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~~~ - I Kri8taZZund Technik 1 10 1 8 1 1975 I 821-828 1 G. FORSTERLING, W. BLAU, D. STEPHAN, J. SONNTAG Technische Universitiit Dresden, Sektion Physik und Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut fur Festkorperphysik und Werkstofforschung, Dresden Anwendung der ,,0ptimalfilter-Methode6c bei der rontgendiffraktometrischen Bestimmung von Dif f erenz-Elektronendichtenl ) Die Methode der Fouriersynthese mit Differenzen zwischen den gemessenen und theore- tischen Strukturampltituden zum Nachweis kovalenter Bindungsbrucken in Metallen und Metall-Legierungen wird dargestellt. Die MeBstrategie und die Auswertemethodik werden nach der ,,Optimal-Filter"-Methodc fur diesen Anwendungsfall entwickelt und am Bei- spiel kubisch-raumzentrierter Legierungen erprobt. The method of the difference Fourier analysis with differences between measured and theoretical structure factors for the determination of covalent bonds in metals and metal alloys is described. The strategy of the measurement and the method of the evaluation are developed with the "optimum filter" for this special application, and examined at bcc alloys. 1. Einleitung So wie das cheniische Verhalten der Elemente von den aul3eren (Valenz-)Elektronen abhangt, so hangen die elektronischen Eigenschaften der Metalle und Metall-Legierun- gen wesentlich von den aul3eren Elektronen, den Metall-Elektronen, ab. Zusatzlich konnen auch noch andere Elektronen nicht abgeschlossener Schalen, wie z. B. bei den Ubergangsmetallen, diese Eigenschaften beeinflussen. Damit ist die Erniittlung der Elektronenstruktur der Metalle und Legierungen von grol3er Bedeutung zur Inter- pretation ihrer Eigenschaften. Zur Kennzeichnung der Elektronenstruktur dienen ublicherweise (SCHULZE) : ,,Die Bandstruktur E(k), die Zustandsdichte g(E) sowie die Permiflache E(k) = E$ und schliefilich die yj-Punktion (Wellenfunktion, die Vf.) selbst, die z.B. mit IyI2 die Sum- liche Elektronendichteverteilung liefert". Die Charakterisierung der Bindungs- verhaltnisse in Metallen und Legierungen kann anhand der raumlichen Elektronen- dichteverteilung erfolgen, wenn man sie in charakteristische Beitrage unterteilt : - die Elektronendichte in Atomkernnahe, die Rumpfelektronendichte, - die Elektronendichte in Bindungsbrucken zwischen den Atomriinipfen und - den Untergrund der Elektronendichte, das Elektronengas. Danach kann man die Bindungen im Begriffssysteni - ,,heteropolare" oder ,,ionische" Bindung, - ,,kovalente" oder ,,homoopolare" Bindung und - ,,metallkche" Bindung beschreiben. l) Unserem verehrten Lehrer Prof. Dr. G. E. R. Schulze in tiefer Dankbarkeit gewidmet.

Anwendung der „Optimalfilter-Methode” bei der röntgendiffraktometrischen Bestimmung von Differenz-Elektronendichten

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~~~ - I Kri8taZZund Technik 1 10 1 8 1 1975 I 821-828 1

G. FORSTERLING, W. BLAU, D. STEPHAN, J. SONNTAG

Technische Universitiit Dresden, Sektion Physik und Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut fur Festkorperphysik und Werkstofforschung, Dresden

Anwendung der ,,0ptimalfilter-Methode6c bei der rontgendiffraktometrischen Bestimmung von Dif f erenz -Elektronendichtenl )

Die Methode der Fouriersynthese mit Differenzen zwischen den gemessenen und theore- tischen Strukturampltituden zum Nachweis kovalenter Bindungsbrucken in Metallen und Metall-Legierungen wird dargestellt. Die MeBstrategie und die Auswertemethodik werden nach der ,,Optimal-Filter"-Methodc fur diesen Anwendungsfall entwickelt und am Bei- spiel kubisch-raumzentrierter Legierungen erprobt.

The method of the difference Fourier analysis with differences between measured and theoretical structure factors for the determination of covalent bonds in metals and metal alloys is described. The strategy of the measurement and the method of the evaluation are developed with the "optimum filter" for this special application, and examined at bcc alloys.

1. Einleitung

So wie das cheniische Verhalten der Elemente von den aul3eren (Valenz-)Elektronen abhangt, so hangen die elektronischen Eigenschaften der Metalle und Metall-Legierun- gen wesentlich von den aul3eren Elektronen, den Metall-Elektronen, ab. Zusatzlich konnen auch noch andere Elektronen nicht abgeschlossener Schalen, wie z. B. bei den Ubergangsmetallen, diese Eigenschaften beeinflussen. Damit ist die Erniittlung der Elektronenstruktur der Metalle und Legierungen von grol3er Bedeutung zur Inter- pretation ihrer Eigenschaften.

Zur Kennzeichnung der Elektronenstruktur dienen ublicherweise (SCHULZE) : ,,Die Bandstruktur E ( k ) , die Zustandsdichte g(E) sowie die Permiflache E ( k ) = E$ und schliefilich die yj-Punktion (Wellenfunktion, die Vf.) selbst, die z.B. mit IyI2 die S u m - liche Elektronendichteverteilung liefert". Die Charakterisierung der Bindungs- verhaltnisse in Metallen und Legierungen kann anhand der raumlichen Elektronen- dichteverteilung erfolgen, wenn man sie in charakteristische Beitrage unterteilt : - die Elektronendichte in Atomkernnahe, die Rumpfelektronendichte, - die Elektronendichte in Bindungsbrucken zwischen den Atomriinipfen und - den Untergrund der Elektronendichte, das Elektronengas. Danach kann man die Bindungen im Begriffssysteni - ,,heteropolare" oder ,,ionische" Bindung, - ,,kovalente" oder ,,homoopolare" Bindung und - ,,metallkche" Bindung beschreiben.

l) Unserem verehrten Lehrer Prof. Dr. G. E. R. Schulze in tiefer Dankbarkeit gewidmet.

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Die Rontgenbeugung ist in der Lage, Beitrage zur Analyse der kovalenten Bindungs- verhaltnisse zu liefern, wenn man eine auf dieses Ziel gerichtete optimale MeS- und Auswertestrategie anwendet (BLAU, SONNTAG). Die Entwicklung einer solchen Strate- gie, die vorzugsweise den Nachweis kovalenter Elektronenbindungsbriicken zwischen den Atomen ini Kristallgitter gestattet, wurde auf Anregung von Prof. Dr. G. E. R. Schulze durchgefiihrt und an kubisch-raumzentrierten Magnetlegierungen erprobt.

2. Elektronendichtebestimmung mittels Rontgendiffraktometrie

Die Bestininiung der Strukturaniplituden F ( k ) aus der Intensitat der Reflexe von Rontgenbeugungsdiagramnien ist z. B. bei (WEISS) dargestellt. Die Elektronendichte e(r) am Ort r im Kristall ergibt sich aus der Fourier-Summe der gemessenen Struktur- aniplituden. inultipliziert mit entsprechenden Phasenfakt,oren :

(prinzipieller und realer Informationsgehalt)

k/2n - k', k, -

BEZ - Volumen der Elementarzelle.

Dieser prinzipielle Informationsgehalt der Rontgendiffraktometrie wird jedoch merk- lich begrenzt durch - Abbrucheffekte

Vektoren des reziproken Gitters Wellenzahlvektoren der primiiren bzw. gebeugten Rontgenwelle

k = k - k o

Die Fourier-Summe nach Gleichung (1) erst,reckt sich iiber alle Gitterpunkte des reziproken Raumes. Dem Beugungsexperiment sind jedoch nur Werte F ( k ) zu- ganglich, fur die gilt

4n . sin Omax ;z 5 2 I k o l lkmaxl =

20m,, - maximaler experimentell erfaBbarer Beugungswinkel 2 A - Wellenlange der Rontgenstrahlung.

Die Bestininiung von IF(k)l aus den geniessenen Intensitaten ist nur mit begrenz- ter Genauigkeit nioglich. Me& und statistische Fehler beeinflussen vorrangig die Ermittlung der Intensitat. Das reale Praparat (z. B. durch Textureffekte) ist in dem Formalismus des Zusamnienhanges zwischen den Intensitaten und IF(k)l nur sehr schwer zu beriicksichtigen. Systematische Korrekturen unter Beriick- sichtigung der experimentellen und substanzmaBigen Bedingungen (Temperatur- und GeometrieeinfluB, Extinktion, Ordnung und Stochiometrie, thermisch-diffuse Streuung und Dispersionseffekte) erschweren vor allem die Bestimmung des Absolutwertes von IF(k)I aus den gemessenen Intensitaten.

Diese Einfliisse rufen zusatzliche Schwankungen in der aus Gleichung (1) syntheti- sierten Elektronendichteverteilung hervor, die den Effekt des Elektronenubergangs bzw. der kovalenten Bindungsbrucken (vor alleni durch zufallige MeBfehler) voll- standig iiberdecken konnen (SONNTAG , BLAU).

(sin Omax 5 1)

- zufallige und systematische MeSfehler

3. Einflull asymmetrischer Ladungsverteilungen auf die Strukturamplituden F ( k )

Asymmetrien in der Ladungsverteilung haben im Zusammenhang mit der in der Einleitung genannten Zielstellung ihre Ursachen in

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- der Besetzung von Symnietrieorbitalen (Asyiniiietrie erster Art) und - dem Vorliegen kovalenter Bindungsbriicken (Asymnietrie zweiter Art). Die Fornianiplitude eines Atoins ist nur kugelsyinmetrisch, wenn alle Zustande einer Schale (n. 1 ) gleichniaBig besetzt sind. Die zugehorigen Ladungsoszillationen befinden sich noch innerhalb der Atonirunipfe und dainit ini Bereich des Kernpotentials.

Im feldfreien Rauni zwischen den Rumpfen konnen an einzelnen Stellen ebenfalls Ladungen angehauft werden. Diese Ladungen lassen sich als kovalente Bindungs- brucken interpretieren. Ini LCAO-MO-Model1 laBt sich dies durch die Hybridisation von zwei Wellenfunktionen ya und yB benachbarter Atoine zu eineiii Molekulorbital y ~ l deuten.

Damit ist (ohne Beriicksichtigung der Norm)

YJI == y A k YB -

Iy31I2 = lyAI2 + lyBI2 & 2 fie(YAyg)

(3) Dabei gilt das Plus-Zeichen fur das bindende und das Minus-Zeichen fur das anti- bindende Molekulorbital. Fur die Ladungsdichte erhalt man

(4) also die Ladung der freien Atome und ein Interferenzglied, das im Falle der Bindung einen LadungsuberschuB zwischen den Atomen erzeugt. Wenn nian das Interferenz- glied durch eine kugelformige Elektronendichte niit entsprechender Formamplitude A f B r annahert, kann man die gesamte Strukturamplitude durch Atoniformamplituden f A t und Forniamplituden der Brucken A f B r beschreiben

F = FA^ -+ A F B , . (5 ) Die Symnietrie der Punktlagen der Elektronenbrucken weicht im allgenieinen von der Syinmetrie der Atompunktlagen ab. Innerhalb einer Reflexgruppe von FA^ liefert AFB, deshalb einen von Reflex zu Reflex oszillierenden Beitrag zur gesaniten Struktur- amplitude F.

4. Differenzelektronendichte

4.1. Die Strategie des ,,Optimal-Filters"

Die Anwendung der DAwsoNschen Methode der Entwicklung der Formamplitude nach kubischen Harmonischen hat zur Analyse von kovalenten Bindungsbrucken den Nachteil, daB zwischen Kuinpfdeforniationen und Elektronenbrucken (Interferenz- anteile) nicht explizit unterschieden wird. Die Vorinformation uber die mogliche Lage der Elektronenbriicken an Symnietriepunkten der Elementarzelle kann nicht aus- genutzt werden. Die Folge ist, daB man genauere Intensitatswerte benotigt, uni gleich signifikante Ergebnisse bezuglich der Bindungsbruckenanalyse zu erzielen.

Bei der haufig angewandten Isolinien-Darstellung der Kristallelektronendichte ist zu beachten, da13 schon durch /yAI2 + / y B l 2 Brucken durch Abbrucheffekte vorgetauscht werden konnen, die keine kovalenten Bindungen darstellen. Erst die niathematische Analyse der Elektronendichte liefert die Entscheidung, ob eine Bindungsbrucke vor- liegt oder nicht.

Die Methode Zuni zielgerichteten Nachweis der Bindungsbrucken (Ermittlung von dFnr) basiert auf der konsequenten Nutzung der Kenntnis iiber inogliche Syniiiietrien der als kugelsymmetrisch angenommenen Bindungen. Die MeBwerte werden dabei mit einer Auswertestrategie behandelt, die ini informationstheoretischen Sinne das Optimalfilter darstellt. Es ist fur oszillierende Storungen, wie sie auch von Asyninie- trien 2. Art verursacht werden, durchlassig. Mit IF1 bzw. 0 nionoton veranderliche Storungen (wie Temperatureinflu5, Absorption, anomale Dispersion, Extinktion,

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Ordnungszustand) werden weitgehend eliminiert. Dieses Optimalfilter wird durch folgende MeD- und Auswertestrategie realisiert : 1. Es werden Relativmessungen vorgenommen. Der AbsolutanschluD an die Primar-

intensitat wiirde hauptsachlich 1nformat.ionen uber den Elektronendichteunter- grund liefern.

2. Die monotonen Storuiigen werden z. T. berechnet oder abgeschatzt, z. T. durch Ausgleichsrechnung bestimmt. Der niittlere Verlauf der gemessenen Struktur- aniplituden uber 0 wird an den Verlauf der fur freie Atome berechneten angepaBt.

3. Die Anpassung nach 2. liefert Differenzen dF(k) = F ( k ) - P ( k ) (6)

niit denen die Fouriersynthese einer Differenzelektronendichte A e ( r ) nach

durchgefuhrt wird. P ( k ) bzw. Po(k) sind die nach 2. korrigierten geniessenen bzw. theoretischen Strukturaniplituden.

4.2. Strukturfaktoranpassung

Die Strukturfaktoranpassung wird am Beispiel von Gittern mit Symmetrie-Zentrum und zwei Atomsorten beschrieben, wobei Temperaturfaktorasymmetrien nicht be- riicksichtigt werden.

Die systematischen Korrekturen werden an den experimentell ermittelten Struktur- faktoren F,angebracht. Die zur Berechnung der theoretischen Strukturamplituden 1P;I2 verwendeten Atomformamplituden (z. B. nach CROMER) werden auf Temperaturfaktor, Ordnungsabweichung und anomale Dispersion korrigiert. Es wird die analytische Abhangigkeit der Korrekturen von 0, bzw. von IFl\ als bekannt vorausgesetzt. Danach wird fur die F f der Ansatz

F; = PA, i . ( f n i + f& + j . do/;) exp ( -Z3 . sin2 0,) +

Ji/ (H P L ) i (1 + C O S ~ 2 Oil J i / ( H P L ) ,

z1 . lF,lZ = ~

’4 (1 + cos2 (20,)) sin ( 2 0 , ) 1 + 8, . RB, cos 0, sin2 Oi -

(9) verwendet.

f A , i , fB, i - theoretisoh berechnete Atomformamplituden fur die zwei Atomsorten A und B fi, Of: - EinfluB der anomalen Dispersion fit Afi PA,^, P g , i - Phasenfaktoren zu den Atomsorten A und B J i - gemessene integrale IntensitLten RBI Hi - Hiiufigkeitsfaktor

Li - Lorentzfaktor

(mit j - imaginiire Einheit)

- Reflexbreite, die der Berechnung der integralen Intensitat zu Grunde lag

- Polarisationsfaktor fur die Pulverdiffraktometrie Pi

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,,Optimalfilter-Methode" bei der Restimmung von Differenz-Elektronendichten 825

Korrekt urfaktoren 21 - AbsolutanschluB Z,, 2, 2 4 - Extinktionsparameter 2 5 - TDS-Parameter 2 6 - Ordnungsparameter Die Anpassung der Parameter Zk wird nach der GauBschen ,,Methode der kleinsten Quadrate" nach der Vorschrift

- Temperaturfaktorparameter fur die Atomsorten A und B

2 G, . (IFiI2 - lFi12) -+ Minimum (10) i

durchgefuhrt. Mit dem Gewichtsfaktor Gt (es hat sich G, N l/lF,I2 bewahrt) wird dem mit steigendem Ot sinkenden EinfluR der Ft-Werte auf die Anpassung entgegen- gewirkt. Diese Ft werden zwar nur wenig von den Bindungsbrucken beeinfluat, sie sind aber wesentlich fur die Parameter der mittleren Anpassung (insbesondere Teniperaturfaktor).

4.3. EinfluB der oszillierenden Stiirungen

Nimmt man Bindungsbrucken zwischen den A-Atomen (AA) eines Gitters vom Typ B2 an (vgl. Fig. l), so erhalt man die in Figur 2 dargestellten oszillierenden Beitrage d F zum Strukturfaktor. Es ist danach verstandlich, daR oszillierende Storungen die

AF

A Fig. 1

I (3771 Fig. 2

Fig. 1. Elementarzelle dcs B 2-Strukturtyps. AA, BB bzw. AB sind mogliclic I'iinktlagen kovalciiter Bindungsbrucken

Fig. 2. Beitrag eincr punktf6rmigen Bindungsbriicke zwischcn dell ,k-9tomcll deS B 2-TYDS zii den Strukturamplituden

Analyse dieser Beitrage stark heeinflussen. Als oszillierende Storungen sind besonders zu beachten : - Zahlstatistik, - Praparatstatistik und Textur, - Inkonsequenzen bei der Ermittlung der integralen Intensitat und - Schwankungen der Primarstrahlintensitat. Bei der Entwicklung der MeBstrategie und Auswertemethodik wurde besonderer Wert auf die E1iminat)ion solcher Storungen gelegt.

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4.3.1. Zahlstatistik Der Bindungsbruckenbeitrag zur Intensitat der Reflexe liegt bei hochsymiiietrischen Gittern (wie z.B. vom Typ B2) in der GroBenordnung von 1%. Die daraus resul- tierende Foiderung an den ziihlstatistischen Fehler schliel3t bei der notwendigen Vermessung von inindestens 10 Reflexen den Einsatz von Monochroniatoren bei her- koinmlichen rontgendiffraktometrischen Einrichtungen (niaximale elektrische Lei- stung der Rontgenrohren von 2 kW) aus. Bei Verwendung eines KP-Filters und Wahl einer giinstigen Wellenlange der priniaren Rontgenstrahlung ergeben sich noch MeBzeiten von etwa 200 Stunden zur Erfassung eines Beugungsdiagramms. Die An- wendung des Akkuniulations-(scan-)Verfahrens zur Vermessung des Beugungs- diagrainms und die Rechnersteuerung (KLEINSTUCK, u. a.) sind daher wichtige Forderungen an die Experimentiertechnik.

4.3.2. Praparatstatistik und Textur Die Vermeidung von Einflussen der Praparatstatistik und Textur erfordert eine sorg- fiiltige Praparation und Voruntersuc>hungen an den zur Messung verwendeten Proben. Das Kornband des Pulvers wird an der oberen Grenze durch absieben begrenzt, der Feinkornanteil durch Windsichter abgetrennt. Die Kontrolle der KorngroDenver- teilung erfolgt durch Untersuchungen an1 Scanning-Mikroskop. Die Herstellung der Probe fur das Horizontal-Goniometer erfolgt durch Suspendieren des Pulvers in einer Losung von Alkohol und Kolophonium in definierten Anteilen in einem ebenen, 2 mm tiefen Probenteller. Beim TrocknungsprozeB bildet sich an der hinreichend ebenen Probenoberflache eine etwa 10 pm starke, folienartige Schicht, die dem Pulver eine genugende niechanische Stabilitat verleiht. Untersuchungen der Proben niit Hilfe des Texturgoniometers zeigten keine Hinweise auf eine vorhandene Verzugsorientierung.

4.3.3. Ermittlung der integralen Intensitat Fur die Rontgenpulverdiffraktometrie ist das Schrittsuniniationsverfahren eine genaue Methode zur Erniittlung der integralen Intensitat (LOSCHAU). Der geniessene Inten- sitatsverlauf Jg(20') als Funktion des Beugungswinkels 20 ' setzt sich aus dem Reflexprofil J(6) (mit 6 = 20 , - 20', 20, - Beugungsniaximuin des i-ten Reflexes) und dem Untergrund U ( 2 0 ' ) zusannnen (vgl. Fig. 3)

J"(20') = J(S) + U(20'). (11)

Fig. 3. Schematisierter Iiitensitatsverlauf in der Umgebung eines Reflexes

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,,Optimalfilter-Methodc" bei der Bestiininung von Differenz-Elektronendichten 827

Die integrale Intensitat +m

J' = f d e J ( 6 ) --m

wird nach den1 Schrittsuiiiniationsverfahren angenahert durch 2 0,

J, = f d 20' . (Jp(20') - U(20')) , (13)

wobei fur die Festlegung der Integrationsgrenzen 2 0 t und 20, zur Veriiieidung os- zillierender Fehler keine Willkur zugelassen werden kann. Als Ma13 fur die Integra- tionsgrenzen wird die Halbwertsbreite HWB einer Einzellinie herangezogen, wobei die Reflexaufspaltung d des Koc-Dubletts Berucksichtigung findet

2 01

20, - 20, = RB, == A + v * HWB (20,) . (14) Mit 2j = 5 liegen die Integrationsgrenzen weit genug in den Reflexauslaufern, so daB sich Fehler bei der HWB-Bestininiung nicht nierklich auf das Ergebnis auswirken.

Zur Festlegung des Untergrundes U (20') wurde eine Untergrundgerade verwendet, die an Untergrundpunkte in der Nahe eines jeden Reflexes angepalJt wurde. Dabei ist der Reflexbereich zu beachten, Untergrundspriinge durch das KS-Filter (bei 2 0 ~ , i ) und storende andere Reflexe. Versuche einer erweiterten funktionellen Anpassung des Untergrundes (z. B. auch aus der berechneten Intensitatsverteilung des gestreuten Brenisspektrums und der Fluoreszenzstrahlung) fuhrten nicht zu besseren Ergebnissen.

4.3.4. Schwankungen der Primarstrahlintensitat

Bei der verwendeten MeSanordnung, bestehend aus deni Horizontal-Ziihlrohr- Gonionleter des VEB Freiberger Priizisionsmechanik niit dem Rontgengenerator TuH-M 62 des VEB Transforniatoren- und Rontgenwerkes Dresden und den1 rechnergekoppelten Betrieb niit deni Iileinrechnersystein KRS-4200 des VEB Robo- tron Dresden, wurde eine Stabilitat der integralen Intensitat des Standard-Reflexes ( ( 110) bei B 2-Legierungen) von +0,2gb (Standardabweichung) bei 12-stiindigeni Betrieb (25 Einzelniessungen) erreicht. Jedoch ist - bedingt durch die Probleniatik der Untergrundfestlegung, deren EinfluB auf die integrale Intensitat uni mehr als eine GrbBenordnung grijBer sein kann - die Messung weiter Untergrundbereiche zwischen den Reflexen erforderlich. Aus diesein Grund ist der ,,scan"-Betrieb, der besonders zur Eliniination langfristiger Priniarstrahlschwankungen (Driften) geeignet ist, in1 Sinne der Zielstellung eine optiiiiale MeBniethode. Die MelJzeit fur einen .,scan" betragt etwa 2 Stunden bei einer EinzelnieSzeit pro Schritt von 5 Sekunden und einer Schrittweite von d(2@) = 0,04".

5. Ergebnisse

Fur die geordnete Legierung FeAl voiii Tgp B 2 wurde die Differenzelektronendichte niit den1 angegebenen Verfahren ermittelt. Fur die graphische Darstellung wurde ein Ausschnitt aus der in Figur 1 angegebenen (110)-Ebene gewahlt, der an gegenuber- liegenden Ecken die zwei verschiedenen Atonie der Elementarzelle enthalt. Fiir die Flache wurde dp(r) punktweise in eineni Netz von 30 x 45 Punkten herechnet und nach parabolischer Glattung uber 4 Punkte graphisch durch Hohenlinien dargestellt (vgl. Fig. 4).

Die Zahl der in einer Bindungsbrucke enthaltenen Elektronen 2, wird berechnet, indem ihre Dichteverteilung durch eine kugelsymnietrische GauBfunktion

Ae( lr - r'l) = Ae(r ' ) exp (- (Ir - r ' l / ~ , ) ~ ) (15)

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f e Fig. 4. Differenzelektroncndichte fur FeAl (in Elektroncn A-3)

graphisch angenlhert, wird (r’ zeigt zum Zentrum der Briicke). Durch Integration erhiilt man

2, = 5,6 - de(r ’ ) r; (16) und fur den speziellen Fall der signifikanten Bindungsbriicken bei AA (vgl. Fig. 1 und 4)

55, = (0,13 & 0,04) Elektronen/Bindungsbriicke .

Literatur

BLAU, W., SONNTAC, J.: Wiss. Z. Techn. Universitiit Dresden 20, 443 (1971) CROMER, D. T., WABER, J. B.: Acta cryst. A 24, 321 (1968) DAWSON, B.: Proc. Roy. Soc., Ser. A, 298, 379 (1967) KLEINSTUCK, K., DIMMER, V., QUERNER, G. : demniichst in Kristall und Technik LOSCHAU, W. : Dissertation, Technische Universitiit Dresden, 1971 SCRULZE, G. E. R. : Metallphysik, Berlin 1974 SONNTAC, J., BLAU, W.: Chemische Bindung in Halbleitermetallen, Minsk 1972, S. 196ff WEISS, R. J. : X-Ray Determination of Electron Distributions, Amsterdam 1966

(Eingegangen am 28. Februar 1975)

Anschriften der Verfasser: Dr. rep. nat. G. FORSTERLINC, Dr. rer. nat. W. BLAU, Dr. rer. nat. D. STEPHAN Technische Universitiit Dresden, Sektion Physik DDR-8027 Dresden MommsenstraDe 13 Dr. rer. nat. J. SONNTAG Akademie der Wissenschaften der DDR Zentralinstitut fur Festkorperphysik und Werkstofforschung DDR-8027 Dresden HelmholtzstraQe 20