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Hydrogeologische Modelle - Hilfsmittel für die Planung am Beispiel des Brenner Basistunnel Ulrich BURGER, Lorenz SAN NICOLÒ, Detlef BÖSEL und Paolo PERELLO 1 Projektübersicht 1.1 Technisches Projekt Der Brenner Basistunnel (BBT) soll gemäß Planungsstand Jänner 2007 ab 2020 als ca. 55 km langer Eisenbahntunnel Innsbruck auf österreichischer Seite (587 m ü.M.) mit Fran- zensfeste auf italienischer Seite (748 m ü.M.) verbinden und somit zur Entlastung der der- zeitigen Infrastrukturen dienen, die über den Brenner Pass (1.374 m ü.M.) führen (Abbil- dung 1). Der zwei-röhrige Tunnel ist sowohl für Güter- als auch Personentransport ausge- legt, sein Scheitelpunkt liegt am Brenner Pass auf einer Meereshöhe von ca. 813 m ü.M. Beim Bau sind mehrere Zufahrtsstollen geplant (Ahrental, Wolf, Pfitsch, Mauls), jene die dabei in die drei geplanten Multifunktionsstellen einmünden, dienen während des Betriebs als Rettungsstollen. Zur Detailerkundung des Baugrundes auf Tunnelniveau sind in mehreren Abschnitten Pi- lotstollen angedacht, die als ca. 10m tiefer liegende Stollen mittig zwischen den beiden Hauptröhren des BBT, welche einen Abstand zwischen 40 und 70m haben, vorab aufgefah- ren werden sollen. Die Pilotstollen werden bei Ausführung des Hauptprojektes vorab ver- bunden, die dadurch entstehende zentrale und mittig liegende Röhre dient beim Bau und Betrieb der Haupttunnel als Servicestollen. Abb. 1: Trassenführung des BBT inklusive Rettungsstollen der Umfahrung Innsbruck, Zufahrtsstollen Ahrental, Wolf, Pfitsch und Mauls sowie den Servicestollen Aicha. Die Trasse verläuft durchgehend östlich des Sill- und Wipptales.

Hydrogeologische Modelle -Hilfsmittel für die Planung am Beispiel des Brenner Basistunnel

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Hydrogeologische Modelle - Hilfsmittel für die Planung am Beispiel des Brenner Basistunnel

Ulrich BURGER, Lorenz SAN NICOLÒ, Detlef BÖSEL und Paolo PERELLO

1 Projektübersicht

1.1 Technisches Projekt

Der Brenner Basistunnel (BBT) soll gemäß Planungsstand Jänner 2007 ab 2020 als ca. 55 km langer Eisenbahntunnel Innsbruck auf österreichischer Seite (587 m ü.M.) mit Fran-zensfeste auf italienischer Seite (748 m ü.M.) verbinden und somit zur Entlastung der der-zeitigen Infrastrukturen dienen, die über den Brenner Pass (1.374 m ü.M.) führen (Abbil-dung 1). Der zwei-röhrige Tunnel ist sowohl für Güter- als auch Personentransport ausge-legt, sein Scheitelpunkt liegt am Brenner Pass auf einer Meereshöhe von ca. 813 m ü.M. Beim Bau sind mehrere Zufahrtsstollen geplant (Ahrental, Wolf, Pfitsch, Mauls), jene die dabei in die drei geplanten Multifunktionsstellen einmünden, dienen während des Betriebs als Rettungsstollen.

Zur Detailerkundung des Baugrundes auf Tunnelniveau sind in mehreren Abschnitten Pi-lotstollen angedacht, die als ca. 10m tiefer liegende Stollen mittig zwischen den beiden Hauptröhren des BBT, welche einen Abstand zwischen 40 und 70m haben, vorab aufgefah-ren werden sollen. Die Pilotstollen werden bei Ausführung des Hauptprojektes vorab ver-bunden, die dadurch entstehende zentrale und mittig liegende Röhre dient beim Bau und Betrieb der Haupttunnel als Servicestollen.

Abb. 1: Trassenführung des BBT inklusive Rettungsstollen der Umfahrung Innsbruck, Zufahrtsstollen Ahrental, Wolf, Pfitsch und Mauls sowie den Servicestollen Aicha. Die Trasse verläuft durchgehend östlich des Sill- und Wipptales.

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1.2 Stand der Genehmigungsverfahren

Der BBT ist ein bilaterales Projekt, dessen jeweilige Abschnitte gemäß den nationalen (österreichischen und italienischen) Gesetzen zu genehmigen sind. Dies bezieht sich sowohl auf die Erkundungsstollen als auch auf das Haupttunnelsystem (Hauptprojekt). Sowohl auf italienischer als auch auf österreichischer Seite muss das Hauptprojekt einem UVP Verfah-ren unterzogen werden, wobei für den zentralen Bereich des BBT (vom Valsertal bis nach Pfitsch) auf Basis der Espo-Konvention die grenzüberschreitenden, im speziellen die hyd-rogeologischen Auswirkungen zu betrachten sind.

Aufgrund unterschiedlicher Gesetzesgebungen und Inhalte der Genehmigungsverfahren sind mit Stand Jänner 2007 die Erkundungsstollen-Abschnitte auf italienischer Seite bereits genehmigt, für jene auf österreichischer Seite werden im Jahr 2007 und 2008 die Genehmi-gungsverfahren abgewickelt. Ebenso konnte für den Haupttunnel auf italienischer Seite ein UVP Verfahren erfolgreich abgewickelt werden. Gleichzeitig mit dem teilkonzentrierten Verfahren (UVP und eisenbahnrechtliches Verfahren) auf österreichischer Seite werden auf italienischer Seite mit dem „Progetto definitivo – Einreichprojekt“ die im Zuge der UVP erstellten Projektauflagen geprüft.

1.3 Geologische und hydrogeologische Übersicht

Grundsätzlich verläuft der BBT in metamorfen Gesteinen des zentralen Bereichs der Ostal-pen, ausgenommen im Portalbereich Innsbruck und im Bereich der Querung des Wipptales nördlich von Franzensfeste, wo Lockergesteine dominieren (BRANDNER, REITER & TÖCHTERLE 2007). Die häufigsten Gesteine sind Quarzphyllite und Schiefer (Innsbrucker Quarzphyllit, Bündnerschiefer der Glocknerdecke). Im Zentralbereich dominieren Gneise (Zentralgneise), die von heterogenen Gesteinabfolgen (Untere Schieferhülle), in denen auch kalkreiche Gesteine mit lösungsfähigen Schichten vorkommen, umhüllt werden. Der süd-lichste Abschnitt (südlich der Periadriatischen Naht) ist aus Granit aufgebaut (Abbildung 2).

Aus hydrogeologischer Sicht (PERELLO, BURGER, MARINI & TORRI 2007) liegt der Tunnel im Bereich des Norportals Innsbruck im Lockergestein. Richtung Süden folgend liegt der Tunnel für ca. 14km in Quarzphylliten, die generell gering durchlässig (kf < 10-9m/s) sind. Die Zutritte konzentrieren sich auf Störungszonen (kf bis zu 10-7m/s) mit maximalen prog-nostizierten instationären Zutritten von 5-10l/s/10m. Die stationären Zutritte werden in Summe für diesen Abschnitt mit ca. 20l/s berechnet.

Generell sind auch die Gesteine der Richtung Süden folgenden Glocknerdecke (km 13.950 bis km 29.050) gering durchlässig. Bedingt durch Lösungsphänomene und einzelne Haupt-störungen können karbonatreichere Schiefer höhere hydraulische Durchlässigkeiten aufwei-sen (kf von 10-8m/s bis 10-7m/s). In diesen Zonen sind größere Zutritte prognostiziert (2-4 l/s/10m im instationären Zustand). Die stationäre Abflussmenge wird mit 60l/s für diesen Abschnitt prognostiziert.

Der zentrale Bereich des BBT (hydrogeologische Kernzone) wird von Gesteinen der Unte-ren Schieferhülle und dem Zentralgneis aufgebaut. Aus hydrogeologischer Sicht sind in der Unteren Schieferhülle (km 29.050 bis km 30,300) gips- und anhydritführende Gesteine, sowie der Hochstegen Kalkmarmor zu erwähnen. Die maximalen instationären Zutritte

Hydrogeologische Modelle - Hilfsmittel für die Planung am Beispiel des BBT 3

liegen zwischen 2 und 7 l/s/10m. Der stationäre Gesamtabfluss kann ca. 150l/s erreichen. Generell weist der Zentralgneis geringe hydraulische Durchlässigkeiten auf, ausgenommen in den spröden Störungsstrukturen (kf bis 10-5m/s), wo maximale instationäre Zutritte von 15l/s zu erwarten sind. Die prognostizierten stationären Abflüsse betragen für den Ab-schnitt 30,300 und 35,870 ca. 40l/s.

Abb. 2: Geologischer Übersichtsplan und Trassenführung des BBT

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Die südlich des Gneiskerns liegenden Einheiten (Untere Schieferhülle und Glocknerdecke) bestehen aus Abschnitten mit lösungserweiterten Trennflächen. Dabei weist die Glockner-decke südlich des Pfitschtales die größten Prognoseunsicherheiten auf. An einzelnen Stö-rungszonen können die instationären Zutritte auch hohe Werte erreichen (25-40 l/s/10m). Die stationären Abflüsse werden mit einigen hundert l/s prognostiziert, jedoch mit hohen Prognoseunsicherheiten. Ebenso mit hohen Zutritten und Abflüssen ist im Bereich der Peri-adriatischen Naht bzw. dem Nordrand des Brixner Granits zu rechnen, der ansonsten gerin-ge hydraulische Durchlässigkeiten zeigt. In dem ca. 1km langen tektonisierten Abschnitt können instationäre Zutritte bis zu 50 l/s/10m erreichen, die stationären Abflüsse 150l/s. Bis zur Querung des Wipptales liegt der BBT im generell gering durchlässigen Graniten. Die Querung des Wipptals liegt im gesättigten, gut durchlässigen Lockergestein.

1.4 Anforderungen an die hydrogeologischen Modelle

Vorgegeben durch den Projektzeitplan bestand die Notwendigkeit von Modellen, die je nach Modellraum einerseits Aussagen für die Genehmigungsplanung andererseits Aussagen für die Bauwerksplanung zuließen.

Da für die Phase II ein Zeitraum von ca. 4 Jahren zur Verfügung stand, in dem neben der technischen Planung vorab die intensiven und zeitaufwendigen geologischen Erkundungen durchzuführen waren (z.B. Erkundungsbohrungen bis max. 1.350m Tiefe) mussten Modelle gewählt werden, an denen Aktualisierungen (aufgrund neuer Erkenntnisse aus den Erkun-dungen) möglich waren und Projektvarianten zeitgerecht simuliert werden konnten. Kom-plexe numerische Modelle mit langen Rechenläufen waren aus diesem Grund in dieser Planungsphase auszuschließen.

Von der Genehmigungsplanung bestand die Anforderung mit den Modellen Sensitivitäts-analysen an sensitiven hydraulischen Parameter durchführen zu können, deren Größenord-nungen aufgrund der topografisch ausgeprägten und geologisch komplexen Regionen nicht flächendeckend bestimmbar sind, die aber für die Wasserzutritte im Tunnel oder die Aus-dehnung des Einflussbereichs des Tunnels wesentlich sind.

Die Bauwerksplanung hingegen forderte Modelle anhand derer die wirklichkeitsgetreue Darstellung und Simulation der nicht gestörten und gestörten (mit Tunnel) Grundwasser-strömungsverhältnisse möglich waren. Ziel war die Quantifizierung von Parametern, die für die Bauwerksplanung relevant sind, so z.B. die Grundwasserspiegelhöhen u.a. bei Hoch-wasserereignissen oder die Fördermengen bei Grundwasserhaltung.

1.5 Wahl der Modellräume

Die Wahl der Modellräume richtet sich vorrangig nach der hydrogeologischen Sensibilität des Projektraumes und den Anforderungen der Planer und der Behörde. Um sowohl diesen Anforderungen als auch den sehr unterschiedlichen hydrogeologischen Gegebenheiten im Projektraum gerecht zu werden, wurde entschieden, mehrere Modellräume auszuwählen und nicht ein einziges großes Modell über den gesamten Projektraum zu rechnen. Die Wahl fiel auf die beiden Lockergestein dominierten Abschnitte des BBT (Modellraum 1: Portal-bereich Innsbruck; Modellraum 2: Querung des Wipptals nördlich von Franzensfeste), sowie auf den geografisch und hydrogeologischen Kernbereich des BBT (Modellraum 3: Valsertal bis Pfitsch).

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Abb. 3: Beispiel eines Grundwasserströmungsmodells einer Störzone, die senkrecht auf den Tunnel streicht. Der Modellschnitt streicht parallel zur Störung und zur Grundwasserströmung. Die Störung liegt in generell gering durchlässigem Fest-gestein. Sie wird von geringmächtigen quartären Sedimenten (meist sandige, silt-führende Kiese) überlagert. Darstellung oben - Simulation der nicht gestörten Grundwasserströmungsverhältnisse; Darstellung unten - Simulation mit Tunnel. Dieser wirkt sich auf die tiefen Grundwasserzirkulationen aus, die seichten Grundwässer im Quartär sind nicht betroffen (siehe Detaildarstellungen).

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In dieser Planungsphase sah man für die restlichen Abschnitte des BBT, in denen gering durchlässige Festgesteine dominieren, keine Notwendigkeit, die hydrogeologischen kon-zeptuellen Modelle großräumig mit numerischen Modellen zu prüfen. Eine Ausnahme bilden Störzonen, in denen auch tiefreichende Grundwasserzirkulationen geringen Ausma-ßes möglich sind. Exemplarisch wurden die Strömungsverhältnisse in für diese Abschnitte repräsentativen Störzonen modelliert, um die durch den Tunnel bedingten Absenkungen und Änderungen der Grundwasserzirkulationen zu ermitteln (Abbildung 3).

In den Modellräumen 1 und 2 queren die Tunnelröhren Lockergestein, in das Flüsse (Mo-dellraum 1: Inn und Sill; Modellraum 2: Eisack) eingeschnitten sind, die eine hydraulische Interaktion zwischen Lockergesteinsaquiferen und Flüssen vermuten lassen.

Im Portalbereich Innsbruck konnte das Modell anhand der aufgezeichneten Daten des Hochwasserereignisses August 2005 instationär kalibriert werden (PGBB 2006). Es konnte mit dem Modell belegt werden, dass auch bei Hochwasserereignissen der mit den Flüssen im hydraulischen Kontakt stehende Grundwasserspiegel des freien Inntal-Aquifers mehrere Meter tiefer als die Bauwerksunterkanten liegt, das Bauwerk somit in der ungesättigten Zone liegt.

In diesem Beitrag werden die Modelle des Modellraum 2 (Modell Franzensfeste) und des Modellraum 3 (Modelle Valsertal – Pfitsch) beschrieben.

2 Hydrogeologisches numerisches Modell Franzensfeste

2.1 Aufgabenstellung

Eine Auflage aus der Umweltverträglichkeitsprüfung für den italienischen Abschnitt des BBT betrifft die Querung des Wipptals nördlich von Franzensfeste. Im Zuge der Ausarbei-tung des „Progetto definitivo“ sind demzufolge die hydrogeologischen Auswirkungen auf das Grundwasser zu simulieren. Zudem wurden seitens der Bauwerksplanung in Hinsicht auf den definitiven Entscheid der Baumethodik (offene Bauweise oder Tunnelbauweise) folgende Fragen gestellt:

• Sollte der Eisack ein wesentliches Element für das hydrogeologische System sein, wie wirkt sich eine Hochwasserführung auf das System und eine Grundwasserhal-tung aus?

• Welche Grundwasserhaltung / Absenktiefen sind möglich und wie groß ist der Einflussbereich der Grundwasserhaltung speziell in Hinsicht auf die Setzungsge-fahr für nahe gelegene Infrastrukturen?

• Wie wirkt sich die Tunnelröhre auf den Grundwasserstrom aus?

2.2 Modellraum

Der Modellraum umfasst ein ca. 2,2 km2 großes Gebiet nördlich von Franzensfeste (Abbil-dung 4). Das Haupttal (Wipptal) wird von parallel zum Tal streichenden Festgesteinsrücken aus Granit umrahmt. Mächtige Hangschuttfächer bilden den morfologischen Übergang vom Hang ins Haupttal, in dem der Eisack in Streichrichtung des Tales fließt. Die Seitenbäche

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des Eisacks sind im Modellraum periodisch (orografisch linke Seite) bis durchgehend (orografisch rechte Seite) wasserführend. Letztere weisen im Bereich der Murschuttfächer eine Reduktion der Abflussmengen auf.

Aus geologischer Sicht liegen im Haupttal heterogene, aber meist grobkörnige Sedimente vor, die mit grobkörnigen Murschutt- und Hangschuttsedimenten randlich verzahnen. Im zentralen Bereich konnte der Fels auch durch die tiefsten Bohrungen (max. Tiefe 87,70m) nicht aufgeschlossen werden.

Die hydrogeologischen Eigenschaften des Untergrundes wurden anhand hydraulischer Bohrlochversuche und eines Langzeitpumpversuches ermittelt. Der Jahresniederschlag liegt bei ca. 800mm/Jahr im Talbereich und ca. 1.400mm/Jahr auf den Bergrücken. Der ca. 50m breite Fluss Eisack weist große Abflussschwankungen auf mit täglichen mittleren Abfluss-werten von ca. 3,3m3/s (Minimum) und 176m3/s (Maximum). Die Abflussmenge eines 100-jährigen Ereignisses beträgt über 300m3/s. Morfologisch ist der Eisack tief in das Tal einge-schnitten, wobei die Differenzhöhen zwischen Bachbett und Geländeoberkante der Uferbö-schung Richtung Süden stark zunehmen.

Abb. 4: Übersicht Modellraum Franzensfeste: die 2 Röhren verlaufen im N im Granit. Der Übergang Festgestein / Lockergestein liegt auf Tunnelniveau im Bereich Querung der Autobahn und Landesstraße. Südlich der Autobahn queren die zwei Röhren im Lockergestein das Wipptal und unterqueren dabei den Eisack, wo sich die Röhren in jeweils 2 weitere Röhren aufteilen. Die Röhren unterqueren in Richtung Süden dann die bestehende Eisenbahnlinie bzw. binden in diese ein.

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2.3 Langzeitpumpversuch

Der Langzeitpumpversuch dauerte ca. 18 Tage (Pumpen: 337,5 Stunden; Aufspiegelung: 92 Stunden), gepumpt wurde eine konstante Menge von 104 l/s. Die kontinuierliche Überwa-chung des Grundwasserspiegels anhand Datensammler erfolgte in 8 Grundwassermessstel-len mit einer maximalen Entfernung von 0,5 km vom Brunnen und im Brunnen selbst. Weitere zwei Grundwassermessstellen und der Wasserspiegel des Eisacks wurden mehr-mals täglich händisch gemessen. Die Abbildung 5 zeigt den zeitlichen Verlauf der Absen-kung und Aufspiegelung in den verschiedenen Grundwassermessstellen und dem Brunnen. Anhand dieser Daten wurden die hydraulischen, horizontalen und vertikalen Durchlässig-keiten des freien Aquifers berechnet (Tabelle 1).

Abb. 5: Absenkkurven der überwachten Grundwassermessstellen und des gepumpten Brunnens. Die Absenkung erfolgte für 337,5 Stunden, entspricht ca. 20.000min. Die während der Absenkung erkennbaren kurzen Anstiege der Grundwasser-spiegel sind auf kurzzeitiges Ausfallen der Pumptätigkeit zurückzuführen. Der stationäre Zustand wurde nach ca. 15.000 min Pumpen erreicht.

Aus der Abbildung 6 geht hervor, dass die talseitig des Brunnens gelegenen Grundwasser-messstellen größere Absenkungen erfahren als jene die anstromig zum Brunnen liegen. In der Grundwassermessstelle MW1, die ca. 400m anstromig zum Brunnen liegt, wurde eine maximale Absenkung von 10cm gemessen, in der Grundwassermessstelle MW12, die ca. 400m abstromig liegt, hingegen eine maximale Absenkung von etwa 1,35m. Es liegt somit ein assymetrischer Absenktrichter vor.

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Tabelle 1: Berechnete Werte der Parameter: horizontale (Kfh) und vertikale (Kfv) hyd-raulische Durchlässigkeit, Specific Yield (Sy)

Messstelle Teufe [m]

Kfh [m/s]

Kfv [m/s]

Sy

MW7 43 2,93E-4 1,03E-4 3,30E-2 MW8 50 2,95E-4 1,06E-4 5,80E-2 MW9 81 2,56E-4 2,05E-4 7,00E-2 MW10 21 2,40E-4 9,60E-5 7,80E-2 MW11 45 3,09E-4 1,29E-4 5,07E-2 MW13 45 2,67E-4 2,00E-5 2,10E-2 MW14 21 2,84E-4 2,84E-4 7,01E-2

Abb. 6: Lage und Absenkkurven der beim Langzeitpumpversuch überwachten Grund-wassermessstellen (vgl. Abbildung 5). Die Daten dienten zur Kalibration des in-stationären Modells. Als Ergebnis der Modellierung sind beispielhaft die Grundwassergleichen im Plan angeführt (hellgraue Linien).

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2.4 Numerisches Modell

Die Modellierung und Simulation der von der technischen Planung angegebenen Lastfälle erfolgt anhand eines dreidimensionalen instationären MODFLOW Strömungsmodell. Die Größe des Modellraums bestimmten die Lage der natürlichen als gering durchlässig zu charakterisierenden Schichten (Modellbasis und Modellränder) sowie die Erfordernis, dass die Anstrom- und Abstromgrenze nicht von den Simulationen beeinflusst werden darf.

Das Modellgebiet umfasste ein ca. 2,2km2 großes Gebiet, das anhand 197 x 220 Elemente horizontal diskretisiert wurde. Die Elementgröße variiert zwischen 10m x 10m und 2m x 2m im Bereich des Pumpversuchfeldes. In der Vertikalen wurde das Volumen in 6 Schich-ten mit Mächtigkeiten von 10m bis 50m unterteilt. Als hydraulische Grenzen wurden so-wohl die Modellbasis als auch die Ränder (Granit Bergrücken) als undurchlässige Ränder modelliert. Die Einstromkante und Abstromkante wurden als Festpotentiale, der Eisack als Randbedingung 3. Art (Leakagerand) modelliert. Für die Grundwasserneubildung wurden 453mm/Jahr errechnet und verwendet.

Die hydraulischen Kenndaten wurden zunächst aufgrund der Bohrkernansprache und den Ergebnissen des Langzeitpumpversuches im stationären Modell den verschiedenen Sedi-menten zugeordnet. Das stationäre Modell konnte mit den an einem Stichtag gemessenen Grundwasserspiegelhöhen kalibriert werden. Im Rahmen der instationären Verifizierung wurden die gemessenen Grundwasserspiegelhöhen des Langzeitpumpversuchs zur Eichung herangezogen und die hydraulischen Kenndaten im Detail kalibriert. Die daraus resultie-renden Werte sind in der Tabelle 2 zusammengefasst, die Verteilung der kalibrierten hyd-raulischen Durchlässigkeiten in der Abbildung 7 dargestellt.

Tabelle 2: Validierte Aquifer Kenndaten des numerischen Modells Franzensfeste

Kf Werte Talalluvionen Zustrom 4,5 E-4m/s Flaggerbach 8,0 E-5m/s Talalluvionen Zentral 2,0 E-4m/s Weißenbach proximal 9,0 E-4m/s Talalluvionen Übergang 8,0 E-4m/s Weißenbach distal 3,4 E-4m/s Talalluvionen Abstrom 1,0 E-3m/s Weißenbach 3,5 E-4m/s Speicherkoeffizienten 2,5E-2 Nutzporosität 0,1

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Abb. 7: Karte der Verteilung der kalibrierten hydraulischen Durchlässigkeiten

2.5 Ergebnisse für die Bauwerksplanung

Das mit dem Pumpversuch kalibrierte instationäre Modell zeigt eine gute Übereinstimmung mit den realen Gegebenheiten. Die assymetrische Absenkung beim Pumpversuch ist auf fehlende laterale Zuströme talseitig des Brunnens zurückzuführen. Der Grundwasserstrom wird somit von den aus dem Norden angespeisten Grundwässern im Haupttal bestimmt. Für die Bauwerksplanung wurde folgendes konzeptionelle Modell erstellt (Abbildung 8).

Gemäß dem instationären Modell ist es möglich, das Grundwasser mit einer Grundwasser-haltung bestehend aus 14 Brunnen und Förderraten von 50 bis 100 l/s sowie einer Gesamt-fördermenge von ca. 1.200 l/s bis auf 2,5m unter Tunneltrasse zu halten (Abbildung 9). Die Absenktiefen betragen dabei zwischen ca. 12,5m im Bereich der südlichen Talflanke und 23,5m im Bereich der Nordkante der Autobahn. Bedingt durch die Pumpmaßnahmen und damit Versteilung des hydraulischen Gradienten erhöhen sich die Zuflüsse an der nördli-chen Einstromkante (von 125 l/s auf ca. 235 l/s), die Anspeisungen vom Eisack erhöhen sich jedoch deutlich (von ca. 100 l/s auf 750 l/s). Gemäß Modell erreicht der Einflussbe-reich sehr rasch die gering durchlässigen umrahmenden Gebirgszüge, was zu einer Be-schleunigung der Absenkung führt.

Bei Hochwasserführung des Eisacks (z.B. 150 jähriges Ereignis) würden die Pumpraten jedoch bei weiten nicht ausreichen um eine Grundwasserhaltung unter Tunnelgradiente zu garantieren. Bei Verdoppelung der Fördermengen wäre eine Grundwasserhaltung möglich.

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Abb. 8: Konzeptionelles Modell (nicht maßstabsgetreu) der Grundwasserhaltung für den Bau des Tunnels als Ergebnis der numerischen Modellierung.

Bezüglich des aufstauenden Effektes der Tunnelröhre konnte festgestellt werden, dass ein deutlicher Grundwasseranstieg nur im proximal zum Bauwerk gelegenen Bereich auftritt und dieser in der Größenordnung von 1m liegt. Im Abstrom beträgt der maximale Absenk-betrag etwa 1,5m. Aufgrund der Modellgeometrie musste jedoch angenommen werden, dass die Bauwerksoberkante bis zur Grundwasserspiegeloberfläche reicht und somit kein Grundwasserabfluss über das Bauwerk erfolgen kann (Bereichsweise liegen zwischen Bauwerksoberkante und Grundwasserspiegel Oberfläche nur einige Meter). Die errechneten Werte sind dahingehend Maximalwerte.

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Abb. 9: Simulierte Grundwasserhaltung mittels Brunnen entlang geplanter Trasse der Querung Wipptal. Neben einer Versteilung des hydraulischen Gradienten anstromig zur Tunnelreihe führt die temporäre Grundwasserhaltung zu einer Ent-leerung im talseitigen Bereich in dem die Grundwasservorkommen jedoch nicht genutzt werden.

3 Hydrogeologischer Modellraum Valsertal - Pfitsch

3.1 Aufgabenstellung

Der Modellraum Valsertal – Pfitsch umfasst den hydrogeologischen Kernbereich des BBT, der für die Genehmigung des Projektes numerisch zu modellieren ist. Diesbezüglich wurde ein 3 dimensionales numerisches Modell für den gesamten Modellraum erstellt, mit dem die Grundwasserfließsysteme simuliert werden können. Aufgrund seiner Größe sind insta-tionäre Simulationen nur mit langen Rechengängen möglich. Auch Sensitivitätsanalysen sind nur eingeschränkt möglich. Um die Sensitivität bestimmter Parameter in diesem Mo-dellraum prüfen zu können, wurden auf Basis des 3 dimensionalen Modells zusätzlich 2 dimensionale Modelle erstellt. Eine derartige Vereinfachung erforderte Annahmen, die aus dem konzeptionellen Modell abgeleitet und mit dem 3 dimensionalem Modell überprüft werden konnten.

Diese Vorgehensweise erlaubte es im speziellen der Umweltplanung Informationen über den möglichen Einflussbereich des Tunnels und über mögliche Absenkungen von lokalen seichten Grundwasserspiegeln zu geben. Der Vorteil der 2-dimensionalen Modelle liegt in den kurzen Rechengängen, damit in der Möglichkeit eine Vielzahl von Sensitivitätsanaly-sen an den wesentlichen hydraulischen Parametern durchzuführen, deren Größenordnung in

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situ flächendeckend nicht zu ermitteln ist. Die Aussagen über die Beeinflussungen des Tunnels können somit trotz der zwangsläufigen Lücken in der in situ Bewertung der hyd-raulischen Parametern abgesichert durch die Ergebnisse der zweidimensionalen Modelle an die Genehmigungsplanung weitergegeben werden. Beispielhaft wird ein zweidimensionales Modell im Bereich Valsertal – Brenner beschrieben.

3.2 Hydrogeologische Übersicht

Aus der geologischen Oberflächenkartierung und aus Tiefbohrungen geht hervor, dass in der Unteren Schieferhülle verkarstungsfähige Kalke und lösungsfähige Rauwacken vor-kommen die zu hohen instationären und stationären Wasserzutritten im Tunnel führen kön-nen. Gerade die stationären Wasserzutritte sind für die Beurteilung der möglichen Auswir-kungen auf seicht gelegene Aquifere sehr wesentlich. Die potentiell durchlässigen Schich-ten der Unteren Schieferhülle streichen vom Wipptal am Brenner im Westen bis weit Rich-tung Osten, fallen generell Richtung Nordwesten ein und werden von nachgewiesen gering durchlässigen Gesteinen umgeben (Richtung SE: Zentralgneis; Richtung NW: Kasererfor-mation mit Schiefern und metamorphen klastischen Sedimentgesteinen u.a. Arkosen und Metakonglomerate). Der Tunnel quert diese potentiell durchlässigen Schichten im Bereich des Venntales (Abbildung 10).

Aus den hydrogeologischen Erkundungen ist bekannt, dass die Festgesteinsaquifere, die vom Tunnel aufgefahren werden, mit den Lockergesteinsaquiferen an der Oberfläche im hydraulischen Kontakt stehen. Diese Lockergesteine können speziell im Bereich der Täler große Mächtigkeiten erreichen (z.B. Valsertal: 200m mächtige Wechsellagerung von grobklastischen und feinklastischen Lockergesteinen).

Abb. 10: Tunnel Längsprofil km 24,10 bis 30,08. Der Hochstegenkalk fällt Richtung NW ein und wird von gering durchlässigen Formationen (Zentralgneis und Gesteinen der Kasererformation) umrahmt. Die Tunnelachse liegt im Bereich Venntal auf ca. 800m ü.M., die Geländeoberkante Venntal auf ca. 1.450 m ü.M.

Der Modellraum kann aufgrund seiner komplexen geologischen Gegebenheiten und der topografischen Gegebenheiten nur punktuell bis auf Tunnelniveau erkundet werden. Eine

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Tiefenerkundung über die gesamte Erstreckung des Festgesteinaquifers ist nicht möglich. Die Forderung an das Modell war diesbezüglich die Variationen der Grundwasserspiegel-absenkungen unter Änderung der wesentlichen, sprich sensitiven hydraulischen Parameter zu erkennen.

3.3 Annahmen für 2 dimensionales Modell

Für den Modellraum Valsertal bis Pfitschtal wurde zunächst ein 3 dimensionales numeri-sches stationäres FEFLOW Modell erstellt. Aufgrund der Größe des Modells war es nur erschwert möglich, Sensitivitätsanalysen an verschiedenen Parametern durchzuführen. Zudem war es nicht möglich, die möglichen Absenkungen in sensiblen Teilbereichen des Modells im Detail zu erheben. Anhand des stationären Modells war es jedoch möglich,

• die im konzeptuellen Modell getroffenen hydrogeologischen Annahmen zu prüfen bzw. zu verbessern

• das Modell mit Messdaten (Grundwassermessstellen und hydrogeologisch zuor-denbaren Quellen) zu eichen

• die regionalen Grundwasserströmungen in den Festgesteinsaquiferen darzustellen

• eine dränierende Tunnelröhre und dahingehend die Absenkungen im Festgestein zu simulieren

• den idealen Verlauf von 2 dimensionalen Modellen zu erheben

• abgesicherte hydrogeologische Annahmen zu treffen, die eine Vereinfachung er-lauben um 3 dimensionale Effekte in die 2 dimensionalen Modelle miteinzubrin-gen.

Beschrieben wird das 2 dimensionale Grundwasserströmungsmodell welches entlang der Ausbißlinie des SW – NE streichenden Hochstegenkalkes verläuft und ca. 14 km lang ist.

Folgende Annahmen wurden getroffen:

• die an der Oberfläche ca. 50 bis 800m breiten wasserführenden Schichten fallen gene-rell Richtung NW ein

• das Verhalten eines geneigten Aquifers ist nicht wesentlich unterschiedlich von dem eines vertikalen Aquifers

• die Grundwasserströmung ist parallel zur Streichrichtung des Aquifers

• der steilstehende und langgestreckte Aquifer wird durch parallel zum Aquifer strei-chende gering durchlässige Festgesteine umrahmt

• Zutritte aus Störungszonen, die in den Aquifer einmünden, werden durch erhöhte Infiltrationsraten simuliert

• Die aus den Wasserbilanzen errechneten Infiltrationsraten werden aufgrund der Drä-nagewirkung des Aquifers für angrenzende großräumige hydrologische Einzugsgebie-te erhöht.

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Das Profil wurde so gewählt, dass es all jene Täler umfasst, die als Überlaufzonen des Fest-gesteins dienen können (Abbildung 11).

Abb. 11: Topografie und Modellnetz des 14 km langen 2d Modells. Der Tunnel liegt auf ca. 800m ü.M. zwischen dem Venntal und Griesbergtal.

Somit entwickelt sich das modellierte Profil vom Wipptal im Bereich Brenner in Richtung NE und quert dabei folgende Täler mit deren Hauptgewässern: Wipptal (Sill), Griesbergtal (Sill-Ursprung), Venntal (Vennbach), Valsertal (Valserbach) und Wildlahnertal (Wildlah-nerbach). Topografisch liegen große Höhenunterschiede vor, topografischer Hochpunkt am Kleinen Kaserer (3.093m ü.M.), Tiefpunkt im Valsertal und Wipptal (ca. 1.330m ü.M.).

3.4 Numerisches 2 dimensionales Modell

Das Modell wurde als finites Elemente Modell gerechnet mit dem Software Produkt FEFLOW (Version 5.0 WASY). Die Aufteilung des Modellraums in Berechnungsknoten erfolgt anhand eines Dreiecksnetzes, die Netzweiten variieren zwischen 1 und 150m (Ge-samtzahl der Knoten: 58.890). Eine Diskretisierung des Netzes erfolgte im Bereich des Tunnels, im Bereich der Täler und generell in den ersten 800m von der Geländeoberfläche. Das Modell weist eine 2 dimensionale Erstreckung auf mit einer Breite von einem Meter (Abbildung 11).

Die Infiltrationsrate (Maximum: 514mm; Minimum: 262mm; Mittel: 357mm) wird aus einem hydrologischen Bilanzmodell, das über den gesamten Projektraum des BBT erstellt und anhand vorliegenden kontinuierlicher Abflussmessungen an den Hauptgewässern ge-eicht werden konnte, für den Projektraum abgeleitet. Die Modelltiefe wurde mit -500m unter dem Meeresspiegel fixiert. Die hydraulische Durchlässigkeit des Hochstegenmarmors wurde anfangs mit 2,5x10-7m/s angenommen und Sensitivitätsanalysen unterzogen. Für die Talfluraquifere wurden Durchlässigkeiten bestimmt, die abhängig vom Material zwischen 1,0x10-4m/s (sandige und siltführende Kiese) und 1,0x10-8m/s (u.a. tonig feinsandige Silte) liegen.

Die Modellgrenze im Nordosten wird durch die Wasserscheide im Bereich Wildlahner und im Südwesten durch die als dicht angenommene Brenner Abschiebung westlich des Wipp-tales herangezogen. Als Randbedingungen wurden somit die südwestliche, die nordöstliche und die Modellbasis als Nullstromrand modelliert (Randbedingung 2. Art), die Infiltration

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als konstante Zuflussrate (Randbedingung 2. Art), die Fließgewässer als potentialabhängi-ger Zu- und Abstromrand modelliert (Randbedingung 3. Art). Die Tunneldrainage wurde als Festpotential (800m) also Randbedingung 1 modelliert.

3.5 Sensitivitätsanalysen

Die Sensitivitätsanalysen wurden an den Parametern hydraulische Durchlässigkeiten des Festgesteins, Infiltrationsraten und die Leakage Koeffizienten der Gewässer durchgeführt.

Die hydraulische Durchlässigkeit des Hochstegenkalks ist ein sehr sensitiver Parameter. So zeigt sich bei einer hydraulischen Durchlässigkeit kleiner 1x10-7m/s, dass die Grundwasser-spiegel sehr hoch liegen. Erst bei Werten zwischen 1x10-6m/s und 1x10-7m/s pendeln sich die Grundwasserspiegel dort ein, wo sie in der Natur feststellbar sind. Der Leakagefaktor der Gerinne wirkt sich erst ab einen sehr niedrigen Wert (1x10-7m/s) auf die Grundwasser-strömungsverhältnisse aus. Da für die Gerinne eine geringe Kolmation anzunehmen ist, ist davon auszugehen, dass der Leakagefaktor generell hoch ist und dahingehend als nicht sensitiv einzustufen ist. Bei Veränderungen der hydraulischen Durchlässigkeiten der quart-ären Sedimente in den Tälern zeigen sich nur lokale Variationen der Grundwasserströ-mungsverhältnisse. Die zwischen 175mm/Jahr und 514mm/Jahr variierende Infiltrationsrate zeigt sich als sensitive Größe, im Vergleich zur hydraulischen Durchlässigkeit des Hochstegenkalks ist die Sensitivität aber weitaus geringer.

3.6 Ergebnisse

Grundwasserspiegelhöhen, die mit den Messungen in verschiedenen Grundwassermessstel-len und Austrittshöhen von Quellen gut korrelieren, erhält man im Modell unter Verwen-dung einer homogenen hydraulischen Durchlässigkeit des Hochstegenkalkes von k = 2,5x10-7m/s. Ebenso erhält man ein Grundwasserströmungsmodell mit plausiblen Grundwasserspiegelhöhen unter Annahme eines seichten, gut durchlässigen Bereichs im Hochstegenkalk und einer Abnahme der hydraulischen Durchlässigkeit mit der Tiefe hin. Die Werte der hydraulischen Durchlässigkeiten nehmen dabei mit der Tiefe von 6x10-7m/s über 2x10-7m/s bis zu 5x10-8m/s ab (Abbildung 12).

Um die Wirkung einer tiefreichenden sinistralen Lateralstörung (Olperer Störung) zu simu-lieren, wurde das Modell mit dieser Störung im südwestlichen Bereich ergänzt. Die hydrau-lische Durchlässigkeit der Störung wurde als richtungs-differenziert angenommen, wobei die hydraulische Durchlässigkeit senkrecht auf die Störung gering ist (1x10-9m/s).

Somit konnten auf Basis dieses einfachen 2d Modells die nicht gestörten Strömungsver-hältnisse und jene mit Tunnel modelliert werden, um Aussagen über die Größenordnungen des Einflussbereichs und der durch den Tunnel induzierten Absenkungen bei Querung des Hochstegenkalks zu machen.

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Abb. 12: Abnahme der hydraulischen Durchlässigkeit des Hochstegenkalkes mit der Tiefe und Simulation einer tiefreichenden Lateralstörung im unmittelbaren Nahbereich des Tunnels (Darstellung unten).

Unabhängig vom angenommenen hydrogeologischen Aufbau des Untergrundes lässt sich feststellen, dass im ungestörten Zustand das Valsertal und das Wipptal als hydraulische Tiefpunkte fungieren und die lokalen und regionalen Grundwasserfließsysteme in diesen Tälern enden (Abbildung 13 und 14, Darstellungen oben). Der Tunnel bewirkt unter An-nahme dränierender Wirkung Absenkungen des Grundwasserspiegels, die bis an den Süd-rand des Valsertals reichen können (Abbildung 13, Darstellung unten). Je nach Entfernung vom Tunnel liegen die Absenkungen im Meter bis 100er Meter Bereich. Die Absenkungen klingen im Bereich des orografisch linken Hanges des Valsertales ab. In keinen Fall sind die Absenkungen im Bereich des Valsertales so groß, dass es zu einer Fließumkehr kommt, sprich das Valsertal wird auch unter Einwirkung des Tunnels weiterhin von den Grundwas-serströmungen gespeist.

Die simulierte Störung erweist sich als sehr relevant für die Grundwasserströmungen. Lie-gen ohne Störung größere Absenkungen des Grundwasserspiegels in mehreren Tälern vor, so zeigen sich mit der Störung geringere Absenkungen im Griesbergtal und Silltal, jene im Venntal sind aber umso größer (Abbildung 14, Darstellung unten).

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Abb. 13: Ergebnis der 2d- Modellierung; Annahme: abnehmende hydraulische Durchläs-sigkeit (vgl. Abbildung 12, Darstellung oben); Darstellung oben - Simulation der nicht gestörten Grundwasserströmungsverhältnisse; Darstellung unten - Simula-tion mit Tunnel.

4 Schlussfolgerungen und Aussichten

Durch die Aufteilung des Projektraumes in mehrere Modellräume konnten sowohl den sehr unterschiedlichen hydrogeologischen Gegebenheiten, als auch den unterschiedlichen Frage-stellungen der Planer gerecht werden. Durch die Wahl einfacher Modelle mit kurzen Rech-läufen war es zudem möglich neue Erkenntnisse aus parallel geführten Erkundungen bzw. kurzfristig bei der Genehmigungsplanung entstandene Aufgabenstellungen zu berücksichti-gen.

Ziel ist es für die entlang der Trasse des BBT festgelegten hydrogeologischen Provinzen diskrete Modelle zu erstellen, die vor Errichtung des Erkundungsstollens die Situation ohne Tunnel darstellen, dann mit den Ergebnissen des Erkundungsstollens geeicht werden sollen um damit kalibrierte Modelle für die Simulation der Hauptröhren und deren Auswirkungen zu haben.

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Abb. 14: Ergebnis der 2d- Modellierung; Annahme: abnehmende hydraulische Durchläs-sigkeit und Lateralstörung (vgl. Abbildung 12, Darstellung unten); Darstellung oben - Simulation der nicht gestörten Grundwasserströmungsverhältnisse; Dar-stellung unten - Simulation der Grundwasserströmungsverhältnisse mit Tunnel.

Literatur

Brandner, R, F. Reiter & A. Töchterle (2007): Geologische Prognose des Brenner-Basistunnel – ein Überblick. In: E. Schneider, M. John & R. Brandner (Hrsg.): BBT 2007 Internationales Symposium Brenner Basistunnel und Zulaufstrecken. Tagungsbei-träge. Innsbruck University Press, Band 1, 13-23

Perello, P, U. Burger, M. Marini & R. Torri (2007): Hydrogeological characterisation and forecast of water inflow for the Brenner Base Tunnel. In: E. Schneider, M. John & R. Brandner (Hrsg.): BBT 2007 Internationales Symposium Brenner Basistunnel und Zu-laufstrecken. Tagungsbeiträge. Innsbruck University Press, Band 1, 25-31

PGBB (2006): Technischer Bericht Geologie Nordportalbereich. Unveröffentlichter techni-scher Bericht. Galleria di Base del Brennero Brenner Basistunnel BBT SE Phase II. In-nsbruck

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Autoren

Ulrich Burger, Galleria di Base del Brennero - Brenner Basistunnel BBT SE, Grabenweg 3, A-6020 Innsbruck, E-Mail: [email protected]

Lorenz San Nicoló, SET Subsoil Environment Technologies, Via Piemonte 32 I-20090 Buccinasco (MI), E-Mail: [email protected]

Detlef Bösel, R & H Umwelt GmbH, Schnorrstraße 5a, D-90471 Nürnberg, E-mail: [email protected]

Paolo Perello, SEA Consulting s.r.l. / SEAgeoconsulting Studio Tecnico Associato, Via Cernaia 27, I-10121 Torino, E-Mail: [email protected]