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Daniela E. Aust
Institut für Pathologie
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden
Mikroskopische Kolitis oder durchfallbetonter Reizdarm – wie
trennscharf ist die Histologie?
DGVS Leitlinie Reizdarmsyndrom
Pathologie spielt in der Diagnostik des Reizdarmsyndroms keine wesentliche Rolle
Layer et al. , Z Gastroenterol 2011
LL Reizdarmsyndrom: Diagnostik
Layer et al. , Z Gastroenterol 2011
LL Reizdarmsyndrom: Diagnostischer Algorithmus
Layer et al. , Z Gastroenterol 2011
LL Reizdarmsyndrom: Differenzialdiagnosen
Layer et al. , Z Gastroenterol 2011
Klinische Abgrenzung zwischen Reizdarm-syndrom und mikroskopischer Kolitis
Faltblatt „Mikroskopische Kolitis“ der EMCG in Zusammenarbeit mit Dr. FALK Pharma GmbH http:// www.emcg-ibd.eu
Abboud, Inflamm Bowel Dis 2013
Prospektive Kohortenstudie, 120 MC Patienten (mittl. Alter 49.5 J, 75%
Frauen)
Evaluation der ROM I, ROM II und Manning Kriterien
At least 12 weeks with symptoms in the preceeding 2
months 60 %
Abdominal discomfort relieved with defecation 57 %
Abdominal discomfort associated with change in stool
frequency 48 %
Abdominal discomfort associated with change in stool form 43 %
ROME II Criteria fulfilled 43 %
ROME II Criteria fulfilled if symptom duration criterion
excluded 50 %
ROM II
Symptomüberlappung zwischen RDS und MC
Symptomüberlappung zwischen MC, RDS, CED und Gallensäure-assoziierter Diarrhoe
MC
CED
GS-assoziierte Diarrhoe
RDS
Histologie des Reizdarmsyndroms
Zellpopulation Veränderung im RDS gegenüber Normalbefund
Mastzellen Vermehrt
Lymphozyten Vermehrt/unverändert
CD4+ T-Lymphos Vermehrt/unverändert
CD8+ T-Lymphos Vermehrt/unverändert
Plasmazellen Unverändert
Neutrophile Unverändert
Eosinophile Unverändert
B-Lymphozyten Unverändert
Ford et al., Review zur Mukosa-”Entzündung” beim RDS (16 Studien) J Gastroenterol. 2011
Histologie des Reizdarmsyndroms
• Vermehrte intraepitheliale T-Lymphozyten ? (Chadwick et al., Gastroenterology 2002)
• Erhöhte Anzahl von EC-Zellen in der Schleimhaut
• Vermehrte Anzahl von Makrophagen im Schleimhautstroma?
→ Schlecht definierte histologische Kriterien → Widersprüchliche Studienergebnisse → Trennschärfe problematisch
Chronische „Entzündung“ beim (postinfektiösen) RDS
Geringe chronische „Entzündung“ und Mastzellvermehrung der kolorektalen und intestinalen Schleimhaut ist häufig beim RDS
Zellularität und Anzahl der Mastzellen korreliert mit Müdigkeits- und Depressionsscores (Piche et al. Gut 2008)
Entzündung bzw. veränderte Immunaktivität tragen zu den Schmerzen und der Hypersensitivität beim RDS bei
Entzündung als Risikofaktor für ein postinfektiöses RDS
Spiller, Gastroenterology 2009
Mikroskopische Kolitis
• Mikroskopische Kolitis besteht aus 2 histologisch distinkten Subtypen: – Lymphozytäre Kolitis (LC)
– kollagene Kolitis (CC)
• Klinisches Leitsymptom: wässrige, nicht blutige Diarrhoe
• Normaler Endoskopiebefund
• Erkrankung des mittleren bis höheren Lebensalters
• Frauen > Männer
• Behandlung mit Budesonid erfolgreich, häufige Rezidive
LYMPHOZYTÄRE KOLITIS (LC)
DAS HISTOLOGISCHE HAUPTKRITERIUM FÜR EINE MIKROSKOPISCHE KOLITIS IST DIE ERHÖHTE ANZAHL INTRAEPITHELIALER LYMPHOZYTEN (>20 IEL/100 EPITHELIEN).
erhöhte Anzahl IEL im Oberflächenepithel (>20% IEL)
Degenerative Veränderungen des Oberflächenepithels
Plasmazellen und Lymphozyten in der Lamina propria ↑
Normale Kryptenarchitektur
Granulozyten können vorhanden sein
• Normales subepitheliales Kollagen
• Keine Mukosafibrose
CD3
Immunohistochemie (CD3) kann in Grenzfällen helfen
LC: Zusammenfassung Histologie
• IEL im Oberflächenepithel erhöht (>20% IEL)
• Degenerative Veränderungen im Oberflächenepithel
• Vermehrtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat in der Lamina propria bis in die basalen Kryptenabschnitte
• Granulozytäres Infiltrat kann vorhanden sein
• Normales subepitheliales Kollagen
• Normale Kryptenarchitektur
• LC in klinischer Remission nach Budesonidbehandlung – Normal IEL (<10%)
– Normales Oberflächenepithel
– Regressive Veränderungen in den Krypten
– Vermehrtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat in der Lamina propria
Varianten der LC (1) • Paucizelluläre LC (MCnos /
MCi) – Wässrige Diarrhoe – Gering vermehrte IEL (< 20%) – Normales subepitheliales
Kollagenband – Keine degenerativen
Veränderungen des Oberflächenepithels
– Diagnostische Kriterien sind heterogen, subjektiv und noch in Entwicklung
– Fehlende CD25+FoxP3+ Zellen in der Lamina propria
Goldstein et al., Am J Clin Pathol. 2004;122:405–411. Carmack et al. Adv Anat Pathol.2009; 16:290–306 Fernandez-Banares et al., Am J Gastroenterol. 2009;104:1189–1198.
Varianten der LC (2)
• LC mit Riesenzellen – Sehr selten: 6 Fälle in der
Literatur – Riesenzellen beeinflussen das
Therapieansprechen nicht negativ
• Lymphozytose des Kolons – Gering vermehrte IEL (10-20%) – Kein vermehrtes
lymphoplasmazelluläres Infiltrat in der Lamina propria
– Keine neutrophilen Granulozyten
– Keine degenerativen Veränderungen des Epithels
DD der Lymphozytose des Kolons
• forme fruste der LC
• Kolonbeteiligung bei Zöliakie
• Medikamenteninduziert
• abklingende infektiöse Kolitis
• unspezifisch, ohne Krankheitswert
Goldstein et al., Am J Clin Pathol. 2004;122:405–411. Mahajan et al., Adv Anat Pathol 2012;19:28–38 Brown et al.,Pathology. 2008. Rotimi et al., Histopathology. 2004. Bryant et al., Am J Surg Pathol. 1996. Carmack et al. Adv Anat Pathol.2009; 16:290–306. Cindoruk et al., J Clin Gastroenterol. 2002
Pitfalls in der Diagnostik der LC
• Lymphoplasmozytäres Infiltrat der Lamina propria variiert in den verschiedenen Abschnitten des Kolorektums (Zoekum > Rectum)
• Veränderungen können herdförmig sein
• Rechtsseitiges Kolon mehr betroffen
• Epithel über intramukösen Lymphfollikeln darf nicht beurteilt werden
Differenzialdiagnosen der LC
• CED: – Erosionen/Ulzera – Architekturstörungen – mehr Granulozyten:
• Kryptitis • Kryptenabszesse
• Infektiöse Kolitis: – Weniger oder gar keine IEL – keine degenerativen Epithelveränderungen
• NSAR-Kolopathie: – fokal vermehrte IEL – fokal aktive Kolitis (Granulozyten) – Ischämische Veränderungen und Erosionen
• (postinfektiöses) Reizdarmsyndrom: – Mastzell- und EC-Zellvermehrung – Eher keine intraepithelialen Lmphozyten, keine Granulozyten – Keine regressiven Veränderungen des Oberflächenepithels
• Kollagene Kolitis
KOLLAGENE KOLITIS (CC)
DAS HISTOLOGISCHE HAUPTKRITERIUM DER KOLLAGENEN KOLITIS IST EIN VERBREITERTES SUBEPITHELIALES KOLLAGENFASERBAND (> 10 µM).
CC: Zusammenfassung Histologie
• Verdicktes subepitheliales Kollagenfaserband mit eingeschlossenen Kapillaren, Erythrozyten oder Entzündungszellen
• Keine Ausbreitung des Kollagenfaserbandes in die übrige Lamina propria
• Spezialfärbung für Kollagen sollte zur besseren Darstellung verwendet werden (van Gieson, Goldner, Masson Trichrome, Tenascin)
• Gering erhöhte IEL (>10-20% ) • Regressive Veränderungen des Oberflächenepithels, teilweise
Abhebung von der Basalmembran • Vermehrtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat der Lamina propria, oft
mit deutlicher Eosinophilie • Normale Kryptenarchitektur, nur gelegentlich geringradige
Kryptendistorsion
Varianten der CC
• Pseudomembranöse CC – selten – Aufgelagerter entzündlicher Schorf bei ansonsten
typischem histologischen Bild einer kollagenen Kolitis – Wird häufig initial als CED diagnostiziert – Klinischer Verlauf ähnlich der CC ohne
Pseudomembranen
• CC mit Riesenzellen – Sehr selten (12 publizierte Fälle) – Riesenzellen beeinflussen das Therapieansprechen
nicht negativ
Yuan et al., Am J Surg Pathol. 2003;27:1375–1379. Brown IS, et al.,Pathology. 2008;40:671–675. Sandmeier D et al., Int J Surg Pathol.2004;12:45–48. Libbrecht et al.,Histopathology. 2002;40:335–338. Rotimi et al., Histopathology. 2004;44:503–505.
Pitfalls in der Diagnostik der CC
• Verdickung des subepithelialen Kollagenfaser-bandes kann fokal akzentuiert sein
• CC kann auf das rechtsseitige Kolon beschränkt sein
• Bei tangentialer Schnittführung kann das subepitheliale Kollagenfaserband verdickt erscheinen
• Einheitliche Abhebung der Zellkerne von der Basis kann in der HE-Färbung als verdicktes rotes Band imponieren
Differenzialdiagnosen der CC (1)
• CED: – Erosionen/Ulzera – Kryptendistorsion – Fibrose der Lamina propria (so vorhanden) ist nicht limitiert auf die
unmittelbar subepithelialen Abschnitte
• Amyloidose: – Kongo-Rot Färbung – Kein vermehrtes entzündliches Infiltrat in der Lamina propria
• Kollagenosen (z.B. Sklerodermie): – Fibrose der Lamina propria zieht sich um die Krypten
• Ischämische/radiogene Kolitis: – Fibrose der gesamten Lamina propria – Dilatierte Kapillaren – Keine Vermehrung der IEL
Differenzialdiagnosen der CC (2)
• Akute infektiöse/postinfektiöse Kolitis: – Diffuse granulozytre Infiltration des Oberflächenepithels, der
Krypten und der Lamina propria – Normalerweise keine vermehrte lymphoplasmazelluläre
Infiltration der L.propria
• Kollagen-„Mimickers“: – Tangentiale Schnittführung – Subepitheliales Ödem – Kein vermehrtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat – CAVEAT: in hyperplastischen Polypen kann das
Kollagenfaserband gering verdickt sein!
• Lymphozytäre Kolitis
FAQ: Brauchen wir die komplette Koloskopie?
Ja, weil: – Daten zur Verteilung der diagnostischen Kriterien in den
verschiedenen Kolonabschnitten sind bislang uneinheitlich – IEL und lymphoplasmozytärer Zellbesatz der Lamina
propria variiert im proximalen and distalen Kolon – Ausschluss anderer Ursachen der Diarrhoe und Ausschluss
anderer kolorektaler Erkrankungen – Veränderungen des terminalen Ileums?
FAQ: Brauchen wir Immunhistochemie?
• Nein für die tägliche Praxis
– # der IEL kann in der HE-Färbung gezählt werden
– Dicke des Kollagenfaserbandes kann in Spezialfärbungen erfasst werden (van Gieson, Goldner, Masson-Trichrome)
• Ja für Grenzfälle und in klinischen Studien
– CD3 für LC
– Tenascin für CC
FAQ: Was ist MCi/MCnos?
• MCi: inkomplette mikroskopische Kolitis • MCnos: mikroskopische Kolitis, not otherwise
specified • Klinische Symptomatik der wässrigen, unblutigen
Diarrhoe • Histologische Kriterien der LC (paucizellulär) bzw.
der CC nicht ganz erfüllt • Diagnostische Kriterien sowie Nomenklatur noch
uneinheitlich, müssen erst entwickelt und in Studien gesichert werden
Diagnosis
MCi n=101
CC n =270
LC n=168
Age (years) 62 65 63
Female gender (%) 82 74 64
Months until diagnosis 5 6 4
Stools/day (n) 5 7 6
Watery diarrhea (%) 68 92 88
Diarrhea at night (%) 31 57 39
Abdominal pain (%) 56 48 52
Weight loss (%) 59 59 48
Stool urgency (%) 75 74 67
Incontinence (%) 22 43 34
Bile acid malabsorption (%) 63 34 28
Celiac disease (%) 0 2 4
Bjornbak, Aliment Pharmacol Ther 2012
Klinisches Spektrum der MCi
Bjørnbak C, Aliment Pharmacol Ther 2011
Therapieansprechen der MCi
Double-blind 8 weeks
Budesonide 9 mg / day (Budenofalk® 9 mg granules OD)
Placebo (budesonide placebo granules OD)
Active
MCi
Follow-up 6 months 2 telephone interviews
at 3 and 6 months
Symptom relapse?
R e m i s s i o n
R a n d o m i s a t i o n
Colonoscopy Colonoscopy
Interim visits at week 2 and week 4
BUG-3/MIC: Studiendesign EMCG/Dr. Falk Pharma GmbH
BUG-3/MIC-Studie EMCG/Dr. Falk Pharma GmbH Definition der histologischen Kriterien
- Vermehrtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat in der L. propria
- Verbreitertes subepitheliales Kollagenfaserband (> 5 and < 10 μm)
- Und/oder vermehrte intraepitheliale Lymphozyten (IEL) (> 5 and < 20 per 100 epithelial cells)
- Darf nicht die histologischen Kriterien der kollagenen (Kollagenfaserband > 10 μm) oder der lymphozytären Kolitis erfüllen (≥ 20 IEL) erfüllen
MC
CED
GS-assoziierte Diarrhoe
RDS
MC, RDS, CED und Gallensäure-assoziierter Diarrhoe
MC= LC+CC+MCi
Take home messages (1)
• Histologie des RDS ist schlecht definiert, Datenlage zu einzelnen Zelltypen ist uneinheitlich
• Vermehrung von Lymphozyten und Mastzellen sowie EC-Zellen in der kolorektalen Schleimhaut spielen offenbar eine ätiologische/kausale Rolle beim RDS
• Symptomatik der MC überlappt mit der des RDS, diagnostische Abgrenzung ist aber aufgrund der unterschiedlichen Therapie dringend erforderlich
• Histologie der MC ist gut definiert und besitzt daher eine gute Trennschärfe, aber: DD nur in der Zusammenschau mit klinischen Symptomen möglich
• Abgrenzung zwischen MCi und RDS kann schwierig sein • Keine Studiendaten zu Budesonid beim RDS → Behandlung im
Rahmen der BUG-3/MIC-Studie, wenn Kriterien für MCi erfüllt sind?
Take home messages (2)
• Entscheidend für die sichere Diagnosestellung ist die Histologie anhand von Stufenbiopsien des Kolons (je 2x Ascendens, Transversum, Descendens / Sigma)
• Stufenbiopsien unbedingt in separaten Gefäßen übersenden, da Zellbesatz der L. propria in den unterschiedlichen Kolonabschnitten variiert
• Klinische Informationen liefern!
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