View
110
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
1
Nationale Bildungsstandards: Ziele – Funktion - Praxiswirkung
Vortrag bei der
Bundesring-Tagung der Abendgymnasien
Dr. Peter Döbrich
Marburg, 17. November 2005
1
s
2
Gliederung 1. Deutschland im internationalen
Bewertungsprozess2. Bildungsstandards als Voraussetzung für weitere
Entwicklungen 3. Qualitätsindikatoren und systemische
Entwicklung4. Systematische Evaluation als Grundlage für
institutionelle Entwicklung 5. Pädagogische EntwicklungsBilanzen (PEB) an
Schulen für Erwachsene – als Einstieg in systematische Evaluation
2
s
:
3
Deutschland im internationalen Bewertungsprozess
• UNESCO – Education for all
• OECD – Education at a Glance, PISA
• EU – Lissabon Prozess und die Methode der „offenen Koordination“ mit festen Zielen
• Grundsätze der internationalen (Schul-) Entwicklungsforschung
3
s
4
UNESCO – Education for all (EFA) • „Bildung für alle“gilt gleichermaßen für alle
Länder, schließt alle Bildungsstufen ein und versteht sich als Bildung, die alle verfügbaren Ressourcen nutzt als Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft
• „Qualität im Bildungswesen“ ist Thema der Internationalen Erziehungskonferenz 2004
• EFA- Monitoring Bericht 2005• „EFA“ steht in direktem Kontext zu den
Menschenrechten der Kinder
4
s
5
OECD – Bildung auf einen Blick • Demographisches, soziales und wirtschaftliches
Umfeld• Finanz- und Humanressourcen – Investitionen in
Bildung • Bildungszugang, Bildungsbeteiligung und
Bildungsfortschritte• Lernumfeld und Organisation der Schulen • Gesellschaftliche und arbeitsmarktbezogene
Bildungsergebnisse • Leistungen von Schülern • Absolventen der Bildungseinrichtungen
5
s
6
OECD – Programme for International Student Assessment – PISA (plus )
• 2000: Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften
• 2003: Mathematik, Naturwissenschaften, Lesen
• 2006: Naturwissenschaften, Mathematik, Lesen
• Plus: DESI (Deutsch schriftlich, Englisch), IGLU, PISA-E (Vergleiche zwischen den Bundesländern)
6
s
7
Europäische Union - I - • Lissabon Strategie zur wirtschaftlichen,
sozialen und ökologischen Erneuerung bis 2010
• „offene Methode der Koordination“ mit gemeinsamen Zielen bis 2010
• feste strategische Ziele und unterschiedliche Wege, die die nationalen Ausgangslagen berücksichtigen, zu ihrer Erreichung
• Ergebnisverantwortung im Sinne einer Rechenschaftslegung
7
s
8
Europäische Union - II -
• „Bis 2010 sollten alle Mitgliedstaaten die Zahl der Schulabbrecher im Verhältnis zur Quote im Jahr 2000 mindestens halbieren, sodass ein EU-Durchschnitt von höchstens 9% erreicht wird.“
• „Bis 2010 ist der Prozentsatz der 15-Jährigen, die im Bereich von Lesekompetenz, mathematischer Grundbildung und naturwissenschaftlicher Grundbildung schlechte Leistungen erzielen, in allen Mitgliedstaaten mindestens zu halbieren.“ („um 20% zu senken“ – EU-Bildungsminister 2003)
8
s
9
Definition „schlechte Leseleistungen“ (Niveau 1 PISA)
• „Informationen ermitteln: Explizite Informationen lokalisieren.
• Textbezogen interpretieren: Auffällige Hauptgedanken wiedergeben.
• Reflektieren und bewerten: Verbindung zu Alltagswissen herstellen.“
9
s
10
Grundsätze aus der Forschung zur wirksamen Schulentwicklung (Fullan, 2001)
• Veränderungen brauchen Zeit und sind nicht im Rhythmus von Legislaturperioden zu erledigen.
• Wirkliche Veränderungen haben nichts mit (macht-) politischen Vorlieben zu tun.
• Empirische Daten müssen für Verbesserungs-prozesse genutzt werden, nicht zur Bloßstellung.
• Die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten muss über der fügsamen (oft: scheinbaren) Einhaltung von Erlassen und Vorschriften stehen.
• Die Demographie der Entwicklung (Generationen-folge bei den Lehrkräften) muss beachtet werden.
10
s
11
Bildungsstandards als Voraussetzung für weitere Entwicklungen
• Notwendigkeit von Bildungsstandards
• Grundverständnis von Bildungsstandards
• Funktion der Bildungsstandards
• Was sollen sie nicht leisten ?
11
s
12
Warum brauchen wir Bildungsstandards?
• Bildungsstandards sind ein neuer Weg, um klare, verbindliche Anforderungen an das Lehren und Lernen in der Schule festzulegen.
• Bildungsstandards sind ein Instrument zur Weiterentwicklung der Qualität von Schule und Unterricht.
• Bildungsstandards bilden einen Teil der Antwort auf Probleme des Bildungssystems: Mangel an Zielerreichung, besondere Schwächen im unteren Leistungsbereich, Disparitäten.
12
s
13
Grundverständnis von Bildungsstandards I
• A) Bildungsstandards orientieren sich an Bildungszielen, denen schulisches Lernen folgen soll, und setzen diese in konkrete Anforderungen um....
• B) Bildungsstandards konkretisieren die Ziele in Form von Kompetenzanforderungen. Sie legen fest, über welche Kompetenzen ein Schüler, eine Schülerin verfügen muss, wenn wichtige Ziele der Schule als erreicht gelten sollen. Systematisch geordnet werden diese Anforderungen in Kompetenzmodellen, die Aspekte, Abstufungen und Entwicklungsverläufe von Kompetenzen darstellen.
13
s
Döbrich Marburg, 17.11.2005
14
• C) Bildungsstandards als Ergebnisse von
Lernprozessen werden konkretisiert in Aufgabenstellungen und schließlich Verfahren, mit denen das Kompetenzniveau, das Schülerinnen und Schüler tatsächlich erreicht haben, empirisch zuverlässig erfasst werden kann. ....
14
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.205
15
Worauf beziehen sich Bildungsstandards ?
a) Beziehen sich Standards auf die Rahmenbedingungen, den Prozess oder das Ergebnis (Output) des schulischen Lernens?
b) Beziehen sich Standards auf allgemeine Bildungsziele und Werte, auf Schlüsselqualifikationen, auf fachspezifische Kompetenzen, auf detaillierte Lernziele und –inhalte, oder auf Testwerte?
c) Bestimmen Standards ein Ideal, eine Alltagserwartung, oder ein Niveau, das von fast allen Schülerinnen und Schülern erreicht werden soll?
Bildungsstandards beziehen sich auf Lernergebnisse. Sie beschreiben Stufen fachbezogener Kompetenzen und legen Mindestanforderungen fest.
15
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg,17.11.2005
16
Funktion 1 der BildungsstandardsOrientierung
• Verbindliche, für alle transparente Zielklärung
• Fokussierung auf zentrale, langfristig aufgebaute Lernergebnisse
• Systematisches, fachdidaktisch verankertes Konzept von Kompetenzentwicklung als Referenzrahmen für Lehrkräfte
• Freiraum für schulinterne Lernplanung (mit Unterstützung durch Lehrerbildung, Schulaufsicht, Landesinstitute)
16
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg,17.11.2005
17
Funktion 2 der Bildungsstandards
Erfassung und Bewertung von Lernergebnissen
• Aufgaben und Tests als Basis der Erfassung von Lernergebnissen
• Bildungsmonitoring: Information über das Bildungssystem
• Schulevaluation: Rückmeldung an die einzelne Schule
17
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
18
Was ist neu an Bildungsstandards?
• Systematische Erhebung von Lernergebnissen als Basis für Qualitätsentwicklung: „output-orientierte Steuerung“
• Klare, schulform-übergreifend verbindliche Mindestanforderungen
• Fokussierung auf zentrale, langfristig aufgebaute Kompetenzen.
• Kompetenzmodell statt Lernzielkatalog
• Zunehmender Freiraum für Lernplanung in der Schule
18
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
19
Welche Funktionen sollen Bildungsstandards gerade nicht erfüllen? (Expertise, 2003)
• Über-Steuerung der Arbeit von Schulen
• „Standardisierung“ der pädagogischen Arbeit
• Zentralisierung von Prüfungen
• Individuelle Benotung, Zertifizierung, Auswahl
• Ranking von Schulen
• Alleiniger Maßstab zur Beurteilung von Schulqualität
19
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
20
Grundproblem
Köller, Baumert & Schnabel (1999) zur gymnas. Oberstufe:
Empirische Feststellung: Bei gleicher Testleistung werden je nach Schulform unterschiedliche Noten gegeben: „Mindeststandards“ (= Kriterien zur Vergabe der Note „ausreichend“ sind nicht einheitlich.
Konsequenz: Forderung nach
„konstruktiven Schulentwicklungsprozessen“ + „administrativen, auch standardsichernden Vorgaben“
KMK:
Standard = admin. Vorgaben = (mittlere) Leistungserwartung
20
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
21
Qualitätsindikatoren und systemische Entwicklungen
• QualitätsIndikatoren als Verbindung zwischen systemischer und schulischer Entwicklung
• Systematische Evaluation in der Schule
• Quality Partnership of the Regions (QPR)
• How good is our school ?
21
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
22
Qualitätsindikatoren
• bilden die Qualität der Schule im Sinne des „Bildungs- und Erziehungsauftrages“ ganzheitlich ab.
• schaffen ein gemeinsames Verständnis von Schulqualität („= definierte Qualität“)
• geben nachvollziehbare Hinweise, wann ein Zustand als „sehr gut“, „gut“, „mäßig“ oder „unbefriedigend“ im Rahmen der (Selbst-) Evaluation anzusehen ist.
• wo ein Zustand schlechter als „mäßig“ bewertet wird, gibt es unmittelbaren Entwicklungsbedarf.
22
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
23
Systematische Evaluation
• bezieht unterschiedliche Perspektiven (Lehrkräfte, Schüler/-innen, Eltern) ein;
• umfasst eine breite Palette von Themen, die insgesamt die Qualität beschreiben;
• schafft empirische Evidenz auf repräsentativer Basis für die jeweilige Schule;
• liefert Vergleichsdaten zumindest für die gleiche Schulform,
• bezieht den sozialen Kontext der Schule ein.
23
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
24
Quality Partnership of the Regions -QPR
• Knowledge Management (Umgang mit Wissen)
• Results
• Ethos
• Professionality
24
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
25
4. Systematische Evaluation als Grundlage für institutionelle Entwicklungen
• Repräsentative Meinungsbilder für die Kollegien im Rahmen von Pädagogischen EntwicklungsBilanzen (PEB)
• Einbeziehung der Schülermeinungen
• Systematische Rückmeldungen
• Nutzung vorhandener Daten
25
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
26
91,4%
92,5%
94,3%
95,0%
95,5%
93,6%
47,1%
45,1%
44,4%
59,8%
65,1%
65,6%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
1998 - 21 Schulen (N = 1.027)
1999 - 33 Schulen (N = 1.462)
2000 - 60 Schulen (N = 2.214)
2001 - 73 Schulen (N = 2.775)
2002 - 45 Schulen (N = 1.623)
2003 - 56 Schulen (N = 1.936)
SollIst
26
APU / PEB - Hessen 1998 - 2003 „Gemeinsame pädagogische Ziele“
s
27
91,4%
92,5%
94,3%
95,0%
95,5%
93,6%
47,1%
45,1%
44,4%
59,8%
65,1%
65,6%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
1998 - 21 Schulen (N = 1.027)
1999 - 33 Schulen (N = 1.462)
2000 - 60 Schulen (N = 2.214)
2001 - 73 Schulen (N = 2.775)
2002 - 45 Schulen (N = 1.623)
2003 - 56 Schulen (N = 1.936)
SollIst
27
s
89,9
87,8
90,8
92,0
94,3
93,2
64,8
66,0
68,2
62,7
63,3
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
1998 21 Schulen N = 1.027
1999 33 Schulen N = 1.462
2000 60 Schulen N = 2.214
2001 73 Schulen N = 2.275
2002 45 Schulen N = 1.623
200356 SchulenN = 1.936
dies ist mir wichtig/sehr wichtigdiesen Anspruch kann ich z.Zt. eher nicht erfüllen
Wir sollten leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler besonders fördern Erfüllung dieses Anspruchs
Die Erfüllung dieses Anspruchs wurde in APU I nicht abgefragt
28
PEB-L- Ergebnisse für eine Schule (Auswahl aus 14 Bereichen mit möglichem Entwicklungsbedarf)
28,3%
70,6%
64,4%
31,0%
5,3%
18,5%
24,4%
51,1%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Schule schw änzen
Häufig im Unterricht stören
Ich f inde in meiner Schule solltenw ir Ordnung und Disziplin fördern
Diesen Anspruch kann ich z. Zt.eher erfüllen
Diesen Anspruch kann ich z. Zt.eher nicht erfüllen
oft bzw. wichtig
sehr oft bzw.sehr wichtig
28
s
Döbrich: Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
29
Pädagogische EntwicklungsBilanzen (PEB) mit Schulen für Erwachsene in Hessen – als Einstieg
in systematische Evaluation• Unterrichtsformen• Probleme an der Schule und im Unterricht• schulische Organisation• Berufszufriedenheit • Berufsansprüche und –ziele• Kommunikationsverhalten und Zusammenarbeit• Schülerbezogene Einschätzungen• Bewältigungserleben etc. ...
29
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
30
PEB an SfE in Hessen (Verfahren )• Beschluss über Teilnahme im Kollegium mit
einfacher Mehrheit• Fragebogenerhebung Lehrkräfte /Studierende auf
dem Postweg• Schriftliche Rückmeldung der schulspezifischen
Daten mit Vergleichsdaten aller beteiligten SfE (Kollegs)
• Einschätzung des Entwicklungsbedarfs vergleichbar durch gemeinsame Matrix
• (eventuell: persönliche Rückmeldung durch externe Fachkraft)
30
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
31
PEB an SfE in Hessen (Ergebnisse)
• Gemeinsame pädagogische Ziele 3/12
• Häusliche Eigenarbeit mit Auftrag 12/12
• Anwesenheit (der Studierenden) 8/12
• Fachspezifische Zusammenarbeit 2/12
• Kommunikation im Kollegium 2/12
• Kommunikation Schulleitung/Koll. 2/12
• Koordination zwischen den Jahrgangsstufen 5/12
31
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
32
Einbeziehung der anderen Partner im System
• Regionale Vernetzung zwischen den Kollegs (wie auf dieser Bundestagung)
• Regelmäßige Rückmeldungen (möglichst auf jährlicher Basis) von quantitativen und qualitativen Daten
• EntwicklungsBilanzen in der Schulaufsicht• Pädagogische EntwicklungsBilanzen in
Studienseminaren
32
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
33
Mögliche Kriterien für die Qualität der weiteren Entwicklung auf Systemebene I
• Einführung und Nutzung der Bildungsstandards und Aufbau eines zeitnahen Monitorings
• strategische Ziele festlegen • die institutionellen Lernprozesse zur
systematischen Entwicklung unterstützen • wirksame Berichtssysteme für umfassende
Rückmeldungen aufbauen
33
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
34
Mögliche Kriterien für die Qualität der weiteren Entwicklung auf Systemebene II
• die unterschiedlichen Teilsysteme koordinieren und in ihrer Reflektions-fähigkeit stärken
• Klare rechtliche Rahmen schaffen für den Abschluss von Vereinbarungen (z.B. zwischen Schule und Schulaufsicht)
• Ressourcen transparent zur Verfügung stellen
34
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
35
Anschluss schaffen durch systematische Entwicklung auf allen Ebenen
1. Entwicklungsbedarf empirisch feststellen
2. Ziele vereinbaren, um den Entwicklungs-bedarf zu erfüllen (z.B. zwischen Schule und Schulaufsicht)
3. Ergebnisse nachweisbar feststellen
4. den bestehenden Entwicklungsbedarf feststellen ......
35
s
Döbrich Bildungsstandards Marburg, 17.11.2005
Recommended