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Alkohol, Verkehrsmedizin, Blutspuren Dr. med. J. Manhart Institut für Rechtsmedizin Direktor: Prof. Dr. med. A. Büttner Rostock, IfRM

Alkohol, Verkehrsmedizin, Blutspuren · Effekte infolge forcierter Durchblutung des ZNS (25 % des Herz-Minuten-Volumens) Diskrepanz zwischen Alkoholeffekten und (relativ) niedriger

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Alkohol, Verkehrsmedizin, Blutspuren

Dr. med. J. Manhart

Institut für Rechtsmedizin

Direktor: Prof. Dr. med. A. Büttner

Rostock, IfRM

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Wichtiger Hinweis

Es ist nicht gestattet, während der Vorlesung zu fotografieren oder zu filmen!

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Redundanz !

…erhöht den Lerneffekt….

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EXTRA !

Arzt - Patienten Kommunikation: Was von Ihnen im PJ erwartet wird… (werden darf?)

1. Sich Vorstellen, Blickkontakt, „die Hand geben“

2. Patienten im ersten Redefluss nicht sofort unterbrechen

2. Erklären, was gemacht wird, was passiert

4. Für den Patienten verständlich formulieren (Fachausdrücke erklären)

5. Rückkopplung : „Haben Sie noch Fragen?“

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Rechtsmedizin – Wintersemester 2015/2016Art der Prüfung/ Prüfungstermin:MC-Klausur, Frühjahr 2016 (Sommersemester)

Zulassungsvoraussetzungen für die KLAUSUR AM 29.04.2016:

• Teilnahme an der Hauptvorlesung (Wintersemester)

• Teilnahme an den 3 Seminaren im SommersemesteràAm 08.04.2016 und 15.04.2016 und 22.04.2016

• Leichenschaukurs im Krematorium (Sommersemester)

à Veranstaltungen im Sommersemester mittels Laufzettel bestätigen lassen - Ausgabe beim 1. Seminar, bitte nicht vorher ausdrucken!

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Literaturempfehlung

àWolfgang Keil: BASICS RechtsmedizinUrban & Fischer 2009ISBN: 978-3-437-41391-9 (ca. 19,99 €)

à ergänzend Vorlesungsskripte ab 2016 zum Download auf der Homepage des Institutes für Rechtsmedizin(Kein Anspruch auf Vollständigkeit!)

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Für Ärzte in Weiterbildung,Fachärzte mit wenig Leichenschaupraxis,Polizisten und Juristen

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Einteilung

Alkohol (Basics, Epidemiologie, BAK-Kinetik, Wirkung, Testverfahren)

Rechtliche Relevanz

Drogenfahrt

Blutspuren

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Fallvorstellung

„Bedrohungslage“

Frau findet „Fleisch“ im Briefkasten…(Streitigkeiten mit Nachbarn)

-> Gang zur Polizei

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Fallvorstellung

Keine menschlichen Herzen

Frage, ob „Hausschlachtung“ oder „industrielle Schlachtung“ vorgelegen habe, kann allein aus den Spuren nicht beantwortet werden…

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Alkohol – Basics (Allgemeinwissen)

Volumenprozent (ml/L)Ein Vol. % entspricht ca. 0,8 g Alkohol (Ethanol-Dichte: 0,789 g/cm3)

Energiegehalt7 kcal pro Gramm Alkohol, entspricht etwa dem von Fett (9 kcal).

BAKDie im Blut festgestellte Alkoholmenge wird Blutalkoholkonzentration genannt. Sie wird in Promille (‰) angegeben, was der Alkoholmenge in Gramm pro 1.000 g Vollblut entspricht.

Toleranz Phänomen der Gewöhnung (verringerte „Empfindlichkeit“ auf Alkohol)

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Alkohol – Basics (Allgemeinwissen)

-in Wasser löslich ! (Körperwasseranteil bei Männern ca. 70 %, bei Frauen ca. 60 %)

- sehr gutes Lösungsmittel !

Alkohol löst:

Beziehungen/EhenVermögenArbeitsplätzeFreundschaften

und sogar

Gehirnzellenauf…

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Alkohol – Pathophysiologie (steht im Herold)

F10.x– .0 akute Intoxikation– .1 schädlicher Gebrauch (Organschäden, z. B. Fettleber)– .2 Abhängigkeitssyndrom (Kriterien der Sucht müssen erfüllt sein)

Sucht: Toleranz, Kontrollverlust, Entzug, Craving– .3 Entzugssyndrom– .6 Wernicke-Korsakoff Syndrom (Wernicke=akuter Vit. B1 Mangel)

Trinker Typologie nach Jellinek– Alpha - Konflikttrinker („gefährdet“)– Beta - Gelegenheitstrinker („alkoholnaher Lebensstil“)– Gamma - Alkoholabhängigkeit (Konsumkontrollverlust; alkoholkrank)– Delta - Pegeltrinker (alkoholkrank)– Epsilon - Quartalstrinker (alkoholkrank)

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Alkohol – Pathophysiologie (steht auch im Herold)

Ösophagitis/ Reflux/ Mallory Weiss

Gastritis/ Blutung

Mangel-/ Fehlernährung

Fettleber/ Hepatitis/ Leberzirrhose

Pankreatitis

Alkoholtoxische dilatative Kardiomyopathie

Hypertriglyceridämie/ Hypokglykämie (WICHTIG: Alkohol hemmt Gluconeogenese !)

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Alkohol - Konsum

In Gramm Reinalkohol pro Tag: Risikoarmer Konsum Frauen: bis 12 g

Männer: bis 24 g

Riskanter Konsum Frauen: mehr als 12 g bis 40 g

Männer: mehr als 24 bis 60 g

Gefährlicher Konsum Frauen: mehr als 40 g bis 80 g

Männer: mehr als 60 g bis 120 g

Hochkonsum Frauen: mehr als 80 g

Männer: mehr als 120 g

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Alkoholgehalt von Getränken

„Standarddosis“: 0,5 l Pils = 20 g

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MM--V V 20112011

8,5

9

9,5

10

10,5

11

11,5

1995

2000

2005

2008

2009

2011

2012

Pro-Kopf-Konsum in Liter Alkohol Deutschland (Quelle: Jahrbuch Sucht; Gärtner 2014)

Menge [L]

Hauptursache für Übersterblichkeit in M-V

Jahr

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Anteil von Menschen mit ungesundem Alkoholkonsum nach deutschen Bundesländern* (Deutschland im Jahr 2010)

Anteil der Befragten

Ungesunder Alkoholkonsum im BundesländervergleichDeutschland

Quelle:DKV, Zentrum für Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln, DKV-Report „Wie gesund lebt Deutschland?“, Seite 17Hinweis: Weitere Angaben zu dieser Statistik, sowie Erläuterungen zu Fußnoten, sind im Backup des Dossiers auf Seite 8 zu finden. ID 163265

in %

20,10 19,80 19,80 19,00 18,80 18,40 18,30 18,00 17,4016,00

14,5012,90

6,90

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0

5

10

15

20

25

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alkoholbedingte Morbidität Jugendlicher

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Alkohol und Straftaten

Anteil alkoholisierter Straftäter:

gesamt: 13,4 % (PKS 2013)

Verkehrsunfälle mit Personenschaden/Tod: ca. 10 - 20 %

Gewaltdelikte: 31,8 %

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X,X ‰ – wie kommt man dort hin ?

Alkohol wird nicht zu 100% resorbiert (sog. Resorptionsdefizit)

Abhängig von Alkoholgehalt, aufgenommener Nahrung, Trinkumständen von 10-30%

Körperwasseranteil: Männer 70 %; Frauen 60 %

‰ = resorbierter Alkohol in g

Körperwasseranteil in Kg

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X,X ‰ – wie kommt man dort hin ?

resorbierte

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Alkoholstoffwechsel und Blutalkoholkonzentration

Resorption: (passiver) Diffusionsvorgang! Resorptionsdefizit!

– Mundhöhle und Ösophophagus (< 5 %)

– Magen (10-15 %)

– Duodenum und Jejunum (> 80%)Verteilung: Wassergehalt im Vergleich zum Blut! Reduktionsfaktor!

– Muskel 80 %

– Gehirn 70 %

– Urin 130 %

– Bradytrophes Gewebe (auch: Fettgewebe << 50 %)

Elimination:

– Oxidativer Abbau über die Leber (> 95%)! Stündl. Abbaurate!

– Abatmung < 5 %

– Urin < 2 %

– Schwitzen < 2 %

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Atypische Verläufe der Alkoholverteilungskurve

Sturztrunk: Anflutung > 1.0 Promille/StundeSchwerste psychomotorische Ausfallerscheinungen (Gang, Sprache) und toxische Effekte infolge forcierter Durchblutung des ZNS (25 % des Herz-Minuten-Volumens) Diskrepanz zwischen Alkoholeffekten und (relativ) niedriger BAK

DiffusionssturzPeak in der Alkoholverlaufskurve bei nachhinkender Diffusion des Alkohols aus der Blutbahn in das Gewebe; folgender beschleunigter Abbau > 0,2 Promille/ Stunde: Nachgeordnete forensische Relevanz im Verkehrsrecht, da bei Trunkenheitsfahrt der Zeitpunkt der Überschreitung des Grenzwertes nicht nachgewiesen werden muss

Nachresorption:Verzögerte Freisetzung von BAK in Blutbahn = Erneuter Anstieg 90 - 120 min. nach Trinkende durch verzögerte Magenpassage: Hohe forensische Relevanz im Verkehrsrecht; Rückrechnung nur bis 120 min. nach Trinkende möglich

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Dettling A et al.; aus Rechtsmedizin 2014 (24):381-386

VT=Vortrunk; NT=Nachtrunk; BE= Blutentnahme

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Dettling A et al.; aus Rechtsmedizin 2014 (24):381-386

120 min.

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0,5 - 1,5 ‰ Leichter Rausch

– All. Auflockerung, Rede- und Tatendrang, Beschwingtheit (Schwips)

– evtl. verwaschene Aussprache, Übelkeit

1,5 - 2,5 ‰ Mittelschwerer Rausch

– Euphorie oder aggressive Gereiztheit, Umwelt und soziale Bedeutung noch wahrgenommen, Sprunghaftigkeit von Denken und Handeln

– Gangunsicherheiten, verwaschene Aussprache, Übelkeit, Erbrechen

> 2,5 ‰ Schwerer Rausch

– Bewusstseinsstörungen, Desorientiertheit, Benommenheit-Schlaf

– ggf. akute (letale) Alkoholintoxikation, Torkeln, Lallen, Amnesie

3,5 - 5,0 ‰ Akute Alkoholintoxikation

– Komatöse letale Dosis auch bei Alkoholgewohnten

Alkoholwirkung und BAK (mod. nach Feuerlein 1976)

Keine starre Dosis-Wirkungs-Beziehung

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Abnorme Alkoholreaktion (sog. „Pathologischer Rausch“)*

Sehr selten, aufgrund der Nichtvorhersehbarkeit strafrechtliche Exkulpierung

Tathandlungen schlagartig (ohne erkennbaren Anlass) und ungerichtet mit schwerer Aggressivität gegen Menschen und Sachen

§ Diagnostik

– Relativ niedrige BAK

– Schlagartig einsetzende inadäquate Affekte

– Ggf. Fehlen von alkoholtypischen motorischen Ausfällen (Inkongruenz zur Psyche)

– Plötzliches Ende, häufig sog. Terminalschlaf

– Vollständige Erinnerungslücke

– häufig: Konfliktbelastung in der Vorgeschichte, Erschöpfung etc.

Erinnerungslücke • Häufig Schutzbehauptung• Seltener Folge einer Verdrängung

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Rausch - Differentialdiagnostik

Schädel-Hirn-Traumao Benommenheit im Rahmen eines Commotionssyndroms, einer

intrakraniellen Blutung etc. (Cave: atonischer Sturz eines Alkoholikers -subdurales Hämatom!)

(spontane) intrakranielle Blutungen (Apoplex)

Intoxikationen (BTM/AZM)o beachte: kombinierte Einnahme von Alkohol und Medikamente/Drogen

Stoffwechselstörungeno Diabetische Stoffwechselentgleisung (Hyper-/Hypoglykämie)o Andere Komata (u.a. hepatisch, urämisch)

Verkennung von Begleitumständen bei Alkoholisierten: häufiges arztrechtliches Problem

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Sensorik/ Gehör- und Gleichgewichto Gleichgewicht und Orientierungsfähigkeit (Kurvenfahrt)

Reaktionsvermögeno Reaktionszeit verlängert (Wahrnehmung und Vollzug)o Reaktionsqualität beeinträchtigt (Tenazität und Vigilität)

Motorik (Dyskoordination synerg. und antagonistischer Muskelgruppen)o Gang und Stando Überschießende Korrekturen (Schlangenlinienfahren)o Störungen der Feinmotorik der Zungenmuskulatur (verwaschen, lallend)

Sensorik/Sehfähigkeito Einengung des Sehfeldes (Tunnelblick, Scheuklappeneffekt)o Fixationsstörungen (Vibrationen, Kurvenfahren - ggf. Doppelbilder)o Störung des optokinetischen Nystagmus (Nachstellbewegungen des Auges)o Adaptationsfähigkeit verlangsamt (Dunkeladaptation = Blendungsgefahr)

Beeinträchtigung körperlicher Funktionen

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Beeinträchtigung körperlicher FunktionenMotorik - Gangstörungen

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• Unaufmerksamkeit

– Geringschätzung bis Missachtung von Verkehrsleiteinrichtungen

• Kritiklosigkeit, Selbstüberschätzung, Leistungsdefizite unerkannt

– Kein Antizipieren von Gefahrensituationen, keine Vorsichtsmaßnahmen

• Erhöhung der Risikobereitschaft, Euphorisierung

• Enthemmungseffekte bis zur Aggression, Geltungsbedürfnis

– Unreflektiertes Umsetzen spontaner Impulse

– Fahrerflucht, Faustschlag gegen Unfallgegner, „Abdrängen“ etc.

• Verwirrtheit, Desorientiertheit

– Alkoholbedingte Erinnerungslücken („Filmriss“)

Beeinträchtigung psychischer Funktionen

Intraindividuelle Variabilität (Tagesform) undInterindividuelle Unterschiede („Demaskierung der Primärpersönlichkeit“)

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…..führen zu mangelhafter subjektiver Einschätzung…

Beeinträchtigung körperlicher FunktionenMotorik/Sensorik - Verlangsamte Reaktionen

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Beeinträchtigung körperlicher FunktionenSensorik - Blendungsgefahr

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Beeinträchtigung körperlicher FunktionenSensorik - Tunnelblick

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riskante Fahrmanöver

Beeinträchtigung körperlicher FunktionenPsyche - Selbstüberschätzung

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„Alkoholtypische Fahrfehler“ - Auswahl

• Unsichere Fahrweise (Fehlblinken, Beleuchtung fehlerhaft), Schlangenlinienfahren

• Alkoholtypischer Kurvenunfall (häufig Scheitelpunkt)

– Heraustragen nach rechts in Linkskurve

– Heraustragen nach links in Rechtskurve (Frontalkollison)

• Streifen geparkter oder überholter Fahrzeuge

• Auffahrunfälle

• Linksabbiegeunfälle

. Dunkelziffer von Alkoholunfällen riesig

. Ca. 20% aller tödliche Unfälle sind alkoholbedingt

. Unfallrisiko bei 1,1 Promille ca. verzehnfacht !

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Alkoholisiert – na und ??

Rechtsfolgen ?

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§24a StVGOrdnungswidrigkeit ab 0,5 ‰ bis <1,1 ‰ (ohne Ausfallerscheinungen)

§316 StGBAbstraktes Gefährdungsdelikt (Geldstrafe; bis 1 a Freiheitsentzug)Fahrunsicherheit infolge Alkohol/Rauschmitteln

§ 315 c StGBkonkretes Gefährdungsdelikt (Geldstrafe; bis 5 a Freiheitsentzug)Fahrunsicherheit infolge Alkohol/Rauschmitteln oder geistiger oder körperlicher Mängel !

Es geht immer um die minimale BAK !!!!

Rechtliche Relevanz I

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Rechtliche Relevanz II

§315 c / 316 StGB - Trunkenheit im Verkehr

Nachweis der Fahrunsicherheit ?

Absolut = Nachweis über Grenzwert (Unwiderlegbarkeit !) – 1,1 ‰

Relativ = anhand von Ausfallerscheinungen (Motorisch, Psychisch; „Fahrfehler“)Anforderungen abhängig von der Höhe der BAK (0,3‰-1,09‰)

§24a StVG – Gefahrengrenzwerte der verkehrsgefährdenden Leistungsminderung

ab 0,5 ‰ deutliches Nachlassen der Reaktionsfähigkeit und erhöhte Risikobereitschaft: Unfallwahrscheinlichkeit deutlich erhöht !

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SchuldfähigkeitBeurteilungskriterium nicht allein BAK sondern vor allem Psychodiagnostische Kriterien

§ 20 StGB „schuldunfähig“

§ 21 StGB erheblich vermindert schuldfähig

Es geht immer um die maximale BAK !

Rechtliche Relevanz III

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(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

§ Mindestens vermindert Schuldfähig (muss sicher festgestellt sein)§ Strafbarkeit des schuldhaften bewussten Berauschens (vorsätzlich

oder fahrlässig) dient als „Auffangtatbestand“ für Täter, die eine Straftat unter Alkohol in Kauf nehmen oder gewollt herbeiführen.

Rechtliche Relevanz IV § 323 a StGB „Vollrausch“

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Tests zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit

Beispielhaft:

• Rombergtest

• Liniengang

• Finger – Zeigeversuche

• Drehversuch

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(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt.

Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird.

Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

§24a StVG „Drogenfahrt“

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Berauschende Mittel Substanzen

Cannabis Tetrahydrocannabinol (THC)

Heroin Morphin

Morphin Morphin

Cocain Cocain

Cocain Benzoylecgonin

Amphetamin Amphetamin

Designer-Amphetamin Methylendioxyamphetamin (MDA)

Anlage zum §24a StVG „Drogenfahrt“

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Berauschende Mittel Grenzwert

∆9-Tetrahydrocannabinol 1 ng/ml

Morphin 10 ng/ml

Benzoylecgonin 75 ng/ml

MDMA 25 ng/ml

MDE 25 ng/ml

Amphetamin 25 ng/ml

(analytische) Grenzwerte nach §24a StVG

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§ 316 StGB „Drogenfahrt“

Es existieren keine Grenzwerte für Drogen !

Nachweis der Wirkung allein über (beobachtbare) Ausfallerscheinungen!

(Dosis-Wirkungsprinzip, interindividuelle Variabilität)

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Synopsis: Promillegrenzen

Alkohol:

0,5 ‰ bis <1,1 ‰ §24a (OWi) StVG

0,3 ‰ bis <1,1 ‰ + Ausfallerscheinungen §315 c/316 StGB

ab 1,1 ‰ §315 c/316 StGB

Drogen:Grenzwerte (nach Anlage zum §24a) § 24 a (OWi) StVG

Keine Grenzwerte ! §315 c/316 StGB

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Blutspuren

Ein Exkurs….

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Formspuren

(Abdrücke (Schuhe, Reifen), Eindrücke (Werkzeuge))

Materialspuren

(Gegenstandsrückstände: mineralogische, biologische, chemische)

Gegenstandspuren

(Herkunft – Cave: können selbst Spurenträger sein)

Situationsspuren – Anordnung von Spuren

Daktyloskopische Spuren

Spuren - materiell

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Haare

Sekret (Sperma, Vaginalsekret, Speichel)

Gewebepartikel

Blut

Biologische Spuren

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BlutDNA möglichChemisch-toxikologische Untersuchungen (BAK, Drogen, Medikamente)

Asservieren: Mehrfach-Abstriche mittels steriler (wenn möglich DNA-freier) Tupfer

Tupfer TROCKNEN lassen !!!

Biologische Spuren - Blut

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Spuren – Vortests (Blut)

Schnell -Test I:

Enzymatischer Nachweis von tierischem oder humanem Hämoglobin

(Pseudoperoxidase-Aktivität des Hb)

Schnell –Test II:

Antikörpernachweis von humanem Hämoglobin

hochsensitiv

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Mensch: 8% des Kg

Mann: ca. 5-6 l; Frau: ca. 4-5 l

Adhäsionsfähigkeit („Klebrigkeit“)

Wenig Blut – optisch großer Effekt

Blutspuren – Grundlagen I

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Komplexe Flüssigkeit –

„rotes Wasser ist kein geeignetes Modell, Spritzverhalten ist jedoch ähnlich“

Viskosität: 4,4 mPa*s

Im Flug: Kugelform (aufgrund Oberflächenspannung)

Tropfen oszillieren

Blutspuren – Grundlagen II

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Passive Spureno Gerinnselo Tropfspureno Fließspureno Pool-Spuren (Lache)

Kontaktspuren o Abdruckspuro primäre Wischspur o sekundäre Wischspur (Durchwischspur)

Projizierte Spureno Arteriello Aufschlag-/Auftreffspuren („spatter“)o Ausatemspureno Schleuderspuren („Cast off“)

Blutspuren – Systematik

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Blutspuren – Passiv: Gerinnsel

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einzelne Tropfen (maximale Größe ca. 120 µl)

Blut tropft in Blut

Form der Tropfspur abhängig von Oberfläche

(Merke: Glatte Oberflächen erzeugen glattrandige Tropfspuren)

Größe der Tropfspur abhängig von Fallhöhe

Blutspuren – Passiv: Tropfspuren

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Stoff Holz

Blutspuren – Passiv: Tropfspuren

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Blutspuren – Passiv: Fließspuren

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Blutspuren – Passiv: Lache (Poolspuren)

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Barfuß, 2m

Barfuß, 10m

Blutspuren – Kontaktspuren

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Socke, 30m

Socke, 120m

Blutspuren – Kontaktspuren

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Wischspuren primär und sekundär

Wischspuren (Trocknungsbedingtes Skelettierungsphänomen von Blutstropfen)

Blutspuren – Kontaktspuren

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Blutspuren – Aktiv: Arterielle Spuren

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Blutspuren – Aktiv: Spritzspur (Auftreffspur)

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Blutspuren – Aktiv: Schleuderspur („cast off“)

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Blutspuren – Aktiv: Ausatemspur

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Passive Spuren - häufig

Spritzspuren – häufig, meist Stumpfe Gewalt

Cast off – selten

Ausatemspuren weniger häufig – suchen nach „Blasen“

„Backspatter“ häufig – Kleidung !

Blutspurenverteilungsmuster

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Alter von Blutspuren nicht schätzbar!

Flugweite kleiner Tropfen bis ca. 1,2 m

Flugweite großer Tropfen bis ca. 10 m

Veränderungen beachten (Trugspuren – Polizei, Erstauffinder, Notarzt usw.)

Teilen sich nicht (Tropfen)

Kollidieren nicht (Tropfen)

Blutspuren – Interpretation (I)

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Interpretation immer vom Befund (Sektion) auf die Spur, NIE ungekehrt !

Es gibt nichts, was es nicht gibt

NIE laut denken !

Unplausible DNA-Befunde hinterfragen

Zeit gewinnen (Proben nehmen – Proben müssen untersucht werden !)

Blutspuren – Interpretation (II)

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Ihre Spur führt nun zum Ausgang des Hörsaales!

……

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit