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Share Economy : Es wird schnell klar, dass es sich bei diesem Thema um ein extrem mehrdimensionales Konstrukt handelt, welches nachhaltige Auswirkungen auf den einzelnen Menschen, die Wirtschaft und die Gesellschaft hat. Im Dokument finden Sie Hintergrundinformationen und unterschiedliche Betrachtungen des Themas. Weitere Informationen unter www.avispador.de
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Thema/Abschnitt/Kapitel Seite
Vorwort 3
Einleitung
5
Shareconomy als Geschäftsmodell
8
Shareconomy als Teil einer agilen Organisations-
form – Bestandteil des (Office-) Arbeitsplatzes der
Zukunft
12
IT als Wettbewerbs- und Produktionsfaktor und Er-
möglicher der Shareconomy
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merziellen Zwecken kopiert, verteilt, verändert oder weitergegeben werden. Einige Seiten enthalten auch Bilder, die dem Urheberrecht Dritter unterliegen.
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Vorwort
„Shareconomy“ schalmeit es gegenwärtig überall durch das Bildungsradio und ist
Bestandteil der medialen Diskussion. Dabei wird der Begriff unterschiedlich ausgelegt und
gedehnt. Auf den ersten Blick scheint es so, als ob abermals eine neue Kuh übers Eis
getrieben wird. Doch liegt bei genauerer Betrachtung die Sachlage in diesem Fall anders.
Die Sharing Economy ist bereits Bestandteil unserer Alltagskultur. Sie hat Auswirkungen
auf das alltägliche Leben, die Art und Weise, wie eine immer größere werdende Masse
konsumiert, wie die Deutung des Warenangebots. In gewissen Ausprägungsformen ist die
„Sharing Economy“ eine Weiterentwicklung des Genossenschaftsmodels, welches Mitte
des 19. Jahrhundert in Deutschland erstmals aufkam.
Shareconomy zielt auch darauf ab, die Augenblickwünsche und aktuellen Bedarfe von
Individuen zu befriedigen. Folgen Menschen nur ihren augenblicklichen Neigungen, kann
dies aber langfristig auch in eine Unglücksfalle führen.
Als Geschäftsmodell ermöglicht Shareconomy die Erschließung neuer Märkte.
Voraussetzung ist Technologie. Je nach Ausrichtung des Geschäftsmodells sind
Collaborative Supply Chain Management-Lösungen unabdingbar. Hinzu kommen NFC/
RFID-Technologien, Big Data und Business Analytics -Kompetenzen, Rechenleistung und
V e r f ü g b a r k e i t v o n D a t e n u n d
Informationen (Cloud Computing) sowie
Mobilitätskonzepte etwa die Bereitstellung
der Inhalte auf mobilen Geräten). Diese
Technologie verbindet Menschen mit
a n d e r e n M e n s c h e n , m i t D a t e n ,
Informationen und Wissen, physischen
Dingen und Maschinen auf eine
effizientere und intelligentere Weise. Vor
dieser durch Technologie veränderten
Welt, ändert sich die Art, wie wir
konsumieren, Kontakte knüpfen, agieren
sowie interagieren, und letztlich auch, wie
wir denken, leben und in einer Gesellschaft
miteinander „funktionieren“.
Sollen die Vorteile einer Shareconomy bei uns verstärkt werden, so benötigen wir eine
neue Wirtschaftspolitik und einen erweiterten Begriff der Wohlstandsproduktion. Ein
solches Modell – eine solche Politik – muss für umfassende Verfügbarkeit von Technik,
Prävention und Schadensvorsorge sorgen sowie eine demokratische Mitbestimmung
ermöglichen.
Shareconomy kann in einigen Ausprägungen auch anders interpretiert – nämlich als ein
Modell für die Zusammenarbeit in Unternehmen. Hierbei handelt es sich um eine
entscheidende Chance für Unternehmen, die Arbeitswelt und Interaktion mit
unterschiedlichsten Interessengruppen (Stakeholdern) flexibler und offener zu gestalten.
Das Ziel ist Effizienzsteigerung. Dabei steht Shareconomy - und das verbundene Modelle
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des Social Business für Collaboration und Communication synonym für Unternehmen der
Zukunft, welche Strategien, Kompetenzen, Kultur und Prozesse vereinen, um in einer
vernetzten Welt die Art und Weise, wie Menschen arbeiten (und leben), um Mehrwerte für
sich, das Unternehmen und die Gesellschaft zu erreichen. Dabei gilt zu beachten, dass die
Änderungen im Bereich Technologie, Unternehmenskultur und Prozessen die bestehenden
Wertesysteme unterbrechen und/oder beenden sowie durch neue Leit - und
Leistungsdimensionen ersetzen oder diese erweitern.
Durch Modelle wie Shareconomy kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen
und Männer in vielen Berufen tatsächlich erreicht werden. Familienfreundliche flexiblere
Arbeitszeiten werden Voraussetzung und sind geeignete Rahmenparameter, die einerseits
etablierte Werte erhalten, auf der anderen Seite jedoch einen wettbewerbskonformen
Fortschritt ermöglichen. Anstelle sich mit einer Frauenquote zu beschäftigen, müsste die
EU-Kommission eine Diskussion darüber anstoßen, wie Europa im 21. Jahrhundert auf den
globalen Märkten wettbewerbsfähig bleibt und welche Rahmenparameter notwendig sind.
Statt sich über die sinkenden Geburtenraten auszulassen, sollte die Bundesregierung
Gesetze schaffen, die für unterschiedliche Qualifikationsprofile und Lebenssituationen
mobile, ortsungebundene und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze ermöglichen.
Shareconomy wird als Teil einer Organisationsform in Unternehmen, als Geschäftsmodell
und in der Gesellschaft nur funktionieren, wenn die jeweils beteiligten Parteien ihre
Interessen nicht optimieren. In diesem Zusammenhang gilt es, sich vom Modell des Homo
oeconomicus zu trennen. Das Reduzieren einer komplexen Welt und unserer Vernunft auf
nur zwei mathematische Funktionen – einer Nutzenfunktion und einer
Wahrscheinlichkeitsfunktion – führt in der zur Norm werdenden Sondersituation einer
Shareconomy zu einer falschen Systemeinschätzung. Es wird eine Anpassung der
Rahmenparameter benötigt, die eine soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert
ermöglichen, Wettbewerbsvorteile bieten und in globale Wertschöpfungssysteme passen.
Es wird schnell klar, dass es sich bei diesem Thema um ein extrem
mehrdimensionales Konstrukt handelt, welches nachhaltige Auswirkungen auf den
einzelnen Menschen, die Wirtschaft und die Gesellschaft hat. Nachfolgend finden Sie
Hintergrundinformationen und unterschiedliche Betrachtungen des Themas.
Axel Oppermann, IT-Marktanalyst
axel.oppermann@avispador.de
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Einleitung
Shareconomy, Share Economy, kollaborativer Verbrauch, kollaborativer Konsum
(„Collaborative Consumption“), Peer -to-Peer-Marktplätze und „die gemeinsame
Wirtschaft“ sind unterschiedliche Begriffe und gestalterische Ausprägungen eines Trends:
Die Transformation der wirtschaftlichen Denkmuster vom Haben zum Teilen. Also die
Wandlung von einer Eigentumsgesellschaft mit monetären Wertausgleichssystemen in eine
Besitzgesellschaft mit monetären (oder nicht -monetären) Wertausgleichssystemen.
Gesellschaftliche und ökonomische Modelle, die auf kollaborativen Verbrauch abzielen,
basieren auf dem Zugang zu Produkten und Services via Tausch, Handel und Miete ohne
langfristige Eigentums- und Besitzverhältnisse.
Geteilt wird nahezu alles. Angefangen bei Transportmitteln (Car -Sharing) und
Transportgelegenheiten (Mitfahrzentralen), selten genutzten Gebrauchsgütern, über
„Raum“ (Übernachtungsmöglichkeiten, Lagerplätze, Büros, etc.) bis hin zu Geld oder
sogar Zeit. Die Möglichkeiten sind so umfassend wie die Verhaltensweisen, Beweggründe
und Muster der Nutzer. Geht es einigen um die kurzfristige Befriedigung von
Augenblickswünschen oder akuten Bedarfe, so zielen andere auf die Interaktion mit
bekannten und unbekannten Interessensgenossen ab. Die Motivation der Menschen reicht
von dem Ziel, einen finanziellen Gewinn zu erzielen, über kurzfristige Vorteile bis hin zur
Selbstverwirklichung
Die Ausprägungsformen reichen
von der Verbreitung und vom Teilen digitaler Inhalte oder Güter,
in den Anfangsjahren Plattformen wie Napster; heute Angebote wie Wikipedia,
Flickr, Twitter oder Foursquare
über integrierte Produkt- und Servicesysteme,
Car-Sharing
car2go (positioniert als dynamisches Mietwagen-Konzept) von Europcar und
Daimler
Flinkster, das Carsharing-Angebot der Deutsche-Bahn-Tochter DB Rent
Bike-Sharing
„KonRad“ in Kassel oder „metropolradruhr“ als größtes Fahrradverleihsystem
Deutschlands
Spielzeug
BabyPlays.com
und Neuverteilung (Re-Use bzw. Wiederverwertung),
in den Anfangsjahren Plattformen wie eBay, Anbieter von gebrauchter Soft - oder
Hardware, Amazon als Marktplatz gebrauchter Güter
bis hin zu kollaborativen Lebensstilen
in Nachbarschaftsbeziehungen oder mit unbekannten Dritten über Plattformen und
Marktplätze
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Die Angebote können kollaborativ (Wikipedia), asynchron (Re -Use; Pre-owned bzw.
Wiederverwertung; eBay) oder synchron (lovefilm.de) erfolgen. Die Transaktionen
können zentralisiert oder in Peer-to-Peer-Form erfolgen, und formalisiert sowie dynamisch
-chaotisch erfolgen.
Kollaborativer Verbrauch und Shareconomy haben sich von einem Hype über einen Trend
zu einem nachhaltigen gesellschaftlichen Bestandteil entwickelt. Auslöser und Treiber für
diese Entwicklungen gibt es zahlreiche. Sie lassen sich jedoch regelmäßig auf einen
kleinen gemeinsamen Nenner reduzieren: Es handelt sich um die technologische
Entwicklung basierend auf Web- und Internettechnologien sowie deren direkten und
indirekten Auswirkungen auf die Gesellschaft. Wird die zeitliche Betrachtung weit gefasst,
so muss bis in die 1960er-Jahre zurückgeschaut werden; quasi bis hin zu den Vorgängern
des Internets, dem ARPANET (Advanced Research Projects Agency Network). Wird – aus
pragmatischen Gründen – der Zeitraum etwas verkürzt, so geht die Retrospektive in die
1990er-Jahre, und mitten in den ersten Internetboom. Als ein möglicher Startpunkt können
internetbasierte Peer-to-Peer-Plattformen und die zunehmende Verbreitung von
immateriellen Gütern – respektive einer Dematerialisierung vieler Güter (exemplarisch
Musik von Vinyl auf CD zu MP3-Dateien) gesehen werden. Das Verschwimmen von realen
Welten (Vereine, Familie, Freundschaft, Wissen und Erlebnissen) und virtuellen Welten
(Second Life, LinkedIN, openBC/Xing [alle seit 2003], Facebook seit 2004, Foursquare
seit 2009 oder Instagram seit 2010) kann als Beschleuniger dieser Entwicklung gesehen
werden. Die zunehmende Verbreitung mobiler Geräte wie Smartphones und Tablets,
verbunden mit dem sorgt dafür, dass wir immer online sind (Always -on-Dogma), und
verstärkt so den Trend zur Shareconomy.
Neben den überwiegend technisch getriebenen Größen werden regelmäßig auch weitere
gesellschaftliche Strömungen und Tendenzen herangezogen, um die Entwicklung in eine
Shareconomy und den zunehmenden kollaborativen Verbrauch zu erklären. Hierzu zählen
die weltweite globale Rezession seit dem Jahr 2008, zunehmende Kosten für Rohstoffe im
Allgemeinen sowie Energie und Lebensmitteln im Besonderen – kurzum: die bereits
sichtbare oder latente Knappheit. Das Thema Knappheit beschäftigt viele Idealisten,
Vordenker und Intellektuelle in den etablierten – bzw. entwickelten – Volkswirtschaften
und Industrieländern der alten Schule. Während die Knappheit hierzulande als eine
Herausforderung für den Lebensstandard gesehen wird, wird sie als Hemmnis für die
Entwicklung von Menschen und Gesellschaften in anderen, oftmals als unterentwickelt
bezeichneten Regionen verstanden. Somit Knappheit mit ihren Folgen in unterentwickelten
Regionen auch eine Herausforderung für das Wachstum in den als etabliert bezeichneten
Wirtschaftsregionen dar.
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Kurzum: In Shareconomy und kollaborativem Verbrauch liegt eine große Chance für unser
Wirtschaftssystem, aber auch eine enorme Gefahr für vorhandene Wertesysteme.
Wird Shareconomy als Teil einer agilen Organisationsform gesehen, werden neue
Möglichkeiten der unternehmensinternen Leistungserbringung ermöglicht. Bedingt
durch IT und TK werden die Prozesskosten reduziert und so der Austausch
ermöglicht.
Shareconomy als Geschäftsmodell ermöglicht die Erschließung neuer Märkte und
Kundengruppen. Neben einer smarten Geschäftsidee kommt es insbesondere auf
d e n k o mb i n i e r t e n E i n s a t z u n t e r s c h i e d l i c h e r I n fo r ma t i o n s - u n d
Kommunikationstechnologien an.
Für ein Wirtschaftssystem ergibt sich die Chance auf Wachstum und Entwicklung.
So hilft eine „Share Economy“, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung
(in bisher benachteiligten) Regionen (scheinbar) positiv zu beeinflussen, da
Menschen an Märkte herangeführt werden können. Auch wird der Verbrauch und
Gebrauch von Rohstoffen und Gütern optimiert. Gleichzeitig wird es jedoch auf
eine Konzentrierung auf der Angebotsseite hinauslaufen.
Aus Sicht der Gesellschaft führen „Sharing Economy“-Ansätze zu einer Angleichung
unterschiedlicher Gesellschaftsschichten. Kurz - und mittelfristig entsteht so
Wohlstand. Mittelfristig- bis Langfristig kann es zu gesellschaftlichen Schieflagen
führen, wenn sich eine große Anzahl von Konsumenten wirtschaftlich übernimmt
oder von Konsum (vom Gebrauch) ausgeschlossen wird. Es muss daher auch
betrachtet werden, in welchen Formen die Sharing Economy sich in der
Gesellschaft verbreitet. Erfolgt die Interaktion in kleinen oder sehr engen Gruppen,
ist davon auszugehen, dass das rationale Eigeninteresse des Einzelnen mit der
Moral und Kultur der Gemeinschaft einhergeht. Dies hängt u.a. damit zusammen,
dass sich die einzelnen Individuen in ihrer täglichen Lebenswelt begegnen. In
anonymen Umgebungen hingegen laufen Moral und Eigeninteresse auseinander.
Wenn Individuen nur ihre eigene Wunscherfüllung optimieren, zerfällt die
Moralität.
Für den einzelnen Menschen ermöglicht Shareconomy den Zugang zu neuen
Produkten und Services. Augenblickswünsche können genauso erfüllt werden, wie
die langfristige Befriedigung einer Vielzahl von Bedarfen. Es muss jedoch bedacht
werden, in welchem Umfang und welcher Art der kollaborative Verbrauch erfolgen
wird,
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Shareconomy als Geschäftsmodell
Der Trend zu kollaborativen Gütern, kollaborativen Gebrauch oder kurzum zur Sharing Economy hat
viele Auslöser. Hierzu zählen u.a.
die Knappheit von Rohstoffen,
die Knappheit als limitierender Faktor der Bedürfnisbefriedigung des einzelnen
Menschen,
die Knappheit an sich,
veränderte Wertvorstellung bzw. Wertekonsens, welche insbesondere aus einer Reflektion
der Konsequenzen des persönlichen Handelns führt,
wirtschaftliche Notwendig,
die technischen Möglichkeiten,
u.a.
Unter Knappheit wird verallgemeinert die Differenz zwischen Erwünschtem und Verfügbaren
verstanden. Diese Differenz kann auf die Qualität oder die Quantität von Produkten oder Services
sowie auf den Ort oder den Zeitpunkt ihrer Verfügbarkeit bezogen sein. Oder in anderen Worten: Was
habe ich zur Verfügung, um meine Bedürfnisse zu befriedigen, und was steht zur Verfügung, um
meine Bedürfnisse zu befriedigen. Oder
nochmals anders: Die Differenz zwischen
Wunsch und Wirklichkeit kann als Knappheit
bezeichnet werden.
In diesem Zusammenhang gilt zu erwähnen,
dass Knappheit auch ein zentraler limitierender
Faktor für ein Shareconomy-Geschäftsmodell
ist. Insbesondere dann, wenn die Verfügbarkeit
nicht mit der Nachfrage standhalten kann.
Insbesondere die „Generation
Wohlstand“ (Anmerkung: Teilweise
Überschneidung mit „Generation X“) in den
westlichen Industrieländern, die (noch) nicht
ernsthaft die Auswirkungen der Wirtschaftskrise
spürt (bzw. spüren musste), geißelt die globalen Entgleisungen der der Märkte. Menschen aus diesem
Milieu sind regelmäßig zwischen 35 und 50 und saturiert. Für diese Menschen rücken die
persönlichen Konsequenzen des Handelns in den Vordergrund. Während für ihre Kinder ein
Lebensstil akzeptabel ist, welcher auf dem Credo „Jeans für 9,95 Euro, Schuhe für 19,95 Euro und
Smartphones für 600 Euro“ beruht, suchen sie für sich selbst neue Werte – eventuell sogar eine neue
Leitkultur. Dabei gilt, dass sich Bedürfnisse und Wertvorstellungen nicht unabhängig von der
gesellschaftlichen Organisationsform verstehen lassen. Nicht nur Wünsche und Wertvorstellungen
werden vom jeweiligen Wirtschaftssystem beeinflusst, sondern auch die Mittel zu ihrer Erfüllung. Die
vorhandenen Mittel können die Ziele sogar dominieren. Dies müssen insbesondere Menschen
erfahren, die in Regionen leben, welche durch die Wirtschaftskrise (Finanzkrise) hart getroffen
wurden. Menschen, die bis vor wenigen Jahren als etabliert und saturiert galten, müssen heute um ihre
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Existenz fürchten. Gerade für dieses Segment sind Shareconomy-Modelle geeignet, kurz- bis
mittelfristig ihren Lebensstandard zu halten – respektive eine größtmögliche Summe an Bedürfnissen
zu befriedigen.
Egal was der Hauptauslöser oder primäre Treiber hinter kollaborativen Gütern und kollaborativem
Gebrauch ist:
1. Ehemals homogene Märkte - bzw. Märkte mit überschaubaren Segmenten und
Verhaltensmustern der Nachfrager – werden immer dynamischer und von immer stärkeren
inneren Gegensätzen getrieben: Inseln des Wohlstands auf der einen Seite, Eskalierung der
Armut auf der anderen. Werte, die sich gegen Ausbeutung aussprechen und für faire Löhne
hier, und „Jeans für 9,95-Euro-Käufer“ dort. Geothermie und Photovoltaik für das gute
Gewissen, und Flug nach London zum Preis von 9,95 Euro für den schnellen Spaß.
2. Es handelt sich um einen relevanten Markt, der adressiert werden will. Revolutionen werden
regelmäßig nicht von Etablierten eingeleitet, sondern von den Trägern neuer Ideen, die die
Platzhirsche herausfordern wollen. Deshalb sollten sich alle Anbieter von Gebrauchsgütern,
Nutzungsrechten und Services reflektieren. Hierbei gilt es, insbesondere die Nutzenräume des
Konsumenten der eigenen Angebote zu bewerten.
Shareconomy erhöht die Wahl der zur Verfügung stehenden Optionen. Anbieter in etablierten
Märkten (Marktmodellen) sehen sich neuen Nutzenfunktionen gegenüber. Mit diesen lässt sich für den
Konsumenten einen Nutzenraum gestalten, der durch positive und negative Elemente geprägt ist. Also
in anderen Worten eine Abgrenzung der erwünschten und unerwünschten Eigenschaften. Hat eine
(neue) Alternative einen positiven Nutzen (positive Nutzenbilanz), so wird die Nutzung der
Alternative oftmals bevorzugt. Auch aus diesem Grund werden zukünftig klassische Management-
Strategien seltener greifen.
Viele Unternehmen versuchen zu wachsen, indem sie versuchen, mit bereits existierenden Produkten
größere Marktanteile zu erzielen. Sie wollen
einen vorhandenen Markt mit bestehenden
Produkten stärker durchdringen, um
Marktanteile zu sichern oder zu gewinnen. Eine
grundsätzlich naheliegende Wachstumsoption.
Diese Weisheit gilt quasi als „Doktrin“ des
strategischen Managements. Klassische Hebel
für eine größere Marktdurchdringung sind
neben Werbung, neuen Vertriebswegen und
Distributionsstätten, größere
Verpackungseinheiten, regelmäßige Werbung,
Kundenbindungsprogramme sowie
Preissenkungen- und –differenzierungen. In
saturierten Märkten sind diese Aktivitäten
regelmäßig mit Preissenkungen und hohen Marketingaufwendungen verbunden. Doch die etablierten
Strukturen und Verhaltensmuster funktionieren in immer weniger Märkten. Gefragt sind für neue
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Produkte, neue Services, neues Marketing und ein neues Verständnis für den Kunden. Für etablierte
Anbieter von Produkten und Services bedeutet es nicht, alles Bestehende aufzugeben, und eine 180-
Grad-Kurskorrektur anzusteuern. Es bedeutet vielmehr, die bestehenden Geschäftsmodelle sinnvoll zu
erweitern und neue Kundengruppen, mit anderen Preisbereitschaften an hochmargige Leistungen zu
binden. Für Start-ups gilt es, bestehende Geschäftsmodelle zu hinterfragen und disruptive Services
anzubieten.
So verlockend und einfach es zunähst anhört, das eigene Geschäftsmodell auf kollaborative Services
auszubauen, gilt es, eine Vielzahl von Konstrukten zu beachten. Angefangen bei der Produkt- und
Leistungsplanung, über Preismanagement und Marketing bis hin zur internen Organisation, der
Bindung der Know-how-Träger. Auch setzen die neuen Geschäftsmodelle auf andere Prinzipien als
die Konzepte der letzten 20 Jahre; und dies mit starken Auswirkungen auf die UInternehmens-IT.
So unterscheidet sich das Geschäftsmodell der kollaborativen Services gegenüber dem klassischen
Vermietungsmarkt durch Nutzungszeiträume, den Zugang und Zustand der entsprechenden Services
und Güter sowie insbesondere durch die Preisbildungsoptionen. Für Shareconomy-Modelle gibt es
zahlreiche Optionen der Bepreisung. Die gängigsten sind
Service-Gebühr
Freemium, (Kunstwort bestehend aus free (gratis) und Premium)
gestufte Subskription
Flatrate / Flat-Mitgliedschaft
Mitgliedschaft & Nutzung
Kombination der Modelle
Das richtige Preismodell ist unter Umständen für den Erfolg des gesamten Geschäftsmodells wichtiger
als die eigentliche Leistungserbringung. Durch Freemium-Ansätze kann schnell eine kritische Masse
für die Lösung erzeugt werden und so zu einer Relevanz für das Angebot führen. Die Monetarisierung
erfolgt dann durch zusätzliche Lösungen und Leistungen, die das „freie“ Produkt aufwerten. Dieser
Ansatz wird häufig im Bereich von Software-Angeboten – respektive Software as a Service – genutzt.
Anbieter zielen auf eine schnelle – oftmals virale – Verbreitung der Software ab. Ab einem
bestimmten Punkt (z.B. kritische Masse in einem Unternehmen) werden Management-Tools für die
eigentliche Software – den kostenlosen Service – benötigt. Oder bestimmte Nutzergruppen entwickeln
Preisbereitschaften für ergänzende Leistungen (wie Speicher, Rechenleistung.).
Anbieter von Systemgeschäften (etwa Carsharing) mit relativ hohen Einstiegsinvestments und einer
vergleichsweisen hohen benötigten Anzahl von Nutzern zur Erzielung einer Systemrelevanz und
Systemfunktionalität sollten auf Modelle setzen, die das Konzept „Mitgliedschaft & Nutzung“ in den
Mittelpunkt rücken. Durch den Mitgliedsbeitrag wird sowohl eine Bindung an das System erzielt, als
auch ein regelmäßiger finanzieller Rückfluss. Durch vergleichsweise niedrige Nutzungsgebühren
(diese können genauso wie der Mitgliedsbeitrag gestuft sein), werden die Attraktivität und die
Nutzung gefördert. Gelegenheitsanwender können durch reine Nutzungsgebühren den Service
konsumieren. Hier hat eine preisliche Bevorzugung gegenüber den Mitgliedern stattzufinden.
Neben der Preisgestaltung ist das Handling von zentraler Bedeutung.
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Die Grundvoraussetzung für eine bestmögliche Steuerung von Prozessen im eigenen Unternehmen
und über die Unternehmensgrenzen hinweg ist die zeitnahe Verfügbarkeit von Informationen über
die Position und den Zustand von Produkten, Werkzeugen, Fahrzeugen oder sonstigen
Objekten sowie die Möglichkeit zur Veränderung der Informationen – unabhängig von deren
Aufenthaltsort,
die Nutzungsmessung der Services (Einsatzgrade bestimmter Funktionen,
Nutzungshäufigkeiten)
Verhaltensmuster der Anwender (etwa inklusive einer Profilierung und Segmentierung)
Eine herausragende Rolle für Shareconomy-Modelle, die sich um kollaborativen Gebrauch
(Carsharing, „Spielzeug- und Kinderwagen-Subskriptionsmodelle“) drehen, wird der Planung –
respektive Bewertung – der eingesetzten Güter zu Teil. So hat sich in den letzten Jahren der Trend
durchgesetzt, dass Güter entwickelt und produziert werden, die einen geplanten Defekt aufweisen –
quasi ein eingebautes Verfalldatum haben. Der entsprechende Begriff hierfür ist „Obsoleszenz“.
Während diese Eigenschaften für Hersteller und Händler in klassischen Handelsgeschäften ein gutes
Geschäft sein können, sind diese Produkteigenschaften für Modelle des kollaborativen Gebrauchs
unbrauchbar. Deshalb gilt es hier, einen anderen
Weg einzuschlagen und die eingesetzten Güter
auf Langlebigkeit zu trimmen.
Es gibt noch zahlreiche Facetten, die an anderer
Stelle entsprechend geklärt und diskutiert
werden und den Rahmen an dieser Stelle
sprengen. Sicher ist, dass nahezu jedes aktuelle
Geschäftsmodell im Bereich Handel und der
Vermarktung (inkl. Produktion) von Waren und
Dienstleistungen durch Shareconomy-Modelle
herausgefordert wird. Um es positiv
auszudrücken: Es entstehen neue Chancen der
Expansion und Marktentwicklung. Warum kann
es nicht für einen Filialbetreiber von
Schmuckgeschäften interessant sein, auch zunehmend „gebrauchte“ Schmuckstücke zu verkaufen
oder seinen Kunden über ein Mitgliedschaftsmodell, Ketten und Ringe zeitweise zu überlassen?
Weshalb sollte eine Baumarktkette nicht über integrierte (Flatrate-)-Nutzungs-Mitgliedschaftsmodelle
die Umsätze und Kundenbindung erhöhen? Oder ist es so abwegig, dass es in einigen Jahren
gebrauchte Güter nicht nur in dezidierten „Gebrauchtkaufhäusern“ gibt, sondern auch ein
ausgewähltes Warensortiment in den „klassischen“ Kaufhäusern aufgebaut wird? Um solche – und
zahlreiche weitere Konzepte – zu realisieren, bedarf es agiler Organisationen, einem Verständnis von
IT als Produktionsfaktor sowie einer Wertehierarchie, die auf Vertrauen und Transparenz aufbaut.
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Shareconomy als Teil einer agilen Organisationsform – Bestandteil des
(Office-)Arbeitsplatzes der Zukunft
Täglich grüßt das Murmeltier, wenn über das Thema „(Office -)Arbeitsplatz der Zukunft“
gesprochen wird. Quasi ein immer aktuelles Thema, welche je nach Zeitgeist aus
unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird. Stand Ende der 1990er -Jahre das Thema
Desksharing relativ weit oben auf der Agenda der Personalleiter und
Organisationsentwicklung, konzentrierte sich die Diskussion in den folgenden Jahren auf
den Zugang zu Daten und Informationen. Zunächst ging es darum, den stationären Zugriff
auf die Datennetze der Unternehmen sicherzustellen. In den letzten vier bis fünf Jahren
geht es zunehmend auch um die mobile Vernetzung, inklusive Online - und Offline-
Arbeitsszenarien.
Soziologen und Arbeitswissenschaftler gehen davon aus, dass sich in naher Zukunft offene
Arbeitsplatzmodelle ohne Bindung an einen physikalischen Ort durchsetzen werden. Auch
wenn diese Entwicklung nicht zwingend das Ende des Schreibtischs bedeutet, ergibt sich
eine geänderte Anforderung an die Arbeitsinfrastruktur. So haben Nutzer von Smartphones,
Notebooks oder Tablet-PCs andere Anforderungen an die Arbeitskonzepte als Nutzer von
Schreibmaschine, TippEx und Karteikarten. Bezogen auf die benötigte
Informationstechnologie stellen solche flexiblen Modelle keine Herausforderung dar. Im
Gegenteil - der Markt bietet zahlreiche Optionen zur bedarfsgerechten Ausstattung der
Mitarbeiter mit IT. Hierzu zählen beispielshalber Lösungen, die die Anbindung mobiler
Mitarbeiter über Online-Services ermöglichen, den Zugriff auf Daten, losgelöst vom
Endgerät auf Basis interoperabler Systeme orchestrierten oder Präsenzinformationen
(Statusmeldungen) von dezidierten Personen oder einzelner Personen und in Anwendungen
integrierte Kommunikationslösungen.
Das „Office der Zukunft“ ist von einer Vielzahl von nachhaltigen Trends aber auch
kurzfristigen Hypes geprägt. Zu den nachhaltigen Trends zählen unter anderem:
Mobilität der Mitarbeiter und ortsungebundene Erstellung der Leistung
digitale-/soziale Vernetzung innerhalb der Unternehmen, zum Kunden und in
der Lieferkette
Diversifikation der Client-Infrastruktur. Immer mehr und immer
unterschiedlichere Endgeräte werden durch den Mitarbeiter genutzt.
Teilen von Daten, Informationen und Wissen
Insbesondere der Zugang zu Daten, Informationen und Wissen ist mitentscheidend für die
Leistungsfähigkeit einzelner Mitarbeiter, sowie Teams und somit erforderlich für den
Erfolg des Unternehmens. Und eben dieser Zugang ist es, der den wichtigsten
gemeinsamen Nenner zwischen den Aktivitäten rings um moderne Arbeitsplatzkonzepte,
der Ausstattung der Mitarbeiter mit Informationstechnologie und agilen
Organisationsmodellen bildet. All diese Aktivitäten sind Voraussetzung und Bestandteile
für Shareconomy-Modelle als Teil einer agilen Organisationsform und Bestandteil des
(Office-Arbeitsplätze der Zukunft.
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Gehemmt wird die Umsetzung häufig durch die im Unternehmen vorhandenen Strukturen
im Allgemeinen und durch Unternehmensleitung sowie HR -Verantwortliche im
Besonderen. Hauptsächlich der Wert und die Auswirkungen der technischen
Umstrukturierungen können hinsichtlich der positiven Effekte nicht einzuschätzen sein.
Dabei ist es gerade Aufgabe des Managements, Arbeit im Allgemeinen und Wissensarbeit
im Besonderen produktiv(er) zu gestalten. Dies ist insbesondere bei Unternehmen in
Deutschland von zentraler Bedeutung, deren vorrangiges Alleinstellungsmerkmal der
wissensbasierte Output ist. Dies trifft sowohl auf Anlagenbauer zu, die ihre nationale und
internationale Position nur noch mit Spezialanfertigungen verteidigen können, wie auf
Ingenieure, Autobauer oder Pharmaunternehmen.
Das Shareconomy-Modell ist ein modernes Organisationsmodul, welches ein schnelles
Auffinden, Teilen und Verarbeiten von Daten, Informationen und Wissen ermöglicht.
Hierzu bedarf es der Aufarbeitung von Daten, über Informationen zu Wissen durch
Maschinen. Genutzt werden Suchmaschinen, deren Suchmodelle, Lösungen für Business
Intelligence und Konzepte für Business Analytics. Da einzelne Daten für das Unternehmen
noch keinen Vorteil bringen, wird eine Datenvernetzung benötigt. Denn erst sie bildet die
Grundlage für Wissen, unabhängig von einer einzelnen Person und losgelöst von der
Umgebung. Geboren ist der Rohstoff einer wissensbasierten Unternehmung. Ähnlich wie
beim Rohstoff Öl sind beim Rohstoff Daten erhebliche Anstrengungen nötig, um sie im so
genannten Wertschöpfungsprozess brauchbar zu machen. Am Beispiel Öl wären das
(auszugsweise) die Stufen Exploration, das Erschließen der Quelle, Förderung,
Distribution und Veredelung. Genauso wie beim Öl sind die Einsatzbereiche,
Anwendbarkeit und Möglichkeiten von Daten an der Quelle relativ beschränkt – der
Produktionsfaktor kann seine Wirkung nicht entfalten. Bei Daten hingegen ist die geringe
Anwendbarkeit im „natürlichen Umfeld“, sprich in der täglichen Anwendung, auf die
Kontextunabhängigkeit zurückzuführen.
Aus diesem Grund müssen die Daten auf
Basis von Bezügen in einen Kontext
gebracht werden. Dies können
beispielsweise Ausprägungen menschlicher
Logik sein, welche durch Programmierung
in Such- und Bewertungsmechanismen
münden. Hierdurch entstehen für den
geneigten Benutzer Informationen. Durch
die kombinierten und vernetzten
Informationen entsteht für das
Unternehmen – oder den einzelnen
Anwender – Wissen.
Jedoch ist dieser Ansatz nur die halbe
Miete. Als zweite Hälfte wird ein
Vernetzen von Menschen und deren Kompetenzen benötigt. Hierbei gilt es Menschen, je
nach Größe und Ausrichtung des eigenen Unternehmens, über unterschiedliche
geografische Regionen, kulturelle Werte und Rollen im Unternehmen zu vernetzen.
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Herausforderung bei der Umsetzung von Shareconomy-Arbeitsweisen ist die agile
Vernetzung der Mitarbeiter. In einer Vielzahl von Unternehmen werden (außerhalb von der
direkten Produktion und F&E) mindestens vier Anwendertypen (Rollen) anzutreffen sein:
„mobile“ Mitarbeiter (Smart Worker)
Standortgebundene „Standard“-Mitarbeiter
Mitarbeiter mit besonderen Anforderungen
Heimarbeiter/Heimarbeitsplätze
Diese „Typen“ zeichnen sich durch unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der
Ausstattung mit IT und an eine Unternehmensorganisation aus. Insbesondere die
Arbeitsweise unterscheidet sich massiv. Ziel ist nicht die umfassende Homogenisierung der
Arbeitsweisen, sondern vielmehr ein Harmonisieren . Hierfür wird eine ganzheitliche
Strategie benötigt.
Wenn es um die Frage geht, wie die Arbeitswelt zukünftig im Rahmen einer ganzheitlichen
Strategie organisiert sein wird, fallen grundsätzlich drei zentrale Begriffe: Mobilität,
Flexibilität sowie Vernetzung von Menschen untereinander und mit Wissen. Egal ob
unterwegs, im heimischen Wohnzimmer oder im Büro: Eine Vielzahl von Mitarbeitern
kann (und wird) zukünftig das definierte Arbeitspensum in dynamischen Umgebungen
hochwertig leisten. Sie entscheiden nahezu frei, welche Geräte sie hierfür nutzen sowie
wie und wo die eigentliche Leistung erbracht wird. Es wird allerdings auch weiterhin eine
Vielzahl von Mitarbeitern geben, die ihre Leistungen ortsgebunden in definierten
Arbeitsumgebungen leisten. Ferner werden immer mehr Mitarbeiter an Kollaborations - und
Kommunikationssysteme angebunden. Hierdurch werden bei erhöhter Qualität die
Verwaltungskosten reduziert. Entscheider in Unternehmen müssen diese Tendenzen, die
durch die wirtschaftlichen, sozialen und technischen Entwicklungen entstehen, in ihren
Unternehmen frühzeitig abbilden. Auch deshalb müssen die Themen „Arbeitswelten“ und
„Produktivitätsinfrastruktur“ ganz oben auf der Agenda der Unternehmen stehen.
Shareconomy ist das organisatorische Mittel und der operative Erfüllungsgehilfe. Je nach
Organisationsform sind unterschiedliche Fachbereiche in diesen Prozess einzubeziehen.
Neben der IT-Abteilung zählt hierzu insbesondere der Personalbereich. Aber auch eine
frühe Einbindung von Anwendern ist unabdingbar. Primäre Aufgabe der
Unternehmensorganisation ist es, die unterschiedlichen Arbeitsweisen und Einstellungen
zu harmonisieren und zu integrieren.
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Shareconomy als Teil einer agilen Organisationsform – Treiber von
Social Business für Kollaboration und Kommunikation
Die Entstehung der menschlichen Kulturgeschichte und der Kollaboration gehen
miteinander einher. Bereits 20.000 Jahre vor Christus teilten sich Höhlenmenschen durch
Grunzen, Handzeichen oder dem Schlagen von Stöcken gegen Objekte mit.
Felszeichnungen dienten bereits vor Tausenden von Jahren dazu, Strategien zur Jagd zu
verbreiten oder Kriegstaktiken zu vermitteln. Auch während der industriellen Revolution
vor ca. 200 Jahren war Kollaboration (=„Zusammenarbeit“) und Kooperation
(=„Arbeitsteilung“) ein entscheidender
Treiber der gesellschaftlichen
Weiterentwicklung. Kurzum: Kollaboration
ist nicht neu, und das Konzept hinter
Zusammenarbeit ist eigentlich ganz
einfach. Zwei oder mehr Personen
verfolgen das Ziel, gemeinsam etwas zu
schaffen oder haben ähnliche
Wertvorstellungen, auf deren Basis ein
Mehrwert für das Unternehmen, die
Gesellschaft oder den einzelnen Menschen
entstehen soll. Diese Konzepte werden
durch eine Kombination „sozialer“
Medien, „sozialer“ Software und
„sozialen“ Netzwerken umgesetzt. „Soziale“ Medien bezeichnen digitale Medien und
Technologien, die es Nutzern ermöglichen, sich untereinander auszutauschen und mediale
Inhalte einzeln oder in Gemeinschaft zu gestalten. „Soziale“ Software ist eine Bezeichnung
für Software, die der menschlichen Kommunikation und der Zusammenarbeit dient. Dabei
steht die Orchestrierung des Informationsmanagements (Suchen, Finden, Bewerten,
Verteilen), des Identitätsmanagements (Selbstdarstellung, Kompetenzprofile) und des
Beziehungsmanagements (Management von Kontakten) im Fokus. „Soziale“ Netzwerke
sind eine lose Verbindung von Menschen in einer digitalen Gemeinschaft. Technisch
werden diese Gemeinschaften durch Webanwendungen und Portale abgebildet und
orchestriert.
Social Collaboration und Social Business werden oftmals synonym verwendet, um die
„soziale" Komponente als Grundthema von all diesen Funktionalitäten zu betonen. Social
Business ist eine entscheidende Chance für Unternehmen, die Arbeitswelt flexibler und
offener zu gestalten. Die technologischen Lösungen und die damit verbundenen
Denkmuster und Organisationsformen sind Bestandteil von Shareconomy -Umsetzungen.
Social Collaboration bzw. Social Business sind von vornherein darauf ausgelegt, die Kraft
der Massen zu entfesseln; diese macht manche Arbeitsprozesse möglich, die mit anderen
Methoden gar nicht oder nur unvollkommen durchführbar sind. Dabei sind ein räumliches
oder zeitliches Zusammendrängen und eine Konzentrierung der einzelnen Menschen nicht
(immer) zwingend erforderlich. Aufgegriffen werden mit Shareconomy und Social
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Business die tief verankerten Verhaltensmuster des Menschen. Allgemeingültigkeit hat die
Erkenntnis, dass der Mensch an sich ein geselliges Lebewesen ist. Seine Lebensgeister
werden in geselligem Wirken belebt, und dass Ehrgeiz und Wetteifer dabei ins Spiel
kommen, kann fast überall beobachtet werden. Die kollaborative Arbeit geht schneller
vonstatten und die Arbeitsleistung ist verhältnismäßig größer als die von isolierten
Mitarbeitern oder statischen Teams. Durch digitale Technologien wie E -Mail, Instant
Messaging oder Document Sharing verringert sich die Bedeutung von Raum und Zeit;
Menschen rücken immer enger zusammen. Sie knüpfen schneller Kontakte und tauschen
sich untereinander aus – privat, aber auch bei der Arbeit. Und je vernetzter sie
interagieren, desto größer ist auch der Nutzen für das Unternehmen. Aber: Der ständige
Wechsel zwischen unterschiedlichen Anwendungen kostet viel Zeit und verzögert die
Informationsbeschaffung. Das Management der Kanäle bindet Ressourcen und kann leicht
zu Frustration führen.
Grundsätzlich sind zwei Tendenzen hinsichtlich des Einsatzes von Social Business zu
erkennen: Auf der einen Seite gibt es Initiativen und Kampagnen, die zentral aus der IT -
Abteilung oder durch die Organisationsabteilung bzw. Unternehmens -Entwicklung
getrieben werden. Diese sind mit den Projekt - und Beschaffungsprozessen klassischer IT-
Projekte zu vergleichen. Die Herausforderung wird hierbei nicht in der technischen
Umsetzung gesehen, sondern vielmehr in der organisatorischen Neugestaltung der
Arbeitsabläufe. Auf der anderen Seite existiert eine sehr starke virale Verbreitung der
Social-Software-Anwendungen und der damit verbundenen Denkmuster. Diese erfolgt in
der Regel unstrukturiert aus den Fachabteilungen – oder einzelnen Interessengruppen –
heraus. Anders als bei der organisatorisch geplanten und gesteuerten Einführung, beginnt
die partizipative Verbreitung durch konkrete Bedarfe einzelner Mitarbeiter oder Teams, die
diese kurzfristig und pragmatisch befriedigen. Oder in anderen Worten: Getrieben vom
Anwender werden „Social Tools“ als sogenannte „Web -2.0-Dienste“, als Bestandteil des
digitalen Arbeitsplatzes – quasi durch
einen Bottom-Up–Ansatz – in die
Unternehmen getragen. Hierbei wird
durch einen leichten Einstieg in die
Nutzung der Produkte und Services der
Grundstein für eine breite Partizipation
von gleichgesinnten Anwendern und für
eine schnelle Verbreitung im
Unternehmen gesorgt. Sobald der
sogenannte „Tipping Point“ („Umkipp -
Punkt“) erreicht ist, erfolgt eine
Anbindung an weitere IT-Lösungen im
Unternehmen. Diese plötzliche und starke
Beschleunigung der Nutzung entsteht
dann, sobald die neuen Nutzer dieser Social-Business-Lösungen einen besonders großen
Einfluss auf das Unternehmen (Kultur, Leistungsfähigkeit etc.) haben.
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Und so kommen immer häufiger immer mehr Lösungen wie Jive, Socialtext, Yammer oder
Tibco in die Unternehmen. Jedoch reicht deren Leistungsfähigkeit – bezogen auf
Lizenzierung oder Service Level – oftmals größeren Unternehmen oder Konzernen nicht
aus; auch dann, wenn die grundsätzliche Leistungsfähigkeit gegeben ist. Die Unternehmen
benötigen – und verlangen – Social-Business-Lösungen, die Enterprise-ready sind.
Shareconomy-Modelle und Social Business als Strategie können als Schlüsselkonzept für
den organisatorischen Wandel innerhalb des Unternehmens, Wertschöpfungsnetzwerken
oder einzelnen Branchen einen Mehrwert liefern. Es handelt sich also um eine große
Chance für Unternehmen, die Arbeitswelt und Interaktion mit Stakeholdern flexibler und
offener zu gestalten. Das Ziel ist Effizienzsteigerung. Dabei steht Social Business
synonym für Unternehmen der Zukunft, die Strategie, Kompetenzen, Kultur und Prozesse
vereinen, um in einer vernetzten Welt die Art und Weise, wie Menschen arbeiten (und
leben) um Mehrwerte für sich, das Unternehmen und die Gesellschaft zu erreichen. Dabei
gilt zu beachten, dass die Änderungen im Bereich Technologie, Unternehmenskultur und
Prozessen die bestehenden Wertesysteme und etablierten Rahmenparameter unterbrechen
und beenden sowie durch neue Leit - und
Leistungsdimensionen ersetzen oder. diese
erweitern. Im Grundverständnis wird
davon ausgegangen, dass IT ein
Produktionsfaktor für das Unternehmen ist
und Social Businnes einen
Wettbewerbsfaktor darstellt.
Um Shareconomy-Strategien und die damit
verbundenen Social Business-Ansätze
erfolgreich im Unternehmen zu etablieren,
gilt es, eine offene und kollaborative
Kultur zu erarbeiten, zu pflegen und
weiterzuentwickeln. Hierzu wird ein
sozialer Layer – also eine technische
Schicht - benötigt, der eine allumfassende Kommunikation und Interaktion ermöglicht.
Es handelt sich um ein Projekt, eine Aufgabe oder. eine Initiative, die über Jahre forciert
werden muss und die direkten sowie indirekten Einfluss auf nahezu alle IT - und
Organisationsprojekte hat. Bei der Realisierung sind genauso die Adoptionszyklen der
Anwender zu berücksichtigen wie die Beschaffungsrhythmen von Informationstechnologie
(Software, Hardware und Services).
Jedoch muss klar sein, dass es bei aller technischen und technologischen Fokussierung bei
Shareconomy der Mensch im Mittelpunkt steht. Vertrauen und Transparenz sind
Voraussetzung.
Vertrauen ist zumeist ein alltagssprachlicher Begriff, der inzwischen praktisch sämtliche
Lebensbereiche durchdringt. An dieser Stelle geht es nicht um eine wissenschaftliche oder
soziologische Begriffserläuterung; und es ist auch keinen Blick in das Handbuch der
Arbeits- und Organisationspsychologie notwendig. Vielmehr geht es um das
Grundverständnis, dass Vertrauen in unsicheren Situationen die Akteure unterstützt und sie
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handlungsfähig macht. Im Kern geht es darum, dass Vertrauen die zentrale Grundlage des
unternehmerischen Handelns ist. Dabei wird ökonomischer Erfolg über die Ebenen
Wahrnehmung, Einstellung und Verhalten erzielt. Vertrauen führt zu weniger Problemen,
reduziert interpersonale Reibung – auch über Hierarchieebenen hinweg – und verstärkt
Kooperationen. Voraussetzung ist eine Unternehmenskultur, die auf Transparenz aufbaut.
Hierbei geht es nicht um „Sozialromantik“. Es darf nicht gescheut werden, zu versuchen,
die Wahrheit auszusprechen. Es darf aber auch nicht nach dem Leitsatz verfahren werden,
dass Misstrauen nicht das Gegenteil von Vertrauen ist und grundsätzlich vom negativen
Fall der Unsicherheit ausgegangen wird.
Misstrauen ist nicht das Gegenteil von Vertrauen, argumentiert bereits der Literatur - und
Sozialwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma umfassend. Misstrauen sei vielmehr eine
Orientierungsstrategie in einer Umgebung, die als mehr oder minder vertrauenswürdig
angesehen wird. Solche Situationen entstehen, wenn fehlende Transparenz vorherrscht.
Transparenz ist der Schlüssel zu einer auf Vertrauen aufgebauten Organisation, die auf
gemeinsamer Leistungserbringung beruht.
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IT als Wettbewerbs- und Produktionsfaktor und Ermöglicher der
Shareconomy
Funktionierende Kommunikationsnetze, seien sie technisch oder menschlich, sind
entscheidende Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens; egal ob es um interne Prozesse
geht oder Leistungen für den Kunden. Die Kommunikationsstrukturen, basierend auf
Informationstechnologie und Telekommunikationslösungen, bilden das Rückgrat der
Güterproduktion, des Handels und Services. In den letzten 25 Jahren haben sich die
Lösungen und IT-Services von einem unterstützenden Hilfsmittel zu einem
Produktionsfaktor entwickelt. Auch wenn zwar grundsätzlich allen Unternehmen die
gleiche Technologie zur Verfügung steht, und Angebote wie Cloud Computing, bezogen
auf den Zugang zu Leistungen, für eine Demokratisierung gesorgt haben, kann durch deren
Einsatz ein Wettbewerbsvorteil entstehen. Dies liegt an unterschiedlichen
Adaptionszyklen, Einsatzgraden und einem – selbst bei Commodity-Services – stark
unterschiedlichen Cuvée. Um den Wettbewerbsfaktor herauszuarbeiten, bedarf es zunächst
einer kurzen Definition des Verständnisses für Produktionsfaktoren. Dabei muss man hier
besondere Sorgfalt walten lassen. Der Begriff „Produktionsfaktor“ wird in den letzten
Jahren nahezu inflationär verwendet. Nahezu jedes Thema wird als Produktionsfaktor
bezeichnet – bis hin zu „Moral als Produktionsfaktor“. Unter produktiven Faktoren
(Produktionsfaktoren) wird der materielle und/oder immaterielle Input von
Produktionsprozessen verstanden.
Die Herausarbeitung immer neuer Faktoren – respektive Produktionsfaktoren - ist auch auf
die extreme Dynamik als situationsbedingt zurückzuführen. Angetrieben wird dies auch
durch einen gesellschaftlichen Wandel und die wirtschaftliche Entwicklung, welche von
der traditionellen industrieorientierten zu einer wissensorientierten Gesellschaft beeinflusst
wird.
Bereits seit den 1970er-Jahren wird darüber diskutiert, ob Information ein
Produktionsfaktor ist. Hierzu gab – und gibt – es dutzende Argumentationsstränge und
Ableitungen. Es hat sich regelmäßig die Erkenntnis durchgesetzt, dass Information zu den
Produktionsfaktoren zählt, jedoch variiert die Abgrenzung innerhalb der Faktorensysteme.
Diese Faktorensysteme sind Schemata, die dazu dienen, die Vielfalt der Faktoren zu
ordnen und systematisieren. Einer solchen Klassifikation kommt jedoch kein
Wahrheitsanspruch zu, es existiert eine Vielzahl theoretischer Konstrukte.
Zur Produktion von Informationen werden jedoch regelmäßig weitere Größen benötigt,
welche wiederum einen eigenen Faktor – respektive einen Produktionsfaktor bedingen.
Dies sind neben sonstigen Sachmitteln insbesondere die „Träger der
Informationsbearbeitung“ – also Menschen und Informationstechnologie. Neben
Werkstoffen, Betriebsmitteln und (ausführender) Arbeit wird Information als vierter
Elementarfaktor systematisiert.
Es herrscht oftmals die Meinung vor, dass lediglich Güter Produktionsfaktoren sein
können. Merkmale von Gütern sind, dass sie Mittel sind, die der Bedürfnisbefriedigung
dienen. Güter können wiederum nach unterschiedlichen Ausprägungen definiert werden.
Zum Beispiel Gebrauchs- und Verbrauchsgüter. Weiteres Merkmal von
Produktionsfaktoren ist die Unverzichtbarkeit am Produktionsprozess. Diese
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Unverzichtbarkeit resultiert aus dem Funktions-, Kosten- und Nutzwert. Drittens geht ein
Verbrauch (bei Rohstoffen) oder ein Gebrauch (bei Maschinen) einher.
Die Informationstechnologie (IT) erfüllt diese definitorischen Rahmenparameter je nach
Auslegung in Gänze – oder in den zentralen Punkten. Bedingt durch die zunehmend
zentrale und unerlässliche Bedeutung der IT in inner - und außerbetrieblichen Abläufen und
als Zwischenstück der beschriebenen Faktoren, bedarf es einer Betrachtung der IT als
Produktionsfaktor – bzw. Quasi-Produktionsfaktor. Diesen gilt es, entsprechend im
Unternehmen zu würdigen, und zwar angemessen zu würdigen. Eine Einstufung der
Informationstechnologie (nicht der IT-Abteilung) lediglich als „Unterstützter“ ist nicht
(mehr) zielführend.
Das Verständnis von IT als Produktionsfaktor trägt wesentlich dazu bei, die
Wettbewerbsfähigkeit des eigenen
Unternehmens auf nationalen und
internationalen Märkten zu sichern.
Wettbewerbsfähigkeit wird durch das
Erarbeiten von Wettbewerbsvorteilen
erreicht. Wettbewerbsvorteile gegenüber
anderen Marktteilnehmern (respektive
zu/gegenüber den 5-Forces nach Porter)
zu erlangen, ist das Bestreben aller
(nicht gemeinnützigen)
Marktteilnehmer. Diese Vorteile können
durch Kostenkontrolle, Serviceaspekte
oder technologische Fähigkeiten – sowie
den Einsatz von IT – generiert werden.
Dauerhafte Wettbewerbsvorteile können erzielt werden, wenn sie regelmäßig von den
direkten und indirekten Wettbewerbern nicht erreicht werden. Dieser Zustand wird oftmals
durch branchenunübliche Denkmuster erzielt
Durch steigende Anforderungen an die Agilität, Effizienz und Vernetzung an das
ökonomische Geschäftsmodell, entwickelt sich die IT immer stärker zu einem
entscheidenden Erfolgsfaktor.
Geschäftsmodelle, die auf Shareconomy setzen, benötigen regelmäßig Technologien und
Services, die auf […] aufbauen
Cloud Computing
Mobilty und Mobilitätskonzepte und Lokalisierung (GPS, etc.)
Business Analytics inklusive Big Data
Nahfeldkommunikation (NFC/ Near Field Communication) und Big Data
Social CRM
Collaborative Supply Chain Management
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Cloud Computing ist der aktuelle Höhepunkt einer technischen Entwicklung, die bereits
vor über 40 Jahren durch die Entwicklung von Virtualisierungstechniken – also Methoden,
mit denen Ressourcen eines Computers zusammengefasst oder aufgeteilt werden – in den
Laboren einer IBM auf den Weg gebracht wurde. Auch deshalb kann hier weniger über
einen Technologiesprung gesprochen werden als vielmehr über neue Geschäftsmodelle, die
durch die universelle Verfügbarkeit von Netzwerkverbindungen ermöglicht werden. Im
Kern geht es darum, zukünftig nicht den Prozess der Datenverarbeitung in den Mittelpunkt
der ökonomischen Betrachtungen zu stellen, sondern die Überlegungen beginnen eher am
Ort der effizientesten Datenverarbeitung. Als Messgröße für eine solche Effizienz werden
noch allzu oft niedrigste Bau- und Betriebskosten sowie geringste Steuersätze
herangezogen. Besonders aus dieser Perspektive ist die Ansiedelung der riesigen
Rechenzentren von Amazon, Microsoft und Google im Großraum Dublin zu erklären. Ein
kostengünstiger und nahezu verzögerungsfreier Transport der Daten, kombiniert mit
milden Steuersätzen, die durch Transferleistungen innerhalb der Europäischen Union
ermöglicht werden, sorgen für eine teilweise Umgehung von Standards sowie Verlagerung
von Wertschöpfung aus Deutschland heraus. Ein weiteres Verschieben der Standorte ist per
Knopfdruck schnell und mühelos möglich.
Nicht nur die Bereitstellung und technische Verarbeitung sind entscheidend, sondern
insbesondere auch die Denkmodelle, die deren Verarbeitung erlauben. Hierzu zählen
Algorithmen und Business-Analytic-Modelle, die eine schnelle Verarbeitung von Daten
und Informationen erlauben. Ziel ist es, mehrwertstiftende Informationen bereitzustellen
und die Leistungserbringung zu optimieren. Die Informationen werden sowohl für
automatische Prozesse, Entscheidungsfindung und Dialog mit dem Kunden benötigt.
Informationen über das Verhalten der Kunden, den Standort von Produkten und weitere
Größen (Wetter, Wirtschaftsdaten, Schulferien, etc.) sind für erfolgreiche Shareconomy -
Geschäftsmodelle unabdingbar. Weitere wichtige Informationsquellen sind die eigentlichen
Güter (Autos, Fahrräder, Baumaschinen, etc.) und die Standortdaten – respektive die
Bewegungsmuster – der Kunden. Hinzu kommen die Daten aus sozialen Netzwerken.
Es ist weitgehend bekannt, dass der Führungsstil, die Unternehmenskultur und die
Kompetenzen Erfolgsfaktoren für ein Unternehmen sind. Was jedoch oftmals unterschätzt
wird, ist die Differenzierung der eigenen Einstellungen und Handlungen gegenüber dem
Wettbewerb. Deshalb ist neben der eigentlichen Geschäfts - oder Service-Idee insbesondere
eine sich differenzierende IT-Strategie notwendig – respektive die Allokation von IT als
Produktionsfaktor
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Was bleibt
Shareconomy ist ein disruptiver Trend, der direkte und indirekte Auswirkungen auf die
Arbeitswelt, das menschliche Miteinander und die gesamte Gesellschaft hat. Der Duden
definiert disruptiv wie folgt: „Englisch disruptive = störend, zerstörerisch, zu: to disrupt =
stören, unterbrechen lateinisch disruptum, 2. Partizip von: di(s)rumpere= zerreißen (ein
Gleichgewicht, ein System o. Ä.) zerstörend.“ Unter disruptiven Themen und
Entwicklungen werden Sachverhalte verstanden, die ein Wertesystem und etablierte
Rahmenparameter unterbrechen und/oder beenden und durch neue Leit - und
Leistungsdimensionen ersetzen. Disruptive Themen und Ereignisse sind beispielsweise der
9. November 1989, der 11. September.2011 und der 23. Oktober 2001. Während mit den
ersten beiden Daten fast jeder ein Ereignis assoziiert und der disruptive Faktor erkannt
wird, wird der 23.10.2001 oftmals unterschätzt. Bei diesem Datum handelt es sich um die
offizielle Vorstellung eines disruptiven Produktes, welches die gesamte
Wertschöpfungskette und die Ordnung unterschiedlicher Branchen durcheinander gewirbelt
hat: Es ist das Datum der Vorstellung des ersten iPods. Weitere disruptive Technologien
der letzten Jahre sind unter anderem MP3 und Napster, Breitband - und Wireless-
Netzwerke, „das Web” und grafische Browser. Aber auch viele der aktuell „großen” IT -
Trends können als disruptiv umschrieben werden. Zu diesen großen Trends zählen Social
Business, Cloud Computing, Konsumerisierung (von IT) und Big Data. Alle diese
Entwicklungen und Trends ermöglichen Shareconomy.
Um etwaige Service-Innovationen inkl. der notwendigen Differenzierungskriterien am
Markt erfolgreich zu platzieren, bedarf es einer IT -Infrastruktur, die die Service-
Innovationen auch ermöglicht. Exemplarisch sei hier das Zusammenspiel von Daten, deren
Verfügbarkeit (=Cloud) und Mobility erwähnt. Hierbei gilt es auch, eine
Technologieentwicklungen zu beschleunigen, Beschaffungskonzepte für IT neu
aufzustellen, eine Bestimmung der benötigten Qualifikationen zu erstellen und diese in
eine Personalentwicklung zu überführen. Das Projektmanagement muss genauso überprüft
werden, wie ein integriertes Roadmapping erfolgen muss. Diese Roadmaps orientierten
sich am aktuellen und zukünftigen Produkt - und Leistungsportfolio des eigenen
Unternehmens, an den Roadmaps von IT-Lieferanten und Dienstleistern sowie an der
Leistungsfähigkeit der IT-Abteilung. Je nach Ausrichtung des Geschäftsmodells sind
Collaborative-Supply-Chain-Management-Lösungen unabdingbar. Hinzu kommen NFC/
RFID-Technologien, Big Data und Business-Analytics-Kompetenzen, Rechenleistung
sowie Verfügbarkeit von Daten und Informationen (Cloud Computing) sowie
Mobilitätskonzepte (u.a. Bereitstellung der Inhalte auf mobilen Geräten).
Zur Zielerreichung muss frühzeitig eine intensive Zusammenarbeit mit Anbietern von
Hardware, Software, Services und Telekommunikationsleistungen erarbeitet werden.
Hierzu zählen auch Kenntnisse über Kostenmodelle dieser Unternehmen. Nur auf einer
solchen Basis können Profit- und Risk-Sharing-Kooperationen eingegangen werden.
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Die IT muss in solchen Szenarien auch Kompetenzen im Bereich Big Data / Analytics
bereitstellen. Geschäftsmodelle, die auf dem Shareconomy-Gedanken beruhen, benötigen
tiefgehende Analysen. So müssen Informationen über den Bestand an langlebigen
Gebrauchsgütern, die Konsumausgaben (privater Haushalte) für langlebige Gebrauchsgüter
mit Annahmen über durchschnittliche güterspezifische Nutzungsdauern vorhanden,
bewertet und gedeutet werden können. Hinzu werden weitere (tagesaktuelle) Informationen
über Preisbereitschaften, wirtschaftliche Entwicklung etc. benötigt.
Bei all der Euphorie und Lobpreisung der Chancen darf nicht vergessen werden, dass
Shareconomy fundamentale Folgen für Individuen, Wirtschaftsunternehmen und die
Gesellschaft hat. Es klingt heutzutage schon mehr als banal, wenn hervorgehoben wird,
dass wir in einer Zeit des schnellen und fundamentalen Wandels leben. Nicht erst seit der
massenkonformen Etablierung des Internets, des Zerbrechens (eigentlich) etablierter
Wirtschaftsparadigmen und scheinbar unbeherrschbarer Dynamik, stehen herkömmliche
Gesellschafts-, Produktions- und Managementsysteme vor einer Zerreißprobe. Interessant
an dieser Stelle ist, wie sich der Wandel in unterschiedlichen Bereichen und
Systemelementen vollzieht – und wahrgenommen wird. Während die Einführung von
Social-Business-Strategien in Unternehmen bisweilen mit Argwohn und Ablehnung durch
die Mitarbeiter begleitet werden, äußern sich die gleichen Mitarbeiter positiv über Modelle
und Geschäftskonzepte wie Carsharing (kommerziell), Rent -a-Bike, Nachbarschaftsauto
(privat), die sie im privaten Umfeld konsumieren.
Im Business-to-Business-Umfeld sind leistungs- und nutzungsabhängige Geschäftsmodelle,
die einen Wandel vom Eigentum zum Besitz forcieren, in einigen Bereichen bereits seit
Jahren etabliert. Sei es die Metallpresse in der Autoproduktion (Pay -per-Part) oder der
Kopierer im Büro. Diese Entwicklung hat, im Gegensatz zur (internationalen)
Arbeitsteilung und Spezialisierung im Entwicklungs - und Produktionsprozess (kurzum in
der Produktionstiefe), nicht zu größeren Nachteilen geführt.
Wird dieses Modell „flächendeckend“ über Konsumenten ausgerollt - und von diesen
aufgegriffen - kommt es mittel- bis langfristig zu Schieflagen. Zwar führen solche Modelle
kurzfristig zu einem (Wirtschafts-)Wachstum, da mehr Menschen mehr konsumieren
können und dabei auch noch durchschnittlich höhere Preise (pro Vergleichseinheit)
bezahlen. Jedoch kann der kollaborative Konsum für viele Wirtschaftssubjekte zur
Abhängigkeit und zur sozialen Diskriminierung führen
Wenn die positiven Effekte genutzt werden sollen, gilt es, zeitnah Gesetze und
Regulierungen so anzupassen, dass einerseits neue Geschäftsmodelle ermöglicht werden,
und auf der anderen Seite das Wohl des Einzelnen sichergestellt wird. Andernfalls werden
die Modelle der Shared Economy – die Ansätze des kollaborativen Verbrauchs – neben
einigen Gewinnern überwiegend Verlier hinterlassen.
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