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Burnout im Arbeitsfeld der Kindertagesstätte
Herausforderungen für das Leitungspersonal
Fakultät Wirtschaft und Soziales
Department Soziale Arbeit
Bachelor-Thesis
vorgelegt von
Lisa Meier
Matrikelnummer:
Adresse:
Tag der Abgabe: 13.Mai 2015
Betreuende Prüferin: Prof. Dr. Petra Strehmel
Zweiter Prüfer: Prof. Dr. Georg Schürgers
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................. 1
1. Einleitung ............................................................................................................. 2
2. Stress .................................................................................................................. 4
2.1 Der Stressbegriff nach Selye ......................................................................... 5
2.2 Das transaktionale Stressmodell nach Lazarus ............................................. 6
2.3 Zusammenfassung ........................................................................................ 7
3. Das Burnout-Syndrom ......................................................................................... 7
3.1 Definitionen und Erklärungsansätze .............................................................. 7
3.1.1 Definitionsansatz nach Freudenberger ................................................... 8
3.1.2 Definitionsansatz nach Maslach ............................................................ 13
3.1.3 Definitionsansatz nach Burisch ............................................................. 17
3.1.4 Die ICD-10 Klassifikation ...................................................................... 19
3.2 Messinstrumente um Burnout zu bestimmen ............................................... 20
3.2.1 MBI – Maslach Burnout Inventory nach Maslach & Jackson ................. 21
3.2.2 HBI – Hamburger Burnout Inventar nach Burisch ................................. 22
3.3 Zusammenfassung ...................................................................................... 23
4. Burnout in der Kindertagesstätte ........................................................................ 24
4.1 Eine Tätigkeitsbeschreibung von pädagogischen Fachkräften im Arbeitsfeld
Kindertagesstätte .................................................................................................. 25
4.2 Das Befinden der pädagogischen Fachkräfte .............................................. 27
4.2.1 Spezielle Stressfaktoren ....................................................................... 27
4.2.2 Besondere Ressourcen ........................................................................ 28
4.3 Besondere Verantwortung der Kindertagesstättenleitung ............................ 29
4.4 Zusammenfassung ...................................................................................... 35
5. Empirische Forschung ....................................................................................... 35
5.1 Forschungsfrage ......................................................................................... 36
5.2 Forschungsmethoden .................................................................................. 36
5.2.1 Untersuchungsmethoden ...................................................................... 37
5.2.2 Erhebungsinstrument ............................................................................ 37
5.2.3 Die befragten Personen ........................................................................ 38
5.2.4 Auswertungsmethode ........................................................................... 39
5.3 Ablauf der Untersuchung ............................................................................. 39
5.4 Analyse des Interviewmaterials ................................................................... 40
5.5 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse ............................................. 46
6. Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten ........................ 48
6.1 Gestaltung eines Gesundheitsmanagements innerhalb der Einrichtung ...... 48
6.2 Das Konzept der Salutogenese ................................................................... 50
6.2.1 Das Kohärenzgefühl ............................................................................. 51
6.2.2 Die Resilienzfaktoren ............................................................................ 52
6.2.3 Das Konzept der Salutogenese als Leitung einer Kindertagesstätte
anwenden .......................................................................................................... 52
6.3 Gesundheitsförderlicher Führungsstil .......................................................... 55
6.4 Angebote des Trägers ................................................................................. 57
6.4.1 Gefährdungsanalyse ............................................................................. 57
6.4.2 (Team-)Supervision .............................................................................. 59
6.4.3 EAP-Maßnahmen ................................................................................. 61
6.4.4 Sport- und Präventionskurse ................................................................. 62
7. Fazit ................................................................................................................... 63
Literaturverzeichnis .................................................................................................. 66
Quellenverzeichnis: .................................................................................................. 69
Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. 69
Anhang..................................................................................................................... 70
Eidesstattliche Erklärung ........................................................................................ 110
Abkürzungsverzeichnis
S e i t e | 1
Abkürzungsverzeichnis
AOK Allgemeine Ortskrankenkasse
ArbSchG Arbeitsschutzgesetz
AWO Arbeiterwohlfahrt
BGW Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und
Wohlfahrtspflege
BIND Burnout-Institut Norddeutschland
DIMDI Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und
Information
DP Depersonalisation
EE engl. Emotional Exhaustion, Emotionale Erschöpfung
HBI Hamburger Burnout-Inventar
HTA engl. Health Technology Assessment, Systematische Bewertung
gesundheitsrelevanter Prozesse und Verfahren
ICD-10 engl. International Statistical Classification of Diseases and
Related Health Problems, Internationale statistische
Klassifikation der Krankheiten und verwandter
Gesundheitsprobleme
KiTaG Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder
KJHG Kinder- und Jugendhilfegesetz
MBI engl. Maslach Burnout Inventory
MBI-ES engl. MBI-Educators Survey
MBI-GS engl. MBI-General Survey
PA engl. Personal Accomplishment, Leistungs(un)zufriedenheit
SGBVIII Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII), Kinder- und
Jugendhilfe
SOC engl. Sense of Coherence, Kohärenzgefühl
WHO engl. World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation
WIFF Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte
Einleitung
S e i t e | 2
„Wenn man eine Kerze an beiden Seiten anzündet, mag sie eine Zeit
doppelt so viel Licht spenden – aber sie ist auch doppelt so schnell
abgebrannt!“ (Myron Rush)
1. Einleitung
Wird das Stichwort „Burnout“ in eine der gängigen Internet-Suchmaschinen
eingegeben, erscheinen in wenigen Sekunden über 43.000.000 Ergebnisse. Das
Stichwort „Rückenbeschwerden“ erreicht mit gerade einmal 407.000 Suchergebnissen
deutlich weniger Aufmerksamkeit im Internet. Und das obwohl Erkrankungen des
Muskel- und Skelettsystems nach dem Gesundheitsreport des Dachverbandes der
Betriebskrankenkassen (BKK) von 2014 mit rund 25% die größte Diagnosegruppe für
Fehlzeiten der BKK versicherten Personen darstellt. (vgl. Knieps & Pfaff, 2014, 41 f.)
Das Burnout-Vorkommen ist mit anderen psychischen Erkrankungen in den letzten
Jahren gestiegen. (vgl. Knieps & Pfaff, 2014, 112 ff.) Als Grund hierfür können zum
einen die zunehmenden Belastungen der modernen Arbeitswelt genannt werden.
Andererseits scheinen Betriebs- und Hausärzte zunehmend auf das Thema Burnout
sensibilisiert.
Der Begriff Burnout ruft in der Öffentlichkeit ein reges Interesse hervor. So wird im
Report des Deutschen Instituts für Medizinische Information und Information (DIMDI)
zu dem Thema „Differentialdiagnostik des Burnout-Syndroms“ genannt, dass der
Burnout-Begriff umgangssprachlich zugänglich erscheint und ein großes intuitives
Verständnis birgt. Aufgrund dessen kann eine hohe Praxisrelevanz im
gesellschaftlichen Kontext zugeordnet werden. (vgl. Korczak, et al., 2010, 14) Nach
wie vor ist das Burnout-Syndrom jedoch nicht als Krankheit klassifiziert. So scheint es,
dass die Mehrheit der Menschen eine Vorstellung von dem Burnout-Syndrom besitzt,
eine handhabbare Definition jedoch fehle. Eine Diagnose erscheint so schwierig. (vgl.
Burisch, 2014, 14)
Diese Bachelor-Thesis beschäftigt sich mit dem Burnout-Vorkommen von
Pädagog_innen, die speziell im Arbeitsfeld Kindertagesstätte agieren. Die Bedeutung
der professionell helfenden Berufsgruppe der Pädagog_innen, zu denen in der
vorliegenden Arbeit alle pädagogisch ausgebildeten Fachkräfte gezählt werden, nahm
in den letzten Jahren zu, indem die Erziehungs- und Betreuungsfunktion der Familien,
Freunde oder Nachbarschaft vermehrt auf Institutionen wie die Kindertagesstätte
Einleitung
S e i t e | 3
übertragen wurde. Zudem wird in den verschiedenen Orientierungsrahmen der
Bundesländer für die Arbeit in Kindertagesstätten der Fokus auf die Betreuung,
Bildung und Erziehung der Kinder gelegt. Die Anforderungen an die Kindertagesstätte
als Betreuungsform vor der Grundschule sind vielfältiger denn je.
Entgegen der gestiegenen Inanspruchnahme dieser professionellen Hilfe von den
Familien ist eine Abnahme der einsetzbaren finanziellen und personellen Mittel zu
verzeichnen. Das Arbeitspensum und die entstehenden Belastungen der
Pädagog_innen stehen im Widerspruch zu den Bedürfnissen der Kinder und deren
Erziehungsberechtigten. (vgl. Poschkamp, 2011, 13 f.)
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es die Thematik des Burnout-Syndroms im
Arbeitsfeld der Kindertagesstätte zu untersuchen, Bedeutungen für die Leitungskräfte
solcher Einrichtungen abzuleiten und Handlungsempfehlungen für diese zu
entwickeln.
Leitungspositionen werden vermehrt an Sozialpädagog_innen,
Kindheitspädagog_innen sowie Sozialarbeiter_innen vergeben. Die Soziale Arbeit
entwickelt eine stärkere Bedeutung für das Arbeitsfeld der Kindertagesstätte und
übernimmt vermehrt Funktionen durch die gestiegenen Anforderungen seitens des
Trägers, der politischen Entwicklungen sowie der Elternschaft.
Als Grundlage für die Entstehung eines Burnouts wird der Stressbegriff dargestellt.
Weiter folgt ein Kapitel über das Burnout-Syndrom selbst. In der wissenschaftlichen
Literatur wird der Stand der empirisch belegten Kenntnisse als tendenziell
unübersichtlich benannt. Eine handhabbare Definition fehle. (vgl. Burisch, 2014, 14)
Dem Burnout-Begriff wird sich durch Theorien dreier Autoren und der ICD-10
Klassifikation genähert. Es werden Symptome des Burnouts dargestellt und zwei
Messinstrumente in den Blick genommen.
Im nächsten Schritt wird das Tätigkeitsfeld der Pädagog_innen in der
Kindertagesstätte betrachtet um im weiteren Verlauf die Burnout-Thematik mit diesem
Arbeitsfeld zusammenzuführen. Der Fokus liegt hierbei auf einer Beschreibung der
Tätigkeiten sowie dem möglichen Befinden der pädagogischen Fachkräfte. Zudem
werden die speziellen Verantwortungen der Kindertagesstättenleitung beschrieben.
Stress
S e i t e | 4
Das Ziel dieser Arbeit, Handlungsempfehlungen für das Leitungspersonal zu
entwickeln, basiert auf einem kleinen empirischen Forschungsteil. In diesem werden
drei Expert_innen zu ihrer Einschätzung zum Thema Burnout im Bereich der
Kindertagesstätte befragt. Abschließend werden mögliche Handlungsempfehlungen
formuliert, mit denen Leitungskräfte der Burnout-Thematik innerhalb ihrer Einrichtung
präventiv entgegen wirken können.
2. Stress
In diesem einleitenden Kapitel wird zunächst das grundlegende Verständnis von
Stress geklärt. Die Wissenschaft ist sich in Bezug auf das Thema Burnout heutzutage
immer noch sehr uneinig, in einem Punkt stimmt sie aber überein: Burnout wird als
Erkrankung beschrieben, deren Ursprung in Stresssituationen zu finden ist. (vgl.
Waadt & Acker, 2013, 18)
Aus medizinischer Sicht ist zunächst der Ablauf einer sogenannten Stressreaktion zu
erläutern. Dieser Ablauf hat sich im Verlauf der Evolution entwickelt. Als Schutz vor
Gefahren, wie beispielsweise der Angriff eines wilden Tieres, entwickelte der Mensch
zu Urzeiten eine erhöhte Reaktionsbereitschaft. Diese Bereitschaft diente dem
menschlichen Überleben. Findet eine akute Alarmreaktion statt, wird eine
biochemische Kettenreaktion im Gehirn ausgelöst, die zu einer Hormonproduktion und
–abgabe der Nebennieren führt. Diese hormonelle Reaktion bewirkt, dass in einer
bedrohlichen Situation alle Reserven des Körpers mobilisiert werden. (vgl. ebd., 22 ff.;
Hüther, 2014, 22 f.)
Während einer akuten Stressreaktion sind folgende Körperreaktionen zu beobachten:
Starke Aktivierung des Gehirns durch eine vermehrte Durchblutung
Beschleunigung des Herzschlages und Erhöhung des Blutdruckes
Anspannung der Muskulatur und Verbesserung der natürlichen Reflexe
Stärkere Durchblutung der Muskulatur
Verdauungsprozesse und Fortpflanzungstriebe treten in den Hintergrund
Der Speichelfluss wird reduziert
Es wird Energie aus körpereigenen Reserven bereit gestellt
Kurzfristige Veränderung der Schmerzempfindlichkeit
(vgl. Waadt & Acker, 2013, 23)
Stress
S e i t e | 5
Im Anschluss einer solchen Stressreaktion wird durch das Hormon Kortisol die
verloren gegangene Energie wieder aufgebaut. (vgl. Waadt & Acker, 2013, 24)
Der Ablauf von Stressreaktionen hat sich bis zum heutigen Tag kaum verändert. Ganz
im Gegensatz zu den Stressauslösern. Heute treffen Menschen vermehrt auf
Situationen im Privat- und Arbeitsleben, die Gefühle wie Angst, Überforderung oder
Bedrohung auslösen. Das folgende Zitat fasst die Stressoren der Gegenwart
übersichtlich zusammen:
„In allen Lebensbereichen werden wir zunehmend von Informationen und Wahlmöglichkeiten überflutet. Gesellschaftliche, ökonomische und technische Veränderungen laufen immer schneller ab. Das dichte Zusammenleben in Großstädten, die Belastung durch Lärm und Umweltverschmutzung, die anhaltende Reizüberflutung und eine allgegenwärtige Hektik können uns
belasten.“ (Allenspach & Brechbühler, 2005, 11)
Während früher auf Stress mit Flucht oder Angriff reagiert wurde, ist dies heutzutage
allein durch gesellschaftliche Normen nicht mehr üblich. Die bereitgestellte Energie ist
aber nach wie vor vorhanden und es fehlen gesellschaftskonforme Möglichkeiten diese
abzubauen. Langfristig führt diese „Energie-Blockierung“ (vgl. ebd., 12) dazu, dass
Entspannungsphasen verzögert oder sogar verhindert werden. Solche andauernden
Erregungszustände können dauerhaft zu gesundheitlichen Schäden führen. (vgl. ebd.,
11 f.)
2.1 Der Stressbegriff nach Selye
Hans Janos Selye (1907 – 1982), östereichisch-kanadischer Arzt und Biochemiker,
beschäftigte sich seit dem 1930er Jahren mit dem Thema Stress und machte den
Stressbegriff weithin bekannt. Grundlage hierfür war die Idee, dass möglicherweise
alle Erkrankungen einer schweren psychischen Belastung des Körpers zugrunde
liegen. (vgl. Allenspach & Brechbühler, 2005, 25)
In, zumeist auf Tierexperimenten gestützten, Studien untersuchte Selye, wie der
Organismus auf extreme Situationen reagiert. Die dabei auftretenden Reaktionsmuster
bezeichnete er als allgemeines Adaptionssyndrom, dessen Ziel er als Abwehr der
Bedrohung oder Anpassung, also Adaption, des Organismus an die aktuelle
Herausforderung sah. (vgl. Aust, 1999, 64)
Stress
S e i t e | 6
Selye unterteilte dieses Reaktionsmuster in drei Phasen: die Alarmreaktion, das
Widerstands- sowie das Entwicklungsstadium. (vgl. Aust, 1999, 64 f.)
Stress definierte Selye als „…die unspezifische Reaktion des Körpers auf eine
Anforderung“. (Selye, 1981, 170)
Damit legte er wesentliche Grundlagen für die Stressforschung. Seine Theorie wurde
in dem vergangenen Jahrzehnt jedoch durch differenziertere Betrachtungen
eingeschränkt und zum Teil widerlegt. Forschungsergebnisse der letzten Jahre haben
gezeigt, dass der menschliche Organismus über mehrere Reaktionsmechanismen
verfügt, die spezifisch abhängig von der jeweiligen Stresssituation sind. So reiche es
nicht aus, Stressreaktionen durch rein physiologische Veränderungen zu beschreiben.
(vgl. Aust, 1999, 63 f.)
2.2 Das transaktionale Stressmodell nach Lazarus
Das transaktionale Stressmodell ist nach dem Psychologen Richard Lazarus (1922 –
2002) benannt und wurde Ende der 1960er Jahre auf der Grundlage von mehreren
psychologischen Experimenten von ihm entwickelt. Dieses Modell erweitert das
Stressverständnis von Selye. (vgl. Aust, 1999, 65)
Das transaktionale Modell geht davon aus, dass das persönliche Empfinden, also die
subjektive Bewertung einer Situation, über das Anspannungsniveau einer Person
entscheidet. Nach Lazarus wird eine Situation zunächst danach eingeschätzt, ob sie
grundsätzlich von Bedeutung sei, ob sie zu positiven Veränderungen beitrage oder gar
eine Bedrohung darstelle. Wenn eine betroffene Person nach der ersten Einschätzung
zu der Schlussfolgerung kommt, dass negative Folgen zu erwarten sind, liegt eine
Stressreaktion vor. In einer zweiten Bewertung wird abgeschätzt, von welchen
Bewältigungsmöglichkeiten profitiert werden kann. (vgl. Waadt & Acker, 2013, 29)
Lazarus betont dabei den Faktor aus Erfahrungen zu lernen. Die Praxis zeigt jedoch,
dass Menschen mitunter an Strategien festhalten, die sich in der Vergangenheit bereits
als ungeeignet erwiesen. Es wird der Versuch unternommen mit der ungeeigneten
Strategie zum Erfolg zu kommen, indem der persönliche Einsatz erhöht wird. Hier
können Parallelen zur Entstehung des Burnout-Syndroms gesehen werden. (vgl. ebd.,
30 f.)
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 7
2.3 Zusammenfassung
Stress ist Teil des menschlichen Alltags um spezielle Situationen bewältigen zu
können. Auch Ereignisse, die individuell als positiv bewertet werden, werden von dem
menschlichen Körper in Form einer Stressreaktion aufgegriffen. Wird der Mensch
dauerhaft Stresssituationen ausgesetzt, kann der Körper nicht mehr in den
notwendigen Ruhemodus zurückkehren. Es entsteht chronischer Stress. (vgl. Waadt
& Acker, 2013, 24 ff.)
Zusammenfassend ist sich die Wissenschaft bis heute einig, dass Burnout als
Stresserkrankung anzusehen ist. (vgl. ebd., 18)
3. Das Burnout-Syndrom
Über den Begriff Burnout wird in den Medien und der Öffentlichkeit viel diskutiert. Im
aktuellen Zeitalter ist die Diagnose Burnout schnell zur Hand. Die Popularität des
Begriffes führt dazu, dass Burnout im allgemeinen Sprachgebrauch häufig verwendet
wird. Es herrscht jedoch keinesfalls ein einheitliches Verständnis für diesen Begriff.
Im folgenden Kapitel wird das Burnout-Syndrom mit Hilfe von drei unterschiedlichen
Definitions- und Erklärungsansätzen, der Internationalen Klassifikation der
Krankheiten und verwandten Gesundheitsproblemen (ICD-10), sowie zweier Burnout-
Messinstrumente erläutert.
3.1 Definitionen und Erklärungsansätze
Es existieren mehrere allgemein akzeptierte Definitionen und Erklärungsansätze für
das Burnout-Syndrom. Eine „handhabbare Definition“ (vgl. Burisch, 2014, 14) fehlt
aber. Seit den 1970er Jahren wird der Begriff Burnout vor allem in sozialen,
psychologischen oder medizinischen Bereichen verwendet. Zuvor wurde er
hauptsächlich im physikalischen Bereich genutzt.
In der Fachliteratur wird das Fehlen einer handhabbaren Definition als das
„schwerwiegendste Hindernis für eine fundierte Erforschung des Burnout-Syndroms“
beschrieben. (vgl. ebd., 14) Mit der Burnout-Thematik beschäftigt sich eine Vielzahl
von internationalen Autoren.
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 8
Im Folgenden werden die Forschungsergebnisse dreier Autoren fokussiert:
Herbert Freudenberger und Christina Maslach gelten als eine der ersten und
bekanntesten Burnout-Forscher_innen. Matthias Burisch ist im deutschsprachigen
Raum für seine Literatur zum Thema Burnout bekannt und leitet unter anderem das
Burnout-Institut Norddeutschland (BIND).
Zudem wird ein Blick auf die Diagnose eines Burnouts innerhalb der Internationalen
Klassifikation der Krankheiten und verwandten Gesundheitsproblemen (ICD-10)
geworfen.
3.1.1 Definitionsansatz nach Freudenberger
Als prägende Persönlichkeit der Burnout-Forschung ist der deutsch-amerikanische
Psychoanalytiker Herbert Freudenberger zu nennen. Er ist 1926 in Frankfurt am Main
geboren und verstarb 1999 in New York City. Freudenberger prägte den Begriff
Burnout mit seinem ersten Aufsatz, den er unter dem Titel „Staff Burn-Out“ 1974 in der
psychologischen Fachzeitschrift Journal of Social Issues publizierte. (vgl. Burisch,
2014, 5; Hillert & Marwitz, 2006, 42)
In diesem Artikel beschrieb er das Phänomen Burnout durch eigene Beobachtungen
an sich selbst sowie an Menschen aus seinem Arbeitsumfeld, welche überwiegend
ehrenamtlich tätige Sozialarbeiter_innen waren. Auffällig erschien ihm, dass seine
Koleg_innen nach nur kurzer Arbeitszeit in ihrem Beruf Symptome von Erschöpfung,
Reizbarkeit oder zynischen Verhaltensweisen dem Klientel gegenüber aufwiesen. Dies
geschah insbesondere bei den Koleg_innen, die zuvor ein großes Engagement im
Arbeitsalltag zeigten. (vgl. Maslach, et al., 2001)
Freudenberger betitelte sich zudem selbst als von Burnout betroffen. Er beschrieb
Schlaflosigkeit, Kraftlosigkeit sowie Magen- und Kopfschmerzen, als Folge seiner sehr
langen Arbeitstage als Psychoanalytiker und ehrenamtlicher Helfer im Bereich der
Drogenarbeit. (vgl. Scharnhorst, 2012, 12; Burisch, 2014, 5 f.)
Als Definition von Burnout hat sich bei Freudenberger die Folgende durchgesetzt:
„Burn-out ist ein Energieverschleiß, eine Erschöpfung aufgrund von Überforderungen, die von innen oder von außen - durch Familie, Arbeit, Freunde, Liebhaber, Wertesysteme oder die Gesellschaft - kommen kann und einer Person Energie, Bewältigungsmechanismen und innere Kraft raubt. Burn-out ist ein Gefühlszustand, der begleitet ist von übermäßigem Stress, und der schließlich persönliche Motivationen, Einstellungen und Verhalten
beeinträchtigt.“ (Freudenberger & North, 1992, 27)
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 9
Ferner beschreibt Freudenberger einen so genannten „Burn-out-Zyklus“
(Freudenberger & North, 1992, 121), der zwölf Stufen beinhaltet. Diese Stufen, auch
als Stadien betitelt, sind nicht voneinander abgegrenzt zu betrachten, sondern
vermischen und überlagern sich häufig. Dabei sind der Schweregrad und die Dauer
eines jeden Stadiums von den individuellen Lebensumständen der betroffenen Person
abhängig.
Seitens der Autoren wird betont, dass einzelne Symptome häufig als normale
menschliche Reaktion auf bestimmte Ereignisse auftreten. Die betroffenen Personen
„…erleben vielleicht keinen Burn-out, sondern einen Rückschlag – eine Enttäuschung,
eine Krankheit, einen Verlust oder einen anderen Schicksalsschlag, wie er jede/n
treffen kann.“ (ebd., 121) Die Symptome wurden zusammengefasst um den Burnout-
Prozess zu beschreiben. Dabei gilt zu beachten, dass nicht alle Symptome und auch
unabhängig der genannten Reihenfolge auftreten müssen, um nach Freudenberger
von einem Burnout zu sprechen. Der Burnout-Zyklus ist eher dazu gedacht ein
Erschöpfungszustand mit Hilfe der Stadien frühzeitig zu identifizieren, um mit
„Soforthilfemaßnahmen“ (ebd., 122) die Faktoren zu verändern, die Stress im Alltag
verstärken.
Abbildung 1: Der „Burnout-Zyklus“ nach Freudenberger & North, 1992, 123
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 10
Der Burnout-Zyklus: (vgl. Freudenberger & North, 1992, 123 ff.)
Stadium 1: Der Zwang sich zu beweisen
Der Wunsch sich in der Welt zu beweisen und erfolgreich zu sein wird in der Regel
nicht negativ aufgefasst. Freudenberger und North beschreiben dieses Stadium daher
auch als schwer erkennbar. Es ist von einer zu starken Dynamik die Rede. Wenn aus
einem Wunsch ein Zwang entsteht, kann sie sich die Dynamik als selbstschädigend
erweisen. Der Zwang sich zu beweisen resultiert oftmals aus hohen Erwartungen,
beispielsweise durch anspruchsvolle Eltern oder dem sozialen, politischen und
beruflichen Umfeld und nicht zuletzt aus übertriebenen Erwartungen an sich selbst.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Sich den eigenen Denk- und
Verhaltensmustern bewusst werden und das persönliche Tempo auf den natürlichen
Rhythmus anpassen.
Stadium 2: Verstärkter Einsatz
Um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, wird noch mehr Energie in die
persönlichen Projekte gesteckt. In diesem Stadium setzt sich der Zwang sich zu
beweisen fest. Typisch für diese Phase ist die Unfähigkeit Aufgaben aus Angst vor
Kontrollverlust zu delegieren.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Explizite Delegation von
Verantwortung an andere.
Stadium 3: Subtile Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
Das dritte Stadium ist von reduzierter Aufmerksamkeit sich selbst und den individuellen
Bedürfnissen gegenüber geprägt. Das Verschieben von Terminen, Aufgaben oder
Ritualen stellen laut den Autoren eines der Hauptanzeichen für Burnout dar. Auch das
Verlangen nach Ruhe, Schlaf und Regeneration, Nahrung oder auch Sexualität tritt
weiter zurück.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Die Verleugnungsmechanismen sollen
erkannt und durchbrochen werden. Das Führen von Listen der nötigen Erledigungen
und Aufgaben kann hilfreich sein. Betroffenen wird geraten auf ihre Ernährung, Ruhe-
und Erholungsphasen achten.
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 11
Stadium 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Diese Phase ist geprägt von inneren Konflikten. Um leistungsfähig zu bleiben blenden
Betroffene die Ansprüche ihres Körpers aus. Unpünktlichkeit, Vergesslichkeit und
andere Fehlleistungen nehmen weiter zu. Die Gefahr eines körperlichen
Zusammenbruchs steigt in dieser Phase deutlich an, infolgedessen können leicht
Süchte entstehen.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Verfügbare Zeitfenster zum Erholen
gilt es zu nutzen. Freunde und Familie sollen eingeweiht werden.
Stadium 5: Umdeutung von Werten
Alte Grundsätze rücken in den Hintergrund, Freundschaften, Partnerschaft und
berufliche Beziehungen werden gegebenenfalls sogar zur Belastung. Ein gestörter
Zeitbegriff ist für diese Phase charakteristisch. Die Belastungen werden zu stark,
sodass Vergangenheit und Zukunft ausgeblendet werden um in der Gegenwart zu
„überleben“. Die Gefühle Betroffener werden als Desorientierung und Verwirrung
beschrieben.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Isolation und Einsamkeit sollten
vermieden werden. Nähe und Intimität sind notwendig, um eine Empfindungsfähigkeit
wiederherzustellen.
Stadium 6: Verstärkte Verleugnung auftretender Probleme
Das Verhalten der vorherigen Phasen löst Schwierigkeiten aus, die wiederum
verdrängt werden. Die Verleugnung ist hier als Schutzmechanismus zu verstehen und
wird als unbewusster Prozess beschrieben, der den Burnout Verlauf verschleiert. Im
Gegensatz zu Stadium drei, wo bereits erste Freuden und Pflichten übergangen
werden, verengt sich nach Freudenberger und North die Weltansicht der Betroffenen
entscheidend. Das Denken wird starr und unflexibel.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Wenn die eigene Sprache von
Zynismus und Bitterkeit geprägt ist kann dies als Zeichen von Burnout gesehen
werden. Es sollen keine weiteren Aufgaben übernommen werden.
Stadium 7: Rückzug
Von der Verleugnung der Bedürfnisse geht es zur Verleugnung der Gefühle. Die
Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit nehmen überhand. Eine
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 12
Desillusionierung und emotionale Verflachung ist vorherrschend und die Betroffenen
ziehen sich vor sich selbst und der Welt zurück. Suchtmittel, Essen oder Sexualität
können als Ersatzbefriedigung dienen.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Suchtmittel sind nicht als Gegenmittel
für das innere Elend zu sehen. Betroffenen wird geraten wieder Kontakt zu Menschen
zu suchen.
Stadium 8: Beobachtbare Verhaltensänderung
Die Betroffenen werden unflexibel in ihrem Denken und Verhalten. Der Rückzug
verstärkt sich noch weiter und jede Art der Zuwendung kann als Angriff verstanden
werden. Die Unterscheidungsfähigkeit ist weitgehend gestört, wenn es um
Unterstützung, Aufmerksamkeit und Nähe geht.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Betroffene sollen lernen Kritik und
Besorgnis zu unterscheiden.
Stadium 9: Depersonalisation/Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
Mit dem Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit geht auch der letzte Rest
des Erkennens eigener Bedürfnisse verloren. Es folgt eine tiefe Selbstverneinung, die
sich auf den eigenen Körper und die eigene Person bezieht. Von dieser Phase
Betroffene scheinen nur noch rein mechanisch zu funktionieren.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Eine Beratung durch einen
Spezialisten wird angeraten, ebenso wie eine ärztliche Untersuchung, um den
Gesundheitszustand zu überprüfen.
Stadium 10: Innere Leere
Im Zustand der Depersonalisation entsteht oftmals eine innere Leere. Zudem
entwickeln sich in dieser Phase häufig schwere Phobien und Panikattacken. Das
Gefühl der inneren Leere sei kaum zu ertragen. Um diesen Zustand zu überstehen
wird gegebenenfalls zu Drogen und Aufputschmitteln gegriffen.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Das Anerkennen und die Identifikation
mit den Symptomen wird als wichtiger Teil der Burnout-Therapie beschrieben. Auch
hier ist professionelle Unterstützung unabdingbar.
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 13
Stadium 11: Depression
Es stellen sich dauerhafte Verzweiflung und Niedergeschlagenheit ein. Ein starkes
Symptom ist der Wunsch nach Dauerschlaf - erste Suizidgedanken können
auftauchen.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Es sollte umgehend ärztlicher Rat
aufgesucht werden und spätestens jetzt Kontakt zu Psycholog_innen oder
Psychotherapeut_innen hergestellt werden.
Stadium 12: Völlige Burnout-Erschöpfung
In diesem Stadium wird der Höhepunkt des Zyklus beschrieben. Die geistige,
emotionale und körperliche Erschöpfung kann lebensgefährlich werden. Häufig bricht
hier auch das Immunsystem zusammen. Dieses Stadium ist als ernstzunehmende
Krise anzusehen.
Sofortmaßnahmen nach Freudenberger/North: Ist eine betroffene Person in diesem
Stadium angekommen handelt es sich um einen dringenden Notfall, der zwingend
einen ärztlichen und psychologischen Eingriff bedarf.
(vgl. Freudenberger & North, 1992, 123 ff.)
Freudenberger, der als „Gründervater“ (Burisch, 2014, 52) der Burnout-Forschung
betitelt wird, legt mit diesem Zyklus den Grundstein, um sich der Entstehung von
Burnout zu nähern.
Die Sofortmaßnahmen erscheinen jedoch zum Teil unbedacht und verlangen eine
hohe Reflexionsfähigkeit und Disziplin der betroffenen Personen. Es wird erst spät das
Aufsuchen von professioneller Hilfe empfohlen. Matthias Burisch, Burnout-Forscher
der heutigen Zeit, kritisiert die „bescheidene Symptomatik“ und der teilweise „fehlende
logische Zusammenhang der Prinzipien“. (ebd., 52)
3.1.2 Definitionsansatz nach Maslach
Christina Maslach, ehemalige Psychologin der University of California at Berkeley,
veröffentlichte in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre erste Arbeiten zur Burnout-
Thematik. Heute ist der Name Maslach eng mit Burnout verbunden. Dies liegt nicht
nur an ihren zahlreichen Veröffentlichungen, sondern auch an den 1981 mit Susan E.
Jackson entworfenen Fragebogen, dem Maslach Burnout Inventory (siehe 3.2.1). (vgl.
Burisch, 2014, 52)
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 14
Anders als Freudenberger oder auch Burisch, die sich dem Thema Burnout eher
persönlichkeitszentriert nähern, nutzte Christina Maslach hierfür einen sozial-, arbeits-
und organisationspsychologischen Ansatz. Dabei stehen die Institutionen und
Arbeitsbedingungen im Vordergrund. (vgl. Poulsen, 2009, 17)
In Maslachs ersten Arbeiten wird Burnout als ein Syndrom emotionaler Erschöpfung
als Reaktion auf chronischen Stress im Beruf dargestellt. Ursprünglich bezog sie sich
ausschließlich auf Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten und viel mit Klient_innen
in Kontakt sind, die selbst emotionalen Belastungen ausgesetzt sind:
„Burnout is a syndrome of emotional exhaustion, depersonalization, and reduced personal accomplishment that can occur among individuals who do `people-work` of some kind. It is a response to the chronic emotional strain of dealing extensively with other human beings, particularly when they are troubled or having problems.“ (Maslach, 2003, 2)
Im Jahre 1997 publizierte C. Maslach gemeinsam mit M. P. Leiter die englische
Originalausgabe „The truth about Burnout“, 2001 erschien die deutsche Übersetzung.
Hier wird die Kluft zwischen dem Menschen und den Anforderungen des
Arbeitsplatzes als Ursache für Burnout beschrieben. (vgl. Maslach & Leiter, 2001, 11)
Entgegen der damals gängigen Ansicht, dass Burnout weitgehend ein Problem des
Individuums sei, wird das soziale Umfeld in dem das Individuum arbeitet als Ursache
für Burnout genannt. (vgl. ebd., 19 f.)
Darüber hinaus wird Burnout nicht mehr allein auf die Helfer-Klient-Beziehung
beschränkt, sondern als „universelles Phänomen“ (Maslach, et al., 2001, 401), das
sich in verschiedenen Berufsgruppen zeigt, anerkannt.
Maslach et al. (2001) nennen sechs Faktoren, die Burnout verursachen (können):
Arbeitsüberbelastung:
Der Arbeitsumfang ist dafür verantwortlich wie viel Zeit Menschen an ihrem
Arbeitsplatz verbringen und wie sich ihre Tätigkeit gestaltet. Maßnahmen zur
Produktivitätssteigerung führen in der Regel dazu, dass weniger Menschen
mehr Arbeit erledigen müssen. „Die derzeitige Krise am Arbeitsplatz wirkt sich
auf den Arbeitsumfang in dreierlei Hinsicht aus: die Arbeit wird intensiver, sie
erfordert mehr Zeit und ist komplexer.“ (Maslach & Leiter, 2001, 42) Die Krise
von der Maslach und Leiter im Jahr 2001 sprechen kann auf aktuelle
Arbeitsbedingungen übertragen werden.
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 15
Mangel an Kontrolle
Maslach und Leiter beschreiben Kontrolle als einen relativen Begriff. Keiner
besitzt vollkommene Kontrolle in einem Unternehmen, da ein Zusammenspiel
von Menschen erfordert ist, von denen jeder Kontrolle über seine individuelle
Tätigkeit ausüben möchte. „Die Autonomie einer Person endet dort, wo die
einer anderen beginnt.“ (Maslach & Leiter, 2001, 47) Keine Kontrolle über die
eigene Arbeit zu haben wird als Risikofaktor für Burnout genannt. Menschen mit
wenig Kontrolle neigen demnach zu Erschöpfungszuständen, Zynismus und
Ineffizienz. Diese sind nach Maslach typische Burnout-Anzeichen zu sehen.
(vgl. ebd., 47 f.)
Unzureichende Entschädigung/Entlohnung
Unter diesem Faktor wird zum einen die finanzielle Entlohnung für die geleistete
Arbeit kritisiert. Zusammenfassend sinkt der Lebensstandard der
Arbeitnehmer_innen, obwohl der Arbeitsaufwand steigt. Des Weiteren nennen
Maslach und Leiter die geringeren Chancen Karrieresprünge zu erreichen und
die zunehmend schwindende Sicherheit des Arbeitsplatzes als weiteren
Risikofaktor für Burnout. (vgl. ebd., 50 f.)
Als entscheidendes Problem hinsichtlich der unzureichenden Belohnung stellt
sich der Verlust der intrinsischen Motivation, der Freude an der Arbeit, heraus.
Nach den beiden Psycholog_innen sollte die fundamentale Aufgabe des
Managements sein, Rahmenbedingungen für einen Arbeitsablauf zu schaffen,
der die Motivation der Mitarbeiter steigert und dennoch den
Unternehmenszweck erfüllt. Hierbei spielt nicht nur das vorhandene Budget
eine Rolle. Besonders in Zeiten von finanzieller Knappheit spielt Belohnung in
Form von Lob und Anerkennung für die Menschen eine tragende Rolle. (vgl.
ebd., 51 f.)
Zusammenbruch des Gemeinschaftsgefühls
„Der Verlust der Gemeinschaft ist gekennzeichnet durch wachsende Konflikte
zwischen den Menschen, einem Nachlassen von gegenseitiger Unterstützung
und Respekt und einer steigenden Tendenz zur Isolation.“ (ebd., 53)
Die mangelnde Sicherheit eines Arbeitsplatzes führt zum Zerfall der
persönlichen Bindungen innerhalb eines Unternehmens. So verringern z.B.
zeitliche Arbeitsverträge das Potential der Teamarbeit. (vgl. ebd., 54)
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 16
„Ohne Gemeinschaftsgefühl fehlt es einer Gruppe von Menschen an der
notwendigen Synergie, um in einer Arbeitsgruppe zusammenarbeiten zu
können.“ (Maslach & Leiter, 2001, 55) Die Autoren weisen auf den
wirtschaftlichen Nutzen guter Teamarbeit hin. Sie beschreiben den Verlust der
für „die effiziente Arbeit vorhandene Energie“ durch Konfliktsituationen in
Arbeitsgemeinschaften. (vgl. ebd., 56)
Mangelnde Gerechtigkeit
Um das Engagement eines Menschen für seine Arbeit zu erhalten, sind die drei
„Elemente der Fairness“ (ebd., 56) entscheidend: Vertrauen, Offenheit und
Respekt innerhalb eines Unternehmens. „Im Gegensatz dazu führt ein Fehlen
dieser Faktoren auf direktem Weg zu Burnout.“ (ebd., 56)
Wertekonflikt
Das Umsetzen der drei Fairness-Elemente wird der Frage nach Werten
zugrunde gelegt. Eine Gemeinschaft, also auch eine Arbeitsgemeinschaft
innerhalb eines Unternehmens, wird immer auf Basis von gemeinsamen Werten
gegründet. Konflikte innerhalb der Gewichtung von Werten können das Risiko
eines Burnout-Aufkommens erhöhen. (vgl. ebd., 61)
Aus den sechs beschriebenen Faktoren kann folgende Schlussfolgerung abgeleitet
werden:
Das Verhältnis oder auch Missverhältnis zwischen der im Betrieb beschäftigten
Person und ihrem Arbeitsplatz ist geprägt von der Führungskraft und ihren
strategischen Entscheidungen. Diese bestimmen in der Regel die
Arbeitsbelastungen der Mitarbeiter_innen. Der Gemeinschaftssinn innerhalb eines
Unternehmens sowie die entgegen gebrachte Wertschätzung und der Respekt
untereinander entscheidet über die individuell empfundene Qualität eines
Arbeitsplatzes. (vgl. Lammers, 2012, 244)
Zusammenfassend beschäftigt sich Christina Maslach eher mit möglichen Gründen
zur Entstehung von Burnout und weniger mit der Symptomatik oder den
Erkennungszeichen.
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 17
3.1.3 Definitionsansatz nach Burisch
Matthias Burisch, Jahrgang 1944, ist Professor für Psychologie an der Universität
Hamburg und leitet das Burnout-Institut Norddeutschland (BIND). Er beschäftigt sich
seit Anfang der 1980er Jahre mit dem Thema Burnout. (vgl. Burisch, 2014, 5)
In seinem Buch „Das Burnout-Syndrom“ zitiert Burisch diverse Definitionen für das
Burnout-Syndrom. Als die „elaborierteste und geschliffenste“ (ebd., 22) bezeichnet er
Folgende:
„Burnout ist ein dauerhafter, negativer, arbeitsbezogener Seelenzustand ´normaler´ Individuen. Er ist in erster Linie von Erschöpfung gekennzeichnet, begleitet von Unruhe und Anspannung (distress), einem Gefühl verringerter Effektivität, gesunkener Motivation und der Entwicklung dysfunktionaler Einstellungen und Verhaltensweisen bei der Arbeit. Diese psychische Verfassung entwickelt sich nach und nach, kann dem betroffenen Menschen aber lange unbemerkt bleiben. Sie resultiert aus einer Fehlpassung von Intentionen und Berufsrealität. Burnout erhält sich wegen ungünstiger Bewältigungsstrategien, die mit dem Syndrom zusammenhängen, oft selbst
aufrecht.“ (Schaufeli & Enzmann 1998, 36; zit. n. Burisch, 2014, 22)
Diese Definition enthält viele Punkte, beispielsweise das Burnout als etwas Negatives
empfunden wird und im Laufe der Zeit zu einem Erschöpfungszustand führt. Dennoch
kritisiert Burisch u.a., dass sich diese Definition nur auf die Berufsrealität bezieht, ihm
jedoch auch bekannt ist, dass Arbeitslose an Burnout erkranken können.
Das Fehlen einer allgemein akzeptierten Definition von Burnout hat nach Burisch die
Folge, dass „Burnout beinahe alles und damit nichts ist“. (Burisch, 2014, 22)
Da er rein verbale Definitionen nur beschränkt für sinnvoll empfindet, probiert er dem
Phänomen Burnout über Ursachen, Symptome und dem Verlauf näher zu kommen,
da in diesen Bereichen eine gewisse Übereinstimmung in der Literatur herrscht. (vgl.
ebd., 23)
Im Folgenden wird die Burnout-Symptomatik nach Burisch skizziert. Er fasst die, in der
von ihm bearbeiteten Literatur, häufig genannten Symptome, geordnet nach sieben
Kategorien, zusammen. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass in einem Burnout-Fall
keinesfalls alle Symptome auftreten müssen.
Bei der folgenden Auflistung handelt es sich um eine kurze, unvollständige
Wiedergabe der Burnout-Symptome nach Matthias Burisch: (vgl. ebd., 35 ff.)
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 18
Burnout-Symptome zusammengefasst von M. Burisch (vgl. Burisch, 2014, 35 ff.)
Phase 1: Warnsymptome der Anfangsphase
In der Anfangsphase wird von überhöhtem Energieeinsatz, also z.B. Hyperaktivität
oder freiwillige unbezahlte Mehrarbeit, aber ebenso von Erschöpfung aufgrund von
Müdigkeit und Energiemangel gesprochen.
Phase 2: Reduziertes Engagement
Das reduzierte Engagement bezieht sich auf die direkte Arbeit mit den Klient_innen
oder Patient_innen (z.B. größere Distanz, Verlust positiver Gefühle gegenüber dem
Klientel), auf das Arbeitsumfeld (z.B. negative Einstellung zur Arbeit, Fehlzeiten), auf
persönliche Ansprüche (z.B. Gefühl mangelnder Anerkennung, Eifersucht) und auf den
allgemeinen Umgang mit anderen Menschen (z.B. Verlust von Empathie, Zynismus).
Phase 3: Emotionale Reaktionen, Schuldzuweisung
In der dritten Phase nennt Burisch verschiedene emotionale Stimmungslagen, die
während des Burnout-Prozesses auftreten (können):
- Depression (beinhaltet z.B. Schuldgefühle, Selbstmitleid, Neigung zum
Weinen)
- Aggression (z.B. Vorwürfe gegenüber anderen, Intoleranz, Reizbarkeit)
Phase 4: Abbau
Der Abbau in dieser Phase bezieht sich auf die kognitive Leistungsfähigkeit, die
persönliche Motivation, die Kreativität und Entdifferenzierung.
Phase 5: Verflachung
In dieser Phase beschreibt Burisch die Verflachung des emotionalen Lebens (z.B.
Gleichgültigkeit), des sozialen Lebens (z.B. Meidung informeller Kontakte) und des
geistigen Lebens (z.B. Aufgeben von Hobbys).
Phase 6: Psychosomatische Reaktionen
Bereits parallel zur Anfangsphase können sich psychosomatische Symptome, wie
beispielsweise Schlafstörungen, Schwächung des Immunsystems oder
Kreislaufbeschwerden zeigen.
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 19
Phase 7: Verzweiflung
In der von Burisch zuletzt beschriebenen Phase hat sich das „temporäre Gefühl der
Hilflosigkeit“ zu einem „chronischen Gefühl der Hoffnungslosigkeit“ (Burisch, 2014, 35)
verdichtet. Betroffene haben Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit.
(vgl. ebd., 35 ff.)
Diese von Matthias Burisch herausgegebenen Kategorien sind, ähnlich wie bei dem
Burnout-Zyklus nach Freudenberger, nicht zwangsläufig als aufeinanderfolgende
Phasen zu verstehen. Betroffene Personen können die Phasen in anderer Reihenfolge
durchlaufen oder welche überspringen. (vgl. ebd., 25 ff.) Burisch weist darauf hin, dass
der von ihm skizzierte Ablauf des Burnouts zu jedem Zeitpunkt durch Veränderungen
innerer oder äußerer Umständen gestoppt werden kann, jedoch „…nicht immer ohne
bleibende Narben“. (ebd., 30)
Als Sinn dieser Zusammenfassung nennt Burisch den Versuch einen ersten Überblick
der viel beschriebenen Symptome zu erstellen. (vgl. ebd., 25)
3.1.4 Die ICD-10 Klassifikation
Wenn keine allgemein gültige Definition von Burnout vorhanden ist, drängt sich die
Frage auf, wie eine medizinische Diagnose gestellt werden kann. Die Grundlagen
hierfür liegen in der International Classification of Diseases and Related Health
Problems, der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandten
Gesundheitsproblemen, kurz ICD-10 genannt. Die ICD-10-GM (10. Revision, German
Modification) ist die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der
ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland. Herausgegeben wird die
ICD-10 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Alle Erkrankungen, die im
Gesundheitswesen auf Kosten der Krankenkassen behandelt werden dürfen, sind
hierin enthalten. (vgl. DIMDI, 2015)
Es besteht derzeit nicht die Möglichkeit Burnout als Krankheits-Diagnose zu
klassifizieren. Im ICD-10 lassen sich lediglich Verweise auf Burnout in dem Kapitel
„Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme von
Gesundheitsdiensten führen“ finden. (vgl. Scharnhorst, 2012, 13; Elsässer & Sauer,
2013, 9)
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 20
„Z73 Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung Inkl.: Akzentuierung von Persönlichkeitszügen
Ausgebranntsein [Burn out] Einschränkung von Aktivitäten durch Behinderung Körperliche oder psychische Belastung o.n.A. Mangel an Entspannung oder Freizeit Sozialer Rollenkonflikt, anderenorts nicht klassifiziert Stress, anderenorts nicht klassifiziert Unzulängliche soziale Fähigkeiten, anderenorts nicht klassifiziert Zustand der totalen Erschöpfung.“
(DIMDI, 2015)
Demnach ist Burnout, gemeinsam mit Stress oder mangelnden sozialen Fähigkeiten,
als Schwierigkeit bei der Lebensführung einzuordnen. Eine Unterscheidung zwischen
Stress, Burnout und einem Zustand totaler Erschöpfung wird ebenfalls nicht getroffen.
(vgl. Scharnhorst, 2012, 14)
Julia Scharnhorst, Diplom-Psychologin aus Hamburg, fasst die Problematik einer
fehlenden Burnout-Diagnose im ICD-10 wie folgt zusammen:
„Damit wird einerseits das tatsächliche Leiden der Betroffenen eher verharmlost und einer persönlichen Unfähigkeit zur Lebensbewältigung zugeschrieben. Andererseits werden auch die gesellschaftlichen Auswirkungen nicht ausreichend präzise fassbar und Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz
erscheinen eher nebensächlich.“ (ebd., 14)
Als weitere Folge der fehlenden Diagnosemöglichkeit von Burnout ist zu nennen, dass
Ärzt_innen und Psychotherapeut_innen Ausweichdiagnosen stellen, um Maßnahmen
zu rechtfertigen. Ansonsten tragen die Krankenkassen allenfalls freiwillig die Kosten
einer Burnout-Behandlung. Ein Anspruch für die betroffene Person besteht nicht.
3.2 Messinstrumente um Burnout zu bestimmen
Im Laufe der Burnout-Publikationen entwickelten diverse Autoren Fragebögen,
Skalen, Checklisten oder andere Messinstrumente um das Burnout-Syndrom zu
bestimmen.
In dem folgenden Kapitel werden zwei unterschiedliche Messinstrumente vorgestellt.
Das Maslach Burnout Inventory, kurz MBI genannt, nach Maslach und Jackson, hat
sich am erfolgreichsten auf dem weltweiten Markt durchgesetzt hat. (vgl. Burisch,
2014, 35) Sowie das Hamburger Burnout Inventar, das Matthias Burisch in den 1990er
Jahren entwickelte und welches für zahlreiche Diplomarbeiten und Dessertationen
verwendet wurde. (vgl. ebd., 38 f.)
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 21
3.2.1 MBI – Maslach Burnout Inventory nach Maslach & Jackson
Der in wissenschaftlichen Untersuchungen am häufigsten verwendete Fragebogen um
Burnout zu bestimmen ist das 1981 entwickelte und 1986 überarbeitete Maslach
Burnout Inventory, kurz MBI genannt. (vgl. Burisch, 2014, 36)
Das MBI wurde ursprünglich für den Gesundheitsbereich konzipiert und musste im
Laufe der Jahre für weitere Berufsgruppen adaptiert werden. So entstand der MBI-
Educators Survey (MBI-ES), der auf Berufsgruppen des Bildungssektors abgestimmt
ist, und der MBI-General Survey (MBI-GS). Letzterer führt dazu, dass der Fragebogen
ungebunden an bestimmte Berufsgruppen angewandt werden kann. (vgl. Maslach, et
al., 2001, 402; Schneglberger, 2010, 28)
Maslach und Jackson entwickelten den Fragebogen um ihre angenommenen Aspekte
des Burnout-Syndroms zu messen. Ausgehend von der Frage, wie es beispielsweise
Tätigen in Sozialberufen gelingt die Balance zwischen Mitgefühl und professioneller
Distanz zu halten, entwickelten die beiden Psychologinnen auf Basis ihrer früheren
exploratorischen Forschungen drei zentrale Dimensionen von Burnout: die emotionale
Erschöpfung (Emotional Exhaustion, EE), die Depersonalisation (DP) sowie die
Leistungs(un)zufriedenheit (Personal Accomplishment, PA). (frei übersetzt nach
Maslach & Jackson, 1981, 100)
Das MBI besteht aus 22 Items auf einer siebenstufigen Antwortskala, die diese
Dimensionen von Burnout erfassen. Zusammenfassend sollen die Befragten bei den
siebenstufigen Antwortmöglichkeiten (von 0 = nie, bis 6 = täglich) die Häufigkeit des
Auftretens der jeweiligen Ereignisse angeben. Dabei geht es nicht darum einen
Gesamtwert für Burnout zu errechnen, sondern die einzelnen Dimensionen zu
erfassen.
Als Beispielfragen sind für die Dimensionen der emotionalen Erschöpfung „Am Ende
eines Arbeitstages fühle ich mich erledigt“, für die Depersonalisation „Ich glaube, ich
kann mich in meinen Partner gut hereinversetzen“ und „Ich fühle mich voller Tatenkraft“
für die dritte Dimension, der Leistungs(un)zufriedenheit, zu nennen. (vgl. Burisch,
2014, 36; Hillert & Marwitz, 2006, 84)
Wer bei den Fragen zur emotionalen Erschöpfung und Depersonalisation hohe Werte
angibt, bei der Leistungsfähigkeit hingegen niedrige, gilt demnach als akut vom
Burnout gefährdet.
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 22
Inzwischen ist das Maslach Burnout Inventory in mindestens vier deutschen
Übersetzungen vorhanden. Es wurde jedoch lediglich die Version von A. Büssing und
K.L. Perrar aus dem Jahr 1992 durch Christina Maslach autorisiert. (vgl. Burisch, 2014,
36)
Der konstruierte Fragebogen wird an dieser Stelle beschrieben, da er bis heute in etwa
90% der einschlägigen Forschungsarbeiten eingesetzt wird. (vgl. ebd., 52)
3.2.2 HBI – Hamburger Burnout Inventar nach Burisch
Anfang der 1990er Jahren entwickelte Matthias Burisch an der Universität Hamburg
das Hamburger Burnout Inventar, kurz HBI genannt. Es ist ein
Selbsterkundungsinstrument zur persönlichen Einschätzung und misst die
Gefährdung ein Burnout-Syndrom zu erleiden.
Ursprünglich bestand das HBI aus rund 200 Fragen und 30 Konstrukten. Heute ist von
39, bzw. 40 Items, die in zehn Skalen gegliedert sind, die Rede. Die Teilnehmer_innen
beantworten die Aussagen der Items hinsichtlich dessen, inwieweit sie auf ihn oder sie
persönlich zutreffen. Dabei reicht die 7-Punkte-Skala von eins, als „völlig
unzutreffend“, bis sieben als „völlig zutreffend“. (vgl. Burisch, 2014, 38 f.; Burisch,
2007, 1 ff.)
Die 10 Skalen umfassen:
Emotionale Erschöpfung,
Leistungsunzufriedenheit,
Distanziertheit,
Depressive Reaktion auf emotionale Belastungen,
Hilflosigkeit,
Innere Leere,
Arbeitsüberdruss,
Unfähigkeit zur Entspannung,
Selbstüberforderung,
Aggressive Reaktion auf emotionale Belastung.
(vgl. Burisch, 2014, 38)
Zu den 39 Items, die Aussagen über Gefühlslagen und Einstellungen bezüglich der
Arbeit und des Lebens beinhalten, beschreibt Burisch das 40. Item, das ein Maß für
Das Burnout-Syndrom
S e i t e | 23
Burnout darstellt: „Ich stecke in einer Krise, aus der ich momentan keinen Ausweg
finde“. (Burisch, 2014, 38)
Das HBI sei nur beschränkt einsetzbar, da sich einige Inhalte der Items auf die
Arbeitsthematik beziehen und sie sich so beispielsweise nicht auf Erwerbslose oder
Rentner_innen anwenden lassen. Im Gegensatz zu den Anfängen des MBI liegt der
Schwerpunkt nicht auf helfenden Berufen. In den letzten Jahren wurde das Inventar
hauptsächlich für Diplomarbeiten und Dissertationen herangezogen. (vgl. ebd., 38 f.)
3.3 Zusammenfassung
Seitdem Burnout in den 1970er Jahren erstmals in diverser Literatur thematisiert wurde
hat sich der Begriff zu einem regelrechten ̀ Modewort` entwickelt. Dennoch konnte sich
nicht auf eine einheitliche Definition geeinigt werden.
„Die Selbstverständlichkeit, mit der heute über Burnout gesprochen wird, steht in krassem Missverhältnis zur wissenschaftlichen Evidenz. Bereits die Frage, wie Burnout diagnostiziert werden soll, ist ein ungelöstes Problem. Welche Symptome müssen verbindlich über welche Zeit und in welcher Intensität
vorliegen, damit von Burnout gesprochen werden kann?“ (Hillert, 2010 zit. n. Scharnhorst, 2012, 18)
Dieses Zitat macht die missliche Lage gerade für die Arbeitswelt deutlich. Es besteht
die Gefahr, dass Burnout nicht rechtzeitig erkannt und mit Hilfe von medizinischen und
therapeutischen Mitteln behandelt werden kann. Zudem kann das Fehlen einer
allgemein gültigen Definition und Diagnosemöglichkeit die Anerkennung des
ausgeprägten Erschöpfungszustands beim Arbeitgeber oder gegenüber Kolleg_innen
schwächen.
Zusammenfassend kann Burnout als ein Prozess emotionaler Erschöpfung,
verbunden mit zunehmenden Zynismus, Distanzierung und verminderter
Leistungsfähigkeit beschrieben werden. (vgl. Poschkamp, 2011, 14)
Hillert und Marwitz fassen das Problem der mangelnden Definitionen, der nicht
eindeutigen Symptome und der fehlenden epidemiologischen Erhebungen wie folgt
zusammen:
„Es ist weder möglich Burnout sicher zu diagnostizieren, noch einem Menschen, der sich ausgebrannt fühlt zu beweisen, dass er kein Burnout-Syndrom hat.“ (Hillert & Marwitz, 2006, 51)
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 24
4. Burnout in der Kindertagesstätte
Kindertagesstätten sind in Deutschland im System der Kindertagesbetreuung, als Teil
der Kinder- und Jugendhilfe zu finden. Dort sind auch die Träger zu verorten, die
Kindertagesstätten betreiben. In der Regel sind sie kommunalen Verbänden oder den
Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege, wie beispielsweise dem Paritätischen
Wohlfahrtsverband oder der Arbeiterwohlfahrt (AWO), zugeordnet. Die Bildung,
Betreuung und Erziehung von Kindern, vor und außerhalb des Schulbesuches, ist als
Kernaufgabe von Kindertagesstätten zu sehen (vgl. Strehmel & Ulber, 2014, 18 f.)
Dabei sind Kindertageseinrichtungen weitaus mehr als eine Betreuungseinrichtung.
Sie werden als „erste außerfamiliäre Stufe unseres Bildungssystems“ (Poschkamp,
2011, 73) beschrieben. Ein stetiger Wandel im Gesellschafts- und Wissenssystem
haben die Voraussetzungen verändert, unter denen Kinder aufwachsen. So haben
sich auch die Anforderungen an die Mitarbeiter_innen der Kindertagesstätten erhöht.
(vgl. ebd., 73 f.)
Da die vorliegende Arbeit ihren Fokus auf das Thema Burnout im Bereich von
Kindertagesstätten legt und diese neben Erzieher_innen und Sozialpädagog_innen
weitere Aus- bzw. Fortbildungsberufe beschäftigen, wird wie auch in anderen Teilen
dieser Bachelor Thesis von Pädagog_innen oder der pädagogischen Fachkraft
gesprochen.
Nach § 7 des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG) umfasst der Begriff der
„pädagogisch qualifizierten Fachkraft“ folgende Berufsgruppen:
1. staatlich anerkannte Erzieher_innen sowie staatlich anerkannte Erzieher_innen
der Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung;
2. staatlich anerkannte Kindheitspädagog_innen von Fachhochschulen,
Pädagogischen Hochschulen oder sonstigen Hochschulen;
3. staatlich anerkannte Sozialpädagog_innen, staatlich anerkannte
Sozialarbeiter_innen, Diplompädagog_innen,
Diplomerziehungswissenschaftler_innen mit sozialpädagogischem
Schwerpunkt sowie Bachelor-Absolvent_innen dieser Fachrichtungen;
4. Personen mit der Befähigung für das Lehramt an Grundschulen, Grund- und
Hauptschulen sowie Sonderschulen;
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 25
5. Personen mit einem Studienabschluss im pädagogischen,
erziehungswissenschaftlichen oder psychologischen Bereich mit mindestens
vier Semestern Pädagogik mit Schwerpunkt Kinder und Jugendliche oder
Schwerpunkt Entwicklungspsychologie;
6. staatlich anerkannte Kinderpfleger_innen;
7. staatlich anerkannte Heilpädagog_innen;
8. Personen mit einem Studienabschluss der Heilpädagogik;
9. staatlich anerkannte Heilerziehungspfleger und Heilerziehungspflegerinnen
Im Folgenden erfolgt eine Tätigkeitsbeschreibung von pädagogischen Fachkräften, die
im Bereich der Kindertagesstätte arbeiten. Diesbezüglich wird näher auf
Stressfaktoren und Ressourcen dieser Berufsgruppe eingegangen. Im Anschluss
daran wird das Arbeitsfeld der Kindertagesstättenleitung mit ihren besonderen
Verantwortungen beleuchtet.
4.1 Eine Tätigkeitsbeschreibung von pädagogischen Fachkräften
im Arbeitsfeld Kindertagesstätte
Als Hauptaufgabe von pädagogischen Fachkräften ist nach §1 des achten Buches des
Sozialgesetzbuches (SGBVIII) die Förderung der Entwicklung von Kindern und
Jugendlichen sowie deren Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu nennen. Im Sinne des §22 SGBVIII beinhaltet
dies die Erziehung, Bildung und Betreuung und bezieht sich auf die soziale,
emotionale, körperliche und kognitive Entwicklung des Kindes.
Die Tätigkeiten in Kindertagesstätten umfassen die Arbeit mit den Kindern, mit ihren
Erziehungsberechtigten, die Arbeit im Team und im Sozialraum. In der Regel sind die
pädagogischen Fachkräfte die ersten außerfamiliären Pädagog_innen, die das Kind in
seiner Entwicklung begleiten.
In der Vergangenheit lag der Fokus der Angebote von Kindertagesstätten eher im
Bereich der Betreuung der Kinder. Im letzten Jahrzehnt ist allerdings verstärkt der
Aspekt der frühkindlichen Bildung in den Mittelpunkt des Aufgabenbereichs
pädagogischer Fachkräfte gerückt. (vgl. Rudolph, 2012, 15 ff.)
So ist das Aufgabenspektrum von Kindertagesstätten komplexer geworden. Die
Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder soll unter anderem durch Bereitstellung
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 26
von Lerngelegenheiten unter Berücksichtigung der verschiedenen Bildungsbereiche,
eine positiven Gestaltung des Überganges in die Schule, die reflektierte Bildungs- und
Erziehungspartnerschaft mit den Eltern sowie Inklusion und Kinderschutz erreicht
werden. (vgl. Strehmel & Ulber, 2014, 20)
Neben den betreuenden, pflegerischen und gegebenenfalls hauswirtschaftlichen
Tätigkeiten, hat die zunehmende Komplexität der unterschiedlichen Bedingungen
unter denen Kinder aufwachsen die Arbeit in den Kindertagesstätten in den letzten
Jahren in fachlicher und sozialer Hinsicht verändert. (vgl. Rundnagel, et al., 2010, 9)
Dies führt zu qualitativ anspruchsvolleren Aufgaben für die pädagogischen Fachkräfte.
Anzumerken ist zudem, dass die Mitarbeiter_innen von Kindertagesstätten vermehrt
Tätigkeiten übernehmen, die nicht als direkte Arbeit mit dem Kind anzusehen ist. Dazu
zählen beispielsweise Elterngespräche, regelmäßige Teamsitzungen, Arbeitskreise,
Dokumentationen oder Vor- und Nachbereitung von Projekten. (vgl. Vogel, 2013, 20)
Resümierend lassen sich die steigenden Anforderungen an die pädagogischen
Fachkräfte durch folgende Faktoren beschreiben:
Komplexere Arbeitsinhalte durch höhere fachliche Ansprüche, auch aufgrund
von aktuelle politische Entwicklungen. (z.B. Bildungsdokumentationen,
Entwicklungsgespräche und –berichte)
Ein vermehrter Ausbau der Einrichtungen und deren Kapazitäten. (z.B. höhere
Kinderzahlen, erweiterte Öffnungszeiten)
Höhere Ansprüche, bzw. Desinteresse der Eltern.
Prekäre Situationen in den Familien (z.B. Armut, Gewalt, Sprachbarrieren) und
die Verantwortung der Kindertagesstätte gemäß dem KJHGs.
Der Bildungsauftrag und die (gewünschte) Kooperation von Schule und
Kindertagesstätte.
Arbeitsorganisation, wie z.B. personelle Unterbesetzung oder
Vertretungsorganisation.
Der vorherrschende und absehbare Fachkräftemangel.
(vgl. Poschkamp, 2011, 74 f.; Vogel, 2013, 19 ff.; Rundnagel, et al., 2010, 9)
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 27
4.2 Das Befinden der pädagogischen Fachkräfte
Mitarbeiter_innen in Kindertageseinrichtungen erleben in ihrem Berufsalltag
anstrengende und herausfordernde, aber auch zufriedenstellende, kreative und
menschlich bereichernde Situationen. (vgl. Vogel, 2013, 188)
Im Folgenden werden mögliche Stressfaktoren und Ressourcen der pädagogischen
Fachkräfte thematisiert.
4.2.1 Spezielle Stressfaktoren
Das grundlegende Kennzeichen für Stressfaktoren der Beschäftigungsgruppe des
pädagogischen Fachpersonals in Kindertagesstätten ist die Kombination aus
Emotionsarbeit, organisatorischen Stressoren und physischen Belastungen. (vgl.
Rundnagel, et al., 2010, 9)
Für das Sozial-, Gesundheits- und auch das Bildungssystem in Deutschland stehen
nur begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen zu Verfügung. Für den
Berufsalltag in Kindertagesstätten bedeutet dies Arbeits- und Zeitdruck sowie
vermehrter Personalmangel. (vgl. Vogel, 2013, 182 f.)
Die alltäglichen Arbeitsbelastungen entstehen aus den erhöhten Anforderungen (siehe
4.1) und den zunehmenden physischen und psychischen Belastungen, die der
pädagogische Beruf mit sich bringt. Der Arbeitsalltag ist somit von vielfältigen, sich
addierenden und nicht von einzelnen prägnanten Belastungsfaktoren geprägt. Zu den
klassischen Belastungen der pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen
gehören Lärm, eine ungünstige Körperhaltung und schweres Heben und Tragen. (vgl.
Poschkamp, 2011, 74; Richter-Kornweitz & Altgeld, 2011, 14)
Viele der Stressoren von pädagogischen Fachkräften hängen strukturell und
organisatorisch mit den Rahmenbedingungen der Einrichtung zusammen. Dazu
zählen beispielsweise die bereits angesprochenen Probleme des fehlenden Personals
oder der schlechten Fachkraft-Kind-Relation. Die, den Mitarbeiter_innen zustehenden,
Fortbildungstage können nicht immer wahrgenommen werden. Teilweise werden die
entstehenden Kosten nicht vollständig von den Trägern übernommen. Weiter fehlen in
einigen Einrichtungen geeignete Personal- oder Pausenräume. Diese sind notwendig,
um abseits vom Trubel des Kindertagesstättenalltags Vor- und Nachbereitung der
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 28
Bildungsangebote und Gespräche leisten zu können oder um sich während der
gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeit zu erholen. (vgl. Textor, 2014)
Hinzu kommen psychische Belastungen und emotionale Stressoren. Sie können
beispielsweise durch ungünstige Arbeitsorganisation, zunehmenden Aufwand, hohe
Anforderungen an die fachliche Kompetenz und erhöhte Erwartungshaltungen der
Eltern und seitens der aktuellen politischen Entwicklungen ausgelöst werden. Viele
pädagogische Fachkräfte scheinen mit ihrer beruflichen Situation unzufrieden zu sein.
Ausschlaggebende Punkte seien die praxisferne Ausbildung, die mangelnden
Aufstiegschancen, die geringe Bezahlung und der verhältnismäßig niedrige soziale
Status. (vgl. Richter-Kornweitz & Altgeld, 2011, 14 f.; Textor, 2014)
Die beschriebenen möglichen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz Kindertagesstätte
können Stress fördern und somit auch das Burnout-Risiko erhöhen. Gerade in Berufen
mit engem Kontakt zu Menschen, den sogenannten Helfenden Berufen kann es zu
emotionaler Erschöpfung kommen. (vgl. Vogel, 2013; Maslach, 2003; Freudenberger
& North, 1992)
Zusätzlich zu den genannten Belastungsfaktoren wird als Ursache eine mangelnde
Abgrenzung zu dem Klientel, ein geringer Rückhalt im Team (teilweise begründet
aufgrund der häufig wechselnden Team-Konstellationen) und die Angewohnheit
während der Arbeitszeit Gefühle zu zeigen, die nicht der tatsächlichen Stimmung
entsprechen, genannt. (vgl. Allenspach & Brechbühler, 2005, 40)
4.2.2 Besondere Ressourcen
Als Ressource in Bezug auf Stress werden Eigenschaften bezeichnet die Menschen
in der Organisation, in der Persönlichkeit und in zwischenmenschlichen Beziehungen
vor Stress und dessen Folgen schützen können. „Ressourcen puffern die Wirkung von
belastenden Faktoren auf die Gesundheit.“ (Allenspach & Brechbühler, 2005, 42) Es
ist anzumerken, dass bei Stress oftmals gerade die Eigenschaften leiden, die
eigentlich vor Belastungen schützen können.
Zu den individuellen Ressourcen einer jeden Person können beispielsweise ein
gesundes Selbstwertgefühl, Humor, Selbstwirksamkeitsgefühl, Optimismus oder auch
Religiosität gezählt werden. (vgl. ebd., 42 f.) Im Folgenden wird der Fokus jedoch auf
berufsspezifische Ressourcen des pädagogischen Fachpersonals liegen.
Burnout in der Kindertagesstätte
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Zunächst stellt die Arbeit mit Menschen, speziell mit Kindern prinzipiell eine
befriedigende Tätigkeit dar. In Kindertagesstätten gestaltet sich die Arbeit in der Regel
in Teams. Die generelle Möglichkeit eines qualitativen Austauschs unter Kolleg_innen
ist als Schutzfaktor gegenüber Stress zu sehen. (vgl. Poulsen, 2009, 92)
Schon während der Ausbildung, des Studiums und während Praktika lernen
pädagogische Mitarbeiter_innen Teamarbeit kennen. Eine hohe emotionale Nähe zu
Kolleg_innen ist ihnen demnach in der Regel nicht fremd. Kommunikationstechniken
und der Umgang mit Problemen ist zumindest theoretisch ein Bestandteil von
Ausbildungen im sozialen Sektor.
Der Arbeitsalltag in der Kindertagesstätte weist zudem ein hohes Maß an
Abwechslungen auf. Die pädagogischen Fachkräfte haben Handlungs- und
Entscheidungsspielräume in der persönlichen Gestaltung ihrer Arbeit. Dabei
verantworten sie zum großen Teil die Arbeitsvorbereitung, die Durchführung und die
Kontrolle der eigenen Tätigkeit selbst. (vgl. Rundnagel, et al., 2010, 9)
Die Möglichkeit den Arbeitsalltag in einem bestimmten Maß eigenverantwortlich zu
gestalten ist positiv zu sehen. Ressourcen wie die Selbstwirksamkeit und das
Selbstwertgefühl können so gesteigert werden.
Eine andere Herangehensweise an mögliche Schutzfaktoren von pädagogischen
Fachkräften im Bereich der Kindertagesstätte wäre die Betrachtung ihrer Situation auf
dem Arbeitsmarkt. Ihre „starke Position“ (Vogel, 2013, 20) auf diesem kann als
Schutzfaktor bezeichnet werden. Damit wird der zuvor als negativ betrachtete Faktor
des Personalmangels positiv umformuliert. Pädagogische Fachkräfte werden auf dem
Arbeitsmarkt gesucht. Bei einem Arbeitsplatzwechsel werden sie teilweise mit
Zusatzleistungen umworben. (vgl. Vogel, 2013, 20 f.)
4.3 Besondere Verantwortung der Kindertagesstättenleitung
Das Leitungspersonal einer Kindertagesstätte ist für die institutionelle Gewährleistung
des pädagogischen Angebots der Einrichtung verantwortlich. Im Gegensatz zu den
pädagogischen Fachkräften zählen zusätzlich Managementaufgaben zu dem
Tätigkeitsbereich einer Kindertagesstättenleitung. (vgl. Strehmel & Ulber, 2014, 23)
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 30
Als Kernaufgaben einer Leitungsstelle im Kindertagesstättenbereich nennt Wolfgang
Klug (2013) folgende:
1. Personalführung
2. Pädagogische Leitung
3. Organisatorisch-verwaltungstechnische Leitung
4. Budgetverantwortung
5. Vertretung nach außen
(vgl. Klug, 2013, 89)
Um diese Kernaufgaben zu erfüllen werden fachliche, wie auch persönliche
Anforderungen an die Leitungen gestellt. Es werden neben der formalen Qualifikation
einer absolvierten Ausbildung zur Erzieherin mit Leitungsrelevanten
Zusatzqualifikationen oder ein Studienabschluss in relevanten Bereichen, auch
Erfahrungen und Kenntnisse in diversen Bereichen gefordert. Dazu zählen
beispielsweise Konzepte der Qualitätssicherung, Arbeitsrecht, zeitgemäße Pädagogik
oder Strukturen der Verwaltung. Hinzu kommen persönliche Anforderungen, wie etwa
kommunikative Fähigkeiten, kreative Stärken, Belastbarkeit, Teamfähigkeit oder
Kooperationsbereitschaft. (vgl. ebd., 90)
Allgemeiner fassen Ruth Simsa und Michael Patak (2008) das Tätigkeitsprofil von
Leitungskräften in ihrem Führungspuzzle, auch Führungskaleidoskop genannt,
zusammen. Dieses bietet nach Strehmel und Ulber, in ihrer Expertise der
Weiterbildungsinitiative Frühpädagogischer Fachkräfte (WIFF) zum Thema „Leitung
von Kindertagesstätten“, einen geeigneten Rahmen, um die Aufgaben der
Leitungskraft einer Kindertagesstätte zu strukturieren. Das Modell beinhaltet
klassische Dimensionen der Arbeits- und Organisationspsychologie wie die Aufgabe,
das Individuum, das Team und die Organisation. Zusätzlich wird das Modell mit Sicht
auf Non-Profit-Organisationen hinsichtlich der Dimensionen Selbstführung,
Wahrnehmung von Veränderungen und Rahmenbedingungen sowie des
strategischen Managements ergänzt. Die verschiedenen Dimensionen greifen
ineinander. (vgl. Simsa & Patak, 2008, 11; Strehmel & Ulber, 2014, 23)
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 31
Abbildung 2: Führungspuzzle nach Simsa & Patak 2008, 11
Zu den einzelnen Dimensionen:
Im Kern des Modells nach Simsa und Patak (2008) befindet sich die Dimension sich
selbst führen. Es ist von der Persönlichkeit desjenigen die Rede der Mitarbeiter_innen
anleitet und führt. Selbstführung ist hierbei als Weiterentwicklung und Reflexion des
eigenen Leitungshandelns zu verstehen. Diese Dimension schließt die
Glaubwürdigkeit der eigenen Person, die persönliche Arbeitsorganisation, ein
konstruktiver Umgang mit inneren wie äußeren Konflikten und die individuelle
Reflexion mit ein. (vgl. Simsa & Patak, 2008, 42 f.)
Diese Dimension sei Voraussetzung dafür die täglich anfallenden, vielfältigen
Aufgaben einer Leitungskraft kompetent absolvieren zu können. (vgl. Strehmel &
Ulber, 2014, 26) Für die Kindertagesstättenleitung bedeutet dies Position zu fachlichen
Fragen im Arbeitsalltag zu beziehen, diese im Team und gegenüber der Elternschaft
zu vertreten und sich selbst regelmäßig zu reflektieren.
Die Führungskraft muss sich über ihren Auftrag und den Erwartungen verschiedener
Akteursgruppen, wie z.B. der Eltern oder dem pädagogischen Team, über ihre eigene
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 32
Rolle im Gesamtsystem der Kindertagesstätte, ihrer persönlichen Haltung und ihren
Pflichten und Entscheidungsbefugnissen bewusst sein. Zusätzlich sollte sie über
Instrumente verfügen, die im Bereich der Arbeitsorganisation und dem
Zeitmanagement, dem Stress- und Krisenmanagement, der Selbstsorge und der
persönlichen Karriereplanung unterstützen. Entsprechende Arbeitshilfen können
Supervision oder Coaching speziell für Leitungskräfte darstellen. (vgl. Strehmel &
Ulber, 2014, 26 f.)
Um den Aspekt der Selbstführung herum sind die Dimensionen Mitarbeiter_innen
führen, Zusammenarbeit gestalten, Organisation entwickeln und Aufgaben und Ziele
erfüllen die den Alltag einer Führungskraft ausmachen, angesiedelt.
Mit Mitarbeiter_innen führen ist das Personalmanagement innerhalb einer
Kindertagesstätte gemeint. Der Fokus dieser Dimension liegt auf dem „Fördern und
Fordern“ (Simsa & Patak, 2008, 43) der Mitarbeiter_innen.
Je nach Absprache mit dem Träger der Kindertagesstätte ist das Leitungspersonal
nach Strehmel und Ulber (2014) für Folgendes verantwortlich:
Die Personalausstattung: Dies setzt eine Auseinandersetzung mit der aktuellen
Fachkräfte-Situation auf dem Arbeitsmarkt voraus. Ziel der Leitung ist eine gute
personelle Ausstattung, die mit vorausschauender Personalplanung,
Personalgewinnung und Personalauswahl erreicht werden soll.
Den Personaleinsatz in Form von der Dienstplangestaltung. Hierbei gilt es die
verschiedenen Qualifikationen und die persönlichen Lebenssituationen der
Mitarbeiter_innen zu berücksichtigen.
Die Personalführung und -pflege, welche regelmäßige Mitarbeitergespräche,
und die Unterstützung und individuelle Förderung der Mitarbeiter_innen mit
einschließt.
Die Personalentwicklung, die auch die Organisation von professionellen
Weiterbildungsmöglichkeiten beinhaltet.
Sowie das Personalcontrolling. Damit wird ein laufender Prozess zur
Überwachung und Steuerung der Aktivitäten der Mitarbeiter_innen
beschrieben. Es sind Zielvereinbarungen mit Einzelnen oder dem gesamten
Team zu überprüfen.
(vgl. Strehmel & Ulber, 2014, 27 f.)
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 33
Den Aspekt der Gestaltung der Zusammenarbeit verdeutlicht folgendes Zitat:
„Die Leitung hat die Aufgabe, die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gruppen und Institutionen innerhalb und außerhalb der Einrichtung zu gestalten
und zu koordinieren.“ (Strehmel & Ulber, 2014, 28)
Zu solchen Gruppen und Institutionen gehören Kooperationspartner,
Weiterbildungsinstitute, Fachberatungen, aber auch das Team, der Träger und die
Elternschaft. Als besonders wichtig wird die Fähigkeit beschrieben soziale Prozesse
analysieren und verstehen zu können. Außerdem ist von einer „hohen
Aushandlungskompetenz“ die Rede. (vgl. ebd., 29)
Die Organisationsentwicklung umfasst diverse Aspekte der Organisation innerhalb
eines Unternehmens. Es steht das Erkennen von und das Denken in Strukturen und
Prozessen im Fokus. (vgl. Simsa & Patak, 2008, 45)
Die Organisationskultur wird beispielsweise vom Leitbild des Trägers der
Kindertagesstätte beeinflusst. Ziel der Leitung sollte es sein dem Team als Vorbild zu
dienen und zu einer wertschätzenden Organisationskultur beizutragen. Dabei behält
sie die Normen für den Umgang untereinander im Blick. Die Atmosphäre einer
Einrichtung wird mit dem Organisationsklima beschrieben. Durch ihr
Führungsverhalten kann die Leitung dieses beeinflussen. Die Art und Weise der
Steuerung der Organisation ist von den Strukturen und Abläufen der Einrichtung
abhängig. Das Leitungspersonal hat die Aufgabe sich über die Umsetzung und
Qualität von Prozessen in der Einrichtung zu informieren und gegebenenfalls zu
intervenieren. Im Bereich der Weiterentwicklung der Kindertagesstätte spielen
Organisationsentwicklungsprozesse eine Rolle. Diese werden von der Leitung in Gang
gebracht, wenn es beispielsweise neue Anforderungen von außen gibt. (vgl. Strehmel
& Ulber, 2014, 30 f.)
Die Aufgaben und Ziele einer Kindertagesstättenleitung unterscheiden sich von denen
einer pädagogischen Fachkraft. Wie bereits beschrieben liegt der Fokus im
Leitungsbereich auf Managementaufgaben. Das Leitungspersonal setzt Ziele und trifft
Entscheidungen in Bezug auf die Konzeptionsentwicklung einer Einrichtung. Zudem
steuert und koordiniert es die pädagogischen Aufgaben ihres Teams, führt
Qualitätsmanagement im Sinne einer pädagogischen Qualitätsentwicklung durch und
leitet den laufenden Betrieb. Dazu gehören neben der Beachtung der
Rahmenbedingungen unter anderem die Verwaltung und Bewirtschaftung der
Burnout in der Kindertagesstätte
S e i t e | 34
finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen, die Gewährleistung der
Arbeitssicherheit und das betriebliche Gesundheitsmanagement sowie Marketing und
Öffentlichkeitsarbeit für die Einrichtung. (vgl. Strehmel & Ulber, 2014, 25 f.)
Diese vier Dimensionen werden von dem strategischen Führungshandeln eingebettet:
Hierbei geht es um die Strategie der Organisation, also der jeweiligen Einrichtung. (vgl.
Simsa & Patak, 2008, 46) Die Kindertagesstättenleitung setzt damit Prioritäten
hinsichtlich der Entwicklung der Kindertageseinrichtung. Dies geschieht auf Grundlage
von Leitbildern, Visionen und Werte. (vgl. ebd., 46; Strehmel & Ulber, 2014, 33)
Weiter wird die Beobachtung des Umfelds, das Erkennen relevanter Trends und die
Wahrnehmung vorhandener Rahmenbedingungen beschrieben. Eine Führungskraft
soll fähig sein das für die jeweilige Einrichtung relevante Umfeld zu beobachten und
zu interpretieren, um so zu selektieren, was für den persönlichen
Verantwortungsbereich von Bedeutung ist. (vgl. Simsa & Patak, 2008, 47)
Gerade im Bereich der Kindertagesstätte und der frühen Bildung werden durch die
Politik und Verbände regelmäßig neue Leitbilder oder Finanzierungsmöglichkeiten
hervorgebracht. Das Leitungspersonal soll diese Rahmenbedingungen einschätzen
und hinsichtlich der Mitarbeiter_innen und der Elternschaft kommunizieren. (vgl.
Strehmel & Ulber, 2014, 31) Diesbezüglich wird bemerkt, dass der Bereich der
Familien und des Sozialraumes, aktuelle gesellschaftliche Ereignisse, relevante
Umweltthemen, neue Gesetze und Richtlinien und aktuelle Forschungsthemen in das
Geschehen der Kindertageseinrichtung hinein reichen. Die Leitung zieht aus diesen
diversen Informationsquellen Schlüsse für die konkrete Arbeit in der Einrichtung.
Dabei können die Dachverbände unterstützen. (vgl. ebd., 32 f.)
Anhand dieser Darstellung wird deutlich, welchen Einfluss die
Kindertagesstättenleitung auf ihre Einrichtung und somit auch auf ihre
Mitarbeiter_innen nimmt. Sie verfügt und entscheidet über wesentliche Aspekte des
Arbeitsalltags der pädagogischen Fachkräfte und spielt oftmals auch in Bezug auf die
Art und Weise der Teamarbeit eine entscheidende Rolle.
So werden in der Literatur auch die Leiter_innen von Kindertageseinrichtungen als
Ressource für Wohlbefinden und Gesundheit des Personals beschrieben. Als positiv
wird hierbei ein gutes Informationsverhalten, eine professionelle Arbeitsorganisation
Empirische Forschung
S e i t e | 35
und Kooperationsfähigkeit gegenüber den Mitarbeiter_innen gewertet. (vgl.
Poschkamp, 2011, 75)
In Kapitel sechs dieser vorliegenden Arbeit werden Handlungsempfehlungen
formuliert, mit denen Leitungskräfte im Bereich der Kindertagesstätte einem Burnout-
Vorkommen innerhalb ihrer Einrichtung vorbeugen können.
4.4 Zusammenfassung
Resümierend kann das Arbeitsfeld Kindertagesstätte als Nährboden für psychische
Belastungen klassifiziert werden. Die Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte
sind in den letzten Jahren gestiegen und auch das Aufgabenspektrum der
Führungskräfte hat zugenommen. Dennoch sind Mitarbeiter_innen in
Kindertagesstätten nicht zwangsläufig gefährdet ein Burnout zu entwickeln.
Nachdem die Risiko- und Schutzfaktoren, also mögliche Stressoren und Ressourcen
von pädagogischen Fachkräften erläutert wurden und auch auf das Arbeitsfeld der
Kindertagesstättenleitung eingegangen wurde, ergeben sich daraus Fragen an die
Praxis, die im folgenden empirischen Forschungsteil gestellt und von Expert_innen aus
dem Bereich Kindertagesstätte und des Burnout-Coachings beantwortet werden.
Im weiteren Verlauf der Bachelor-Thesis werden diese Kapitel als Grundlage dienen
um Handlungsempfehlungen für Kindertagesstättenleitungen zu entwickeln, mit denen
die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Arbeitszufriedenheit der pädagogischen
Fachkräfte gefördert und somit einem Burnout-Risiko vorgebeugt werden kann.
5. Empirische Forschung
Im folgenden Kapitel wird die Thematik Burnout im Bereich der Kindertagesstätte
empirisch beleuchtet. Auf Grundlage der vorherigen Kapitel wird die Forschungsfrage
formuliert. Im Anschluss daran werden die gewählten Forschungsmethoden und der
Ablauf der Untersuchung beschrieben. Schließlich werden die Ergebnisse dargestellt
und diskutiert.
Empirische Forschung
S e i t e | 36
5.1 Forschungsfrage
Die Forschungsfrage dient der Eingrenzung und Präzisierung des
Untersuchungsgegenstands. Ziel der Forschungsarbeit ist es einen Beitrag zur
Beantwortung der Forschungsfrage zu leisten. (vgl. Helfferich, 2011, 27) Der
vorliegende Forschungsteil bezieht sich auf die nachfolgende Untersuchungsfrage:
„Wie kann Burnout von Pädagog_innen im Arbeitsfeld der Kindertagesstätte
vorgebeugt werden? Wie kann speziell die Leitung einer Kindertagesstätte handeln?“
5.2 Forschungsmethoden
In der empirischen Sozialforschung wird zwischen qualitativen und quantitativen
Ansätzen unterschieden. Die Fragestellung in dieser Studie wird mit qualitativen
Experteninterviews bearbeitet.
Siegfried Lamnek (2005) nennt als zentrale Prinzipien qualitativer Sozialforschung:
Das Prinzip der Offenheit, was beschreibt, dass die forschende Person so offen
wie möglich gegenüber neuen Entwicklungen sein sollte
Das Prinzip der Forschung als Kommunikation, explizit als Kommunikation
zwischen Forscher_in und Erforschendem
Das Prinzip des Prozesscharakters von Forschung und Gegenstand
Das Prinzip der Reflexivität, dass die Nachvollziehbarkeit der Interpretation
sichert
Das Prinzip der Flexibilität, dass eine Anpassung an die jeweiligen Eigenheiten
des Untersuchungsgegenstandes erlaubt
(vgl. Lamnek, 2005, 20 f.)
In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen diese Prinzipien
umzusetzen. Jedoch ist anzumerken, dass die nachfolgende Erhebung aufgrund des
geringen Umfangs keinen Anspruch auf Repräsentativität und Reliabilität stellt. Sie ist
als eine exemplarische Fallstudie zu sehen.
Nachfolgend werden die verwendeten Forschungsmethoden kurz vorgestellt. Es wird
auf die gewählte Untersuchungsmethode, dem qualitativen Experteninterview, und auf
das Erhebungsinstrument, dem Interview-Leitfaden, eingegangen und die Auswahl
knapp begründet.
Empirische Forschung
S e i t e | 37
5.2.1 Untersuchungsmethoden
Als Untersuchungsmethode wird das Interview, in diesem Fall in Form von qualitativen
Experteninterviews, gewählt. Die Befragten sind in ihrer Funktion als Expert_in für ein
bestimmtes Handlungsfeld interessant. (vgl. Mayer, 2006, 37; Gläser & Laudel, 2010,
43)
„´Experte` beschreibt die spezifische Rolle des Interviewpartners als Quelle von Spezialwissen über die zu erforschenden sozialen Sachverhalte.
Experteninterviews sind eine Methode, dieses Wissen zu erschließen.“ (Gläser & Laudel, 2010, 12)
Im Rahmen dieser Bachelor-Thesis beläuft sich das Handlungsfeld auf den Bereich
der Kindertagesstätte, bzw. dem Burnout-Coaching. Es wurden drei ̀ Expert_innen` für
diese Thematik ausgewählt und nach dem folgenden Erhebungsinstrument zu ihrer
persönlichen Einschätzung befragt.
5.2.2 Erhebungsinstrument
Zur Erhebung der Daten wird das qualitative, durch einen Leitfaden gestützte
Experteninterview ausgewählt. Diese Methode stellt sicher, dass durch vorgegebene
Themenschwerpunkte alle relevanten Punkte angesprochen werden. Der Leitfaden
beinhaltet offene Fragen als Orientierung. Diese führen dazu, dass die Befragten frei
antworten können und aufgrund der Struktur des Leitfadens eine Vergleichbarkeit der
Antworten erhalten bleibt. Dabei muss das Interview nicht starr in der Reihenfolge der
Leitfaden-Fragen verlaufen. (vgl. Mayer, 2006, 36) Der Leitfaden „…ist deshalb eher
eine Richtschnur, die die unbedingt zu stellenden Fragen enthält.“ (Gläser & Laudel,
2010, 42)
Der in dieser Arbeit zugrunde liegende Leitfaden (siehe Anhang) beinhaltet folgende
Themenkomplexe, die in jedem Einzelinterview thematisiert wurden:
1. Daten zur Person
2. Allgemeine Fragen zur Burnout-Thematik
3. Weiterführende Fragen zum Thema Burnout im Bereich der Kindertagesstätte
4. Fragen zur Burnout-Prävention
5. Fragen zur Burnout-Intervention
6. Ausblick
Empirische Forschung
S e i t e | 38
Bei der Entwicklung des Leitfadens wird sich an der inhaltlichen Strukturierung dieser
Bachelor-Thesis orientiert. Nachdem sich die Personen vorgestellt haben, geht es in
den Interviews zunächst um das allgemeine Thema Burnout und in welchem Bezug
die befragten Personen dazu stehen. Weiter wird die Burnout-Thematik auf das
Arbeitsfeld der Kindertagesstätte projiziert. Dabei wird neben den möglichen Risiko-
und Schutzfaktoren der Pädagog_innen auch nach der Rolle der
Kindertagesstättenleitung gefragt. Darauf folgen Fragen zur Burnout-Prävention. Es
wird die Eigenverantwortung der in der Einrichtung beschäftigten Personen
thematisiert und die Rolle der Kindertagesstättungleitung sowie des Trägers
hinsichtlich einer Burnout-Prävention beleuchtet. Anschließend wird nach möglichen
Handlungsempfehlungen zum Umgang mit einer, bzw. einem von Burnoout bedrohten
oder bereits betroffenen Mitarbeiter_in oder Kolleg_in gefragt. Zum Schluss des
Interviews können die befragten Personen, noch unabhängig von den Interviewfragen,
Aussagen zu der Thematik treffen.
Die Befragten sollen durch die Interviews dazu angeregt werden, über ihre
Erfahrungen mit der Burnout-Thematik mit speziellem Bezug zur Kindertagesstätte zu
berichten.
5.2.3 Die befragten Personen
Insgesamt wurden drei `Expert_innen` im Rahmen dieser empirischen Studie befragt.
Dabei handelt es sich im Einzelnen um:
Eine selbständige Coachin, die sich im Bereich der externen
Mitarbeiterberatung, aber auch in Form vom privaten Coaching mit dem
Schwerpunkt Burnout-Prävention beschäftigt. Im Folgenden wird sie „Die
Coachin“ genannt.
Eine Erzieherin und Diplom Pädagogin mit Kita-Leitungserfahrung, die seit über
fünf Jahren den Fachbereich „Organisationsentwicklung und
Gesundheitsmanagement“ eines Hamburger Kita-Trägers betreut. Im
Folgenden wird sie „Die Träger-Mitarbeiterin“ genannt.
Ein freiberuflicher Diplom-Pädagoge, der Kindertagestätten in Bezug auf
Gesundheitsförderung, Qualitätsmanagement und Coaching berät. Auch er
verfügt über Leitungserfahrungen. Im Folgenden wird er „Der Kita-Berater“
genannt.
Empirische Forschung
S e i t e | 39
Es wurden bewusst drei Expert_innen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen
gewählt, die jedoch alle mit dem Arbeitsfeld der Kindertagesstätte vertraut sind
und/oder mit der Thematik Burnout zu tun haben. So entsteht trotz der geringen Anzahl
der Interviews eine exemplarische Aussagenvielfalt.
5.2.4 Auswertungsmethode
Die qualitative Sozialforschung sucht nach verallgemeinerungsfähigen Aussagen und
probiert dabei die „Originalität der Einzelbeiträge“ (Lamnek, 2005, 199) möglichst zu
erhalten. Dabei sei keine grundlegende Auswertungstechnik vorhanden, die auf jede
qualitative Untersuchung anwendbar ist. Vielmehr ergibt sich je nach Art der
Datenerhebung und Zielsetzung eine individuelle Analysemethode, die der jeweiligen
Untersuchung gerecht wird. (vgl. ebd., 199)
Die Auswertung der drei Interviews erfolgt in Form einer tabellarischen Zuordnung
(siehe Anhang). Mit Hilfe dieser Tabelle werden im Rahmen der Analyse
Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Aussagen der Experten herausgearbeitet.
5.3 Ablauf der Untersuchung
Die befragten Personen wurden im Dezember 2014, nach vorheriger telefonischer
Absprache, interviewt. Ein Interview konnte aufgrund von organisatorischen
Schwierigkeiten nicht persönlich geführt werden. Die Interviewfragen wurden in
schriftlicher Form von der befragten Person beantwortet.
Die persönlich geführten Interviews liefen nach folgendem Setting ab:
Die Interviews fanden in den jeweiligen beruflichen Räumlichkeiten der Befragten statt.
Die Interviewerin saß den Interviewten an einem Tisch gegenüber. Die Gespräche
wurden mit Hilfe des Interviewleitfadens durch die Interviewerin strukturiert. Beide
Interviews wurden, nach dem Einverständnis der befragten Personen, mit Hilfe eines
Aufnahmegerätes aufgezeichnet. In der Regel diente als Gesprächsgrundlage die
übliche Höflichkeitsform des Siezens verwendet. Da sich eine befragte Person und die
Interviewerin bereits aus beruflichen Kontexten kannten, wurde in diesem Fall das Du
als gegenseitige Anrede gewählt.
Empirische Forschung
S e i t e | 40
Im Anschluss wurden die persönlich geführten Interviews unter Berücksichtigung
einfacher Transkriptionsregeln transkribiert. Dabei liegt der Schwerpunkt der
Transkription auf dem Inhalt der Interviews. Es wurde die Standardrechtschreibung
verwendet, umgangssprachliche Äußerungen sowie Grammatik und Satzbau sind
dementsprechend weitgehend, unter Berücksichtigung der inhaltlichen Aussage,
angepasst. Ebenso wurden Wort- und Satzabbrüche geglättet und
Verständigungssignale wie „mhm“ oder „aha“ nicht transkribiert. Für das Interview-Ziel
irrelevante Aussagen und nonverbalen Äußerungen wurden weggelassen. Auf diese
Abschnitte wird in der Transkription durch […] hingewiesen. In den Transkriptionen ist
die interviewende Person durch ein „I“ und die befragten Personen durch ein „B“
gekennzeichnet. (vgl. Dresing & Pehl, 2013, 21 ff.)
Im Anschluss werden die zwei Transkriptionen und die schriftliche Beantwortung der
Interviewfragen mittels der beschriebenen Auswertungsmethode analysiert.
5.4 Analyse des Interviewmaterials
Der folgende Abschnitt dient der Darstellung der Ergebnisse der durchgeführten
Interviews sowie der schriftlichen Beantwortung der Interviewfragen. Die Auswertung
wird nach der bekannten Gliederung des Leitfadens strukturiert, unabhängig davon,
ob während der Interviews diese Reihenfolge eingehalten wurde.
1. Daten zur Person:
Alle befragten Personen haben im beruflichen Kontext etwas mit dem Arbeitsfeld der
Kindertagesstätte oder der Burnout-Thematik zu tun.
Die erste befragte Person (B1) ist selbstständige Unternehmerin, Coachin und fungiert
als Leitung eines Institutes, dass sich dem Thema betriebliches
Gesundheitsmanagement verschrieben hat. (vgl. Transkription B1, Zeile 17 – 26, 40 –
42) Zudem referiert sie im Rahmen eines Dozentenauftrages an einer Hamburger
Hochschule zum Thema Burnout. (vgl. Transkription B1, Zeile 58 – 60)
Befragte Zwei (B2) ist ausgebildete Erzieherin und Diplom Pädagogin. Sie hat eine
Kindertagesstätte geleitet und ist nun Mitarbeiterin eines Hamburger
Kindertagesstätten Trägers. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt dort im Bereich Gesundheit,
Arbeitsschutz, Organisationsentwicklung und Leitungsberatung. (vgl. Transkription B2,
Zeile 30 – 37)
Empirische Forschung
S e i t e | 41
Der dritte Befragte (B3) ist Diplom-Pädagoge und derzeit als selbstständiger Kita-
Berater mit den Schwerpunkten Gesundheitsförderung, Qualitätsmanagement und
Coaching tätig. Zuvor leitete er langjährig eine Kindertagesstätte. (vgl. Schriftliche
Beantwortung B3, Zeile 5 – 9)
2. Allgemeine und weiterführende Fragen zur Burnout-Thematik
Zwei der befragten Personen stehen in direktem Bezug zu dem Thema Burnout. Die
Coachin referiert zu diesem Thema und berät und coacht Betroffene im Rahmen von
Einzelberatungen. (vgl. Transkription B1, Zeile 58 – 60) Dabei zählen auch
Pädagog_innen zu ihren Klienten. (vgl. Transkription B1, Zeile 64 – 67)
Der Kita-Berater betreute ein dreijähriges Projekt zum Thema „Altersgerechte
Arbeitsplatzgestaltung in evangelischen Kitas“. Im Projektverlauf wurde sich auch dem
Thema Burnout gewidmet. (vgl. Schriftliche Beantwortung, Zeile 14 – 24) Zudem ist er
als Leiter einer Kindertagesstätte, Referent und Projektleiter auf einige Kolleg_innen
gestoßen, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt sind. (vgl.
Schriftliche Beantwortung, Zeile 30 – 33)
Die Träger-Mitarbeiterin ist selber nicht von Burnout betroffen und ihr sind keine
expliziten Burnout-Fälle im Rahmen ihrer Träger-Tätigkeit bekannt. Sie trifft aber die
Aussage, dass „…der Anteil der Krankschreibungen von psychischer Belastung höher
wird“. (Transkription B2, Zeile 54 – 59) Insgesamt fällt ihr ein allgemeiner Anstieg der
Krankentage im Kollegium auf. Durch Nachfragen stellte sich heraus, dass es sich
nicht immer um körperliche Beschwerden handelt, sondern sich zunehmend
psychische Zusammenhänge zeigen. (vgl. Transkription B2, Zeile 73 – 82)
Die Coachin und der Kita-Berater stimmen der Aussage zu, dass ein erhöhtes Burnout-
Risiko in pädagogischen Berufsfeldern herrscht. Die Coachin sieht Burnout als
Berufskrankheit aller helfenden Berufe, dazu zählt sie speziell die Arbeit mit Kindern.
(vgl. Transkription B1, Zeile 73 – 80) Der Kita-Berater stimmt der Aussage „…voll und
ganz…“ zu und nennt als Grund dafür, dass die Anforderungen an die pädagogischen
Fachkräfte gestiegen sind, jedoch „… keine adäquaten zusätzlichen Mittel zur
Verfügung gestellt worden…“ sind. (Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 41 – 46) Und
deckt somit die Aussagen aus dem dritten Kapitel dieser Bachelor-Thesis.
Alle drei befragten Personen nennen Risikofaktoren für Pädagog_innen hinsichtlich
einer Burnout-Erkrankung. Die Aussage der Coachin unterscheidet sich von den
Empirische Forschung
S e i t e | 42
ähnlichen Antworten der anderen befragten Personen. Sie sieht als Risikofaktor die
Grundmotivation von Pädagog_innen einen helfenden Beruf aufzunehmen. Als
Grundmotivation beschreibt sie „…das man persönlich sehr viel daraus zieht helfen zu
können“. (Transkription B1, Zeile 83 – 84) Das widerspricht ihrer Meinung nach der
Kompetenz selber Grenzen ziehen zu können. (vgl. Transkription B1, Zeile 83 – 85)
Die Befragten B2 und B3 nennen als größten Risikofaktor die Rahmenbedingungen
der Kindertagesstätten. Beide sprechen von einem schlechten Personalschlüssel und
zu wenig Zeit für mittelbare Pädagogik. (vgl. Transkription B2, Zeile 94 – 105;
Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 51 – 55) Zudem thematisieren beide die geringe
Bezahlung, bzw. die häufig ausschließlich als Teilzeit angebotenen Stellen. Der Kita-
Berater scheint Teilzeitstellen kritisch gegenüber zu stehen, weil Pädagog_innen so
oftmals zusätzliche Nebentätigkeiten aufnehmen müssen um ihre täglichen Ausgaben
zu finanzieren. (vgl. Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 54 – 55) Die Träger-
Mitarbeiterin hingegen appelliert aus Trägersicht für weniger Wochenstunden, da sich
diese auf dem Gehaltszettel „…kaum bemerkbar machen“ (Transkription B2, Zeile
144), aber eine Entlastung für die pädagogischen Mitarbeiter_innen darstellen. Ihr
Träger bietet 35-Wochenstunden als Vollzeitstelle an. Als weiteren Belastungsfaktor
nennt sie die steigenden Erwartungen und der Gesprächsbedarf der Eltern. (vgl.
Transkription B2, Zeile 109 – 136) Der Kita-Berater sieht weitere Risikofaktoren in
Form von fehlender Führung der Leitung, keine Rückendeckung des Trägers und die
große Lärmbelastung. (vgl. Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 51 – 55)
Als Schutzfaktoren in pädagogischen Berufen nennt die Coachin das Thema
Anerkennung. Sie beschreibt das Gefühl der Anerkennung als individuell und
unterschiedlich. Anerkennung in Form eines stetigen Lobes des Vorgesetzten stellt sie
in Frage und appelliert eher an ein vernünftiges Selbstkonzept und Selbstwertgefühl.
(vgl. Transkription B1, Zeile 102 – 128) „Wir brauchen stabile Persönlichkeiten in
helfenden Berufen, haben wir aber nicht.“ (Transkription B1, Zeile 131 f.)
Der Kita-Berater sieht Schutzfaktoren in harmonischer Teamarbeit und einem guten
Betriebsklima. Im Umkehrschluss zu den Risikofaktoren begünstigen gute
Rahmenbedingungen, eine gelingende Führung durch die Kitaleitung, Beteiligung und
Nutzung der Potenziale der Mitarbeiter_innen sowie ein Schallschutz das
Empirische Forschung
S e i t e | 43
Wohlbefinden und die Gesundheit der Pädagog_innen. (vgl. Schriftliche Beantwortung
B3, Zeile 60 – 64)
Einen Zusammenhang zwischen persönlicher und beruflicher Unzufriedenheit sieht die
Coachin generell nicht. Burnout ist für sie Haus- und nicht Institutionsgemacht. (vgl.
Transkription B1, Zeile 141 f.) Allerdings betont sie die Aussage: „Ausgebrannt sein
kann nur dann passieren, wenn ich selber erst mal für etwas brenne!“ (vgl.
Transkription B1, Zeile 143 f.) Burnout entsteht demnach, wenn andere
Themenbereiche des Lebens neben der Arbeit in Vergessenheit geraten. Der eigene
Beruf bekommt eine zu hohe Wichtigkeit. „Das sind Geschichten, die mit der Institution
als solche erst einmal nichts zu tun haben.“ (vgl. Transkription B1, Zeile 153 f.)
Der Kita-Berater beschreibt die Doppelbelastung von andauernden beruflichen und
privaten Problemen als Grund für kurzfristige Unzufriedenheit und dauerhafte
Krankheitsgefährdung. (vgl. Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 70 – 73)
Die Träger-Mitarbeiterin äußerte sich nicht direkt zu dieser Fragestellung.
Die nächste Frage des Interviews beschäftigt sich mit der Rolle der Kitaleitung in
Bezug auf das Thema Burnout im Bereich der Kindertagesstätte. Der Kita-Berater sieht
die Leitung einer Kindertagesstätte als Schlüsselperson und Vorbild. „Sie gibt die
Richtung vor und sorgt dafür, dass alle Mitarbeitenden im Boot sitzen.“ (Schriftliche
Beantwortung B3, Zeile 79 f.) Wenn eine Leitung ihr Team nicht hinzureichend führt
sieht er einen Nährboden für Unzufriedenheit unter den Mitarbeiter_innen und somit
auch für psychische Belastungen. (vgl. Schriftliche Befragung B3, Zeile 79 – 82)
Einen Grund für Erschöpfungserscheinungen sieht die Coachin besonders in dem
Gefühl der Ausbeutung. Dieses entsteht ihrer Meinung besonders schnell in den
sozialen Arbeitsfeldern durch Überstunden, beispielsweise verursacht durch erkrankte
Kolleg_innen. Von dieser Art Erschöpfung können die Betroffenen sich in der Regel
besser abgrenzen, da sie nicht mit ihrem „ganzen Selbst“ (Transkription B1, Zeile 160)
in den Bereich des Jobs gegangen sind. Im Falle der Beratung einer
Kindertagesstättenleitung würde sie die Leitung dazu befähigen zu erkennen, dass das
Leben nie gleichförmig verläuft und dass sie ihre persönlichen Ansprüche nicht auf
andere überträgt. Zudem spricht sie erneut die Themen Wertschätzung,
Arbeitszeitmodelle und eine verbesserte gesellschaftliche Anerkennung an. (vgl.
Transkription B1, Zeile 157 – 202)
Empirische Forschung
S e i t e | 44
Die Träger-Mitarbeiterin betont ebenfalls, dass das Leitungspersonal die
Entwicklungen im Träger den Mitarbeiter_innen transparent machen müssen. (vgl.
Transkription B2, Zeile 199 – 208)
3. Burnout-Prävention
Zum Themenschwerpunkt Burnout-Prävention sieht die Coachin Eigenverantwortung
bei den Beschäftigten im Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung bereits in der
Berufswahl. (vgl. Transkription B1, Zeile 133 – 135)
Die Träger-Mitarbeiterin schließt sich dem an und appelliert dazu, beispielsweise die
Wochenarbeitszeit zu reduzieren und so Stress vorzubeugen, sollte man nicht
unbedingt auf die finanziell entstehenden Verluste angewiesen sein. (vgl. Transkription
B2, Zeile 143 – 147)
Zu der Frage, wie die Kitaleitung Burnout innerhalb ihrer Einrichtung vorbeugen kann
antworteten zwei der Befragten wie folgt:
Der Kita-Berater betont, dass die Leitung ihren Mitarbeiter_innen klare Strukturen
vorgeben muss und für eine gute Kommunikation und Gesprächskultur untereinander
Sorge tragen sollte. Dabei gilt es Entscheidungen transparent zu treffen sowie ein oder
eine Ansprechpartner_in aber auch ernstzunehmende Vorgesetzte zu sein.
Abschließend beantwortet er diese Frage damit, dass das Leitungspersonal ein
menschliches und berufliches Vorbild darstellen soll. (vgl. Schriftliche Beantwortung
B3, Zeile 88 – 95)
Die Coachin kennzeichnet es als Aufgabe einer Kitaleitung Erkrankungen oder
Erschöpfungssymptome einer in ihrer Einrichtung beschäftigten Person zu erkennen,
zu benennen und ein vertrauliches Gespräch aufzusuchen. „Das betrifft das Thema
der Fürsorgepflicht.“ (Transkription B1, Zeile 279 f.) Dabei sei den Mitarbeiter_innen
nicht herablassend zu begegnen. Zudem spricht sie das vorhandene Machtgefälle,
Gehaltsgefälle und Anerkennungsgefälle zwischen der Leitung und des
pädagogischen Fachpersonals und die Methode der Supervision an. Die Leitungskraft
sollte wissen was sie als Führungskraft qualifiziert. Ihrer Meinung nach muss einigen
Führungskräften das Thema Wertschätzung der Mitarbeiter_innen näher gebracht
werden, beispielsweise durch Schulungen und Fortbildungen. Dazu gehöre auch der
regelmäßige Austausch unterhalb des Leitungspersonals eines Trägers. (vgl.
Transkription B1, Zeile 272 - 302)
Empirische Forschung
S e i t e | 45
Abschließend fasst die Coachin den Aufgabenschwerpunkt einer Kitaleitung wie folgt
zusammen: „Eine Führungskraft ist dazu da, alle Fäden zusammen zu halten und auch
ein bisschen zu gucken in welche Richtung gelaufen wird.“ (Transkription B1, Zeile 363
ff.)
Der nächste Interview-Schwerpunkt liegt bei der Rolle der Trägerschaft von
Kindertagesstätten. Alle drei Befragten sehen ähnliche Verantwortungen der Träger in
punkto Burnout-Prävention.
Der Kita-Berater sieht die Bereitstellung von Ressourcen als Aufgabe der Träger. Sie
sollen die Rahmenbedingungen schaffen, die den Teams ermöglichen den
gesetzlichen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag kompetent und
zuverlässig zu erfüllen. (vgl. Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 100 – 105)
Auch die Coachin sieht eine zwingende Verantwortungsübernahme der Trägerschaft.
Sie empfiehlt beispielsweise EAP-Maßnahmen (Employee Assistance Program, siehe
6.4.3) und begründet dies damit, dass die Ressourcen, die einem Team zur Verfügung
stehen nicht bei kollegialer Beratung enden dürfen. (vgl. Transkription B1, Zeile 249 –
255) Die Träger-Mitarbeiterin beschreibt die Umgangsweisen ihres Trägers: Dieser
schreibt mittlerweile Vollzeitstellen mit maximal 35 Wochenstunden aus, um so dem
Arbeitsstress der Mitarbeiter_innen vorzubeugen. (vgl. Transkription B2, Zeile 156 –
164) Zudem sieht sie die Aufgabe des Trägers darin Informationen zum Beispiel aus
dem Bereich der Politik so aufzubereiten, dass die Mitarbeiter_innen sie verstehen und
umsetzen können. Dazu gehören für sie das Engagement und die Organisation im
Dachverband und regionalen Ausschüssen. (vgl. Transkription B2, Zeile 199 – 208)
Zusätzlich gesteht sie, dass das Thema psychische Belastung für sie und ihren Träger
ein neues Feld ist und Informationen dazu von der Krankenkasse oder
Berufsgenossenschaft erst herangezogen werden müssen. (vgl. Transkription B2,
Zeile 284 – 291)
4. Burnout-Intervention
Wenn sich im Kollegium erste Burnout-Anzeichen zeigen appellieren alle drei
Befragten zu einem vertraulichen Gespräch. (vgl. Transkription B1, Zeile 276 ff.;
Transkription B2, Zeile 233 ff.; Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 111 ff.)
Der Kita-Berater beschreibt, dass in einem solchen Gespräch gemeinsam nach
Entlastungsmöglichkeiten gesucht werden muss. Hierbei sollten auch
Empirische Forschung
S e i t e | 46
Trägervertretende mit einbezogen werden, die gegebenenfalls arbeitsrechtliche
Maßnahmen wie Sonderurlaub oder ein Sabbatjahr veranlassen können. (vgl.-
Schriftliche Beantwortung B3, Zeile 111 ff.)
Dies deckt sich mit der Aussage der Träger-Mitarbeiterin, die den Leitungskräften ihre
Unterstützung im Führen solcher Gespräche mit betroffenen Mitarbeiter_innen
anbietet. Dabei können die Mitarbeiter_innen Partner_innen oder Kolleg_innen als
Unterstützung an diesen Gesprächen teilhaben lassen. Die Hilfen, die der Träger
anbietet gestalten sich unterschiedlich. Die Träger-Mitarbeiterin erwähnt, dass sie die
Möglichkeit hat das Präventionsgesetz auszuschöpfen und sich auch mit Behörden
oder Krankenkassen auseinanderzusetzen. (vgl. Transkription B2, Zeile 225 –263)
Die Coachin beschreibt unter dem Stichpunkt der Burnout-Intervention ein Modul, das
sie im Rahmen ihres Institutes in Kindertagesstätten anbieten könnte. Dieses Modul
behandelt die Frage was Erzieher_innen angeboten werden sollte, damit sie die
Arbeitsbedingungen jahrelang erfüllen können. Es sollen unter anderem die Themen
physische Belastungen, Ernährung, Teamarbeit, Leitungsführung und die Arbeits- und
Pausenzeiten thematisiert werden. Sie schildert dazu den hohen Lärmpegel in
Kindertagesstätten und das beispielsweise mit Hilfe von Entspannungstechniken
erlernt werden kann, eine Geräuschkulisse auszublenden und sich zu fokussieren.
Allgemein sollen verschiedene Entspannungstechniken kennengelernt und
ausprobiert werden. Danach liege es in der Selbstverantwortung der Mitarbeiter_innen
für sich selbst zu sorgen. Die Coachin appelliert dazu, dass Trägerschaften im
Sozialbereich nicht nur in Hardware sondern auch in Angebote für die Teams
investieren. (vgl. Transkription B1, Zeile 309 – 376)
5.5 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse
Zusammenfassend beantworteten die drei befragten Expert_innen die gestellten
Interviewfragen ähnlich, brachten jedoch ihren, aus den jeweiligen
Arbeitsschwerpunkten resultierenden, Fokus mit ein. Einig sind sie sich in den
Bereichen der unzureichenden Anerkennung des Erzieherberufes und des schlechten
Personalschlüssels sowie der vorhandenen Ressourcen.
Interessant sind die unterschiedlichen Ansichten der Träger-Mitarbeiterin und des Kita-
Beraters in Bezug auf die wöchentliche Arbeitszeit der pädagogischen
Mitarbeiter_innen. Während die Träger-Mitarbeiterin zu einer Reduzierung der
Wochenstunden appelliert um Stresssymptomen entgegen zu wirken, kritisiert der
Empirische Forschung
S e i t e | 47
Kita-Berater die vielen angebotenen Teilzeitstellen aufgrund der Tatsache der zu
geringen Bezahlung und der gegebenenfalls zusätzlichen Aufnahme einer
Nebentätigkeit. Eine Annäherung dieser gegensätzlichen Aussagen wäre durch eine
verbesserte gesellschaftliche Anerkennung und eine daraus resultierende höhere
Bezahlung innerhalb dieses Berufsfeldes zu gewährleisten. Auch die Coachin
thematisierte ihr Unverständnis zu den großen Gehaltsgefällen zwischen
beispielsweise Studienrät_innen und Pädagog_innen in der praktischen Arbeit am
Kind. (vgl. Transkription B1, Zeile 201 f.)
Insgesamt sind sich die drei befragten Personen einig, dass die
Kindertagesstättenleitung eine gesonderte Funktion im Bereich der Burnout-
Prävention besitzt. Der Kita-Berater bezeichnet sie als Schlüsselperson für eine gute
Arbeitsatmosphäre, die primär Erschöpfungszustände im Team vorbeugen kann. Auch
die Coachin betonte, dass eine gute Führung den Mitarbeiter_innen Orientierung
bietet. Sie appellierte dazu, dass sich Führungskräfte untereinander austauschen und
auch Seminare und Schulungen zu dem Thema der guten Führung besuchen sollten.
Im Interview-Schwerpunkt der Burnout-Intervention vertreten ebenso alle drei
befragten Personen ähnliche Ansichten. Betont wird das Aufsuchen eines
vertraulichen Gespräches. Diesbezüglich sei eine positive Gesprächskultur und ein
vorhandenes Vertrauensverhältnis essentiell.
Im folgenden Kapitel wird sich primär der Leitungsfunktion in Kindertagesstätten
gewidmet. Der Schwerpunkt liegt darauf Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die
den Leitungskräften ermöglichen können ein Burnout-Aufkommen innerhalb ihres
Teams entgegen zu wirken. Dabei werden die Ergebnisse der Interviews, die vorherige
theoretische Annäherung an das Thema Burnout sowie Techniken und Methoden aus
passender Fachliteratur herangezogen.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 48
6. Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
„Betriebliche Prävention von Burnout ist möglich.“ (Allenspach & Brechbühler, 2005,
108) Darunter sind alle Maßnahmen zu sehen, die psychosoziale Belastungen am
Arbeitsplatz vorbeugen oder verringern und die Gesundheit, das Wohlbefinden sowie
die Arbeitszufriedenheit der pädagogischen Fachkräfte fördern.
Die Leitung einer Kindertagesstätte kann entscheidenden Einfluss darauf nehmen, in
welchem Maß sich der physischen und psychischen Gesundheit der beschäftigten
Pädagog_innen gewidmet wird. Sie ist primär dafür verantwortlich das
Gesundheitsmanagement innerhalb ihrer Einrichtung zu gestalten. (vgl. Deutsches
Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, 2014, 147)
Die durch Burnout entstehenden Kosten für die Einrichtung, hauptsächlich verursacht
durch die entstehenden Fehlzeiten und Leistungsminderung der betroffenen
Mitarbeiter_innen, sind in Bezug auf die Investitionen in Gesundheit und Zufriedenheit
als fördernde Aspekte zu berücksichtigen. „Das Aufladen eines Akkus ist um vielfaches
leichter, wenn er nicht bereits ganz leer ist!“ (Fialka, 2011, 53)
Inhalt dieses Kapitels sind Empfehlungen, wie Teams im Bereich der Kindertagesstätte
geführt werden und welche Unterstützungsangebote durchgeführt werden können, um
einem Burnout-Vorkommen innerhalb der Einrichtung vorzubeugen. Dazu zählen unter
anderem diverse Angebote des Trägers.
Es ist anzumerken, dass die folgenden Handlungsempfehlungen lediglich
Möglichkeiten darstellen, um insgesamt die Arbeitszufriedenheit, das Wohlbefinden
und die Gesundheit der in der Einrichtung tätigen Personen zu fördern. In der Praxis
sind die Vorschläge auf ihr Nutzen und ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen.
6.1 Gestaltung eines Gesundheitsmanagements innerhalb der
Einrichtung
In diesem ersten Abschnitt des Kapitels werden die Rolle der Leitung und ihre
Aufgaben hinsichtlich des Gesundheitsmanagements im Bereich der
Kindertagesstätte dargestellt. Es werden Ansätze und Methoden beschrieben, welche
die Gesundheit und das Wohlbefinden der pädagogischen Mitarbeiter_innen erhalten
und fördern können.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 49
Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogischer Fachkräfte (WiFF, 2014) zählt in ihrer
Leitungsexpertise die Gestaltung des Gesundheitsmanagements zu den
Kernaufgaben einer Kindertagesstättenleitung. Dabei wird zwischen mitzubringender
Fachkompetenz und personalen Kompetenzen unterschieden. (vgl. Deutsches
Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, 2014, 147 f.)
Im Bereich der Fachkompetenz sollte eine Leitungskraft sich zum einen Wissen und
zum anderen bestimmte Fähigkeiten aneignen um die Gesundheit ihrer
Mitarbeiter_innen zu unterstützen. Voraussetzung ist es die verschiedenen Ansätze
des Gesundheitsmanagements zu kennen und um die Bedeutung der Gesundheit des
Teams als Ressource für die Entwicklung pädagogischer Qualität innerhalb der
Einrichtung zu wissen. Dafür müssen Gesetze und Verordnungen des Arbeits- und
Gesundheitsschutzes in Kindertageseinrichtungen bekannt sein. Ebenso sollte sich
die Leitungskraft über Möglichkeiten die Gesundheit ihrer Mitarbeiter_innen zu
erhalten und zu fördern informieren. Es gilt gemeinsam mit dem Träger transparente
Regeln der Zusammenarbeit in Bezug auf Strukturen, Kommunikation, Moderation,
Zeit und Budget des Gesundheitsmanagements festzulegen. Ebenso wichtig ist es
gesundheitsförderliche Führungsansätze im Führungshandeln zu berücksichtigen.
(siehe auch 6.3) Gemeinsam mit dem Team sollen Maßnahmen und Ziele zum Schutz
und zur Stärkung des körperlichen, psychischen, sozialen und ökologischen
Wohlbefindens in der Einrichtung entwickelt werden. Die Durchführung der
Maßnahmen, bzw. das Erreichen der Ziele gilt es zu reflektieren. Ein besonderes
Augenmerk soll auf die Förderung der Ressourcen (siehe auch 6.2) als Teamprozess
gelegt werden. (vgl. Deutsches Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative
Frühpädagogische Fachkräfte, 2014, 147 f.)
Unter dem Bereich der personalen Kompetenzen zählen die Autoren der
Weiterbildungsinitiative Frühpädagogischer Fachkräfte Aufgaben der Sozial- und
Selbstkompetenz.
Im Kernbereich der Sozialkompetenz ist die Fähigkeit der Kommunikation und des
Austausches mit dem Träger und den pädagogischen Mitarbeiter_innen zu nennen.
Die Leitungskraft ist als Bindeglied zwischen dem Träger und dem Team zu sehen.
Sie informiert das Team über gesundheitsförderliche Angebote des Trägers, wie
beispielsweise Fortbildungsangebote oder Ermäßigungen bei Sport- und
Entspannungskursen. Zudem kann die Leitung die Mitarbeiter_innen zur Reflexion
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 50
ihrer privaten und beruflichen Lebensführung im Hinblick auf gesundheitsrelevante
Aspekte anregen.
Im Bereich der Selbstkompetenz macht sich die Leitung ihre Führungsverantwortung
im Gesundheitsmanagement und ihrer Vorbildfunktion gegenüber dem Team und den
Kindern und ihren Familien bewusst.
(vgl. Deutsches Jugendinstitut/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte,
2014, 147 f.)
6.2 Das Konzept der Salutogenese
Der Begriff Salutogenese kann mit „Gesundheitsentstehung“ gleich gesetzt werden.
Im Gegensatz zur Pathogenese, bei der es um Krankheitsentstehung geht, steht bei
der Salutogenese die Entstehung und vor allem Erhaltung von Gesundheit im Fokus.
Geprägt wurde der Begriff Salutogenese in den 1970er Jahren von dem amerikanisch-
israelischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky. Sein Konzept fokussiert sich auf
die Aspekte die Gesundheit fördern und erhalten. (vgl. Hurrelmann, 2010, 119)
„Körperliches Wohlempfinden“ bezeichnet Antonovsky als Gesundheit, „körperliches
Missempfinden“ als Krankheit. Laut seiner Auffassung sind Menschen nicht entweder
krank oder gesund, sondern bewegen sich zwischen diesen Polen. Dies bezeichnet er
als Gesundheits-Krankheit-Kontinuum. (vgl. Antonovsky, 1997, 23)
Die Salutogenese beschreibt Antonovsky mit Hilfe der Metapher eines reißenden
Flusses, an dessen Ufer Menschen ihr Leben bestreiten. Die Medizin rettet die
hineinfallenden Menschen vor dem Ertrinken, jedoch ohne eine nachhaltige Wirkung
in Form einer Verhaltensänderung. Im Laufe des Lebens können die Menschen erneut
in den Fluss fallen. Präventive Maßnahmen sind nach Antonovsky metaphorisch wie
ein Zaun am Flussufer zu sehen. Auch ihnen schreibt er keine nachhaltige Wirkung
auf das Verhalten der Menschen zu. Die Salutogenese verfolgt hingegen das Ziel die
Menschen dazu zu befähigen sich selbst zu helfen, ihnen sozusagen das Schwimmen
zu lehren. (vgl. ebd., 92)
Antonovskys Salutogenese hilft bei der Beantwortung der Frage wie Menschen trotz
vielfacher Anforderungen und beruflichen Belastungen nicht ausbrennen.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 51
6.2.1 Das Kohärenzgefühl
Als Kernstück Antonovskys Modells der Salutogenese wird der Begriff „Sense of
Coherence“ (SOC), zu Deutsch das Kohärenzgefühl, genannt. Es beschreibt eine
grundlegende Lebenseinstellung, die sich aus drei Komponenten zusammensetzt:
1. Das Gefühl der Verstehbarkeit
Die Verstehbarkeit beschreibt das Gefühl, Situationen nicht hilflos ausgeliefert zu sein.
(vgl. Antonovsky, 1997, 34) Auf das Arbeitsfeld der Kindertagesstätte bezogen
bedeutet dies beispielsweise alltägliche Geschehnisse und das Verhalten von
Kolleg_innen oder der Leitungskraft abschätzen zu können. Innere und äußere
Ereignisse sind strukturiert und erklärbar. (vgl. Scharnhorst, 2012, 199)
2. Das Gefühl der Handhabbarkeit
Hiermit wird das Gefühl beschrieben, Situationen bewältigen zu können ohne
überfordert oder gestresst zu sein. Dabei werden neue Anforderungen eher als
Herausforderung und nicht als Belastung empfunden. (vgl. Antonovsky, 1997, 35)
3. Das Gefühl der Sinnhaftigkeit oder Bedeutsamkeit
In dieser dritten und nach Antonovsky wichtigsten Komponente des
Salutogenesenmodells geht es um den inneren Antrieb und die eigenen Initiative.
Wann hat das Individuum das Gefühl einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen? Als
besonders wichtig wird diese Komponente bezeichnet, weil ein hohes Maß an
Verstehbarkeit und Handhabbarkeit ohne Sinnhaftigkeit vermutlich nur von kurzer
Dauer ist. (vgl. Antonovsky, 1997, 35 ff.)
Folgendes Zitat verdeutlicht die Relevanz des Kohärenzgefühls in Bezug auf die
Thematik der Burnout-Prävention:
„Menschen mit hoher Kohärenz sind zufriedener in und mit ihrem Leben. Höhere
Lebenszufriedenheit wiederum geht häufiger einher mit körperlicher Gesundheit und
seelischem Wohlbefinden.“ (Zöllner, 1998, 34)
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 52
Im Gegensatz zu Antonovskys Annahme wird aktuell davon ausgegangen, dass sich
das Kohärenzgefühl ein Leben lang weiterentwickelt und keine feststehende Größe
darstellt. Lediglich der Grundstein wird in der Kindheit und Jugend gelegt. (vgl. Schiffer,
2013, 33 f.)
6.2.2 Die Resilienzfaktoren
Die Begriffe Resilienz und Salutogenese werden heute in Verbindung zueinander
gestellt. Der Ausdruck Resilienz stammt aus der Entwicklungspsychologie und
bedeutet so viel wie Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Belastungen und
Krisensituationen. Darunter fallen nicht nur Katastrophen oder Tragödien. Vielmehr
gehe es darum den gewöhnlichen Alltagsstress täglich zu bewältigen und sich von ihm
zu erholen. (vgl. Scharnhorst, 2012, 209 f.)
Je widerstandsfähiger ein Mensch ist, desto seltener wird er krank. Als
Resilienzfaktoren werden beispielsweise die Fähigkeit der Einsicht, der
Unabhängigkeit und der die Initiative zu ergreifen genannt. Ebenso wird ein hohes Maß
an Moral oder Humor als Resilienzfaktoren gesehen. Diese Fähigkeiten ermöglichen
Menschen besser mit Alltagsstress umzugehen. (vgl. Scharnhorst, 2012, 2011)
6.2.3 Das Konzept der Salutogenese als Leitung einer Kindertagesstätte
anwenden
Das Modell von Antonovsky sowie die Förderung des Kohärenzgefühls und der
Resilienzfaktoren, lassen sich auf die Berufswelt und somit auch auf das Tätigkeitsfeld
der Kindertagesstätte übertragen. Dabei geht es darum die Arbeitswelt so zu gestalten,
dass sie Gesundheit fördert. (vgl. Scharnhorst, 2012, 200)
Wie in vorherigen Kapiteln beschrieben, sind die Mitarbeiter_innen in der
Sozialbranche erhöhten psychischen Belastungen ausgesetzt. Durch den sehr engen
Kontakt zu den Kindern und ihren Bezugspersonen werden ihnen hohe emotionale
Anforderungen gestellt. Zu der körperlichen Belastung in dem Arbeitsfeld
Kindertagesstätte kommen häufig unregelmäßige und wechselnde Arbeitszeiten, die
Freizeitaktivitäten und Erholungszeiten stark einschränken. Darüber hinaus ist die
Arbeit mit Individuen oftmals durch eine ungenügende Organisation der
Aufgabenverteilung und Arbeitsabläufe geprägt. (vgl. ebd., 203 f.)
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 53
Um den Arbeitsalltag gesundheitsförderlich zu gestalten und so auch einem Burnout-
Risiko entgegen zu wirken, sollte die Kindertagesstättenleitung in den Bereichen
Management, Kommunikation und soziale Kompetenz fortgebildet werden, damit sie
das Modell der Salutogenese anwenden und ihrem Team einen möglichst gut
organisierten Arbeitsalltag ermöglichen kann. (vgl. Scharnhorst, 2012, 204)
Wie bereits im empirischen Forschungsteil dieser Arbeit beleuchtet, kann eine gute
Arbeitszeitenplanung und besonders das Einhalten sowie positive Gestalten der
Pausenzeiten für Entlastung sorgen. Die Leitungskraft kann die Organisation
übernehmen, sollte ihr Team aber in den Vorgang der Arbeitszeitengestaltung aktiv
mit einbeziehen und Partizipation ermöglichen. Zudem soll sie an die positive
Gestaltung der Pausenzeiten appellieren. Der äußerliche Rahmen, wie beispielsweise
ein geschützter Rückzugsort innerhalb der Einrichtung, muss geschaffen werden. Die
Gestaltung der Pausen liegt jedoch in der Selbstverantwortung der Mitarbeiter_innen.
Auch das Kohärenzgefühl der in der Kindertagesstätte beschäftigten Personen kann
durch die Leitungskraft gefördert werden. So führen eine gute Informationspolitik und
das Prinzip der Transparenz zu einer Förderung des Gefühls der Verstehbarkeit. Das
Gefühl der Handhabbarkeit kann, unter anderem durch persönliche Spielräume in der
Art und Reihenfolge der Ausführung von anfallenden Aufgaben oder der Möglichkeit
neue Arbeitsweisen zu erproben, gesteigert werden. Das Gefühl der Sinnhaftigkeit
oder Bedeutsamkeit macht den Wert der Arbeit deutlich. (vgl. Scharnhorst, 2012, 200)
Wie auch innerhalb der Experteninterviews genannt, kann die Leitungskraft dieses
Gefühl durch persönliche Anerkennung, wie aber auch durch Engagement in der
Entwicklung einer verbesserten gesellschaftlichen Anerkennung von Pädagog_innen,
fördern.
Für die Stärkung der Resilienz der Mitarbeiter_innen spielt die Leitung eine
entscheidende Rolle. Gerade im Arbeitsfeld Kindertagesstätte ist der Kontakt zu
Kolleg_innen und die Arbeit im Team unvermeidbar. Eine positive Mitarbeiterbindung
und Kommunikationskultur fördert die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden der
Pädagog_innen. Dazu gehört auch die aktive Teilnahme der Führungskräfte in
vermeintlichen Krisensituationen. So sollten Kindertagesstättenleitungen
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 54
beispielsweise in Zeiten personeller Unterbesetzung aktiv für adäquaten Ersatz sorgen
oder selbst das Team unterstützen.
Julia Scharnhorst (2012) spricht sogar von „resilienten Unternehmen“ (Scharnhorst,
2012, 215). Diese besitzen folgende Eigenschaften und Verhaltensweisen, auf die die
Führungskraft primären Einfluss nehmen kann:
Es gibt klare Werte im Unternehmen, die den Mitarbeiter_innen bekannt sind
und die von ihnen gelebt werden. (z.B. Zustimmung aller zum pädagogischen
Konzept und der pädagogischen Haltung)
Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter_innen haben einen
hohen Stellenwert und werden vom Unternehmen gefördert. (Beispielsweise
durch Gefährdungsbeurteilungen, Präventionskurse etc.)
Es gibt für Risiken, die das Unternehmen treffen können, ausgearbeitete
Krisenpläne. (Beispielsweise Notfallpläne bei ausgeprägtem Personalmangel)
Im Krisenfall wird offen und transparent kommuniziert. (Die Mitarbeiter_innen
werden beispielsweise über Kündigungen oder krankheitsbedingten Ausfällen
ihrer Kolleg_innen zeitnah informiert)
Problemlösungsfähigkeiten werden gefördert. (z.B. durch ein Angebot der
Supervision bei Unstimmigkeiten im Team)
Formelle und informelle Soziale Netzwerke werden gepflegt. (Beispielsweise
durch regelmäßige Team-Aktionen)
Fähigkeiten zur Wandlung und Improvisationen. (Neue Situationen, wie zum
Beispiel die Veränderung der Teamkonstellationen erfordern Flexibilität von
allen)
Krisen werden als Chancen gesehen. (Die Leitungskraft strahlt Zuversicht und
Optimismus aus, Stresssituationen zu bewältigen)
(vgl. Scharnhorst, 2012, 215)
Die Förderung des Kohärenzgefühls und der Resilienzfaktoren aller Beteiligten bereitet
die gesamte Einrichtung besser auf Stresssituationen vor und kann somit als aktiver
Beitrag zur Burnout-Prävention gesehen werden.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 55
Weitere Möglichkeiten das Kohärenzgefühl und die Resilienzfaktoren im Bereich der
Kindertagesstätte zu stärken und Beiträge zur Förderung der Gesundheit und des
Wohlbefindens der Mitarbeiter_innen werden nachfolgend dargestellt.
6.3 Gesundheitsförderlicher Führungsstil
Wie bereits genannt wird den Führungskräften eine Schlüsselrolle bei der
Verringerung von psychosozialen Belastungen innerhalb eines Betriebes
zugeschrieben. Sie prägen die Kommunikation im Team und die Gestaltung und
Organisation der Arbeitsinhalte und – abläufe. (vgl. Scharnhorst, 2012, 164)
Der „Fehlzeiten-Report“ der AOK legte im Jahr 2011 seinen Schwerpunkt auf das
Thema „Führen und Gesundheit“. Es wird ein Zusammenhang zwischen den
Krankmeldungen der Mitarbeiter_innen und dem Verhalten des Vorgesetzten
gesehen. Auch die Beschäftigten selbst knüpften eine Verbindung zwischen ihrem
Gesundheitsempfinden und dem Führungsverhalten ihres Chefs. (vgl. Badura et al,
2011)
Nach Cherniss (1980) begünstigt ein negativer Führungsstil Burnout sogar stärker als
zu hohe Arbeitsbelastungen. (Cherniss 1980 in Litzke, Schuh, & Pletke, 2013, 166)
Die Leitungskraft einer Kindertagesstätte muss sich darüber bewusst werden, dass sie
mit ihrem Verhalten und ihrem Führungsstil die Gesundheit und das Wohlbefinden
ihrer Mitarbeiter_innen beeinflusst. Um Belastungen am Arbeitsplatz zu mindern oder
ihnen entgegenzuwirken, können Führungstechniken nach Stadler (2003) eingesetzt
werden:
Eine geeignete Auswahl der Arbeitsaufgaben für individuelle Mitarbeiter_innen
treffen
Genügend Zeit für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter_innen einplanen
Über- und Unterforderung vermeiden
Die individuellen Ziele der Mitarbeiter_innen kennen und berücksichtigen
Entwicklungsmöglichkeiten und ggf. Aufstiegschancen innerhalb der
Einrichtung schaffen
Konkrete und realistische Zielvereinbarungen gemeinsam mit dem Team
vereinbaren
Konstruktives Feed-Back zu den Entwicklungen geben
Positive Leistungen loben
Mitarbeiter über betriebliche Veränderungen in Kenntnis setzen
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 56
Ein Vertrauensklima untereinander schaffen
Den Team-Zusammenhalt fördern
Ein Gefühl der Wertschätzung vermitteln
Konflikte erkennen und zu einer Lösung beitragen
(Stadler 2003 in Scharnhorst, 2012, 166 f.)
Insgesamt deckt sich ein gesundheitsförderlicher Führungsstil mit der Anwendung des
Konzeptes der Salutogenese. Neben dem Fördern der Kohärenz- und
Resilienzfaktoren und dem Appellieren an die Eigenverantwortung der
Mitarbeiter_innen, wird die soziale Unterstützung der Leitungskraft ihrem Team
gegenüber betont. Im Bereich der Kindertagesstätte können sich drei Faktoren
besonders positiv in Bezug auf eine Burnout-Prävention auswirken:
Die Mitarbeiter_innen können sich im Falle von auftretenden Komplikationen auf ihre
Leitung verlassen. Die Leitung hat ein offenes Ohr für die Belange und Belastungen
ihres Teams und unterstützt ihre Mitarbeiter_innen aktiv darin Problemlagen zu
bewältigen. Des Weiteren widmet sich die Leitung der Team-Entwicklung, denn bereits
das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe kann sich stressmindernd auswirken. (vgl.
Scharnhorst, 2012, 165 ff.)
Zu einem gesundheitsfördernden Führungsstil kann auch die Fähigkeit der
Selbstfürsorge gezählt werden. Die großen Verantwortungsbereiche, lange
Arbeitszeiten, ein hohes Maß an geforderter Flexibilität und die teilweise missliche
„Sandwich-Position“ (Poulsen, 2012, 107) zwischen dem Träger und dem Team ihrer
Einrichtung können gerade die Führungskräfte einer Kindertageseinrichtung unter
Druck und Stress setzen. Um einer Arbeitsbelastung vorzubeugen sollten sich die
Leitungen regelmäßig selbst reflektiv mit ihrer persönlichen Arbeitsorganisation und
den daraus resultierenden Belastungen auseinandersetzen. (vgl. Scharnhorst, 2012,
170) Die Selbstfürsorge des Vorgesetzten setzt entscheidende Signale an die
Mitarbeiter_innen. So kann deutlich gemacht werden, dass das Wohlbefinden aller
beschäftigten Personen in der Einrichtung wichtig ist und die Leitungskraft kann als
Vorbild fungieren.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 57
6.4 Angebote des Trägers
Die Führungskraft einer Kindertagesstätte kann nicht allein über die
einrichtungsbezogenen Angebote zur Burnout-Prävention entscheiden. Der Träger
entscheidet über das Angebotsspektrum und die Nutzungsbedingungen und schränkt
diese besonders aus finanziellen Gesichtspunkten ein. Wie bereits thematisiert
fungiert die Leitung als Verbindung zwischen Mitarbeiter_innen und dem
Kindertagesstättenträger. Die Aufgabe besteht darin Wünsche und Nöte des Teams
zu kommunizieren und geeignete Präventions- und Interventionsmittel beim
zuständigen Träger zu fordern. Im Folgenden werden mögliche Angebote zur Burnout-
Prävention dargestellt.
6.4.1 Gefährdungsanalyse
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) beinhaltet unter anderem die Pflichten der
Arbeitgeber_innen und Arbeitnehmer_innen in Bezug auf den Gesundheitsschutz
innerhalb des Betriebes. Somit stellt es auch für den Umgang mit Burnout innerhalb
einer Einrichtung eine wichtige Grundlage dar.
Nach §5 des Arbeitsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber „eine Beurteilung der für die
Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung“ erstellen. Auf Grundlage einer
solchen Gefährdungsbeurteilung sind Maßnahmen des Arbeitsschutzes abzuleiten
und umzusetzen. Unter § 5 Absatz 3 ArbSchG werden psychische Belastung als
Auslöser einer Gefährdung benannt
Die Aufforderung zu einer Gefährdungsanalyse stellt in der Regel der
Kindertagesstättenträger, die Umsetzung liegt jedoch im Aufgabenbereich der
Leitungskraft der jeweiligen Einrichtung.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 58
Dabei wird eine solche Analyse grundsätzlich nach einer Systematik durchgeführt:
Abbildung 3: Systematik einer Gefährdungsanalyse nach Scharnhorst 2012, 81 f.
Wie in Abbildung drei zu sehen ist, sind die Gefährdungen innerhalb des Betriebes zu
ermitteln und diese in einem nächsten Schritt zu bewerten und zu vergleichen. Daraus
werden Maßnahmen abgeleitet und entsprechend umgesetzt. Die Ergebnisse müssen
auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert werden. Nach zuvor festgesetzten Zeitfenstern
beginnt die Analyse erneut. Die Wichtigkeit der Dokumentation der Ergebnisse wird
betont. (vgl. Scharnhorst, 2012, 81 f.)
Essentiell für das Gelingen einer Gefährdungsanalyse ist die Partizipation aller
beteiligten Personen. (vgl. Scharnhorst, 2012, 83) Zur Unterstützung können
Betriebsärzte oder interne Berater für betriebliche Gesundheitsförderung,
beispielsweise aus der Trägerschaft, herangezogen werden. Auch die
Berufsgenossenschaften, wie etwa die BGW, bieten Unterstützungsformen, speziell
auf den Arbeitsbereich der Kindertagesbetreuung zugeschnitten, an.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 59
Bei der Bearbeitung einer Gefährdungsanalyse dürfen die psychischen Belastungen
nicht vergessen werden, auch wenn diese meist schwieriger zu erfassen sind als
beispielsweise die physischen Belastungen im Arbeitsalltag.
Bei der Erfassung psychischer Belastungen kann zwischen zwei Verfahren
unterschieden werden. Bei dem Verfahren der Fremdeinschätzung werden die
psychischen Belastungen in der Regel auf Basis von Beobachtungen oder Interviews
von externen Expert_innen erfasst. Ein anderes und in der Regel kostengünstigeres
Verfahren stellt die Selbsteinschätzung dar. Mit Hilfe von schriftlichen Befragungen
können die Mitarbeiter_innen ihre subjektiven Einschätzungen äußern.
Insgesamt kann eine Gefährdungsanalyse einen Beitrag zur Gesundheit, der
Zufriedenheit und dem Wohlbefinden der Mitarbeiter_innen leisten. Voraussetzung
hierfür ist, dass sie partizipativ an der Gestaltung und Umsetzung beteiligt sind.
Eine Analyse der Gefährdungen darf nicht nur sporadisch geschehen, sondern ist als
fortlaufender Prozess zu sehen. Eine für alle Beteiligte einsehbare Dokumentation ist
die Basis für eine Evaluation. In regelmäßigen Abständen sollte die Umsetzung der
getroffenen Maßnahmen überprüft und eine erneute Analyse und Bewertung der
Arbeitsgefährdungen, speziell auch der psychischen Belastungen, erfolgen. (vgl.
Scharnhorst, 2012, 95 ff.)
Eine regelmäßige Gefährdungsanalyse innerhalb der Einrichtung signalisiert den
pädagogischen Fachkräften, dass dem Träger und der Kindertagesstättenleitung die
Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter_innen wichtig sind.
6.4.2 (Team-)Supervision
Als Supervision wird eine berufsbezogene Beratung für Fachkräfte bezeichnet. Der
Fokus liegt auf der Entwicklung neuer beruflicher Handlungsmöglichkeiten und
kreativer Problemlösung. Hierbei sei es nicht das Ziel Lösungen vorzugeben, sondern
Veränderungsprozesse zu unterstützen, die die Autonomie der Beteiligten
berücksichtigt. Supervision kann einen wertvollen Beitrag zur Förderung der
persönlichen Ressourcen der Mitarbeiter_innen, aber auch der Teamkultur leisten.
(vgl. Schulz, 2010, 20)
Der oder die Supervisor_in nimmt eine neutrale Position gegenüber dem Team, der
Leitungskraft und dem Träger der Einrichtung ein.
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 60
Im Vergleich zu anderen Beratungs- und Coachingformen beschäftigt sich Supervision
nur insofern mit der individuellen Lebenslage der Teammitglieder_innen, wie sie den
Berufsalltag beeinflussen.
Ein Supervisionsbedarf wird in der Regel erst gesehen, wenn ungelöste Probleme die
Arbeitsfähigkeit des Teams bereits vermindern. In einem solchen Fall dient die
Supervision dazu die bisherigen Lösungswege zu analysieren und neue zu suchen.
Andreas Schulz (2010), Psychotherapeut und Supervisor beschreibt in seinem Artikel
einer pädagogischen Fachzeitschrift diese Anwendung der Supervision als sehr
zeitintensiv und als „Position einer letzten Hilfe“. (Schulz, 2010, 20) Es bestehe die
Gefahr, dass in akuten Krisensituationen die Anordnung einer Supervision durch den
Träger von dem Team als Drohung empfunden wird. Schulz beschreibt jedoch, dass
sich Supervision im Bereich der Kindertagesstätte schon vor der Entstehung von
Krisen bewährt. Er beschreibt folgende Anlässe auf drei Ebenen:
Leitungsebene:
Eine Supervision auf Ebene der Leitungen von Kindertagesstätten ist beispielsweise
im Bereich der Reflexion der Leitungsrolle, den verschiedenen Führungsstilen oder der
Kooperation zwischen Träger und Team sowie ihrer speziellen Funktion für die
Leitungskraft sinnvoll.
Teamebene:
Auf der Teamebene können verschiedenste Anlässe für eine Supervision genannt
werden. Beispiele wären der Wunsch nach einer Kommunikationsverbesserung, die
Reflexion der Teamrolle, Zeit für fachlichen Austausch und speziell der Umgang mit
schwierigen Eltern oder die pädagogische Einschätzung von Kindern.
Organisationsebene:
Auch die Kooperation zwischen Träger und Einrichtung, die Entwicklung oder
Veränderung pädagogischer Konzepte sowie die Gründung eines neuen
Trägerverbandes können Anlässe darstellen eine Supervision in Anspruch zu nehmen.
(vgl. ebd., 20 f.)
In den genannten Situationen können unterschiedliche Formen der Supervision
angewendet werden. Im Bereich der Kindertagesstätte, in Bezug auf eine Burnout-
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 61
Prävention innerhalb der Einrichtung, erscheinen gerade die Team- und
Leitungssupervision sinnvoll.
In einer Teamsupervision wird der Entwicklungsprozess eines Teams zu einer
verbesserten Kommunikation, Kooperation und Konfliktfähigkeit angeregt. Vertrauen
und Zusammenhalt kann so gestärkt, die Fähigkeit Konflikte konstruktiv zu nutzen und
an ihnen zu wachsen gefördert und Tagesabläufe unter Berücksichtigung der
individuellen Rolle eines jeden Teammitglieds optimiert werden. (vgl. Schulz, 2010, 21)
Eine Teamsupervision kann so, auch in Bezug auf den Ergebnissen des empirischen
Forschungsteils dieser Arbeit, den Arbeitsalltag entscheidend beeinflussen. Sie kann
demnach als Möglichkeit der Burnout-Prävention gesehen werden.
Der Umfang und die Dauer einer Supervision sind individuell festzulegen und hängen
von dem Thema, der Einstellung und Bereitschaft des Teams und dem finanziellen
Rahmen der Trägerschaft ab. Die Leitung einer Kindertagesstätte sollte gerade in
Bezug auf Supervisionsmaßnahmen in engen Kontakt zum Träger stehen.
Regelmäßige Berichterstattungen über die Entwicklungen im Team können zum einen
die Position des Teams und zum anderen die Bereitschaft des Trägers stärken, die
Supervision zu finanzieren. (vgl. Schulz, 2010, 22)
6.4.3 EAP-Maßnahmen
EAP steht für den englischen Begriff „Employee Assistance Program“, also eine
externe Beratung der Mitarbeiter_innen eines Betriebes. Unter dem Begriff EAP wird
ein Service verstanden, den Unternehmen ihren Mitarbeiter_innen ermöglichen, um
sie in ihren individuellen Belangen zu unterstützen. Innerhalb eines solchen
Programms können sich Mitarbeiter_innen und oftmals auch deren Angehörige bei
arbeitsbedingten oder persönlichen Problemlagen vertraulich an geschulte
Berater_innen wenden, die sie bei der Problemlösung unterstützen. (vgl. Schulte-
Meßtorff & Schulte, 2010, 44)
Die Themen der externen Mitarbeiterberatung sind vielfältig. Die Möglichkeiten reichen
von gesundheitlichen Anliegen, wie Fragen zu Gesundheitsdiensten oder
Suchtprävention, über privaten Sorgen, wie Erziehungsprobleme oder
partnerschaftliche Veränderungen, bis zu Belastungen am Arbeitsplatz, beispielsweise
durch Konflikten mit Kolleg_innen. (vgl. Schulte-Meßtorff & Schulte, 2010, 45)
Handlungsempfehlungen für Leitungen von Kindertagesstätten
S e i t e | 62
Das Ziel von EAP Maßnahmen ist es die Stabilität, Gesundheit und Leistungsfähigkeit
der Mitarbeiter_innen eines Betriebes nachhaltig zu fördern. Verschiedene
Fachberatungsstellen, wie beispielsweise auch die Coachin aus Hamburg (siehe
Kapitel 5) bieten externe Mitarbeiterberatung speziell für das Arbeitsfeld
Kindertagesstätte an.
6.4.4 Sport- und Präventionskurse
Matthias Burisch untersucht im Rahmen seiner Arbeit zum Thema Burnout auch
empirische Studien zur Burnout-Intervention. Schaufeli und Enzmann beschäftigen
sich so unter anderem mit einer gesunden Lebensweise in Bezug auf Burnout und
benannten so den positiven Effekt von Bewegung auf Angst und Depressionen. Die
Signale des Körpers zu spüren sei zum einen ein entscheidender Schritt in der
Burnout-Therapie, kann sich aber auch präventiv auf die Gesundheit und das
Wohlbefinden auswirken. (vgl. Burisch, 2014, 213)
Auch Herbert Freudenberger zählte bereits 1974 zu seinen Burnout-
Präventionsvorschlägen den Punkt „Körperliche Fitness durch Training steigern“.
(Freudenberger 1974, zit. n. Hillert, 2012)
Einige Träger von Sozialeinrichtungen bieten ihren Mitarbeiter_innen Unterstützung in
Form von Vergünstigungen von Sport- oder Präventionskursen an.
Das Spektrum von sinnvollen Unterstützungsangeboten ist vielschichtig und kann von
Angeboten der Physiotherapie, Vergünstigungen in Fitnessstudios über Kurse für
verschiedenste Entspannungsmethoden bis hin zur Suchtberatung reichen.
Die Rolle der Leitung ist einmal mehr die Kolleg_innen über derartige
Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren oder gegebenenfalls innerhalb der
Trägerschaft zum Nachdenken über Kooperationen und Unterstützungsformen im
Bereich der gesunden Lebensweise zu appellieren. Zudem ist die Vorbildfunktion auch
unter diesem Gesichtspunkt nicht zu missachten.
Fazit
S e i t e | 63
7. Fazit
Die vorliegende Bachelor-Thesis beschäftigt sich mit der Burnout-Thematik im
speziellen Bezug auf Pädagog_innen, die im Arbeitsfeld der Kindertagesstätte tätig
sind. In diesem Rahmen wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet, die
Leitungskräfte innerhalb ihrer Einrichtungen zur Burnout-Prävention nutzen können.
Es ist zunächst festzustellen, dass der Burnout-Begriff, seitdem er in den 1970er
Jahren erstmals in der Fachliteratur thematisiert wurde, eine große Popularität
erfahren hat. Trotz vielfältigen Autoren und diversen Forschungsunternehmungen
konnte keine allgemein gültige Definition festgelegt werden. Gerade die unzureichende
Diagnosemöglichkeit aufgrund der fehlenden Einordnung in dem internationalen
medizinischen Diagnosenkatalog (ICD-10) kann die erfolgreiche Behandlung
erschweren. Zudem schwächen diese Unklarheiten eine flächendeckende Einführung
von Burnout-Präventionsstrategien im Rahmen eines notwendigen
Gesundheitsmanagements in Unternehmen jeglicher Art.
Unabhängig davon, inwieweit Burnout als Diagnose möglich ist, ist festzuhalten, dass
immer mehr Menschen massiv unter ihren Lebens- und Arbeitsbedingungen leiden.
Um dem entgegenzuwirken müssen alle Beteiligten in ihrer jeweiligen
gesellschaftlichen Rolle aktiv werden.
Die nähere Betrachtung des Tätigkeitsprofils der in Kindertagesstätten beschäftigten
Fachkräfte haben die möglichen physischen und psychischen Belastungen
verdeutlicht. Ihr Arbeitsalltag ist von vielfältigen, sich addierenden und nicht von
einzelnen prägnanten Belastungsfaktoren geprägt. Neben physischen Belastungen,
bedingt durch eine ungünstige Körperhaltung, führen die erhöhten Anforderungen
sowie die unzureichende Personaldecke vermehrt zu Stresssituationen. Die Aussagen
der Expert_innen im empirischen Forschungsteil dieser Arbeit können dies bestätigen.
Auch wenn sich die Autoren der gängigen Fachliteratur weitgehend einig sind, dass
das Burnout-Syndrom nicht, wie früher angenommen, überwiegend in sozialen
Berufsfeldern auftritt, sondern mittlerweile verschiedenste Berufs- und
Personengruppen treffen kann, sind die wachsenden Anforderungen sowie die
mangelnden finanziellen und personellen Ressourcen im Bereich Kindertagesstätte
als potenzielles Burnout-Risiko nicht zu verkennen.
Fazit
S e i t e | 64
Aussagen aus der Fachliteratur, Weiterbildungsinitiativen und die Eindrücke der
Expert_innen des empirischen Forschungsteil dieser Bachelor-Thesis betonen die
entscheidende Rolle der Kindertagesstättenleitung in Bezug auf die Gesundheit und
das Wohlbefinden der in der Einrichtung beschäftigten Personen. In dieser
vorliegenden Arbeit wurden Handlungsempfehlungen für Leitungen von
Kindertagesstätten entwickelt, um der Entstehung eines Erschöpfungszustandes der
Mitarbeiter_innen entgegenzuwirken. Es wurden unter anderem Techniken der
Mitarbeiter_innenführung, Unterstützungen zur Teambildung und
Probleminterventionsmöglichkeiten dargestellt.
Damit diese umgesetzt und ein Gesundheitsmanagement erfolgreich innerhalb der
Einrichtung implementiert werden kann, bedarf es ein generelles Wissen und die
Einsicht der Leitungskraft über die vermehrten Anforderungen und den möglichen
psychischen Belastungen von Pädagog_innen. Es muss der aktive Wunsch und Wille
bestehen um nachhaltig präventive Maßnahmen im Kindertagesstätten Alltag
umzusetzen. Dabei ist die Kommunikation zwischen der Trägerschaft, der Leitung und
den am Kind arbeitenden pädagogischen Fachkräften eine besondere Bedeutung
zuzukommen. Die Implementierung eines erfolgreichen Gesundheitsmanagements,
das Maßnahmen zur Burnout-Prävention beinhaltet, gelingt, wenn die
Mitarbeiter_innen partizipativ in die Entwicklung miteinbezogen werden. Es bedarf ein
Erkennen der Wichtigkeit von präventiven Maßnahmen auf Seiten des
Kindertagesstättenträgers und somit auch das Investieren von finanziellen Mitteln um
beispielsweise ein Supervisionsangebot zu ermöglichen. Die Leitung muss die
Wünsche und Bedarfe ihres Teams erkennen und diese anschließend mit der
Trägerschaft kommunizieren.
Eine Veränderung auf politischer Ebene ist von allen Beteiligten, dem Träger, der
Leitung, der Pädagog_innen und auch der Elternschaft zu fordern. Ein
verantwortungsvolles Gesundheitsmanagement und präventive Maßnahmen alleine
können den vielfältigen Belastungen dieses Arbeitsfeldes nicht entscheidend
entgegenwirken, wenn sich die gesetzlich bedingten Arbeitsbedingungen nicht
verbessern. So sollte beispielsweise der Personalschlüssel neu berechnet werden.
Hierbei muss krankheits-, fortbildungs- und urlaubsbedingter Ausfall berücksichtigt
werden.
Fazit
S e i t e | 65
Resümierend muss dem Bereich der psychischen Belastungen und dem Burnout-
Risiko im Tätigkeitsfeld der Kindertagesstätte von allen involvierten Personen mehr
Aufmerksamkeit geschenkt werden
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S e i t e | 66
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der „Burnout-Zyklus“ nach Freudenberger & North, 1992, 123 .............. 9
Abbildung 2: Führungspuzzle nach Simsa & Patak 2008, 11.................................. 31
Abbildung 3: Systematik einer Gefährdungsanalyse nach Scharnhorst 2012, 81 f. .. 58
Anhang
S e i t e | 70
Anhang
Leitfaden zur Durchführung der Experteninterviews .............................................. 71
Analyse des Interviewmaterials in Tabellenform.................................................... 73
Transkription B1 .................................................................................................... 90
Transkription B2 .................................................................................................. 100
Schriftliche Beantwortung der Interview Fragen B3 ............................................. 107
Anhang
S e i t e | 71
Leitfaden zur Durchführung der Experteninterviews
Untersuchungsfrage:
„Wie kann Burnout von Pädagog_innen im Arbeitsfeld der Kindertagesstätte
vorgebeugt werden? Wie kann speziell die Leitung einer Kindertagesstätte
handeln?““
Anlass:
Im Rahmen der Bachelor Arbeit, kleiner empirischer Forschungsteil
1. „Anwärmfrage“: Vorstellung der eigenen Person
Der Vollständigkeit halber würde ich Sie bitten sich und Ihre Arbeit kurz vorzustellen.
ggf. folgende Nachfragen:
- Wie lange sind Sie in Ihrem Beruf tätig
- Wo liegen Ihre beruflichen Schwerpunkte?
2. Allgemeine Fragen zur Burnout-Thematik:
Was wissen Sie zu dem Thema Burnout?
In welchem Bezug stehen Sie zu der Thematik Burnout?
3. Weiterführende Fragen zum Thema Burnout im Bereich der
Kindertagesstätte
Und inwieweit ist Ihnen die Thematik „Burnout im Arbeitsbereich der
Kindertagesbetreuung“ in Ihrem professionellen Alltag begegnet?
In der Fachliteratur wird von einem erhöhten Burnout Risiko in pädagogischen
Berufsfeldern gesprochen. Wie sehen Sie das?
ggf. folgende Nachfragen:
- Wo sehen Sie besondere Risikofaktoren für Pädagog_innen?
- Sehen Sie auch mögliche Schutzfaktoren in diesem Berufsfeld?
Welchen Zusammenhang sehen sie zwischen persönlicher und beruflicher
Unzufriedenheit und einem erhöhten Burnoutrisiko?
Welche Rolle spielt die Kita-Leitung, in Bezug auf das Thema Burnout in der Kita,
Ihrer Meinung nach?
Anhang
S e i t e | 72
4. Burnout Prävention
Was sagen Sie zu dem Stichwort Eigenverantwortung der PädagogInnen?
- Was können sie tun, um Burnout vorzubeugen?
Wie könnte eine Kitaleitung Burnout innerhalb Ihrer Einrichtung vorbeugen?
- Welche Rolle spielt dabei der Kitaträger? Was kann die Trägerschaft tun, was
sollte sie leisten?
5. Burnout Intervention
Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach zu gehen, wenn sich erste Burnout-
Anzeichen bei einem selbst, oder bei Kolleg_innen zeigen?
6. Ausblick
Was möchten sie noch sagen?
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben!
Anhang
S e i t e | 73
Analyse des Interviewmaterials in Tabellenform
Interview Frage Coachin (B1) Träger-Mitarbeiterin (B2) Kita-Berater (B3)
1. Daten zur Person
Ja, welche Stichpunkte brauchen Sie. Ich bin 42 Jahre alt. (...) Ich bin derzeit in doppelter Funktion tätig: Einerseits bin ich als Geschäftsführerin des __________-Institut tätig. Das hat sich dem Thema betriebliches Gesundheitsmanagement verschrieben. Das heißt wir bieten zwei Aspekte an: Das klassische EAP (Employee Assistance Program), wo wir Firmenkunden anbieten ihre Mitarbeiter zu betreuen, in den psychischen wie auch den physischen Felder. Das heißt einerseits alles das, was mit dem Thema Kopf zu tun hat: Sorgen, Nöte, Schwierigkeiten. Aber eben auch in den Teilbereichen Erkrankungen, Ehe- , Paar- und Schuldnerberatung. In einigen Teilen auch Rechtsberatung, klassisches Coaching, Psychotherapeutische Leistungen. (Zeile 17 – 26) Weiter habe ich meine eigene Praxis als systemischer Coach. Ich hab meine Ausbildung im Jahr 2003 abgeschlossen, da kam das Thema Burnout in Deutschland gerade erst auf den Markt. (Zeile 40 – 42) Noch kurz zu meinem Lebenslauf: Ich hab das Thema der Berufsausbildung, der Sozialberatung, des Management-Coachings und der Führungskräfte Schulung für die deutsche __________ verantwortet. Hab dort einen großen Verantwortungsbereich gehabt, für gut 13 Jahre. Die Verantwortung für 970 Auszubildende und einem der größten Trainingsbetriebe weltweit mit gut 400 Trainern, das ist so die Schule aus der ich in Anführungsstrichen komme. Genau und jetzt bin ich selbst Unternehmerin. (Zeile 48 – 54)
Ich bin ------------- und arbeite seit 14 Jahren für -----------. Ich habe sieben Jahre als Erzieherin gearbeitet und während der Zeit berufsbegleitend an der Uni Erziehungswissenschaften studiert. (…) Nach sieben Jahren habe ich fünf Jahre als Leitung einer Einrichtung gearbeitet, die ich 2012 aufgegeben habe um komplett freigestellt zu arbeiten für den Bereich Gesundheit, Arbeitsschutz, interne Fortbildung,Organisationsentwicklung und Leitungsberatung. Das habe ich ab 2009 mit einer halben Stelle gemacht, halbe Stelle Leitung und seit 2012 komplett freigestellt für die eben genannten Tätigkeiten. (Zeile 30 – 37) Ich bin halt von der Ausbildung her Erzieherin und Diplom Pädagogin. Und habe dadurch, dass ich beim Gesundheitsamt war, und dort eine Informationsveranstaltung zum Thema Gesundheit und Infektionsquellen sehr spannend fand, festgestellt, dass wir im Träger da überhaupt gar nicht aufgestellt sind. So habe ich diesen Bereich, mehr oder weniger freiwillig übernommen, und finde es jetzt ganz spannend auch Sachen einfach umzusetzen. Das fängt an mit den
Michael Schaaf, Jahrgang 1964, Diplom-Pädagoge, Qualitätsmanager für soziale Dienstleistungsunternehmen (DAD), langjähriger Kita-Leiter, Referent, Projektleiter, selbständiger Kita-Berater mit den Schwerpunkten Gesundheitsförderung, Qualitätsmanagement und Coaching. (Zeile 5 – 9)
Anhang
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gesetzlichen Vorgaben, die erst einmal zu etablieren. Mittlerweile sind wir soweit, dass wir auch gucken, was wir an zusätzlichen Leistungen noch einbringen können. (Zeile 39 – 47)
2. Allgemeine Fragen zur Burnout Thematik
- In welchem Bezug stehen Sie zu der Thematik Burnout?
Also unter anderem habe ich einen Dozentenauftrag an der Hochschule __________ zum Thema Burnout und es ist ganz häufig Thema in der Einzelberatung. (Zeile 58 – 60)
Hmm, direkt betroffen bin ich davon nicht, (..) ich kann auch nicht sagen, dass wir ganz viele Fälle davon haben. Ich weiß, dass eine Kollegin längere Zeit, als sie als Erzieherin gearbeitet hat, mit Burnout krankgeschrieben war. Mittlerweile arbeitet sie als Leitung und hat das ganz gut überwunden. (...) Dass mir sonst Fälle davon jetzt so explizit benannt wurden, kann ich nicht sagen. Was ich weiß ist, dass der Anteil der Krankschreibungen auch von psychischer Belastung höher wird. Ich kann keine genauen Zahlen sagen, weil ich immer nur die reinen Meldungen kriege. Aber ich kann dann auch nachfragen und mal rauskriegen, wenn jemand über 42 Tage im Jahr krank ist, was denn vielleicht der Grund war. Aber es sind einzelne Leute im Gespräch, es zeigt sich dann schon, dass sie dann einfach auch die Notbremse gezogen haben, auf Grund der Belastungen und deswegen sich haben Krankschreiben lassen. (Zeile 54 – 65)
Als Projektleiter für das Diakonische Werk Hamburg habe ich das dreijährige ESF-Projekt „Alternsgerechte Arbeitsplatzgestaltung in evangelischen Kitas“ von 2011 - 2014 betreut. Dem Thema „Burnout“ bzw. „Psychische Belastungen“ wurde ein Fachtag mit externer Referentin gewidmet. Im Projektverlauf sind außerdem Faktoren benannt worden, die dazu beitragen können, dass pädagogische Kita-Mitarbeiter/innen gesund, motiviert und qualifiziert, sprich arbeitsfähig, bleiben. Zusammengestellt sind die Ergebnisse auf der Webseite www.kita-alternsgerecht.de und in der Broschüre „Alternsgerechte Gestaltung von Arbeit in evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder. Empfehlungen und Arbeitshilfen für Träger und Teams“ (BETA, 2014). (Zeile 14 – 24)
3. Weiterführende Fragen zum Thema Burnout im Bereich der Kita
- Inwieweit ist Ihnen die Thematik
Ja. Pädagogen aus dem Grunde sehr gerne, weil sie ziemliche Schwierigkeiten haben, gerade die, die an Schulen beschäftigt sind... Wenn die sich in
Hmm, direkt betroffen bin ich davon nicht, (..) ich kann auch nicht sagen, dass wir ganz viele Fälle davon haben.
Als Kita-Leiter, Referent und Projektleiter bin ich auf viele Kolleginnen und Kollegen gestoßen, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz
Anhang
S e i t e | 75
„Burnout im Bereich der Kindertagesbetreuung“ in Ihrem professionellen Alltag begegnet?
therapeutische Behandlung begeben, weil das nicht wirklich Karrierefördernd ist. Psychische Erkrankungen machen sich in dem Bereich nicht gut. Beispielsweise Oberstudienrätinnen und -räte sind hier gern gesehene Gäste. (lachend) (Zeile 64 – 70)
Ich weiß, dass eine Kollegin längere Zeit, als sie als Erzieherin gearbeitet hat, mit Burnout krankgeschrieben war. Mittlerweile arbeitet sie als Leitung und hat das ganz gut überwunden. (...) Dass mir sonst Fälle davon jetzt so explizit benannt wurden, kann ich nicht sagen. Was ich weiß ist, dass der Anteil der Krankschreibungen auch von psychischer Belastung höher wird. Ich kann keine genauen Zahlen sagen, weil ich immer nur die reinen Meldungen kriege. Aber ich kann dann auch nachfragen und mal rauskriegen, wenn jemand über 42 Tage im Jahr krank ist, was denn vielleicht der Grund war. Aber es sind einzelne Leute im Gespräch, es zeigt sich dann schon, dass sie dann einfach auch die Notbremse gezogen haben, auf Grund der Belastungen und deswegen sich haben Krankschreiben lassen. (Zeile 54 – 65) Ich werde ja immer zum Quartalsende benachrichtigt, (..) da kriege ich die Krankenzahlen, weil wir bezüglich des Eingliederungsmanagement das ja nicht mehr übers Kalenderjahr rechnen, sondern immer fortlaufend über 12 Monate, von daher kriege ich immer zum Quartalsende die Krankenstatistiken und da sehe ich einfach, dass die Zahlen der Krankentage ansteigen, und das über alle Altersstufen hinweg. Es ist natürlich so, dass je älter die Mitarbeiter sind, desto eher sind sie auch mal einen Tag krank. Was
ausgesetzt sind. Die Art der Stressoren und der Umgang mit ihnen waren äußerst unterschiedlich. Kritisch wurde es aus meiner Sicht immer dann, wenn sich zu den beruflichen auch noch private psychische Belastungen gesellen. (Zeile 30 – 35)
Anhang
S e i t e | 76
einfach mit dem Alter und der körperlichen Belastung in unserem Beruf zusammenhängt. Aber bei einzelnen Nachfragen stellt sich raus, dass es nicht immer körperliche Sachen, sondern dann auch mal psychische Zusammenhänge sind. (Zeile 73 – 82)
-In der Fachliteratur wird von einem erhöhten Burnout Risiko in pädagogischen Berufsfeldern gesprochen. Wie sehen Sie das?
Das gilt für alle helfenden Berufe, und zu diesen Berufen gehören auch die Pädagogen mit dazu. Am schlimmsten ist es in der Tat in der Fraktion der Krankenhäuser, der Mediziner aber auch im juristischen Bereich ist es ein sehr gern genommenes Thema. Das heißt alle helfenden Berufe sind erstaunlicherweise äußerst wenig in der Lage sich selber zu helfen, weil die eigenen persönlichen Grenzen des Leistungsvermögens im Regelfall nicht erkannt werden. Das ist eine Berufskrankheit: Ja! Und natürlich gehören auch die helfenden Berufe für die Kinder mit dazu. (Zeile 73 – 80)
Dem kann ich voll und ganz zustimmen, da zur Bewältigung der gestiegenen Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte (Implementierung von Bildungsplänen und Qualitätsmanagementsystemen, Erwartungshaltung der Gesellschaft, des Trägers und der Eltern, Inklusionskonzepte, …) keine adäquaten zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt worden sind. (Zeile 41 – 46)
- Wo sehen Sie besondere Risikofaktoren für Pädagog_innen?
Die Grundmotivation einen helfenden Beruf aufzunehmen ist ja, dass man persönlich sehr viel daraus zieht helfen zu können. Und das widerspricht schon mal ganz logisch, dass man große Kompetenz darin hat selber Grenzen zu ziehen. Ein direkter kausaler Zusammenhang. Das was häufig passiert ist das, dass die Themen häufig abgedeckelt werden, im amerikanischen sagt man gerne dazu "we numb" also man lenkt ab, deckelt ab, das heißt ob das Alkohol, Tabletten, Sexsüchte, also die gesamte Bandbreite findet dann statt, die einem nicht hingucken lässt. (Zeile 83 – 90)
Fangen wir ganz einfach an: Worüber alle sprechen, sind die Rahmenbedingungen, der Personalschlüssel. Nicht umsonst gibt es jetzt diese Diskussionen. Auch die Zusagen, die die Behörde gemacht hat, schafft keine Entlastung, weil die Träger einfach noch einen großen Anteil selber finanzieren müssen. [Anmerkung: Es geht um die im Dezember 2014 von der SPD angekündigte Anhebung des Personalschlüssels in Hamburger Kinderkrippen] […] Es gibt keine Zeit für die mittelbare Pädagogik, das heißt die Pädagogen versuchen in ihrer Vorbereitungszeit Elterngespräche vorzubereiten, Dokumentationen zu
Team arbeitet nicht gut zusammen; Anforderungen überfordern; zu wenig Personal bzw. Zeiten für mittelbare Pädagogik; Leitung führt nicht; keine Rückendeckung des Trägers; aufgrund von Teilzeitstellen müssen zusätzliche Nebenjobs ausgeübt werden, weil das Geld sonst nicht reicht, Lärm. (Zeile 51 – 55)
Anhang
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schreiben, Beobachtungsbögen auszufüllen. (…) Das führt dazu, das immer ein Pädagoge nicht am Kind arbeitet und dadurch die anderen Pädagogen immer mehr Kinder haben, als für die sie eigentlich zuständig sind oder die sie im Angebot haben sollten um qualitativ gut zu arbeiten. Das ist ein Faktor. (Zeile 94 – 105) Den Zweiten Faktor sehe ich ganz klar bei den Eltern, die zum Einen immer mehr Verantwortung an die Kita abgeben, und versuchen dadurch zu bekommen, dass Kita Erziehungsarbeit leistet und nicht Bildungsarbeit und sie als Eltern möglichst wenig konsequent mit ihren Kindern sein müssen und die Kita alles regelt und macht, dass sie ein perfektes, in Anführungsstrichen, Kind bekommen, dass mit Messer und Gabel essen kann, das gehorcht, das nur macht was man sagt und am besten gar nicht widerspricht. Und dazu kommt, dass die Eltern sich über Themen, die in meinen Augen Kleinigkeiten sind: Essen, Schlafen, nach Draußen gehen, nicht richtig Angezogen sein, nicht häufig genug die Windel gewechselt bekommen(..) sich nicht gehört fühlen. Oder: ohje mein Kind wurde geschlagen, was ist denn da los. Sich Gedanken machen und deswegen ganz viel Gesprächsbedarf haben. Es ist ganz viel Aufklärungsarbeit von den Pädagogen gefordert. So müssen sie immer wieder die gleichen Sachen erklären. Das ist normal, weil die
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Kinder Fluktuation einfach da ist, wenn die Kinder mit einem Jahr kommen, gehen sie spätestens mit sechs in die Schule, wenn sie zwischendurch nicht die Einrichtung wechseln, umziehen oder irgendetwas tun, müssen sie es nicht regelmäßig erklären. Mittlerweile ist es aber so, dass man es den gleichen Eltern mindestens zweimal im Jahr erklären muss und das macht einfach ganz viel Stress aus. Und auch das kann die Leitung nicht alles auffangen. Und dazu kommt, dass die Arbeit mit den Kindern eben auch eine hohe Konzentration erfordert und dadurch Belastungen ausübt. Jeder der noch so gerne seinen Job macht, kommt irgendwann an sein Limit, wenn man in der Regel 10 Kinder im Angebot hat und dann aber dauerhaft 15 Kinder, weil die Pädagogen mal krank sind, mal ausfallen, mal Urlaub haben. Das ist einfach was anderes. Und es ist natürlich ein Unterschied ob ich ein- und zweijährige Kinder dabei habe oder ob ich fünf- und sechsjährige Kinder dabei habe. Durch die Verjüngung der Kinder in den Kitas steigt auch da die Belastung, weil auch da der Großteil der Pädagogen dafür gar nicht ausgebildet ist. (Zeile 109 – 136)
- Sehen Sie auch mögliche Schutzfaktoren in diesem Berufsfeld? (Die vor psychischen Belastungen
Anerkennung ist überhaupt die größte Überschrift in helfenden Berufen. Wie kann man Anerkennung kanalisieren. Oder was kann eine Führungskraft an dieser Stelle tun. Und was schafft Befriedigung? Und wenn es um das Thema Anerkennung geht, dann sind wir völlig in der Gefühlswelt, die ist individuell und im Regelfall sehr unterschiedlich.
Team harmoniert, Mitarbeiter/innen unterstützen sich gegenseitig, gutes Betriebsklima; gute Rahmenbedingungen; Leitung führt das Team, nutzt die Potenziale der einzelnen Mitarbeiter/innen und beteiligt diese an wichtigen Entscheidungen ihren Arbeitsplatz betreffend; Schallschutz (Lärm ist ein großer Stressor!).
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schützen können)
Genauso wenig wie man Schmerz messen kann, kann man auch das einfach schwer in allgemein gültige Worte fassen. Ganz ehrlich, ich bin auch der festen Überzeugung, dass es gut so ist, nicht zu allem eine Skalierung zu haben oder eine entsprechende Wertigkeit an der Stelle. Das gibt es auch in keinem Land. Es gibt noch kein medizinisches System was da eine Einigung gefunden hat und auch das ist gut so. Ich glaube am besten verdeutlichen kann man sich das am Thema Schmerz. Also jemand der krank ist, ist individuell betroffen und wenn man anfangen würde eine Skalierung zu schaffen, was ist eigentlich schlimm und was ist schlimmer... Ist ein amputiertes Bein schlimmer als Krebs? Und genauso kann man auch im übertragenden Sinne nicht sagen, allgemein hin braucht man in helfenden Berufen die und die Erfahrungen, oder Kontakte oder Themen oder Aufgabenbereiche um ein möglichst hohes Maß an Anerkennung erfahren zu haben. Und auch stellt sich die Frage, ist Anerkennung überhaupt etwas, was von außen gesteuert werden kann? Also ist Anerkennung ein stetiges Lob vom Vorgesetzen oder kann Anerkennung damit anfangen, zu gucken, dass die Menschen ein vernünftiges Selbstkonzept und Selbstwertgefühl haben, weil dann brauchen sie deutlich weniger Anerkennung. (lachend) Dann kann ich das für mich selber "verhackgemüseln". Wenn es intrinsisch ist und aus mir selber kommt und ich auch selber damit klarkomme festzustellen, war das in Ordnung was ich geleistet habe, dann brauche ich meinen Vorgesetzen oder kollegiale Streicheleinheiten oder Streicheleinheiten von Kindern, Eltern und dazu gehörigen Bezugspersonen deutlich weniger. (Zeile 102 – 128)
(Zeile 60 – 64)
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Wir brauchen stabile Persönlichkeiten in helfenden Berufen, haben wir aber nicht. (Zeile 131 – 132)
- Welchen Zusammenhang sehen sie zwischen persönlicher und beruflicher Unzufriedenheit und einem erhöhten Burnoutrisiko?
(...) Also in der ersten Assoziation hätte ich erst einmal Nein gesagt. Burnout ist in erster Linie "Hausgemacht" (zeigt Anführungsstriche mit den Fingern) und nicht „Institutionsgemacht“, sondern von der Person selber. Das was wir auch im Seminar hatten: Burnout, Ausgebrannt sein kann nur dann passieren, wenn ich selber erst mal für etwas brenne! Das heißt ich vernachlässige schlussendlich die anderen Themenbereiche meines Lebens und kümmere mich primär um das Thema Beruflichkeit, das bringt eine viel zu hohe Wichtigkeit. Erst einmal darauf gestützt das man ganz viel bekommt: Anerkennung, Geld, Erfolg. Das ist der Treiber an der Stelle, in dem Zusammenhang merkt man nicht, dass die anderen Lebensbereiche deutlich in den Hintergrund treten, Kontakte sich verlieren, man weniger Zugang zu seinem eigenen Selbst hat, man eben keine persönlichen Interessen mehr verfolgt. Das Thema Arbeit gewinnt einfach viel zu viel Raum. Zu Ihrer Frage, (...) Das sind Geschichten, die mit der Institution als solche erst einmal nichts zu tun haben. (Zeile 140 – 154)
Eine andauernde Doppelbelastung von beruflichen und privaten Problemen macht kurzfristig unzufrieden und langfristig krank. Ein offenes Gesprächsklima hilft, Belastungen anzusprechen und gemeinsam Lösungen zu suchen. (Zeile 70 – 73)
- Welche Rolle spielt die Kita-Leitung, in Bezug auf das Thema Burnout in der Kita, Ihrer Meinung nach?
Erschöpfung kann auch daher kommen, das ist aber eine ganz andere Erschöpfung, nämlich wenn ich ausgebeutet werde. Das ist aber eine Erschöpfung aus der ich mich deutlich besser abgrenzen kann, weil ich nicht mit meinem ganzen Selbst und mit meiner ganzen Persönlichkeit in diesem Block des Jobs gegangen bin, sondern Ausbeutung heißt auch immer, dass die Menschen ein Stück weit den Abstand zu einer Situation halten, indem sie spüren und merken, meist mit jeder Faser ihres Körpers, die nehmen mich hier aus. Das gibt es auch, gerade im helfenden Bereich: permanente Überstunden, dieses „Kannst du noch mal, ansonsten haben wir niemanden für
Die Leitung ist die Schlüsselposition und ein Vorbild. Sie gibt die Richtung vor und sorgt dafür, dass alle Mitarbeitenden „im Boot sitzen“. Wo die Leitung ihr Team nicht gut führt, ist die Unzufriedenheit vorhersehbar. Und damit ist der Nährboden für psychische Belastungen bereitet. (Zeile 79 – 82)
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die…“, Also Opferschutz. Aber da ist man nicht so schwer und tief drin als wenn man seine ganze Identität in dem Block hat, also wenn man es für sich selber braucht, dass macht einen großen Unterschied. Und ja, da gibt es auch Erschöpfungszustände, absolut. Die sind aber anderer Natur. (...) Wo man immer noch einen Teil hat, der sagt: Eigentlich will ich das nicht. (Zeile 157 – 170) Also wenn das Ziel ist, dass man die Mitarbeiter in einem lebenslangen Arbeiten halten möchte, dann gilt es erstmal zu erkennen, dass das Leben nicht immer gleichförmig verläuft, sondern dass es Höhen und Tiefen gibt. Ich würde beraterisch mit einer Kitaleitung so vorgehen, dass ich gucken würde, was hat diese Person dazu befähigt diese Leitung zu bekommen. Das sind eigentlich Leistungsträger und wenn die dann mit den Ansprüchen die man an sich selber hat an den Rest den gleichen Maßstab anlegt, dann ist das schon mal der erste Schritt in die richtige Richtung. Was kann man konkret tun? Ja, einmal die gesamten Aspekte der Betriebsräte: vernünftige Personaldecke, Wertschätzung, Anerkennung, auch über Arbeitszeiten, Arbeitszeitmodelle, natürlich auch über Geld. Auf der Metaebene heißt das eigentlich auch erst mal eine andere gesellschaftliche Anerkennung zu schaffen. Ich kann nach wie vor nicht verstehen wo der große Unterschied zwischen einem Studienrat und einer vernünftigen Arbeit mit den Kindern liegt. (Zeile 189 – 202)
4. Burnout Prävention
- Was sagen Sie zu dem Stichwort Eigenverantwortung?
Das ist ja auch ein bisschen Eigenverantwortung von dem Menschen der sich zu so einem Beruf entschließt B1 Ja! (Zeile 133 – 135)
Erfahrungsgemäß ist es einfach so, dass wenn man ein paar Stunden in der Woche reduziert, es sich auf dem Gehaltszettel kaum bemerkbar macht, durch die Steuerklassen. Wo man dann schon überlegen sollte: zwei
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Was können Päd. tun, um Burnout vorzubeugen?
Stunden weniger arbeiten, 50 € weniger Geld. Wenn man nicht unbedingt darauf angewiesen ist, ist das in einigen Fällen schon eine Überlegung wert. (Zeile 143 – 147)
- Wie könnte eine Kitaleitung Burnout innerhalb Ihrer Einrichtung vorbeugen?
Umkehrschluss: Wenn ich eine Kitaleitung in meiner Beratung hätte, würde ich einen großen Wert auf eine vernünftige Begleitung meiner Mitarbeiter legen. Eine Supervision wäre unfassbar wichtig. Lebenslange Begleitung (..) Das Ganze funktioniert nie wenn man keine vernünftige Personaldecke hat. (Zeile 242 – 246 Also in der Verantwortung für den Mitarbeiter, wenn man möchte, dass dieser nicht in eine Langzeiterkrankung fällt, oder wenn man feststellt, dass da jemand permanent verschnupft ist, oder nicht gut drauf. Dann ist das natürlich in der Verantwortung des oder der Vorgesetzten. Das heißt es gilt die Dinge zu benennen, die aufgefallen sind. Im Vertraulichen Gespräch, wenn die Vertrauensbasis stabil ist, dann hat man evtl. Glück das derjenige sich öffnet, ansonsten kann man immer noch fragen, was kann ich, was können wir, was kann die Institution leisten und welchen Anteil haben wir daran. Das betrifft das Thema der Fürsorgepflicht. Ich habe hier in Leitungspositionen häufig diejenigen, (...) die sagen „die sollen sich mal nicht so anstellen“. Man muss in die eigene Supervision gehen und sich überlegen, warum bin ich eigentlich Führungskraft geworden, was hat mich an der Stelle ausgezeichnet und muss ich diesen Maßstab auch an die anderen stellen. Und wenn ich in so ein Gespräch mit einer herablassenden Haltung gehe und sage eigentlich haben sie doch nicht so viel , ich weiß nicht wo ihr Problem liegt. Dann muss man sich nicht wundern, wenn der Mitarbeiter nicht mehr wieder kommt. Das heißt man muss erst mal gucken für diejenigen die
Sie muss… klare Strukturen vorgeben, vertrauensvoll delegieren können, für eine gute interne Kommunikation und Gesprächskultur sorgen, ein offenes Ohr haben, Prioritäten richtig setzen, transparente Entscheidungen treffen, Mitarbeitende und ihre Belange ernst nehmen, Ansprechpartner/in sein und dabei dennoch Distanz als Vorgesetzte halten, auch mal unangenehme Gespräche führen und Entscheidungen treffen können, die Stärken ihrer Mitarbeiter/innen kennen und zielgerichtet einsetzen, menschlich und beruflich ein Vorbild sein. (Zeile 88 – 95)
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den Höhenflug an der Stelle geschafft haben, wie ist eigentlich der Realitätscheck zu den anderen die noch da sind. Ist da nicht nur ein Machtgefälle zwischen den Beiden, sondern auch ein Gehaltsgefälle, ein Anerkennungsgefälle. Das ist einfach eine andere Positionierung. In den meisten Kitas wird an dieser Stelle noch eine ganz schöne Hierarchie gelebt. Sodass man wirklich das Thema Wertschätzung den Führungskräften beibringen muss. Und im Zweifelsfalle muss man das über Schulungen tun. Wenn ich aber höre, dass bei unserem großen Kitaträger nicht einmal Führungskräfte-Sitzungen stattfinden, und auch wenn die Runde zu groß ist und es keinen so großen Sitzungssaal gibt, dann muss man eben das ganze nach Regionen oder Stadtteilen einteilen. Aber die gehören an einen Tisch. Wenn selbst das nicht stattfindet, dann darf ich mich auch nicht wundern. Wenn die Führungskräfte untereinander nicht einmal einen Austausch auf Augenhöhe hinbekommen, wie sollen sie es denn dann mit ihren Mitarbeitern in geordneter Form machen? (Zeile 272 – 302) Dazu gehört auch das Thema Supervision. Also zu ihrer Frage: Was kann die Führungskraft tun. Eine Führungskraft ist dazu da, alle Fäden zusammen zu halten und auch ein bisschen zu gucken in welche Richtung gelaufen wird. Die Solidarität der Führungskräfte untereinander kann nicht gegeben sein, wenn die sich nicht an einen Tisch setzen. Wie sollen sie dann für bessere Bedingungen sorgen? (...) (Zeile 362 – 367)
- Welche Rolle spielt dabei der Kitaträger? Was kann die Trägerschaft
Zwingend! Wir haben uns jetzt mit einem der größten Kitaträger in Hamburg im Rahmen des ______-Institut unterhalten, sie aber schlussendlich nicht als Kunden gewonnen, die aber eine ERP Maßnahme einführen werden. Wo jeder Mitarbeiter, wenn er sagt er hat etwas, sich extern Hilfe holen
Ja, also mittlerweile sind wir soweit, dass 35 Stunden quasi bei uns eine Vollzeitstelle ist und nur in Ausnahmefällen gibt es mehr Stunden, bzw. Kollegen die mehr Stunden haben, das sind Kollegen die schon
Der Kita-Träger hat durch die Bereitstellung der Ressourcen für Rahmenbedingungen zu sorgen, die es den Kita-Teams ermöglichen, ihren gesetzlichen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag zu erfüllen. Er soll der Kita-Leitung und den Mitarbeitenden die notwendige
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tun, was sollte sie leisten?
kann. Und das ist einfach das vernünftigste was man machen kann. Wenn Helfende sich im Team untereinander helfen wollen geht das im kollegialen Kontext ganz gut, wie in allen anderen Firmen auch, aber damit darf es nicht aufhören. (Zeile 249 – 255)
seit Jahr und Tag für uns arbeiten, denen nimmt man ja nicht einfach die Stunden weg um zu sagen: Jetzt darfst du nicht mehr arbeiten. Das muss dann von den Mitarbeitern selber kommen. Du kannst höchstens den Hinweis geben: Meinst du nicht gesundheitlich, wie siehst du denn das…, wie schätzt du das ein…? Mein Gefühl ist folgendes ... Als Leitung könnte ich solche Rückmeldung geben, oder als Trägervertreter wenn es mir auffällt. Aber die Entscheidung treffen dann die Mitarbeiter. (Zeile 156 – 164) Total, weil wie sollen sie sonst an Informationen kommen, wenn der Träger sie nicht streut. Der Träger muss Informationen auch so aufbereiten, dass die Mitarbeiter sie verstehen. Politiker reden viel und gerne, aber es ist selten für einen Erzieher nachzuvollziehen, was sie denn jetzt tatsächlich sagen. Wenn man jetzt Aktuell guckt, Schlagzeile war: 2019 Krippenschlüssel eins zu vier. Hört sich super an. Was dahinter steckt muss vom Träger erst mal übersetzt werden, dass es für alle verständlich ist. Und das ist schon unsere Aufgabe das zu leisten und weiterzugeben. Und auch uns selber quasi zu engagieren über den Dachverband und in den regional Ausschüssen und was da alles tagt. Präsent zu sein und Forderungen stellen. (Zeile 199 – 208)
Rückendeckung geben und seine Aufgaben kompetent und zuverlässig wahrnehmen. (Zeile 100 – 105)
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5. Burnout Intervention
- Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach zu gehen, wenn sich erste Burnout Anzeichen bei einem selbst, oder bei Kolleg_innen zeigen?
Also in der Verantwortung für den Mitarbeiter, wenn man möchte, dass dieser nicht in eine Langzeiterkrankung fällt, oder wenn man feststellt, dass da jemand permanent verschnupft ist, oder nicht gut drauf. Dann ist das natürlich in der Verantwortung des oder der Vorgesetzten. Das heißt es gilt die Dinge zu benennen, die aufgefallen sind. Im Vertraulichen Gespräch, wenn die Vertrauensbasis stabil ist, dann hat man evtl. Glück das derjenige sich öffnet, ansonsten kann man immer noch fragen, was kann ich, was können wir, was kann die Institution leisten und welchen Anteil haben wir daran. Das betrifft das Thema der Fürsorgepflicht. (Zeile 272 – 280)
Ja, es gibt zwei verschiedene Wege. Das Eine ist, ich bekomme die Krankenstände und sehe, da ist jemand innerhalb von 12 Monaten länger als 42 Tage krank, dann rufe ich in meiner Funktion als Beauftragte bei der Leitung an und frage nach: Weißt du was Mitarbeiter XY hatte? Wenn die Leitung sagt, hat sich ein Bein gebrochen, dann brauche ich diesem Mitarbeiter kein Gespräch anbieten, das ist dann einfach Schicksal. Wenn die Leitung aber sagt: Hmm, er war hier mal krank, da mal krank, ich weiß gar nicht genau woran das liegt...Ich habe die Vermutung Belastung oder Rücken, Infektionskrankheiten. Das sind so die Themen die im Moment da sind. Dann biete ich diesem Mitarbeiter ein Gespräch an, im Beisein der Leitung. Die Mitarbeiter können selber entscheiden ob sie daran teilnehmen möchten oder nicht und ob sie noch jemanden mitbringen möchten, sei es Ehemann, Ehefrau, Partner, MAV (Mitarbeitervertretung) oder die Lieblingskollegin, das können sie frei wählen. Dann geht’s darum einfach mal zu hören: Magst du mir erzählen was dich betrifft, wollen wir gemeinsam nach Lösungen suchen, um dich zu unterstützen das du weniger krank bist. Es geht nicht darum zu sagen: Und du musst jetzt gesünder werden. Sondern, was können wir als Arbeitgeber tun, damit es dir an deinem Arbeitsplatz gut geht.
Offen darüber sprechen ist der erste und wichtigste Schritt. Dann kann gemeinsam nach einer Entlastungsmöglichkeit gesucht werden. Ein vertrauensvolles kollegiales Verhältnis hilft da sehr. Im zweiten Schritt sollten Trägervertretende einbezogen werden, falls arbeitsrechtliche Maßnahmen zu treffen sind (Sonderurlaub, Sabbatjahr …). (Zeile 111 – 115)
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Zu 95% nehmen die Mitarbeiter diese Gespräche an und sind sehr dankbar, dass sie gesehen werden. Und von denen, die die Gespräche annehmen, schaffen wir es zu 99% Lösungen zu entwickeln, die dann im Alltag erprobt werden. Die Zweite Variante ist, unabhängig vom Krankenstand, dass die Leitung mich anruft und sagt: Die Mitarbeiterin, der Mitarbeiter macht mir gerade Sorgen, mir fällt das auf, was kann ich tun? Dann gibt es zwei Varianten: Entweder bieten wir zusammen diesem Mitarbeiter ein Gespräch an, ich in der Funktion für Gesundheit. Oder die Leitung sagt: Ich möchte das gerne alleine machen. Dann bereite ich das Gespräch nur mit ihr vor, um zu gucken welche Themen angesprochen werden können. Was sollte man aufgreifen, was für Unterstützungsmöglichkeiten können wir bieten. Also das den Mitarbeitern ganz klar signalisiert wird, wir sehen, dass da was ist und wir würden dir gerne Hilfe anbieten. Wie die Hilfe im konkreten Fall aussieht ist natürlich von Mitarbeiter zu Mitarbeiter unterschiedlich. So dass man sagt wir zahlen dir z.B. einen Präventionskurs oder gucken das wir eine Lösung finden. (...) Das wir Allgemein halt die Möglichkeiten des Präventionsgesetzes ausschöpfen. Wir haben auch schon ein Schreiben aufgesetzt für die Krankenkasse, damit sie Allergiker-Bettwäsche finanziert.
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Also wenn Mitarbeiter Probleme haben sich mit Behörden oder Institutionen, wie der Krankenkasse, auseinanderzusetzen, dass wir da dann Unterstützung leisten und bieten. Auch das ist eine Sache die einigen Mitarbeitern sehr schwer fällt. (Zeile 225 – 263)
6. Ausblick
- Was möchten Sie noch sagen?
Also, ich kann Ihnen mal ein Modul schildern. In der Fragestellung was ist anstrengend in dem Beruf. Das hat nicht zwingend etwas mit Burnout aber mit Burnout Prävention zu tun. Das heißt: Was kann man Erziehern speziell als Berufsgruppe anbieten um jahrelang die Bedingungen, die man nicht oder nur schlecht ändern kann, gehen zu können. Dazu gehört beispielsweise das Thema Lärmpegel. Es gibt nicht nur aus der Physiotherapie sondern auch aus dem Bereich Entspannung und Konzentration ganz tolle Techniken, wie man sich fokussieren und Geräusche ausblenden kann. (...) Das sind ursprünglich Geschichten, die aus dem Bereich der Ergotherapie kommen. Kinder die beispielsweise eine Geräuschfilterschwäche haben, kriegen auch Übungen um sich zu fokussieren. Das kann man eben auch mit Erwachsenen machen. Für das Angebot haben wir uns überlegt zu gucken, was ist speziell das was Erzieher brauchen. Einmal das Thema Bewegung, wie bücke ich mich richtig, wie gestalte ich den Tag damit meine Knie durchhalten. Aber eben auch, wie blende ich Geräusche aus, wie fokussiere ich mich auf ein Gespräch ohne das ganz viel Aufmerksamkeit in andere Bereiche geht. Wie führe ich Elterngespräche, das ist auch etwas was ihnen sicherlich begegnen wird, wenn sie gucken welches Thema der Berufsbelastung am höchsten ist. Dann ist das im Regelfall nicht die konkrete Arbeit mit den Kindern, sondern das
Also es ist für alle ja noch ein relativ neues Feld, die psychischen Belastungen. Wenn jetzt jemand kommt und sagt ich habe Rücken, weiß ich genau, was ich anbieten kann. Bei psychischer Belastung bin ich im Moment selber noch dabei zu gucken, was wir denn tatsächlich tun können. Die Berufsgenossenschaft ist nicht so, dass sie mit Informationen um sich wirft, da muss man schon sehr genau nachhaken und nachfragen. Auch die Krankenkassen unterstützen mich nur hin und wieder. […] Von daher ist es noch ein neues Feld und ich finde es ganz spannend was du schreibst. (Zeile 284 – 291)
Lesen und zitieren Sie gerne aus der oben benannten BETA-Broschüre, Frau Meier. Die darf in Ihrem Literaturverzeichnis nicht fehlen! (Zeile 120 – 121)
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Thema Team, das Thema Führung und das Thema Elternarbeit. Und natürlich diese betriebsrätlichen Geschichten: Arbeitszeit, Krankheitsvertretung Personaldeckel, Bezahlung und so. Es gibt tolle Methoden, die man für das alltägliche und konkrete Tun den Menschen in den Kitas mit an die Hände geben kann. Das Programm was wir uns da ausgedacht haben ist ein Basis-Training. Welche Entspannungstechniken gibt es? Da bieten wir an, dass man 20 Minuten eine Erklärung zu einer Entspannungsmethode bekommt: Woher kommt die, was sind die Ursprünge, was ist eigentlich das Ziel des ganzen? Und dann in den Sportraum zu gehen und das auszuprobieren. Weil die meisten Menschen mit Vorurteilen leben und das Programm darauf ausgelegt ist die klassischen Entspannungsmethoden anzureißen. Sodass man ein paar Übungen zu jedem Thema gemacht hat, damit man sich danach überlegen kann was zu einem passt. Und das ist dann Selbstverantwortung und in der Regel nicht Träger oder Firmen finanziert, die Wertschätzung des Trägers gegenüber der Mitarbeiter ist es einfach ihnen das Programm vorzustellen und danach muss sich der Mitarbeiter selber darum kümmern im privaten oder Krankassen Kontext. Da gibt es genug Angebote die man sich selber finanzieren kann, aber die ganze Sinnhaftigkeit ist erstmal erkannt, das ganze wurde ein Stück enttabuisiert, weil man es selbst ausprobiert hat und das Portfolio hat sich einem eröffnet. Dazu gehören genau solche Sachen, dass man auch mal zwei Tage lang Körperarbeit und Erzählen machen kann. Häufig gehört auch das Thema Ernährung mit dazu. Das Einnehmen der eigenen Mahlzeiten im unruhigen Gruppenkontext, weil nach wie vor das Märchen ist, das man anständig vor den Kindern mitisst, damit sie sich das abgucken können. Leider auch dann wenn man mal gar keinen Hunger hat als großer Mensch oder
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wenn es einem nicht schmeckt. Nicht umsonst gibt es im Bereich der Kitas unfassbar viele Übergewichtige Menschen. Weil sie auch einfach in ihren Mahlzeiten reglementiert sind. Also auch diesem Bereich der Mitarbeitergesundheit muss man nennen. 309 – 357) Ich denke nach wie vor, den Leuten und den Führungskräften ist mit super schönen toll eingerichteten Räumlichkeiten nicht geholfen. Es wird zurzeit ganz viel in Hardware investiert. Stattdessen sollte man gucken das man Pausen hat. Und Pause heißt auch Pause, an einem ungestörten Platz, damit man wirklich in die Entspannung kommt. Wenn man in der Pause ist muss es sichergestellt werden, dass diese für sich genutzt werden kann. (Zeile 371 – 376)
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Transkription B1
Interview mit: Erste befragten Person (B1): Eine selbständige Coachin, die sich
im Bereich der externen Mitarbeiterberatung, aber auch in Form vom privaten Coaching mit dem Schwerpunkt Burnout-Prävention beschäftigt.
Geführt am: 12.12.2014, durch Interviewer (I) in den Beratungsräumen der Coachin Hinweis: Die Audiodatei zu dem Interview wurde in mehreren Teilen
gesichert, am Ende eines Absatzes wird eine Zeitmarke eingefügt.
Audiodatei: „Interview B1 1_1“ 1
I Vorstellung der Person und des Interview-Anlasses. Abriss der Interview-2
Schwerpunkte. #00:02:04-5# 3
B1 Das heißt, was kann die Führungsrolle tun, um präventiv tätig zu werden? 4
#00:02:11-8# 5
I Genau, in der Bachelor Arbeit gehe ich erst mal theoretisch auf das Thema 6
Burnout ein, wie man Burnout feststellen kann, wie man es überhaupt erkennt. 7
Da ist man sich ja nicht einig drüber, es steht ja zum Beispiel auch nicht konkret 8
in der ICD-10 Klassifikation. Im zweiten Teil möchte ich auf den Bereich Kita 9
eingehen, was sind Risikofaktoren, was können auch Schutzfaktoren für die 10
Erzieher_innen sein. (...) #00:02:39-9# 11
B1 [...Zwischenfrage zum Aufbau der Bachelor Thesis, irrelevant für das Interview] 12
#00:04:23-2# 13
I Ich habe für das Interview einen Leitfaden vorbereitet, fürs erste wäre es nett 14
wenn Sie sich vorstellen könnten, etwas zu Ihrer Person sagen und was sie 15
beruflich machen. #00:04:33-3# 16
B1 Ja, welche Stichpunkte brauchen Sie. Ich bin 42 Jahre alt. (...) Ich bin derzeit in 17
doppelter Funktion tätig: Einerseits bin ich als Geschäftsführerin des 18
__________-Institut tätig. Das hat sich dem Thema betriebliches 19
Gesundheitsmanagement verschrieben. Das heißt wir bieten zwei Aspekte an: 20
Das klassische EAP (Employee Assistance Program), wo wir Firmenkunden 21
anbieten ihre Mitarbeiter zu betreuen, in den psychischen wie auch den 22
physischen Felder. Das heißt einerseits alles das, was mit dem Thema Kopf zu 23
tun hat: Sorgen, Nöte, Schwierigkeiten. Aber eben auch in den Teilbereichen 24
Erkrankungen, Ehe- , Paar- und Schuldnerberatung. In einigen Teilen auch 25
Rechtsberatung, klassisches Coaching, Psychotherapeutische Leistungen. 26
Obwohl die natürlich nicht zwingend dazu gehören, weil wir kein 27
Krankenkassen-Konkurrent sind, aber eine Übergangsversorgung bieten. 28
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Gleichermaßen hat sich aber, sicherlich auch für den Bereich Kita interessant, 29
herausgestellt, dass sich Beschwerden häufig gar nicht mal klassisch im 30
Erkennen von Schwierigkeiten äußern, sondern im physischen Bereich. 31
Deshalb bieten wir Entspannungstrainings an: Yoga, Pilates, Jacobsen, also 32
Muskelrelation nach Jacobson, eine klassische Rückenschule, Boxfitness, 33
Massagen. Auch eine Arbeitsplatzanalyse, das heißt wie sitze ich richtig, wie ist 34
die Haltung. Dazu gehört auch der Lärmpegel mit dazu, dass ist ja auch im 35
Bereich der Kita ganz wichtig. Wir haben auch ein Angebot für eine Kita 36
geschneidert, wo wir uns im Team große Gedanken zum Thema Entspannung 37
gemacht haben. #00:07:29-8# 38
I Das ist sehr Interessant. #00:07:30-7# 39
B1 Weiter habe ich meine eigene Praxis als systemischer Coach. Ich hab meine 40
Ausbildung im Jahr 2003 abgeschlossen, da kam das Thema Burnout in 41
Deutschland gerade erst auf den Markt. Ich bin im Verband organisiert, da 42
allerdings nicht sonderlich glücklich mit, da die Verbandsarbeit in Hamburg eher 43
eine politische Arbeit ist. Das Thema ist eher Verdrängung vom Markt, weil es 44
so viele Coaches gibt. Was äußerst unerfreulich ist weil es so viele Anfänger 45
gibt, wo die Leute verprellt werden. Die sammele ich hier auch gerne wieder ein 46
und probiere das was andere verbockt haben wieder auf richtige Füße zu 47
stellen. (..) Noch kurz zu meinem Lebenslauf: Ich hab das Thema der 48
Berufsausbildung, der Sozialberatung, des Management-Coachings und der 49
Führungskräfte Schulung für die deutsche __________ verantwortet. Hab dort 50
einen großen Verantwortungsbereich gehabt, für gut 13 Jahre. Die 51
Verantwortung für 970 Auszubildende und einem der größten Trainingsbetriebe 52
weltweit mit gut 400 Trainern, das ist so die Schule aus der ich in 53
Anführungsstrichen komme. Genau und jetzt bin ich selbst Unternehmerin. 54
#00:09:03-6# 55
I Sie haben ja eben schon gesagt in welchem Bezug Sie zu der Thematik Burnout 56
stehen... #00:09:15-8# 57
B1 Also unter anderem habe ich einen Dozentenauftrag an der Hochschule 58
__________ zum Thema Burnout und es ist ganz häufig Thema in der 59
Einzelberatung. #00:09:31-9# 60
I Und zum Thema Burnout in der Kindertagesstätte: (...) Da haben Sie ja eben 61
schon gesagt, dass Sie da auch eine Art Programm zu entwickelt haben. Also 62
zählen auch Pädagogen zu Ihrem Klientel? #00:09:49-2# 63
B1 Ja. Pädagogen aus dem Grunde sehr gerne, weil sie ziemliche Schwierigkeiten 64
haben, gerade die, die an Schulen beschäftigt sind... #00:09:59-6# 65
Audiodatei: „Interview B1 1_2“ 66
B1 Wenn die sich in therapeutische Behandlung begeben, weil das nicht wirklich 67
Karrierefördernd ist. Psychische Erkrankungen machen sich in dem Bereich 68
nicht gut. Beispielsweise Oberstudienrätinnen und -räte sind hier gern 69
gesehene Gäste. (lachend) #00:00:20-6# 70
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I In der Fachliteratur wird von einem erhöhten Burnout Risiko für pädagogische 71
Berufe gesprochen, können Sie dem zustimmen? #00:00:39-9# 72
B1 Das gilt für alle helfenden Berufe, und zu diesen Berufen gehören auch die 73
Pädagogen mit dazu. Am schlimmsten ist es in der Tat in der Fraktion der 74
Krankenhäuser, der Mediziner aber auch im juristischen Bereich ist es ein sehr 75
gern genommenes Thema. Das heißt alle helfenden Berufe sind 76
erstaunlicherweise äußerst wenig in der Lage sich selber zu helfen, weil die 77
eigenen persönlichen Grenzen des Leistungsvermögens im Regelfall nicht 78
erkannt werden. Das ist eine Berufskrankheit: Ja! Und natürlich gehören auch 79
die helfenden Berufe für die Kinder mit dazu. #00:01:16-2# 80
I Also sehen sie den größten Risikofaktor darin, dass man sich nicht so gut 81
Abgrenzen kann von seinem Job... #00:01:24-9# 82
B1 Die Grundmotivation einen helfenden Beruf aufzunehmen ist ja, dass man 83
persönlich sehr viel daraus zieht helfen zu können. Und das widerspricht schon 84
mal ganz logisch, dass man große Kompetenz darin hat selber Grenzen zu 85
ziehen. Ein direkter kausaler Zusammenhang. Das was häufig passiert ist das, 86
dass die Themen häufig abgedeckelt werden, im amerikanischen sagt man 87
gerne dazu "we numb" also man lenkt ab, deckelt ab, das heißt ob das Alkohol, 88
Tabletten, Sexsüchte, also die gesamte Bandbreite findet dann statt, die einem 89
nicht hingucken lässt. #00:02:18-9# 90
I Ich bin gerade auch auf der Suche ob es in der Arbeit mit Menschen, speziell 91
mit Kindern auch besondere Schutzfaktoren gibt, dass man gerade etwas 92
Positives daraus ziehen kann, dass ich eben nicht nur mit Maschinen und 93
Computern zu tun habe, sondern mit Menschen. Das ist für mich eher ein 94
Entgegenwirken von Erschöpfung, dass man mit Menschen zu tun hat. Ich 95
gucke gerade in der Bachelor Arbeit wie man das positiv umwandeln kann. 96
Sehen Sie da auch was? Ich habe so für mich selber gedacht, dass es ja auch 97
eine sehr befriedigende Arbeit sein kann, wenn ich eben gute 98
Arbeitsbedingungen habe und meine Ziele und Wünsche umsetzen kann, dann 99
kann ich sehr befriedigt nach Hause gehen und erfahre Anerkennung im Beruf... 100
#00:03:08-5# 101
B1 Anerkennung ist überhaupt die größte Überschrift in helfenden Berufen. Wie 102
kann man Anerkennung kanalisieren. Oder was kann eine Führungskraft an 103
dieser Stelle tun. Und was schafft Befriedigung? Und wenn es um das Thema 104
Anerkennung geht, dann sind wir völlig in der Gefühlswelt, die ist individuell und 105
im Regelfall sehr unterschiedlich. Genauso wenig wie man Schmerz messen 106
kann, kann man auch das einfach schwer in allgemein gültige Worte fassen. 107
Ganz ehrlich, ich bin auch der festen Überzeugung, dass es gut so ist, nicht zu 108
allem eine Skalierung zu haben oder eine entsprechende Wertigkeit an der 109
Stelle. Das gibt es auch in keinem Land. Es gibt noch kein medizinisches 110
System was da eine Einigung gefunden hat und auch das ist gut so. Ich glaube 111
am besten verdeutlichen kann man sich das am Thema Schmerz. Also jemand 112
der krank ist, ist individuell betroffen und wenn man anfangen würde eine 113
Skalierung zu schaffen, was ist eigentlich schlimm und was ist schlimmer... Ist 114
ein amputiertes Bein schlimmer als Krebs? Und genauso kann man auch im 115
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übertragenden Sinne nicht sagen, allgemein hin braucht man in helfenden 116
Berufen die und die Erfahrungen, oder Kontakte oder Themen oder 117
Aufgabenbereiche um ein möglichst hohes Maß an Anerkennung erfahren zu 118
haben. Und auch stellt sich die Frage, ist Anerkennung überhaupt etwas, was 119
von außen gesteuert werden kann? Also ist Anerkennung ein stetiges Lob vom 120
Vorgesetzen oder kann Anerkennung damit anfangen, zu gucken, dass die 121
Menschen ein vernünftiges Selbstkonzept und Selbstwertgefühl haben, weil 122
dann brauchen sie deutlich weniger Anerkennung. (lachend) Dann kann ich das 123
für mich selber "verhackgemüseln". Wenn es intrinsisch ist und aus mir selber 124
kommt und ich auch selber damit klarkomme festzustellen, war das in Ordnung 125
was ich geleistet habe, dann brauche ich meinen Vorgesetzen oder kollegiale 126
Streicheleinheiten oder Streicheleinheiten von Kindern, Eltern und dazu 127
gehörigen Bezugspersonen deutlich weniger. #00:05:50-3# 128
I Dann muss man gucken, wie man das Selbstwertgefühl aufbauen kann, 129
vielleicht auch im Team. #00:06:06-0# 130
B1 Wir brauchen stabile Persönlichkeiten in helfenden Berufen, haben wir aber 131
nicht. #00:06:15-6# 132
I Das ist ja auch ein bisschen Eigenverantwortung von dem Menschen der sich 133
zu so einem Beruf entschließt. #00:06:20-5# 134
B1 Ja! #00:06:21-7# 135
I Sehen Sie auch einen Zusammenhang zwischen persönlicher und beruflicher 136
Unzufriedenheit mit einem erhöhten Burnout Risiko? #00:06:38-9# 137
B1 Also konkret auf Burnout gefasst? #00:06:44-1# 138
I Ja. #00:06:45-6# 139
B1 (...) Also in der ersten Assoziation hätte ich erst einmal Nein gesagt. Burnout ist 140
in erster Linie "Hausgemacht" (zeigt Anführungsstriche mit den Fingern) und 141
nicht „Institutionsgemacht“, sondern von der Person selber. Das was wir auch 142
im Seminar hatten: Burnout, Ausgebrannt sein kann nur dann passieren, wenn 143
ich selber erst mal für etwas brenne! Das heißt ich vernachlässige 144
schlussendlich die anderen Themenbereiche meines Lebens und kümmere 145
mich primär um das Thema Beruflichkeit, das bringt eine viel zu hohe 146
Wichtigkeit. Erst einmal darauf gestützt das man ganz viel bekommt: 147
Anerkennung, Geld, Erfolg. Das ist der Treiber an der Stelle, in dem 148
Zusammenhang merkt man nicht, dass die anderen Lebensbereiche deutlich in 149
den Hintergrund treten, Kontakte sich verlieren, man weniger Zugang zu seinem 150
eigenen Selbst hat, man eben keine persönlichen Interessen mehr verfolgt. Das 151
Thema Arbeit gewinnt einfach viel zu viel Raum. Zu Ihrer Frage, (...) Das sind 152
Geschichten, die mit der Institution als solche erst einmal nichts zu tun haben. 153
#00:08:20-4# 154
I Damit ja auch nicht direkt mit der Kitaleitung, wenn wir jetzt auf den Bereich Kita 155
gehen... #00:08:24-2# 156
Anhang
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B1 Erschöpfung kann auch daher kommen, das ist aber eine ganz andere 157
Erschöpfung, nämlich wenn ich ausgebeutet werde. Das ist aber eine 158
Erschöpfung aus der ich mich deutlich besser abgrenzen kann, weil ich nicht 159
mit meinem ganzen Selbst und mit meiner ganzen Persönlichkeit in diesem 160
Block des Jobs gegangen bin, sondern Ausbeutung heißt auch immer, dass die 161
Menschen ein Stück weit den Abstand zu einer Situation halten, indem sie 162
spüren und merken, meist mit jeder Faser ihres Körpers, die nehmen mich hier 163
aus. Das gibt es auch, gerade im helfenden Bereich: permanente Überstunden, 164
dieses „Kannst du noch mal, ansonsten haben wir niemanden für die…“, Also 165
Opferschutz. Aber da ist man nicht so schwer und tief drin als wenn man seine 166
ganze Identität in dem Block hat, also wenn man es für sich selber braucht, dass 167
macht einen großen Unterschied. Und ja, da gibt es auch 168
Erschöpfungszustände, absolut. Die sind aber anderer Natur. (...) Wo man 169
immer noch einen Teil hat, der sagt: Eigentlich will ich das nicht. #00:09:55-0# 170
Audiodatei: „Interview B1 1_3“ 171
B1 Oder genau dafür werde ich eben nicht bezahlt. #00:00:10-3# 172
I Ich gucke ja auch, wie eine Kitaleitung Erschöpfung innerhalb ihrer Einrichtung 173
und dem Team vorbeugen kann. Haben Sie da Ideen, was gemacht werden 174
kann? Für mich war ganz klar, dass eine offene Kommunikation untereinander 175
herrschen muss, das man bei Problemen oder Erschöpfungen nicht krank zur 176
Arbeit gehen muss, dass man sagen kann das man eine Pause braucht... 177
#00:00:44-7# 178
B1 Also wenn man körperliche Erscheinungen hat, die nicht davon kommen, dass 179
man sich den ganzen Tag bückt, was im Kitabereich sehr anstrengend ist. 180
Sondern wenn die Psyche sich in den Körper zeigt, dann hat man ja schon eine 181
ganze Menge mit sich selbst nicht hingekriegt. #00:01:01-8# 182
I Das stimmt, da ist man schon mittendrin. #00:01:06-7# 183
B1 Ja genau, dann haben wir schon ein Problem. Also zu ihrer Frage... #00:01:17-184
4# 185
I Genau, was eine Kitaleitung tun könnte, damit es gar nicht erst zu 186
Erschöpfungszustände kommt. So pauschal kann man das vermutlich nicht 187
sagen, aber was Strategien wären um dem vorzubeugen. #00:01:38-4# 188
B1 Also wenn das Ziel ist, dass man die Mitarbeiter in einem lebenslangen Arbeiten 189
halten möchte, dann gilt es erstmal zu erkennen, dass das Leben nicht immer 190
gleichförmig verläuft, sondern dass es Höhen und Tiefen gibt. Ich würde 191
beraterisch mit einer Kitaleitung so vorgehen, dass ich gucken würde, was hat 192
diese Person dazu befähigt diese Leitung zu bekommen. Das sind eigentlich 193
Leistungsträger und wenn die dann mit den Ansprüchen die man an sich selber 194
hat an den Rest den gleichen Maßstab anlegt, dann ist das schon mal der erste 195
Schritt in die richtige Richtung. Was kann man konkret tun? Ja, einmal die 196
gesamten Aspekte der Betriebsräte: vernünftige Personaldecke, 197
Wertschätzung, Anerkennung, auch über Arbeitszeiten, Arbeitszeitmodelle, 198
natürlich auch über Geld. Auf der Metaebene heißt das eigentlich auch erst mal 199
Anhang
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eine andere gesellschaftliche Anerkennung zu schaffen. Ich kann nach wie vor 200
nicht verstehen wo der große Unterschied zwischen einem Studienrat und einer 201
vernünftigen Arbeit mit den Kindern liegt. Dazu gehört aber auch, dass die 202
Universitäten ungeeignete Leute in die Ausbildung lassen. Der Anfang des 203
Weges ist eigentlich schon vermurkst, dadurch, dass man nicht richtig guckt, 204
wen man in die Ausbildung schickt. So werden einfach viel zu vielen Leute, die 205
einfach nicht geeignet sind, eine Ausbildung auf Staatskosten finanziert. Ich 206
habe selber zwei Kinder, deren Kitazeit ist auch noch nicht so lange her und ich 207
habe persönlich unfassbar ungeeignete Menschen in der Arbeit mit Kindern 208
gesehen. Dann kann man immer noch sagen, okay für das was da verdient wird 209
war das vielleicht gar nicht so schlecht, aber das kann es nicht sein. Der erste 210
Schritt ist die gesellschaftliche Anerkennung und ein entsprechendes 211
Qualitätskriterium. Auch in der Ausbildung. #00:04:09-6# 212
I Das sieht man ja zum Teil auch in anderen Ländern, die z.B. bei der Pisa 213
deutlich besser abschneiden, bei denen der Erzieherberuf ein Studium 214
beinhaltet... #00:04:24-4# 215
B1 Also es gibt bei ganz vielen Berufen nicht nur einen NC, sondern da wird auch 216
wirklich ausgesiebt. Warum kriegen die das in diesen Bereichen nicht hin? (...) 217
Auch dieses Umschulungsding, was jetzt in Hamburg gelaufen ist.... #00:04:48-218
4# 219
I Meinen Sie die "Schleckerfrauen"? #00:04:53-7# 220
B1 Das war genau das was ich im Kopf hatte, das war so ein Nackenschlag für 221
jeden der mit Kindern arbeitet. (Störung durchs Handy) #00:06:32-1# 222
I Also sollte man schon bei der Ausbildung einen Blick auf die persönliche Psyche 223
werfen? Also in meiner Ausbildung war das zum Beispiel gar kein Thema. Es 224
hätte thematisiert werden können, dass in helfenden Berufen die Gefahr groß 225
ist und man gut auf sich selber achten muss... #00:06:56-7# 226
B1 Die sind ja über die Jahre soweit, dass sie an den Universitäten und den 227
Fachhochschulen wissen, wie viele Abspringer sie haben nach dem ersten 228
Praktikum. Reale Abspringer oder mentale Abspringer. Warum schickt man 229
nicht erstmal alle die sich potentiell dafür entscheiden möchten in ein 230
vernünftiges Praktikum, damit sie diese Illusion aus dem Kopf kriegen, dass 231
man meint, z.B. auch so in einem Krankenhaus stattfindet. […] Im 232
Umkehrschluss, dass man meint wenn man seine Nichte im Kindergarten 233
abgeholt hat und das war „so toll, die basteln so schön“, dass das das gesamte 234
Feld sein soll. Das man wirklich mal eine Realitätscheck macht. Vermeintliche 235
Urteile sind schnell gefällt oder Begeisterung ist schnell da... Ich finde das 236
Beispiel passend: Wer mal als Patient im Krankenhaus gelegen hat und immer 237
strahlende, nette helfende Menschen erlebt hat, hat leider trotzdem keine 238
Ahnung wie der Beruf aussieht. Gerade diese helfenden Berufe sind verdammt 239
nah an dem Gefühl, dass diejenigen die den Berufen ergreifen eigentlich schon 240
wissen was da passiert und das ist großer Quark, das darf gerne in der 241
Aufklärung vorher passieren. Umkehrschluss: Wenn ich eine Kitaleitung in 242
meiner Beratung hätte, würde ich einen großen Wert auf eine vernünftige 243
Anhang
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Begleitung meiner Mitarbeiter legen. Eine Supervision wäre unfassbar wichtig. 244
Lebenslange Begleitung (..) Das Ganze funktioniert nie wenn man keine 245
vernünftige Personaldecke hat. #00:09:02-2# 246
I Also sehen Sie da auch Verantwortungen bei dem Kitaträger, weil dieser ja auch 247
über Gelder für beispielsweise Supervision verfügen müssen. #00:09:07-9# 248
B1 Zwingend! Wir haben uns jetzt mit einem der größten Kitaträger in Hamburg im 249
Rahmen des ______-Institut unterhalten, sie aber schlussendlich nicht als 250
Kunden gewonnen, die aber eine ERP Maßnahme einführen werden. Wo jeder 251
Mitarbeiter, wenn er sagt er hat etwas, sich extern Hilfe holen kann. Und das ist 252
einfach das vernünftigste was man machen kann. Wenn Helfende sich im Team 253
untereinander helfen wollen geht das im kollegialen Kontext ganz gut, wie in 254
allen anderen Firmen auch, aber damit darf es nicht aufhören. #00:09:45-8# 255
I Ich denke, die Gelder die für sowas investiert werden sind kein 256
rausgeschmissenes Geld. #00:10:00-0# 257
Audiodatei: „Interview B1 1_4 258
I Da die Träger ja sonst auch Verluste haben, denen sie vorbeugen können, 259
wenn alle stabil arbeiten können, zufrieden und auch leistungsfähiger sind 260
dadurch. #00:00:15-2# 261
B1 Dadurch, dass in dem ganzen System so viel Unruhe ist, z.B. die Öffnung für 262
unter Zweijährige.. (...) Wie eine ausgequetschte Zitrone ist der Bereich Kita. 263
#00:00:42-7# 264
I Dann hätte ich noch den Bereich... (..) Angenommen ich wäre Kitaleitung und 265
mir würde bei einer Kollegin oder einem Kollegen auffallen, dass diese oder 266
dieser sehr erschöpft ist, er ist nicht mehr gut drauf, ggf. liegen viele 267
Krankheitstage vor. Wie könnte ich am besten vorgehen? Ich finde es schwierig 268
das anzusprechen, vielleicht finden die Kollegen das nicht gut wenn es 269
angesprochen wird aber man kann es auch nicht stillschweigen... Wie könnte 270
man am besten reagieren? #00:01:15-8# 271
B1 Also in der Verantwortung für den Mitarbeiter, wenn man möchte, dass dieser 272
nicht in eine Langzeiterkrankung fällt, oder wenn man feststellt, dass da jemand 273
permanent verschnupft ist, oder nicht gut drauf. Dann ist das natürlich in der 274
Verantwortung des oder der Vorgesetzten. Das heißt es gilt die Dinge zu 275
benennen, die aufgefallen sind. Im Vertraulichen Gespräch, wenn die 276
Vertrauensbasis stabil ist, dann hat man evtl. Glück das derjenige sich öffnet, 277
ansonsten kann man immer noch fragen, was kann ich, was können wir, was 278
kann die Institution leisten und welchen Anteil haben wir daran. Das betrifft das 279
Thema der Fürsorgepflicht. Ich habe hier in Leitungspositionen häufig 280
diejenigen, (...) die sagen „die sollen sich mal nicht so anstellen“. Man muss in 281
die eigene Supervision gehen und sich überlegen, warum bin ich eigentlich 282
Führungskraft geworden, was hat mich an der Stelle ausgezeichnet und muss 283
ich diesen Maßstab auch an die anderen stellen. Und wenn ich in so ein 284
Gespräch mit einer herablassenden Haltung gehe und sage eigentlich haben 285
sie doch nicht so viel , ich weiß nicht wo ihr Problem liegt. Dann muss man sich 286
Anhang
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nicht wundern, wenn der Mitarbeiter nicht mehr wieder kommt. Das heißt man 287
muss erst mal gucken für diejenigen die den Höhenflug an der Stelle geschafft 288
haben, wie ist eigentlich der Realitätscheck zu den anderen die noch da sind. 289
Ist da nicht nur ein Machtgefälle zwischen den Beiden, sondern auch ein 290
Gehaltsgefälle, ein Anerkennungsgefälle. Das ist einfach eine andere 291
Positionierung. In den meisten Kitas wird an dieser Stelle noch eine ganz 292
schöne Hierarchie gelebt. Sodass man wirklich das Thema Wertschätzung den 293
Führungskräften beibringen muss. Und im Zweifelsfalle muss man das über 294
Schulungen tun. Wenn ich aber höre, dass bei unserem großen Kitaträger nicht 295
einmal Führungskräfte-Sitzungen stattfinden, und auch wenn die Runde zu groß 296
ist und es keinen so großen Sitzungssaal gibt, dann muss man eben das ganze 297
nach Regionen oder Stadtteilen einteilen. Aber die gehören an einen Tisch. 298
Wenn selbst das nicht stattfindet, dann darf ich mich auch nicht wundern. Wenn 299
die Führungskräfte untereinander nicht einmal einen Austausch auf Augenhöhe 300
hinbekommen, wie sollen sie es denn dann mit ihren Mitarbeitern in geordneter 301
Form machen? Das heißt da gibt der Träger ja auch nichts für her. Eigentlich 302
sind die Mitarbeiter Freiwild und die Kinder darunter irgendwie den individuellen 303
intrinsischen Motivationen der Erzieher ausgeliefert. Da gibt es wenig Leitbild. 304
Oder zumindest nichts was annähernd gelebt wird. Glatte sechs. #00:04:20-2# 305
I Eigentlich schlimm, wenn das so analysiert wird. Ja, das wäre es an sich schon 306
von meinen Fragen. Ich fand es interessant, dass sie nun auch aktuell Kitaträger 307
beraten. Vielleicht können Sie da noch ein paar Sätze zu sagen. #00:04:49-0# 308
B1 Also, ich kann Ihnen mal ein Modul schildern. In der Fragestellung was ist 309
anstrengend in dem Beruf. Das hat nicht zwingend etwas mit Burnout aber mit 310
Burnout Prävention zu tun. Das heißt: Was kann man Erziehern speziell als 311
Berufsgruppe anbieten um jahrelang die Bedingungen, die man nicht oder nur 312
schlecht ändern kann, gehen zu können. Dazu gehört beispielsweise das 313
Thema Lärmpegel. Es gibt nicht nur aus der Physiotherapie sondern auch aus 314
dem Bereich Entspannung und Konzentration ganz tolle Techniken, wie man 315
sich fokussieren und Geräusche ausblenden kann. (...) Das sind ursprünglich 316
Geschichten, die aus dem Bereich der Ergotherapie kommen. Kinder die 317
beispielsweise eine Geräuschfilterschwäche haben, kriegen auch Übungen um 318
sich zu fokussieren. Das kann man eben auch mit Erwachsenen machen. Für 319
das Angebot haben wir uns überlegt zu gucken, was ist speziell das was 320
Erzieher brauchen. Einmal das Thema Bewegung, wie bücke ich mich richtig, 321
wie gestalte ich den Tag damit meine Knie durchhalten. Aber eben auch, wie 322
blende ich Geräusche aus, wie fokussiere ich mich auf ein Gespräch ohne das 323
ganz viel Aufmerksamkeit in andere Bereiche geht. Wie führe ich 324
Elterngespräche, das ist auch etwas was ihnen sicherlich begegnen wird, wenn 325
sie gucken welches Thema der Berufsbelastung am höchsten ist. Dann ist das 326
im Regelfall nicht die konkrete Arbeit mit den Kindern, sondern das Thema 327
Team, das Thema Führung und das Thema Elternarbeit. Und natürlich diese 328
betriebsrätlichen Geschichten: Arbeitszeit, Krankheitsvertretung 329
Personaldeckel, Bezahlung und so. Es gibt tolle Methoden, die man für das 330
alltägliche und konkrete Tun den Menschen in den Kitas mit an die Hände geben 331
kann. Das Programm was wir uns da ausgedacht haben ist ein Basis-Training. 332
Anhang
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Welche Entspannungstechniken gibt es? Da bieten wir an, dass man 20 333
Minuten eine Erklärung zu einer Entspannungsmethode bekommt: Woher 334
kommt die, was sind die Ursprünge, was ist eigentlich das Ziel des ganzen? 335
Und dann in den Sportraum zu gehen und das auszuprobieren. Weil die meisten 336
Menschen mit Vorurteilen leben und das Programm darauf ausgelegt ist die 337
klassischen Entspannungsmethoden anzureißen. Sodass man ein paar 338
Übungen zu jedem Thema gemacht hat, damit man sich danach überlegen kann 339
was zu einem passt. Und das ist dann Selbstverantwortung und in der Regel 340
nicht Träger oder Firmen finanziert, die Wertschätzung des Trägers gegenüber 341
der Mitarbeiter ist es einfach ihnen das Programm vorzustellen und danach 342
muss sich der Mitarbeiter selber darum kümmern im privaten oder Krankassen 343
Kontext. Da gibt es genug Angebote die man sich selber finanzieren kann, aber 344
die ganze Sinnhaftigkeit ist erstmal erkannt, das ganze wurde ein Stück 345
enttabuisiert, weil man es selbst ausprobiert hat und das Portfolio hat sich einem 346
eröffnet. Dazu gehören genau solche Sachen, dass man auch mal zwei Tage 347
lang Körperarbeit und Erzählen machen kann. Häufig gehört auch das Thema 348
Ernährung mit dazu. Das Einnehmen der eigenen Mahlzeiten im unruhigen 349
Gruppenkontext, weil nach wie vor das Märchen ist, das man anständig vor den 350
Kindern mitisst, damit sie sich das abgucken können. Leider auch dann wenn 351
man mal gar keinen Hunger hat als großer Mensch oder wenn es einem nicht 352
schmeckt. Nicht umsonst gibt es im Bereich der Kitas unfassbar viele 353
Übergewichtige Menschen. #00:10:00-0# 354
Audiodatei: „Interview B1 1_5“ 355
B1 Weil sie auch einfach in ihren Mahlzeiten reglementiert sind. Also auch diesem 356
Bereich der Mitarbeitergesundheit muss man nennen. #00:00:23-2# 357
I Und dieses Programm würden sie in den einzelnen Kitas anbieten. Um z.B. in 358
den Teamsitzungen vorbeizuschauen? #00:00:33-9# 359
B1 Genau. (...) #00:00:44-9# 360
I Das ist dann ja sicherlich auch ein längerer Prozess. #00:00:52-3# 361
B1 Ja über Monate. Dazu gehört auch das Thema Supervision. Also zu ihrer Frage: 362
Was kann die Führungskraft tun. Eine Führungskraft ist dazu da, alle Fäden 363
zusammen zu halten und auch ein bisschen zu gucken in welche Richtung 364
gelaufen wird. Die Solidarität der Führungskräfte untereinander kann nicht 365
gegeben sein, wenn die sich nicht an einen Tisch setzen. Wie sollen sie dann 366
für bessere Bedingungen sorgen? (...) Es gibt ja aber erstaunlich aber wahr 367
doch die einen oder anderen Träger die das hinbekommen, es ist ja nicht 368
unmöglich. Auch das ist schlussendlich ein Führungsthema, dass die 369
Entscheidung getroffen wird solche Geschichten möglichst schlank zu fahren. 370
Ich denke nach wie vor, den Leuten und den Führungskräften ist mit super 371
schönen toll eingerichteten Räumlichkeiten nicht geholfen. Es wird zurzeit ganz 372
viel in Hardware investiert. Stattdessen sollte man gucken das man Pausen hat. 373
Und Pause heißt auch Pause, an einem ungestörten Platz, damit man wirklich 374
in die Entspannung kommt. Wenn man in der Pause ist muss es sichergestellt 375
werden, dass diese für sich genutzt werden kann. Das Rauchverhalten von 376
Anhang
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Erziehern kommt oft daher, weil sie sich dann offiziell in die hintersten Ecken 377
verkrümeln dürfen, wo sie wirklich nicht ansprechbar sind, weil sie sogar vom 378
Gelände runter müssen und da dann wirklich Ruhe haben. Also auch zur 379
Raucherprävention: Würde man innerhalb der Einrichtung einen Raum 380
schaffen, nicht in dem geraucht werden darf, aber wo man sicher sein kann, hier 381
habe ich meine Ruhe. Da bin ich mir sicher, hätten wir auch weniger Raucher. 382
#00:03:07-7# 383
I Ich habe neulich von einer Kita in Hamburg gehört, die auf dem Dach eine 384
überdachte Terrasse mit Hängematte haben, wo nur die Pädagogen, nicht die 385
Kinder hin dürfen. So kann man in den Pausen auch einfach mal in Ruhe raus. 386
Ja (...) Das was Sie sagten passt gut zu dem was ich mir bereits überlegt habe, 387
es sind aber auch interessante neue Anreize dabei. Vielen Dank für Ihr 388
Interview! #00:03:49-8# 389
B1 Gerne! #00:03:50-8# 390
Anhang
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Transkription B2
Interview mit: Zweiter befragten Person (B2): Erzieherin und Diplom Pädagogin
mit Kita-Leitungserfahrung, derzeitige Tätigkeit bei einem Hamburger Kita-Träger im Bereich der Organisationsentwicklung und des Gesundheitsmanagements.
Geführt am: 18.12.2014, durch Interviewer (I) in der Geschäftsstelle des Trägers Hinweis: Die Audiodatei zu dem Interview wurde in drei Teilen gesichert,
am Ende eines Absatzes wird eine Zeitmarke eingefügt. Audiodatei: „Interview B2 2_1“ 1 I […] (Vorstellung der eigenen Person) #00:00:39-1# 2 3 I Für meine Bachelorarbeit war mir ziemlich schnell klar, dass es sich irgendwie 4
um den Bereich der Pädagogik und Kita handeln wird. Und während meiner 5 Arbeit ist mir immer wieder Burnout bei Kollegen begegnet. Ich habe daraufhin 6 ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass dies häufiger ist, das man 7 zumindest so sagt, dass helfende Berufe eher eine Prävalenz dafür haben. Und 8 darum wollte ich mich damit gerne beschäftigen. Und weil ich während eines 9 Praktikums in den Leitungsbereich reingeschnuppert habe, möchte ich auch auf 10 den Bereich der Leitung eingehen, was sie vielleicht tun können um Burnout in 11 ihrem Team vorzubeugen. #00:01:08-8# 12
13 I Da bin ich derzeit dabei den theoretischen Teil zu erfassen und auch die 14
Kompetenzen der Leitungen zusammen zu sammeln. Was sie mitbringen 15 sollten, um dann eben im Umkehrschluss zu gucken, was man tun kann, damit 16 es einfach gar nicht erst soweit kommt im Team. #00:01:31-0# 17
18 B2 Mhm (bejahend) Von WIFF gibt es relativ neu, die Broschüre `Leitungskräfte`. 19
Die hast du? #00:01:31-5# 20 21 I Ja, genau, die habe ich schon. Meine Professorin, die auch meine Prüferin ist, 22
ist Autorin davon. Darum wird das auf jeden Fall Pflichtlektüre. #00:01:50-6# 23 24 […] 25 26 I Einfach zur Vollständigkeit würde ich es gut finden, wenn du dich einmal kurz 27
vorstellst und sagst was du hier so machst. #00:02:01-2# 28 29 B2 Ja, kann ich machen. Ich bin ------------- und arbeite seit 14 Jahren für -----------. 30
Ich habe sieben Jahre als Erzieherin gearbeitet und während der Zeit 31 berufsbegleitend an der Uni Erziehungswissenschaften studiert. (…) Nach 32 sieben Jahren habe ich fünf Jahre als Leitung einer Einrichtung gearbeitet, die 33 ich 2012 aufgegeben habe um komplett freigestellt zu arbeiten für den Bereich 34 Gesundheit, Arbeitsschutz, interne Fortbildung, Organisationsentwicklung und 35 Leitungsberatung. Das habe ich ab 2009 mit einer halben Stelle gemacht, halbe 36
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Stelle Leitung und seit 2012 komplett freigestellt für die eben genannten 37 Tätigkeiten. #00:02:57-3# 38
39 B2 Ich bin halt von der Ausbildung her Erzieherin und Diplom Pädagogin. Und habe 40
dadurch, dass ich beim Gesundheitsamt war, und dort eine 41 Informationsveranstaltung zum Thema Gesundheit und Infektionsquellen sehr 42 spannend fand, festgestellt, dass wir im Träger da überhaupt gar nicht 43 aufgestellt sind. So habe ich diesen Bereich, mehr oder weniger freiwillig 44 übernommen, und finde es jetzt ganz spannend auch Sachen einfach 45 umzusetzen. Das fängt an mit den gesetzlichen Vorgaben, die erst einmal zu 46 etablieren. Mittlerweile sind wir soweit, dass wir auch gucken, was wir an 47 zusätzlichen Leistungen noch einbringen können. #00:03:33-9# 48
49 I Ja, das ist einfach ein echt wichtiger Bereich. #00:03:36-9# 50 51 I Und, zum Thema Burnout: Ist dir das auch schon in deiner Arbeit begegnet? 52
#00:03:47-0# 53 54 B2 Hmm, direkt betroffen bin ich davon nicht, (..) ich kann auch nicht sagen, dass 55
wir ganz viele Fälle davon haben. Ich weiß, dass eine Kollegin längere Zeit, als 56 sie als Erzieherin gearbeitet hat, mit Burnout krankgeschrieben war. Mittlerweile 57 arbeitet sie als Leitung und hat das ganz gut überwunden. (...) Dass mir sonst 58 Fälle davon jetzt so explizit benannt wurden, kann ich nicht sagen. Was ich weiß 59 ist, dass der Anteil der Krankschreibungen auch von psychischer Belastung 60 höher wird. Ich kann keine genauen Zahlen sagen, weil ich immer nur die reinen 61 Meldungen kriege. Aber ich kann dann auch nachfragen und mal rauskriegen, 62 wenn jemand über 42 Tage im Jahr krank ist, was denn vielleicht der Grund 63 war. Aber es sind einzelne Leute im Gespräch, es zeigt sich dann schon, dass 64 sie dann einfach auch die Notbremse gezogen haben, auf Grund der 65 Belastungen und deswegen sich haben Krankschreiben lassen. #00:04:46-2# 66
67 I Und das wird mehr, oder wie ist dein Eindruck? #00:04:47-7# 68 69 B2 Mhm (bejahend) #00:04:48-0# 70 71 I Das passt auch so zudem, was ich gerade in der Literatur lese. #00:04:54-0# 72 73 B2 Ich werde ja immer zum Quartalsende benachrichtigt, (..) da kriege ich die 74
Krankenzahlen, weil wir bezüglich des Eingliederungsmanagement das ja nicht 75 mehr übers Kalenderjahr rechnen, sondern immer fortlaufend über 12 Monate, 76 von daher kriege ich immer zum Quartalsende die Krankenstatistiken und da 77 sehe ich einfach, dass die Zahlen der Krankentage ansteigen, und das über alle 78 Altersstufen hinweg. Es ist natürlich so, dass je älter die Mitarbeiter sind, desto 79 eher sind sie auch mal einen Tag krank. Was einfach mit dem Alter und der 80 körperlichen Belastung in unserem Beruf zusammenhängt. Aber bei einzelnen 81 Nachfragen stellt sich raus, dass es nicht immer körperliche Sachen, sondern 82 dann auch mal psychische Zusammenhänge sind. 1 #00:05:44-3# 83
84 I In diverser Fachliteratur habe ich auch gelesen, dass gerade in pädagogischen 85
Berufsfeldern von einem erhöhten Burnout Risiko gesprochen wird. Das würde 86 ja auch zudem passen, was du gerade angesprochen hast. […] #00:06:07-6# 87
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88 I Und, wo siehst du besondere Risikofaktoren für Pädagogen? #00:06:14-5# 89 90 B2 Jetzt, um an Burnout zu erkranken? #00:06:17-6# 91 92 I Ja, genau. Also in Richtung Stress im Arbeitsalltag. #00:06:21-7# 93 94 B2 Fangen wir ganz einfach an: Worüber alle sprechen, sind die 95
Rahmenbedingungen, der Personalschlüssel. Nicht umsonst gibt es jetzt diese 96 Diskussionen. Auch die Zusagen, die die Behörde gemacht hat, schafft keine 97 Entlastung, weil die Träger einfach noch einen großen Anteil selber finanzieren 98 müssen. [Anmerkung: Es geht um die im Dezember 2014 von der SPD 99 angekündigte Anhebung des Personalschlüssels in Hamburger Kinderkrippen] 100 […] Es gibt keine Zeit für die mittelbare Pädagogik, das heißt die Pädagogen 101 versuchen in ihrer Vorbereitungszeit Elterngespräche vorzubereiten, 102 Dokumentationen zu schreiben, Beobachtungsbögen auszufüllen. (…) Das 103 führt dazu, das immer ein Pädagoge nicht am Kind arbeitet und dadurch die 104 anderen Pädagogen immer mehr Kinder haben, als für die sie eigentlich 105 zuständig sind oder die sie im Angebot haben sollten um qualitativ gut zu 106 arbeiten. Das ist ein Faktor. #00:07:21-7# 107
108 I Ja... #00:07:21-7# 109 110 B2 Den Zweiten Faktor sehe ich ganz klar bei den Eltern, die zum Einen immer 111
mehr Verantwortung an die Kita abgeben, und versuchen dadurch zu 112 bekommen, dass Kita Erziehungsarbeit leistet und nicht Bildungsarbeit und sie 113 als Eltern möglichst wenig konsequent mit ihren Kindern sein müssen und die 114 Kita alles regelt und macht, dass sie ein perfektes, in Anführungsstrichen, Kind 115 bekommen, dass mit Messer und Gabel essen kann, das gehorcht, das nur 116 macht was man sagt und am besten gar nicht widerspricht. Und dazu kommt, 117 dass die Eltern sich über Themen, die in meinen Augen Kleinigkeiten sind: 118 Essen, Schlafen, nach Draußen gehen, nicht richtig Angezogen sein, nicht 119 häufig genug die Windel gewechselt bekommen(..) sich nicht gehört fühlen. 120 Oder: ohje mein Kind wurde geschlagen, was ist denn da los. Sich Gedanken 121 machen und deswegen ganz viel Gesprächsbedarf haben. Es ist ganz viel 122 Aufklärungsarbeit von den Pädagogen gefordert. So müssen sie immer wieder 123 die gleichen Sachen erklären. Das ist normal, weil die Kinder Fluktuation einfach 124 da ist, wenn die Kinder mit einem Jahr kommen, gehen sie spätestens mit sechs 125 in die Schule, wenn sie zwischendurch nicht die Einrichtung wechseln, 126 umziehen oder irgendetwas tun, müssen sie es nicht regelmäßig erklären. 127 Mittlerweile ist es aber so, dass man es den gleichen Eltern mindestens zweimal 128 im Jahr erklären muss und das macht einfach ganz viel Stress aus. Und auch 129 das kann die Leitung nicht alles auffangen. Und dazu kommt, dass die Arbeit 130 mit den Kindern eben auch eine hohe Konzentration erfordert und dadurch 131 Belastungen ausübt. Jeder der noch so gerne seinen Job macht, kommt 132 irgendwann an sein Limit, wenn man in der Regel 10 Kinder im Angebot hat und 133 dann aber dauerhaft 15 Kinder, weil die Pädagogen mal krank sind, mal 134 ausfallen, mal Urlaub haben. Das ist einfach was anderes. Und es ist natürlich 135 ein Unterschied ob ich ein- und zweijährige Kinder dabei habe oder ob ich fünf- 136 und sechsjährige Kinder dabei habe. Durch die Verjüngung der Kinder in den 137 Kitas steigt auch da die Belastung, weil auch da der Großteil der Pädagogen 138
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dafür gar nicht ausgebildet ist. #00:09:43-0# 139 140 Beginn Audiodatei: „Interview B2 2_2“ 141 142 B2 Als ich meine Ausbildung gemacht habe, haben wir vielleicht einmal über 143
Krippenkinder gesprochen oder Kinder unter Drei und das war’s. Also das war 144 überhaupt gar nicht Thema und so wird es vielen anderen ja auch gehen. 145 Erfahrungsgemäß ist es einfach so, dass wenn man ein paar Stunden in der 146 Woche reduziert, es sich auf dem Gehaltszettel kaum bemerkbar macht, durch 147 die Steuerklassen. Wo man dann schon überlegen sollte: zwei Stunden weniger 148 arbeiten, 50 € weniger Geld. Wenn man nicht unbedingt darauf angewiesen ist, 149 ist das in einigen Fällen schon eine Überlegung wert. 150 #00:00:19-4# 151 152
I Ja. Das wäre vielleicht auch ein Stück weit die Rolle des Kita-Trägers (…) Ich 153 gucke eben auch, was die Verantwortung des Trägers wäre. Da hast du ja 154 bereits zum Beispiel die finanziellen Sport-Unterstützungen, oder den 155 Gehörschutz finanzieren und so was... Sollte der Träger auch gucken, ob der 156 sie gar nicht erst Stellen mit so viel Stunden anbietet? #00:00:55-2# 157
158 B2 Ja, also mittlerweile sind wir soweit, dass 35 Stunden quasi bei uns eine 159
Vollzeitstelle ist und nur in Ausnahmefällen gibt es mehr Stunden, bzw. Kollegen 160 die mehr Stunden haben, das sind Kollegen die schon seit Jahr und Tag für uns 161 arbeiten, denen nimmt man ja nicht einfach die Stunden weg um zu sagen: Jetzt 162 darfst du nicht mehr arbeiten. Das muss dann von den Mitarbeitern selber 163 kommen. Du kannst höchstens den Hinweis geben: Meinst du nicht 164 gesundheitlich, wie siehst du denn das…, wie schätzt du das ein…? Mein 165 Gefühl ist folgendes ... Als Leitung könnte ich solche Rückmeldung geben, oder 166 als Trägervertreter wenn es mir auffällt. Aber die Entscheidung treffen dann die 167 Mitarbeiter. #00:01:38-5# 168
169 I Mhm (bejahend) #00:01:43-1# 170 171 B2 Wobei es für junge Frauen, also meistens sind es ja Frauen, die in dem 172
Erzieherberuf arbeiten. Die Männerquote steigt zum Glück, aber es sind noch 173 nicht so viele, dass wir sagen können wir haben ungefähr 50/50, sondern mit 174 knapp 20% Männern sind wir schon recht gut aufgestellt. #00:02:01-4# 175
176 I Ja! #00:02:02-2# 177 178 B2 Hmm, deswegen einfach mal das Beispiel, wenn ich als junge Frau fertig bin mit 179
der Ausbildung, ich möchte nicht mehr bei meinen Eltern wohnen, ich möchte 180 meine eigene Wohnung finanzieren, dazu habe ich vielleicht noch ein Auto oder 181 brauche die Bahnfahrkarte. Da muss ich natürlich schon wirtschaften. Weil so 182 hoch ist das Gehalt nicht... #00:02:20-8# 183
184 I Da kommt es vielleicht schon auf jeden Euro an. #00:02:24-6# 185 186 B2 Genau! Von daher kann ich das dann schon nachvollziehen wenn jemand sagt, 187
ich brauche jetzt aber die 38,5 Std. und muss mir sonst einen Nebenjob suchen. 188 Und das ist ja nicht in unserem Interesse zu sagen: Okay du arbeitest bei uns 189
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Vollzeit aber kannst deinen Job immer noch nicht finanzieren und musst nachts 190 oder am Wochenende noch irgendwo Kellnern, im Sonnenstudio arbeiten oder 191 Pizza ausfahren. Das soll es ja auch nicht sein. Das wäre dann Aufgabe der 192 Politik da einfach auch nochmal zu gucken, was kann ich da denn für 193 Entlastungen schaffen. oder Gehaltserhöhungen, Steigerungen...miteinbringen. 194 Wobei es in meinen Augen dazu nicht kommen wird, weil sie ja jegliches Geld 195 jetzt versuchen irgendwie in den Personalschlüssel zu stecken, wobei es sich 196 ja erstmal aufhebt und nicht wirklich rentiert. #00:03:15-2# 197
198 I Ist es dann auch Aufgabe des Trägers und der Leitung auch politisch zu gucken 199
und z.B. die Mitarbeiter zu motivieren sich zu beteiligen an Demonstrationen 200 oder ähnliches? #00:03:25-0# 201
202 B2 Total, weil wie sollen sie sonst an Informationen kommen, wenn der Träger sie 203
nicht streut. Der Träger muss Informationen auch so aufbereiten, dass die 204 Mitarbeiter sie verstehen. Politiker reden viel und gerne, aber es ist selten für 205 einen Erzieher nachzuvollziehen, was sie denn jetzt tatsächlich sagen. Wenn 206 man jetzt Aktuell guckt, Schlagzeile war: 2019 Krippenschlüssel eins zu vier. 207 Hört sich super an. Was dahinter steckt muss vom Träger erst mal übersetzt 208 werden, dass es für alle verständlich ist. Und das ist schon unsere Aufgabe das 209 zu leisten und weiterzugeben. Und auch uns selber quasi zu engagieren über 210 den Dachverband und in den regional Ausschüssen und was da alles tagt. 211 Präsent zu sein und Forderungen stellen. #00:04:14-5# 212
213 B2 Ich würde behaupten, wenn man die Kostenbefreiung für die Eltern 214
zurücknehmen würde, und wenn es nur anteilig wäre, wäre auch genügend 215 Geld noch da, um es entweder in mehr Personal zu stecken oder das Gehalt 216 aufzustocken. Weil viele Eltern, mich da eingeschlossen... gerne bereit dafür 217 sind, für Qualität in der Bildung und Betreuung eines Kindes zu bezahlen. Ich 218 brauche das nicht kostenfrei für fünf Stunden, ich zahle da gerne für, wenn es 219 ordentlich gestaltet wird. Das wird vielen Eltern so gehen, von daher wäre das 220 eine Möglichkeit. #00:04:56-6# 221
222 Audiodatei: „Interview B2 2_3“ 223 224 I Okay. Wie wäre dein Vorgehen, wenn eine Kitaleitung bei einer Kollegin oder 225
einem Kollegen bemerkt, dass erste Anzeichen für Burnout oder zu hoher 226 Stressbelastung sichtbar werden? Wenn es eben im Team auffällt, wie würdest 227 du vorgehen? #00:00:22-2# 228
229 B2 Ja, es gibt zwei verschiedene Wege. Das Eine ist, ich bekomme die 230
Krankenstände und sehe, da ist jemand innerhalb von 12 Monaten länger als 231 42 Tage krank, dann rufe ich in meiner Funktion als Beauftragte bei der Leitung 232 an und frage nach: Weißt du was Mitarbeiter XY hatte? Wenn die Leitung sagt, 233 hat sich ein Bein gebrochen, dann brauche ich diesem Mitarbeiter kein 234 Gespräch anbieten, das ist dann einfach Schicksal. Wenn die Leitung aber sagt: 235 Hmm, er war hier mal krank, da mal krank, ich weiß gar nicht genau woran das 236 liegt...Ich habe die Vermutung Belastung oder Rücken, Infektionskrankheiten. 237 Das sind so die Themen die im Moment da sind. Dann biete ich diesem 238 Mitarbeiter ein Gespräch an, im Beisein der Leitung. Die Mitarbeiter können 239 selber entscheiden ob sie daran teilnehmen möchten oder nicht und ob sie noch 240
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jemanden mitbringen möchten, sei es Ehemann, Ehefrau, Partner, MAV 241 (Mitarbeitervertretung) oder die Lieblingskollegin, das können sie frei wählen. 242 Dann geht’s darum einfach mal zu hören: Magst du mir erzählen was dich 243 betrifft, wollen wir gemeinsam nach Lösungen suchen, um dich zu unterstützen 244 das du weniger krank bist. Es geht nicht darum zu sagen: Und du musst jetzt 245 gesünder werden. Sondern, was können wir als Arbeitgeber tun, damit es dir an 246 deinem Arbeitsplatz gut geht. #00:01:46-8# 247
248 B2 Zu 95% nehmen die Mitarbeiter diese Gespräche an und sind sehr dankbar, 249
dass sie gesehen werden. Und von denen, die die Gespräche annehmen, 250 schaffen wir es zu 99% Lösungen zu entwickeln, die dann im Alltag erprobt 251 werden. 252 Die Zweite Variante ist, unabhängig vom Krankenstand, dass die Leitung mich 253 anruft und sagt: Die Mitarbeiterin, der Mitarbeiter macht mir gerade Sorgen, mir 254 fällt das auf, was kann ich tun? 255 Dann gibt es zwei Varianten: Entweder bieten wir zusammen diesem Mitarbeiter 256 ein Gespräch an, ich in der Funktion für Gesundheit. Oder die Leitung sagt: Ich 257 möchte das gerne alleine machen. Dann bereite ich das Gespräch nur mit ihr 258 vor, um zu gucken welche Themen angesprochen werden können. Was sollte 259 man aufgreifen, was für Unterstützungsmöglichkeiten können wir bieten. Also 260 das den Mitarbeitern ganz klar signalisiert wird, wir sehen, dass da was ist und 261 wir würden dir gerne Hilfe anbieten. Wie die Hilfe im konkreten Fall aussieht ist 262 natürlich von Mitarbeiter zu Mitarbeiter unterschiedlich. So dass man sagt wir 263 zahlen dir z.B. einen Präventionskurs oder gucken das wir eine Lösung finden. 264 (...) Das wir Allgemein halt die Möglichkeiten des Präventionsgesetzes 265 ausschöpfen. Wir haben auch schon ein Schreiben aufgesetzt für die 266 Krankenkasse, damit sie Allergiker-Bettwäsche finanziert. Also wenn Mitarbeiter 267 Probleme haben sich mit Behörden oder Institutionen, wie der Krankenkasse, 268 auseinanderzusetzen, dass wir da dann Unterstützung leisten und bieten. Auch 269 das ist eine Sache die einigen Mitarbeitern sehr schwer fällt. #00:03:57-1# # 270 271 […] 272
273 I Und wie sieht das aus mit Kuren? Kommt das auch vor bei Mitarbeitern? 274
#00:04:08-2# 275 276 B2 Ja, da wird auch verstärkt nachgefragt. Jetzt in diesem Jahr war es verstärkt 277
so, dass Mutter-Kind-Kuren stattgefunden haben. Jetzt fangen einzelne 278 Mitarbeiter an, die eine Kur- oder auch eine Reha-Maßnahme bewilligt 279 bekommen haben auf Grund von Erkrankungen an Knie, Schulter, Rücken oder 280 Bandscheibe, die schon länger bestehen, die nicht durch Arbeit ausgelöst 281 wurden sondern durch Alter und Belastung. Die Mitarbeiter werden dann von 282 uns freigestellt, um daran teilzunehmen. Auch wenn sie uns in der Zeit in der 283 Einrichtung fehlen, ist es für die Mitarbeiter einfach sehr wichtig das zu machen, 284 weil sie dadurch auch Entlastung erfahren und Unterstützungsmöglichkeiten 285 erlernen können und Übungen, wie sie sich im Alltag weiter schützen und 286 bewegen können. #00:05:18-2# 287
288 I […] Hast du noch etwas aus Trägersicht, was zu diesem Thema, zu psychischer 289
Belastung passt? #00:05:32-1# 290 291
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B2 Also es ist für alle ja noch ein relativ neues Feld, die psychischen Belastungen. 292 Wenn jetzt jemand kommt und sagt ich habe Rücken, weiß ich genau, was ich 293 anbieten kann. Bei psychischer Belastung bin ich im Moment selber noch dabei 294 zu gucken, was wir denn tatsächlich tun können. Die Berufsgenossenschaft ist 295 nicht so, dass sie mit Informationen um sich wirft, da muss man schon sehr 296 genau nachhaken und nachfragen. Auch die Krankenkassen unterstützen mich 297 nur hin und wieder. […] Von daher ist es noch ein neues Feld und ich finde es 298 ganz spannend was du schreibst. #00:06:37-7# 299
300 I Darum habe ich mich auch für das Thema entschieden. Die Recherche war erst 301
etwas schwierig, weil der Begriff Bunout zum Teil so Umstritten ist. irgendwie 302 nichts Halbes, nichts Ganzes. Aber gerade das reizt mich, weil ich denke, die 303 Belastung ist da aber es gibt noch kein Regelwerk. (…) So wie bei 304 Rückenbeschwerden, wie gehe ich damit um, da gibt es genügend Hilfsmittel 305 speziell für Kitas, aber im Bereich psychischer Belastung bis jetzt wenig. 306 #00:07:13-7# 307
308 I Vielen Dank für die Zeit die du dir genommen hast. 309
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Schriftliche Beantwortung der Interview Fragen B3
Von: Einem Kita-Berater (KB): Ein freiberuflicher Diplom-Pädagoge, der
Kindertagestätten in Bezug auf Gesundheitsförderung, Qualitätsmanagement und Coaching berät.
Datum: Die von der Interviewerin (I) formulierten Fragen wurden am 27.12.2014 durch den Kita-Berater (KB) schriftlich beantwortet.
1. Vorstellung der eigenen Person 1 I Der Vollständigkeit halber würde ich Sie bitten sich und Ihre Arbeit kurz 2
vorzustellen. 3 4 KB Michael Schaaf, Jahrgang 1964, Diplom-Pädagoge, Qualitätsmanager 5
für soziale Dienstleistungsunternehmen (DAD), langjähriger Kita-Leiter, 6 Referent, Projektleiter, selbständiger Kita-Berater mit den 7 Schwerpunkten Gesundheitsförderung, Qualitätsmanagement und 8 Coaching. 9
10 2. Thematische Fragen: Burnout 11 I In welchem Bezug stehen Sie zu der Thematik „Burnout“? 12 13 KB Als Projektleiter für das Diakonische Werk Hamburg habe ich das 14
dreijährige ESF-Projekt „Alternsgerechte Arbeitsplatzgestaltung in 15 evangelischen Kitas“ von 2011 - 2014 betreut. Dem Thema „Burnout“ 16 bzw. „Psychische Belastungen“ wurde ein Fachtag mit externer 17 Referentin gewidmet. Im Projektverlauf sind außerdem Faktoren benannt 18 worden, die dazu beitragen können, dass pädagogische Kita-19 Mitarbeiter/innen gesund, motiviert und qualifiziert, sprich arbeitsfähig, 20 bleiben. Zusammengestellt sind die Ergebnisse auf der Webseite 21 www.kita-alternsgerecht.de und in der Broschüre „Alternsgerechte 22 Gestaltung von Arbeit in evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder. 23 Empfehlungen und Arbeitshilfen für Träger und Teams“ (BETA, 2014). 24
25 3. Weiterführende Fragen: Burnout in der Kita 26 I Und inwieweit ist Ihnen die Thematik „Burnout im Arbeitsbereich der 27
Kindertagesbetreuung“ in Ihrem professionellen Alltag begegnet? 28 29 KB Als Kita-Leiter, Referent und Projektleiter bin ich auf viele Kolleginnen 30
und Kollegen gestoßen, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz 31 ausgesetzt sind. Die Art der Stressoren und der Umgang mit ihnen waren 32 äußerst unterschiedlich. Kritisch wurde es aus meiner Sicht immer dann, 33 wenn sich zu den beruflichen auch noch private psychische Belastungen 34 gesellen. 35
36 I In der Fachliteratur wird von einem erhöhten Burnout Risiko in 37
pädagogischen Berufsfeldern gesprochen. Wie sehen Sie das? Können 38 Sie dem zustimmen? 39
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KB Dem kann ich voll und ganz zustimmen, da zur Bewältigung der 41 gestiegenen Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte 42 (Implementierung von Bildungsplänen und 43 Qualitätsmanagementsystemen, Erwartungshaltung der Gesellschaft, 44 des Trägers und der Eltern, Inklusionskonzepte, …) keine adäquaten 45 zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt worden sind. 46
47 I Wo sehen Sie besondere Risikofaktoren für PädagogInnen? 48
(Stressfaktoren) 49 50 KB Team arbeitet nicht gut zusammen; Anforderungen überfordern; zu 51
wenig Personal bzw. Zeiten für mittelbare Pädagogik; Leitung führt nicht; 52 keine Rückendeckung des Trägers; aufgrund von Teilzeitstellen müssen 53 zusätzliche Nebenjobs ausgeübt werden, weil das Geld sonst nicht 54 reicht, Lärm. 55
56 I Sehen Sie auch mögliche Schutzfaktoren in diesem Berufsfeld? (Die vor 57
psychischen Belastungen schützen können) 58 59 KB Team harmoniert, Mitarbeiter/innen unterstützen sich gegenseitig, gutes 60
Betriebsklima; gute Rahmenbedingungen; Leitung führt das Team, nutzt 61 die Potenziale der einzelnen Mitarbeiter/innen und beteiligt diese an 62 wichtigen Entscheidungen ihren Arbeitsplatz betreffend; Schallschutz 63 (Lärm ist ein großer Stressor!). 64
65 3. Entstehung von Burnout: 66 I Welchen Zusammenhang sehen sie zwischen persönlicher und 67
beruflicher Unzufriedenheit und einem erhöhten Burnoutrisiko? 68 69 KB Eine andauernde Doppelbelastung von beruflichen und privaten 70
Problemen macht kurzfristig unzufrieden und langfristig krank. Ein 71 offenes Gesprächsklima hilft, Belastungen anzusprechen und 72 gemeinsam Lösungen zu suchen. 73
74 Stichwort Kitaleitung: 75 I Welche Rolle spielt die Kita-Leitung in Bezug auf das Thema 76
Burnout/Psychische Belastung in der Kita Ihrer Meinung nach? 77 78 KB Die Leitung ist die Schlüsselposition und ein Vorbild. Sie gibt die Richtung 79
vor und sorgt dafür, dass alle Mitarbeitenden „im Boot sitzen“. Wo die 80 Leitung ihr Team nicht gut führt, ist die Unzufriedenheit vorhersehbar. 81 Und damit ist der Nährboden für psychische Belastungen bereitet. 82
83 4. Burnout Prävention: 84 I Wie könnte eine Kitaleitung Burnout innerhalb Ihrer Einrichtung 85
vorbeugen? 86 87 KB Sie muss… klare Strukturen vorgeben, vertrauensvoll delegieren 88
können, für eine gute interne Kommunikation und Gesprächskultur 89 sorgen, ein offenes Ohr haben, Prioritäten richtig setzen, transparente 90 Entscheidungen treffen, Mitarbeitende und ihre Belange ernst nehmen, 91
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Ansprechpartner/in sein und dabei dennoch Distanz als Vorgesetzte 92 halten, auch mal unangenehme Gespräche führen und Entscheidungen 93 treffen können, die Stärken ihrer Mitarbeiter/innen kennen und 94 zielgerichtet einsetzen, menschlich und beruflich ein Vorbild sein. 95
96 I Welche Rolle spielt dabei der Kitaträger? Was kann die Trägerschaft tun, 97
was sollte sie leisten? 98 99 KB Der Kita-Träger hat durch die Bereitstellung der Ressourcen für 100
Rahmenbedingungen zu sorgen, die es den Kita-Teams ermöglichen, 101 ihren gesetzlichen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag zu 102 erfüllen. Er soll der Kita-Leitung und den Mitarbeitenden die notwendige 103 Rückendeckung geben und seine Aufgaben kompetent und zuverlässig 104 wahrnehmen. 105
106 5. Burnout Intervention 107 I Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach zu gehen, wenn sich erste 108
Burnout-Anzeichen bei einem selbst, oder bei KollegInnen zeigen? 109 110 KB Offen darüber sprechen ist der erste und wichtigste Schritt. Dann kann 111
gemeinsam nach einer Entlastungsmöglichkeit gesucht werden. Ein 112 vertrauensvolles kollegiales Verhältnis hilft da sehr. Im zweiten Schritt 113 sollten Trägervertretende einbezogen werden, falls arbeitsrechtliche 114 Maßnahmen zu treffen sind (Sonderurlaub, Sabbatjahr …). 115
116 6. Abschluss: 117 I Was möchten Sie noch sagen? 118 119 KB Lesen und zitieren Sie gerne aus der oben benannten BETA-Broschüre, 120
Frau Meier. Die darf in Ihrem Literaturverzeichnis nicht fehlen! 121 122
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Eidesstattliche Erklärung
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Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe selbstständig verfasst
und nur die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Wörtlich oder dem
Sinn nach aus anderen Werken entnommene Stellen sind in allen Fällen unter Angabe
der Quelle kenntlich gemacht.
___________________________________________________
Ort, Datum Unterschrift
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