15
3. Die Auflösung der Republik 1930-1933 3.1 Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen für Deutschland Die Weltwirtschaftskrise war das Resultat einer industriellen Überproduktion und einer übertriebenen Spekulation in den USA. Am Schwarzen Freitag (29.10.1929) brach die New Yorker Börse zusammen (Verlust von 30 Mrd. Dollar). Die Folge war eine Absatzkrise, die sich schnell ausbreitete und die zu Konkursen, hoher Arbeitslosigkeit und Armut führte. (vgl. Dossier: Die Welt nach dem Ersten Weltkrieg: 4.1 Von der Prosperity zur Weltwirtschaftskrise) In Deutschland hatte dies katastrophale Folgen. Die amerikanischen Banken zogen ihre kurzfristig investierten Kredite zurück. Damit war Deutschland in einer sehr schwierigen Lage. Da kein Geld vorhanden war und auch noch die Reparationen zu bezahlen waren, wurde die Krise immer schlimmer. Im Jahre 1932 erreichte die wirtschaftliche Depression in Deutschland ihren Höhepunkt: Die industrielle Produktion sank auf 60 % ihres Standes von 1928, die Zahl der Arbeitslosen stieg von 2,8 Millionen im Januar 1928 auf 6 Millionen im Januar 1932: Jeder Dritte war arbeitslos. Deshalb wurden die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Spannungen immer grösser. Seit 1928 gab es eine Regierung der Grossen Koalition, die von der SPD bis rechts zur DVP reichte. 1930 zerbrach die Koalition, weil die Gegensätze zwischen SPD und DVP zu gross waren. Bei der Diskussion über die Arbeitslosenversicherung konnte keine Lösung gefunden werden, weil die SPD die Interessen der Arbeiter vertrat und die DVP jene der Unternehmer. Im Reichstag fand sich keine Mehrheit mehr für eine neue Regierung. Die Parteien hatten Angst, in der Krise die Verantwortung für eine Finanz- und Wirtschaftspolitik zu übernehmen, die von den Bürgern grosse Opfer verlangte. Die Wirtschaftskrise lähmte die Demokratie. Aufgabe 17 a) Warum wurde Deutschland von der Weltwirtschaftskrise besonders stark betroffen? b) Welches war die politische Konsequenz der Wirtschaftskrise in Deutschland? 3.2 Die Präsidialregierung Brüning Da die Parteien im Parlament nicht mehr zusammenarbeiteten, um eine neue Regierung zu bilden, übernahm jetzt der Reichspräsident die führende Rolle. Die Verfassung erlaubte ihm, eine Regierung zu ernennen, die nur von seinem Vertrauen getragen wurde (Präsidialregierung). Neue Gesetze wurden nach Artikel 48 per Notverordnung vom Reichspräsidenten erlassen, das heisst nicht vom

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3. Die Auflösung der Republik 1930-1933 3.1 Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen für Deutschland Die Weltwirtschaftskrise war das Resultat einer industriellen Überproduktion und einer übertriebenen Spekulation in den USA. Am Schwarzen Freitag (29.10.1929) brach die New Yorker Börse zusammen (Verlust von 30 Mrd. Dollar). Die Folge war eine Absatzkrise, die sich schnell ausbreitete und die zu Konkursen, hoher Arbeitslosigkeit und Armut führte. (vgl. Dossier: Die Welt nach dem Ersten Weltkrieg: 4.1 Von der Prosperity zur Weltwirtschaftskrise) In Deutschland hatte dies katastrophale Folgen. Die amerikanischen Banken zogen ihre kurzfristig investierten Kredite zurück. Damit war Deutschland in einer sehr schwierigen Lage. Da kein Geld vorhanden war und auch noch die Reparationen zu bezahlen waren, wurde die Krise immer schlimmer. Im Jahre 1932 erreichte die wirtschaftliche Depression in Deutschland ihren Höhepunkt: Die industrielle Produktion sank auf 60 % ihres Standes von 1928, die Zahl der Arbeitslosen stieg von 2,8 Millionen im Januar 1928 auf 6 Millionen im Januar 1932: Jeder Dritte war arbeitslos. Deshalb wurden die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Spannungen immer grösser. Seit 1928 gab es eine Regierung der Grossen Koalition, die von der SPD bis rechts zur DVP reichte. 1930 zerbrach die Koalition, weil die Gegensätze zwischen SPD und DVP zu gross waren. Bei der Diskussion über die Arbeitslosenversicherung konnte keine Lösung gefunden werden, weil die SPD die Interessen der Arbeiter vertrat und die DVP jene der Unternehmer. Im Reichstag fand sich keine Mehrheit mehr für eine neue Regierung. Die Parteien hatten Angst, in der Krise die Verantwortung für eine Finanz- und Wirtschaftspolitik zu übernehmen, die von den Bürgern grosse Opfer verlangte. Die Wirtschaftskrise lähmte die Demokratie. Aufgabe 17

a) Warum wurde Deutschland von der Weltwirtschaftskrise besonders stark betroffen? b) Welches war die politische Konsequenz der Wirtschaftskrise in Deutschland?

3.2 Die Präsidialregierung Brüning

Da die Parteien im Parlament nicht mehr zusammenarbeiteten, um eine neue Regierung zu bilden, übernahm jetzt der Reichspräsident die führende Rolle. Die Verfassung erlaubte ihm, eine Regierung zu ernennen, die nur von seinem Vertrauen getragen wurde (Präsidialregierung). Neue Gesetze wurden nach Artikel 48 per Notverordnung vom Reichspräsidenten erlassen, das heisst nicht vom

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Parlament beschlossen. Wollte der Reichstag (das Parlament) eine Notverordnung nicht akzeptieren und sie aufheben, konnte er von Reichspräsident Hindenburg nach Artikel 25 der Verfassung aufgelöst werden. Der Reichspräsident ernannte also einen Reichskanzler, der ohne parlamentarische Mehrheit regierte und nur ihm verantwortlich war.

Hindenburg ernannte am 30 . März 1930 Heinrich Brüning (ehemals Zentrum) zum neuen Reichskanzler. Der Präsident wollte von der neuen Regierung, dass sie einen "Ruck nach rechts" machte und autoritär regierte. Brüning sollte die Finanzen Deutschlands in Ordnung bringen und gleichzeitig die Not der Menschen verkleinern. Reichstagswahlen 1919 – 1933 (in %) (NV: Nationalversammlung RT: Reichstag) Parteien KPD USPD SPD DDP Zen-

trum DVP BVP Wirt-

schafts-partei

Land-volk-

partei u. Bauern-partei

Land-bund

Christ-lich-

sozia-ler

Volks-dienst

Konser-vative Volks-partei

DNVP NSDAP

19.1.19 –

NV

7,6 37,9 18,6 19,7 19,0 0,7 10,3

6.6.1920 - 1.RT

2,0 18,0 21,6 8,4 13,6 14,0 4,2 0,8 15,1

4.5.24 - 2.RT

12,6 20,5 5,7 13,4 9,2 3,2 2,4 1,9 19,5 6,6

7.12.24 - 3.RT

9,0 26,0 6,3 13,6 10,1 3,7 3,3 1,7 20,5 3,0

20.5.28 - 4.RT

10,6 29,8 4,9 12,1 8,7 3,1 4,5 3,5 0,7 14,2 2,6

14.9.30 - 5.RT

13,1 24,5 3,8 11,8 4,5 3,0 3,9 4,2 0,6 2,5 0,8 7,0 18,3

31.7.32 - 6.RT

14,6 21,6 1,0 12,5 1,2 3,2 0,4 0,6 0,3 0,9 5,9 37,4

6.11.32 - 7.RT

16,9 20,4 1,0 11,9 1,9 3,1 0,3 0,4 0,3 1,2 8,8 33,1

5.3.33 - 8.RT

12,3 18,3 0,9 11,2 1,1 2,7 0,3 0,2 1,0 8,0 43,9

Aber Brünings wichtigstes Ziel war es , eine neue Inflation zu verhindern. Steuern, Zölle, Versicherungsbeiträge wurden erhöht, Gehälter, Staatsaufträge und Subventionen gekürzt. Da der Reichstag mit diesen Massnahmen nicht

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Weimarer Republik 21

einverstanden war, wurden sie durch Notverordnungen in Kraft gesetzt. Der Reichstag hatte nach der Verfassung das Recht, diese zu annullieren. Als das geschah, wurde er von Hindenburg aufgelöst. Deshalb kam es zu Neuwahlen.

Die Neuwahlen vom 14. 9. 1930 zeigten die politischen Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Die Nationalsozialisten wurden (18,3%) zur zweitstärksten Partei in dem Reichstag ein, die Kommunisten wurden drittstärkste Fraktion. Fast 40% aller Wähler hatten Parteien gewählt, die offen gegen den Staat kämpften (DNVP, NSDAP und KPD). In Zukunft mussten die bürgerlichen Parteien Brünings Politik unterstützen, denn sie hatten Angst, dass bei weiteren Neuwahlen die radikalen Parteien noch stärker würden.

In der Aussenpolitik setzte Brüning die Politik Stresemanns fort. Gut für Deutschland war, dass der amerikanische Präsident Hoover im Sommer 1931 vorschlug, dass alle Kriegsschulden- und Reparationszahlungen für ein Jahr nicht bezahlt werden mussten (Hoover-Moratorium). Aufgabe 18 a) Was ist eine Präsidialregierung?1 b) Was für eine Politik führte Brüning?

c) Welches waren die Konsequenzen der Reichstagswahl vom 14. September 1930? d) Schaue dir das folgende Video an: https://www.sofatutor.ch/geschichte/videos/30-maerz-1930-heinrich-bruening-wird-reichskanzler

3.4 Das Leben in Deutschland Die Lebenssituation war für die meisten Menschen sehr schwierig. Ein Drittel der Bevölkerung litt Hunger, weil die Arbeitslosenunterstützung zu klein war. Auf den Strassen sah man überall Bettler. Die Feinde der Republik profitierten von dieser Situation. In ihrer Propaganda war klar, dass die Rache des Auslands und das Versagen der Weimarer Republik für die Krise verantwortlich waren. Sie versprachen allen Arbeit und Brot. Viele Deutsche, die keine Hoffnung mehr hatten, begannen ihnen zu glauben. Wenn man Hunger hat, wird die Demokratie unwichtig.

Die politischen Konfrontationen fanden auch auf der Strasse statt. Gewalt als Mittel zur Lösung war während der Weimarer Republik oft akzeptiert. Es gab immer wieder Strassenschlachten zwischen uniformierten und manchmal bewaffneten Anhängern der verschiedenen Parteien. Politische Versammlungen oder einzelne Personen wurden angegriffen. Jeder Wahlkampf kostete Dutzende von Toten und Hunderte von Verletzten. Am radikalsten waren die

1 Vergleiche dazu auch den Anhang 1, Seite 31.

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Nationalsozialisten und die Kommunisten. Sie hatten auch die grössten Verluste. Beiden Parteien ging es vor allem um die Zerstörung der bestehenden Ordnung.

Dieser politische Kampf wurde von den so genannten Kampfverbänden (paramilitärischen Parteiarmeen) geführt. Die Kommunisten hatten 1924 den Roten Frontkämpferbund (RFB) gegründet (160000 Mitglieder). Viel mehr Mitglieder hatte die nationalsozialistische SA (Sturmabteilung) (1933 hatte sie 300000 Mitglieder). Sie war militärisch organisiert. Die SA-Männer trugen eine braune Uniform und eine Armbinde mit Hakenkreuz Der Stahlhelm, ein den Deutschnationalen (DNVP) nahe stehender Frontsoldatenverband (1930 hatte er rund 500'000 Mitglieder), war seit seiner Gründung ein Gegner der Republik, während das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold von den Weimarer Parteien aufgebaut wurde, um gegen Putschversuche zu kämpfen und die eigenen Versammlungen zu schützen.

Aufgabe 19

Parteien und Reichstagswahlen

Setze die Lösungswörter richtig in die Lücken ein.

Abgeordnete Feinden Gegner Kampfverbände Parteien Programm Regierungen Reichstag Unzufriedenheit Verfassung Wahl

In der Weimarer Republik gibt es neun große ________________ und viele kleine Splitterparteien. Im ___________________ sind oft bis zu 15 Parteien vertreten. Auch Parteien, die bei der weniger als 5 % der Stimmen erhalten, können ______________________ in das Parlament schicken. Die Vielfalt unterschiedlicher Parteien und Interessen erschwert die Bildung mehrheitsfähiger ____________________. Mehrere Parteien müssen sich auf ein gemeinsames ___________________ einigen, um eine Regierung zu bilden. Nicht alle Parteien unterstützen die demokratische __________________ der Weimarer Republik. Zu den größten _________________ der Demokratie zählen die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Sowohl die rechtsradikale NSDAP als auch die linksgerichtete KPD haben eigene ___________________. Der kommunistische Rotkämpferbund und die Sturmabteilung (SA) der Nazipartei haben die Aufgabe, politische ____________________ einzuschüchtern und zu verfolgen. Beide radikalen Parteien nutzen die __________________ der Bürger sowie die politische und wirtschaftliche Krise für ihre Zwecke aus.2

2 Lösung: Parteien / Reichstag / Abgeordnete / Regierungen / Programm / Verfassung / Feinden / Kampfverbände / Gegner / Unzufriedenheit

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Weimarer Republik 23

Wie wir gesehen haben, wurden seit 1930 die Feinde der Weimarer Republik, die radikalen Parteien links und rechts von der Weimarer Koalition immer stärker.

Die Feinde der Weimarer Republik waren die folgenden Parteien:

• Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) • Deutschnationale Volkspartei (DNVP) • Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)

3.5 Die Kommunisten - Kommunistische Partei Deutschlands (KPD

Die Führer der KPD (Thielmann, Pieck) führten die Politik aus, die ihnen die Kominternzentrale in Moskau befahl. Die Kommunistische Internationale (kurz Komintern) war ein internationaler Zusammenschluss der kommunistischen Parteien aller Länder unter der Kontrolle der kommunistischen Partei der Sowjetunion. Da im Moment eine Revolution nicht möglich war, versuchten die Kommunisten mit Streiks, Demonstrationen und Strassenschlachten die Ordnung des Staates zu zerstören.

Der Kampf der KPD richtete sich gegen ihren Hauptfeind, die SPD. Die Kommunisten warfen ihr vor, durch ihre Politik die Arbeiterklasse zu spalten und zu verraten. In Wirklichkeit vergrösserte aber die KPD die Spaltung der Arbeiterklasse und schwächte damit entscheidend den Widerstand der linken Parteien gegen den Nationalsozialismus. Die Position der Kommunisten war speziell. Einerseits kämpften sie auf der Strasse gegen die Nationalsozialisten, andererseits arbeiteten sie im Parlament und bei Arbeitskämpfen auch oft mit ihnen zusammen gegen den Staat, die Weimarer Republik. 3.6 Die Deutschnationalen - Deutschnationale Volkspartei (DNVP)

Seit 1928 führte Alfred Hugenberg die DNVP. Als Besitzer eines grossen Zeitungskonzerns und der grössten deutschen Filmgesellschaft, der UFA, verfügte er über starke Propagandamittel, um die öffentliche Meinung im antidemokratischen Sinne zu beeinflussen. Hugenberg wollte eine autoritäre Regierungsform, die Entrechtung der Gewerk- schaften und eine nationalistische Aussenpolitik. Seine Partei wurde durch die Schwerindustrie, viele Grossgrundbesitzer Ostdeutschlands, von einem grossen Teil der höheren Beamten und der Professoren unterstützt. Diese soziale Gruppierung gab der Partei einen grossen Einfluss, ihr fehlte aber eine Massenbasis. Deshalb suchte Hugenberg einen Helfer, der die Massen gegen die Republik mobilisieren sollte. Er glaubte ihn in Hitler gefunden zu haben, den er deshalb finanziell unterstützte. In Bad Harzburg kam es 1931 zu einer gemeinsamen Aktion der DNVP, der NSDAP und nationalistischer Verbände (Gründung der Harzburger Front). Ziel dieser Aktion war es, gemeinsam als „nationale Opposition“ gegen die Politik der Regierung Brüning zu kämpfen.

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Weimarer Republik 24

Aufgabe 20 Welches waren die Ziele der KPD und der DNVP? Wer führte diese Parteien? 3.7 Die Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)

3.7.1 Kurzbiografie Adolf Hitler (1889 – 1933)

1889 20. April: Adolf Hitler wird als Sohn des Zollbeamten Alois Hitler (bis 1877

Schicklgruber) und seiner Frau Clara in Braunau am Inn (Oberösterreich) geboren. Besuch der Realschule in Steyr.

1903 Tod des Vaters. 1905 Hitler verlässt die Realschule ohne Abschlussexamen und lebt ohne feste

Ausbildung und Berufstätigkeit in den nächsten Jahren bei seiner Mutter in Linz. Hitler liest viele völkische Schriften. Der Begriff völkisch steht für eine Bewegung aus unterschiedlichen Gruppen, die gemeinsam eine „Befreiung“ der „deutschen Rasse“ forderten. Die völkische Ideologie war radikalnationalistisch, antisemitisch und rassistisch.

1907 Nach dem Tod der Mutter geht er nach Wien, wo er zweimal versucht, an der Kunstakademie aufgenommen zu werden. Während dieser Zeit geht er oft in die Oper und macht künstlerische Versuche. Er sieht sich als Bohemien bezeichnet sich selbst als „Schriftsteller” und „Kunstmaler“. Während einiger Zeit kann er noch von seinem Erbe leben, aber dann lebt er von Gelegenheitsarbeiten und muss ins Obdachlosenasyl gehen. Die Erlebnisse in der Hauptstadt des Vielvölkerstaates und die Lektüre antisemitischer Zeitungen und Bücher bestimmen Hitlers "Weltanschauung" und führen zu einem Judenhass und zu seiner radikalen Feindschaft gegen Marxismus und Liberalismus.

1913 geht Hitler, um nicht in Österreich in den Militärdienst gehen zu müssen, nach München

1914 16. August: Hier tritt er als Kriegsfreiwilliger in das Bayerische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16 (später Regiment "List") ein. Während des Krieges wird er verwundet. Er erhält auch das Eiserne Kreuz II. Klasse und später I. Klasse.

Das Erlebnis des Krieges war für Hitler entscheidend. Die militärische Hierarchie (Führerprinzip), die Erfahrung der Gemeinschaft („Volks- gemeinschaft”) und die militärischen Werte wurden sehr wichtig für ihn.

1918 15. Oktober: Durch einen Gasangriff erblindet er für einige Zeit. Dieses Erlebnis veranlasst ihn, wie er später sagte, "Politiker" zu werden.

Ende November geht er nach München zurück und ist für die Reichswehr als "Verbindungsmann" und "Aufklärungsredner" tätig.

1919 Juni: Hitler besucht einen Rednerkurs für "Propagandaleute" an der Universität München und zeigt sich dabei als talentierter Redner.

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Weimarer Republik 25

August: In seinen ersten schriftlichen politischen Notizen betont er als wichtigstes Ziel die "Entfernung der Juden überhaupt". 12. September: Hitler besucht in seiner Funktion als Informant eine Versammlung der extrem antisemitischen kleinen Deutschen Arbeiterpartei (DAP) und tritt ihr wenige Tage später mit der Mitgliedsnummer 555 bei. Die Partei hatte ihre Zählung bei 500 begonnen, um eine größere Mitgliedschaft vorzutäuschen. 16. Oktober: Hitler hält seine erste politische Rede vor Mitgliedern der DAP.

1920 Februar: Mitarbeit am Programm der in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) umbenannten Partei. 31. März: Der Gefreite Hitler wird aus der Reichswehr entlassen und arbeitet jetzt nur noch für die Partei.

1921 29. Juli: Der Agitator und Propagandachef Hitler übernimmt die Führung der Partei mit diktatorischen Vollmachten.

1923 9. November: Der Hitler-Putsch in München wird von Regierungstruppen mit Waffengewalt gestoppt. Die NSDAP wird am folgenden Tag verboten. Hitler flieht und wird zwei Tage später verhaftet.

1924 26. Februar: Hitler wird zusammen mit Ernst Röhm, General Erich Ludendorff und anderen des Hochverrats angeklagt und schließlich zu fünfjähriger Festungshaft verurteilt. Den Prozess benutzt Hitler als Forum für seine antirepublikanische Agitation. 20. Dezember: Vorzeitige Entlassung aus der Festung Landsberg, in der mit Hilfe von Rudolf Hess den ersten Band seiner Schrift "Mein Kampf" geschrieben hat.

1925 27. Februar: Neugründung der NSDAP. 30. April: Hitler verzichtet auf die österreichische Staatsangehörigkeit und ist seither staatenlos.

1930 Bei den Reichstagswahlen vom 14. September wird die NSDAP mit 107 Sitzen (18,2%) zweitstärkste Fraktion nach der SPD.

1931 10. Oktober: Reichspräsident Paul von Hindenburg empfängt Hitler zum ersten Mal zu einem Gespräch. 11. Oktober: Bildung der Harzburger Front, in der alle rechten antirepublikanischen Gruppierungen vereinigt sind: NSDAP, Deutschnationale Volkspartei (DNVP), Alldeutscher Verband, Stahlhelm.

1932 26. Februar: Hitler erhält die deutschen Staatsbürgerschaft. 13. März: Im ersten Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl erhält Hitler rund 30 Prozent der Stimmen. 10. April: Im zweiten Wahlgang erhält er knapp 37 Prozent der Stimmen. Reichspräsident Hindenburg wird wiedergewählt. Bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli wird die NSDAP stärkste Fraktion (37,4%)

6. November: Trotz starker Verluste - etwa zwei Millionen Stimmen - bleibt die NSDAP stärkste Fraktion im Reichstag.

1933 30. Januar: Hitler wird zum Reichskanzler ernannt.

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Weimarer Republik 26

Aufgabe 21

Welche Ereignisse beeinflussten deiner Meinung nach Hitler am meisten?

3.7.2 Die nationalsozialistische Ideologie Am 5.1.1919 wird in München die Deutsche Arbeiterpartei (DAP) gegründet. Als (5)55. Mitglied tritt Adolf Hitler der Partei bei, wird bald als Propagandaleiter in den Vorstand und am 29.7.1921 zum Führer der Partei gewählt. Am 20.2.1920 erhält die Partei den neuen Namen Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). Bereits das erste Programm der NSDAP vom 24.2.1920 enthält in 25 Punkten die wesentlichen Ziele, die für den Nationalsozialismus bestimmend bleiben, vor allem:

• Aufhebung des Versailler Vertrags und Zusammenschluss aller Deutschen in einem grossdeutschen Reich

• Staatsbürgerschaft nur für Menschen deutschen Blutes, Juden und Andersrassige können nicht „Volksgenossen“ sein und dürfen kein öffentliches Amt ausüben. Verbot der Zuwanderung (und wenn nötig Ausweisung) von Ausländern

• Schutz des Mittelstandes gegen Grossbetriebe, Gross-Warenhäuser usw. • Massnahmen zur Volkshygiene (geistig und körperlich.) • Neuorientierung von Justiz, Presse und Kultur nach „deutschen“Wert- und

Moralvorstellungen • starke Zentralgewalt, Ausschaltung der Parlamente und der Parteien

Neben diesem Parteiprogramm ist besonders Hitlers Buch Mein Kampf (1925/27) als Quelle für die nationalsozialistische Ideologie interessant. Hitler schreibt es nach dem gescheiterten Putschversuch vom 9.11.1923. Die wesentlichen Elemente der Ideologie Hitlers sind:

• Rassismus: Idee, dass es biologisch verschiedene Menschenrassen gibt, die „arische“, „nordische“ oder „germanische“ Rasse gehört zu den „Edelrassen“, Slawen, Asiaten, vor allem aber sind Juden „minderwertig“. Die Aufgabe des Staates besteht darum in der Erhaltung und Pflege der rassischen Substanz.3

• Antisemitismus: Der Antisemitismus ist eine alte Erscheinung. Die Besonderheiten der jüdischen Lebensform, religiöse Vorurteile und

3 Die Grundgedanken dieser Rassenlehre gehen auf die Werke Gobineaus (Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen, 1853/55) und Houston Stewart Chamberlains (Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts, 1899) zurück.

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Weimarer Republik 27

Sozialneid haben schon im Mittelalter zur Gettoisierung der Juden und zu Pogromen geführt. Die neue Variante des Judenhasses ist der rassische Antisemitismus. Mit ihm wird die „Minderwertigkeit“ der „jüdischen Rasse“ biologisch begründet. Ausserdem werden die Juden als Schmarotzer gesehen, die sich bei fremden Völkern „einnisteten“ um ihnen die Lebenskraft „auszusaugen“. Liberalismus, Kapitalismus, Bolschewismus, Pazifismus sind Teile einer „jüdischen Weltverschwörung“ mit dem Ziel, die überlegenen Rassen zu vernichten.

• Sozialdarwinismus: Charles Darwin (1809-82)4 spricht in der Biologie von der natürlichen Selektion (Auslese). Im ständigen Konkurrenzkampf überlebten nur die stärksten und am besten angepassten Lebewesen einer Gattung. Die Übertragung dieser Theorie auf den Menschen bezeichnet man als Sozialdarwinismus. Danach ist auch die Geschichte der Menschen nur ein „Kampf ums Dasein“, wobei es das „Recht des Stärkeren“ sein soll, die Schwächeren zu verdrängen und „auszumerzen“. Diese biologische Geschichtsideologie (Geschichtsdarwinismus) ist inhuman, da sie den Menschen auf gleiche Stufe mit dem Tier stellt und die spezifisch menschlichen Eigenschaften - Vernunft, Geist, Moralempfinden usw. - übergeht.

• Führerprinzip: Entsprechend dem „aristokratischen Grundgedanken der Natur“(Herrschaft der Besten) werden Demokratie und Mehrheitsprinzip abgelehnt. Die Herrschaft müsse durch den besonders begabten und von der „Vorsehung“ ausgewählten „Führer“ ausgeübt werden.

• Nationalismus: Der bereits zur Zeit von Wilhelm II. stark vorhandene Nationalismus wird verbunden mit der Idee von der „Volksgemeinschaft“ und der Verheissung einer Erfüllung nationalen Lebens im „Tausendjährigen Dritten Reich“.

• Imperialismus: Der NS-Imperialismus orientiert sich am Mittelalter und will

eine Expansion nach Osten. Er ist auch stark mit der Rassentheorie verbunden. Es sei ein Recht der arisch-deutschen Rasse, die slawischen Rassen im Osten zu versklaven und sich den „Lebensraum“ zu erobern, der zum Überleben der eigenen Rasse notwendig sei. Die imperialistische Zielsetzung ist also eng mit der sozialdarwinistischen Vorstellung vom Lebenskampf verbunden („Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein.“).

4 "Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl“,1859

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Weimarer Republik 28

• Militarismus: Die militärische Stärke ist Voraussetzung für den Kampf ums Dasein und die Eroberung des „Lebensraumes“, der für die Entwicklung der Rasse notwendig sei. Die soldatischen Eigenschaften - Tapferkeit, Disziplin, Gehorsam, Opferbereitschaft - werden entsprechend stilisiert und als besonders wertvolle charakterliche Merkmale der arischen Rasse angesehen.

• Sozialismus: Mit Sozialismus im Sinne des Marxismus und der

Arbeiterbewegung (Klassenkampf) hat er nicht viel gemeinsam. Sozialismus steht bei den Nationalsozialisten vielmehr für „Volksgemeinschaft“ und überwindet so die sozialen Unterschiede. Er ist antikapitalistisch und agitiert gegen „Plutokratie“ (Geldherrschaft).

• Antiintellektualismus: Die nationalsozialistische Ideologie betont das

„gesunde“, „natürliche“ Volksempfinden. Produkte der modernen Literatur, Kunst und Musik werden als „entartet“ diskreditiert und später verboten (z. B. Bücherverbrennung am 10.5.1933). Die nationalsozialistische oder „völkische“ Kunst, die realisiert wird, ist heute nur noch von historischem Interesse.

• Antifeminismus: Der Anfang einer Emanzipation, wie sie in der Weimarer

Republik geschaffen worden sind, wird rückgängig gemacht. Die Rolle der Frau wird reduziert auf die der Mutter und Hausfrau.

Aufgabe 22

Welche Punkte der Ideologie Hitlers sind deiner Meinung nach die wichtigsten? 5

3.8 Hindenburgs Wiederwahl und Brünings Sturz

Bei der Reichspräsidentenwahl des Jahres 1932 beschlossen die demokratischen Parteien unter Führung Brünings, Hindenburg zu unterstützen, um einen Präsidenten Hitler zu vermeiden. Hindenburg siegte mit 19,4 Millionen Stimmen über Hitler (13,4 Mio.) und Thälmann (3,7 Mio.). Der 85jährige Hindenburg war stark von seiner Umgebung abhängig. Zu seinen wichtigsten Beratern gehörten General von Schleicher, der Staatssekretär Meißner und sein Sohn Oskar von Hindenburg. Diese Männer waren nicht einverstanden, dass Brüning versuchte, mit den demokratischen Parteien den Kontakt zu behalten. Der Präsident machte Brüning dafür verantwortlich, dass er seine Wiederwahl sozialdemokratischen und katholischen Wählern verdankte. Unter dem Einfluss seiner Umgebung entzog ihm Hindenburg sein Vertrauen. Am 30. Mai 1932 ist Brüning zurückgetreten.

5 Vergleiche deine Antwort mit der Zusammenfassung zur nationalsozialistischen Ideologie auf Seite 32 (Anhang 2).

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Weimarer Republik 29

Aufgabe 23

a) Welche Parteien wollten die Wiederwahl Hindenburgs? b) Warum unterstützten sie Hindenburgs Wiederwahl?

c) Welches war die Konsequenz dieser Wahl für die politische Lage in Deutschland?

3.9 Die Regierung Papen

Der wichtigste Mann im Hintergrund war General von Schleicher. Er suchte einen Kanzler, den er beeinflussen konnte und der gleichzeitig von Hindenburg akzeptiert wurde. Er fand ihn in Franz von Papen; dieser stand den Großgrundbesitzern und der Schwerindustrie nahe. Der neue Kanzler bildete eine Regierung, die den Deutschnationalen nahe stand, ein "Kabinett der Barone"; Reichswehrminister wurde Schleicher. Papen versuchte gar nicht, eine Mehrheit im Reichstag zu erhalten. Er regierte mit Notverordnungen. Er hoffte aber auf die Unterstützung der Nationalsozialisten. Er hob das SA-Verbot auf, das Brüning ausgesprochen hatte, und wollte Neuwahlen, denn er glaubte, dass die Nazis wegen der weiterhin sehr schlechten Wirtschaftslage weitere Stimmen gewinnen würden. In Preußen setzte Papen am 20. Juli 1932 mit Hilfe der Reichswehr die sozialdemokratische Regierung ab (Preussenschlag). Diese Regierung des größten deutschen Landes hätte seiner Absicht, die Weimarer Demokratie zu beseitigen, mit ihrer Polizei grosse Schwierigkeiten machen können. Hindenburg ernannte Papen zum "Reichskommissar" in Preußen Während der Regierungszeit Papens gab es eine Konferenz in Lausanne, auf der das Young-Abkommen aufgegeben wurde, so dass damit die Reparationszahlungen endeten. Papen bekam, was Stresemann begonnen hatte. Die Reichstagswahlen vom 31. 7. 1932 brachten der NSDAP den erwarteten Erfolg. Sie erhielt 38% der Parlamentssitze; da die Kommunisten auf 14% kamen, konnten die Radikalen den Reichstag endgültig blockieren. Die Deutschnationalen, die als einzige hinter Papen standen, waren auf 6% abgesunken. Hitler wurde der Posten des Vizekanzlers angeboten, aber Hitler lehnte ab, er wollte Kanzler werden. So kam es zu keiner Zusammenarbeit mit Papen und der eben gewählte Reichstag wurde gleich wieder aufgelöst. Durch weitere Neuwahlen hoffte man, die NSDAP "abzunutzen". Am 6. November 1932 verlor die NSDAP bei den letzten völlig freien Reichstagswahlen in Deutschland 2 Millionen Wähler, die KPD gewann dafür 700 000. An der Gesamtlage änderten die Wahlen nichts. Papen trat zurück, nachdem ihm Schleicher die Hilfe der Reichswehr für ein geplantes Verbot der Parteien und der Gewerkschaften - für einen Staatsstreich also – geben hatte: Die Armee sei nicht stark, in einem Bürgerkrieg Nationalsozialisten und Kommunisten zugleich zu besiegen.

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Aufgabe 24 a) Warum wurde von Papen zum Reichskanzler ernannt? b) Wie sah seine Politik aus? c) Warum trat er schliesslich zurück? 3.10 Hitlers Ernennung zum Reichskanzler

Kanzler wurde jetzt Schleicher. Sein Versuch, die NSDAP zu spalten, scheiterte wie auch sein Plan, sich den Gewerkschaften zu nähern. Gegen Schleicher wandten sich nun alle, die in den vergangenen Monaten die "autoritäre" Regierungsform gestützt hatten: - Industrielle, weil sie nicht wollten, dass Schleicher mit den Gewerkschaften zusammenarbeitete, - Großgrundbesitzer, die wieder um ihre Güter Angst hatte, - Hugenberg und vor allem Papen, der Schleicher wegen seines Sturzes nicht mochte. Papen war noch immer der Vertraute Hindenburgs, Schleichers Einfluß dagegen sank.

Die Gegner Schleichers wollten nun einen Kanzler Hitler akzeptieren, um den autoritären Kurs zu erhalten. Sie wollten aber zu ihrer Sicherheit und um Hindenburg für sich zu gewinnen, die Macht des neuen Kanzlers einschränken. Das hielten sie für möglich, wenn in dem neuen Kabinett die nationalsozialistischen Minister in der Minderheit blieben und Papen als Vizekanzler fast gleiche Rechte wie der Kanzler bekam. Kreise der Hochfinanz stellten die Verbindung zwischen den Gegnern Schleichers und Hitler her; Hitler nahm die Bedingungen an. Hindenburg wurde von seiner Umgebung überredet. Er entließ Schleicher und ernannte am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Aufgabe 25

a) Wer wollte Adolf Hitler als Reichskanzler? b) Warum wollte sie ihn als Reichskanzler einsetzen? Aufgabe 26 Welche Gründe führten zum Scheitern der Weimarer Republik?6

6 Vergleiche deine Antwort mit dem Anhang 3, S. 33.

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Anhang 1: Präsidialkabinette (1930 – 1933)

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Anhang 2: Zusammenfassung: Die nationalsozialistische Ideologie Hitlers Weltanschauung entwickelte sich 1919 bis 1924 und war 1925 („Mein Kampf'') voll ausgeprägt. An ihren Grundprinzipien (Rassen- und Lebensraumdoktrin) hielt er immer fest, auch wenn er seine politischen Mittel und Methoden öfters den jeweiligen Verhältnissen anpasste. Seine Ideologie bestimmte die gesamte Innen- und Außenpolitik des Dritten Reiches. Die NS-Ideologie bestand aus folgenden wesentlichen Elementen: Sozialdarwinismus (= Geschichtsdarwinismus), Rassenlehre, Antisemitismus, Elitedenken, Gewaltprinzip, Nationalismus, Imperialismus, Militarismus und Sozialismus. Durch den Sozialdarwinismus(= Geschichtsdarwinismus) übertrug Hitler die Lehre Darwins, dass sich in der Tierwelt nur der Stärkste durchsetzt, auf den Menschen. Seine Rassenlehre teilte die Menschen in höhere und niedere Rassen ein zwischen denen ein permanenter Kampf bestehe. Sein Antisemitismus ging von dem „minderwertigen Judentum" aus, das die arische Rasse bedrohe und dessen Vernichtung gerechtfertigt und „natürlich" sei. Hitlers Elitedenken ging davon aus, dass das deutsche Volk als Spitze der arischen Rasse ein Herrenvolk sei. Ausgehend von der verfälschten Darwin'schen Lehre wird das Recht des Stärkeren als „natürliches" Mittel der Selektion gesehen (= Gewaltprinzip). Die extreme Überbewertung der eigenen Nation (Nationalismus) stellt Begriffe wie „Lebens- und „Schicksalsgemeinschaft" in den Mittelpunkt. Erhaltung und Ausbau der Macht sowie Eroberung des notwendigen Lebensraums durch Unterwerfung anderer (Imperialismus) waren für Hitler „legal". Sein Militarismus richtete sich nicht nur nach außen, sondern war auch das gesellschaftlich bestimmende Strukturprinzip. Sozialismus hatte nichts mit dem marxistischen Sozialismus (Klassenkampf, Diktatur des Proletariats) zu tun, sondern hatte eine einheitliche homogene Volksgemeinschaft zum Ziel. Die NS-Ideologie hatte folgende Grundprinzipien: Der „Lebenskampf um das tägliche Brot" ist ein ewiger Kampf; da der Lebensraum der Völker bemessen ist, herrscht ein ewiger Kampf um Lebensraum. Der Krieg ist deshalb ein Naturzustand, für den es nur ein Naturgesetz gibt: Sieg oder Untergang. Daraus ergibt sich als oberstes Ziel des Staates die erfolgreiche Durchführung des Lebenskampfes. Der Erfolg allein rechtfertigt die Mittel, richtig und gut ist, was dem großen Ziel nützt. Der Staat selbst hat keinen Eigenwert, er ist lediglich Mittel zur Erreichung der grundlegenden Ziele.

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Anhang 3: Gründe für das Scheitern der Weimarer Republik