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SQUT 03/13 INTERNET 50 SQUT 03/13 SQUT 03/13 50 SQUT 03/13 INTERNET Call Center SQUT, Ausgabe 3, August/September/ Oktober 2013, Interview "Rückkehr der Telefonie"

Fachartikel "Die Rückkehr der Telefonie", Call Center Scout, 10/2013

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Warum Social Media und Co. uns wieder zum Sprechen bringen

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Page 1: Fachartikel "Die Rückkehr der Telefonie", Call Center Scout, 10/2013

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Call Center SQUT, Ausgabe 3, August/September/

Oktober 2013, Interview "Rückkehr der Telefonie"

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Warum Social Media und Co. uns wieder zum Sprechen bringen

Ja was denn nun?? Eigentlich war sie tot, die

Telefonie. Verspottet, veraltet, verschrottet. Die

Zukunft soll den neuen Medien gehören, E-Mail,

Chat, SMS, Social Media, Foren – sie alle hatten

die Telefonie als Kommunikationskanal zwischen

Unternehmen und ihren Kunden eigentlich bereits

platt gemacht. Und nun sollen ausgerechnet

sie der Grund sein, warum wir doch wieder

mehr zum Telefon greifen? Zum virtuellen

Telefon wohlgemerkt... Anja Bonelli, Business

Development Executive bei Telenet, erklärt wie

und warum.

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SQUT: Stichwort Vi-

deotelefonie – Geht der

Trend wirklich wieder

zurück zum guten alten

Vis-à-vis?

A. Bonelli: Ich kann es

selbst noch nicht glau-

ben – will man das wirk-

lich? Immer das (unge-

schminkte) Gesicht des

anderen sehen? Aber ja,

so sieht es aus. Die Video-

telefonie setzt sich gerade

tatsächlich durch: Dank

Skype, facetime & Co.

SQUT: Was zeichnet die durch soziale Medi-

en beeinlusste, neue Telefonie aus? Wird sie

anspruchsvoller oder ist sie der „synchrone

Rettungsanker“, wenn man via asynchroner

Kommunikation1 einfach nicht weiterkommt?

A. Bonelli: In den meisten Callcentern wird

seit längerem festgestellt, dass die Kundente-

lefonie anspruchsvoller geworden ist. Fallab-

schliessende, also geklärte Probleme stehen

mittlerweile vielerorts an erster Stelle. Dies ist sicherlich

dem veränderten Nutzerverhalten (Konsument wird

zum Prosument) zuzusprechen, welches durch die Kom-

munikationsform und Technologie der Sozialen Netze

stark beeinlusst wurde. Insofern ist das schon im Gange.

Sollte der asynchrone Weg jedoch nicht geklappt haben,

wird der Kunde möglicherweise noch schneller am Tele-

fon eskalieren und kein Verständnis mehr für fehlende

Fachberatung durch den First Level-Agenten haben.

1: zeitversetzte Kommunikation, zwischen Aktion und Reaktion der Kommunikations-

partner vergehen je nach Kanal mitunter Minuten (Bsp.:Chat) bis zu Tage (Bsp.:

Email)

SQUT: Kundenservice ist teuer, am teuersten

ist der Service via Telefon. Wenn ausgerech-

net hier mithilfe sozialer Medien kostenlose

Möglichkeiten für den Kunden winken, dann

zahlt das auch der Kunde – über den Produktpreis,

oder?

A. Bonelli: Die teuren Servicehotlines werden

weiterhin prima überleben, denn dort gibt es

Echtzeithilfe. Ob es weiterhin 150 Millionen

Euro jährlicher Umsatz in Deutschland sein

wird, ist indes tatsächlich fraglich – wobei auch Ge-

schätsmodelle mit kostenplichtigen Chats, Videotele-

fonie & selbst Tutorialvideos à la „Wie repariere ich die

Heizung in meiner Waschmaschine selber?“ möglich

wären. Das traut sich allerdings meines Erachtens nach

noch niemand.

Nicht nur die Kontaktmöglichkeit über die sozialen

Medien sind hinzugekommen, sondern auch die Self

Service-Plattformen, über die ein Kunde seine Problem-

lösung ganz erwachsen selbst herausindet. Viele Her-

steller werden oder haben es letztendlich ganz klassisch

via Deckungsbeitragsrechnung auf den Preis umgelegt.

Einige wenige stecken tatsächlich Marketingspendings

in den Supportaufwand und gleichen so die interne Bi-

lanz aus.

SQUT: Und das echte Telefon? Das kann man

doch dann endgültig abschafen, oder?

A. Bonelli: Wieso, das Telefon ist doch echt. Es

hat nur keine Wählscheibe mehr und das Fräu-

lein vom Amt wurde auch ersetzt. Wobei…

mittlerweile gibt es alte, schwere Telefonhörer

für das iPhone. Empfehlenswert für alle, die

der guten alten Zeit hinterhertrauern, als die

Modems noch brummten, eine Telefonminute so viel

kostete wie eine Packung Kaugummi und man drei Te-

lefonate brauchte, um ein Abendessen zu planen. Rein

rational auf Kundensicht gesehen bleibt ja in der Hap-

tik vieles gleich – wen interessieren schon tatsächlich so

„kleine“ technische Details wie eingesetzte Protokolle.

SQUT: Gibt es Ideen, die Videotelefonie ein-

zusetzen, um beispielsweise eine „Erstanalyse“

vor Ort durch einen Techniker am Telefon

durchführen zu lassen?

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SQUT: Was passiert mit den Kunden, die sich

den neuen Werkzeugen verschliessen? Fallen

die durch das Servicenetz in einen Pott aus Ig-

noranz und Frust?

A. Bonelli: Ach nein, wieso denn. Am Ende

zählt ja doch nur der Kunde – auch wenn es

manchmal anders wirkt oder gern so prokla-

miert wird. Wenn es zum Beispiel genügend

Interessenten und Kunden gibt, die furchtbar gern ein

Fax versenden – dann erlebt sogar der Faxbestellschein

seine Reminiszenz. So geschehen bei einem großen On-

lineversender, der einfach nicht verstand, warum seine

größte Wachstumsgruppe, die Silversurfer, den Kauf-

vorgang beim Bezahlen abbrachen. Weil sie nunmal in

den früheren Katalogen furchtbar gern die Bestellungen

via Fax abschlossen. Also können sie sich jetzt ihre On-

linebestellung ausdrucken und mittels ihres herkömm-

lichen Faxgerätes verschicken. Das Marketing jammert

bestimmt über den Medienbruch und die altertümliche

Methodik – aber solange der Vertrieb seine Zahlen be-

kommt und der Kunde glücklich ist – lasst sie jammern!

SQUT: Welchen Kommunikationskanal prä-

ferieren Sie persönlich, wenn Sie sich über ein

im Internet oder Katalog bestelltes Produkt

beschweren wollen? Und warum?

A. Bonelli: Das kommt ganz auf das Produkt

oder die Dienstleistung an. Natürlich bevor-

zuge ich den Kanal, auf dem ich mich gerade

beinde und meist sind das nunmal die Sozia-

len Netze. Email nutze ich sehr selten, die Antwortzeiten

sind mir einfach zu lang und dazu kommt die Unge-

wissheit, ob es überhaupt eine Reaktion gibt und mei-

ne Anfrage im ersten Schritt fallabschließend bearbeitet

werden kann. Das dauert mir einfach zu lang. Ab und

zu ist es einfach am Besten das Telefon zu starten. Für

mich gern oldschool nur via Stimme und ohne Gesicht,

so kann ich nebenbei noch etwas anderes tun, was mein

Gegenüber nicht unbedingt sehen soll. Was? Das über-

lasse ich Ihrer Vorstellungskrat.

Für das interessante Interview bedankt sich SQUT bei

Anja Bonelli

Business Development Executive bei Telenet

www.telenet.de

A. Bonelli: Einige Firmen im IT-Sektor aber

auch im technischen Bereich machen das be-

reits sehr erfolgreich. Sowohl im B2B- als auch

B2C-Support. Ich würde mir wünschen, dass

dies stark zunimmt.

SQUT: Und wie steht es mit der dafür not-

wendigen Bandbreite? Wird Datenvolumen

auf der Datenstrecke in absehbarer Zeit keine

Rolle mehr spielen?

A. Bonelli: Doch, das dauert leider noch ein,

zwei vielleicht sogar drei Jahre in Deutschland,

bevor jeder in Lichtgeschwindigkeit Daten ver-

senden kann. Andere Länder wie zum Beispiel

Kroatien sind da bedeutend fortschrittlicher. Die Grün-

de sind vielfältig, lassen sich aber im einfachsten Nenner

auf eins zusammenstreichen: Es ist sehr sehr teuer. Da

das Geschätsmodell dahinter noch auf wackeligen Bei-

nen steht (Ist der Endkunde bereit, viel mehr für mehr

Bandbreite auszugeben?) und auch die Bundesnetz-

agentur sich noch nicht klar geäußert hat, wann neue

Lizenzkosten fällig werden, zieht sich das alles noch ein

bisschen länger. Und wenn die Entscheidung gefällt ist,

muss ja tatsächlich noch vielerorts die Straße aufgebud-

delt werden.

SQUT: Google Glasses, iWatch – alles nur

Gimmicks oder ernstzunehmende Tech-

niken in Bezug auf Kundenservice und

Kundenkommunikation?

A. Bonelli: Der Mensch ist ein Spielkind und

deshalb gehen kulturelle Veränderungen meist

mit Gimmicks los. Die ersten Anwendungen

für Google Glasses werden Spiele sein. Doch

sie öfnen nur den Blick für die Alltagstauglichkeit. Ein

Beispiel: Wenn ich mit der neuen tollen Brille virtuelle

Schätze bei einer Schnitzeljagd (neudeutsch Geocaching)

inden kann, dann nutze ich es später auch gerne für die

Navigation. Folgender Vergleich ist holpriger, beschreibt

aber den neuen Nutzen besser: Wenn ein mir vorliegen-

der Gegenstand durch Zusatzinformationen in der Brille

näher erklärt werden kann, kann auch ein Arzt bei einer

OP davon stark proitieren – durch die Anzeige weiter-

führender Informationen über den Gesundheitszustand

des Patienten. Anwendungsfälle gibt es sehr viele, wobei

einige uns Deutschen mit unserer noch viel größeren

Datenschutzbrille sicherlich nicht gefallen.