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Bayerische Vorgeschichtsblätter 78, 2013, S. 205–234 205 Der Fundort Petting spielte in der Erforschung der früh- mittelalterlichen Siedlungsentwicklung Südbayerns bis- lang kaum eine Rolle. Grund dafür ist eine ausgespro- chen problematische Fundgeschichte, die dazu führte, dass das Gräberfeld im Rahmen einer archäologisch-his- torischen Auswertung nur unzureichend zur Kenntnis genommen werden konnte. Lage und Ausgrabung Der Ort Petting befindet sich etwa 1 km südlich des Süd- ufers des Waginger Sees (Abb. 1). Der Abstand zu den nördlichsten Ausläufern der Berchtesgadener Alpen be- trägt rund 10 km, zur Salzach 8 km, bis Salzburg sind es etwa 25 km und bis nach Waging am See 7 km. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege führte in den Jahren 1991 bis 1993 eine großflächige archäologische Grabung auf der Flur „Am Mühlfeld“ in Petting durch. Die Gräber kamen rund 200 m östlich der Pettinger Pfarrkirche St. Johannis zum Vorschein. Sie wurden damals in einen feucht-lehmigen Un- tergrund eingebracht bei dem es sich um Sedimentreste des ehemaligen Südteils des Waginger Zungenbecken- sees handelte. Dieser naturgeografische Umstand führ- te dazu, dass sich Holz, Leder, vor allem aber Textilien ungewöhnlich gut erhalten haben. Derzeit wird durch Dipl. Rest. Ina Schneebauer-Meißner eine Dissertation zu den Textilbefunde der Männergräber von Petting verfasst. Ohne ihrer Arbeit vorgreifen zu wollen, muss bereits an dieser Stelle betont werden, dass die Befun- de von Petting den Forschungsstand über frühmittel- alterliche Textilien zukünftig maßgeblich beeinflussen werden. Während der zweijährigen Grabungstätigkeit konnten 721 Bestattungen geborgen werden. Mit ledig- lich 24 bereits zuvor zerstörten Gräbern gelang eine fast vollständige Untersuchung des Gräberfeldes. Mit dieser Anzahl an Bestattungen rangiert Petting hinter dem mutmaßlich doppelt so großen Gräberfeld von Bad Rei- chenhall-Kirchberg auf Rang zwei der großen Reihen- gräberfriedhöfe in den Regionen des oberbayerischen Alpenvorlandes, des Salzburger Landes und Tirol 1 . Franz Weindauer Fundgeschichte Die Ausgrabung des frühmittelalterlichen Gräberfeldes von Petting wurde notwendig, weil das Areal als Bau- gebiet ausgewiesen worden war. Da die Grundstücke für den Bau von Einfamilienhäusern bereits vor der Grabung an verschiedene Bauherren verkauft worden waren, ergab sich aufgrund der in Bayern bestehenden Rechtslage der Fall, dass der Freistaat Bayern als Finder (= Ausgräber) den hälftigen Anteil an allen Fundstücken erworben hatte. Die andere Hälfte des Fundanteiles lag dagegen in den Händen von insgesamt 19 Grundei- gentümern, mit denen Verhandlungen über den end- gültigen Verbleib der Funde zu führen waren. Diese Situation war zugegebenermaßen nicht ganz einfach und konnte erst nach mehreren Anläufen von der Ar- chäologischen Staatssammlung und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege im Jahr 2010 gelöst wer- den. Nur Dank des Einsatzes des Ersten Bürgermeisters von Petting, Karl Lanzinger, und seinen Mitarbeitern kam es zu einer Eigentumsübertragung aller Objekte an den Freistaat Bayern. Aufgrund der bis 2010 nicht geregelten Eigentumsverhältnisse waren seit Ende der Ausgrabung so gut wie keine Restaurierungsmaßnah- men an den Funden von Petting vorgenommen wor- den. Nur wenige Objekte, die sich heute im Bajuwaren- museum Waging befinden, wurden restauriert. Das Ma- terial aus den 721 Bestattungen blieb deshalb der For- schung bisher weitgehend unbekannt. Lediglich zwei Bestattungen des 7. Jahrhunderts wurden vorab im Jahr- buch „Das Archäologische Jahr in Bayern“ vorgestellt 2 . Aber nicht nur die lange Zeit ungeklärten Eigentums- verhältnisse hatten Einfluss auf die Behandlung des Gräberfeldes. Als nahezu fatal erwies sich, dass wenige Jahre zuvor das Bayerische Landesamt für Denkmalpfle- ge im nur 7 km Luftlinie entfernt liegenden Waging mit 239 Gräbern Teile eines größeren frühmittelalterlichen Gräberfeldes ausgegraben hatte. Dessen Fundmaterial wurde unter erheblichem Aufwand unmittelbar im Anschluss daran vom Bayerischen Landesamt für Denk- malpflege komplett restauriert und ab 1998 weitgehend 1 Einen ersten Einblick zur Nekropole liefert die im Druck be- findliche Dissertation des Verf.: Weindauer 2012, 39 f., 143, 310 f., 320; eine Auflistung der bisher erschienenen Literatur findet sich unter 536 f. 2 Reimann 1991; Knöchlein/Reimann 1992. Die Fibelgräber der frühmittelalterlichen Nekropole von Petting (Oberbayern) Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer, München

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Bayerische Vorgeschichtsblätter 78, 2013, S. 205–234

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Der Fundort Petting spielte in der Erforschung der früh-mittelalterlichen Siedlungsentwicklung Südbayerns bis-lang kaum eine Rolle. Grund dafür ist eine ausgespro-chen problematische Fundgeschichte, die dazu führte, dass das Gräberfeld im Rahmen einer archäologisch-his-torischen Auswertung nur unzureichend zur Kenntnis genommen werden konnte.

Lage und Ausgrabung

Der Ort Petting befindet sich etwa 1 km südlich des Süd-ufers des Waginger Sees (Abb. 1). Der Abstand zu den nördlichsten Ausläufern der Berchtesgadener Alpen be-trägt rund 10 km, zur Salzach 8 km, bis Salzburg sind es etwa 25 km und bis nach Waging am See 7 km.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege führte in den Jahren 1991 bis 1993 eine großflächige archäologische Grabung auf der Flur „Am Mühlfeld“ in Petting durch. Die Gräber kamen rund 200 m östlich der Pettinger Pfarrkirche St. Johannis zum Vorschein.

Sie wurden damals in einen feucht-lehmigen Un-tergrund eingebracht bei dem es sich um Sedimentreste des ehemaligen Südteils des Waginger Zungenbecken-sees handelte. Dieser naturgeografische Umstand führ-te dazu, dass sich Holz, Leder, vor allem aber Textilien ungewöhnlich gut erhalten haben. Derzeit wird durch Dipl. Rest. Ina Schneebauer-Meißner eine Dissertation zu den Textilbefunde der Männergräber von Petting verfasst. Ohne ihrer Arbeit vorgreifen zu wollen, muss bereits an dieser Stelle betont werden, dass die Befun-de von Petting den Forschungsstand über frühmittel-alterliche Textilien zukünftig maßgeblich beeinflussen werden.

Während der zweijährigen Grabungstätigkeit konnten 721 Bestattungen geborgen werden. Mit ledig-lich 24 bereits zuvor zerstörten Gräb ern gelang eine fast vollständige Untersuchung des Gräberfeldes. Mit dieser Anzahl an Bestattungen rangiert Petting hinter dem mutmaßlich doppelt so großen Gräberfeld von Bad Rei-chenhall-Kirchberg auf Rang zwei der großen Reihen-gräberfriedhöfe in den Regionen des oberbayerischen Alpenvorlandes, des Salzburger Landes und Tirol1.

Franz Weindauer

Fundgeschichte

Die Ausgrabung des frühmittelalterlichen Gräberfeldes von Petting wurde notwendig, weil das Areal als Bau-gebiet ausgewiesen worden war. Da die Grundstücke für den Bau von Einfamilienhäusern bereits vor der Grabung an verschiedene Bauherren verkauft worden waren, ergab sich aufgrund der in Bayern bestehenden Rechtslage der Fall, dass der Freistaat Bayern als Finder (= Ausgräber) den hälftigen Anteil an allen Fundstücken erworben hatte. Die andere Hälfte des Fundanteiles lag dagegen in den Händen von insgesamt 19 Grundei-gentümern, mit denen Verhandlungen über den end-gültigen Verbleib der Funde zu führen waren. Diese Situation war zugegebenermaßen nicht ganz einfach und konnte erst nach mehreren Anläufen von der Ar-chäologischen Staatssammlung und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege im Jahr 2010 gelöst wer-den. Nur Dank des Einsatzes des Ersten Bürgermeisters von Petting, Karl Lanzinger, und seinen Mitarbeitern kam es zu einer Eigentumsübertragung aller Objekte an den Freistaat Bayern. Aufgrund der bis 2010 nicht geregelten Eigentumsverhältnisse waren seit Ende der Ausgrabung so gut wie keine Restaurierungsmaßnah-men an den Funden von Petting vorgenommen wor-den. Nur wenige Objekte, die sich heute im Bajuwaren- museum Waging befinden, wurden restauriert. Das Ma-terial aus den 721 Bestattungen blieb deshalb der For-schung bisher weitgehend unbekannt. Lediglich zwei Bestattungen des 7. Jahrhunderts wurden vorab im Jahr-buch „Das Archäologische Jahr in Bayern“ vorgestellt2. Aber nicht nur die lange Zeit ungeklärten Eigentums-verhältnisse hatten Einfluss auf die Behandlung des Gräberfeldes. Als nahezu fatal erwies sich, dass wenige Jahre zuvor das Bayerische Landesamt für Denkmalpfle-ge im nur 7 km Luftlinie entfernt liegenden Waging mit 239 Gräbern Teile eines größeren frühmittelalterlichen Gräberfeldes ausgegraben hatte. Dessen Fundmate rial wurde unter erheblichem Aufwand unmittelbar im Anschluss daran vom Bayerischen Landesamt für Denk-malpflege komplett restauriert und ab 1998 weitgehend

1 Einen ersten Einblick zur Nekropole liefert die im Druck be-findliche Dissertation des Verf.: Weindauer 2012, 39 f., 143, 310 f., 320; eine Auflistung der bisher erschienenen Literatur findet sich unter 536 f.

2 Reimann 1991; Knöchlein/Reimann 1992.

Die Fibelgräber der frühmittelalterlichen Nekropole von Petting (Oberbayern)

Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer, München

Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer

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in einem eigens dafür errichteten Museumsbau in Wa-ging ausgestellt. Ronald Knöchlein erarbeitete einen Ka-talog zu diesem Gräberfeld3, der allerdings noch einer Publikation harrt, so dass auch für das Gräberfeld von Waging die Fachwelt bislang auf einige Einzelstudien und einen populär gehaltenen Museumsführer ange-wiesen ist4.

Es erscheint verständlich, dass nach dem Kraftakt der Restaurierung eines kompletten Reihengräberfeldes das Interesse an zeitgleichem Material aus ein- und der-selben Region erlahmt war. Zudem galt das Gräberfeld von Waging mit einer Beraubungsquote von 7 % als wenig beraubt5, während das von Petting zu 50 % als beraubt erschien6. Hinzu kam, dass man das Gräberfeld von Petting als eher ärmlich ausgestattet betrachtete, da die Anzahl der fibelführenden Gräber in Waging mit 13 Bestattungen prozentual natürlich viel höher ausfiel als in Petting mit seinen 12  fibelführenden Gräbern. Auch die museal besonders attraktiven und für die Ein-ordnung besonders wichtig erscheinenden Bügelfibeln sind in Waging mit acht Exemplaren aus sechs Gräbern zahlenmäßig viel stärker vertreten als die drei Exempla-re aus zwei Gräbern von Petting7.

Es ist also festzuhalten, dass das durchaus bedeu-tende Gräberfeld von Petting aus verschiedenen Grün-den in der Forschung bislang nicht richtig zur Kenntnis genommen werden konnte, obwohl es in einer wichti-gen Siedlungskammer im unmittelbaren Umfeld von Salzburg liegt. Seine komplette Auswertung verspricht u. a. neue Erkenntnisse zum Verhältnis der alt einge-sessenen Provinzialbevölkerung – hier als Romanen bezeichnet – zu den neu hinzugekommenen Bevölke-rungsteilen im 6. Jahrhundert.

Unmittelbar nach der Übergabe des Pettinger Fundmaterials an die Archäologische Staatssammlung im Jahr 2010 war klar, dass aufgrund des hohen Zeitauf-wandes und zahlreicher weiterer ebenfalls zur Restau-rierung anstehender Reihengräberfelder nicht alle Fun-de einer konventionellen Restaurierung unterzogen werden konnten. Ein schnelles Handeln, um den Be-stand zu sichern, tat aber Not, denn an den Eisenobjek-ten zeichnete sich bereits ein deutlicher Materialverlust ab, dem es entgegen zu treten galt. Die Funde wurden deshalb im Rahmen des an der Archäologischen Staats-sammlung entwickelten Erstversorgungsprogramms für Reihengräberfunde restauratorisch versorgt8. Ziel dieses Programms war eine langfristige Sicherung der noch vorhandenen Substanz unter ökonomischen Ge-sichtspunkten bei gleichzeitiger Gewährleistung einer leichten Zugänglichkeit und der Möglichkeit einer wis-senschaftlichen Bearbeitung der Funde.

Dazu wurden die meisten Objekte geröntgt, die Perlen gereinigt und fotografisch dokumentiert, Mün-zen soweit freigelegt, dass eine Bestimmung möglich war und anschließend stabilisiert, sowie die Edel metall-objekte gewogen. Die Funde befinden sich heute ge-skinnt auf Tableaus im Frühmittelalter-Depot der Ar-chäologischen Staatssammlung. Die Fibelgräber sollen hier vorab vorgelegt werden. Da die Materialmenge und die Spezialisierung im Frühen Mittelalter immer mehr ansteigt, wurde die wissenschaftliche Einordnung auf zwei Wissenschaftler verteilt: F.  Weindauer nahm die Einordnung der Fibeln vor, B. Haas-Gebhard die der an-deren Beigaben. Beide arbeiteten unabhängig voneinan-der und verglichen ihre Einschätzungen erst im letzten Arbeitsschritt.

Abb. 1. Die Lage des Fundortes Petting und anderer frühmittelalterlicher Reihen­gräberfelder. o. M.

Fibelgräber von Petting

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Anzahl und Lage der Fibelgräber

Aus 12 Gräbern wurden drei Bügelfibeln und 16 Klein-fibeln geborgen, wobei in keinem Fall eine vollständige Vierfibeltracht vorliegt (Abb. 2).

Die 12  Gräber konzentrieren sich weitgehend in einem etwa 15 m breiten N-S-verlaufenden Streifen etwa in der Mitte des Gräberfeldes (Abb. 3). Es lassen sich grob drei Areale, nämlich die Gräber 340, 361 und 388 im Norden, die Gräber 625 und 630 im Süden, so-wie die mittig gelegene Gruppe der Gräber 172, 174, 182, 190, 311 und 377 unterscheiden. In einem deutli-chem Abstand von allen diesen Gräbern liegt etwa 20 m westlich als solitäres Fibelgrab die Bestattung Grab 459. Auffallenderweise sind drei der Fibelgräber Teile einer Doppelbestattung: Die Frau aus Grab  172 wurde ge-meinsam mit einem Spathaträger beigesetzt (Grab 173), neben Grab  377 fand eine weitere Frau ihre letzte Ruhe (Grab 378), ebenso wie im Fall der Bestattung 630 (Grab  631). Knochenreste westlich des rechten Unter-armes von Bestattung  630 könnten andeuten, dass in diesem Grab zusätzlich ein kleines Kind beigesetzt wor-den war (s. Abb. 18). Eine anthropologische Bestimmung der Skelette liegt derzeit noch nicht vor. Allein an der Länge des Skelettes gemessen, scheinen sich unter den weiblichen Bestattungen keine Mädchen der Altersstu-fen infans I und II zu befinden. Vergleichsweise „zart“ wirken die Skelette aus Grab 174 und 625, für die viel-leicht noch nicht Erwachsene vermutet werden dürfen. Für eine endgültige Einschätzung des Alters bleibt aber eine morphologische Analyse der Skelette abzuwarten.

Bei den Gräbern 174, 190 und 311 wurden Berau-bungsspuren beobachtet, das beraubte Grab  190 wird zudem deckungsgleich von Grab 180, einer beigabenlo-sen Bestattung, überlagert.

Die Lage der Fibeln zeigt keine Besonderheiten, Kleinfibelpaare liegen versetzt zueinander an Brust und Hals, wie dies im Fall der Gräber 172, 174, 340 und 361

gut dokumentiert ist9. Einzeln getragene Kleinfibeln liegen an einer dieser beiden Stellen, entweder auf der Brust (Grab 311, 459, 630) oder am Hals (Grab 388, 625). Obwohl die Nadelausrichtungen der Kleinfibeln auf der Grabung nicht festgehalten wurden, machen es die Grabzeichnungen wahrscheinlich, dass die Kleinfibeln weitgehend mit der Nadel waagerecht oder leicht schräg zur Körperlängsachse getragen wurden. Die Bügelfibeln in den Gräbern 190 und 377 liegen mit der sog. Kopf-platte nach Osten jeweils zwischen den Oberschenkeln der Bestatteten. Die beiden Exemplare in Grab 190 sind vertikal übereinander ausgerichtet. Zwischen den Ober-schenkeln ist dies die charakteristische Lageposition von Bügelfibeln frühestens ab dem 2. Drittel des 6. Jahr-hunderts10, während typologisch ältere Formen eher im Taillen- oder Hüftbereich und auch eher schräg ausge-richtet als vertikal zur Körperachse getragen wurden11.

3 R. Knöchlein stellte mir freundlicherweise den Katalog zur Verfügung, wofür ihm herzlich gedankt sei.

4 Knöchlein 2002; Bartel/Knöchlein 1993; Knöchlein 1998.5 Knöchlein 1998, 18; Fehr/Suhr 2008, LX. Die Zahl kann aller-

dings nicht so stehen bleiben. Nach einer Durchsicht des Ka-taloges von R. Knöchlein sind in Waging immerhin 40 Gräber beraubt, was einer Beraubungsquote von 17 % entspricht.

6 Knöchlein 1998, 18; Fehr/Suhr 2008, LX. Diese Zahl müsste sicherlich ebenfalls überprüft werden.

7 Die Zahlenangaben für Waging wurden dem Katalog Knöch-lein entnommen.

8 Haas-Gebhard 2013, 18 f.9 Die Grabzeichnung von Grab 182 war im BLfD leider nicht

auffindbar.10 Martin 1991, 655–660. – Siehe z. B. Waging Grab 105: Bartel/

Knöchlein 1993. Straubing Grab 257, 294, 450, 453, 460, 500, 786, 610, 717, 786, 800, 803, 804, 810: Geisler 1998, Taf. 88 f., 66 f., 149, 154 f., 156 f., 182 f., 213, 258, 290 f., 295, 299, 302, 305.

11 Beispielsweise: Straubing Grab  66, 100, 150, 220, 238, 266, 300, 305, 306, 310, 328, 351, 355, 360, 377, 412, 449, 451, 468, 470, 535: Geisler 1998, Taf. 16, 24, 37, 54 f., 58 f., 74 f., 90, 94 , 96, 98, 102, 107, 108, 111, 118, 131, 150, 152, 161, 167, 194.

Grab S-Fibel Bügelfibel Vogelfibel Scheibenfibel Vierpassfibel Tierfibel

172 2 (Si) – – – – –

174 2 (Si) – – – – –

182 2 (Si) – – – – –

190 – 2 (Si) – – – –

311 1 (Br) – – – – –

340 – – – 1 (Si) – 1 (Br)

361 2 (Si) – – – – –

377 1 (Si) 1 (Si) – – – –

388 1 (Br) – – – – –

459 1 (Si) – – – – –

625 – – – – 1 (Si) –

630 – – 1 (Si) – – –

Abb. 2. Petting. Typ und Anzahl der Fibeln in Gräbern (Si: Silber; Br: Bronze).

Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer

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Wenngleich eine Lage jüngerer Fibeln der 2. Hälf-te des 6.  Jahrhunderts im Beckenbereich noch verein-zelt zu beobachten ist12, so liegen Bügelfibelformen des 1.  Drittel des 6.  Jahrhunderts eigentlich nie zwischen den Oberschenkeln, so dass alleine anhand der Lage der Bügelfibeln in Petting Grab 190 und 377 eine Datierung dieser Gräber frühestens ab dem 2. Drittel des 6. Jahr-hunderts angegeben werden kann, ohne die exakte Form oder den Dekor der Bügelfibeln zu kennen.

Brigitte Haas-Gebhard

Fibelformen

Dominierend sind die S-Fibeln vom Typ Schwechat-Pal-lersdorf bzw. verwandte Derivate, die in vier Gräbern auftreten und die gesamte künstlerische Bandbreite die-ser Fibelform abdecken. Der in Süddeutschland äußerst gängige Fibeltyp fand sich in den Gräbern 172 als ver-mutlich stückgleiches Paar und 361 als nicht stückglei-ches Paar, sowie Varianten davon in den Gräbern  174 als vermutlich stückgleiches Paar und 311 als Einzel-stück.

S-Fibeln findet man in Grab 182 mit einem stück-gleichen S-Fibelpaar vom Typ Várpalota, in Grab 340 mit einer S-Fibel vom Typ Herpes Cléry und einer Almandin-scheibenfibel, in Grab 377 mit einer S-Fibel und einer Bügelfibel mit halbrunder Kopfplatte, in Grab 388 mit einer S-Fibel vom Typ Rácalmás und in Grab 459 mit ei-ner S-Fibel vom Typ Sarching.

Keine S-Fibeln enthielten die Gräber 190, 625 und 630, jedoch bargen Grab 190 ein stückgleiches Bügelfi-belpaar mit rechteckiger Kopfplatte, Grab 625 eine Vier-passfibel und Grab  630 eine Vogelfibel. Hinweise auf eine Grablege mit einer Vierfibeltracht gibt es in Petting nicht (Abb. 2). Bei der folgenden chronologischen Beur-teilung des Fundstoffs kommt auch die Pleidelsheim-Monographie von U. Koch zur Anwendung. Wenngleich diese aus methodischer Sicht problematisch ist und des-halb zu Recht von Teilen der Forschung kritisiert wird13, so zeugt die Stufeneinteilung doch von großer Sach-kenntnis; daher hat sich Verf. dazu entschlossen, auch Ergebnisse aus Pleidelsheim zu verwenden, allerdings niemals ausschließlich, sondern immer im Abgleich mit anderen chronologischen Resultaten.

Abb. 3. Petting, Lkr. Traunstein. Lage der Fibelgräber auf dem Gräberfeld. o. M.

Fibelgräber von Petting

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Grab 625

M. Trier rechnet die für ihn fränkische Form der Vier-passfibeln hauptsächlich dem mittleren Drittel des 6.  Jahrhunderts zu, eine Beurteilung, die der U. Kochs für ihren Typ  F34 entspricht, auch wenn sie für das 2. Viertel des 6.  Jahrhunderts plädiert. Einzig M. Bert-ram glaubt, Vierpassfibeln grundsätzlich dem 1. Drittel des 6. Jahrhunderts zuweisen zu können; doch die Ver-gesellschaftung in ihrem Grab 215 aus Inzing mit einer Kerbschnittscheibenfibel lässt auch hier meines Erach-tens auf eine etwas spätere Datierung in das mittlere Drittel des 6. Jahrhunderts schließen14. M. Trier folgend, darf die Vierpassfibel aus Petting Grab  625 (Abb. 17 a) dem 2. Drittel des 6. Jahrhunderts zugerechnet werden.

Grab 172, 174, 311 und 361: Gräber mit S-Fibeln vom Typ Schwechat-Pallersdorf und ihr Inventar

Die S-Fibeln aus Grab  172 (Abb. 7 a1–2) und 361 (Abb. 13 a1–2) sind typische Vertreter des Typs Schwe-chat-Pallersdorf, die Fibeln aus Grab 311 (Abb. 11 a) und 174 (Abb. 8 a1–2) stellen leichte Abwandlungen dar. Die Fibel aus Grab 311 besitzt zwar keine Granateinlagen, die durchgängige rippenartige Kerbschnittverzierung weist aber genauso in diesen Formenkreis, wie die beiden Fibeln aus Grab  17415 mit den drei typisch an-gebrachten Almandinen. Alle Fibeln tragen leichte bis etwas stärkere Abnutzungsspuren.

Die Forschungs- und Datierungsgeschichte der S-Fibeln vom Typ Schwechat-Pallersdorf bzw. ihrer Deri-vate wurde unlängst von St. Keim vorbildlich dargestellt. Verf. möchte allerdings nicht ihrem Datierungsansatz folgen, da sie für Vertreter nördlich der Alpen unwi-dersprochen die Schretzheimer Ergebnisse U. Kochs zi-tiert und sie die Fibeln dieses Typs ausschließlich dem letzten Drittel des 6. Jahrhunderts zuordnet. Für wahr-scheinlicher hält Verf. einen Datierungsansatz auch noch in das mittlere Drittel, wie dies von R. Knöchlein für die Waginger Exemplare vorgeschlagen wurde. Für einen Schwerpunkt bis zum 3. Viertel des 6.  Jahrhun-derts spricht zudem die Tatsache, dass Vertreter dieser Fibelform vor allem in voritalischen Grabfunden der Langobarden bekannt geworden sind16. Die Forschungs-diskussion bezüglich der Herkunft dieses S-Fibeltyps wurde ebenfalls von St. Keim zusammengefasst. Trotz der Verbreitung bis ins Rheintal legt die Ähnlichkeit zum Typ Varpalota meines Erachtens dennoch nahe, dass es sich beim Typ Schwechat-Pallersdorf um eine Form mit gewissen Beziehungen zum östlich-mero-wingischen Kulturkreis handeln dürfte. Eine mögliche Herstellung dieser Fibeln in romanischen Werkstätten, wie von A. Rettner vorgeschlagen, ist zwar theoretisch denkbar, doch fehlen dafür bislang sichere Hinweise17. Zudem ist der Forschungsstand vor allem in den alpen-nahen Gebieten östlich des Inns, wie das Beispiel Petting

zeigt, stark verbesserungswürdig. Gerade die vielen Ne-kropolen zwischen Traunstein und Salzburg sind kaum erforscht, das scheinbare Überwiegen der Fibeln vom Typ Schwechat-Pallersdorf westlich des Lechs spiegelt in gewisser Weise sicher auch den aktuellen Forschungs-stand wider18.

Grab 630

Eine der zwei Pettinger Tierfibeln, eine Vogelfibel, stammt aus Grab 630 (Abb. 18 a). Diese Fibelform besitzt ihre Hauptverbreitung im fränkisch-alamannischen Siedlungsbereich, kommt aber auch weiter östlich häu-fig vor. Die Pettinger Vogelfibel entspricht in der Pub-likation von G. Thiry einer Fibel aus dem Grab 40 von Herten, die sie zu ihrer Gruppe „Flügel und Krallen in Kerbschnitt der einfachen Vogelfibel ohne Steineinla-gen“ rechnet und der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts zuweist. Während die schematische Einteilung U. Kochs in ihrer Pleidelsheim-Monographie über den Typ  X22 der SD-Phase 4 nur bedingt weiterhilft, datiert H. Losert die Herstellung einer Vogelfibel aus Grab 1332 von Al-tenerding auf die Zeit um 500 und die Grablegung auf um 530. Mit dem Pettinger Stück gemeinsam sind dem Altenerdinger Vogel der Sichelfuß, der stark nach un-ten gebogene Schnabel, der gebogene Kerbschnittansatz des Rückengefieders – auch wenn dem Altenerdinger Exemplar die Gefiederlänge des Pettinger Stücks fehlt – und das trapezförmige Schwanzgefieder. Die Gesamt-länge des Gefieders errechnet sich aus einer Fibel von Neresheim Grab 22. Das Federkleid ist hier aber etwas schmaler, außerdem fehlt der charakteristische Si-chelfuß. Das Grab wird von M. Knaut auf die Zeit um 500 datiert. Die korrekte Schwanzform und -länge so-wie den Sichelfuß besitzt eine Vogelfibel aus Gondorf I Nr. 699, sie weicht lediglich in der Art des Kerbschnitts vom Pettinger Fund ab. Schulze-Dörlamm wertet diese

12 z. B. Künzing Grab 134: Hannibal-Deraniyagala 2007 Taf. 56, 57; Erpfting Grab 12 LfD: Wührer 2002.

13 siehe u. a. Keim 2007, 17.14 Trier 2002, 45; Koch 2001, 45 mit Abb.15; Bertram 2002, 70.15 vgl. hierzu u. a. das Altenerdinger Grab  443: Losert 2003,

Abb. 23,16.16 Keim 2007, 90–91; Knöchlein 2002, 435 für die S-Fibel aus

dem Waginger Grab  144. Ebenfalls dem Datierungsansatz U. Kochs folgt M. Trier für das Lechtal: Trier 2002, 41. H. Lo-sert rechnet Fibeln vom Typ Schwechat-Pallersdorf mit ihren Varianten, wie bei seinem Altenerdinger Grab 759, regelhaft dem dritten Viertel des 6. Jahrhunderts zu: Losert 2003, 173. – Mit Losert stimmt U. Koch in der Datierung für ihren Typ X33 von Pleidelsheim überein: Koch 2001, 46 mit Abb.16. In ih-rer Schretzheim-Monographie datierte sie, wie bei St.  Keim wiedergegeben, den Typ Schwechat-Pallersdorf noch in ihre Stufe 3: Koch 1977, 66.

17 A. Rettner, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Zeuzle-ben (Gde. Werneck, Lkr. Schweinfurt) (München 1997) 125.

18 vgl. auch Liste 17 bei Drauschke 2011, 374. Hier war Waging bislang der östlichste kartierte Fundpunkt für Süddeutsch-land.

Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer

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Fibel als Erzeugnis des Übergangs der Stufen Böhner II nach III, die dem 1. Drittel des 6. Jahrhunderts entspre-chen19. Auch wenn sich für die Pettinger Vogelfibel kei-ne exakte Parallele finden lässt, so kann doch für jedes Detail ein guter Vergleich angeführt werden. Wenn man die kaum abgenutzte Fibel für sich selbst betrachten würde, dann stünde einer Datierung des Pettinger Gra-bes 630 in das 1. Viertel des 6. Jahrhunderts nichts im Wege (s. u.).

Grab 459

Die S-Fibel aus Grab  459 (Abb. 16 a) gehört mit ihrem doppelten Mittelsteg zu einem typischen Vertreter des Typs Sarching. Diese Fibelform findet sich häufig im nördlichen Alpenvorland und entlang der Donau. Keim rechnet sie außerdem der Einwanderergeneration der Langobarden in Italien zu, ein Stück aus Mähren be-weist jedoch, dass der Typ bereits vorher in Gebrauch gewesen sein muss. Zwei Einzelfunde aus Nordendorf datiert M.  Trier in das 3.  Viertel des 6.  Jahrhunderts. Die Datierung passt auch zu der von H. Losert, der eine solche Fibel aus dem Altenerdinger Grab 21 derselben Zeitstellung zuweist. Diesem Urteil schließt sich Knöch-lein für die Fibel aus Waging Grab 105 an. Der Pettinger Fund markiert den bislang östlichsten Fundpunkt einer Sarchinger Fibel in Süddeutschland20. Gerade für den al-pennahen oberbayerischen Raum spricht alles für eine Datierung der Fibeln vom Typ Sarching in das 3. Viertel des 6.  Jahrhunderts. Vermutlich dürfte das Pettinger Grab am Ende des genannten Zeitraums angelegt wor-den sein, da die Fibel deutliche Gebrauchsspuren auf-weist.

Die gleiche Einmütigkeit unter den Archäologen herrscht bezüglich der langobardischen Herkunft des Typs, auch wenn die Forschungssituation der maßgeb-lichen langobardischen Siedlungsgebiete in Pannonien noch immer unzureichend ist.

Grab 190

Die beiden Bügelfibeln mit deutlichen Gebrauchsspu-ren weisen auf der Kopfplatte einen spiralförmigen Kerbschnittdekor auf, die Fußplatte wird von einem geometrischen Zickzackmuster durchzogen (Abb. 10 a). R. Knöchlein hat das Waginger Grab 105 mit einer ähn-lichen Bügelfibel aufgrund der mit ihr vergesellschafte-ten S-Fibel vom Typ Sarching in die Zeit nach 550 datiert. Weitere vergleichbare Stücke liefert A.  Kochs Gruppe Nordendorf/Maastricht, deren Datierungsschwerpunkt im 2.  und 3.  Viertel des 6.  Jahrhunderts vermutet wird. Dies entspricht auch Triers Beurteilung seines Typs Poysdorf für Nordendorf Grab 40/1855. Zwei wei-tere gute Vergleichsstücke liefern die langobardischen Funde von Rácalmás Grab  2 und Cividale-S. Giovanni Grab 12, die J. Werner – nicht zuletzt aufgrund dieser beiden wichtigen Fundorte – in die Übergangsphase

von der pannonischen zur italischen Epoche datiert, also in das ausgehende 3. Viertel des 6.  Jahrhunderts. Allgemein der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts schließlich rechnet H. Kühn seinen Typ „von Goethes Fibel“ zu21. Gerade aufgrund der beiden langobardischen Vertreter und vor dem Datierungshintergrund des Waginger Gra-bes  105 möchte Verf. die Fibeln aus Petting Grab  190 dem 3. Viertel des 6. Jahrhunderts zuweisen.

Grab 182

Beim Fibelpaar aus Grab  182 handelt es sich um Stü-cke des Typs Várpalota mit Schlaufendekor im oberen Halsbereich (Abb. 9 a1–2). Wie St. Keim feststellte, kon-zentrieren sich Fibeln des Typs Várpalota im langobar-dischen Kulturbereich auf italische Grabfunde, somit also auf das letzte Drittel des 6. Jahrhunderts. Für das Lechtal datiert M.  Trier den Typus über einen Einzel-fund aus Nordendorf auf das mittlere Drittel des 6. Jahr-hunderts. Dem 3. Viertel des 6. Jahrhunderts wiederum weist H.  Losert eine Fibel aus Altenerding Grab  1253 zu22. Für den oberbayerischen Alpenraum möchte Verf. daher den Ergebnissen beider Autoren bzgl. des Lechtals und Altenerding folgen und einen Datierungsschwer-punkt für das 2. und 3. Viertel vorschlagen, wobei zu-mindest für die östliche Baiuaria auch das letzte Viertel nicht ausgeschlossen werden darf.

Laut St. Keim konzentrieren sich Fibeln des Typs Várpalota auf die langobardischen, baiuvarischen und alamannischen Siedlungsgebiete, ein starker Einfluss aus dem östlich-merowingischen Kulturkreis auf die Entwicklung des Fibeltyps liegt also nahe; die lange an-dauernde Beliebtheit des Typs in den italischen Lango-bardengebieten unterstützt diese These. Im östlichen Merowingerreich war bislang Waging der östlichste Ver-treter, nun kommt mit Petting ein weiterer Fundpunkt vor den Toren Salzburgs hinzu23.

Grab 340

Die durchschnittlich abgenutzte Granatscheibenfibel (Abb. 12 a1) mit offenbar verziertem Mittelfeld gehört zur geläufigen Gruppe der rosettenförmigen Schei-benfibeln, die Losert seiner Gruppe 5a für Altenerding zuordnet. Vergleichsfunde aus Altenerding Grab  54, Schretzheim Grab  300, Einzelfunde aus Nordendorf, sowie Kochs Typ X29 ihrer SD-Phasen 5-6 sprechen für eine Fibelform des 2.  und 3.  Viertels des 6.  Jahrhun-derts24. Ganz ähnlich datiert K.  Vielitz rosettenförmi-ge Granatscheibenfibeln ihrer Gruppe  B3.8, wobei sie ein vereinzeltes Vorkommen noch im letzten Viertel des 6.  Jahrhunderts nicht ganz ausschließen möchte. Rosettenförmige Granatscheibenfibeln kommen fast im gesamten merowingischen Gebiet vor, ein gewis-ser Schwerpunkt im fränkischen und alamannischen Bereich ist allerdings nicht von der Hand zu weisen25. Die Tierfibel besitzt die Form eines drachenartigen See-

Fibelgräber von Petting

211

wesens, der nach hinten gereckte Kopf und die unter dem Körper auslaufende Schwanzspitze ermöglichen es, das Stück dem Formenkreis der Tierfibelgruppe Herpes zuzuordnen (Abb. 12 a1). Für diesen seltenen Fibeltyp kennt Verf. aus Südbayern bislang außer einem Stück aus Altenerding nur zwei gute Vergleichsexemplare, eines aus dem Oberwarngauer Grab  77 und eines aus Aschheim Grab  11(W)26. Beide Fibeln besitzen die bes-ten Vergleichsmerkmale mit dem Pettinger Tier und zwar in erster Linie wegen eines sehr naturalistisch ge-stalteten Körpers, wobei sich der fischgrätartige Kerb-schnittdekor fast ausschließlich auf dem Mittelkörper wiederfindet. Kopf-, Hals- und Schwanzpartie besitzen eine nur rudimentäre Verzierung. Außerdem gleichen sich beide Stücke hinsichtlich ihrer Gestaltung der Fuß-partien, des schnabelartigen Mauls und des abgewin-kelten Schlappohrs. Wesentlich stilisierter erscheinen dagegen die Drachenwesen auf den Fibeln aus Dirm-stein Grab 254B, Kelheim-Gmünd Grab 45 und aus dem Altenerdinger Grab 31. Ihnen allen gemeinsam ist der flächigere Kerbschnitt und die damit verbundene, et-was undeutlichere Kontur des Tiers. Unabhängig von den unterschiedlichen künstlerischen Details gibt es be-züglich der Datierung dieses Fibeltyps in der Literatur einige Archäologen, die den Typ Herpes grundsätzlich als ein Erzeugnis der 1. Hälfte des 6.  Jahrhunderts be-zeichnen27; seine Hauptverbreitung liegt ohne Zweifel im westlichen merowingischen Kulturkreis. Interessan-terweise besitzen außer den Stücken aus Oberwarngau und Altenerding alle hier aufgeführten Vertreter min-destens eine Scheibenfibel als weitere Fibelbeigabe, das gilt auch für das Pettinger Grab 340.

Die Tierfibel zeigt deutlich erkennbare Abnut-zungsspuren. Zudem weisen die genannten Vergleichs-funde aus Aschheim und Dirmstein darauf hin, dass gerade Tierfibeln vom Typ Herpes offensichtlich gerne als Altstück weiter genutzt wurden28. Vor allem das Grab  11(W) aus Aschheim bezeugt eine Grablegung im mittleren Drittel des 6.  Jahrhunderts. Außerdem enthielt dieses Grab zwei S-Fibeln, eine Granatscheiben-fibel und Perlen der Gruppe ASH III sowie eine flächig cloisonnierte Vogelfibel, die ganz an das zeitliche Ende der Vogelfibelmode gesetzt werden darf. Die Tierfibel wurde auch nicht mehr getragen, sondern fand sich zu-sammen mit den beiden S-Fibeln in einem Täschchen neben der bestatteten Frau29.

Grab 377

Die silberne S-Fibel aus dem Pettinger Grab 377 macht einen unbenutzten Eindruck, vor allem der Kerbschnitt-dekor mit dem mittigen Hakenkreuz ist kaum abge-wetzt (Abb. 14 b).

J. Werner datierte 1935 ein augenscheinlich werk-stattgleiches Exemplar aus dem Grab von Herbrechtin-gen in die 1. Hälfte des 7.  Jahrhunderts. Ein ebenfalls nahezu stückgleicher Vertreter stammt aus dem Grab 16 von Kösingen. M. Knaut datiert die Bestattung

in das ausgehende 6. Jahrhundert30. Gute Vergleichsbei-spiele aus dem bajuwarischen Siedlungsgebiet sind mir für diese vor allem im alamannischen Raum verbreitete S-Fibelform, die m. E. nicht zu den Derivaten des Typs Schwechat-Pallersdorf gezählt werden kann, bislang nicht bekannt.

Kompliziert gestaltet sich auch die chronologische Beurteilung der Bügelfibel, die ebenfalls kaum Abnut-zungsspuren aufweist. A. Koch führt ein sehr gut ver-gleichbares Stück aus Villey-Saint-Étienne an, welches er an den Übergang zwischen Hermann Aments Stufen AM II und AM III, also kurz nach 550, datieren möchte. Fibeln dieser Form kartierte er nur entlang des Mittel-rheins und an einem in Lothringen gelegenen Ort. Zu einer wesentlich späteren Datierung einer ganz ähnli-chen Bügelfibelgruppe tendiert dagegen H. Kühn, die er unter der Gruppenbezeichnung „Typ von Müngersdorf“ zusammengefasst hat. Für ihn handelt es sich um eine der späten Bügelfibelformen der 1.  Hälfte des 7.  Jahr-hunderts, wobei in seiner Publikation eine grundsätz-liche Tendenz zu sehr späten Datierungen auffällt. Der Typ von Müngersdorf kommt vornehmlich entlang des Mittelrheins vor, wobei aber auch vereinzelte Funde aus Nordostfrankreich und dem Donautal westlich der Lech-mündung bekannt geworden sind31. Beide Kartierungen weisen Petting als östlichsten Fundpunkt aus. Kochs Da-tierung erscheint recht früh. Vor dem Hintergrund der Datierung der S-Fibel durch Knaut dürfte es sich beim Pettinger Grab 377 um eine Bestattung des letzten Drit-tels des 6.  Jahrhunderts handeln. Die wenig abgenutz-ten Fibeln sprechen dabei allerdings tenden ziell für eine frühe Grablegung innerhalb des genannten Zeitraums.

19 Thiry 1939, 39; Koch 2001, 46 mit Abb.14; Losert 2003, 162; Schulze-Dörlamm 1990, 139; Knaut 1993, 51.

20 Keim 2007, 90; Trier 2002, 40; Losert 2003, 166; Knöchlein 2002, 441. – 1977 war U. Koch noch der Ansicht, es hier mit einem Leitfund der Schretzheimer Stufe  3, also des letzten Drittels des 6. Jahrhunderts zu tun zu haben; inzwischen da-tiert sie aber die Form X34 für Ihre Phase SD 6 wie die übrige Forschung, s. Koch 2001, 46 mit Abb. 16. Die Verbreitung des Typs auch bei Drauschke 2011, 372–373 mit Liste 14.

21 Knöchlein 2002, 441; Koch 1998, 281–282 mit Karte 20; Trier 2002, 27 f.; Werner 1962, 66; Kühn 1974, 996 mit Karte 56.

22 Keim 2007, 91; Trier 2002, 40; Losert 2003, 177.23 Drauschke 2011, 375 mit Liste 19.24 Losert 2003, 146–147; Koch 1977, 59; Trier 2002, 37; Koch

2001, 46 mit Abb.15; Vielitz 2003, 71–72 und 86 mit Abb. 34.25 vgl. hierzu auch u. a. Losert 2003, 145; Trier 2002, 33–35 mit

Abb. 5.26 Bott 1952,Taf. 3,7; Gutsmiedl-Schümann 2010, Taf. 159.27 Koch 1968, 36; Losert 2003, 177–179; genauso Koch 2001, 46

mit Abb. 14 für ihren Typ X27. Leithäuser 2011, 68.28 Leithäuser (2011, 68) erklärt ihr Exemplar aus Grab 254B als

„Erbstück“ und weist die Bestattung dem dritten Viertel des 6. Jahrhunderts zu.

29 Gutsmiedl-Schümann 2010, 353–354.30 Werner 1935, 50–51; Knaut 1993, 55.31 Koch 1998, 266 f. mit Karte 19; Kühn 1974, 1106 mit Kar-

te 69.

Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer

212

Grab 388

Die nur leicht abgenutzte S-Fibel aus Grab 388 besitzt mit den flächendeckend platzierten Granateinlagen ent-lang des Körpers die typischen Merkmale des Typs Rá-calmás (Abb. 15 a).

Ein sehr gut vergleichbares Stück stammt aus dem Schretzheimer Grab  19232. Dieser Fibeltyp stellt gewissermaßen eine Weiterentwicklung der Typen Schwechat-Pallersdorf und Várpalota dar. Der zunächst noch flächendeckende Kerbschnitt, erst nur vereinzelt von Granatfeldern unterbrochen, wird zugunsten eines durchgängigen Cloisonnés aufgegeben. St.  Keim sieht gerade bei den Vertretern mit rundem Auge und run-dem Schnabel, zu denen auch das Pettinger Exemplar gezählt werden muss, eine stilprägende Herkunft aus dem langobardenzeitlichen Italien; als ein Hinweis für seine Beliebtheit verteilen sich Vertreter des Typs Rá-calmás gleichmäßig über Süddeutschland, vom Rhein-gebiet bis ins Passauer Land33. Für St. Keim handelt es sich um eine Fibelform am Übergang der Schretzhei-mer Stufen 3 und 4, also eines Zeitabschnitts, der mit dem ausgehenden 6. Jahrhundert umschrieben werden kann34.

Franz Weindauer

Andere Beigaben

Glasperlen

Neben den Fibeln wird normalerweise den Glasperlen die größte chronologische Relevanz zugeschrieben, da sie in hoher Zahl aus sehr vielen weiblichen Bestattun-gen vorliegen35. Für verschiedene Gräberfelder wurden mittlerweile – hauptsächlich mit Hilfe der Korrespon-denzanalyse – chronologische Systeme für Perlenkom-binationsgruppen aufgestellt, die sich in Feinheiten zwar unterscheiden, aber keine prinzipielle Diskrepanz aufweisen. Anhand des Materials aus dem benachbart gelegene Gräberfeld von Waging hat R. Knöchlein 1997 und 2002 eine Untergliederung der ältermerowinger-zeitlichen Perlen vorgeschlagen36, die allerdings bislang nicht nachprüfbar ist, da das Gesamtmaterial von Wa-ging noch nicht vorgelegt wurde. Typisch für die ältes-te, in Waging vertretene Perlenkombinationsgruppe, wären nach Knöchlein aber demnach ausschließlich monochrome, transluzide und opake Perlentypen, die in sehr geringer Anzahl, manchmal auch nur als Einzel-exemplar in den Gräbern auftreten37. Ähnlich charakte-risieren auch B. Sasse und C. Theune ihre Perlenkombi-nationsgruppen A und B in Weingarten/Eichstetten, die gut zu einer einzigen Gruppe zusammengefasst werden können, da die Abtrennung einer Gruppe A lediglich auf der Annahme beruht, dass die Perlen dieser Gruppe nur an Gürtelgehängen auftreten. Diese Annahme ist nach einer intensiven Quellenkritik allerdings nicht halt-

bar38. Leittypen dieser Gruppe A/B sind große Glasperlen in Melonen- oder Ringform, auch mit einer Wellenfa-den- oder Punktauflage. Ergänzt werden diese großen Perlenformen durch Überfangperlen und kleine rundli-che opake oder sehr langzylindrische, gezogene Typen. Bei den großen Perlen überwiegt an Farben transluzid Blau und Gelb. Die kleinen Formen sind dagegen haupt-sächlich in den Farben Rotbraun, Schwarz, Silberfar-ben und Dunkelblau vertreten, sie kommen aber auch in Gelb und Grün vor. Gut zu parallelisieren ist diese Perlenkombinationsgruppe mit der von Y.  Reich an-hand des Fundmaterials von Schleitheim herausgear-beiteten Stufe 339 sowie der Kombinationsgruppe A, die U. Koch am Material des Gräberfeldes von Pleidelsheim definiert hat40. Auch der Perlenschmuck in den Gräber-feldern von München-Perlach und Unterhaching lässt sich zwanglos in diese Perlenkombinationsgruppe ein-ordnen41, während sie sich unter den von D. Gutsmiedl-Schümann erarbeiteten Perlengruppen von Aschheim nicht wieder finden lässt42. Die Perlen dieser Kombi-nationsgruppe werden zumeist als Anhänger – nicht nur am Gehänge, sondern z. B. auch an Fibeln – oder als Gewandbesatz getragen. Für die Münchener Schot-terebene ließ sich feststellen, dass hier die Kleinformen dieser Perlengruppe in sehr hoher Anzahl als regelrech-te Halsketten und Armbänder bevorzugt von Mädchen getragen wurden43. In den Pettinger Fibelgräbern ist diese Kombinationsgruppe, die weitgehend einheitlich in die Jahrzehnte zwischen 490 und 530 datiert wird44, allerdings nicht vertreten. Die Perlenensembles, die hier mit Fibeln vergesellschaftet sind, sind v. a. mit jüngeren Perlenformen verbunden, die älteren Perlentypen der Gruppe 1.

Zu den jüngeren Typen, die diese zweite Perlen-kombinationsgruppe charakterisieren, zählen mono-chrome, kurzzylindrische und mehrflächig prismati-sche Formen45. An verzierten Perlenformen begegnen hier erstmals kugelige bzw. mehrflächig prismatische Millefioriperlen46 und Reticellaperlen47, langzylindri-sche Perlenformen mit Wellenfadenauflage48 sowie Per-len mit zwei sich dreifach kreuzenden Wellenfadenauf-lagen49. Diese Kombinationsgruppe ist in Unterhaching und München-Perlach nicht mehr vertreten und lässt sich gut mit Weingarten/Eichstetten Gruppe  C50 sowie Pleidelsheim Gruppe B51 parallelisieren. Der vorgeschla-genen Datierung dieser Kombinationsgruppe durch Sas-se/Theune und Koch in das 2. Drittel des 6. Jahrhunderts ist zuzustimmen. Von den Pettinger Fibelgräbern kön-nen dieser Gruppe die Bestattungen 172, 174, 182, 190, 361 und 625 zugewiesen werden. Die Perlen werden auch hier noch als Anhänger bzw. Gewandbesatz getra-gen (Grab 172, 190), doch gibt es aufgrund der Lagebeob-achtungen auch Hinweise auf eine Trageweise als echte Kette bzw. als Besatz eines Halsausschnittes (Grab 361, 625). Eine weitere Perlenkombinationsgruppe, die in den Pettinger Fibelgräbern vertreten ist, wird durch fol-gende, neu auftretende Perlenformen charakterisiert: Schlierenperlen der Gruppen Schretzheim 5852, doppel-konische und topfenförmige monochrome Formen53,

Fibelgräber von Petting

213

Streifenmosaikperlen mit trikoloren Bändern in Gelb, Blau und Grün sowie den Amethystperlen in Grab 630. In den oben bereits mehrfach zitierten Perlenkombina-tionsgruppen, die an den Gräberfeldern von Eichstetten, Weingarten und Pleidelsheim erstellt wurden, lassen sich diese Fibeltypen problemlos in das letzte Drittel des 6. Jahrhunderts einordnen.

Auf der Grundlage der Perlenensembles lassen sich die Pettinger Fibelgräber demnach in zwei Gruppen unterteilen: in eine ältere, zu der die Gräber 172, 174, 182, 190, 361 und 625 zählen und die in das 2. Drittel des 6. Jahrhunderts datiert werden und in eine jüngere, mit den Gräbern 340, 377, 388, 459 und 630, die auf-grund ihrer Perlenkombination in das letzte Drittel des 6. Jahrhunderts gehören.

Weitere Beigaben

Neben dem Perlenschmuck und der S-Fibel kann in Grab 459 der unmittelbar nördlich der Schädelknochen angetroffene Körbchenohrring einen Hinweis auf die Datierung dieser Grablege geben (Abb. 16 b). Der Ohr-ring gehört dem von H.  Bott bereits 1952 definierten Typ Allach-Untermenzing an54. Dieser ist charakteri-siert durch ein geschlossenes, meist sechsfach gefalte-tes Körbchen mit einer sternförmigen Deckplatte und zentralem Mittelbuckel, umgeben von zwei geperlten Drähten und traubenförmig angeordneten Metallkügel-chen auf den Sternspitzen. Die Körbchen wurden an den Tragereif gelötet und erhielten mittels eines kleinen, ebenfalls an den Tragreif gelöteten Stützringes zusätz-liche Stabilität. Normalerweise werden Körbchenohr-ringe vom Typ Allach-Untermenzing als Paar getragen, doch ermöglicht die Situation in Petting Grab 459 keine Aussage darüber, ob hier tatsächlich ein als Einzelstück getragenes Exemplar vorliegt, denn eine Beraubung/Stö-rung des Grabes kann nicht mit letzter Sicherheit ausge-schlossen werden. Der Ohrringtyp knüpft unbestritten an Vorbilder aus dem Mittelmeerraum an, die im me-diterranen und alpinen Bereich im 6. Jahrhundert auf-treten55. Eine Datierung dieser Ohrringform im nord- alpinen Raum in die Mitte und die 2. Hälfte des 7. Jahr-hunderts erscheint jedoch als zu pauschal angesetzt56. Beispielsweise begegnet ein entsprechender Ohrring in München-Aubing Grab 7 gemeinsam mit einer tierstil-verzierten S-Fibel und einem Perlenensemble der hier definierten Gruppe 357. In Straubing Grab 667 legt die Vergesellschaftung eines Körbchenohrringes vom Typ Allach-Untermenzing mit einer pilzzellentauschierten Wadenbindengarnitur eine Datierung in die Jahrzehn-te um 600 nahe58. Auch Straubing Grab 689 ist mit sei-ner punzverzierten Wadenbindengarnitur und seinem Per len ensemble in etwa im gleichen Zeitraum angelegt worden59. Den frühesten Nachweis eines Körbchen-ohrringes vom Typ Allach-Untermenzing nördlich der Alpen stellt ein Mädchengrab im belgischen Tournai

dar. Tournai-St.-Piat Grab  7 dürfte noch im 1.  Drittel des 6. Jahrhunderts in den Boden gekommen sein, der Ohrring steht mit dieser frühen Datierung nördlich der Alpen bislang alleine60. In Altenerding Grab  1299 fand sich allerdings bereits in Zusammenhängen der 2.  Hälfte des 5.  Jahrhunderts ein bronzener Ohrring, der typologisch als ein Vorläufer des Typs Allach-Un-termenzing angesprochen werden kann61. Neben regel-rechten Importen aus dem Süden ist damit zu rechnen, dass Ohrringe vom Typ Allach-Untermenzing auch nördlich der Alpen imitiert wurden62. Möglichkeiten zur Unterscheidung des importierten von lokalem Ma-terial könnten hier das verwendete Metall, die Form des Verschlusses und die Konstruktion des Stützreifes sein, doch soll diese Aufgabe einer anderen Studie vor-behalten bleiben. Die Ohrringe zeigen einen Verbrei-tungsschwerpunkt im baiuvarischen Gebiet, wobei sich jetzt, bedingt durch die Neufunde aus Waging63 und

32 Koch 1977, 66.33 Drauschke 2011, 373 f. mit Liste 16.34 Keim 2007, 92. Etwas früh greift meines Erachtens die Datie-

rung von U. Koch (2001, 46 mit Anm. 15) für Pleidelsheim, hier ordnet sie flächig cloisonnierte S-Fibeln vom Typ X35 be-reits den Phasen SD 5-6, also dem 2. bzw. 3. Viertel des 6. Jahr-hunderts zu.

35 Sasse/Theune/Vach 1996.36 Knöchlein 2002.37 Knöchlein 2002, 433; Knöchlein 1998, 20. 23 Abb. 9.38 Haas-Gebhard 2013, 26 f.39 Reich 2002, 238.40 Koch 2001, 162.41 Zintl 2004/05; Haas-Gebhard 2013, 23 f.42 Gutsmiedl-Schümann 2010, 58–60.43 Haas-Gebhard 2013, 33.44 Sasse/Theune/Vach 1996, 221 Koch 2001, 46, 162, 70–79.

Reich 2002, 255, Zu den Zeitansätzen vgl. die wichtigen und richtigen Beobachtungen von Zintl 2004/2005, 289. Zu einer zeitlich ähnlichen Einordnung kommt auch Vielitz 2003, 64 ff.

45 Weiß: Grab  174; Gelb: Grab 190, 388; Rotbraun: Grab 361, 388; Dunkelgrün: Grab 388, 630.

46 Grab 172 174, 182, 340, 625.47 Grab 182.48 Grab 172, 182, 190.49 Grab 174.50 Sasse/Theune/Vach 1996, 211 f.51 Koch 2001, 162.52 Koch 1977, Farbtafel 5. Petting Grab 377, 388.53 Petting Grab 388, 630.54 Bott 1952, 127. 134.55 Riemer 2000, 50; Bierbrauer 1987, 147 ff.; Koch 1968, 46, 253

Liste 16.56 Bertram 2002, 170; Riemer 2000, 50.57 Dannheimer 1998, Taf. 1 A.58 Geisler 1998, Taf. 234 f.59 Geisler 1998, Taf. 243.60 Roosens 1980, 56 ff., Abb. 24,1.61 Sage 1984, Taf. 156; Losert 2003, 58 f.62 Fingerlin 1974.63 Grab 21, 68: Archäolog. Staasslg. München Inv. Nr. 2010, 4020

b.c; 2010, 4067 b. c.

Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer

214

Petting64 das Salzburger Becken noch deutlicher als Ver-breitungsschwerpunkt herauskristallisiert. Iuvavum/Salzburg kommt damit eindringlich als Herstellungs- und/oder Verteilerzentrum für Ohrringe vom Typ Al-lach-Untermenzing in Frage65.

Gürtelverschlüsse aus Frauengräbern sind für die Datierung weniger aussagekräftig als diejenigen aus männlichen Bestattungen. Lediglich in einem Fall – Grab  172 – kann eine Gürtelschnalle für die zeitliche Einordnung herangezogen werden. Es handelt sich dabei um eine ovale Kolbendornschnalle mit eingesat-teltem Dorn, die allerdings feinchronologisch kaum genauer als in die letzten beiden Drittel des 6. Jahrhun-derts einzuordnen ist66.

Auch der bronzene Armring aus Grab  388 kann zur Datierung dieses Grabes nichts grundlegend Neues beitragen, vergleichbare Bronzearmringe mit massiven, runden punzverzierten Kolben datieren weitgehend in das 7.  Jahrhundert, wobei einige Stücke durchaus be-reits im späten 6. Jahrhundert vorkommen können67.

Widersprüche zwischen der Grablege und der Fibeldatierung

Eine Diskrepanz zwischen der durch die Fibeln und die anderen Beigaben vorgenommenen Datierung ließ sich nur für zwei Gräber ausmachen: In Grab 630 mit einer Vogelfibel der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts und in Grab 340 mit einer Tierfibel vom Typ Herpes erscheint die Perlengruppe jeweils deutlich jünger als die dazuge-hörige Fibel. Der „Widerspruch“ lässt sich für Grab 340 recht einfach auflösen. Dort ist die Tierfibel stark ab-genutzt, wie man an der Nadelrast sehr gut feststel-len kann (Abb. 12 a1). Sie muss deshalb als ein älteres Stück bezeichnet werden, das wahrscheinlich bereits im 1.  Drittel des 6.  Jahrhunderts hergestellt wurde, aber erst im letzten Drittel des 6. Jahrhunderts ins Grab ge-langte. F. Weindauer hat oben bereits weitere Befunde zusammengestellt, in denen Tierfibeln vom Typ Herpes offensichtlich als Altstücke in Gräber gelangt waren.

Aufgrund der Abnutzungserscheinungen nicht als Altstück bezeichnet werden kann dagegen die Vogelfi-bel aus Grab 630, die ebenfalls mit einem Perlenensem-ble der Gruppe  3 vergesellschaftet vorliegt. Deren Na-delrast zeigt so gut wie keine Abnutzung und auch die Vergoldung auf der Schauseite erscheint nur minimal abgewetzt (Abb. 18 a)68.

Die beobachtete Diskrepanz in der Datierung führte dazu, dass die Perlen dieses Grabes noch einmal detailliert untersucht wurden und auch die übrigen Bei-gaben in diesem Grab sowie der gleichzeitig eingebrach-ten Bestattung Grab 631 einer präzisen chronologischen Studie unterzogen wurden. Neben den Glasperlen fallen in der Perlengruppe Grab 630 besonders die vier man-delförmigen Amethystperlen auf. Diese treten verein-zelt bereits zwar im 6. Jahrhundert auf, doch wäre ihr

Vorkommen bereits im 1.  Drittel dieses Jahrhunderts sehr außergewöhnlich69, im baiuvarischen Raum mit einiger Sicherheit sogar einzigartig70.

Ein ähnliches Statement lässt sich für die am Kopf getragene Nadel aus diesem Grab abgeben: Bronzene Stilusnadeln mit Spatelkopf, die mit verziertem wie unverziertem Schaft vorkommen können, lassen sich zweifellos auf spätrömische Vorbilder zurückführen71. Im frühmittelalterlichen Fundmaterial begegnen derar-tige Nadeln nur vereinzelt bereits zu Beginn72, in gro-ßer Menge dagegen in den letzten beiden Dritteln des 6.  Jahrhunderts73. Auch in Pleidelsheim Grab  126 ist – ähnlich wie in Petting – eine solche Nadel übrigens mit einem deutlich älteren, hier aber stark abgenutz-

Abb. 4. Petting, Lkr. Traunstein. Glasperlen aus Grab 631. M. 1 : 1.

Fibelgräber von Petting

215

ten74 Vogelfibelpaar vergesellschaftet, wobei das übrige Inventar dieses Grabes eindeutig für eine Datierung in das mittlere Drittel des 6. Jahrhunderts spricht75.

Auch die Beigaben des wahrscheinlich gleichzei-tig mit Grab  630 eingebrachten Grabes  631 sprechen für eine Datierung in das letzte Drittel des 6. Jahrhun-derts. Die Kolbendornschnalle ist zwar feinchronolo-gisch nicht präzise datierbar (s. o.) und die Perlen dieses Grabes lassen sich auf den ersten Blick der Kombina-tions gruppe  2 zuordnen (Abb. 4). Auffällig sind in die-sem Ensemble jedoch drei tonnenförmige Perlen von leuchtend oranger Farbe, die in dieser Kombination wie ein akzentuierter, fast möchte man meinen, modischer Farbtupfer wirken. Orangefarbene Perlen kommen in Eichstetten erst in der Kombinationsgruppe 3 (um 600) und in Pleidelsheim in der Kombinationsgruppe D vor, die von Sasse/Theune und U. Koch übereinstimmend in die Zeit um 600 bzw. ab dem frühen 7. Jahrhundert da-tiert werden76. Nach der alten Grundregel „das jüngste Objekt datiert den geschlossenen Fund“ ist das Doppel-grab 630/631 demnach wahrscheinlich gegen Ende des 6.  Jahrhunderts angelegt worden. Die Vogelfibel muss in diesem zeitlichen Zusammenhang als Altstück ange-sehen werden. Über die Ursache, warum sie trotzdem kaum Abnutzungsspuren zeigt, können hier nur Mut-maßungen geäußert werden. Wie jüngste Untersuchun-gen zeigen, waren Fibeln kein „lebenslanger“ Besitz, der einmal erworben und dann immer bei besonderen Gelegenheiten getragen wurden77. Für Altbayern gelang z. B. der Nachweis, dass Mädchen in zartem Alter häufig bereits stark abgenutzte Fibeln trugen, diese also zuvor von einer anderen Frau getragen worden waren78. In vielen Fällen passt auch der Abnutzungsgrad der Fibeln nicht zum beobachteten Sterbealter der Frau79, manch-mal ist auch der Abnutzungsgrad von Fibeln in einem Grabfund ganz unterschiedlich (s. Grab 377, Abb. 14 a, b). Offenbar war es also möglich, den Fibelschmuck im Laufe des Lebens zu variieren. Da wir in den Grabfun-den nur Momentaufnahmen des frühmittelalterlichen Lebens vor uns haben, können wir nicht ausschließen, dass eine Frau über ein gewisses Reservoir an Fibeln ver-fügte, aus dem man sich je nach Anlass – auch perso-nenübergreifend – vielleicht im Rahmen einer Familie bedienen konnte. Welche Fibeln dann für die Grablege verwendet wurden, war sicherlich eine individuelle Ent-scheidung der Hinterbliebenen.

Brigitte Haas-Gebhard

Ergebnisse zum Belegungsbeginn

Wie die Analyse zeigt, liegt der anhand der Fibelgräber bestimmbare Belegungsbeginn der Nekropole von Pet-ting im 2. Viertel bzw. im mittleren Drittel des 6. Jahr-hunderts. Momentan kann noch nicht ausgeschlossen werden, dass sich unter den Grabinventaren ohne Fi-beln auch noch älter zu datierende Bestattungen befin-

den. Mit Petting gelingt uns aber damit in jedem Fall der Nachweis für einen der frühesten Belege baiuvarischer Siedeltätigkeit im oberbayerischen alpennahen Gebiet.

Für diesen frühesten Fibelhorizont steht das Grab 625 mit seiner Vierpassfibel. Grab 630 mit Vogelfi-bel und Grab 340 mit Tierfibel vom Typ Herpes und ro-settenförmiger Granatscheibenfibel sind aufgrund der Vergesellschaftung mit Perlen der Gruppe 3 einer jünge-ren Phase zuzuweisen. Allen diesen Fibeln gemeinsam ist ihre Hauptverbreitung im fränkisch-alamannischen Raum. Während S-Fibeln vom Typ Schwechat-Pallers-dorf überregional verbreitet sind, weisen Grab 459 mit einer S-Fibel vom Typ Sarching, Grab 190 mit dem Bü-gelfibelpaar vom „nordischen Typ“, Grab 182 mit S-Fibel vom Typ Várpalota und Grab 388 mit S-Fibel vom Typ Rácalmás auf einen starken kulturellen Einfluss durch die Langobarden hin – und zwar auch schon vor ihrer Landnahme in Italien. Damit entspricht Petting den aus Waging bekannten Verhältnissen80. Es fällt aller-dings auf, dass Waging mindestens drei Bestattungen mit Vier-, bzw. Dreifibeltracht aufzuweisen hat, Petting hingegen nicht eine einzige. Weiterführende, ethnische Erklärungsmodelle für diesen Befund verbieten sich an-gesichts der fehlenden Vergleichsnekropolen um Salz-burg.

Eine kontinuierliche Nutzung des Bestattungsplat-zes im 7. Jahrhundert beweisen mindestens 43 Männer-

64 Grab 16, 21, 142, 192, 266, 432, 459,577, 603, 682, 700, 707, 712. Archäolog. Staasslg. München Inv. Nr. 2011, 4616 a1-2; 2011, 4621 a; 2011, 4742 a1-2; 2011, 4792 a1-2; 2011, 4866 a1-2; 2011, 5032 a1-2; 2011, 5059 b; 2011, 5177 a; 2011, 5203 a1-2; 2011, 5282 a1-2; 2011, 5300 a1-2; 2011, 5307 a; 2011, 5312 a1-2. Dazu ein weiterer Neufund aus Aufham (Lkr. Berchtesgadener Land) Grab  15. Archäolog. Staatsslg. Mün-chen Inv. Nr. 2012,6667 a.

65 Eine „südbayerische“ Werkstatt unter byzantinischem Ein-fluss vermutete bereits Bott 1952, 138.

66 Koch 2001, 62, 275. Burzler/Höneisen/Leicht/Ruckstuhl 2002, 138 f.; Heege 1987, 40 f.

67 Wührer 2000, 36 f.68 vgl. im Gegensatz dazu die Vogelfibel von Unterhaching

Grab 5, bei der die Vergoldung nur noch in den Vertiefungen des Kerbschnittdekors erhalten blieb: Haas-Gebhard 2013, 102 Abb. 1.

69 Drauschke 2011, 50.70 Zu den ältesten Belegen von Amethystperlen gehören hier die

Grabfunde Altenerding 302, 400 und 1355, die man frühes-tens ab dem 2. Drittel des 6. Jahrhunderts datieren möchte. Erst nach 550 wurden die amethystperlenführenden Gräber Straubing 610 und 786 angelegt: Drauschke 2011, 50 ff.

71 Bierbrauer, 1987, 161.72 Dieue-sur-Meuse, Grab 113: Guillaume 1974/75, 247, Abb. 22,

113,3; vgl. Unterhaching Grab 1: Haas-Gebhard, 2013, 107–109.

73 Koch 2001, 45. 238 f.; 560 f. Liste 19.74 Koch, 2001, 463.75 Koch 2001, 238 ff., Taf. 50.76 Sasse/Theune/Vach 1996, 199. 212; Koch 2001, 163.77 So noch Martin 1987, 280.78 Haas-Gebhard/von Looz 2009.79 Haas-Gebhard 2013, 102.80 Knöchlein 1998, 40–44.

Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer

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gräber mit teilweise spektakulären tauschierten, viel-teiligen Gürtelgarnituren. Diese werden sicherlich in Zukunft ein eigener Gegenstand archäologischer For-schung werden, gerade hinsichtlich ihrer deutlich er-kennbaren kulturellen Verbindungen zum langobardi-schen und byzantinischen Raum.

Das Belegungsende des Gräberfeldes von Petting ist im 1. Viertel des 8.  Jahrhunderts zu suchen, dafür sprechen u. a. acht Gräber mit Klappmessern und einige Frauenbestattungen mit Bommelohrringen.

Rekonstruktion der früh mittelalter-lichen Siedlungsstruktur des Ortes Petting

Der Ortsname Petting begegnet uns zum ersten Mal in einer Salzburger Urkunde für das Jahr 1048 als Petingun

und wird patronymisch gebildet über den Personenna-men Petto81. Die frühmittelalterliche Siedlungsstruktur zeigt eindeutig, dass der Ort Petting direkt auf die zum Ortsgräberfeld zugehörige Siedlung zurückgeht und damit wesentlich älter sein muss, als die historischen Quellen dies belegen.

Schon R.  Knöchlein fiel auf, dass die Lage der Ortskirche St.  Johannis zum alten Ort ungewöhnlich ist. Zwischen dem ursprünglichen Dorfkern und der Dorfkirche gibt es einen bis ins 19.  Jahrhundert rund 500 m großen Abstand, der auch im Katasterblatt der Zeit um 1840 ersichtlich ist (Abb. 5) und auch Mitte des 19.  Jahrhunderts nicht einmal zur Hälfte aufgesiedelt war. Daraus folgerte Knöchlein, dass die frühmittel-alterliche Siedlung Petting beim alten Ortsgräberfeld gelegen habe und nach dem Jahr 700 im Zuge einer Sied-lungsverlagerung etwa 500 m nach Westen an den Bach-lauf des Eisgrabens verlegt worden sei. Die Kirche hät-te man trotzdem an der alten Siedlungsstelle errichtet und zwar „im tieferen Sinne der Redewendung, dass die Kirche im Dorf bleibt“82. Als Beleg für Knöchleins These

Abb. 5. Katasterplan von Petting aus der Zeit um 1840. Das Ortsgräberfeld (Rechtecke rechts), die Pettinger Ortskirche mit Kirchfriedhof (Mitte rechts) und der Separatfriedhof (Rechteck links); dazwischen die deutlich erkennbare Siedlungslücke. o. M.

Fibelgräber von Petting

217

dient ein Separatfriedhof bestehend aus zwei beigaben-losen Hofgrablegen, die 1922 im alten Ortskern auf der westlichen Bachseite des Eisgrabens ans Licht kamen.

Verf. hingegen möchte noch eine andere Deutung zur frühmittelalterlichen Siedlungsstruktur Pettings vorschlagen: Es muss nicht zwangsläufig eine Siedlungs-verlagerung stattgefunden haben; die beiden Fundstel-len könnten auch einen Hinweis auf zwei unterschied-liche Gehöftgruppen des Siedlungsraums Petting ge- ben  – vorausgesetzt es handelt sich bei den nicht da-tierbaren Bestattungen von 1922 tatsächlich um Gräber des frühen Mittelalters. Das Ortsgräberfeld im Osten des Siedlungsraums markiert demnach eine wohl größere und in der Frühzeit bedeutendere Siedlungsstelle, wes-halb hier auch die Kirche errichtet wurde – möglicher-weise kann hier der namengebende Grundherr Petto ver-ortet werden. Der Befund lässt zudem darauf schließen, dass die heutige Kirche mindestens einen frühmittel- alterlichen Vorgängerbau besessen haben könnte, der bereits kurz nach 700 errichtet worden sein dürfte, denn bei einem Bau im 9. oder gar 10. Jahrhundert wäre wohl kaum mehr das alte Siedlungszentrum und mit ihm der traditionelle Bestattungsplatz des Dorfes be-kannt gewesen.

Die beiden beigabenlosen Bestattungen stünden dann für einen Separatfriedhof bei einem zweiten, klei-neren Gehöft im westlichen Siedlungsraum. Vermutlich war die Lage direkt am Eisgraben, der stets frisches Was-ser führte, im Gegensatz zum alten Siedlungsplatz et-was günstiger. Deshalb entwickelte sich die Gehöftgrup-pe im Westen zum heutigen Dorfzentrum, während die Gehöftgruppe im Osten um die Kirche, die aber ausweis-lich des Urkatasters schon immer existiert haben dürf-te – entgegen Knöchleins These einer Siedlungsverlage-rung –, bis in die Neuzeit recht klein geblieben ist.

Eine solche Siedlungsrekonstruktion auf der Basis beigabenloser und damit undatierbarer Bestattungen ist natürlich sehr unsicher, daher möchte Verf. ein ähnli-ches Beispiel aus der Nachbarschaft Pettings anführen, den Fundort Aufham (Lkr. Berchtesgadener Land): Hier liegt die Ortskirche St.  Jakob südlich des Dorfes sepa-rat auf einem Hügel namens Reitberg. Nördlich um sie herum gruppieren sich drei frühmittelalterliche Grä-berfelder – zwei davon erstaunlicherweise ebenfalls im Abstand von 500 m zur Kirche –, bestehend aus dem großen Ortsgräberfeld und zwei kleinen Separatfried-höfen83.

In der Dissertation des Verf. zur frühmittelalterli-chen Besiedlung dieses nördlichen Alpenvorlandes zwi-schen dem 6. und 8. Jahrhundert n. Chr. konnte gezeigt werden, dass diese Siedlungsstruktur – beigabenredu-zierte bis beigabenlose Separatfriedhöfe im Abstand von 500 bis 1000 m vom alten zentralen Bestattungsplatz – im südlichen Oberbayern regelhaft vorkommt. Mehr Klarheit zum Wahrheitsgehalt dieser beiden gegensätz-lichen Thesen bezüglich der frühmittelalterlichen Sied-lungsstruktur Pettings werden aber erst der archäologi-sche Nachweis der merowingerzeitlichen Siedlung und eine Kirchengrabung unter St. Johannis liefern können.

Zur Bedeutung Pettings für die frühmittelalterliche Besiedlung der südlichen Baiuaria

Wie bereits angedeutet, fassen wir mit Petting den Be-ginn der germanischen, in diesem Sinne (vor-)baiuvari-schen, alpennahen Besiedlung Altbayerns. Dazu zählen die heutigen oberbayerischen Landkreise zwischen Lech und Salzach, sowie die daran anschließenden Regionen Salzburg und Tirol84.

Unlängst ist es gelungen, für die Landschaft zwi-schen Ammer und Salzburger Seengebiet insgesamt elf Siedlungskammern nachzuweisen, die spätestens in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts vom Beginn der Sied-lungstätigkeit erfasst worden sind85. Demzufolge fand kein von Norden nach Süden voranschreitender Sied-lungsausbau statt, vielmehr kristallisiert sich ein Ein-setzen im östlichen Bereich des südlichen Oberbayerns heraus. Dieser Ausbau geht aus vom Salzachtal über die Nekropolen von Fridolfing, Petting (beide Lkr. Traun-stein) und Siezenheim (Salzburger Land), vom Chiemsee über die Nekropole von Chieming (Lkr. Traunstein) und vom Taubenberg über die Nekropole von Oberwarngau (Lkr. Miesbach). Nur bei diesen fünf Fundstellen konnte ein Siedlungsbeginn ab der ersten Hälfte des 6. Jahrhun-derts mit einer Kontinuität bis in die späteste Merowin-gerzeit nachgewiesen werden. Eine Ausnahme bildet das Gräberfeld von Chieming, dessen archäologische Nachweisbarkeit mit dem Beginn des 7.  Jahrhunderts endet; wie Verf. aber zeigen konnte, ist dies das Resultat einer unvollständigen Bergung des Friedhofs86.

Als Motor dieser Siedlungsdominanz im Osten – und in unserem Falle natürlich auch für das Gebiet um den Waginger See (Abb. 6) – fungiert das römische Iuvavum/Salzburg als die einzige urbane antike Sied-lung der oben umschriebenen Großregion. Die durch das Christentum bedingte überwiegende Beigabenlo-sigkeit der Salzburger Stadtnekropole führt dazu, dass die Archäologie dieses kulturelle und wirtschaftliche

81 W.-A. Freiherr von Reitzenstein, Lexikon bayerischer Ortsna-men (München 2006) 209.

82 Knöchlein 1998, 84.83 Weindauer 2012, 49–50, 108 und 135, zusammenfassend

zur Siedlungsstruktur 426 u. 434–435. Vgl. dazu Knöchlein 1998, 82. Die beiden von ihm unabhängig voneinander kar-tierten Fundstellen im Osten gehören höchstwahrscheinlich zusammen und markieren die West- und Ostgrenze des gro-ßen Ortsgräberfelds. Bearbeitet wurde das Gräberfeld durch Knöchlein 1997, Katalog im Band II, 128–144.

84 Für Oberbayern sind dies die Landkreise Weilheim-Schongau, Garmisch-Partenkirchen, Starnberg, Bad Tölz-Wolfratshau-sen, Miesbach, Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land, für Salzburg die Gaue Flach-, Tennen- und Pongau, für Tirol das Inntal mit seinen direkten Seitentälern.

85 Eine kurze Zusammenfassung der Dissertationsergebnisse ist kürzlich erschienen im Arch. Nachrichtenbl. 17,2, 2012, 160–164.

86 Weindauer 2012, 36 f.

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Zentrum nicht richtig zu erfassen vermag87. Daher sind wir auf die umliegenden Gräberfelder angewiesen, de-ren Beigabenausstattung zumindest indirekt eine Be-urteilung der wirtschaftlichen und kulturellen Strahl-kraft Salzburgs in frühmittelalterlicher Zeit ermöglicht. Selbstverständlich muss hier immer die ethnische Pro-blematik der reduzierten Beigabentätigkeit seitens der alteingesessenen, romanischen Bevölkerung im Auge behalten werden; schon der Vergleich zwischen den Nachbarorten Waging und Petting offenbart starke re-gionale Unterschiede, die möglicherweise mit einem romanischen Einfluss zu tun haben könnten. Darauf hinweisen könnten die fehlenden Frauengräber mit Vierfibeltracht in Petting. Auffallenderweise erbrach-

ten die großen Nekropolen von Salzburghofen, Aufham und Feldkirchen (alle Lkr. Berchtesgadener Land) nicht eine einzige Fibel. Aus dem großen Gräberfeld von Bad Reichenhall-Kirchberg (Lkr. Berchtesgadener Land) ken-nen wir lediglich eine Bügelfibel88.

Die dichte Befundlage beiderseits der Salzach wird dadurch eingeschränkt, dass bislang kaum eines der Gräberfelder vollständig und nach modernen Ge-sichtspunkten gegraben werden konnte. Zu den nur ausschnittsweise untersuchten Nekropolen im Einzugs-gebiet Salzburgs zählen Fridolfing (Lkr. Traunstein), Siezenheim, Untereching (beide Land Salzburg), Sturz bei Laufen, Salzburghofen (beide Lkr. Berchtesgadener Land), Waging (Lkr. Traunstein), Bruch bei Freilassing

Abb. 6. Die frühmittelalterlichen Fundstellen (farbig) um den Waginger und Tachinger See mit ihren Bezugskirchen (schwarz), darunter Petting und Waging. o. M.

Fibelgräber von Petting

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(Lkr. Berchtesgadener Land), Liefering (Salzburger Land), Feldkirchen, Aufham und Bad Reichenhall-Kirchberg (alle Lkr. Berchtesgadener Land). Die Nekropole samt Siedlung von Grödig (Salzburger Land) ist zwar modern ergraben und großflächig erfasst, doch eine abschlie-ßende Publikation seitens der Salzburger Stadtarchäolo-gie steht immer noch aus89.

Wie bereits erwähnt, fehlt für Petting der Nach-weis einer Bestattung in Vierfibeltracht. Laut der oben abgebildeten Übersicht der Fibelgräber von Petting sind von den insgesamt neunzehn Fibeln siebzehn aus Silber. Die nicht gerade umfangreiche Fibelausstattung ist also keinesfalls Merkmal einer mangelnden Wirtschafts-kraft der Pettinger Bevölkerung im Frühmittelalter.

Damit dürfte klar werden, weshalb die Nekropole von Petting so eine enorme Bedeutung für die Wissen-schaft besitzt. Sie ist wohl die einzige komplett und mo-dern ergrabene Fundstelle aus dem urbanen Einfluss-gebiet Salzburgs, die uns für eine wirtschaftliche und kulturelle Auswertung der gesamten Region zur Verfü-gung steht.

Franz Weindauer

Katalog der Grabfunde

Die Maße der Grabgrube wurden auf der Grabsohle ge-nommen, Osten ist auf den Abbildungen immer unten. Die Perlen sind, sofern nicht anders angegeben, aus Glas, wobei ein opakes Erscheinungsbild selbstverständlich ist und nur ein transluzides erwähnt wird. Millefiori-, Reticella- und Schlierenperlen werden nicht im Detail beschrieben, sondern mittels der von U.  Koch anhand der Gräberfelder von Schretzheim und Pleidelsheim er-arbeiteten Typologie klassifiziert90.

Die Beschreibung der Beigaben orientiert sich an der Lage im Grab (Kopf-/Fußlage). Die Bezifferung bei der Inventarisierung erfolgte jedoch bisweilen nach Objektgruppe, weshalb es im Katalog in der Abfolge zu Trennungen kommen kann, vgl. z. B. Grab 172 für c1) und  c2). Die unrestaurierten Fibeln sind fotografisch und im Röntgenbild dokumentiert.

Doppelgrab 172/173 (Abb. 7)1,4 × 2,4 m, Tiefe 1 m, Grab  172 liegt nördlich von Grab 173.

Grab 172Gestreckte Rückenlage, Kopf im W, linke Hand auf dem Becken. – Inv. Nr. 2011,4772.a1) S-Fibel aus Silber, kerbschnittverziert mit je 3 Gra-nateinlagen, Nadelrast nicht abgenutzt. L.  3,1 cm; Br. 2,2 cm; Gew. 5,3 g; rechts am Schädel.a2) S-Fibel aus Silber, kerbschnittverziert mit je 3 Gra-nateinlagen, Nadelrast nicht abgenutzt. L.  3,1 cm;

Br. 2,3 cm; Gew. 5,5 g; Oberseite oben, am unteren Ende des Brustbeines.b1) 1 Glasperle, türkis luz., quaderf., direkt westlich am Schädel.b2–8) Perlen: 2 kugelige Millefioriperlen M32 (1 fragm.), 1 kugelige Millefioriperle M9, 1 tonnenf., gerippt, dun-kelblau luz. und Reste einer zweiten, 2 tonnenf. Bronze-perlen, zwischen re. Beckenschaufel und re. Ellbogen.b9) 1 Glasperle, langzylindr., rotbraun mit weißem, um-laufenden Zickzackband, innen li. Oberarm.b10) Durchlochte römische Bronzemünze auf dem Brustbein, 7 cm östlich des Kinns.d) Bronzeschnalle mit ovalem Bügel und eingesatteltem Kolbendorn, Br.  3,5 cm, Dorn nach S., oben an der re. Beckenschaufel.c1) Rundstabiger Eisenring. Dm.  4,9 cm am linken Handgelenk.Zum Gürtelgehänge gehören wahrscheinlich:e) Eisenschere in 3  Fragm. L.  15,8 cm, außen am li. Oberschenkel, Spitze nach W.f) Eisenmesser. L. 15,6 cm, außen am li. Oberschenkel, östlich von e), Spitze nach O.g) Doppelkonischer Spinnwirtel aus Ton. H. 1,1 cm, au-ßen am li. Unterschenkel.h1–2) stäbchenförmiges Bronzefragment. L. 3,7 cm und runder, kugeliger, eiserner Nietkopf, Dm. 3 cm, direkt östlich des Spinnwirtels.c2) Bandförmiger Bronzering. H.  2,1 cm; Dm.  3,3 cm; östlich des linken Fußes.

Grab 173Gestreckte Rückenlage, Kopf im W, linke Hand auf dem Becken, im Oberkörperbereich durch Beraubung stark gestört. – Inv. Nr. 2011,4773.a) Eiserne Spatha, südlich am Körper, Spitze nach  W, Griff etwa in Schulter-, Spitze in Kniehöhe.b) Eisenmesser. L. 14 cm, westlich des rechten Becken-knochens, Spitze nach NO.

87 Eine Übersicht zum Forschungsstand der Salzburger Stadtne-kropole bietet bislang nur Weindauer 2012, 227–229. 430 f. mit einer Zusammenfassung der bisher veröffentlichten Lite-ratur S. 560. Zuletzt erschienen sind: R. Kastler/B. Tober, SG Salzburg, KG Stadt Salzburg, Abt. Innere Stadt. FÖ 42, 2003, 728 f.; Dies., Eine vergoldete Scheibenfibel. Neue Zeugnisse zur Salzburger Siedlungsgeschichte zwischen den Hll. Rupert und Virgil. In: Das Kunstwerk des Monats 17 Bl. 199, 2004, 1–4; Dies., Frühmittelalterliche Bestattungen aus den Not-grabungen 2003–2004 im Kardinal Schwarzenberg-Haus, der sog. „Domgarage“. Salzburg. Beitr. Mittelalterarchäologie in Österr. 21, 2005, 131–140.

88 Knöchlein 1997 u. Bertram 2002.89 vgl. hierzu außerdem: Ronald Knöchlein, Völkerwanderung

und Bajuwarenzeit im Rupertiwinkel. In: Archäologie beider-seits der Salzach. Bodenfunde aus dem Flachgau und Ruper-tiwinkel (Salzburg 1996), 116; F.  Moosleitner, Der Flachgau im Frühmittelalter. In: Ebd., 130–136; Ders., IV. Die Merowin-gerzeit. In: H. Dopsch (Hrsg.), Geschichte Salzburgs (Salzburg 1981) 105–121.

90 Koch 1977, 2001.

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Grab 174 (Abb. 8)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Der rechte Arm und das Becken scheinen zu fehlen; das Grab im Oberkör-perbereich offenbar gestört. 0,9 × 2 m, Tiefe 1 m. – Inv. Nr. 2011,4774.a1) S-Fibel aus Silber, vergoldet, kerbschnittverziert mit je 3  Granateinlagen, Nadelrast stark abgenutzt. L. 2,8 cm; B. 1,7 cm; Gew. 5 g. Östlich des Kinns auf dem Brustbein, Oberseite oben.a2) S-Fibel aus Silber, vergoldet, kerbschnittverziert mit je 3  Granateinlagen, Nadelrast stark abgenutzt. L. 2,8 cm; B 1,8 cm; Gew. 5,8 g; auf dem re. Rippenbogen, Oberseite oben.b1) Schwarze Glasperle mit verzierter Oberfläche und 2  Durchlochungen, Oberseite oben, südl. von a1)  im Brustbereich.

b2–53) Perlen: 1  Millefioriperle, sechsflächig prisma-tisch M89, 1 dunkelblau gedr. kugelig mit weißen Fle-cken, 2 gedr. kugelig, gerippt, luz. dunkelblau, 1 scheib-chenf., luz. dunkelblau, 1  gedr. kugelig gerippt, luz. gelbgrün, 1 scheibchenf., luz. hellgrün, 2 scheibchenf., hellgrün, 1  zylindr., weiß, 1  fünfflächig prismatisch, weiß, 4  gedr. kugelig gelb, 11  scheibchen – tonnenf., gelb, 10 scheibchen – tonnenf., rotbraun, 3 scheibchenf., rotbraun mit gelber Wellenlinie, 1 scheibchenf., gerippt, rotbraun mit gelber Wellenlinie, 1 gedr. kugelig, weiß mit 2  sich kreuzenden roten Wellenlinien und gelben Pünktchen auf den Wellenlinien, 1 gedr. kugelig, dun-kelblau luz. mit 2 sich kreuzenden gelben Wellenlinien, 1 langzylindr., rot, 1 langzylindr., blau, 2 Bernsteinper-len, 1 Bergkristallperle, 1 gerippte Bronzeperle, fragm., zur Hälfte erhalten im Schädel/Brustbereich verstreut.

Abb. 7. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 172/173. Grabplan M. 1 : 20; Funde aus Grab 172: a1) a2) Silber, Granate. b)1 – b9) Glas, Bronze. M. 1 : 1.

Fibelgräber von Petting

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b54) Bronzefragm. L. 2,5 cm, mitten auf der Brust.b55) Silberner Haken mit Öse. L.  3,2 cm; Gew.  1,29 g. Öse im Osten im Rippenbereich.c) 2 eiserne Fragmente, möglicherweise von einer Gür-telschnalle. L. 3 und 2,2 cm, mitten auf der Brust.

Grab 182 (Abb. 9)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Das Skelett fast voll-ständig erhalten. Da die Grabzeichnung im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege nicht auffindbar war, existieren keine Lagebeobachtungen zu den Beigaben.1 × 2,2 m, Tiefe 1,77 m. – Inv. Nr. 2011,4782.

a1–2) 2 S-Fibeln aus Bronze, kerbschnittverziert mit je 5 Granateinlagen, Nadelrast abgenutzt. L. je 3 cm, B. 2,2 u. 2,3 cm; Gew. 5,5 u. 6,3 g.b1–46) Perlen: 1  tonnenf. Reticellaperle Schretzheim Gruppe 48,7, 1 gedr. kugelige, Millefioriperle M84, 1 zy-lindr, gelbgrün luz. mit opak gelbem Zickzackfaden und Randfäden, 1 Silberüberfangperle, 19 scheibchenf. – gedr. kugelig, gelb, 2 tonnenf., braun, 4 gedr. kugelig – tonnenf. rotbraun, 6 gedr. kugelig, schwarz, 8 Fragm., gedr. kugelig braun, 1 gedr. kugelig, blau luz., 2 Bern-steinperlen (1 fragm.).c) Gürtelschnalle aus Bronze mit rechteckigem Bügel und festem, rechteckigem Beschlag. Br. 2,9 cm.

Abb. 8. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 174. Grabplan. M. 1 : 20; Funde a1) a2) Silber, vergoldet, Granate. b1) – b53) Glas, Bernstein, Bergkristall, Bronze. M. 1 : 1.

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Grab 190 (Abb. 10)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Nur noch der rechte Ober- und Unterarm sowie beide Oberschenkel, Schien- und Wadenbeine samt Fußknochen und geringe Res-te des rechten Beckens in Originallage befindlich. Der Brustbereich dagegen durch Beraubung komplett ge-stört, dort befanden sich verlagerte Beckenschaufel, Schädel und Langknochenfragmente. Grab 190 wird fast deckungsgleich von Grab 180 überlagert und wurde of-fenbar im Zuge dessen Anlage beraubt.1,0 × 2,3 m, Tiefe 1,55 m. – Inv. Nr. 2011,4790.a1) Bügelfibel aus vergoldetem Silber, mit rechteckiger Kopfplatte, drei seitlichen und fünf zentralen Knöpfen, ovaler Fußplatte mit einzoniger Kerbschnittfläche und halbrund zulaufendem Tierkopffuß, Nadelrast deutlich abgenutzt. L. 7,2 cm; Br. 3,6 cm; Gew. 26,5 g. Zwischen den Oberschenkeln nahe am li. Oberschenkel, Kopfplat-te nach O.a2) Bügelfibel aus vergoldetem Silber wie a1), Nadelrast deutlich abgenutzt. L. 7,2 cm; Br. 3,6 cm; Gew. 26,9 g. In gleicher Ausrichtung direkt östlich von a1).Im gestörten Oberkörperbereich lagen: b1)  Glasperle, gedr. kugelig, gelb; e2) runder Bronzeniet, Dm. 0,9 cm.Im gestörten Bauchbereich fanden sich noch e3) Bron-zebeschlag mit Stiftöse, rund mit 2 geraden Fortsätzen, L. 1,8 cm; i) Eisenfragment und f) Fragmente eines zwei-zeiligen Dreilagenkammes aus Knochen, Griffleiste mit Kreisaugen, Halbkreisbögen und Linien verziert.e1) Gürtelschnalle aus Bronze mit ovalem rundstabigen Bügel und Eisendorn, Br.  3,6 cm; auf der rechten Be-ckenschaufel, Dorn in N-S-Richtung.b2–6) Perlen: 1 gedr. kugelig, gelb, 1 fünfflächig prisma-tisch, gelb, 1 gedr. kugelig rotbraun, 1 tonnenf., weiß, 1  langzylindrisch, braun mit umlaufendem Wellenfa-

den, in O-W-Ausrichtung direkt nördlich der Gürtel-schnalle. Zum Gürtelgehänge in Kniehöhe außen neben dem li. Knie gehörten.c1) Rundstabiger Bronzering, max. Dm. 5,5 cm.c2) Rundstabiger Bronzering, max. Dm. 6 cm.c3) Weitere Fragmente des Beinkammes (f).c4) Eisenfragm.d1–3) organische Reste.g) Bergkristallkugel. Dm. 2,9 cm zwischen den Knien.h) Doppelkonischer Spinnwirtel aus Ton. H.  1,6 cm, zwischen den Füßen.

Grab 311 (Abb. 11)Wahrscheinlich gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Le-diglich die Unterschenkel- und Fußknochen befanden sich noch in situ, alle anderen Knochen durch Berau-bung stark verworfen; im westlichen Teil der Grabgrube befand sich ein weiterer Schädel.0,8 × 1,7 m, Tiefe 1,38 m. – Inv. Nr. 2011,4911.a) S-Fibel aus Bronze, kerbschnittverziert, Nadelrast ab-genutzt. L. 2,9 cm; Br. 1,9 cm; Gew. 7,4 g; im ehemaligen Brustbereich.b) Mehrere Fragm. einer eisernen Gürtelschnalle mit ovalem Bügel im ehemaligen Beckenbereich, Bügelbr. ca. 4 cm, Dorn in N-S-Richtung.

Grab 340 (Abb. 12)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Im SO geringfügi-ge Überlagerung mit dem gestörten Grab 338. Grab 340 scheint jünger zu sein.

Abb. 9. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 182. Funde a1) a2) Bronze, Granate. b1) – b46) Glas, Bernstein. M. 1 : 1.

Fibelgräber von Petting

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Abb. 10. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 190. Grabplan. M. 1 : 20; Funde a1) a2) Silber, vergoldet. b1) – b6) Glas. M. 1 : 1.

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0,55 × 2 m, Tiefe 1,57 m. – Inv. Nr. 2011,4940.a1) Tierfibel aus Silber, kerbschnittverziert, Nadelrast deutlich abgenutzt. L. 2,5 cm; Br. 1,7 cm; Gew. 5,6 g. Auf der Brust.a2) Granatscheibenfibel, Silber, mit 12 Granateinlagen. Dm. 2,8 cm; Gew. 8,9 g. Rechts am Kinn.b1–111) Perlen: 13  Bernstein, 1  langzylindrisch, grau-grün, 2  langzylindrisch, dunkelblau luz., 1  langzylin-drisch, 5  Silberüberfangperlen, 1  gedr. kugelig gelb, 37 scheibchenf. gelb, 1 gedr. kugelig rotbraun, 29 scheib-chenf. rotbraun, 12 Miniaturperlchen, schwarz, 4 scheib-chenf., leuchtend grün, 4 gedr. kugelig, dunkelblau luz., 4 spindelförmige Millefioriperlen, 2 polyedrische Mille-fioriperlen M 95, eng am Hals anliegend.c1.11) mehrere Metallteile im Beckenbereich: rundsta-biger Bronzering Dm.  5 cm; bandförmiger Eisenring Dm. 5 cm; weitere Reste von eisernen Ringen bzw. Ket-tengliedern.c2–10) Perlen: 2 scheibchenf., dunkelblau luz., 1 gedr. kugelig, gerippt, dunkelblau luz., 1 scheibchenf., gelb-grün luz., 1  gedr. kugelig, gerippt, hellgrün, 2  scheib-chenf., dunkelblau luz. mit gelbem Wellenfaden, 1 Mille- fioriperle, gedr. kugelig M 77, 1 Millefioriperle, sechsflä-chig zylindr. M 59, in O-W-Reihung direkt südlich der Wirbelsäule im Bauchbereich.c12) Durchbohrte Bronzescheibe. Dm.  2,3 cm rechts auf der Brust.c13) Mehrere Eisenfragmente. Max. L. 3 cm, rechts auf der Brust.

Grab 361 (Abb. 13)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Der linke Arm ist durch den Baggereinsatz verzogen.0,65 × 1,95 m, Tiefe 1,22 m. – Inv. Nr. 2011,4961.a1) S-Fibel aus vergoldetem Silber, kerbschnittverziert mit 3  Granateinlagen, Nadelrast deutlich abgenutzt. L. 2,7 cm; Br. 1,9 cm; Gew. 6,9 g. Auf der Brust, Nadel in O-W-Richtung.a2) S-Fibel aus vergoldetem Silber, kerbschnittverziert mit 3  Granateinlagen, Nadelrast deutlich abgenutzt. L. 2,8 cm; B. 1,9 cm; Gew. 5,9 g. Direkt am Hals.b1–16) Perlen: 3 Bernsteinperlen (1 fragm.), 4 gedr. ku-gelig rotbraun, 2 kurz zylindr., rotbraun, 1 gedr. kugelig, weiß mit 3 grünen Punkten, 1 scheibchenf., schwarz mit weißem Wellenband, 1 gedr. kugelig, weiß mit 3 schwar-zen Punkten, 1 gedr. kugelig, gerippt, honiggrün. 3 Sil-berüberfangperlen.c) fragmentierte ovale Gürtelschnalle aus Eisen, Maße nicht bestimmbar, auf der rechten Beckenschaufel.

Grab 377/378 (Abb. 14)1,2 × 2,05 m, 0,9 m tief. Grab 378 liegt nördlich von 377.

Grab 377Gestreckte Rückenlage, Kopf im W, linke Hand auf dem Becken. Kopf- und Brustbereich wirken leicht gestört, Schädelfragmente sind nach Norden verlagert. Eine Be-raubung kann nicht ausgeschlossen werden.

Abb. 11. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 311. Grabplan. M. 1 : 20; Fund a) Bronze M. 1 : 1.

Fibelgräber von Petting

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Abb. 12. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 340. Grabplan. M. 1 : 20; Funde a1) a2) Silber, Granate. b1) – b111) Glas, Bernstein. c2) – c10) Glas. M. 1 : 1.

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Inv. Nr. 2011,4977.a) Bügelfibel aus vergoldetem Silber, mit halbrunder Kopfplatte mit 10  Knöpfen, ovaler Fußplatte mit ein-zoniger Kerbschnittfläche und massivem Tierkopffuß mit geradem Abschluss, Nadelrast nicht abgenutzt. L.  10,4 cm; Br.  4,1 cm; Gew. 39,1 g. Innen am li. Ober-schenkel, Kopfplatte nach O.b) S-Fibel aus vergoldetem Silber, kerbschnittver-ziert, Nadelrast stark abgenutzt. L.  2,4 cm; Br.  1,7 cm; Gew. 3,9 g. Nördlich des li. Oberarms, verlagert.Folgende Objekte lagen in O-W-Richtung mitten auf der Brust:c1) Melonenperle, hellgrün luz., c2)  fragm. Millefio-riperle, nicht abgebildet, c3)  bandförmiger Fingerring mit Ritzverzierung aus Silber, Dm. 2,1 cm; Gew. 4,52 g, c4)  1  Perle, kurz zylindr., braun, 2  gelbe Randstreifen und stark verzogene weiße Fadenauflage Schretz-heim Gruppe 58,12, c9)  Rundstabiges Eisenringchen, Dm. 1,5 cm.Im Beckenbereich, in der Nähe der linken Hand fanden sich:c6) 2 Perlen: 1 keltische Augenperle, gelb mit weiß-blau-em Auge, 1 scheibchenf. blaugrün luz., fragm. (nicht ab-gebildet), c7) Römische Bronzemünze, c8) Rundstabiger Eisenring, Dm. 4,5 cm.c5) 1 großer Glaswirtel, hellgrün mit weißer Fadenauf-lage, Dm. 4,7 cm, zwischen den Knien.d1) Eiserne Gürtelschnalle mit ovalem Bügel, Br. 4 cm, im Beckenbereich, Dorn in N-S-Richtung.

d2) 3  Eisenfragmente im Beckenbereich. L.  2,7; 2,8 u. 3,5 cm.e) Schildförmiger Zierniete aus Silber. L.  1,8 cm; Gew. 2,14 g. Östlich des re. Fußes.

Grab 378Gestreckte Rückenlage, Kopf im W.Inv. Nr. 2011,4978.a1–43) 3  Silberüberfangperlen, 7  gedr. kugelig gelb (1 fragm.), 7  gedr. kugelig bis scheibchenf., hellgrün, 8 gedr. kugelig bis scheibchenf. rotbraun, 2 Bernstein-perlen, 16 Miniaturperlen, dunkelbraun – schwarz, im Halsbereich.a44–47) 4  große Perlen: 1  scheibchenf., hellgrün luz., 1  tonnenf., hellgrün luz. 2  kugelige Millefioriperlen M27, zwischen den Oberschenkeln.b) Ovale eiserne Gürtelschnalle, Br. 4 cm, mitten im Be-cken.c) Eisenmesser, L. noch 10,8 cm, innen auf dem re. Be-cken.d) Eisenfragm., L.  noch 5,3 cm, zwischen den Ober-schenkeln.e1–2) 2 kleine Eisenschnallen mit ovalem Bügel, Br. je 1,8 cm, zwischen den Oberschenkeln.

Abb. 13. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 361. Grabplan. M. 1 : 20; Funde a1) a2) Silber, vergoldet, Granate. b1) – b16) Glas, Bernstein. M. 1 : 1.

Fibelgräber von Petting

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Abb. 14. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 377/378. Grabplan M. 1 : 20; Funde aus Grab 377: a) b) Silber, vergoldet. c1) c4) – c6) Glas. M. 1 : 1.

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Abb. 15. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 388. Grabplan M. 1 : 20; Funde a) Bronze, Granate. b1) – b44) d) Glas, Bernstein, Bronze, Perlmutt. M. 1 : 1.

Fibelgräber von Petting

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Grab 388 (Abb. 15)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W, Schädel leicht nach W verlagert.0,6 × 2,0 m, 1,14 m tief.Inv. Nr. 2011,4988.a) S-Fibel aus Bronze, kerbschnittverziert mit mindes-tens 7 flächigen Granateinlagen, Nadelrast nicht abge-nutzt, L. 3,6 cm, B. 3 cm, 14,9 g; direkt südlich am Hals.b1–44) Perlen: 2 zylindr, rot, Schretzheim Gruppe 58,2, 1 kugelig, rot, Schretzheim Gruppe 55, 3,2 zylindr, rot, Schretzheim Gruppe 58,7, 1 kugelig, braun mit weißer und roter Fadenauflage, durch Einstiche verzogen, gel-be Rand und Mittellinien, 2 kurz zylindr. rot mit weißen Schlieren, gelbe Rand- und Mittellinien, 2 scheibchenf., rotbraun mit gelbem Wellenfaden, 1 scheibchenf., rot-braun mit weißem Wellenfaden, 2 gedr. Kugelige Mille-fioriperlen M27, 1 zylindr., rotbraun mit gelbem Wellen-faden, 2  spindelf. Millefioriperlen M96, 3  polyedrisch, grün mit 4  rot-weiß-blauen Millefioriaugen Schretz-heim Gruppe 9,3 (eine davon fragm.), 2  siebenflächig prismatische Millefioriperlen M88, 1  lang zylindr. weiß mit rotbrauner und schwarzer, umlaufender Fadenauf-lage, 1 langzylindr. rotbraun mit eng gekreuzten weißen Wellenfäden und schwarzen Mittelpunkten, 1 quaderf., dunkelgrün, 1  gedr. kugelig hellgrün, 1  gedr. kugelig, dunkelgrün, 1  quaderf. dunkelblau luz., 1  gedr. kuge-

lig rotbraun, 4  gedr. kugelig, gelb, 1  fünfflächig pris-matisch, gelb, 2  fünfflächig prismatisch, grün, 1  fünf-flächig prismatisch, rotbraun, 1  doppelkonisch weiß, 1 doppelkonisch rotbraun, 1 scheibchenf., honigfarben luz., 2  Bronzeblechhülsen, 2  Bernsteinperlen, 1  Perl-muttscheibchen, 1 profilierte Bronzeperle.b45–47) 3 gelochte römische Bronzemünzen im linken Bauchbereich.c) rundstabiger Kolbenarmring aus Bronze, Dm. 6 × 6,6 cm; am linken Handgelenk.Zwischen den Oberschenkeln lagen folgende Gegen-stände:d) 2 Perlen, gedr. kugelig gelb.e) zweizeiliger Dreilagenkamm aus Bein, die Griffplatte fischgrätartig verziert; dazu teile eines Futterals, ver-ziert mit kreisaugengefüllten Kreisbögen.f) Eisenmesser, L. 14,5 cm.Nördlich des linken Knies befanden sich folgende Ge-genstände:g1) Bronzeblechhülse, L. 1,7 cm.g2) Rundstabiger Bronzering, Dm. 2,7 cm.g3) Eisenfragmente von Ringen oder Kettengliedern; tropfenförmiges Bronzeblechfragment mit senkrechter Schlitzung und bandförmigem Querschnitt, L. 3,5 cm.g4) durchbrochen gearbeiteter Riemendurchzug aus Bronze, Br. 2,2 cm.

Abb. 16. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 459. Grabplan M. 1 : 20; Funde a) b) Silber. c1) – c19) Glas. M. 1 : 1.

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Grab 459 (Abb. 16)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Lediglich die oberen und unteren Extremitäten liegen in situ, die Knochen des Bauch/Beckenbereiches scheinen weitgehend vergangen zu sein, der Schädel ist verworfen. Eine Beraubung kann nicht sicher ausgeschlossen werden.0,55 × 1,9 m, 1,81 m tief. – Inv. Nr. 2011,5059.a) S-Fibel aus Silber, kerbschnittverziert mit 2 verlore-nen Granateinlagen, Nadelrast nicht erhalten. L. 2,8 cm, Br. 2 cm, Gew. 3,1 g; auf der Brust.b) Körbchenohrring aus Silber vom Typ Allach-Unter-menzing, Dm. des Reifes 3 × 3,2 cm, Körbchenl. 0,9 cm; Gew. 4,5 g; nördlich an den Schädelknochen (Abb. 4).c1–19) Perlen: 4  tropfenförmig, dunkelblau luz, 1  ku-gelf., dunkelblau luz., 1  quaderf., dunkelblau luz., 2  langzylindr., dunkelblau luz., 2  gedr. kugelig, gelb und ein Fragm., gelb, 3 gedr. kugelig, rotbraun, 1 gedr.

kugelig braun, 2 gedr. kugelig grün, 1 Doppelperle, gedr. kugelig, schwarz; im Halsbereich.d) eiserne Gürtelschnalle mit rechteckigem, geschweif-ten Bügel. Max. Br. 3,8 cm, im Beckenbereich.

Grab 625 (Abb. 17)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W, das Skelett ist sehr schlecht erhalten.0,65 × 1,95 m, Tiefe 1,41 m. – Inv. Nr. 2011,5225.a) Vierpassfibel aus vergoldetem Silber, kerbschnittver-ziert mit 5  Granateinlagen, Nadelrast deutlich abge-nutzt, Dm. 2,4 cm, Gew. 4,9 g; direkt am Hals nördlich des Schädels.b1–41) Perlen: 1 Bernsteinperle, 4 Silberüberfangperlen, 4  scheibchenf., gelb, 1  tonnenf., gelb, 1  Doppelperle,

Abb. 17. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 625. Grabplan M. 1 : 20; Funde a) Silber, vergoldet, Granate. b41) – b44) Glas, Bernstein.

Fibelgräber von Petting

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kurz zylindr., gelb, 7 scheibchenf., rotbraun, 7 gedr. ku-gelig, rotbraun, 1  Doppelperle, gedr. kugelig schwarz, 3 Miniaturperlen, gedr. kugelig, schwarz, 1 kurz zylindr., grün luz., 8  gedr. kugelig, leuchtend grün, 1  polyedr. Millefioriperle, fragm., M 95; im Halsbereich.b 42–44) 1 gedr. kugelige Millefioriperle M 34, 1 tonnenf., rotbraun, ehemals Fadenauflage in gelb, Muster nicht erkennbar, 1 gedr. kugelig rotbraun, ehemals Fadenauf-lage, Muster nicht erkennbar, innen am li. Ellbogen.c1) Ovale Bronzeschnalle mit flachem Bügel, Br. 2 cm, innen am re. Unterschenkel.c2) Hülsenförmige Riemenzunge aus Silber, L.  3,9 cm, Gew. 4,88 g, außen am li. Unterschenkel.Zum Gehänge gehörten:

d) Eisenmesser, L. 14,7 cm, außen neben dem li. Ober-schenkel.e1) Rundstabiger Eisenring, Dm.  3,7 cm, am Messer-griff.e2) Rundstabiger Eisenring, Dm. 3,8 cm, an der Messer-spitze.e3) Bronzeblech, L. 2,5 cm, außen neben dem li. Unter-schenkel.

Grab 630/6311,3 × 2,15 m. Tiefe 1,51 m.Unter Grab  628 angelegt, Grab  631 liegt nördlich von Grab 630.

Abb. 18. Petting, Lkr. Traunstein. Grab 630/631. Grabplan M. 1 : 20; Funde aus Grab 630: a) Silber, vergoldet, Granat. b1) – b31) Glas, Bernstein, Amethyst. g2) – g4) Glas. M. 1 : 1.

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Grab 630 (Abb. 18)Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Knochenreste süd-lich des Unterarms könnten von einer Kinderbestat-tung stammen, sind aber noch nicht anthropologisch bestimmt.Inv. Nr. 2011,5230.a) Vogelfibel aus vergoldetem Silber, kerbschnittver-ziert, Nadelrast nicht abgenutzt. L.  2,9 cm; Br.  1,4 cm; Gew. 4,2 g; auf der Brust, Nadel in N-S-Richtung.b1–31) Perlen: 3  Bernsteinperlen, 2  doppelkonisch, rotbraun, 5  gedr. kugelig, rotbraun, 2 Miniaturperlen, schwarz, 3  Silberüberfangperlen, 4  scheibchenf., gelb, 1  kurzzylindr., dunkelgrün luz, 7  gedr. Kugelig, grün luz., 4 Amethystperlen, flach mandelförmig.c1) Bronzeschnalle mit rechteckigem, zweifach vernie-tetem Laschenbeschlag, Schnallenbr. 1,9 cm; L. 2,7 cm, außen am li. Fuß.c2) Bronzeschnalle wie c1), fragm., am re. Fuß.d) eiserne Gürtelschnalle mit eingezogenem, im Quer-schnitt flachen Bügel, Br. 4,5 cm; dabei 2 runde, punz-verzierte Silberniete mit gemeinsamen, schmalrecht-eckigen Gegenblech aus Bronze, Dm. der Niete 1 cm, Gesamtgew. 2,58 g; mitten im Becken.e) Bronzenadel, das obere Ende abgeflacht, im oberen Schaftdrittel rillenverziert, L. 10 cm; direkt nördlich am Schädel.f) zweizeiliger Dreilagenkamm aus Bein; am linken Fuß.Im Bauchbereich lagen:g1–3) Römische Bronzemünze, 2 Perlen, gedr. kugelig, gelb; im linken Beckenbereich befanden sich g4) 1 gedr. Kugelige Millefiorperle M 27; g5) Fragm. einer gleichsei-tigen Emailscheibenfibel der mittleren Kaiserzeit (frdl. Bestimmung B. Steidl, Archäolog. Staatsslg. München), L. 5,1 cm.Zwischen den Knien lagen g6–7) 2 rundstabige Eisenrin-ge, Dm. 7 und 3,5 cm.h) BS eines Glasgefäßes, bläulich.

Grab 631Gestreckte Rückenlage, Kopf im W. Der li. Arm und der rechte Unterarm fehlen.Inv. Nr. 2011,5231.a1–66) Perlen: 27  scheibchenf. bis gedr. kugelig, rot-braun, 16  scheibchenf., grün, 13  scheibchenf. gelb, 7 gedr. kugelig dunkelblau luz., 3 kurz zylindr. orange, im Halsbereich a67) 1 gedr. kugelig, gerippt, honigfar-ben luz. innen am re. Ellbogen (Abb. 5) a68) Gelochte rö-mische Bronzemünze, innen am re. Ellbogen.b) Rechteckige Bronzeschnalle mit Beschlag, Schnal-lenbr. 1,5 cm, Beschlagbr. 1,6 cm, außen neben dem li. Knie.c) Ovale Bronzegürtelschnalle mit ovalem Bügel und Dorn mit runder, kreuzverzierter Basis, Br. 3,5 cm, im Becken, Dorn in N-S-Richtung.d) Eisenmesser, 7 Fragmente, auf dem li. Oberschenkel knapp oberhalb des Knies, Spitze nach O.e1) Rundstabiger Eisenring, Dm 4,8 cm, innen am li. Oberschenkel.

e2) Rundstabiger Eisenring, Dm 3,3 cm, außen am li. Oberschenkel.e3) Achterförmiges eisernes Kettenglied, L.  2,7 cm, an der Messerspitze. Brigitte Haas-Gebhard und Franz Weindauer

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AbbildungnachweisAbb. 1: Kartengrundlage Archäolog. Staatsslg. München (Aus-schnitt).Abb. 2: B. Haas-Gebhard.Abb. 3: nach: Fehr/Suhr 2008, LXI mit Ergänzungen.Abb. 4: Foto: St. Friedrich, Archäolog. Staatsslg. München.Abb. 5: nach Knöchlein 1998, 83 Abb. 49.Abb. 6: Kartengrundlage nach Topographischer Atlas Bayern (Mün-chen 1968) 285 (Ausschnitt).Abb. 7–18: Grabzeichnungen: Bayer. Landesamt f. Denkmalpfl.; Grafische Umsetzung und Montage der Abbildungen Dr. G.  Sorge; Röntgenbilder: P.  Albert; Fotos: St.  Friedrich, alle Archäolog. Staatsslg. München.