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Zeitschrift fiir die gesamte experimentelle Medizin 133, 62--66 (1960) Aus dem Pharmakologisehen Institut der Justus-Liebig-Universit~t GieBen (Direktor: Prof. Dr. W. G~AB) und der Kardiologischen Abteilung (Leiter: Prof. Dr. I~. KNEBEL) des W. G. Kerekhoff-institutes der Max-Planck-Gesellschaft Bad Nauheim (Direktor: Prof. Dr. I~. T~_~VE~) Abnahme der Coronardurehblutung naeh Adrenalin und Noradrenalin an narkotisierten und wachen Hunden* Voil J. D(iRNEI~ und E. WICK Mit 3 Textabbildungen (Eingegangen am 17. Dezember 1959) Die Beeinflussung der Coronardurchblutung dureh Adrenalin und Nor- adrenalin ist oft Gegenstand experimenteller Untersuehungen gewesen (Literatur s. D6I~NEI~, WiGI~IA, GXEGG). Naeh intravendser Injektion der erwahnten Sympathicomimetika wurde beim Ganztier fast immer eine Zunahme der HerzkranzgefaSdurchblutung gesehen. Aueh naeh direlcter Injektion yon Adrenalin und Noradrenalin in die Coronargef~ge tritt eine Durehblutungssteigerung ein. BEI~XE beobaehtete dagegen bei dieser Ver- abreichungsart beim Hund eine Abnahme der Coronardurehblutung. MELVILLE U. LU kamen am isolierten Kaninehenherzen zu den gleichen Ergebnissen. Die Zunahme der Coronardurehblutung nach diesen Substanzen kann sehr versehiedene Ursachen haben. Sic sind in den entsprechenden Ar- beiten diskutiert worden. Allgemein wird angenomraen, dab Adrenalin und Noradrenalin entgegen ihrem Verhalten an den meisten fibrigen Ge- fgBen die Coronararterien aussehlieglieh erweitern, so dab die tIerz- kranzgefgge eine Ausnahmestellung einnehmen wfirden. BERNE dagegen tblgert auf Grund seiner Untersnehungsergebnisse eine primer konstrik- torisehe Wirkung der Sympathieusiibertr/~gerstoffe aueh an den Coronar- arterien. Aueh WIGGE~S kommt bei seinen Dnrehblutungsmessungen zu dem SehluB, dab Adrenalin in kleinen Dosen den Widerstand im Gef/~B- gebiet der Coronararterien erhSht. Da eigene Untersuehungen fiber die Einwirkung yon Adrenalin und Noradrenalin auf die Coronardurehblu- tung an narkotisierten und waehen tIunden zeigten, dag aueh bei intra- ven6ser Injektion die Coronardurehblutung oft abnehmen kann, soll dar- tiber beriehtet werden. * Mit Unterstiitzung der ,,Dr. Karl-Wilder-Stiftung".

Abnahme der Coronardurchblutung nach Adrenalin und Noradrenalin an narkotisierten und wachen Hunden

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Page 1: Abnahme der Coronardurchblutung nach Adrenalin und Noradrenalin an narkotisierten und wachen Hunden

Zeitschrift fiir die gesamte experimentelle Medizin 133, 62--66 (1960)

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Justus-Liebig-Universit~t GieBen (Direktor: Prof. Dr. W. G~AB) und der Kardiologischen Abteilung (Leiter: Prof. Dr. I~. KNEBEL) des W. G. Kerekhoff-institutes der Max-Planck-Gesellschaft Bad

Nauheim (Direktor: Prof. Dr. I~. T~_~VE~)

Abnahme der Coronardurehblutung naeh Adrenalin und Noradrenalin an narkotisierten und wachen Hunden*

Voil

J. D(iRNEI~ und E. WICK

Mit 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 17. Dezember 1959)

Die Beeinflussung der Coronardurchblutung dureh Adrenalin und Nor- adrenalin ist oft Gegenstand experimenteller Untersuehungen gewesen (Literatur s. D6I~NEI~, WiGI~IA, GXEGG). Naeh intravendser Injektion der erwahnten Sympathicomimetika wurde beim Ganztier fast immer eine Zunahme der HerzkranzgefaSdurchblutung gesehen. Aueh naeh direlcter Injektion yon Adrenalin und Noradrenalin in die Coronargef~ge tr i t t eine Durehblutungssteigerung ein. BEI~XE beobaehtete dagegen bei dieser Ver- abreichungsart beim Hund eine Abnahme der Coronardurehblutung. MELVILLE U. LU kamen am isolierten Kaninehenherzen zu den gleichen Ergebnissen.

Die Zunahme der Coronardurehblutung nach diesen Substanzen kann sehr versehiedene Ursachen haben. Sic sind in den entsprechenden Ar- beiten diskutiert worden. Allgemein wird angenomraen, dab Adrenalin und Noradrenalin entgegen ihrem Verhalten an den meisten fibrigen Ge- fgBen die Coronararterien aussehlieglieh erweitern, so dab die tIerz- kranzgefgge eine Ausnahmestellung einnehmen wfirden. BERNE dagegen tblgert auf Grund seiner Untersnehungsergebnisse eine primer konstrik- torisehe Wirkung der Sympathieusiibertr/~gerstoffe aueh an den Coronar- arterien. Aueh WIGGE~S kommt bei seinen Dnrehblutungsmessungen zu dem SehluB, dab Adrenalin in kleinen Dosen den Widerstand im Gef/~B- gebiet der Coronararterien erhSht. Da eigene Untersuehungen fiber die Einwirkung yon Adrenalin und Noradrenalin auf die Coronardurehblu- tung an narkotisierten und waehen t Iunden zeigten, dag aueh bei intra- ven6ser Injektion die Coronardurehblutung oft abnehmen kann, soll dar- tiber beriehtet werden.

* Mit Unterstiitzung der ,,Dr. Karl-Wilder-Stiftung".

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Abnahme der Coronardurehblutung naeh Adrenalin nnd Noradrenalin 63

Methodik tiber die Methodik der fortlaufenden Registrierung des Blutdruekes und der

Coronardurchblutung am waehen I-Iund wurde ausffihrlieh in dieser Zeitsehrift beriehte~ ( D 6 ~ u. WICK). }tier sei nur alas Wesen~lichste wiederhol~: In Morphin- Pernoctonnarkose (2 mg/kg Morphin i.m., etwa ~ Std sparer 1 4 4 5 mg/kg Per- nocton i.v.) wurde unter sterilen Bedingungen ein Thermoelement yore Typ a der Reinschen ElemenCe am t{amus cireumflexus der linken Coronararterie angelegt und der Thorax wieder sehichtweise verschlossen. Die Blutdruckmessung erfolgte fiber einen in eine A. femoralis eingebundenen Poly~thylenschlauch mit einem Statham-Element. Adrenalin and Noradrenalin wurden in einer Dosis yon 0,5 und 2 ~/kg in Narkose und in den ersten Tagen nach der Operation innerhalb 1 rain intraven6s gespritzt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse sind Versuchen an 15 Hunden im Gewicht yon 4,7 bis 15,5 kg entnommen. Insgesamt wurden 38 Adrenalininjektionen in 13 Versuchen vorgenommen, 19 davon wahrend Narkose und 19 am wachen Tier. Noradrenalin injizierten wir 23ma1 in 5 Versuchen, l lmal davon in Narkose. Prinzipielle Wirkungsunterschiede bestanden dabei, wie dies aueh aus der Literatur bekannt ist, zwisehen Adrenalin und Noradrenalin nieht. Zwischen den Ergebnissen in Narkose und im wachen Zustand war ebenfalls kein deutlicher Untersehied vorhanden (soweit die Anzahl der l%eaktionen eine solehe Feststellung zulagt). Lediglich die I-Ierzfrequenz nahm, wie bekannt, beim waehen Tier naeh Noradrenalin eher ab, wahrend sie beim narkotisierten eher zunahm. Die Wiedergabe der Ergebnisse erfolgt daher fiir Adrenalin und Noradrenalin gemeinsam. Der Blutdruck stieg fast immer an, selten nahm er nach 0,5 7/kg Adre- nalin ab oder blieb unver&ndert. Sekundar kam es oft zu der bekannten Blutdrueksenkung. Diese war nieht selir ausgepragt und trat bei Adre- nalin haufiger auf als bei Noradrenalin.

Das Verhalten der Coronardurehblutung war demgegeniiber sehr unterschiedlieh. In 27 yon insgesamt 61 Reaktionen erfolgte eine reine Durchblutungszunahme, die mit der Blutdruekkurve allerdings nicht im- mer parallel verlief. Bei 5 Injektionen kam es naeh der Durchblutungs- steigerung sekundar zu einer m/iBigen Abnahme der Durehblutung. 14mal beobachteten wir eine reine Durehblutungsabnahme. In 6 Fallen folgte auf diese Abnahme noch w/~hrend der Blutdrueksteigerung eine Zunahme der Coronardurehblutung. 5 weitere geaktionen ergaben ebenfalls eine I-Ierabsetzung der Durchblutung. Erst nach Normalisierung des Blut- drueks stieg dabei die Durehblutung geringfiigig an. 4mal blieb die Herz- kranzgefiiBdur ehblutung unbeeinfluBt.

Setzen wir die ]dnderungen der Coronardurehblutung zu den Blut- druck/~nderungen in Beziehung, so sahen wir in 25 yon 61 Reaktionen bei angestiegenem oder unver/~ndertem Blutdruck eine zeitweise oder

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Abb. 1. H u n d , 9,6 kg. Narkose . Z n n a h m e des B lu td rucks u n d tier Coronardm~chblutung naeh in t r avenSse r I n j e k t i o n yon 2 7/kg Adrenal in . I n j e k t i o n s d a u e r : 1 rain

Abb. 2. t t u n d , 7,5 kg. ~ raehz t~ t and . Abna lmle der Corona rdu rchb lu t tmg bei ge r ingem Blu td ruckans t i eg naeh in t r avenSse r I n j e k t i o n yon 0,5 y/kg Adrenal in. I n j e k t i o n s d a u e r :

1 rain

Abb. 3. H u n d , 10,0 kg. Waehzus tamd. B l u t d r u e k a n s t i e g und zei tweise Abna tnne der Coronardurchblntung nach intraven6ser Injek~ion yon I0 mg/kg Cardiazol. Injektions-

d a u e r : 67 sec

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Abnahme der Coron~rdurchblutung nach Adrenalin und ~oradrenaiin 65

anhaltende Abnahme der Coronardurchblutung. 7real blieb ferner die tterzkranzgef~J]durehblutung w~hrend des Blutdruekanstiegs zeitweise oder ganz unbeeinflul~t. Abb. 1 zeigt ein Beispiel ffir eine Durehblutungs- zunahme, Abb. 2 fiir eine Durehblutungsabnahme.

Erw~thnenswert in diesem Zusammenhang ist, dab mehrere Male nach i. v. Injektion yon 10 mg/kg Cardiazol bei wachen Tieren der Blutdruck anstieg und die Coronardurehblutung abnahm (Abb. 3). Die Tiere wurden nach dieser relativ hohen Dosis erregt.

Besprechung Die Ergebnisse zeigen, da~ die Coronardurehblutung nach Adrenalin

und Noradrenalin bei steigendem Blutdruek auch abnehmen kann. Dieser Befund steht in Einklang mit den einleitend erw~hnten neueren Unter- suchungsergebnissen. Man kann daraus auf eine eonstrictorisehe Wir- kung beider Substanzen aueh an den Coronargef~tl3en sehliel~en. Diese Wirkung tr i t t allerdings in vielen Fi~llen wegen anderer zu einer Steige- rung der Coronardurehblutung ffihrender Kreislaufumstellungen nieht in Erseheinung. Hierher gehSren vor allem die Blutdrucksteigerung und die stoffwechselbedingte Gef~l]erweiterung. Auch der Zustand der Tiere und die Dosierung werden fiir den Ausfall der Reaktionen von Bedeutung sein. WIGGlerS sah eine WiderstandserhShung im Gefs der Co- ronararterien nur nach kleinen Adrenalindosen (die Dosen sind nieht angegeben). Aueh wir verwendeten relativ kteine Dosen, die wir langsam injizierten. Sto~injektionen kSnnen bei gleicher Dosis eine andere Wir- kung haben. Ferner ist zu berfieksiehtigen, dab die Anspreehbarkeit auf vasoeonstrictorische Reize bei einem dauernd in T~tigkeit befindliehen Organ geringer ist als bei einem ruhenden. Darauf hat besonders R~I~ hingewiesen.

Die Ergebnisse finden eine Parallele in anderen mit gleieher Methodik erhaltenen Befunden, nach denen die Coronardurchblutung spontan oder als Reaktion auf s Reize mit Aktivierung des sympathischen Sy- stems abnehmen kann ( D S ~ E ~ u. WICK, WICK u. DS~ER).

Zusammenfassung An narkotisierten und waehen Hunden wurden der Blutdruck mit einem

Stathamelement und die Coronardurehblutung mit der Thermostromuhr registriert. Neben einer Zunahme der Durehblutung erfolgte h~ufig nach i. v. Injektion yon Adrenalin oder Noradrenalin aueh eine Abnahme der Coronardurchblutung, obwohl der Blutdruck anstieg. Daraus kann ge- sehlossen werden, dab diese Substanzen auch an den Coronararterien constrietorisch wirken kSnnen.

Z. ges. exp. Med., Bd. 133 5

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66 D S ~ N ~ und WICK: Coronardurchblutung nach Adrenalin und Noradrenal ln

Literatur B ~ , R. M.: Circular. Res. 6, 644 (1958). - - DSR~ER, J. : Pfliigers Arch. ges.

Physiol. 257, 480 (1953). - - DSR~E~, J., u. E. WICK: Verh. dtsch. Ges. Kreisl.- Forsch. 25, 249 (1959). - - Z . ges. exp. Med. 182, 418 ( 1 9 5 9 ) . - GaEOG, D. E.: Coro- nary Circulation in Heal th and Disease. Philadelphia: Lea & Febiger 1950. - - MELVILLE, K. I., and F. C. L v : J . Pharmacol. exp. Ther. 99, 286 (1950). - - R~.IN, H. : Verh. dtsch. Ges. Kreisl.-Forsch. 10~ 27 (1937). - -WkG~IA, R. G. E.: Pharmaco]. Rev. 8, 197 (1951). - - WICK, E., u. J . ])SRNI~R: Z. Krcisl.-Forsch. (im Druck). - - WIGG~RS, C. J. : Circular. Res. 2~ 271 (1954).

Prof. Dr. J. DSR~ER, GieBen, Wilhelmstral]e 20

Dr. E. Wick, GieBen, igedizinische Poliklinik