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5. Vorlesung Formale Sprachen Erweitertes Backus System DNA-Funktionseinheiten DNA-Sprachbetrachtungen Programmiersprache ? Literatur: Ratner V.A.: Molekulargenetische Steurungssysteme. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1977. Atlan, H., Koppel, M.: The Cellular Computer DNA: Program or Data. Bulletin of Mathematical Biology, 52, 335 – 348, 1990. Vorlesung Modellierung & Simulation Überblick

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5. Vorlesung

Formale Sprachen

Erweitertes Backus System

DNA-Funktionseinheiten

DNA-Sprachbetrachtungen

Programmiersprache ?

Literatur:Ratner V.A.: Molekulargenetische Steurungssysteme. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1977.

Atlan, H., Koppel, M.: The Cellular Computer DNA: Program or Data. Bulletin of Mathematical Biology, 52, 335 – 348, 1990.

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Erweitertes Backus-System

Spezifikation der Basensequenz einer DNA Funktionseinheit erfordert die Berücksichtigung der folgenden Eigenarten:

1. Funktionseinheiten sind durch eine spezifische Länge charakterisiert (z. B. die Pribnow-Box 6 bp, der Promotor hat eine Länge von 64 bp).

2. Es gibt Funktionseinheiten, die durch eine spezifische Häufigkeit von gewissen Basenpaaren bestimmt werden (z.B. Anfangsstück des Promotors besteht aus einer GC-reichen Sequenz, der eine AT-reiche Sequenz folgt).

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Zu 1.) Erweiterung des Backus-Systems

Schreibweise: k x k'.

x-mal Anwendung einer Backus-Regel.

Es gelte i = 1..p, j = 1..q, i,ßi,j (θ-{A} )* und k k' mit k,k',p,q

IN.

Backus-System erweitert:

(k:k') <A> ::= 1<A> ß1 | ... | p<A> ßp

<A> ::= 1 . ... . qVorlesung Modellierung & Simulation Sprachen

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Semantik:

- <A> ::= <A~k'> | <A~k'-1> | ... | <A~k> wobei <A~i> für i = k..k' neue Variable sind und

- <A~i> ::= 1<A~(i-1)> ß1 | ... | p <A~i-1> ßp

<A~0> ::= 1 | ... | q

wobei <A~i> für i = 0..k neue Variable sind. Vereinbarung:

Steht zu Beginn der erweiterten Regel statt (k:k') nur (k), so bedeutet dies (k:k). Vorlesung Modellierung & Simulation Sprachen

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Beispiel:Gegeben seien die folgenden Regeln:(2) <A> ::= <A> a | <A> b <A> ::= <C> <C> ::= <A> | <C>

diese Regeln bedeuten bezüglich der festgelegten Interpretation: <A> ::= <A~2> <A~2> ::= <A~1> a | <A~1> b <A~1> ::= <A~0> a | <A~0> b <A~0> ::= <C> <C> ::= <A> | <C>

Mögliche Ableitung:<A> <A~2> <A~1> a <A~0> aa <C> aa <A> aa ...Vorlesung Modellierung & Simulation Sprachen

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2. Erweiterung des Backus-Systems

Sei p,p',q,q' IN+ und gelte p/q p'/q'.

Zusätzliche Regel:

<C> ::= <A> <C> | <B> <C> (p/q,p'/q')

Semantik:

Wird diese Regel in einer Ableitung verwendet, dann liegt die Häufigkeit der Anwendung von

<C> <A> <C> zwischen p/q und p'/q'.

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Beispiel: <Promotor>

Sequenzierung Identifikation der charakteristischen

Nukleotidsequenz (naïve):

“GC-reiche Sequenz gefolgt von einer AT-reichen

Sequenz und der Pribnow-Box”

Spezifikation der Nukleotidsequenz:

G(Promotor) = ( { Promotor, AT_P, GC_P, AT, GC }, { A, T, G, C, Sequenz, Pribnow-Box }, R, Promotor)

mit R:

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<Promotor> ::= <GC_P> <AT_P> Pribnow-Box Sequenz

(10:15) <AT_P> ::= <AT> <AT_P> | <GC> <AT_P> (6/7,1)

<AT_P> ::= A | T

(10:15) <GC_P> ::= <GC> <GC_P> | <AT> <GC_P> (6/7,1)

<GC_P> ::= G | C

<AT> ::= A | T

<GC> ::= G | C

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Anwendungsbeispiel: Komplexität von Organismen

Definition: Wert einer Regel

Der Wert einer Regel ist durch die Multiplikation des Wiederholungs-

parameters (1, wenn kein Wert spezifiziert ist) mit der Anzahl der

Substrings der rechten Seite der Regel gegeben.

Definition: Komplexität eines erweiterten Backus Systems

Die Summe aller Werte der zu einer Grammatik gehörenden Regeln

spezifiziert die Komplexität des Backus Systems.

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<EXAMPLE> ::= <AT <SEQ> <GC> 1

(19) <AT> ::= <AT> T | <AT> A 38

<AT> ::= T | A 2

(9) <GC> ::= <GC> G | <GC> C 18

<GC> ::= G | C 2

(3) <SEQ> ::= A <SEQ> | T <SEQ> | C <SEQ> | G <SEQ> 12

<SEQ> ::= A | T | G | C 4 Summe 77

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Interpretation: DNA als Sprache

DNA: - Steuerungselement des Zellstoffwechsels.

- Lineare Verkettung von Grundelementen.

Grundelemente A = {A,T,G,C} oder {A,U,G,C}

:= Alphabet der Sprache.

Gesucht: Spezifische Sprache S  A*.

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Interpretation: DNA als Sprache

Es lassen sich zwei Ebenen der genetischen Sprache erkennen:

- Polynukleotide (Alphabet = { A,G,C,T,U }) und

- Polypeptide (Alphabet besteht aus den 20 Aminosäuren).

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Interpretation: DNA als Sprache

Genetische Sprache besitzt mindestens sechs Ebenen:

- Codon,

- Cistron,

- Scripton,

- Replicon,

- Segregon und

- Genom.

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DNA-Strukturen

Frage:

Mehrzahl der real existierenden Strukturen erfasst ?

- Annahme: Für Viren und Bakterien ist dies der Fall.

- Annahme: DNA-Strukturen sind universell, d.h. sie treten in allen Organismen auf.

Neben der “Universalität” des genetischen Codes ist von einer “Universalität” der DNA-Strukturen und somit der DNA-Sprache auszugehen.

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Idee:

DNA-Strukturen als Programmiersprache interpretierbar ?

Diskussion:

1. Spezifikation der Funktionseinheiten, indem die Basensequenzen und ihre Funktion beschrieben werden.

2. Anforderungen einer Programmiersprache überprüfen.

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DNA-Struktur Bemerkung

Intron Teilstruktur des Strukturgens

Exon Teilstruktur des Strukturgens

Leader Teilstruktur spezieller Strukturgene

Strukturgen durchläuft die Proteinsynthese

Spacer gilt als Trennstruktur

Repetitive Sequenz wiederholende Anordnung spezifischer Sequenzen

Palindrom gegenläufige DNA-Sequenz

Terminator signalisiert das Ende der Transkriptionseinheit

Pribnow-Box Teilstruktur des Promotors

Promotor signalisiert den Beginn der Transkriptionseinheit

Operator Sequenz der Genregulation

Regulator spezifisches Strukturgen

Shine-Dalgarno Sequenz der Genregulation

Operon Einheit der Proteinsynthese

Centromer Erkennungssequenz der Kernspindel

Telomer spezifische Endsequenzen

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DNA-Struktur Bemerkung

Origin Erkennungssequenz der DNA-Polymerase

Segregon Vererbungseinheit

LTR long terminal repeat

IS-Elemente dynamische Struktur des Genoms

Transposon dynamische Struktur des Genoms

Viren-DNA-RNA dynamische Struktur

Genfähre dynamische Struktur

Enhancer beeinflusst die benachbarten Promotoren

Mutatorgen beeinflusst die Mutabilität spezifischer Sequenzen

Onkogene Auslösung von Krebs

Sonkogene steuern die Onkogene

Historische Gene evolutionär stabile Sequenzen

Stumme Gene spezifische Strukturgene

Pseudogen spezifisches Strukturgen

überlappende Gene spezifische Strukturgene

Homöogen Operon, belegt die Modularität des Genoms

Chronogen Operon, belegt die Modularität des Genoms

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Eigenschaften der DNA-Sprachstrukturen

1. Minimale Anforderungen einer Programmiersprache festlegen.

2. Anforderungen werden von spezifischen DNA-Strukturen erfüllt.

Charakteristiken der DNA-Sprachstrukturen im Rahmen der

genetischen Prozesse erarbeitet.

Basis, für die Genetische Grammatik.

Regelsystem (Syntax)

Erzeugung syntaktisch korrekter DNA-Programmsequenzen.

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Vorbemerkungen

Das von Neumannsche Konzept der Datenverarbeitung

Paralleler 'Universalrechner‘ ?

Von Neumann Rechner:

Programm ist eine lineare Kette von Instruktionen, die sequentiell

abgearbeitet werden. Datentypen bzw. Datenstrukturen sind in

Abhängigkeit von der benutzten Programmiersprache vordefiniert.

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Strukturelemente einer Programmiersprache

B1: Datentypen (definierbare Datentypen oder Standardtypen)

Bemerkung: Theoretisch ist ein Datentyp ausreichend.

B2: Operationen (Anweisungen)

Standardoperationen oder definierbare Operationen

B3: Kontrollanweisungen

Bemerkung: Ablauf des Programms steuern

B4: Interpunktionszeichen (Trennzeichen)

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Kontrollanweisungen

Semantik: Äquivalente Flussdiagramme.

K1: Komposition von Anweisungen

S1; S2;...; Sn

Semikolon wird als Folgeoperator interpretiert; er besagt, dass die nachfolgende Anweisung erst ausgeführt wird, wenn die vorangehende beendet ist.

S1 S2 Sn...

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K2: Bedingte Anweisung (If-Anweisung)

If B then S

S sei eine Anweisung und B eine Bedingung, die den Wert WAHR oder FALSCH annehmen kann.

B

S

Falsch

Wahr

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K3: Wiederholungsanweisung (While-Anweisung)

While B do S

S sei eine Anweisung und B eine Bedingung, die den Wert WAHR oder FALSCH annehmen kann.

B S

Falsch

Wahr

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Außerdem zählt die For-Anweisung

For i=1 to n do S

und die Repeat-Anweisung

Repeat S until B

zur Klasse der Wiederholungsanweisungen.

Simulierbar: Spezifische While-Anweisungen.

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K4: Beginn- und Endmarkierung des Programms

Begin S1;...; Sn End

Bemerkung:

Wiederholungsanweisungen (While, For und Repeat) sind durch bedingte Anweisungen / Sprungbefehl simulierbar.

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Interpretationsversuch als Pogrammiersprache

DNA = Genetisches Programm einer Zelle.

Datentypen = Zellplasma bzw. lokale Zellumgebung.

Datentypen (Metabolitklassen)

vorhanden/definierbar (B1).

Bemerkung: Geeignete Kodierung erlaubt die Einschränkung auf einen Datentyp. Somit wollen wir die weitere Diskussion auf die Substanzen (S) beschränken.

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Interpretationsversuch als Pogrammiersprache

Operationen (Aktionen)

Substanzklasse: Chemische Wechselwirkungen, die durch Enzyme katalysiert werden.

Operatoren

Enzyme: Im Genom durch Strukturgene repräsentiert (B2).

‘Elementare Anweisungen'

DNA-Strukturen: Operationen auf Substanzen etc..

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Bemerkung

Verschiedene Strukturgene repräsentieren neben den 'elementaren Anweisungen' Baupläne für zelluläre Betriebsmittel und werden 'elementare Anweisungen im erweiterten Sinn' genannt.

Definition: Zelluläre Betriebsmittel

Moleküle bzw. Makromoleküle, die die genetischen Prozesse ausführen oder an der Ausführung beteiligt sind (z.B. rRNA, tRNA, RNA-Polymerase, DNA-Polymerase, Ligase, Topoisomerase, etc.).

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Definition: Elemenar anwendbare Anweisung

Eine 'elementare Anweisung' heißt 'elementar anwendbare Anweisung', wenn

1. mindestens eine Erkennungsstelle (Promotor) vorgeschaltet und

2. mindestens eine Terminatorsequenz nachgeschaltet ist.

Durchläuft eine 'elementar anwendbare Anweisung' den Proteinsyntheseprozeß, so wird dies Aktivierung genannt.

Beispiel: Operon

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Strukturgen

Substrat

Enzym

Produkt

Elementare AnweisungElementare Anweisung

AktivierungAktivierung

OperatorOperator

OperationOperation

OperonOperon

ExpressionExpression

SyntheseproduktSyntheseprodukt

BiochemischeBiochemische

ReaktionReaktion

Promotor Strukturgen Terminator

SubstratEnzym

Produkt

Elementar anwendbare Elementar anwendbare AnweisungAnweisung

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Komposition von elementaren Anweisungen:

- Operon mit mehreren Strukturgenen,

- Sequentielle Verkettung von 'elementar anwendbaren Anweisungen' möglich (zu K1).

Spacer trennt diese Einheiten (Interpunktionszeichen (zu B4).

Beispiel: Das Lactose-Operon enthält die drei Strukturgene ß-Galactosidase (S1), Galactosid-Permease (S2) und Thiogalactosid-Transacetylase (S3).

Promotor S1 S2 ... Sn Terminator

A0 A1 An-1 An

Promotor S1 Terminator Spacer ... Promotor Sn Terminator Spacer ...

A0 ... An-1 An

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Bedingte Anweisung: Ein spezifisches Operon

Operon umfaßt einen Operator und zwei oder mehrere Strukturgene. Eines dieser Strukturgene wirkt als Repressor des Operators, so dass die 'elementar anwendbare Anweisung' nur eine definierte Operation durchführt (zu K2).

Beispiel: Operon L14 von Escherichia coli reguliert eigene Synthese.

Promotor Operator_X Regulator_X Strukturgen S Terminator

A0 An

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Der boolesche Wert der Bedingung B wird durch den Zustand des Operators wie folgt festgelegt:

WAHR ::= wenn der Operator geöffnet ist und

FALSCH ::= wenn der Operator geblockt ist.

Operator-X geöffnet

Aktivierung (Regulator-X und Strukturgen-S)

Dabei sorgt der Regulator-X für die 'einmalige' Operation, indem er den spezifischen Operator-X blockiert.

Strukturgen-S repräsentiert die auszuführende Operation S.

Unter dieser Interpretation gilt: If B then S.

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Wiederholungsanweisungen

For-Anweisung: Durch repetitive Sequenzen oder durch einen Zählermechanismus realisierbar.

While-Anweisung: Spezifisches Operon.

Beispiel: Das Tryptophan-Operon besteht aus:

Promotor, Operator und den Strukturgenen

trpE, trpD, trpC, trpB, trpA sowie dem Terminator.

Promotor Operator Strukturgen Terminator

A B

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Der boolesche Wert der Bedingung B wird durch den Zustand des Operators wie folgt festgelegt:

WAHR ::= Operator ist geöffnet und

FALSCH ::= Operator ist geblockt ist.

Das Strukturgen repräsentiert die auszuführende Operation S.

Operator geöffnet

Strukturgen in Aktion, bis Operator geblockt (zu K3).

Unter dieser Interpretation gilt:

While B do S

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Beginn- und Endmarke einer Vererbungseinheit, somit eines DNA-Programms, repräsentieren die Telomer-Sequenzen (zu K4).

Ergebnis: Die DNA erfüllt auf der Ebene der analysierten Strukturen die Anforderungen einer Programmiersprache und ist als Programmiersprache interpretierbar.

Klassifikation der DNA-Strukturen:

Strukturgen ist die 'elementare Anweisung'.

Es gibt drei Klassen von 'elementaren Anweisungen':

- Datenmanipulation (Katalyse),

- Zelluläre Betriebsmittelerstellung und

- Synthese von anderen Zellbausteinen.

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Operon ist die 'elementar anwendbare Anweisung‘.

Spacer ist das Interpunktionszeichen.

Kontrollanweisungen sind:

Promotor tritt mit den zellulären Betriebsmitteln in Wechselwirkung und leitet die Transkription ein.

Enhancer beeinflusst die Promotoraffinität.

Terminator tritt mit den zellulären Betriebsmitteln (RNA-Polymerase) in Wechselwirkung und beendet die Transkription.

Operator tritt mit Regulator-Molekülen (Daten bzw. Anweisungen) in Wechselwirkung und steuert dadurch den Transkriptionsprozess.

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Regulator tritt über das Regulatorprotein mit der spezifischen Operatorsequenz in Wechselwirkung und steuert dadurch den Transkriptionsprozeß.

Origins, Palindrome und Shine-Dalgarno Sequenzen treten mit Betriebsmitteln in Kontakt, so dass auch sie zur Klasse der

Kontrollanweisungen zählen.

Chronogene nehmen die Auswahl von verschiedenen Differenzierungsprogrammen vor.

Homöogene aktivieren über ihre Syntheseprodukte die homöotischen Strukturgene.

Transposonen, Viren-RNA und Genfähren enthalten Kontrollanweisungen sowie 'elementar anwendbare Anweisungen‘.

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DNA-Sprachstrukturen zeigen folgende Charakteristiken:

a) Segregon, Chronogene und Homöogene dokumentieren die Modularität des Genoms.

b) Die Aktionsstärke einer 'elementar anwendbaren Anweisung‘ ist probabilistisch (Promotoraffinität, freie Betriebsmitteln, Shine-

Dalgarno Sequenz, Lebenszeit der mRNS und der Lebensdauer des Syntheseproduktes).

c) Dynamische DNA-Strukturen.

d) Überlappende Gene (z.B. SV40-Virus).

e) Alle geöffneten 'elementar anwendbaren Anweisungen‘ sind simultan aktivierbar (parallele Abarbeitung).

f) Operationen werden in Abhängigkeit von Daten gesteuert, da die Operatoren von anderen Daten (Induktoren bzw.

Repressoren) 'geöffnet' bzw. 'geblockt' werden (Datenfluss).

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Ergebnis: Die DNA zeigt auf der Ebene der analysierten Strukturen komplexe Sprachkonstrukte.

Zusammenfassende Darstellung der Eigenschaften:

1. Genom ist modular organisiert, Anweisungen und Module können überlappen.

2. Operationsstärke einer 'elementar anwendbaren Anweisung' ist probabilistisch.

3. Genom (DNA-Programm) ist dynamisch (Transposon, Genfähre, Rekombination und Mutation).

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4. Simultane Aktivierung der 'elementar anwendbaren Anweisungen' in Abhängigkeit von den vorhandenen Betriebsmitteln und Kontrollanweisungen.

5. Das Betriebsmittelreservoir ist variabel und vom Programmablauf steuerbar, d.h. die Granularität der genetischen Prozesse und Biosyntheseprozesse (Abarbeitung des genetischen Programms) ist steuerbar.

6. Daten und Kontrollanweisungen steuern den Programmfluß.

7. Der genetische Speicher ist kein adressierbarer Raum.

(Fast) jede Körperzelle besitzt das gesamte genetische Programm.

Genom repräsentiert auch evolutionärer Redundanz. 

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Regelsystem zur Erzeugung syntaktisch korrekter

DNA-Programmsequenzen

 

DNA-Programm ~ eine lineare Verkettung von Funktionseinheiten.

DNA-Programme sind Worte über dem Alphabet A,

das sich aus den DNA-Strukturen zusammensetzt.

Frage:

Gibt es eine Regelgrammatik, die syntaktisch korrekte DNA-Programme erzeugt ?

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