vier Jahre (ÖVP-Alleinregierung) auf den Oppositionsbänken hatte Platz nehmen müssen und ihrerseits 13 Jahre lang (1970 bis 1983) alleine regieren hatte können. Für den ÖGB wurde ebenfalls eine „Befestigungstendenz“41 festgehalten, das heißt eine von Kritikern als überbordend empfundene Identifikation mit dem poli-tisch-institutionellen und sozioökonomischen Status quo. Jedenfalls forcier-ten der Monopolcharakter des ÖGB und die institutionalisierte Zusammen-arbeit im Rahmen der Sozialpartnerschaft das Bedürfnis einer „von vornherein gesamtwirtschaftlich[en Legitimierung]“ 42 von Politiken und eine personelle Verflechtung von Eliten in der Sozialpartnerschaft und in den beiden Staats- und Proporzparteien, obwohl im ÖGB formal keine parteipolitischen Frakti-onen vorgesehen sind. Dieser Umstand betrifft auch die Besetzung von Minis-terien: Im Zeitraum von 1945 bis 1987 diente in nur knapp der Hälfte aller Fälle (47 Prozent) eine Abgeordnetentätigkeit als Sprungbrett für ein Minis-teramt. Dies ist im internationalen Vergleich ein bescheidener Wert,43 der sich nicht zuletzt daraus erklärt, dass die Regierungsparteien regelmäßig auf den personellen Fundus der Sozialpartner zurückgriffen. Österreichische Bundes-minister hatten in den meisten Fällen beachtliche Parteikarrieren vorzuweisen und entstammten als „policy experts“ vielfach den Reihen der Sozialpartner. Diese verfügten über weite Strecken der Zweiten Republik in der Politik de facto über ein Entsendungsmonopol für bestimmte Ministerien (vor allem Wirtschaft, Soziales/Arbeit und Landwirtschaft). Was das Sozialministerium und den ÖGB betrifft, so haben das Entsendungsmonopol bisher nur die Schüssel-Regierungen und die Regierung Gusenbauer durchbrochen, wäh-rend es die Regierung Klaus (mit Grete Rehor) akzeptiert hatte.

41 Vgl. Matzner (1982), 442–443.42 Vgl. Ucakar, Karl (1982): Die Entwicklung der Interessenorganisationen. In: Fischer, Heinz (Hg.): Das politi-

sche System Österreichs, 3. Auflage, Wien, 397–428: 424.43 Vgl. Gerlich, Peter/Müller, Wolfgang C./Philipp, Wilfried (1988): Potentials and limitations of executive leader-

ship: the Austrian cabinet since 1945. In: European Journal of Political Research Jg. 16 (1988) Heft 2, 191–205: 196 und 200.

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Es verwundert daher kaum, dass die klientelistischen Bemühungen von SPÖ und ÖVP im internationalen Vergleich überdurchschnittlich effizi-ent sind.44 Auf der Regierungsebene lässt sie sich als Folge verschiedener „Erbpachten“ nachvollziehen: Bestimmte Portfolios waren jahrzehntelang entweder einem Vertreter der SPÖ oder der ÖVP überantwortet (zum Bei-spiel die Ministerien/Agenden für Wirtschaft, Landwirtschaft, Schulen beziehungsweise Soziales, Arbeit, Verkehr/Industrie). Die lange Regie-rungszeit und die stabile Kontrolle über Unternehmen mit großer Beleg-schaft begünstigten Klientelismus, der trotz spürbaren Rückgangs seit Mitte der 1980er Jahre im internationalen Vergleich noch immer ausge-prägt ist45 – auch dies eine Form vertikaler Integration.

Sowohl ÖGB als auch SPÖ konnten bis in die 1980er Jahre hinein auf hohe Akzeptanzwerte unter repräsentierten (Kern-)Gruppen verweisen: im Falle der Gewerkschaft auf einen hohen Organisationsgrad und die Dominanz der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG); im Falle der SPÖ auf eine Trias aus hoher Mitgliederzahl und bemerkenswert guten Wahlergebnissen angesichts einer geringen Wahlabstinenz. Diese Eigenheiten österreichischer Politik haben sich allerdings in den darauf-folgenden Jahrzehnten verflüchtigt: Der Stimmenrückgang der Staatspar-teien SPÖ und ÖVP nahm – von sehr hohem Ausgangsniveau – dramati-sche Ausmaße an. Die Existenz von Wahlalternativen bescherte die ex-pansive Transformation des Zweieinhalbparteiensystems in Richtung ei-nes „gemäßigten Pluralismus“ (Giovanni Sartori) in Abwesenheit einer systemischen Krise.

Die Organisationsdichte des ÖGB ging zwischen dem Jahr 1970 und 2000 von 63 Prozent auf 37 Prozent zurück. Ein im internationalen Ver-gleich dramatischer Schrumpfungsprozess: Im Vergleich der OECD-Länder betrug dieser Rückgang lediglich acht Prozentpunkte.46 Im neuen Jahrtausend wurde der ÖGB zusätzlich zum Strukturwandel in der

44 Vgl. Kitschelt, Herbert/Freeze, Kent/Kolev, Kiril/Wang, Yi-Ting (2009): Measuring Democratic Accountability: An Initial Report on an Emerging Data Set. In: Revista de Ciencia Politíca Jg. 29 (2009) Heft 3, 741–773, 766.

45 Vgl. Wineroither, David M./Kitschelt, Herbert (2012): Die Entwicklung des Parteienwettbewerbs in Österreich im internationalen Vergleich. In: Helms, Ludger/Wineroither, David M. (Hg.): Die österreichische Demokratie im Vergleich, Baden-Baden, 193–221: 199.

46 Vgl. Armingeon, Klaus (2012): Interessengruppen und Interessenvermittlung: Internationale Gemeinsamkeiten und österreichische Besonderheiten. In: Helms, Ludger/Wineroither, David M. (Hg.): Die österreichische De-mokratie im Vergleich, Baden-Baden, 223–248: 232.

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Arbeitswelt von der BAWAG-Affäre gebeutelt,47 in deren Gefolge sich der Mitgliederverlust zwischenzeitlich sogar beschleunigte. Noch schnel-ler schmolz allerdings die Mitgliederbasis der SPÖ ab: Im Jahr 2012 durchbrach die Partei auf ihrem Sinkflug die Marke von 300.000 Mit-gliedern.48

Veränderungen im Stimmverhalten und Organisationsniveau schlugen hingegen nur teilweise auf Form und Frequenz politischer Partizipation durch: Zwar entwickelte sich eine Oppositionskultur, an der es – nicht un-typisch für Konkordanzdemokratien – bis spät in die 1980er Jahre hinein gemangelt hatte.49 Doch verzeichnet etwa die außerparlamentarische Mobi-lisierung durch Neue Soziale Bewegungen seit den 1970er Jahren keinen signifikanten Bedeutungszuwachs, wie eine „Protestereignisanalyse“ von Martin Dolezal und Swen Hutter verdeutlicht hat.50 Die Autoren bringen die bemerkenswerten Ergebnisse ihrer Forschung mit der Intensität des Par-teienwettbewerbs in Verbindung: „[D]ie Anzahl der Parteien und die ideolo-gische Polarisierung des Parteiensystems haben im Untersuchungszeitraum zugenommen.“ Ähnliches gilt für den Bereich klassischer gewerkschaftlicher Aktionsradius und seine Grenzen: Im internationalen Vergleich ist der An-teil von Gewerkschaftsmitgliedern, die niemals Gebäude und Fabriken be-setzen würden, außergewöhnlich hoch.51 Es dominieren weiterhin konven-tionelle Beteiligungs- und Protestformen, wohingegen etwa keine Praxis „wilder Streiks“ Platz gegriffen hat.

3.3.2 Die Allianz von Sozialdemokratie und Arbeiterschaft

Ein Zusammenspiel aus Konkordanz, kontinentalem Wohlfahrtsstaat und Klientelismus hat wesentlichen Anteil an Ausmaß und Dynamik des sektoralen Konflikts, das heißt unterschiedlichen politischen Präferenzen

47 Vgl. Tálos, Emmerich (2008): Sozialpartnerschaft: Ein zentraler Gestaltungsfaktor in der Zweiten Republik, Innsbruck, 78–79.

48 Vgl. Wineroither/Kitschelt (2012), 203.49 Vgl. Pelinka, Anton (1989b): Zur Entwicklung einer Oppositionskultur in Österreich: Bedingungen politischen

Erfolges in den achtziger Jahren. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft Jg. 18 (1989) Heft 2, 141–149.

50 Vgl. Dolezal, Martin/Hutter, Swen (2007): Konsensdemokratie unter Druck? Politischer Protest in Österreich, 1975–2005. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft Jg. 36 (2007) Heft 3, 337–35: 347.

51 Vgl. Armingeon, Klaus (2005): Probleme des Übergangs vom Korporatismus zum Pluralismus. In: Karlhofer, Ferdinand/Tálos, Emmerich (Hg.): Sozialpartnerschaft – österreichische und europäische Perspektiven, Wien, 135–158: 150.

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zwischen jenen, die im „geschützten“ und jenen, die im „ungeschützten“ Sektor tätig sind. Seine Bedeutung für den Parteienwettbewerb ist groß und eher noch in Zunahme begriffen: Zunächst stehen Beschäftigte im „geschützten“ Sektor wohlfahrtsstaatlichen Ausgaben positiver gegen-über als ihre Kollegen in der Privatwirtschaft, und zwar über sämtliche „skill“-Niveaus hinweg,52 was für eine prioritäre Wahrnehmung von Job-sicherheit spricht. In einem Vergleich von zwölf Staaten weist Österreich als einziges Land im Jahr 2003 (Referenz: 1970) für Beschäftigte mit hohem (tertiärem) Ausbildungsniveau noch immer einen Beschäfti-gungsüberhang im „geschützten“ Sektor aus. Die Beschäftigungsquote im „geschützten“ Sektor ist überhaupt sehr hoch: auf Ebene „moderates Ausbildungsniveau“ bildet das Land die Spitzengruppe gemeinsam mit den Niederlanden und Spanien, im Bereich „niedriges Ausbildungsni-veau“ nimmt es hinter Japan und gemeinsam mit Dänemark den zweiten Rang ein.53

Die Katzenstein-These trifft auf das Österreich der 2000er Jahre nur mehr bedingt zu. Das Land ähnelt nunmehr mit seiner niedrigeren Sozial-staatsquote und dem massenhaften Wegfall von Jobs in der Verstaatlichten dem liberalen Typus eher als dem nordischen.54 Der Kapitalmarkt ist heu-te ungleich liberalisierter als in den 1980er Jahren,55 während Gesellschaft und Wirtschaft zu den weltweit globalisiertesten zählen: Rang zwei im Jahr 2007 und 2010, Rang vier im Jahr 2012.56 Zunehmende Verteilungs-konflikte, Interessengegensätze und separierte Lebenswelten prägen die einstige „isola felice“ (Papst Paul VI. aus Anlass eines Besuchs in Öster-reich). Der simultane Prozess von Liberalisierung und Globalisierung er-höht die Wahrscheinlichkeit einer Stimmenabgabe zugunsten einer rechtspopulistischen Partei Marke FPÖ:

52 Vgl. Rehm, Philipp/Wren, Anne (2008): Service Expansion, International Exposure, and Political Preferences, paper delivered at workshop „The Political Economy of the Service Transition“, Institute for International Inte-gration Studies, Trinity College Dublin, 16–17 May 2008.

53 Vgl. Rehm/Wren (2008), 8 und 21–22.54 Vgl. Armingeon, Klaus (2007a): Kleinstaaten in Weltmärkten: Drei Ergänzungen der Katzenstein-These. In:

Zeitschrift für Sozialreform Jg. 53 Heft 3, 297–320.55 Vgl. Armingeon (2007), 23.56 Vgl. A. T. Kearny: Foreign Policy Globalization Index, URL: http://globalization.kof.ethz.ch/ (abgerufen am

25.10.2012).

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„Where national systems of social protection are comprehensive, generous and employment-orientated, rises in trade openness and capital mobility do not contribute to support for RRWP parties; where welfare programmatic structure is occupationally based or liberal in character, increases in trans- national market flows are associated with moderate shifts in support to the new far right.“57

Die Abwendung eines guten Teils der Arbeiterschaft von der SPÖ und ihre Hinwendung zur FPÖ hat sogar spektakuläre Ausmaße angenommen. Tabelle 1 dokumentiert das geänderte Wahlverhalten.

Das Wahlverhalten von ArbeiterInnen 1979–2008

79 83 86 90 94 95 99 02 06 08

SP 65 61 57 53 47 41 35 41 47 21

VP 29 28 26 22 15 13 12 34 25 16

FP 4 3 10 21 29 34 47 16 18 34

G – – 4 2 4 3 2 3 3 5

BZÖ 8 18

Quelle: GfK Austria, Repräsentative Wahltagsbefragungen (Exit Polls) zu den Nationalratswahlen 1986–2006; GfK Austria, Repräsentative Wahltagsbefragung 2008.58

Überhaupt wich das historische Bündnis von Berufsgruppen und Kon-kordanzparteien in den Nationalratswahlen seit der Jahrtausendwende ei-nem Nichtverhältnis: SPÖ und ÖVP schnitten unter ehemaligen Kernwäh-lerschichten zum Teil sogar unterdurchschnittlich ab. Sämtliche traditionel-len Kernwählerschichten in (überwiegend) privaten Sektoren gingen verlo-ren: ungelernte ebenso wie angelernte und Facharbeiter auf Seiten der SPÖ, Selbstständige und Freiberufler auf Seiten der ÖVP.

57 Swank, Duana/Betz, Hans-Georg (2003): Globalization, the welfare state and right-wing populism in Western Europe. In: Socio-Economic Review Jg. 1 Heft 2, 215–245: 239.

58 URL: http://members.chello.at/zap-forschung/download/Analyse_NRW_2008_Plasser_Ulram.pdf (abgerufen am 02.03.2012).

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Verteilung der Parteiwählerschaften entlang der sektoralen Konfliktlinie (Parlamentsparteien in der Nationalratswahl 2006):

Die Zahlen verdeutlichen, dass die historischen Bande zwischen Berufs-gruppen beziehungsweise sozialen Klassen und politischen Parteien – unge-achtet weiterhin satter Mehrheiten in Kammerwahlen – seit Ende der 1990er gerissen sind. Die einzige Konservierung eines historischen Stamm-wählertums betrifft die zahlenmäßig stark geschrumpfte Gruppe der Be-schäftigten in der Landwirtschaft, deren Einkommen sich zu mindestens 30 Prozent aus Transferleistungen der öffentlichen Hand (von der Gemeinde-ebene bis zur EU) speisen dürften.

Unter den privatwirtschaftlich Beschäftigten erreichten die beiden rechtspopulistischen Parteien FPÖ und BZÖ in der jüngsten Nationalrats-wahl 2008 eine deutliche relative Stimmenmehrheit. Die elektorale Bezie-hung von Arbeiterschaft und FPÖ scheint sich im Vergleich mit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre noch zu vertiefen. Abseits der atypischen Wahlen 2002 und 2006 avancierte die FPÖ zur Arbeiterpartei (1999: Fach-/Vorar-beiterInnen 1.78 und un-/angelernte ArbeiterInnen 1.67; 2008: jeweils 1.94). Die Überrepräsentation von ArbeiterInnen an ihrer Wählerschaft markiert im internationalen Vergleich von rechtspopulistischen Parteien ei-

ÖVP SPÖ FPÖ G BZÖ 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

GESCHÜTZT

UNGESCHÜTZT

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nen Höchstwert.59 Mit dem gebotenen Bild korrespondieren die massiven Stimmenverluste der Sozialdemokratie und die massiven Mitgliederverluste der Gewerkschaften – diese Kombination führt zum Verlust von Arbeiter-voten für die politische Linke insgesamt60 und in Österreich zusätzlich ver-stärkt durch das Fehlen einer linkssozialistischen beziehungsweise linksau-toritären Alternative. Das Wahlverhalten von Gewerkschaftsmitgliedern weicht in Österreich besonders stark von jenem der Nichtmitglieder ab.61 Diese Abweichung bildet somit eine sektorale Kluft der Mitgliedschaft im ÖGB ab:

„Der Organisationsgrad des öffentlichen Sektors ist fast doppelt so hoch wie jener im privaten Sektor. Und die Wahrscheinlichkeit im öffentlichen Sektor ein Gewerkschaftsmitglied zu finden ist mehr als doppelt so hoch wie im pri-vaten Dienstleistungssektor.“62

SPÖ, AK und ÖGB muss dabei vor allem der Umstand beunruhigen, dass (a) das breite Überlaufen von ArbeiterInnen zu einer Partei erfolgt, die grundsätzlich rechts von der Mitte platziert ist, und dass dieser Stimmen-transfer in sämtlichen Nationalratswahlen seit 1983 beziehungsweise 1986 eine politische Rechtsmehrheit sicherte; (b) ein Teil der abgewanderten Ar-beiterInnen 2002 nicht zur SPÖ zurückkehrte, sondern sich der ÖVP unter Schüssel anschloss, sodass die SPÖ in diesem Wählersegment nur knapp vor der ÖVP lag; (c) die FPÖ diese Wähler wiederholt gewinnen und mobilisie-ren konnte, ohne sie auf Abgeordnetenebene ausreichend formal (sozial-strukturell) zu repräsentieren; (d) diese scheinbar nachhaltige parteipoliti-sche Umorientierung substantieller Wählergruppen keineswegs auf ausge-prägter programmatischer Nähe von Wählerpräferenzen und Positionierung der FPÖ beruht: Ins Auge sticht die relative programmatische Distanz von Arbeiterschaft und FPÖ-Gesamtwählerschaft auf beiden Dimensionen (der sozioökonomischen und soziokulturellen), die Dolezal für die Wahl 2002 und Daniel Oesch für die Wahl 2006 festgehalten haben, während weitge-hende Kongruenz mit der Gesamtwählerschaft der SPÖ bestand. Eine be-

59 Oesch (ermittelt für “production workers“ einen Faktor 1.3 in der Schweiz, 1.4 in Frankreich, 1.6 in Österreich, 1.7 in Belgien und 1.9 in Norwegen. Vgl. Oesch, Daniel (2008): Explaining workers’ support for right-wing populist parties in Western Europe: Evidence from Austria, Belgium, France, Norway and Switzerland. In: In-ternational Political Science Review Jg. 29 (2008) Heft 3, 349–373: 358.

60 Vgl. Rydgren, Jens (2002): Radical right populism in Sweden. Still a failure, but for how long? In: Scandinavian Political Studies Jg. 26 (2002) Heft1, 26–57.

61 Vgl. Armingeon (2012): 240–241.62 Armingeon (2012), 235.

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trächtliche Kluft zwischen der Positionierung von Partei und Arbeiterschaft offenbart auch eine Studie von Silja Häusermann und Dominik Geering für die Wahlen 2002 und 2006 im Bereich Arbeitsmarktpolitiken.63 Das ist umso bemerkenswerter, weil die FPÖ – zumindest – in dieser Wahl keines-wegs unter Mitgliedern aller sozialen Klassen Unterstützung fand, sondern auf die Stimmen von – in „ungeschützten“ Sektoren tätigen – Arbeitneh-merInnen „abonniert“ war.64

IV. Die Zäsur „Schwarz­Blau“ und das Comeback der Sozialpartnerschaft

Die sogenannte „Wenderegierung“ verschrieb sich politikinhaltlich vor al-lem dem Projekt eines ausgeglichenen Staatshaushalts („Nulldefizit“). Poli-tikstilistisch vollzog sie einen angekündigten Bruch konsensualer Entschei-dungsmuster.65 Die konfliktdemokratische Wende vollzog sich damit im und aus dem Kern der Bestimmung des vorherrschenden Demokratietyps heraus. Sie sollte rasch alle drei maßgeblichen Dimensionen der Konsens-demokratie erfassen: die parteipolitische Konkordanz, die neokorporatisti-sche tripartistische Interessenvermittlung und eine plurale Vetospieler-struktur.66

Im Gesetzgebungsprozess zog, in den Worten des damaligen ÖVP-Mas-termind und Klubobmannes Andreas Khol, „speed kills“ ein, womit insbe-sondere ein Bedeutungsverlust des vorparlamentarischen Raumes im Rah-men des Begutachtungsverfahrens Ausdruck fand, den am weitreichends-ten, im Geflecht der Sozialpartner einseitig AK und ÖGB zu tragen hat-

63 Vgl. Dolezal, Martin (2008): Austria: transformation driven by an established party. In: Kriesi, Hanspeter/Grande, Edgar/Lachat, Romain/Dolezal, Martin/ Bornschier, Simon/Frey, Timotheos. In: West European Poli-tics in the Age of Globalization, Cambridge, 105–129: 119; Oesch, Daniel (2012): The Class Basis of the Cleavage between the New Left and the Radical Right: an analysis for Austria, Denmark, Norway and Switzer-land. In: Rydgren, Jens (Hg.): Class Politics and the Radical Right, London, 31–51; Häusermann, Silja/Geering, Dominik (2011): Policy Congruence and Distributive Politics: Matching Voter Preferences and Party Positions on Labor Market Policies, paper delivered at the Annual Meeting of the American Political Science Association, Seattle, 1–4 September 2011.

64 Vgl. Häusermann et al. (2011), 27.65 Vgl. Obinger, Herbert/Tálos, Emmerich (2006): Sozialstaat Österreich zwischen Kontinuität und Umbau: Eine

Bilanz der ÖVP/FPÖ/BZÖ-Koalition, Wiesbaden; Wineroither, David (2009): Kanzlermacht – Machtkanzler? Die Regierung Schüssel im historischen und internationalen Vergleich, Wien.

66 Wineroither, David M. (2012): Windstille oder Fahrtwind? Wandel und Zukunftsfähigkeit österreichischer Konkordanz. In: Köppl, Stefan/Kranenpohl, Uwe (Hg.): Konkordanzdemokratie – ein Demokratietyp der Ver-gangenheit?, Baden-Baden, 73–98.

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ten.67 Auf dem umkämpften Gebiet der Wirtschafts- und Sozialpolitik ver-flüchtigte sich die Fähigkeit zum Auftreten als Vetospieler für gleich mehrere Akteure mit dem Wegfall der konkordanten Grundlage der Großen Koalition.68 So wurde deutlich, dass dem politischen System in Österreich eine besondere Architektur der Machtteilung zugrunde lag, die im Extrem-fall demokratietypologische Pendelschwünge erlaubt: Die Bereitschaft zur parteipolitischen Machtteilung auf Regierungsebene (Konkordanz) regu-liert den konsensdemokratischen Charakter des gesamten politischen Sys-tems. Czada hat diesen Mechanismus passend beschrieben, indem er ihn von vornherein als Ergebnis parteipolitischen Kalküls identifiziert, das fol-gerichtig ein Ablaufdatum besitzt:

„Die Prinzipien der Wettbewerbsdemokratie und des Verfassungsstaates bil-den eine Rückfallposition für den Fall, dass die genannten, eher informellen Arrangements der Machtteilung scheitern sollten. Zudem verstärken die Schat-ten des Mehrheitsprinzips und der Hierarchie den Konsensdruck in Parteiko-alitionen und korporatistischen Bündnissen.“69

Dieser Befund korrespondiert mit der weitgehenden verfassungsrechtli-chen Unterbelichtung der Rolle etwa der Parteien und der Sozialpartner-schaft, die sogar einen „rechtlich nicht verankerte[n] Mitgestaltungsfaktor österreichischen Rechts“ 70 darstellt. Das Demokratiebild der „Wende-Jahre“ bliebe aber unvollständig ohne den Hinweis auf die faktischen Grenzen reiner Mehrheitsdemokratie: » Die geplante Kürzung der Arbeiterkammer-Umlage mussten die Regie-

rungsparteien nach Protesten auch im eigenen Lager und einer präsiden-tiellen Rüge ad acta legen.

» Im Kabinett Schüssel II kam es zur Abmilderung der von der Gewerk-schaft bekämpften Pensionsreform und zur teilweisen Reaktivierung des Begutachtungsverfahrens, die nicht zuletzt als Reaktion auf die Demons-

67 Vgl. Tálos, Emmerich/Stromberger, Christian (2004): Verhandlungsdemokratische Willensbildung und korpo-ratistische Entscheidungsfindung am Ende? Einschneidende Veränderungen am Beispiel der Gestaltung des ös-terreichischen Arbeitsrechtes. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft Jg. 33 (2004) Heft 2, 157–174.

68 Vgl. Obinger, Herbert (2001): Vetospieler und Staatstätigkeit in Österreich: Sozial- und wirtschaftspolitische Reformchancen für die neue ÖVP/FPÖ-Regierung. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen Jg. 32 (2001) Heft 2, 360–386.

69 Czada (2003), 184.70 Vgl. Tálos, Emmerich (2012): Sozialpartnerschaft: ein rechtlich nicht verankerter Mitgestaltungsfaktor österrei-

chischen Rechts. In: Ehs, Tamara/Gschiegl, Stefan/Ucakar, Karl/Welan, Manfried (Hg.): Politik und Recht. Spannungsfelder der Gesellschaft, Wien, 195–216.

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tration der Stärke der Arbeitnehmervertretungen im Rahmen der ÖGB-Urabstimmung zu werten war.

» Die Einberufung des Österreich-Konvents und das Scheitern einer um-fassenden Bundesstaatsreform.

Es war also der ÖGB im Verbund mit der AK, der am ehesten und am schnellsten als Vetospieler gegenüber der Bundesregierung auftreten konnte.71 Überhaupt war die Sozialpartnerschaft prinzipiell funktionsfähig geblieben: Das Regime von Kollektivverhandlungen zeigte sich vom Regie-rungswechsel kaum beeinträchtigt und blieb im Vergleich aller OECD-Staaten das am weitesten intakte beziehungsweise ausgebaute.72 Die Anwen-dung des Korporatismusindex von Alan Siaroff73 auf das Österreich der Jahre 2000 bis 2006/07 deutet in dieselbe Richtung: Ein leichter Rückgang des Korporatismus, der im internationalen Trend liegt, gewährleistet den Verbleib Österreichs in einer Spitzenposition auch in jenen Jahren.74 Diese Befunde konterkarieren Ergebnisse, die den Modellcharakter des österrei-chischen Korporatismus infrage stellen. Allerdings stützen sich diese Auto-ren auf eine zu enge Konzeption von Korporatismus und übergewichten den Faktor Organisationsdichte,75 wodurch sich der Wert für Österreich drastisch verändert:

„Vor 50 Jahren herrschten in Österreich noch schwedische Verhältnisse, was die gewerkschaftliche Organisation der Arbeitnehmer anbelangt. Inzwischen sind die Organisationsgrade in Großbritannien und Österreich fast identisch. Die einst massiven Unterschiede zur Schweiz und Deutschland sind mittler-weile nur noch bescheiden.“ 76

Einen bemerkenswerten Schritt setzte in jenen Jahren Alfred Gusenbau-er als SPÖ-Vorsitzender: Er brach mit einem seit 1907 bestehenden Grund-

71 Im Kabinett Schüssel I übernahm FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer – nach eigenem Bekunden – die Beamtenagenden, um im Einverständnis mit dem Regierungschef als „Puffer“ zwischen der FCG-dominierten Beamtengewerkschaft und Kanzler- und ÖVP-Obmann Schüssel zu agieren. Vgl. dazu Wineroither, David (2010): Making Omelets and Breaking Eggs? Schüssel’s Leadership in Government and Party. In: Bischof, Günter/Plasser, Fritz (Hg.): The Schüssel Era in Austria, Innsbruck – New Orleans, 56–79: 67.

72 Vgl. Drifill, John (2006): The Centralization of Wage Bargaining Revisited: What Have We Learnt? In: Journal of Common Market Studies Jg. 44 (2006) Heft 4, 731–756: 745.

73 Vgl. Siaroff (1999).74 Vgl. Seeber, Gilg/Wineroither, David M. (2012): Die österreichische Demokratie und die vergleichende Politik-

wissenschaft, unpubliziertes Manuskript.75 Vgl. Vatter, Adrian (2009): Lijphart Expanded: Three Dimensions of Democracy in Advanced OECD Coun-

tries? In: European Political Science Review Jg. 1 (2009) Heft 1, 125–153: 135–136.76 Armingeon (2012), 232.

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satz der Partei und setzte parteiintern eine Inkompatibilität von National-ratsmandat und sozialpartnerschaftlichem Spitzenamt durch – eine Maß-nahme, die unter seinem Nachfolger Werner Faymann rasch beseitigt wur-de. Auf ÖVP-Seite unterblieben ähnlich gelagerte Reformversuche während der Parteiobmannschaft und Kanzlerschaft Wolfgang Schüssels, nachdem bereits im Jahr 2000 der Anteil von SpitzenfunktionärInnen der Sozialpart-ner im Parlamentsklub der ÖVP höher gewesen war als in jenem der SPÖ.77

V. Gegenwart und Zukunft

Die österreichische Sozialpartnerschaft stellt einen integralen Bestandteil der in der Zweiten Republik verwirklichten Konsensdemokratie dar. Sie ist besonders eng verflochten mit den Volks- und Staatsparteien SPÖ und ÖVP als den Trägerinnen von Konkordanz in der regierungspolitischen Arena. Der ÖGB füllt im Verbund mit AK und SPÖ wesentliche Funktionen einer Konsensdemokratie aus. Zu nennen ist seine Rolle » in der Frage der Demokratieerziehung, » in der vertikalen Integration von Mitglieder- und gesellschaftlichen Inte-

ressen, um tragfähige Verhandlungslösungen erzielbar zu machen, » in der Befriedung gesellschaftlicher Konflikte durch materielle Politik-

ergebnisse und damit der Erzeugung systemischer Legitimation.

Sozialpartner und Konkordanzparteien sehen sich mit ähnlichen, anhalten-den und sich zum Teil verschärfenden Herausforderungen konfrontiert: Mitglieder- und Wählerverluste, ein erwachsendes und gewandeltes Partizi-pationsbedürfnis, die breite Forderung nach direkter Demokratie, die Me-dienlogik von Darstellungspolitik als Ausdruck von Veränderungen politi-scher Kulturen;78 der Aufstieg von Identitätspolitik und die Personalisierung

77 Vgl. Karlhofer, Ferdinand (2002): Work in Progress? Anmerkungen zum Umbau der Sozialpartnerschaft. In: Khol, Andreas/Ofner, Günther/Burkert-Dottolo, Günther/Karner, Stefan (Hg.): Österreichisches Jahrbuch für Politik 2001, Wien – München, 321–334: 326.

78 Dies vor dem Hintergrund einer vor allem in den 1990er Jahren sehr niedrigen Akzeptanz der Sozialpartner in der öffentlichen Meinung. Wahlforscher haben festgehalten, dass am Politikangebot von Oppositionsführer und FPÖ-Obmann Haider ab 1986 zunächst vor allem das Auftreten gegen Parteienstaat und Patronage, aber auch das Kammerwesen selbst als wichtig und überzeugend empfunden wurde. Vgl. Plasser, Fritz/Ulram, Peter A. (1995): Konstanz und Wandel im österreichischen Wählerverhalten, In: Müller, Wolfgang C./Plasser, Fritz/ Ulram, Peter A. (Hg.): Wählerverhalten und Parteienwettbewerb. Analysen zur Nationalratswahl 1994, Wien, 341–406. Wenig überraschend scheiterte die FPÖ Ende der 1990er Jahre am Aufbau einer eigenen Gewerk-schaftsbewegung.

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von Politik insgesamt als Ausdruck neuer politischer Zielvorstellungen; ein gestiegenes Bewusstsein für die makroökonomischen und parteispezifischen Kosten von Klientelismus, die fehlende Reichweite nationalstaatlichen Handelns und die einseitige Aufkündigung von Branchen-Kollektivverträ-gen als Ausdruck neuartiger und erhöhter Barrieren für politische Repräsen-tation von Gruppeninteressen.

Colin Crouch hat einige der aufgeführten strukturellen Herausforderun-gen für konkordante Politikmuster zur These der Post-Democracy verdich-tet: eine politisch desillusionierte und teilweise apathische Masse steht einer professionalisierten Wettbewerbsmaschine der Parteien gegenüber, die in einem personalisierten und von der Logik der massenmedialen Politikver-mittlung bestimmten Umfeld Politik betreiben. In global agierenden Unter-nehmen erblickt Crouch gar „the key institution of the post-democratic world“ 79 – das trifft den Korporatismus ins Mark.

Die Verhältnisse in Österreich haben sich vordergründig der geübten Praxis vor dem Jahr 2000 angenähert: Seit 2007 wird Österreich erneut von einer Großen Koalition regiert. Unterstützt durch die globale Finanzkrise feierten die Sozialpartner ein personalpolitisches und gesetzgeberisches Comeback: Die Ministerien für Wirtschaft und Soziales sind mit Vertretern der Sozialpartnerschaft besetzt (Reinhold Mitterlehner und Rudolf Hundstorfer).80 Während die Verankerung der Sozialpartner beziehungs-weise Kammern in der Bundesverfassung eher politische Symbolik verkör-pert, ist handfester politikmaterieller Einfluss festzuhalten: So führt Tálos eine Reihe wichtiger Beispiele für Sozialpartnereinigungen an, die seit dem Jahr 2007 direkte – und von der Regierung gewollte, ja angestrebte – Im-pulse für wirtschafts- und sozialpolitische Gesetzgebung gaben.81 Dennoch schließt er (wohlgemerkt 2008) mit einem vielsagenden Vorbehalt: „Ob die-se Wiederbelebung der Sozialpartnerschaft in den Jahren 2007/08 weiter an-dauern wird, wird auch von der Regierungszusammensetzung abhängen.“ 82 Aktuelle, aber durchaus stabile demoskopische Befunde im Blick auf die im Herbst 2013 stattfindende Nationalratswahl lassen fraglich erscheinen, ob ein Bündnis von SPÖ und ÖVP, oder ob überhaupt eine Große Koalition

79 Crouch, Colin (2004): Post-Democracy, Cambridge, 31.80 Beide legten ihre Funktionen mit der Übernahme des Ministeriums zurück.81 Vgl. Tálos, Emmerich (2008), 115–122.82 Tálos (2008), 122.

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auf eine tragfähige (absolute) Mehrheit zählen darf. Letztendlich liegt es in den Händen der BürgerInnen in unterschiedlichen Rollen, das gewünschte Maß an Konsens in der politischen Entscheidungsfindung zu signalisieren – die Zeiten rein repräsentativer Demokratien sind vorüber.

Ohne Zweifel schränken die skizzierten politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen den Handlungsspielraum primär der Vertretung or-ganisierter ArbeitnehmerInneninteressen ein. Ein tripartistisches Verhand-lungssystem wird dadurch nicht verunmöglicht, doch liefert diese Entwick-lung der Arbeitgeberseite immer stärkere Anreize, von geübter Praxis und grundsätzlich bewährten Modellen abzugehen. Österreich bewegt sich in einer Zusammenschau der Entwicklungen – mit regierungspolitisch be-dingten Ausschlägen in beide Richtungen – langsam, aber beständig in Richtung Schweizer Verhältnisse: ein sich zurückziehender Staat überlässt einer liberalen beziehungsweise liberal-konservativen Variante korporatisti-scher Arrangements das Feld, auf dem Verhandlungen durch machtpoliti-sche Asymmetrie und Dezentralisierung gekennzeichnet sind.

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