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Gesundheit und Wohlbefinden in peripartalen Phasen:
Adipositas – kein Thema rund um die Geburt? Katja Makowsky, Beate Schücking, Universität Osnabrück
1 Hintergrund/FragestellungenSchwangerschaft, Geburt und Wochenbett werden als biographische
Übergangssituation verstanden, die auch die gesundheitliche Verfassung und
das Gesundheitsverhalten der Mutter beeinflussen kann (Sayn-Wittgenstein
2007). Ausgangspunkt ist das erweiterte bio-psycho-soziale
Gesundheitsverständnis (WHO 2001). Adipositas, deren Prävalenz in den
letzten Jahrzehnten stetig angestiegen ist (Deutsche Adipositasgesellschaft
et al. 2007), gilt in peripartalen Phasen als bedeutsamer Risikofaktor für das
Auftreten akuter körperlicher Komplikationen (Hänseroth 2003). Hinsichtlich
der Ursachen, des Verlaufs, der Konsequenzen und therapeutischen
Beeinflussbarkeit (Schaeffer & Moers 2003) ist Adipositas zudem als
chronische Erkrankung zu betrachten (WHO 2000). Im Rahmen der
geburtshilflichen Versorgung und Betreuung adipöser Frauen durch
Hebammen und ÄrztInnen wird derzeit primär die Vermeidung akuter
körperlicher Komplikationen angestrebt. Aufbauend auf diesem theoretischen
Hintergrund geht die Studie folgenden übergreifenden Fragestellungen
nach:
Wie erleben übergewichtige und adipöse Frauen peripartale
Phasen einschließlich der geburtshilflichen Versorgung und
Betreuung durch Hebammen und ÄrztInnen?
Wie beschreiben Hebammen und ÄrztInnen die
geburtshilfliche Versorgung übergewichtiger und adipöser
Frauen?
4 Diskussion/AusblickDas Erleben peripartaler Phasen sowie zentrale Aspekte der
professionellen Versorgung sind wesentlich dadurch geprägt, Adipositas
als chronische Erkrankung aus dem geburtshilflichen Kontext
auszublenden. Dies ist als bedenklich zu bezeichnen, da die werdende
Mutter auf diese Weise keine adäquate Unterstützung bei der Bewältigung
der vielfältigen in diesen Lebensphasen an sie gestellten Entwicklungs-
aufgaben erhält. Betrachtet man die Ursachen, die aus Sicht betreuender
Professioneller zum Ausblenden führen, lässt sich ein Fehlen spezifischer
Konzepte zum Umgang mit Adipositas in der Geburtshilfe feststellen. Aus
der Perspektive betroffener Frauen wird deutlich, dass sich das
Ausblenden auf die durch Adipositas bedingte gesellschaftliche
Sonderrolle zurückführen lässt, mit der adipöse Schwangere
beispielsweise beim Kauf von Kleidung erneut konfrontiert werden. Als
eingeleitete Strategien beschreiben adipöse Frauen rund um die Geburt
die Kontaktaufnahme zu ÄrztInnen und Hebammen sowie Maßnahmen zur
Lebensstilmodifikation unabhängig von Adipositas. Auffällig erscheint
auch, dass adipöse Frauen im Kontakt zu Professionellen eine
untergeordnete Patientinnenrolle einnehmen, mit Professionellen gut
auskommen wollen und über Versäumnisse großzügig hinwegsehen.
Professionelle orientieren ihre Betreuung an nochmalgewichtigen Frauen
und der Vermeidung von akuten Komplikationen. Auf diese Weise werden
negative Stigmatisierungen weitgehend umgangen, allerdings werden die
Auseinandersetzungen der Frauen und die Kontakte zu Professionellen
nicht genutzt, um die Phasen Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
gesundheitsförderlich zu begleiten. Die Betreuung adipöser Schwangerer,
Gebärender und Wöchnerinnen sollte sich daher an umfassenderen
Konzepten zum Umgang mit chronischen Erkrankungen orientieren.
Literatur zum Poster und Kontakt: Katja Makowsky, Universität Osnabrück, FB O8, Forschungsschwerpunkt: Maternal-Health
E-Mail: kmakowsk@uos.de, homepage: www.maternal-health.de
Auswertungsschritte
2 Methodisches Vorgehen Basierend auf ausgewählten Vorgehensweisen der Grounded Theory
(Strauss & Corbin 1996) werden 16 problemzentrierte Interviews mit
übergewichtigen/adipösen Schwangeren bzw. Wöchnerinnen und 25
ExpertInneninterviews (Hebammen bzw. ÄrztInnen) ergänzt durch eine
standardisierte Befragung von 42 übergewichtigen/adipösen
Schwangeren bzw. Wöchnerinnen in die Studie einbezogen. Orientiert an
den BMI-Klassifikationen der WHO (2000) setzt sich die Stichprobe
befragter Schwangerer und Wöchnerinnen wie folgt zusammen:
BMI vor der Schwanger-schaft
Anzahl der Interviewpartnerinnen
Studienteilnehmerinnen (Frauen insgesamt)
25-29,9 (übergew.)30-34,9 (adipös)35-39,9ab 40
2266N=16
10121010N=42
3 Ergebnisse (Kernkategorie)
Intervenierende Bedingungen:
BerufsidentitätVorstellungen zu Beeinträchtigungen
Kontext: Mutterwerden präkonzeptionell übergewichtiger und adipöser Frauen
Ursächliche Bedingungen:Durch Adipositas bedingte gesellschaftliche Sonderrolle Fehlen spezifischer, definierter Konzepte zum
Umgang mit Übergewicht und Adipositas
Zentrales Phänomen: Ausblenden
(vollständig bis kaum)
Konsequenzen:Weitgehende Vermeidung negativer StigmatisierungGeringe Integration der Adipositas in den Übergang zum MutterwerdenAsymmetrische Beziehungsgestaltung (Professionelle – Frau)unzureichende Bewältigung gestellter Entwicklungsaufgaben und damit verbunden keine Impulse in Richtung Gesundheitsdynamik
Handlungs- und interaktionale Strategien:
LebensstilmodifikationMaßnahmen, um durch diese Phasen dirigiert zu werdenOrientierung an der Betreuung und Versorgung normalgewichtiger Frauen
Falldarstellungen (Witzel)
Axiales Kodieren + Integration quantitativer Befunde
Selektives Kodieren: Zusammenfassen aller Kategorien zu einer Kernkategorie
Offenes Kodieren
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