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VARUSSCHLACHT IM OSNABRUCKER LAND MUSEUM UNO PARK KALKRIESE 2000 JAHRE VARUSSCHLACHT KONFLIKT THEISS

Vor den Römern - Eliten in der vorrömischen Eisenzeit

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VARUSSCHLACHT IMOSNABRUCKER LANDMUSEUM UNO PARK

K A L K R I E S E

2000 J A H R E

VARUSSCHLACHTKONFLIKT

THEISS

2000 J A H R E

VARUSSCHLACHTKONFLIKT

Herausgegeben von der

VARUSSCHLACHT im Osnabriicker Land GmbH -

Museum und Park Kalkriese

Umsch laga bbildungen:

Gesichtsmaske cines rornischen Reiterhelms, gefunden 1990 inKalkriese. © VARUSSCHLACHT irn Osnabrucker Land / Christian

Grovermann; »Die Herniannsschlacht«, Gemalde von Friedridi

Gunkel, Miinchen, Maximilianeum, 1862-64 (picture-alliance/akg-

images).

Bibliografische Information dcr Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnel diese Pubhkation in

der Deutschen Nalionalbibliografie; detaillierle bibliografische

Daten sind im Internet iiber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2009 Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart

VARUSSCHLACHT im Osnabrucker Land GmbH -

Museum und Park Kalkriese

Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsrnitglieder

der WBG ermoglicht.

Redaktion: Stefan Burmeister, Heidrun Derks

Kalaloggestaltung und -produktion:

Verlagsbiiro Wais & Partner, Stuttgart (Rainer Manchcr,

Tina Pauly, Verena Schmynec; Michaela Franke [Lektorat]}

Umschlaggeslaltung: Stefan Schmid Design, Stuttgart

Bildbearbeilung: DBS Lenhard, Stuttgart

Druck: Firmengruppe APPL, aprinta druck, Wemding

ISBN 978-3-8062-2279-1 (Buchhandelsausgabe)

ISBN 978-3-8062-2313-2 (Museumsausgabe)

Inhalt

8 GruSwort

Angela Merkel

BundeskanzlerinderBundesrepublikDeutschland

9 Gruftwort

Hans-Cert Pottering

President des Europaischen Parlaments

10 GruBwort

Jiirgen Riittgers

Ministerpra'sident des Landes Nordrhein-Westfalen

11 Grufiwort

Christian Wulff

Niedersa'chsischer Ministerpra'sident

12 GeleitwortErmutigung zum Hinterfragen

Land rat Manfred Hugo, Vorsitzender des AufsichtsratesVarusschlacht im Osnabrucker Land; Joseph Rottmann,Gescha'ftsfiihrer Varusschlacht im Osnabriicker Land

14 IMPERIUM KONFLIKT MYTHOS

2000jahre Varusschlacht

ElkeTreude, Heidrun Derksund Rudolf AKkamp

DIE AUSSTELLUNC »KONFLIKT«

is Der fremde Krieger

Versuche, die Motive germanischerKriegsfiihrungzu ergriinden

Stefan Burmeister

28 Raum - Inhalt - Sprache

DieAusstel!ung»KONFLIKT«

Moritz Schneider und Tobias Neumann, neo.studio Architekten

33 »Memory is a still«

Stefan Burmeister

D I E V A R U S S C H L A C H T

36 Die Varusschlacht

Heidrun Derks

56 Kalkriese und die Varusschlacht

Mul t id i s z ip l ina re Forschungen zu e inemmi l i t a r i schen Konfl ikt

GiintherMoosbauerund Susanne Wilbers-Rost

68 Das Schlachtfeld von KalkrieseEine archaologische Q u e l l ef l i rd i e Konfl iktforschung

Ac him Rost

DER GERMANISCHE KRIEGER

78 Gebrauchsweisen!

Der romische Germanen- und Germanienbegriff

Roland Steinacher

83 Fremdbilder

Dergermanische Krieger aus Sicht antiker Autoren

Reinhard Wolters

89 Der Krieger im Grab

Germanische Graber mit Waffen

JbrgKleemann

MARKOMANNENKRIEGE

98 Rom in NotZurGeschichte der Markomannenkriege

Peter Kehne

109 ZerstorungshorizonteGermanische Ubergriffeund ihrarchaologischer Niederschlag

Thomas Fischer

114 Marcomannia

Der Milita'rschlaggegen die MarkomannenundQuaden-ein archaologischer Survey

Balazs Komoroczy

126 Im Handstreich genommenDerFalldes Romerlagersvon IzaJan Rajtar

128 Rdmisch-germanisch bis zum TodDas Konigsgrab von MusovJaroslavTejral

OSTSEERAUM

132 Skandinavische KriegsbeuteopferBefunde , Funde und InterpretationenRuth Blankenfeldt und Andreas Ran

140 UntergegangenCermanische Heeresverbande undskandinavische Kriegsbeuteopfer

J0rgen Ilkjaerund Rasmus Birch Iversen

148 Neue Forschungen in Thorsbergund NydamAndreas Rau, Ruth Blankenfeldt, Nina La LI,Suzana Matesic, Florian Westphal

162 ^Confrontation, Kooperation, Ignoranz?Rom und der Norden Europasnach den Markomannenkr iegenMichael Erdrich

170 Friihe KonigreicheMachtkonzentrationen in Sudskandinavienim i.-4. Jahrhundertn. Chr.

PerEthelberg

RHEINLIMES

184 Die politische Situationim 3. Jahrhundert n.Chr.Das Imperium Romanumund die Provinzen am Rhein

WernerEck

192 Die germanische Bedrohungim 3. Jahrhundert n.Chr.Die B i l d u n g n e u e r G r o f S s t a m m eim Lichtederschr i f t l ichen QuellenBruno Bleckmann

203 Angsthorte und PliindererdepotsDie Reichskrisedes3.jahrhundertsn.Chr.aus archaologischerSichtErnst Kiinzl

212 Hortfunde im RheinDie Pliinderungsbeutevon Neupotz und Hagenbach

Richard Petrovszky

220 Ruckzug hinter Rhein und DonauDie Fallbeispiele Raetien und Obergermanien

Marcus Reuter

228 Roms vergessener FeldzugDas neu entdeckte Schlachtfeld am Harzhornin Niedersachsen

Michael Geschwinde, Henning HaBmann, Petra Lonne,Michael Meyer und Giinther Moosbauer

CERMANISCHE SOLDNER

234 Die romische ArmeeIhre Organisation von augusteischerZeitbis zur Regierung Diocletians

Yann Le Bohec

241 »Franke bin ich...«Germanische Verbande im rdmischen Heer

Michael A.Speidel

248 Militarreformen der SpatantikeDie Ubernahme nichtrbmischer, lokalerTraditione

Thomas Fischer

253 Germanen oder (Wahl-)Romer?Karrieren germanischerOffiziere ab dem4.Jahrhundert n.Chr.

Dieter Geuenich

258 Burger RomsCermanische Heimkehreraus dem romischen Militardienst

Johan A. W. Nicolay

270 Die Militarisierung Nordgalliens

Fdderaten und »F6deratengraber«

Guy Halsall

KRIEC UNO RITUAL

280 Vaevictis!Das Schicksal der Besiegten in der romischen Antike

Loretana de Libero

285 Feind und FreundZurKulturgeschichte der Aggressionbei den Germanen

Hans-Peter Hasenfratz

290 Die Toten im BrunnenRegensburg-Harting:Eine anthropologische Nachuntersuchung

MikeSchweissing

CEFOLGSCHAFTSWESEN

294 Germanische Gefolgschaftenin den antiken Berichten

DieterTimpe

301 Gefolgschaften in AfrikaDas Beispiel Nigeria

Heinz Jockers und Wulf Lohse

309 Archaologie der Gefolgschaft

HeikoSteuer

352 Eine friihe Dynastic in MecklenburgFlirstengraberder alteren Romischen Kaiserzeitvon Hagenow

Hans-UlrichVoB

356 Friihe Eliten an der OstseekiisteDie FiJrstengrabervon Liibsow

(an Schuster

358 Germanische Eliten der spaten RomischenKaiserzeit

Matthias Becker

370 Das germanische Fiirstengrabvon Gommern

Matthias Becker

372 Erben RomsVolkerwanderungszeitliche Prunkgraberauf ehemaligem romischen Reichsgebiet

Dieter Quast

379 Das Grab des Frankenkonigs Childerich

Dieter Quast

382 Germanisch-romische ElitenDas Fiirstengrab I von Apahida

Rodica Oanta-Marghitu

GERMANISCHE ELITEN

320 Germanische Eliten in den antikenSchriftquellen

StefanieDick

326 Bauern - Hauptlinge - FiirstenKulturanthropologische Modelle archaischerHerrschaftssysteme und die Archaologie derfruhen Cermanen

UI rich Veil

334 Vor den RomernEliten in derVorromischen Eisenzeit

jes Martens

342 Reiche Bauern oder Fiirsten?Germanische Eli tenin der alteren Romischen Kaiserzeit

Michael Gebiihr

FAZIT

386 Niemand vermag zu herrschen...Grenzen germanischer Machtentfaltungb i s z u m S.Jahrhunder t

Walter Pohl

392 Aufstieg germanischer KriegsherrenInterakt ion von germanischem Kriegswesenund romischer Mil i tarpol i t ik

Stefan Burmeister

ANHANG

404 Anmerkungen

422 Impressum

424 Sponsoren

425 Leihgeber

426 Bildnachweis

334 Vor den Römern

Als im Jahre 9 n. Chr. drei römischeLegionen im Teutoburger Wald vernichtet

wurden, löste dies eine Schockwelle im Römi-schen Reich aus, da niemand damit gerechnet hatte,

Gegner mit solchen Fähigkeiten in diesen abgelegenen Regio-nen vorzufinden. Natürlich hat dieser Vorfall ein immensesInteresse an der Region hervorgerufen, sodass mehrere Bü-cher entstanden, die jedoch nicht alle bis zur heutigen Zeitüberdauert haben. Diese Werke beschreiben hauptsächlich dieSituation im 1. Jahrhundert n. Chr. und besonders in jenen Ge-bieten, in welche die römische Armee während der Jahrzehn-te um Christi Geburt vorgedrungen war. Aus früheren Zeitenwusste man nicht viel.

Die Ära vor der Schlacht im Teutoburger Wald wird inNordeuropa üblicherweise »Vorrömische Eisenzeit« genannt.Diese umfasst den Zeitraum von 600/500 v. Chr. bis ChristiGeburt. Im frühen Abschnitt dieses Zeitraums lebte die me-diterrane Welt in glücklicher Ignoranz bezüglich der Ge-schehnisse im fernen Norden. Einen ersten, kurzen Einblickgewährte Pytheas von Massilia, der Ende des 4. Jahrhundertsv. Chr. eine geographische Expedition nach Nordeuropa un-ternahm.1 Unglücklicherweise ist sehr wenig von seiner Er-zählung erhalten, und es ist nicht viel, was uns den Blick aufdie Wesenszüge der Gesellschaften in diesem abgelegenen Teilder Welt erhellen könnte. Der nächste Augenzeugenberichtkam von Iulius Caesar in der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr.Doch seine Erzählung stieß auf Kritik, wurde oft als politischesPamphlet abgetan. Mehr noch, seinen ethnographischenSchilderungen wurde unterstellt, die Vorurteile der mediter-ranen Welt gegenüber den nördlichen Barbaren widerzuspie-geln und weniger die Realität zu beschreiben.2 Und es ist inder Tat schwierig, seine Beschreibungen von in Fellen geklei-deten, halbnomadischen Barbaren mit dem tatsächlichen ar-chäologischen Befund in Einklang zu bringen. Die archäolo-gischen Quellen geben den Eindruck einer gut organisiertenGesellschaft sesshafter, die neueste Mode und Schmuck tra-gender Bauern. Sie scheinen deshalb am besten für ein Ver-ständnis der nördlichen Völker geeignet zu sein.

Den traditionellen Ansichten zufolge war die nordeuro-päische Gesellschaft der Vorrömischen Eisenzeit nicht sehr

komplex und hatte eine wenig ausgeprägte soziale Differen-zierung. Diese Ansicht basiert fast ausschließlich auf Grab-funden jener Zeit, die in der Tat eher einförmig sind und dienur zum Ende dieser Periode hin Merkmale aufweisen, welcheder nachfolgenden römischen Periode nahekommen. Wennman sich allerdings nur auf die Grabfunde stützen wollte, dannmüsste man auch zu dem Schluss gelangen, dass größere Teile der nördlichen Region, wie Nordjütland, die dänischen Inseln sowie Schonen, zumindest zeitweise menschenleer oder beinahe entvölkert waren. Dass dem nicht so war, wirdanhand zahlreicher Siedlungsfunde aus diesen Gebieten be-legt. Als Hauptgrund für die »fehlenden« Gräber in einigenRegionen muss der Bestattungsritus gesehen werden, der kei-ne großen Grabmonumente und auch keine aufwändige Grab-ausstattung vorsah. Die Toten wurden verbrannt und in einerUrne beigesetzt; in einigen Gegenden wurden die sterblichenÜberreste und die Totenausstattung nicht einmal in Urnenverwahrt, hier wurden nur Teile des Scheiterhaufens beige-setzt. Was mit dem Rest des Scheiterhaufens geschah, ist nichtbekannt. Es ist offensichtlich, dass solche Gräber, die womög-lich nur aus einer flachen Grube mit wenigen Knochenstü-cken, Holzkohle und vielleicht einer kleinen Tonscherbe be-stehen, nicht die Aufmerksamkeit des ungeübten Auges aufsich ziehen; von daher werden Zufallsfunde solcher Gräberselten sein.

Es ist ebenfalls offensichtlich, dass dieser Bestattungsri-tus nicht die soziale Realität der Gesellschaft 1:1 widerspiegelt,da es keinen Grund gibt, weswegen selbst arme Gesellschaf-ten nicht den gesamten Scheiterhaufen bestatten oder in derLage sein sollten, dem Verstorbenen einen abgenutzten Topfals Urne bereitzustellen. Diese armen Bestattungen spiegelneher Riten wider, die die sichtbare Kennzeichnung von indi-viduellen Gräbern sowie deren Ausstattung mit irgendetwas,das auf den sozialen Stand des Toten hinweisen könnte, ver-boten. Die Ideologie hinter solch strikten Regeln kann nur als»egalitär« beschrieben werden. Dies ist kein nordeuropäischerSonderfall, ähnliche Ideen waren auch im Mittelmeerraumverbreitet, aber dort – wie überall, wo solche Vorstellungen geherrscht haben – bedeutete dies nicht, dass die Gesellschaftde facto egalitär war. Einige waren immer gleicher als andere.

Vor den RömernEliten in der Vorrömischen EisenzeitJes Martens

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Dass dies auch im vorrömischen Nordeuropa der Fall war, istbeinahe sicher. Wie waren nun die Gesellschaften dieser fer-nen Zeiten organisiert?

Es gibt mehrere Gründe dafür, dass Gräbern grundsätz-lich eine zentrale Bedeutung zukommt, wenn die soziale Or-ganisation einer prähistorischen Gesellschaft erschlossen wer-den soll. Zum einen bilden Gräber die fundreichste Quellen-gattung, zum anderen ist das Grab der Ort, an dem man demprähistorischen Individuum am nächsten zu kommen meint.Dass Gräber bislang die ergiebigste Quelle waren, liegt in derArchäologie selbst begründet, da man Grabuntersuchungenim Vergleich zu Siedlungsuntersuchungen lange bevorzugthat. Dies hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert; so wer-den nun überall in Nordeuropa in großem Umfang Siedlungenuntersucht. Es ist allerdings noch ein weiter Weg, bis der Standder Siedlungsforschung ein ähnliches Niveau erreicht hat. Daseinzige Gebiet, in dem alle Fundarten gleichermaßen gut unter -sucht sind, ist Jütland, doch unglücklicherweise spiegelt das Maßan Veröffentlichungen nicht den Stand der Forschung wider.3

Der zweite Punkt, die Annahme, die Gräber würden denbesten Zugang zum prähistorischen Menschen bieten, basiertauf dem Missverständnis, dass das Begräbnis ein Spiegel desLebens sei. Das ist eine trügerische Annahme, da – wie bereitsdargestellt – Bestattungsriten die Lebensrealität nicht 1:1 ab-bilden. Zudem ist ein Begräbnis nie ein individueller, sondernein sozialer Vorgang, da es die Hinterbliebenen sind, die denVerstorbenen bestatten. Abgesehen vom Bestattungsbrauch istes darum weniger der eigentliche Status des Toten, als viel-

Vor den Römern 335

mehr der gesellschaftliche Status jener, die die Bestattung aus-richten, sowie deren Gefühle dem Toten gegenüber, die dasErscheinungsbild eines Grabes bestimmen.

Schließlich sei zu erwähnen, dass aus ideologischen, öko-nomischen oder ökologischen Gründen ähnliche Phänomenezu verschiedenen Zeiten oder an verschiedenen Orten auchjeweils eigene Ausdrucksformen finden können. Dies gilt auchfür die Sphäre der Lebenden, wo beispielsweise Zentralorte inBedeutung und Aussehen wandelbar sind. Diese einleitendenAnmerkungen im Sinn, soll der Blick nun auf die sozialen Eli-ten während der Vorrömischen Eisenzeit gerichtet werden.

Die Vorrömische Eisenzeit in Nordeuropa wird in zweiHauptphasen unterteilt: Die ältere Phase ist geprägt von Grä-bern mit relativ einheitlicher Ausstattung sowie regionalenTrachtstilen, die es uns ermöglichen, größere regionale Grup-pen abzugrenzen. In der jüngeren Phase erfolgte ein Wechselhin zu überregionalen Stilen hinsichtlich Tracht und Bewaff-nung; der Bestattungsbrauch war nun offen für verschwende-rische Grabausstattungen. Diese Veränderungen vollzogensich im weiten Gebiet des Nordens nicht überall gleichzeitig.Am deutlichsten erfahren wir diesen Wandel im Zuge der Ent-stehung der Przeworsk-Kultur in Zentralpolen, wohingegensich im Nordwesten Europas ein eher schrittweiser Wechselinnerhalb der norddeutschen Jastorfkultur abzeichnet. DieVeränderungen in der skandinavischen Peripherie schließlichvollzogen sich auf unterschiedliche Weise: In einigen Gegen-den waren sie so abrupt wie in Polen, in anderen so graduellwie in Norddeutschland. In den Gebieten mit schnell vollzo-genem Wandel wird die Änderung meist entweder durch denAbbruch oder die Neugründung eines Friedhofs markiert –Gebiete, in denen es viele Funde aus der Zeit vor dem Bruchgab, sind plötzlich sehr fundarm, oder umgekehrt.

abb. 1 Siedlungsplan von Hodde, Jütland, mit dem Häuptlingshof. – a Gesamtplan der Siedlung; die Pfeile markieren Zaundurchlässe;– b Grundplan des Häuptlingshofs.

a b

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Wall

Graben/Teich

Häuptlingshof

Vermutlicher Häuptlingssitz

Vermutlicher Häuptlingssitz

Häuser mit erweitertem Wohnbereich

Dammweg, frühe/späte Phase

Dorfstraße/vermutet

Pfade

Hausplätze

Frühe Phase:

Späte Phase:

Eliten in der frühen Vorrömischen Eisenzeit

Wie bereits erwähnt, erlaubte der Bestattungsritus in der frü-hen Vorrömischen Eisenzeit nicht die Darstellung des indivi-duellen sozialen Status. Jedoch gibt es andere Quellen, die unseinen Einblick in die soziale Organisation geben. Die Sied-lungen, also das Heim der Lebenden, sind ein geeigneter Aus-gangspunkt. Die Forschung in Jütland hat gezeigt, dass dieMenschen hier in Dörfern lebten. Diese können unterschied-liche Größen und Ausdehnungen gehabt haben. Neben denDörfern existierten gleichzeitig vereinzelt stehende Bauern-höfe. Das typische Langhaus war relativ klein (4,5 x 10 m),Mensch und Tier lebten unter einem Dach. Ein genauererBlick auf die Siedlungen dieser Zeit offenbart jedoch ein kom-plexeres Bild. Die bekannteste Siedlung der älteren Vorrömi-schen Eisenzeit ist Grøntoft in Westjütland. Hier wurde eineFläche von 160000 m2 archäologisch untersucht. Bei den Gra-bungen kam ein ganzer Komplex an Siedlungen zum Vor-schein oder vielmehr eine oder zwei Siedlungen, deren Stand-ort vielfach verlagert wurde und schließlich in einer geschlos-senen, umzäunten Dorfanlage mit 9–13 Bauernhäusernendete.4 In dieser letzten Siedlungsphase ist das größte Hausim Dorf mehr als doppelt so groß wie das kleinste.

Ein weit größeres Haus wurde im Bereich einer früherenPhase der Siedlung freigelegt. Dieses Haus (P VI) ist genau so

336 Vor den Römern

groß wie das des Häuptlings am Ende des 1. Jahrhunderts v.Chr. in Hodde. Nicht alle Wohnhäuser hatten auch einen Stall,und auch nicht alle Häuser hatten Nebengebäude. Somit zeu-gen die einzelnen Siedlungen in Grøntoft von einem ökono-mischen Ungleichgewicht, das sich jedoch nicht in den Be-stattungen widerspiegelt. Andererseits bedeuten ökonomischeUnterschiede nicht zwangsläufig eine komplex geschichteteGesellschaft.

Eine weitere Siedlung, die dieses Problem näher beleuch-ten könnte, ist die befestigte Siedlung von Borremose in Nord-jütland.5 Sie wurde während des 4. Jahrhunderts v. Chr. ge-gründet und mit ihrer ersten Phase ist sie zeitgleich mit demEnde der Grøntoft-Siedlung. Die Siedlung von Borremose istunter anderem wegen ihrer Größe interessant. Von Anfang anumgaben die Befestigungen eine Fläche, die viermal so groß istwie die der umzäunten Siedlung in Grøntoft. Eine entspre-chende Größe weist erst wieder die deutlich spätere Siedlungin Hodde auf. Für Hodde geht man davon aus, dass die Grün-dung und Anlage der Siedlung von dem Häuptling ausging,der seinen Hof in der nordwestlichen Ecke des Dorfes anleg-te (Abb. 1). Eine vergleichbare Situation scheint in Borremo-se vorzuliegen (Abb. 2), wo sich ein Langhaus, das so ähnlicheProportionen hat wie das Langhaus des Häuptlings von Hod-de, im Nordwesten des Dorfes befindet. Wenn man die glei-chen Argumente, wie sie bislang für Hodde vorgebracht wur-den, ansetzt, dann müsste auch dieses Haus als Hof des Grün-ders und Häuptlings der Siedlung von Borremose interpretiertwerden. Es gibt etliche Gründe, für diese Siedlung eine zen-tralörtliche Funktion anzunehmen.6 Das wurde auch für Hod-de vorgebracht.7

Jedoch: Große Häuser müssen nicht zwangsläufig Höfevon Häuptlingen gewesen sein. Sie können auch als kommu-na le Einrichtungen oder als Haus einer Ritualgemeinschaft ge-

XXIXXII XXIII

XIV

I

III

abb. 2 Siedlungsplan von Borremose, Jütland. In dem Grundplan sinddie ältere und jüngere Siedlungsphase zusammen dargestellt. Da sichdie Häuser I und III leicht überschneiden, löste in der jüngeren Sied-lungsphase möglicherweise Haus III das Haus I als Häuptlingssitz ab.

100 m806040200

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dient haben.8 Doch speziell die außerordentlich großen Häu-ser von Grøntoft und Hodde sind genauso angelegt wie dienormalen Langhäuser dieser Siedlungen: An einem Ende be-fand sich der Wohnraum mit Herdstelle, am anderen Ende derStall. Das herausragende Haus in Borremose wies keine Spu-ren von einem Stall auf, doch ein Stall ließ sich auch an keinemanderen Langhaus dieser Siedlung feststellen. Folglich ist da-von auszugehen, dass die sehr großen Häuser, die mindestensdoppelt so groß waren wie die kleinsten Langhäuser am je-weiligen Fundort, tatsächlich im Wesentlichen die gleicheFunktion erfüllten. Möglicherweise hatten sie zusätzlicheFunktionen, Gemeinschaftshäuser waren sie aber sicherlichnicht. Wie in Hodde, befanden sich in Borremose neben demGründerhof zwei Nebengebäude ohne Herdstelle.9 Da hier kei-ne Hofumzäunungen beobachtet werden konnten, kann nichtmit letzter Sicherheit eine Verbindung zwischen diesen unddem Hauptgebäude belegt werden, doch zumindest eines die-ser Häuser stand zeitgleich mit dem Hauptgebäude. Diese Ne-bengebäude sind größer als die typischen, mit vier Pfosten er-richteten Nebengebäude der Vorrömischen Eisenzeit undkönnten eine andere Funktion gehabt haben. Interessanter-weise wurde eines dieser Gebäude in Borremose niederge-brannt und trotz der Tatsache, dass die Siedlung danach in-nerhalb der Befestigung für fast zwei Jahrhunderte fortbestand,wurde dieses Areal nach dem Feuer nie mehr berührt, so alsob es durch irgendeine Art von Tabu belegt gewesen wäre.

Und auch im Moor lässt sich den Eliten der frühen Vor-römischen Eisenzeit auf die Spur kommen. Im Hjortspring-

Moor auf der Insel Alsen wurde die Ausrüstung eines besieg-ten Kriegerverbandes zusammen mit einem der Boote geop-fert, die sie zu der Insel gebracht hatten (Abb. 3).10 Das Bootkonnte nur 20–22 Personen transportieren und somit kannanhand der vorhandenen Ausrüstungsstücke erschlossen wer-den, dass zumindest drei Boote fehlen. Da diese wahrschein-lich von den fliehenden Truppen mitgenommen wurden, istes möglich, dass Teile der Bewaffnung ebenfalls fehlen. Daherwäre es eine zurückhaltende Schätzung, von einem ungefähr100 Krieger umfassenden Kampfverband auszugehen. Die Zu-sammensetzung der verschiedenen im Moor gefundenen Aus-rüstungsteile lässt auf verschiedene militärische Ränge schlie-ßen. So ist das Verhältnis zwischen Schwertern zu eisernenLanzen und Speeren 1:13, oder wenn jeder Krieger mit einerLanze und einem Speer ausgestattet war, dann wäre es 1 : 6,5.11

Demnach hätte ein Schwertträger eine Gruppe von 6–12 Lan-zenkriegern befehligt. Die Anzahl von 6–7 Kriegern stimmtmit der Zahl der Wohnstallhäuser beziehungsweise mit derAnzahl jener Häuser von durchschnittlicher oder überdurch-schnittlicher Größe in der jüngsten Siedlungsphase von Grøn-toft überein. Ob die Krieger des bei Hjortspring besiegten Ver-bandes aus einer Gesellschaft kamen, die in ähnlich großenund ähnlich angeordneten Dörfern wie in Grøntoft lebten, istjedoch kaum mehr zu ermessen. Siedlungen und Moorfundescheinen jedoch für eine stratifizierte Gesellschaft mit zumin-dest zwei, jedoch eher drei Ebenen zu sprechen. Die Häupt-lingsebene, die Ebene der freien Männer und eine dritte, ab-hängige Ebene, die wahrscheinlich keine Krieger für Einsätzestellte, wie jenen, der im Moor von Hjortspring endete.

Eliten in der frühen Vorrömischen Eisenzeit 337

abb. 3 Hjortspring, Jütland. Das Boot wurde als Teil einer Kriegsbeutegeopfert. Siehe auch die Abb. 6 in dem Beitrag von H. Steuer.

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Die Existenz von Zentralorten, wie der befestigten Sied-lung von Borremose, und einem Heeresverband, der aus min-destens zehn Dörfern der Größe Grøntofts rekrutiert wordenist, impliziert Macht und Organisation auf regionaler Ebene.Art und Reichweite dieser Macht lassen sich schwer fassen. Eskönnte sein, dass die regionalen Gruppen, die anhand vonTrachtstilen abgegrenzt werden können, die obere Grenze ei-ner solchen Organisationseinheit markieren.

Eliten in der späten Vorrömischen Eisenzeit

Mit dem Wandel der Bestattungsbräuche zur Mitte der Vor-römischen Eisenzeit begegnen uns in vielen Gegenden Nord-europas die Eliten der vorrömischen Gesellschaften in all ih-rer Pracht. Es gibt nun Personen, die im Tod von Pferd undWagen begleitet wurden, die mit Waffen, Werkzeugen,Schmuck und Töpferwaren sowie mit ausreichend Nahrungs-mitteln ausgestattet waren, um eine größere Festgesellschaftoder ein Gefolge bei der Ankunft im Jenseits bewirten zu kön-nen. In anderen Gebieten sind die Gräber noch relativ ein-heitlich ausgestattet, sodass es kaum möglich ist, hier begrün-det für eine stratifizierte Gesellschaft zu argumentieren.12

Obwohl Trachtstile nun nicht mehr nur auf eine regiona-le Verbreitung beschränkt sind, lässt sich für die Eliten zeigen,dass sie weiträumige Heiratsverbindungen hatten. So scheinenTöchter führender Familien in Västergötland, Zentralschwe-den, sehr attraktive Partnerinnen gewesen zu sein, die ihreGatten in so entfernten Gegenden wie Buskerud in Norwegenoder Vendsyssel in Dänemark fanden.13 Für die Heirat nachDänemark mussten sie 80 km offenes Meer überqueren. Die-ses Netzwerk von weiträumigen Heiratsallianzen, welches inder zweiten Hälfte der späten Vorrömischen Eisenzeit zu be-obachten ist, macht die zunehmende Komplexität politischerEntwicklungen deutlich. Des Weiteren lässt es darauf schlie-ßen, dass die politischen Einheiten in dieser Zeit ein Niveauerreicht hatten, das weiträumige Allianzen geradezu erforderte.

Die Elite zeichnete sich in ihren Grabbeigaben vor allemdurch goldenen Schmuck, importierte große Metallkessel, Wa-gen und eine überhaupt sehr reichhaltige Grabausstattung aus.In einigen Regionen lässt sich möglicherweise durch die dif-ferenzierte Ausstattung auf verschiedene soziale Positionenschließen. In der späten Vorrömischen Eisenzeit gehört dieWaffenbeigabe zur weit verbreiteten Grabausstattung. In vie-len Gräbern wurden nur Waffen beigelegt, weswegen die Aus-stattung mit Waffen sicherlich nicht als Zeichen großer Machtgesehen werden kann. Da auch sehr reich ausgestattete Gräber,wie zum Beispiel das Grab von Langå auf Fünen (Abb. 4),14

Waffen enthielten, wird die Bewaffnung vielmehr Recht undMöglichkeit zur Durchsetzung von Macht symbolisiert haben

und nicht den damit verbundenen Besitz. Man kann vermu-ten, dass die Waffen eine der Führungsmacht untergeordneteExekutivebene auszeichneten: lokale Häuptlinge oder Ge-folgsleute des obersten Häuptlings.15

Die Beigaben, die nur in den reichsten Gräbern auftreten,wie etwa die großen Kessel, Wagen und auch die mit zoomor-phem Dekor verzierten Gegenstände, waren Symbole der Füh-rungselite. Solche Stücke kamen nicht nur in die Gräber, son-dern wurden auch als Opfergaben im Moor deponiert.16 Daswiederum lässt darauf schließen, dass die Führungselite sichmit übernatürlichen Mächten identifizierte oder ihnen alsPriester diente.

Siedlungsfunde und Kriegsbeuteopfer wie in Hjortspringließen bereits vermuten, dass schon während der frühen Vor-römischen Eisenzeit eine Elite die politische und sakrale Sphä-re besetzte. In der späten Vorrömischen Eisenzeit wird das zu-mindest hinsichtlich der Siedlungen deutlich. In Hodde undBorremose sowie anderen, weniger gut untersuchten Fund-plätzen ist es möglich, mehrere soziale Ebenen aufgrund derGröße und Art der Höfe voneinander abzugrenzen:17 Dieoberste Ebene zeichnet sich durch einen größeren Wohnbe-reich aus; und während ein Hof als der Gründerhof ausge-macht werden kann, scheint es eine zweite Ebene von großenHöfen zu geben, die annähernd so groß sind wie jener. Eskönnte diese Gruppe sein, die sich auf den Friedhöfen durchWaffenausstattung zu erkennen gibt. Unterhalb dieser Ebenekönnen noch zwei weitere unterschieden werden. Mit Bezugauf den Kriegerverband von Hjortspring würde die dritte Ebe-ne durch die Speerkämpfer repräsentiert. Möglicherweise er-

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laubte der Bestattungsbrauch es dieser Gruppe nicht, sich alssolche im Grab darzustellen. Das Verhältnis von Bestattungenmit Schwertbeigabe zu jenen mit der alleinigen Beigabe einesSpeeres oder einer Lanze spricht zumindest dagegen. Sied-lungen wie Hodde oder Borremose wurden als regionale Zen-tralorte gedeutet. Gehen wir nun davon aus, dass Waffen dasKennzeichen einer Exekutivgewalt sind, dann ist es sehr wohlwahrscheinlich, dass sich sogar niedere Häuptlinge unterge-ordneter Dörfer mit diesen Insignien versehen konnten.

Die Höfe der Führungselite unterschieden sich nicht sehrvon denen gewöhnlicher Bauern dieser Zeit. Wie bereits er-wähnt, war der sichtbarste Unterschied ein größerer Wohn-bereich, doch trotzdem war der Luxus nicht überragend. DasHauptgebäude des Gründerhofes in Hodde hatte, wie alle an-deren Höfe auch, einen Stallbereich, der allerdings über-durchschnittlich groß war, was darauf hindeutet, dass Wohl-

stand hier auf Vieheigentum basierte. Die einzigen Luxusarti-kel, die sich an diesem Hof feststellen ließen, waren qualitativhochwertige Töpferwaren aus lokaler Herstellung. In Borre-mose wurden zwei Töpfe freigelegt, die im Wohnbereich desHäuptlingshofes (Haus I) in den Fußboden eingelassen waren(Abb. 2); offensichtlich wurden hier gesellschaftliche Treffenoder Zeremonien abgehalten. Dies ist bei den inzwischen vie-len Tausend freigelegten zeitgenössischen Häusern in Jütlandeine ebenso exklusive Erscheinung wie das überdurchschnitt-lich große Wohnareal.18 Dass jedoch ein herausragenderHäuptling, wie jener in Langå bestattete Mann, in einem sol-chen Haus residierte, möchte man kaum annehmen.

In den eingefriedeten Siedlungen von Hodde und Borre-mose sind die Hauptzugänge groß genug für die Durchfahrteines Wagens. In Borremose ist zusätzlich ein mit Steinen ge-pflasterter Damm vom trockenen Festland über das Sumpfge-biet hinweg zu dem in der Niederung geschützt liegenden Dorfgebaut worden. Der Damm wird durch eine steingepflasterteStraße im Dorf fortgeführt. In der jüngeren Siedlungsphaseverlief die Dorfstraße jedoch lediglich bis zur Mitte der einge-

abb. 4 Langå, Fünen. Sehr reich ausgestattetes Männergrab. Der Totewurde verbrannt; ihm wurden unter anderem ein bronzener Kessel,zwei goldene Fingerringe und ein Wagen beigegeben. Der Kessel wur-de ursprünglich in Etrurien hergestellt und ist wahrscheinlich überden keltischen Raum in den Norden vermittelt worden. Keltische Ein-flüsse zeigt auch der Wagen.

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friedeten Fläche, wo sie in einer Biegung endete und damit dasnördliche Drittel der Siedlung ohne befestigte Zuwegung ließ.Während der Damm breit genug war, dass zwei Fahrzeuge, wiesie aus der Vorrömischen Eisenzeit bekannt sind, aneinandervorbeifahren konnten, war die gepflasterte Straße schmaler.Hier konnte man nur mit einem Wagen passieren. Eine Wa-genfahrt auf festem Grund war nur bis zum Haus XIV mög-lich, dem nördlichsten, mit großem Wohnbereich versehenenHaus. Danach machte die Straße eine scharfe Kurve in Rich-tung Osten und verengte sich dabei zu einem schmalen Pfad.

Während der späten Vorrömischen Eisenzeit tauchen dieersten sogenannten Fürstengräber in Nordeuropa auf, von de-nen einige einen vierrädrigen Wagen enthielten. Und diese Wa- gen erforderten befahrbare Wege. Das könnte der Grund fürden Bau des Damms und der Dorfstraße in der Siedlung vonBorremose gewesen sein. Diese wurde jedoch nur so weit wienötig angelegt, das heißt bis zum Haus des Großbauern vonHaus XIV (Abb. 2). Steingepflasterte Wege sind keine Selten-heit in den jütischen Siedlungen der Vorrömischen Eisenzeit;steingepflasterte Straßen hingegen, die breit genug für Wagenwaren, sind jedoch selten. In der Regel handelt es sich um be-festigte Fußwege, und es ist bezeichnend, dass das nördlicheEnde von Borremose nur auf einem solchen Pfad erreicht wer-

abb. 5 Kraghede, Grab a, Jütland. Keramikgefäß mit Jagddarstellung. Nahe beim Grab wurde ein Wagen mit zwei Pferden niedergelegt.

den konnte. Es scheint so, dass in der jüngeren Siedlungspha-se der nördliche Siedlungsteil durch den Umzug des Häupt-lingshofes an den Südrand des Dorfes an Bedeutung verlor.

In der späten Vorrömischen Eisenzeit sind die Vorausset-zungen für die Macht der lokalen und regionalen Häuptlingenicht eindeutig zu ermitteln. In Hodde etwa scheint es ein gro-ßer Viehbestand gewesen zu sein. Doch auch die Verbindungzu übernatürlichen Mächten könnte eine Rolle gespielt haben.Spezialisiertes Handwerk hatte für die Elite keine stützendeFunktion. So ließen sich zum Beispiel in Hodde sowohl dasSchmiede- als auch das Töpferhandwerk nachweisen – mitdem Gründerhof standen sie jedoch nicht in Verbindung. DerGründerhof weist eine Eigenheit auf: Er hatte als einziger einzusätzliches Nebengebäude, das innerhalb der Hofumzäunungnochmals eingezäunt war (Abb. 1). Dieses umzäunte Areal istdurch ein 1,2 m breites Tor zu betreten; in der Mitte desDurchganges stand ein aufrechter Pfosten, der an jeder Seiteeinen schmalen Durchgang von jeweils nur noch 50 cm frei-ließ. Als Zugang zu einem Lagergebäude wäre dies eine äu-ßerst unpraktische Wegsituation, sodass man hier sicherlichan andere Funktionen zu denken hat. Als sakraler Ort oder alsein Ort, an dem man heilige Riten und Opferhandlungen voll-zog, könnte eine solche bauliche Situation durchaus sinnvollsein.19 Möglicherweise hatte dieses Nebengebäude religiöseFunktionen, und der im Haupthaus wohnende Häuptlingkönnte Priester gewesen sein oder jemand, der einen Priesterbeherbergte. Tatsächlich würde dies gut dazu passen, dass dieFamilie des Häuptlings die Siedlung gründete. In primitivenGesellschaften behaupten führende Familien häufig eine be-sondere Verbindung zu den Gründern ihrer Gesellschaft sowiezu den Göttern und Schöpfern des Universums,20 – und dieSituation des Gründerhofes in Hodde mit dem eingezäuntenund schwer zugänglichen Nebengebäude scheint Ausdruckdessen zu sein.

Eine letzte wichtige Frage ist die Dauerhaftigkeit gesell-schaftlicher Macht. In Hodde scheint der Gründerhof seinePosition während der gesamten Existenz des Dorfes beibehalten

340 Vor den Römern

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zu haben. Dies würde bedeuten, dass dieselbe Familie die Füh-rungsposition mindestens über drei Generationen hinweg be-kleidete. Es gibt bislang im Norden keine weiteren Belege dieserZeit für eine ähnliche Kontinuität, aber das könnte noch aufden unzureichenden Forschungsstand zurückzuführen sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gesellschaftder Vorrömischen Eisenzeit in hierarchische Gruppen geglie-dert war, an deren Spitze jeweils Häuptlinge standen; aus die-ser Gruppe standen wiederum einige mehreren Gemein-schaften vor. Während der späten Vorrömischen Eisenzeit er-reichten diese politischen Einheiten einen Grad an Stabilitätund Komplexität, welcher sie gleichermaßen befähigte wie nö-tigte, weiträumige Allianzen mit ähnlichen Gemeinschaftenin anderen Regionen einzugehen. Die Kriegsbeuteopfer vonHjortspring und Krogsbølle zeigen anschaulich, dass gemein-same militärische Kontingente von mehreren Dorfgemein-schaften aufgestellt wurden. Die Macht des obersten Häupt-lings basierte ebenso wie die des Dorfhäuptlings auf der Be-hauptung einer besonderen Verbindung mit den Vorfahrensowie mit übernatürlichen Kräften – und dies offensichtlichgepaart mit einer stabilen ökonomischen Basis, basierend aufüberdurchschnittlichem Viehbesitz. Während der späten Vor-römischen Eisenzeit konnten sowohl Männer als auch Frauender führenden Gruppe mit Insignien ihres Ranges bestattetwerden, was zeigt, dass beide Geschlechter eine herausragen-

Eliten in der späten Vorrömischen Eisenzeit 341

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de Rolle im politischen System einnehmen konnten. Die Füh-rungselite demonstrierte ihre überregionalen Beziehungenund ihre herausgehobene gesellschaftliche Position, indem sieimportierte Güter als Grabbeigaben verwendete und ihrenKleidungsstil an zentraleuropäischen Vorbildern ausrichtete.Sogar ihr Lebensstil war wahrscheinlich einem überregionalenStil nachempfunden. Der Fries auf dem wohl lokal gefertigtenBecher aus dem Fürstengrab von Kraghede zeigt einen berit-tenen Jäger, der mit seinem Hund ein Reh verfolgt (Abb. 5).Zu dieser Zeit hatte das Jagen in den meisten Teilen Nord-europas seine Bedeutung für den Lebensunterhalt eingebüßtund war zu einem Sport ausschließlich für die oberen sozialenGruppen geworden. Doch obwohl ein exklusiver Habitus indiesen Gräbern aufblitzt, war die Produktionssphäre der Vor-römischen Eisenzeit immer noch sehr primitiv. Es gab nur we-nig Spezialisierung, und mechanische Hilfsmittel wie etwa dieTöpferscheibe, die eine Massenproduktion ermöglicht hätte,wurden nicht verwendet – auch wenn der Produktivitätsfort-schritt in benachbarten Kulturen längst Einzug gehalten hat-te. Stattdessen lebte man in kleinen Dörfern auf Grundlage ei-ner Subsistenzwirtschaft. Dies war die Gesellschaft, die IuliusCaesar bei seinen ersten Kontakten mit der germanischen Weltvorgefunden hat, und diese Gesellschaft war in der Lage, eineArmee aufzustellen, welche im Jahre 9 n. Chr. die drei Legio-nen des Varus bezwang.

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21 Steuer 1987.22 Geisslinger 1967.23 Jørgensen u. Vang Petersen 2003.24 von Carnap-Bornheim 2000, 63.25 Steuer 1997, 550 f.; von Carnap-Bornheim 2000,

63.26 Herschend 1999; zu den Tischgenossen siehe Pe-

schel 2006, 160.27 Steuer 2008, 348.28 Wamers 1994.29 Steuer 2008.30 Grane 2003, 145 f.31 Kaul 2003.32 Jørgensen 2003, 16; Ilkjær 2003; Steuer 2006b,

36 ff.33 Jørgensen 2003, 16.34 Geisslinger 1967, 110; von Carnap-Bornheim

1992, 47.35 Verschiedene Zahlen finden sich in: Ilkjær 2000,

351: Platz Illerup A/B mit 5 Schildbuckeln aus Sil-ber, 30 aus Bronze, 248 aus Eisen; 352: Platz IllerupA mit 5–6 Schildbuckeln aus Silber, 30 aus Bronze,6 aus Bronze oder Eisen mit vergoldeten Pressble-chen und mehr als 350 aus Eisen; von Carnap-Bornheim u. Ilkjær 1996, 484 f.

36 Tacitus, Germania 13,2 und 14,1.37 Fröhlich 2000; Becker 2002, 285.38 Steuer 2006a.39 Goetz u. Welwei 1995, Teilband 1, 22.40 Peschel 2006, 162 mit Stellennachweis.41 Hoeper u. Steuer 1999.42 Tacitus, Germania 44.43 Kristensen 1983; von Carnap-Bornheim 1992,

46; Goetz u. Welwei 1995, Teilband 2, 118 ff.44 Tacitus, Germania 14,2.45 Velleius Paterculus, historiae Romanae 2,109,1.46 Jørgensen u. Vang Petersen 2003, 277 ff.; Vang

Petersen 2003.47 Von Carnap-Bornheim 2000, 62.48 Tacitus, Germania 13,1; Goetz u. Welwei 1995,

Teilband 1, 136 ff.49 Vgl. Schirnig 1965; Peschel 2006, 174 u. 179.50 Thrane 2006, 216.51 Härke 2000.52 Drinkwater 2007.

Germanische Eliten in den antiken Schriftquellen (Stefanie Dick) (S. 320)

1 Ausführlich hierzu Steinacher, in diesem Bandmit weiterführender Literatur.

2 Jarnut 2004.3 Pohl 2004a; ders. 2004b.4 Pohl 2000, 50 f.; Jarnut 2004, 109; sowie zuletzt

Ward-Perkins 2007, 60.5 Vgl. zum Elitenbegriff etwa Steuer 1994. Auf die

sehr viel differenziertere soziologische Diskussionzu diesem Themenkomplex kann hier nicht nähereingegangen werden.

6 Dick 2005, 336 f.; dies. 2008, Kap. 3.7 Mit Ausnahme weniger Runenfragmente, die je-

doch für die hier interessierende Fragestellung kei-ne Aussagen zulassen.

8 Ausbüttel 2007, 7.9 Riemer 2006, 142 f.

10 Caesar, de bello Gallico 1, 31,10 u. 1, 35,1–2; aus-führlicher hierzu Dick 2004, 515 f.

11 Pohl 2000, 59–62, mit weiterer Literatur.12 Tacitus, Germania 7,1; Übers. nach Goetz u. Wel-

wei 2005, 133.13 Vgl. grundlegend Hettlage 1988; Patzek 1988.14 Interpretatio Romana bezeichnet ein Wahrneh-

mungs prinzip, nach welchem das Fremde auf demWege der Analogiebildung an den vertrauten Struk- turen der eigenen, römischen Umwelt gemessen,mit diesen verglichen und so letztlich verständlichgemacht wurde.

15 Castritius 2003, 454 u. passim.16 Vgl. hierzu ausführlich unten Kap. 10.4–8.17 Dick 2008, Kap. 6.2.18 Müller 1986, 70.19 Grünert 1983, bes. 504; Steuer 1998, 157.20 Wolfram 1998, 32.21 Caesar, de bello Gallico 6, 37,1 u. 7, 13,1.22 Bellen 1981.23 Kraft 1951, 39–42; Le Bohec 1993.24 Ausbüttel 2007, 26.25 Waas 1971; Demandt 1980, 610 u. passim.26 Siehe auch Kap. 7.1–5 in diesem Band.27 Pohl 2002, 29.

Bauern – Häuptlinge – Fürsten(Ulrich Veit) (S. 326)

1 Eggert 2007, 271.2 Ebd. 259.3 Arnold 2001, 69 f.4 Wenskus 1974 mit älterer Literatur.5 Zusammenfassend: Pohl 2004, 65. – Er betont,

dass es die altgermanische Verfassung nicht gab,sondern sehr unterschiedliche Herrschaftsformennebeneinander existierten. Auch sei keine lineareEntwicklung, etwa hin zur Stärkung königlicherPositionen, zu beobachten.

6 Siehe z.B. Jankuhn 1942.7 Hachmann 1957.8 Steuer 1982; ders. 2003.9 Siehe dazu etwa Breuer 1990. – Dies dürfte vor al-

lem damit zusammenhängen, dass bei Weber dieganz frühen Stufen soziopolitischer Entwicklungnicht systematisch behandelt wurden. Gewöhnungs -bedürftig ist ferner sein umfassender Staatsbegriff.

10 Service 1977; Kohl 1993, 52–67.11 Siehe z.B. Johnston u. Earle 1987.12 Renfrew u. Shennan 1982.13 Zuletzt: Brandt 2001; Eggert 2007; Wells 2007.14 Hachmann 1957.15 Konkret nahm er eine Beeinflussung durch das

»Keltentum« an.16 Ebd. 18.17 Steuer 2003. – Fassbar sei erst die Landnahme als

Folge derartiger Kriege, in der Regel ein bis zweiGenerationen später.

18 Karl 2006.19 Zum Beispiel Yoffee u. Sherratt 1993.20 Zum Beispiel Geertz 1987.21 Zum Beispiel Wimmer 2005.22 Zum Beispiel Kristiansen 1998.23 Eggert 2007, 269–271.24 Yoffee 1993, 63.25 Weber fasst allerdings die Kategorie des Staates viel

breiter, als dies heute üblich ist; vgl. Breuer 1990,11–16.

26 Winterling 2003, 411.

27 Dazu und zum Folgenden ausführlich: Kohl 1993,52–68.

28 Der Begriff »Häuptling« ist im Deutschen wenigpräzise: er bezeichnet sowohl die Vorsteher einzel-ner Abstammungs- und Lokalgruppen (headmen)als auch Oberhäupter größerer Lokalverbände(chiefs), die aus mehreren solcher Territorialgrup-pen bestehen und Häuptlingstümer (chiefdoms) imeigentlichen Sinn darstellen. Als paramount chiefwird das anerkannte Oberhaupt mehrerer kleine-rer Häuptlingstümer bezeichnet, die er oder seineVorfahren zumeist durch kriegerische Expansionin ihre Gewalt gebracht haben, die aber von ihmnicht direkt administriert werden.

29 Zur Struktur segmentärer Gesellschaften siehe Si -grist 1979.

30 Hess 1977.31 »Je schwächer im sozialen Sinne der Gefolgsmann

war, desto brauchbarer war er für die Stabsbildung«(ebd. 771).

32 Steuer 2003.33 Steuer versteht seinen Ansatz – da ihm nicht inter-

kulturelle Vergleiche zugrunde lägen – explizitnicht als einen »kulturanthropologischen«, sondernals einen »soziologisch-biologistischen«. Er testetseine Generalisierungen überdies auch nicht am ar-chäologischen Befund, und zwar ganz einfach des-halb, weil sich die zentralen Elemente seines Mo-dells archäologisch nicht nachweisen lassen (ebd.825).

34 Ebd. 825.35 Ebd. 844.

Vor den Römern (Jes Martens) (S. 334)

1 Hermann 1985.2 Lund 1978.3 Für einen Überblick über die komplexe archäolo-

gische Quellenlage siehe Becker 1961; Brøndsted1965; Hedeager 1992; Jensen 1997; ders. 2003.

4 Rindel 2001.5 Martens 1994; ders. 2007; ders. im Druck.6 Martens 1994.7 Hvass 1985.8 Brandt 2001.9 Martens im Druck.

10 Randsborg 1995.11 Der Ausgräber G. Rosenberg hat etwas beobachtet,

das er als vollkommen korrodierte Kettenhemdeninterpretierte. Eine Untersuchung der Reste durchA. Juttajärvi konnte dies jüngst nicht bestätigen; eshandelt sich demnach um natürliche Ablagerun-gen. Somit gab es keine Kettenhemden in Hjort-spring (persönliche Mitteilung Xenia Pauli Jensen2008).

12 Martens 1998; ders. 2002; Brandt 2001.13 Becker 1993.14 Siehe Albrectsen 1954, 29 f., Taf. 4a–g; 5a–i; 6c;

7a.15 Martens 2008.16 Martens 1999.17 Hvass 1985; Martens 1994; Martens im Druck.18 Martens im Druck.19 Eliade 1987; Völling u. Wirtz 1994.20 Eliade 1987.

anmerkungen 419

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Herausgegeben von der

VARUSSCHLACHT im Osnabrücker Land GmbH – Museum und Park Kalkriese

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2000 J A H R EV A R U S S C H L A C H TK O N F L I K T

DIE VARUSSCHLACHT DBS JAHRES 9 N. CHR. ist ein Ereignis von welthistorischer Bedeutung.Sie brachte der Supermacht Rom nicht nur eine ihrer bittersten Niederlagen, sie markiertevor allem den Anfang vom Ende der romischen Eroberung Germaniens.

Wie konnte es geschehen, dass die beste Armee der antiken Welt von Barbaren geschlagenwurde? Wie wurde gekampft? Warum kehrte nach der Schlacht kein Frieden in der ger-manischen Welt ein? Was trieb die »wilden, ungeziigelten« Germanen in eine endlose Folgemilitarischer Konflikte mit dem an sich iiberlegenen Kontrahenten?

Der Band KONFLIKT fiihrt an den Ort der Varusschlacht und prasentiert die jiingsten For-schungsergebnisse. Seit fiinf Jahrhunderten wird urn die Ortlichkeit dieser Schlacht gestrit-ten, heute kb'nnen wir zumindest sagen, dass Kalkriese ein Ort der sich iiber mehrereTage hinziehenden Gefechte ist. Doch die Varusschlacht stand nur am Anfang, fiinf Jahrhun-derte spa'ter Ib'sten die ersten germanischen Konigreiche Rom als politische Kraft ab.Jenseits vertrauter Klischees zeichnet die Darstellung mit eindrucksvollen Bildern heraus-ragender Funde den Weg der Germanen an die Spitze der Macht im alien Europa nach undzeigt die Gru'nde fur ihren Erfolg.

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