254

Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Die strategische Nutzung von Arbeitsprozessen und individuellem Lernen zur Gestaltung organisationaler Entwicklungsbedarfe stellt damit eine zentrale Anforderung an Zukunftsfähigkeit technischer Universitäten dar. Das vorliegende Buch greift diese Anforderung auf und entwickelt ein integriertes Gesamtkonzept, welches quantitativ durch eine Befragung und qualitativ durch Fallbeispiele an der RWTH Aachen University exemplarisch überprüft wurde.

Citation preview

Page 1: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement
Page 2: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Stefan Brall promovierte an der RWTH Aachen University und der technischenUniversität Dortmund über die Verknüpfung von strategischer Organisations-entwicklung und arbeitsbegleitender Kompetenzentwicklung. Heute begleitet erals Mitglied von Cominovo Unternehmen sowie öffentliche und soziale Einrich-tungen beim strategischen Wandel und bei der Gestaltung eines integriertenLern- und Wissensmanagements.

Besuchen Sie den Autor im Internet: www.cominovo.com

Page 3: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Stefan Brall

Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Page 4: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Bibliografische Informationen der deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind imInternet über dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-839-16900-1

Brall, StefanArbeitsbegleitende Kompetenzentwicklung als universitäres Strategieelement

Zugleich Dissertation an der Technischen Universität Dortmund unter demTitel: Arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung als Elementstrategischer Entwicklung technischer Universitäten.

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung ist ohne Zustimmung des Autors nicht zulässig.

© 2010 Stefan Brall

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Page 5: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Inhalt 5

Inhaltsübersicht

1. Einleitung 15

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe antechnischen Universitäten 22

3. Arbeiten und Lernen 61

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 91

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandeltechnischer Universitäten 124

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis einertechnischen Universität 156

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 195

8. Fazit und Ausblick 224

9. Zusammenfassung 229

10. Literatur 230

Page 6: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Mein Dank gilt all denjenigen, die jeweils in ihrer ganz eigenen Art, durch akti-ven Einsatz an der Arbeit, durch direkten und indirekten Support oder einfachnur durch Duldung von Ausfallzeiten, mitgewirkt haben, diese Arbeit entstehenzu lassen:

Katja, Anton, Konrad, Lotta, Magda, Bruno, Ruthild, Dieter, Klaus, Johannes,Isa, Frank, Rita, Sarah, Alex, Claus, Paul, Anja, Ingo, Katja, Ursula, Kirsten,Alan, Sonja, Andrea, Larissa, Phil, Sigrid, Sylvia, Elviera, Christoph, Ute, Clau-dia, Carsten, Verena, Sven, Dirk, Christian, Giuseppe, Sebastian, Claudi, Florianund Hans.

Page 7: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Inhaltsverzeichnis 7

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ................................................................................................. 15

1.1 Problemstellung und Ziel..................................................................... 15

1.2 Aufbau der Arbeit ................................................................................ 18

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe an technischen Universitäten22

2.1 Einleitung............................................................................................. 22

2.2 Die universitären Herausforderungen zu Beginndes 21. Jahrhunderts............................................................................... 22

2.3 Überfachliche Kompetenzen von Wissenschaftlern ............................ 262.3.1 Einleitung..................................................................................... 262.3.2 Was sind Kompetenzen?.............................................................. 262.3.3 Überfachliche Kompetenzprofile von

Universitätsabsolventen in den Ingenieurwissenschaften............ 302.3.4 Überfachliche Kompetenzanforderungen

an Wissenschaftlern ..................................................................... 352.3.5 Zusammenfassung........................................................................ 40

2.4 Von der Weiterbildung zur strategischenKompetenzentwicklung von Wissenschaftlern ..................................... 41

2.4.1 Einleitung..................................................................................... 412.4.2 Weiterbildungsangebote für das wissenschaftliche Personal ...... 432.4.3 Von der individuellen Weiterbildung zur

Personalentwicklung an Universitäten......................................... 472.4.4 Kompetenzentwicklung im strategischen Wandel

von Universitäten ......................................................................... 532.4.5 Zusammenfassung........................................................................ 58

2.5 Zwischenfazit ....................................................................................... 58

3. Arbeiten und Lernen ................................................................................ 61

3.1 Einleitung............................................................................................. 61

3.2 Herausforderungen an das Lernen in turbulenten Zeiten .................... 61

3.3 Lernen im Prozess der Arbeit .............................................................. 663.3.1 Einleitung..................................................................................... 663.3.2 Vom punktuellen zum lebenslangen Lernen ............................... 663.3.3 Der Begriff „Lernen im Prozess der Arbeit“ ............................... 68

Page 8: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Inhaltsverzeichnis8

3.3.4 Arbeitsnahe Lernformen .............................................................. 693.3.5 Kriterien lern- und kompetenzförderlicher Arbeit....................... 713.3.6 Zusammenfassung........................................................................ 74

3.4 Lernen aus Erfahrung........................................................................... 743.4.1 Einleitung..................................................................................... 743.4.2 Erfahrung ..................................................................................... 753.4.3 Modelle erfahrungsorientierten Lernens...................................... 763.4.4 Reflexion...................................................................................... 823.4.5 Zusammenfassung........................................................................ 88

3.5 Zwischenfazit ....................................................................................... 89

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht.................................... 91

4.1 Einleitung............................................................................................. 91

4.2 Systemisch-konstruktivistische Perspektiven...................................... 91

4.3 Theorie der Geschichten & Diskurse................................................... 98

4.4 Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht ............................. 108

4.5 Vom Individuum zur Organisation – Kollektives Lernen ................. 117

4.6 Zwischenfazit ..................................................................................... 121

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandeltechnischer Universitäten ...................................................................... 124

5.1 Einleitung........................................................................................... 124

5.2 Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens ........................................... 1275.2.1 Basisanforderungen an die Gestaltung von Lernprozessen ....... 1275.2.2 Der individuelle Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens ............... 1305.2.3 Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens .................. 1375.2.4 Analyse und Reorganisation des Lernens

im Prozess der Arbeit................................................................. 140

5.3 Lern- und Unterstützungsstrukturen .................................................. 1435.3.1 Lernförderliche Gestaltung des Arbeitsfeldes ........................... 1435.3.2 Integration von Reflexions- und Lernformen ............................ 1465.3.3 Führungskräfte in Forschung und Lehre.................................... 1485.3.4 Unterstützung durch die Universitätsleitung ............................. 152

5.4 Zwischenfazit ..................................................................................... 153

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis einer technischen Universität .... 156

6.1 Einleitung........................................................................................... 156

Page 9: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Inhaltsverzeichnis 9

6.1.1 Übersicht .................................................................................... 1566.1.2 Die Bildungsbedarfsanalyse ...................................................... 1566.1.3 Beschreibung der Erhebungsmethode ....................................... 1596.1.4 Konstruktion des in der Untersuchung

verwendeten Fragebogens.......................................................... 161

6.2 Stichprobenbeschreibung................................................................... 163

6.3 Persönliches Lernverhalten................................................................ 1646.3.1 Einleitung................................................................................... 1646.3.2 Erlebte Lernformen.................................................................... 1656.3.3 Benutzbarkeit der Lernformen................................................... 1656.3.4 Betrachtung nach Funktionen in der Hochschule...................... 1676.3.5 Betrachtung nach Fakultäten der RWTH Aachen ..................... 168

6.4 Überfachliche Kompetenzentwicklung.............................................. 169

6.5 Weiterbildungsverhalten .................................................................... 1736.5.1 Das interne Weiterbildungsprogramm

„Fit für die Hochschule“ ............................................................ 1746.5.2 Externe Weiterbildungsangebote............................................... 1786.5.3 Rahmenbedingungen der Weiterbildungsteilnahme.................. 178

6.6 Weiterbildungstrends, Zertifizierung und Modularisierung .............. 1796.6.1 Modularisierung und Zertifizierung........................................... 1796.6.2 Kurzlerneinheiten....................................................................... 181

6.7 Personalentwicklung an Lehrstühlen und in Instituten...................... 1826.7.1 Einleitung................................................................................... 1826.7.2 Stellenwert der beruflichen Kompetenzentwicklung

an Lehrstühlen und Instituten..................................................... 1836.7.3 Personalentwicklungskonzepte.................................................. 1866.7.4 Mitarbeitergespräch ................................................................... 1866.7.5 Zufriedenheit mit der Kompetenzentwicklung am Institut........ 190

6.8 Zwischenfazit ..................................................................................... 190

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel .............................. 195

7.1 Forschungsfokus der Einzelfallanalysen ........................................... 195

7.2 Auswahl und Kurzbeschreibung der Fallbeispiele ............................ 195

7.3 Untersuchungsmethodik .................................................................... 1967.3.1 Qualitative Einzelfallanalysen durch Methodentriangulation ... 1967.3.2 Dokumentenanalyse................................................................... 1967.3.3 Das problemzentrierte Interview ............................................... 1977.3.4 Das Experten- und Expertinneninterview.................................. 198

Page 10: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Inhaltsverzeichnis10

7.3.5 Dialogische Introspektion .......................................................... 198

7.4 Fallbeispiel I: Institut/ Lehrstuhl........................................................ 1997.4.1 Charakterisierung....................................................................... 1997.4.2 Lern- und Reflexionsmethoden ................................................. 2007.4.3 Koevolutive Entwicklung .......................................................... 2037.4.4 Unterstützungsstrukturen ........................................................... 2047.4.5 Arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung ....... 2047.4.6 Schlussfolgerungen.................................................................... 205

7.5 Fallbeispiel II: Fakultät/ Exzellenzcluster ......................................... 2067.5.1 Charakterisierung....................................................................... 2067.5.2 Lern- und Reflexionsmethoden ................................................. 2087.5.3 Koevolutive Entwicklung .......................................................... 2107.5.4 Unterstützungsstrukturen ........................................................... 2117.5.5 Arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung ....... 2127.5.6 Schlussfolgerungen.................................................................... 213

7.6 Fallbeispiel III: Gesamtuniversität und Netzwerk/Zukunftskonzept „RWTH 2020“ ....................................................... 214

7.6.1 Charakterisierung....................................................................... 2147.6.2 Lern- und Reflexionsmethoden ................................................. 2157.6.3 Koevolutive Entwicklung .......................................................... 2167.6.4 Unterstützungsstrukturen ........................................................... 2177.6.5 Arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung ....... 2207.6.6 Schlussfolgerungen.................................................................... 221

7.7 Zwischenfazit ..................................................................................... 222

8. Fazit und Ausblick.................................................................................. 224

9. Zusammenfassung .................................................................................. 229

10. Literatur ................................................................................................. 230

Page 11: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Abbildungsverzeichnis 11

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anforderungskategorien der Dissertation...................................... 19Abbildung 2: Struktur der Arbeit......................................................................... 20Abbildung 3: Brennpunkte der Hochschulen aus Sicht des HRK ....................... 23Abbildung 4: Aktuelle Themen der Hochschulreform im

CHE ReformRadar..................................................................... 25Abbildung 5: Modell der beruflichen Handlungskompetenz

(nach Schaper & Sonntag 1992) ................................................ 29Abbildung 6: Bewertung der eigenen Kompetenzen von promovierten

Ingenieurinnen und Ingenieuren (Feller et al. 2007: 15) ........... 36Abbildung 7: Kompetenzen von promovierten Ingenieurinnen und Ingenieuren

aus Unternehmenssicht (Feller et.al. 2007: 10) ......................... 37Abbildung 8: Verteilung der Kompetenznennungen auf die Kompetenzbereiche

(Brall 2009: 32).......................................................................... 41Abbildung 9: Inhalte der Personalentwicklung (Becker 2005: 4) ....................... 49Abbildung 10: Anforderungen des 2. Kapitels (weiß hervor gehoben)............... 60Abbildung 11: The Lewinian Experiential Learning Model (Kolb 1974: 28) .... 77Abbildung 12: The transformation of the person through learning

(Jarvis 2008: 6) .......................................................................... 82Abbildung 13: Anforderungen des 3. Kapitels (weiß hervor gehoben)............... 90Abbildung 14: Anforderungen des 4. Kapitels (weiß hervor gehoben)............. 122Abbildung 15: Erfahrungsbasiertes Lernen als Regelkreis (in Anlehnung an

Strina 2003: 367) ..................................................................... 132Abbildung 16: Shewart (PDSA) Cycle .............................................................. 133Abbildung 17: Strategic learning actions and corresponding contradictions

in the cycle of expansive learning (Engeström 2001: 152) ..... 134Abbildung 18: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens ................................... 136Abbildung 19: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens .................. 140Abbildung 20: Reflexionsmatrix arbeitsbegleitenden Lernens ......................... 141Abbildung 21: Umsetzung erfahrungsorientierten Lernens an der Universität

(Brall et. al. 2007: 94).............................................................. 143Abbildung 22: Modell der Bildungsbedarfsanalyse (in Anlehnung an Müller &

Stürzl, 1992)............................................................................. 156Abbildung 23: Kriterien der Nutzbarkeit von Lernmethoden ........................... 164Abbildung 24: Mittelwerte der Kategorien der Benutzbarkeit der Lernformen 167

Page 12: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Abbildungsverzeichnis12

Abbildung 25: Bewertung der Benutzbarkeit der Lernformen nach der Funktionder Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer ................... 168

Abbildung 26: Eignung der Lernformen zur Entwicklung der überfachlichenKompetenzen ........................................................................... 170

Abbildung 27: Überfachliche Kompetenzanforderungen an der RWTHAachen (Anzahl der Nennungen in Klammern) ...................... 171

Abbildung 28: Überfachliche Kompetenzbereiche von wissenschaftlichenMitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Professorinnenund Professoren........................................................................ 172

Abbildung 29: Hinderungsgründe für die Teilnahme anWeiterbildungsangeboten ........................................................ 179

Abbildung 30: Anteile der überfachlichen Kompetenzbereiche des für dieberufliche Weiterbildung zu erlangenden Zertifikats .............. 180

Abbildung 31: Bevorzugte Form der Kurzlerneinheiten ................................... 182Abbildung 32: Stellenwert der beruflichen Kompetenzentwicklung am Institut

.................................................................................................. 183Abbildung 33: Verteilung des Stellenwertes der beruflichen

Kompetenzentwicklung ........................................................... 186Abbildung 34: Kompetenzgebiete der strategischen

Personalentwicklungskonzepte................................................ 187Abbildung 35: Häufigkeit der Mitarbeitergespräche nach Funktion der

Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer .......................... 188Abbildung 36: Themenbereiche der Mitarbeitergespräche nach Funktion ....... 189Abbildung 37: Häufigkeit der Dekangespräche................................................. 189Abbildung 38: Gestaltungselemente im Fallbeispiel I....................................... 203Abbildung 39: Geplante Maßnahmen des Cross Sectional

Processes (Dok. II 3)................................................................ 207Abbildung 40: Gestaltungselemente im Fallbeispiel II ..................................... 211Abbildung 41: Gestaltungselemente im Fallbeispiel III .................................... 216Abbildung 42: Die Kommunikationsebenen in

der Antragsphase (Dok. III 4) .................................................. 219

Page 13: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Tabellenverzeichnis 13

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Für die praktische Ingenieurtätigkeit erforderliche Kompetenzenund Schlüsselqualifikationen (VDI 2007)...................................... 34

Tabelle 2: Kompetenzen guter Universitätslehrer (Reichmann 2008: 55) .......... 38Tabelle 3: Effekte loser Kopplung (Laske et al. 2006: 108)................................ 55Tabelle 4: Dimensionen von Lernformen (Jäckel et al. 2005: 7) ........................ 70Tabelle 5: Zuordnung von Lernformen zu Lernorten.......................................... 72Tabelle 6: A typology of learning (Jarvis et al. 2003: 60, Jarvis 2004: 108f) ..... 80Tabelle 7: Basisanforderungen an technische Universitäten und ihrer

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (A1).......................................... 126Tabelle 8: Allgemeine Lernanforderungen (B1) ............................................... 129Tabelle 9: Spezifische Anforderungen an individuelle Lernprozesse (B2)....... 131Tabelle 10: Spezifische Anforderungen an das kollektive Lernen (B3)............ 138Tabelle 11: Lernförderliche Gestaltung des Arbeitsfeldes (C1)........................ 145Tabelle 12: Integration von Reflexions- und Lernformen (C2)......................... 149Tabelle 13: Anforderungen an Führungskräfte (D1) ......................................... 151Tabelle 14: Anforderungen an die Unterstützung durch

Universitätsleitungen (D2) ............................................................ 153Tabelle 15: Modelle der Bildungsbedarfsanalyse

(nach Müller & Stürzl 1992) ......................................................... 158Tabelle 16: Erlebte Lernformen im Arbeitsalltag der wissenschaftlichen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der RWTH Aachen ............. 166Tabelle 17: Bedeutendste überfachliche Kompetenzen von

Professorinnen und Professoren .................................................... 173Tabelle 18: Die am häufigsten genannten überfachliche Kompetenzbereiche

wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ................... 173Tabelle 19: Transfer der Seminarinhalte in den Arbeitsalltag

(Angaben in Prozent)..................................................................... 175Tabelle 20: Transfer der Seminarinhalte in die Praxis (Angaben in Prozent)... 176Tabelle 21: Vertiefung der Seminarinhalte (Angaben in Prozent) .................... 176Tabelle 22: Weitergabe der Seminarinhalte an die Kolleginnen

und Kollegen ................................................................................ 177Tabelle 23: Schulnoten für die Seminare des Weiterbildungsprogramms

„Fit für die Hochschule“ der RWTH Aachen ............................... 177

Page 14: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

Tabellenverzeichnis14

Tabelle 24: Korrelationen der Items des Stellenwerts der beruflichenKompetenzentwicklung am Institut............................................... 184

Tabelle 25: Entwurf zur Messung des „Stellenwerts der beruflichenKompetenzentwicklung“ zusammengesetzt aus sechs Aussagen .185

Tabelle 26: Zufriedenheit mit der Kompetenzentwicklung am Institut............. 191Tabelle 27: Übersicht über die Datenerhebungsmethoden

der drei Fallbeispiele ..................................................................... 197

Page 15: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

1. Einleitung 15

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Ziel

In der Bologna-Erklärung aus dem Jahre 1999 haben 29 europäische Staatenbeschlossen bis 2010 einen einheitlichen europäischen Hochschulraum zu ver-wirklichen. Hintergrund ist die zunehmende Internationalisierung des Aus- undWeiterbildungsmarktes und die Frage, wie europäische Hochschulen im weltwei-ten Wettbewerb weiter bestehen können (Botti & Junga 2004: 20). In den Folge-konferenzen der europäischen Bildungsministerinnen und -minister1 in Prag(2001), Berlin (2003), Bergen (2005), London (2007) und Leuven (2009) wurdendie vereinbarten Ziele weiter spezifiziert und die Umsetzung überprüft. Auf derBerliner Konferenz wurde das zweistufige Studiensystem um den sogenanntendritten Zyklus, die Doktorandenausbildung, erweitert. Dieser Zyklus entsprichtlaut den Beschlüssen von Bergen zeitlich einem drei bis vierjährigen Vollzeitstu-dium und soll darüber hinaus vermehrt eine interdisziplinäre Ausrichtung erhal-ten sowie neben der Ausbildung wissenschaftlicher Expertise auch die Berufsfä-higkeit befördern. Die Nachfolgekonferenz in London entgegnete den Befürch-tungen der Vereinheitlichung, Formalisierung und Bürokratisierung des Promo-tionsprozesses jedoch durch die Bestätigung der erhaltenswerten Vielfalt dereuropäischen Doktorandenausbildung, deren Formen im Wettbewerb zueinanderstehen. Neben den zunächst im Bolognaprozess forcierten strukturierten Promo-tionsprogrammen tritt daher auch die individualisierte Promotion im Beschäfti-gungsverhältnis an Lehrstühlen und in Hochschulinstituten erneut in den Mittel-punkt des Interesses. Sie kann für die Ingenieurinnen und Ingenieure, der Haupt-gruppe der Promovierenden, des in dieser Arbeit näher betrachteten Falls dertechnischen Universität, als Regelfall bezeichnet werden. Ihr Erhalt soll auchaufgrund der engen Verknüpfung des Lehr- und Forschungsauftrags (DFG 2004:27) gesichert und ihre Stärken sollen weiter ausgebaut werden.

„Die Ingenieurpromotion an deutschen Universitäten, die durch eineweitgehend selbständige Tätigkeit in Forschung, Lehre und Projekt-arbeit gekennzeichnet ist, ermöglicht eine umfassende Kompetenz-entwicklung der Doktoranden und ist ein Alleinstellungsmerkmal derdeutschen Ingenieurwissenschaften im internationalen Vergleich.“(acatech 2008: 9)

1 In dieser Arbeit ist die Nennung von Personen und Personengruppen geschlechtsneutral zu verste-hen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird an manchen Stellen, insbesondere in Grafikenund Tabellen und bei zusammengesetzten Wörtern (z.B. Mitarbeitergespräch), auf eine doppelteBezeichnung von Personen, nämlich in weiblicher und männlicher Form, verzichtet. An Stellenwo nur die männliche Form erscheint, sind dennoch immer beide Geschlechter gemeint.

Page 16: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

1. Einleitung16

Im Rahmen der Entwicklung von konkreten Umsetzungsvorschlägen zur Ausge-staltung des dritten Zyklus der Bolognareform formulierten auch Berufsverbändeund Interessengruppen ihre Vorstellungen der innerhalb der Universität zu ent-wickelnden Kompetenzen in der Phase der Ingenieurpromotion (TU9 2009,acatech 2008, VDI/VDE 2008, TU9 2007, 4Ing 2006, CESAER 2006, VDMA2006, DFG 2004, THESIS 2004, Wissenschaftsrat 2002). Weitgehend einig sindsich die betrieblichen Interessensgruppen hinsichtlich einer Bestandsaufnahmedes Spektrums von Kompetenzentwicklungsmöglichkeiten der bisherigen uni-versitären Praxis. Sie verweisen darauf, dass neben der fachlichen Qualifikationauch eine umfassende überfachliche Kompetenzentwicklung zur adäquaten Vor-bereitung auf die beruflichen Herausforderungen nach der Promotion zählt. Sobenennen der VDI und der VDE beispielsweise in einem gemeinsamen Positi-onspapier die Fähigkeit in einem internationalen und interdisziplinären Umfeldadäquat agieren zu können, Führungs- und Managementkompetenzen, Handelnin einem komplexen Umfeld sowie didaktische Expertise neben der fachlichenQualifizierung als ergänzende Ziele der Ingenieurpromotion (VDI/VDE2008: 2f). Damit stellt sich die Promotion für einige der Interessensverbändenicht als eine dritte Phase des Studiums dar, sondern klar als erste Stufe einerselbst verantwortlichen Tätigkeit (TU9 2007: 1, CESAER 2006: 1, 4Ing 2006: 1,VDMA 2006: 9). Die favorisierte Form der Promotion in einem Beschäftigungs-verhältnis bietet aus Sicht der meisten Verbände (acatech 2008: 10, VDI/VDE2008: 4, 4ing 2006: 1, VDMA 2006: 13), aber auch der Absolventen (acatech2008: 33, Feller 2007: 19f), vielfältige Möglichkeiten für eine umfassende Kom-petenzentwicklung im Prozess der Arbeit.

„Die Definition der Promotionsphase als berufliche Tätigkeit und diegleichzeitige Einbindung der Promovierenden in ein universitäres In-stitut bietet demnach gute Möglichkeiten, den Kompetenzerwerb zurealisieren. Gleichzeitig hängt das tatsächliche Gelingen von denfaktischen Gegebenheiten im einzelnen Institut ab.“ (Feller2007: 20).

Es zeigt sich jedoch auch, dass die Möglichkeiten eines arbeitsbegleitenden Ler-nens in der Universität nicht überall optimal und strategisch genutzt werden,auch wenn die notwendigen Rahmenbedingungen für ein Lernen im Prozess derArbeit in hohem Maße den Voraussetzungen an der Hochschule entsprechen(Hanft 2004: 134). Das zunehmende Interesse an einer universitären Personal-entwicklung in den vergangenen Jahren fokussiert zumeist die Übertragung be-trieblicher Instrumente der Personalarbeit und setzt dabei auf eine Standardisie-rung der Personal- und nicht auf eine Individualisierung der Kompetenzentwick-lung (Laske & Auer 2006: 66). Eine strategische Perspektive des Personalmana-gements, welches die universitären Entwicklungsbedarfe mit in den Fokus

Page 17: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

1. Einleitung 17

nimmt, wird kaum formuliert (ebd.: 65). Es zeigt sich, dass bei einer Betrachtungvon Lernprozessen über die individuelle Ebene hinaus der Mehrwert für dieverschiedenen Ebenen der eigenen Organisation bei gleichzeitiger zielgerichteterund strukturierter individueller Kompetenzentwicklung der wissenschaftlichenMitarbeiter ersichtlich wird (Brall et al. 2007). Die vielfältigen Wandlungen,welche die Universitäten verstärkt durch die Bolognareformen prägen, erfordernzunehmend eine permanente Wandlungsbereitschaft der Hochschulen und damitauch eine verstärkt strategische Betrachtung der Kompetenzentwicklung. Durcheine intendierte Verknüpfung der Lernebenen kann die kollektive Handlungsfä-higkeit der Universität (Pellert 2004: 162) befördert werden, so dass sich Univer-sitäten im internationalen Wettbewerb nachhaltig behaupten können.

Ziel der Arbeit ist daher die Entwicklung eines Konzepts arbeitsbegleitenderüberfachlicher Kompetenzentwicklung promovierender Ingenieurinnen undIngenieure, welches durch die gleichzeitige Fokussierung von individuellen undorganisationalen Entwicklungsbedarfen eine strategische Verankerung von Lern-prozessen auf allen Handlungsebenen von technischen Universitäten ermöglicht.

Für die Arbeit können auf Grundlage der bisherigen Ausführungen folgendeBasisanforderungen für diese Konzeptionalisierung benannt werden:

A1-01 Regelpromotion im Beschäftigungsverhältnis:Die Regelpromotion von Ingenieurinnen und Ingenieuren im Be-schäftigungsverhältnis soll erhalten bleiben.

A1-02 Integration überfachlicher Kompetenzentwicklung:Neben der fachlichen Ausbildung muss eine umfassende überfach-liche Kompetenzentwicklung in die Aus- und Weiterbildung derUniversität integriert werden.

A1-03 Förderung der Berufsfähigkeit:Die Berufsfähigkeit soll gefördert werden.

A1-04 Selbstverantwortliche Tätigkeit:Eine weitgehend selbstverantwortliche Tätigkeit in Forschung, Leh-re und Projektarbeit soll ermöglicht werden.

A1-05 Lernen im Arbeitsprozess:Kompetenzentwicklung soll im Prozess der Arbeit erfolgen.

A1-06 Systematische Kompetenzentwicklung:Kompetenzentwicklung soll zielgerichtet und strukturiert im Ver-lauf der gesamten Beschäftigung erfolgen.

Page 18: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

1. Einleitung18

A1-07 Verknüpfung von Lernebenen:Individuelle Lernprozesse sollen mit organisationalen Entwick-lungsbedarfen verbunden werden.

A1-08 Kollektive Handlungsfähigkeit:Die kollektive Handlungsfähigkeit der Universität soll gestärktwerden.

Die Basisanforderungen umreißen den Forschungsauftrag dieser Arbeit, welcherdurch die folgenden drei Forschungsfragen weiter konkretisiert wird:1. Wie kann die überfachliche Kompetenzentwicklung in den Arbeitsprozess

wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Führungskräfte inLehre und Forschung integriert werden?

2. Kann Lernen im Prozess der Arbeit an technischen Universitäten strategischso verankert werden, dass gleichzeitig das organisationale Lernen der Uni-versität befördert wird?

3. Wie muss ein Instrument zur Analyse und Planung von strategisch veranker-ten Maßnahmen des Lernens im Prozess der Arbeit gestaltet sein?

1.2 Aufbau der Arbeit

Im Verlauf der Arbeit sollen die Basisanforderungen weiter konkretisiert werden.Dreh- und Angelpunkt der Betrachtung sind dabei Lernprozesse sowohl auf derindividuellen als auch auf der kollektiven Ebene. Die Verknüpfung von indivi-duellen und organisationalen Entwicklungsbedarfen zeigt darüber hinaus, dassdie Kernaspekte der lernenden Organisation eine bedeutende Rolle spielen.Garvin et. al (2008) benennen in ihrer zusammenfassenden Betrachtung derwissenschaftlichen Erkenntnisse organisationalen Lernens drei wesentliche Fak-toren, welche für das organisationale Lernen und die Anpassungsfähigkeit vonBedeutung sind. Ihrer Ansicht nach sind dies ein lernfreundliches Umfeld, kon-krete Lernprozesse und -praktiken als auch Führungskräfte, welche das Lernenbefördern. Diese drei Bausteine der lernenden Organisation bilden im Verlaufdieser Arbeit den Rahmen für die Konkretisierung der weiteren Anforderungen.Hierzu werden die ersten beiden Bausteine unter dem Teilaspekt Lernstrukturenzusammengefasst, welcher einerseits die lernförderliche Gestaltung des Arbeits-feldes und andererseits die Integration von Reflexions- und Lernformen betrach-tet. Der von Garvin et al. benannte dritte Aspekt der Förderung von Lernen durchFührungskräfte wird mit dem Punkt Unterstützungsstrukturen zum einen hin-sichtlich der Unterstützungsanforderungen an Führungskräfte als auch hinsicht-lich von Universitätsleitungen eingehender betrachtet (Abbildung 1). Die Anfor-derungen werden durch grau hinterlegte Kästen im Verlauf des Textes hervorge-hoben und direkt der jeweiligen Kategorie zugeordnet. Die Nummerierung er-

Page 19: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

1. Einleitung 19

folgt durch die Zuordnung der Anforderung zu einer der oben genannten Katego-rien und wird durch eine fortlaufende Nummerierung ergänzt.

Abbildung 1: Anforderungskategorien der Dissertation

Die Spezifizierung der Anforderungen erfolgt in den ersten drei Kapiteln dieserArbeit. Das einleitende Kapitel stellt hierbei den aktuellen Stand der Diskussionvon Praktikern und Wissenschaftlern hinsichtlich der Personal- und Kompetenz-entwicklung an Universitäten dar. Die beiden folgenden theoretischen Hauptka-pitel betrachten vertiefend das Lernen im Prozess der Arbeit sowie aus einersystemisch- konstruktivistischen Perspektive sowohl individuelle als auch kol-lektive Lernanforderungen. Von diesen drei Perspektiven wird erwartet, dass sieeinen qualifizierten Beitrag zur Konkretisierung leisten können. Auf Basis derermittelten Anforderungen wird ein Konzept entwickelt, mit dessen Hilfe eineAnalyse und eine Planung der überfachlichen Kompetenzentwicklung im Prozessder Arbeit an technischen Universitäten ermöglicht werden soll. Am Beispiel derRWTH Aachen wird im Anschluss empirisch und durch Praxisbeobachtungbeispielhaft demonstriert, wie technische Universitäten den benannten Anforde-rungen durch die Integration vielfältiger Gestaltungsaspekte eines Lernens imProzess der Arbeit begegnen können. (Abbildung 2)

Das 2. Kapitel führt literaturbasiert in die derzeitige Situation der Kompetenz-entwicklung von Wissenschaftlern und Lehrenden an Universitäten ein. Dabeiwerden zunächst die universitären Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahr-hunderts betrachtet, um vor diesem Hintergrund zum einen die zur Bewältigung

B 2 Individuelle Lernprozesse B 3 Kollektive Lernprozesse

B Lernprozesse

B 1 Allgemeine Lernanforderungen

C 1

Lernförder-liche

Gestaltungdes Arbeits-

feldes

D1

Anforde-rungen anFührungs-kräfte

D 2

Unterstüt-zung durchUniversi-täts-

leitungen

C 2

Integrationvon

Reflexions-und

Lernformen

A 1Basisanforderungen

an technische Universitäten und ihre Mitarbeiter

C Lernstrukturen D Unterstützungsstrukturen

Page 20: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

1. Einleitung20

der Herausforderung erforderlichen überfachlichen Kompetenzprofile von Wis-senschaftlern technischer Universitäten zu beleuchten und zum anderen denaktuellen Stand der Umsetzung von Personalentwicklung an den Hochschulen zufokussieren. Schwerpunkt des 3. Kapitels ist eine Betrachtung des Lernens imProzess der Arbeit. Im ersten Teil des Kapitels wird zunächst der aktuelle Standder wissenschaftlichen Diskussion zum Themenfeld herausgearbeitet. Erfahrungist in der Regel der Ausgangspunkt des Lernens im Prozess der Arbeit. Somitwird im weiteren Verlauf der Arbeit zunächst ein Blick auf die Konzepte derHauptvertreter dieses Lernansatzes geworfen. Kapitel 4 führt in die Grundlagensystemisch-konstruktivistischen Denkens ein und erläutert dabei die zentralenBegriffe und Sichtweisen eines Lernens aus dieser Perspektive. Dabei wird so-wohl das individuelle, als auch das kollektive Lernen betrachtet.

Abbildung 2: Struktur der Arbeit

Im 5. Kapitel wird auf Grundlage der in den Kapiteln 1-4 definierten Anforde-rungen ein Konzept für die Gestaltung von Lernen im Prozess der Arbeit antechnischen Universitäten entwickelt. Hierzu wird zunächst das Modell des dop-pelten Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens vorgestellt, welches die Zielrichtungvon Lernaktivitäten im Prozess der Arbeit verdeutlicht und als Strukturierungs-hilfe für die Einordnung von arbeitsbegleitenden Lernaktivitäten dient. Das Ka-pitel schließt mit einer Zusammenführung der relevanten Handlungsbereiche für

Einleitung

Kompetenzentwicklungspraxis undKompetenzentwicklungsbedarfe

Arbeiten und Lernen Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht

Kompetenzentwicklung in der Praxiseiner technischen Universität

Koevolutive Entwicklung alsstrategischer Wandel

Fazit und Ausblick

Vom individuellen Lernen zumkollektiven Wandel

1

2

3 4

5

6

8

7

Page 21: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

1. Einleitung 21

eine Umsetzung individuellen und kollektiven Lernens im Prozess der Arbeit antechnischen Universitäten ab. Hierbei wird auf die Schaffung eines lernförderli-chen Umfelds, die Integration von Lern- und Reflexivformen, wie auch auf dienotwendigen Aufgaben von Führungskräften und Universitätsleitungen einge-gangen.

Die beiden folgenden Kapitel untersuchen die Umsetzung der Anforderungen derrelevanten Handlungsbereiche in der Praxis. Die konkrete Umsetzung der Kom-petenzentwicklung am Beispiel einer technischen Universität steht im 6. Kapitelim Mittelpunkt der Betrachtung. Hierzu wurden im Sommer 2006 alle 3500wissenschaftlichen Beschäftigten der RWTH Aachen befragt, um ein möglichstumfassendes Bild der aktuellen Ausgangssituation zu bekommen. In dieser Be-fragung standen vor allem die Praxis der Kompetenzentwicklungsbestrebungenund der Bedarf an Kompetenzentwicklungsmaßnahmen in Fachbereichen, Insti-tuten und Lehrstühlen im Fokus. Darüber hinaus wurde die Möglichkeit geboten,die wichtigsten überfachlichen Kompetenzen zu benennen, um so ein umfassen-des Bild der Ausgangssituation zu erhalten. Kapitel 7 beschreibt sowohl amBeispiel eines Instituts, eines Forschungsverbundes einer Fakultät als auch amBeispiel von universitätsweiten Initiativen den Einsatz des entwickelten Kon-zepts und Analyseinstruments in der Praxis. Es wird verdeutlicht, welche Gestal-tungselemente eines Lernens im Prozess der Arbeit eine koevolutive Entwick-lung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch der Organisation ermögli-chen helfen. Dabei zeigen sich auch weitere Herausforderungen der RWTHAachen auf dem Weg zur lernenden Organisation.

Page 22: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe22

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe an technischen Universi-täten

2.1 Einleitung

Die Universitäten sehen sich derzeitig einem permanenten Reformbedarf gegen-über. Ein breites Spektrum an Anforderungen, wie der internationale Wettbe-werb, Kundenorientierung und vieles mehr prägen den universitären Alltag. DieHochschulen wissen, dass sie den wissenschaftlichen Nachwuchs effektiv aufdiese Anforderungen vorbereiten müssen. Die Anforderungen an die Kompeten-zen der neuen Generation von Wissenschaftlern sind dabei in mannigfaltigerWeise von verschiedenen Autoren umrissen worden. Es zeigt sich jedoch, dassdie Hochschulen sich nicht allein auf die individuelle Kompetenzentwicklungihrer Beschäftigten stützen dürfen, wenn sie als Organisation effektiv im Wandelbestehen wollen. Das Kapitel leistet eine Bestandsaufnahme, indem es die uni-versitären Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts skizziert (Kapitel2.2), Kompetenzanforderungen für Wissenschaftler mit einem spezifischen Fo-kus auf Doktoranden der Ingenieurwissenschaften zusammen führt (Kapitel 2.3)als auch den Stand der Personalentwicklung an deutschen Universitäten in denBlick nimmt (Kapitel 2.4).

2.2 Die universitären Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhun-derts

Blickt man auf die Vielzahl der Publikationen, welche sich mit dem Thema derUniversitätsentwicklung beschäftigen, dann ist ein verbindendes Glied die Er-kenntnis, dass Universitäten sich im Wandel befinden. Welchen Bereich mansich auch anschaut, schnell wird deutlich, dass überall Reformbedarf zu bestehenscheint. Die Erkenntnis, dass Hochschulen sich wandeln müssen, bzw. sich imUmbruch befinden ist keine neue, dies deutet jedoch an, dass die Notwendigkeitzur Wandlung einerseits unaufhaltsam voranschreitet und andererseits von denUniversitäten, wollen sie nicht ihre bisherigen Errungenschaften über Bord wer-fen, selbst gestaltet werden muss. Seit Beginn der neunziger Jahre hat der Wand-lungsprozess bzw. die eine Veränderung erzwingenden Rahmenbedingungeneine neue Dynamik entfaltet, was sich in einer Vielzahl von Publikationen zuangestoßenen und zum Teil gescheiterten Veränderungsprozessen sowie öffentli-chen Bekundungen manifestierte.

Will man eine aktuelle Bestimmung des universitären Reformbedarfs vorneh-men, gewinnt man aufgrund der Vielfältigkeit und des Facettenreichtums kaumeinen geordneten Überblick. In dieser Arbeit erfolgt eine Annäherung an die sichständig wandelnden Herausforderungen der Universität daher über eine Auswer-

Page 23: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 23

tung der sich permanent wandelnden Internetseiten. Zwei davon sollen in dieserArbeit näher betrachtet werden: zum einen die Brennpunkte der Hochschulrekto-renkonferenz (HRK) und zum anderen die Themenlandkarte des Centrums fürHochschulentwicklung (CHE). Beide zeigen im Vergleich von 2004 bis heuteThemen und Veränderungen, welche die Hochschulen beschäftigen. Sie doku-mentieren damit den sich ständig wandelnden Reformbedarf.

Nach Ansicht der Hochschulrektorenkonferenz ist die Anzahl der großen The-men der Hochschulentwicklung recht überschaubar. Die Exzellenzförderung, derFöderalismus, die Hochschulfinanzen und die Studiengebühren, der Hochschul-zugang, der Hochschulpakt als auch der wissenschaftliche Nachwuchs prägtendie Kontroversen in den letzten Jahren. Seit kurzem kommt die Bedeutung derkleinen Fächer hinzu, die im Zuge des Jahres der Geisteswissenschaften auf dieAgenda rückte (Abbildung 3).

2004 2005 2006 2007 2008Eliteförderung

Exzellenzförderung

Exzellenzinitiative

Föderalismusdebatte

Kompetenzverteilung zwischenBund und Ländern in der Hoch-schulpolitik

Hochschulfinanzierung

Hochschulpakt 2020

Studiengebühren

Studienbeiträge

Hochschulzugang

Wissenschaftlicher Nachwuchs

Kleine Fächer

Stand2 10.12.2004 25.12.2005 07.12.2006 04.12.2007 11.8.2008

Abbildung 3: Brennpunkte der Hochschulen aus Sicht des HRK

Das Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh versteht sich als eine Re-formwerkstatt für das deutsche Hochschulwesen: Leitbild ist die Idee der entfes-

2 Quelle: http://web.archive.org

Page 24: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe24

selten Hochschule, welche von Müller-Böling skizziert wurde (Müller-Böling2000). Hintergrund ist die Problematik, dass fundamentale Reformen der Hoch-schule aufgrund der vielfältigen gesetzlichen Regelungen, Besitzstandsinteressenund eingefahrenem Denken nicht möglich sind (ebd.: 9). Um den vielen kleinenReformen eine Zielrichtung zu geben, entwickelte er das Leitbild der „entfessel-ten Hochschule“, die zwar überwiegend staatlich finanziert ist, doch sich in we-sentlichen Freiheitsgraden von der „alten Universität“ unterscheidet. Sie zeichnetsich aus durch− ein hohes Maß an Autonomie,− der Verpflichtung zur Wissenschaftlichkeit,− wirtschaftliches Handeln,− ein scharfes Profil,− ihre Wettbewerbsorientierung,− eine internationale Orientierung,− die Annahme der Herausforderung der Virtualisierung.

Orientiert an diesen Leitbildern der Hochschule unterhält das CHE eine Themen-landkarte, welche relevante hochschulpolitische Handlungsfelder benennt. Stelltman die Themen der Vergangenheit den heutigen Themenfeldern gegenüber,dann zeigen sich zum einen Herausforderungen, welche die Hochschulen zubewältigen haben und zum anderen aktuelle Trends in der Universitätslandschaft.Die Gegenüberstellung verdeutlicht, dass zwischen 2004 und 2008 die Themenin den Bereichen Autonomie, Profilbildung und Wettbewerb deutlich zugenom-men haben. Neben der Selbststeuerung der Hochschule hat sich der BereichPersonalautonomie unter dem Leitbild Autonomie stark ausdifferenziert. DieÜbertragung von umfassenden Verantwortlichkeiten auf die Hochschule erfor-dert hier eine differenzierte Auseinandersetzung mit rechtlichen Fragen, aberauch mit Themen wie Karriereplanung und Gender Mainstreaming. Im LeitbildProfilbildung stehen einerseits Fragen des Marketings des entwickelten Profilsim Zentrum des Interesses. Es zeigt sich aber, dass dies zu kurz greift und nurdurch umfassende Umstrukturierungen Profile in Handlungen umgesetzt werden.Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass die Fragen des Change Ma-nagements von Universitäten in den Fokus rücken. Den Mehrwert langfristigerBindungen an die Hochschule ist mit Blick auf den Bedeutungszuwachs vonwissenschaftlicher Weiterbildung und von Netzwerkverbünden nicht zu verken-nen. Studentservice ist daher eine Antwort auf die Frage, wie man frühzeitiglangfristige Bindungen aufbaut und erhält. Der Wettbewerb unter den Hochschu-len erfordert auch einen dezidierteren Blick auf die verschiedenen Rahmenbe-dingung und Aufträge der unterschiedlichen Hochschulformen. Zudem ist dieFusion von Hochschulen ein Mittel, sein Profil und seine Möglichkeiten imWettbewerb zu stärken.

Page 25: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 25

Einen weiteren Fokus kann man mit dem CHE-ReformRadar hinzufügen. Diesesbeschreibt den aktuellen Fokus der Hochschulreform. Dabei dominierten Fragender Budgetierung, des Umgangs mit Studiengebühren sowie Zielvereinbarungendie letzten Jahre (Abbildung 4).

2005 2006 2007 2008

Bachelor/ Master

Besoldung/ Mittel-verteilung/ Besoldung

Budgetierung Budgetierung Budgetierung Budgetierung

Studiengebühren Studiengebühren Studiengebühren Studiengebühren

Zielvereinbarungen Zielvereinbarungen Zielvereinbarungen

Hochschulmarketing Hochschulmarketing

DemographischerWandel und Hoch-

schulsystem1.12.2005 5.10.2006 8.7.2007 12.8.2008

Abbildung 4: Aktuelle Themen der Hochschulreform im CHE ReformRadar3

Die Verlagerung der Verantwortung in die Hochschule und die Erweiterung derHandlungsspielräume, die mit einer Vielzahl der laufenden Reformen intendiertwerden, soll die kollektive Handlungsfähigkeit der Universitäten stärken.Schwerpunktsetzung und Profilbildung soll die Hochschulen dabei internationalwettbewerbsfähig machen, da das herrschende Bildungsparadigma davon aus-geht, dass sie hierdurch eher in der Lage sind den Anforderungen und den be-sonderen Anforderungen der Massenhochschule zu begegnen (Pellert 2004:162).

Es wird bei der Fülle der in dem vorhergehenden Abschnitt aufgezeigten Re-formthemen der letzten Jahre schnell deutlich, dass die Modernisierungseffektean deutschen Hochschulen neues Wissen und Fähigkeiten bei allen Betroffenenerfordern (Laske 2004: 43). Dies zeigt sich jedoch genau so im originären Be-reich der wissenschaftlichen Innovation. Viele Innovationen generieren sich ausder Verknüpfung unterschiedlicher Fachdisziplinen, was eine enge und effektiveZusammenarbeit erfordert. Ohne umfassende überfachliche Kompetenzen sinddiese Herausforderungen nicht zu meistern.

3 Quelle: http://www.che.de und http://www.che-concept.de. In der letzten Zeile findet sich dasErhebungsdatum.

Page 26: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe26

2.3 Überfachliche Kompetenzen von Wissenschaftlern

2.3.1 Einleitung

Zur Bewältigung alter, aber auch neuer Herausforderungen des universitärenAlltags benötigen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule umfas-sende Kompetenzen. Führt man publizierte Kompetenzprofile von Wissenschaft-lern zusammen, so kann man sich häufig nicht des Eindrucks erwehren, dass derheutige Wissenschaftler eine „Eier legende Wollmilchsau“ zu sein scheint. Die-ser Abschnitt stellt prominente Beispiele der in der Literatur beschriebenenKompetenzprofile vor. Nach einer grundlegenden Einführung zum Thema Kom-petenzen (Kapitel 2.3.2) zeigen die folgenden beiden Unterkapitel zum einen,welche Kompetenzen Studierende der Ingenieurwissenschaften zum Einstieg indas Berufsleben mitbringen sollten (Kapitel 2.3.3) und zum anderen, welchespezifischen Kompetenzprofile für Wissenschaftler diese Basiskompetenzenweiter ergänzen (Kapitel 2.3.4). Diese sind jeweils mit Ausrichtung auf ver-schiedene Zielgruppen erstellt worden, so dass eine Zusammenführung auch einumfassendes Gesamtprofil promovierter Ingenieurinnen und Ingenieure ergibt(Kapitel 2.3.5).

2.3.2 Was sind Kompetenzen?

Die heutige Sichtweise auf den Begriff „Kompetenz“ ist eingebettet in vielfältigeVeränderungen der Bildungslandschaft. Bis in die 70er Jahre hinein prägte derumfassende humboldtsche Bildungsbegriff, der auf die Entwicklung einer selb-ständigen individuellen Persönlichkeit zielte, die Vorstellungen im Bildungsbe-reich. Mitte der 70er Jahre wurde der Bildungsbegriff in der Berufsbildung durchden Begriff „Qualifikation“ abgelöst, welcher sich nicht mehr an der Persönlich-keit, sondern an dem ökonomischen und gesellschaftlichen Bedarf orientierte.

„Qualifikation bezeichnet ein für eine bestimmte arbeitsteilige Ver-richtung notwendiges Wissen und Können, das als subjektives Hand-lungspotential dem Subjekt zur Problembewältigung zur Verfügungsteht.“ (Kirchhöfer 2004: 66)

Der an der Tätigkeit orientierte Begriff, der auch Berufe bzw. berufliche Hand-lungsfelder beschreibt, wurde zeitgleich mit seiner Erstehung um eine extrafunk-tionale oder prozessübergreifende Sicht erweitert. Mertens definiert die soge-nannten „Schlüsselqualifikationen“ als

„…solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nichtunmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparatenpraktischen Tätigkelten erbringen, sondern vielmehr

Page 27: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 27

a. die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionenals alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und

b. die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist un-vorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe desLebens.“ (Mertens 1974: 40)

In der deutschen Diskussion beginnt der Begriff der Kompetenz den Qualifikati-onsbegriff in den 80er Jahren abzulösen. Als Gründe hierfür werden die sichverändernden produktiven Anforderungen angeführt, die dazu führten, dass sichUnternehmen und damit auch die Arbeitnehmer an die neuen Umweltanforde-rungen anpassen müssen (Lichtenberger 1999: 282ff). Im Zuge der beginnendenGlobalisierung reichte das Programm der beruflichen (Weiter-) Bildung nichtaus, um die notwendigen Anforderungen des dauerhaften Umgangs mit Unsi-cherheit und Wandel zu beschreiben. Diese Verschiebung hin zum Begriff derKompetenz ging einher mit einschneidenden Veränderungen in den Lebenswel-ten, des Verständnisses des Subjekts und der Wissenschaftstheorie (Schmidt2005: 180). Während auf der Seite der Wissenschaftstheorie Konzepte wieKomplexität, Dynamik, Reflexivität und Zukunftsoffenheit an Bedeutung ge-winnen und damit der Selbstorganisation einen zentralen Stellenwert einräumten,wurden die Konsequenzen des Umbruchs mit Begriffen wie „lebenslanges Ler-nen“, „Patchworkbiografie“ oder „ICH-AG“ beschrieben (Schmidt 2005: 180f).Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass eine Definition des Kompetenzbegriffsdiese Entwicklungen aufgreifen musste um zu einer theoretischen, wie prakti-schen Relevanz zu gelangen. Das Kompetenzkonzept im Forschungsprogramm„Lernkultur Kompetenzentwicklung“, welches die Debatte in Deutschland rich-tunggebend beeinflusst hat, ist eine solche, heute weitgehend akzeptierte, Defini-tion.

„Kompetenzen als Selbstorganisationsdispositionen, also als Anla-gen, Bereitschaften, Fähigkeiten, selbst organisiert und kreativ zuhandeln, und mit unscharfen oder fehlenden Zielvorstellungen undmit Unbestimmtheit umzugehen, existieren auf den Ebenen von Ein-zelnen, Teams, Unternehmen, Organisationen und Regionen.“ (Hey-se et.al. 2002: 11, Herv. im Orig.)

Insbesondere im Bereich der beruflichen Weiterbildung hat dabei der Begriff derHandlungskompetenz eine große Bedeutung erlangt (Hofman & Regnet 2003,Pelz 2000, Arnold & Krämer-Stürzl 1996, Frank 1996, Sonntag & Schaper1992).

„Handlungskompetenz wird definiert als die Motivation und Befähi-gung einer Person zur selbstständigen Weiterentwicklung von Wis-sen und Können auf einem Gebiet. Sie beschreibt die Kapazität einer

Page 28: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe28

Person zur erfolgreichen Bewältigung neuer Aufgaben. Als Mecha-nismus gilt das selbstorganisierte Lernen (…).“ (Bergmann 2004:19f)

Im Modell der beruflichen Handlungskompetenz nach Schaper und Sonntag(1992) werden, ähnlich wie bei Heyse et.al. 2002, vier Kompetenzbereiche be-schrieben. Sie unterscheiden die Fach- und Methodenkompetenz sowie die sozia-le und personale Kompetenz. Der Begriff der Fachkompetenz (auch als Sach-kompetenz bezeichnet) beschreibt die Fähigkeit fachliches Wissen anzueignenund zu verändern sowie im Rahmen bestimmter Aufgaben und Arbeitsprozesseabzurufen und anzuwenden. Die Methodenkompetenz beinhaltet die Fähigkeitberufliche Fertigkeiten situationsübergreifend, z.B. zur Bewältigung von Prob-lemen oder Entscheidungsfindung, anzuwenden. Kommunikative und kooperati-ve Verhaltensweisen werden durch die soziale Kompetenz zusammengefasst.Der personalen Kompetenz (synonyme Bezeichnungen: Selbstkompetenz, indi-viduelle Kompetenz) werden Aspekte der individuellen Persönlichkeit zugeord-net. Handlungskompetenz ergibt sich aus dem Zusammenspiel dieser Kompeten-zen, die den Autoren zufolge eine optimale Bewältigung von beruflichen Anfor-derungen gewährleistet.

Die Differenzierung der vier Kompetenzbereiche verdeutlicht, dass die Förde-rung eines Kompetenzbereichs nur im Zusammenhang mit anderen Kompetenz-bereichen gesehen werden kann. Bei der Entwicklung der Selbstlernkompetenz,welche dem Bereich der Methodenkompetenz zuzuordnen ist, spielt die fachlicheKompetenz beispielsweise eine bedeutende Rolle. Selbstlernkompetenzen kön-nen zum einen nicht kurzfristig und zum anderen nicht losgelöst von der Ver-mittlung fachlicher Inhalte erworben werden (Seel 2000). Die genannten Kompe-tenzen werden somit nie einzeln verwendet, sondern je nach Situation mit unter-schiedlicher Gewichtung, meist in Kombination miteinander gebraucht(Abbildung 5).

Sonntag & Schaper (1992) ordnen den jeweiligen Kompetenzen entsprechendgeeignete ausgewählte Trainingsmethoden zu. So sollen Fachkompetenzen vor-rangig durch Methoden, die berufliche Fertigkeiten und Kenntnisse schulen,ausgebaut werden. Diese Kompetenz kann ihrer Ansicht nach durch computerge-stützte Lernmethoden oder tutorielle Systeme der „Wissensaneignung, -veränderung, -aktivierung und -nutzung“ (Frieling & Sonntag 1999: 192) geför-dert werden. Zur Erweiterung der Methodenkompetenz eignen sich vor allemVerfahren, die situationsübergreifend flexibel einzusetzende kognitive Fähigkei-ten trainieren (Simulationsmethoden und kognitive Trainingsverfahren, wie z.B.Planspiele). Zur Förderung sozialer Kompetenz werden „Methoden, deren Inten-tion in der Förderung kommunikativer und kooperativer Verhaltensweisen von

Page 29: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 29

Organisationsmitgliedern“ (ebd.: 188) liegen, herangezogen (z.B. Gruppen- undKommunikationstrainings sowie Lern- oder Qualitätszirkel). Die personaleKompetenz sollte durch Reflexion des Selbstkonzeptes sowie der damit zusam-menhängenden motivationalen und emotionalen Aspekte befördert werden (z.B.suggestopädische Methoden; ebd.: 189).

Abbildung 5: Modell der beruflichen Handlungskompetenz(nach Schaper & Sonntag 1992)

Erst das optimale Zusammenspiel der vier angeführten Kompetenzbereiche füh-ren zur beruflichen Handlungskompetenz. Der Erwerb der Handlungskompetenzkann nicht durch Weiterbildung vermittelt werden, da diese auf Wissensvermitt-lung und nicht auf Handlungsfähigkeit gerichtet ist (Staudt & Kriegsmann 1999).Handlungskompetenz wird letztendlich in realen Handlungsvollzügen durch dieAusbildung von vernetzten, expliziten und impliziten Wissen erworben. DieMotivation von einzelnen Mitarbeitenden zum selbstorganisierten beruflichenHandlungskompetenzerwerb ist jedoch durch die Arbeitsumgebung, wie bei-spielsweise dem Problemgehalt der Arbeit als auch durch die zur Verfügunggestellten Handlungsspielräume, maßgeblich beeinflusst (Schiersmann &Remmele 2002: 30). Hieraus folgend lassen sich die ersten beiden Anforderun-gen für die Gestaltung des Arbeitsfeldes ableiten:

Personale Kompetenz

Fachkompetenz

SozialeKompetenz

MethodenKompetenz

BeruflicheHandlungskompetenz

Page 30: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe30

C1-01 Reale HandlungsvollzügeHandlungskompetenz wird in realen Handlungsvollzügen im Zu-sammenspiel aller Kompetenzbereiche erworben.

C1-02 HandlungsspielraumSelbstorganisierter beruflicher Handlungskompetenzerwerb istdurch die zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume motiviert.

Im Folgenden sollen die überfachlichen Kompetenzbereiche, welche die metho-dischen, die sozialen und die personalen Kompetenzen umfassen, genauer be-trachtet werden.

2.3.3 Überfachliche Kompetenzprofile von Universitätsabsolventen inden Ingenieurwissenschaften

Überfachliche Kompetenzen von Universitätsabsolventen werden in verschiede-nen Zusammenhängen beschrieben und in diesem Kapitel kurz vorgestellt wer-den. Eine der prominentesten Befragungen in Deutschland ist die HIS-Absolventenbefragung, welche seit 1989 durchgeführt wird. Im europäischenTuning-Projekt wurde darüber hinaus der Versuch unternommen für verschiede-ne Fächer Kompetenzprofile zu erstellen. Im Vorfeld der Umstellung hin zuBachelor- und Masterstudiengänge haben verschiedene Berufsverbände Stel-lungnahmen hinsichtlich der Kompetenzanforderungen von Ingenieurinnen undIngenieuren veröffentlicht. Zudem wurden einige Studien erstellt, welche derFrage der Kompetenzanforderung von Ingenieurinnen und Ingenieuren einge-hender nachgehen.

Tuning-Educational Structures in Europe

Im Projekt „Tuning“, welches von 2000-2004 aus dem Sokrates Programm derEU gefördert wurde, entwickelten die mehr als hundert beteiligten EinrichtungenKompetenzprofile für Hochschulabsolventen in den Fächern Betriebswirtschaft,Erziehungswissenschaften, Geologie, Geschichte, Mathematik, Physik und Che-mie über die Definition von Learning Outcome4 und nicht über die Definition derzu vermittelnden Inhalten. Der Tuning Bericht (Gonzáles & Wagenaar 2003)unterscheidet drei Arten von überfachlichen Kompetenzen: instrumentelle, inter-

4 Ein „Learning Outcome“ ist das Ergebnis, welches ein Student in einer bestimmten Zeit erreichensoll. „Learning Outcomes“ werden häufig mit Lernzielen (Aim and Objectives) gleichgesetzt.Dies ist nach Adam (2004) nicht richtig. „Learning Outcome“ beziehen sich auf das Lernen undden Lernenden, während sich „Lernziele“ auf das Lehren beziehen. Damit markieren Outcomesauch den Perspektivenwechsel vom Lehren hin zum Lernen (Wildt 2004).

Page 31: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 31

personelle und systemische5. Aus einer Liste von dreißig verschiedenen Kompe-tenzen wurde ein Ranking aus den Antworten der befragten Universitätsabsol-venten und der Arbeitgeber erstellt (Gonzáles & Wagenaar 2003: 85). Hier zeigtsich, dass gerade Kompetenzen zum Problemlösen, welches auch die Übertra-gung und Anwendung neuen Wissens in verschiedenen Situationen umfasst, dieersten Ränge belegen, gefolgt von sozialen Kompetenzen, wie Teamarbeit undkommunikativen Fähigkeiten.

HIS - Hochschulinformationssystem

In der HIS Absolventenbefragung, welche als Längsschnittstudie die Absolven-ten ein erstes mal ein Jahr und ein zweites mal vier Jahre nach dem Abschlussbefragt, wird seit der Absolventenbefragung 2001 (Briedis & Minks 2004) dieBedeutung von 34 Kompetenzmerkmalen erhoben (Schaeper & Briedis 2004: 7).Die Absolventenbefragung von 2001 veranschaulicht deutlich, dass ein breitesGrundlagenwissen die Basis des Kompetenzprofils eines jeden Absolventen ist.Neben fachübergreifendem Denken und EDV-Kenntnissen zeigt sich die Fähig-keit, wissenschaftliche Ergebnisse oder Konzepte tatsächlich umsetzten zu kön-nen als eine wichtige bereichsspezifische Kompetenz. Bezieht man die überfach-lichen Kompetenzen in die Betrachtung ein, so wird deutlich, dass ohne einebreite Ausbildung dieser Bereiche berufliches Handeln nicht möglich ist. Wäh-rend die methodischen und organisatorischen Kompetenzen fast durchweg hochbewertet wurden stechen bei den Sozialkompetenzen die Kommunikations- undKooperationsfähigkeit neben der Übernahme von Verantwortung hervor(Schaeper & Briedis 2004: 35). Die Ergebnisse werden in der Befragung von2005 weitgehend bestätigt (Briedis 2007: 54ff).

VDMA - Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer

Durch eine Befragung von Ingenieurinnen und Ingenieuren im Maschinen- undAnlagenbau im zweiten Halbjahr 1998 durch den VDMA (Verein DeutscherMaschinen- und Anlagenbauer) wurden u.a. Kenntnisse und Fähigkeiten, dieberufstätige Ingenieurinnen und Ingenieure mitbringen sollten, erfasst. Im Be-reich der Fachkompetenz gewinnt neben der fundierten und breit angelegtenGrundausbildung für Ingenieurinnen und Ingenieure in Deutschland zunehmenddie Sprachkenntnis an Bedeutung, wobei Englisch mit 97% am meisten gefordert

5 Zu den instrumentellen Kompetenzen zählen beispielsweise kognitive und methodische Fähigkeitenals auch technische und linguistische Fertigkeiten. Interpersonelle Fähigkeiten sind zum einen in-dividuelles Können als auch soziale Eigenschaften. Systemische Kompetenzen setzen die Fähig-keit voraus verschiedene Teile als Ganzes zusammensetzten zu können. Sie erfordern sowohl in-strumentelle als auch interpersonelle Kompetenzen (Gonzales & Wagenaar 2007)

Page 32: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe32

wird, gefolgt von Französisch mit 42% und Spanisch mit 22% (vgl. Acker et al.1999). Für die Methodenkompetenz wurden betriebswirtschaftliche Grundlagen,Projektmanagementkenntnisse sowie Grundlagen in Marketing und Vertrieb mitjeweils zu über 50% in der betrieblichen Umfrage des VDMA als notwendigerachtet. Kommunikationsfähigkeit sowie Kunden- und Prozessorientierungwaren für 86% bzw. 75% der Befragten im Bereich der sozialen Kompetenz vonhoher Bedeutung. Effiziente Arbeitstechniken und Zeitmanagement sowie Füh-rungskompetenz wurden von 50% bzw. 21% der Befragten als wichtig erachtet.Im Bereich der personalen Kompetenz setzten sich die meist geforderten Fähig-keiten laut Umfrage aus Flexibilität und Kreativität, einer hohen Lernbereitschaftund Mobilität zusammen. Acker fasst die Ergebnisse der befragten Ingenieurin-nen und Ingenieure folgendermaßen zusammen:

„Auf dem Wunschzettel der Unternehmen stehen ganz oben an betriebswirt-schaftliche Grundlagenkenntnisse, gute schriftliche und mündliche Ausdrucks-und Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Flexibilität, Kreativität. Dieseüber- und außerfachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse gehören heute zur Ge-samtqualifikation eines Ingenieurs und prägen sein Berufs- und Persönlichkeits-profil maßgeblich mit.“ (Acker et al. 1999: 48 f.)

In einer Studie der IMPULS-Stiftung des VDMA (Feller & Stahl 2005) wurdenin ausführlichen Interviews Kompetenzen von Ingenieurinnen und Ingenieurenermittelt, die in Workshops mit Expertinnen und Experten weiter diskutiert wur-den. In der Erhebung wurden folgende überfachliche Kompetenzen als Mindest-standard für die Ingenieurausbildung formuliert:− Grundlegende Prozesse über betriebliche Strukturen, Prozesse und Abläufe,− Kostenbewusstsein,− Projektmanagement,− Kommunikationsfähigkeit,− Kundenorientierung,− Teamfähigkeit,− Englische Sprachkenntnisse,− Interkulturelle Kompetenz,− Zeitmanagement und Selbstorganisation,− Vernetztes und systematisches Denken,− Zielorientierung,− Arbeitsmethoden,− Lernkompetenz,− Durchsetzungsvermögen und Präsentationsfähigkeit (Feller & Stahl 2005:

40f).

Page 33: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 33

Die Studie zeigt deutlich, dass gerade die Möglichkeit zur Anwendung der Kom-petenzen in der Praxis als besonders relevant angesehen wird. Fachliche undüberfachliche Kompetenzen greifen in der Praxis ineinander, so dass von denbefragten Unternehmen gefordert wird, dass die überfachliche Kompetenzent-wicklung in Universitäten nicht losgelöst von fachlichen Inhalten vermitteltwerden sollte, sondern integrierte handlungsorientierte Konzepte optimal auf dieberuflichen Anforderungen vorbereiten (Feller & Stahl 2005: 39f).

VDE - Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik

Der VDE (Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik) veröf-fentlichte im März 2005 eine Stellungnahme des VDE-Ausschusses „Beruf,Gesellschaft und Technik“ zu Ingenieurkompetenzen von Berufseinsteigern. Diedarin beschriebenen sogenannten nichttechnischen Kompetenzen decken dasganze Spektrum überfachlicher Kompetenzen ab (VDE 2005: 4). In der Stel-lungnahme wird insbesondere auf die Bedeutung der sprach-, der betriebswirt-schaftlichen und der juristischen Kompetenz verwiesen (VDE 2005: 5).

VDI – Verein deutscher Ingenieure

Der VDI (Verein deutscher Ingenieure) lehnt sich mit seinen Empfehlungen andie Ergebnisse der internationalen Zusammenarbeit in der ASIIN (Akkreditie-rungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, derNaturwissenschaften und der Mathematik), der ENEAA (European Network forAccreditation of Engineering Education) und der FEANI (Föderation Europäi-scher Nationaler Ingenieurverbände) an. In einem von der europäischen Uniongeförderten Projekt wurden europäische Rahmenstandards für die Akkreditie-rung ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge beschrieben (EUR-ACE 2005),die in den vom VDI beschriebenen Grundsätzen übernommen wurden (VDI2007, Tabelle 1).

Für die Ausbildung der Kompetenzen im Studium sieht der VDI ein nebeneinan-der von integrierter überfachlicher Kompetenzentwicklung und eigenständigenVeranstaltungen. Berufsbefähigung erreicht man nur, wenn neben den fachlichenGrundlagenfächern anwendungsbezogene und überfachliche Inhalte treten sowiedie erste eigenständige Anwendung des Wissens und Könnens in Praktika undder Abschlussarbeit (VDI 2004: 8). Dies wird auch deutlich in einer Studie dervdi-nachrichten in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IAO. Sowohl der Ba-chelor- als auch der Masterstudiengang sollen praxisnäher ausgerichtet sein,wobei der fachliche Anteil im Masterstudiengang deutlich höher liegen sollte(VDI-Nachrichten 2004).

Page 34: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe34

Bachelor

− sind teamfähig und können konstruktive Beiträge als Einzelnerund als Mitglied eines Teams liefern;

− können verschiedene Methoden anwenden, um effektiv mit deringenieurwissenschaftlichen Gemeinschaft und mit der Gesell-schaft insgesamt zu kommunizieren;

− sind sich der gesundheitlichen, sicherheitsbezogenen und recht-lichen Auswirkungen und Verantwortlichkeiten der ingenieur-wissenschaftlichen Praxis sowie der Auswirkungen von ingeni-eurwissenschaftlichen Lösungen in einem gesellschaftlichen undnatürlichen Umfeld bewusst und verpflichten sich dazu, der pro-fessionellen Ethik, der Verantwortung und den Normen der in-genieurwissenschaftlichen Praxis entsprechend zu handeln;

− sind sich der Methoden des Projektmanagements und der Ge-schäftspraktiken wie z.B. Risiko- und „Change-Management“bewusst und verstehen deren Grenzen;

− erkennen die Notwendigkeit selbständiger, lebenslanger Weiter-bildung und sind dazu befähigt.

Master

− erfüllen alle Anforderungen an Absolventinnen und Absolventendes ersten Zyklus hinsichtlich der Schlüsselqualifikationen aufdem höheren Niveau des zweiten Zyklus;

− sind vorbereitet, effektiv als Leiter eines Teams, das aus unter-schiedlichen Disziplinen und Niveaus bestehen kann, arbeiten zukönnen;

− sind vorbereitet, in nationalen und internationalen Kontexteneffektiv arbeiten und kommunizieren zu können.

Tabelle 1: Für die praktische Ingenieurtätigkeit erforderliche Kompetenzen undSchlüsselqualifikationen (VDI 2007)

Zusammenfassung

Der Überblick über die verschiedenen Kompetenzanforderungen von Universi-tätsabsolventen, insbesondere der Ingenieurwissenschaften macht deutlich, dassneben den fachlichen auch überfachliche Kompetenzen ein wesentlicher Bau-stein der Berufsfähigkeit sind. Die Forderung von Praktikern, die überfachlicheKompetenzentwicklung im Studium fest zu verankern und dies vor allem durchdie Integration in die fachlichen Veranstaltungen unterstreicht ihre Bedeutunghinsichtlich der beruflichen Handlungsfähigkeit.

Page 35: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 35

2.3.4 Überfachliche Kompetenzanforderungen an Wissenschaftlern

Neben den spezifischen Kompetenzbeschreibungen für Studierende wurden auchfür die promovierenden im Zuge der Diskussion der Bolognareformen Kompe-tenzanforderungen von den Berufsverbänden definiert. Eine weitere Sichtweiseist die der Studierenden, die insbesondere mit Blick auf die Lehre relevante Aus-sagen zu notwendigen Kompetenzen machen. Ein dritter Baustein sind Professi-onals der traditionsreichen Hochschuldidaktik und der jüngeren Zunft der Perso-nalentwickler an Hochschulen.

Anforderungen der Industrie an die Promovierenden am Beispiel Maschi-nenbau und Verfahrenstechnik

Nach dem Abschluss der Promotion verlassen 90% der Ingenieurinnen und Inge-nieure die Hochschule und gehen beruflich in die Industrie. Die Bedeutung derIngenieurpromotion zeigt sich darin, dass immerhin 43% der Unternehmen Stel-len bereithalten, die vorwiegend mit Doktoringenieurinnen und -ingenieurenbesetzt werden (Feller et al. 2007: 7). Die besetzten Positionen finden sich zumBerufseinstieg vor allem in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sowie derKonstruktion, wobei die Tätigkeit insgesamt als stärker verantwortungsvoll miteinem deutlichen fachlichem Bezug, zu charakterisieren ist (ebd.: 7f). Das An-forderungsprofil verschiebt sich bei dieser Gruppe im Vergleich zu Bachelor-oder Masterabsolventen insgesamt hin zu stärkerer Managementverantwortungund Führungskompetenzen. Dies heißt jedoch nicht, dass die Promotion für In-genieurinnen und Ingenieure ein Freischein zu einer Managementkarriere ist.Gleichwohl finden sich auch häufig promovierte Ingenieurinnen und Ingenieurein den Vorstandsetagen deutscher Unternehmen (ebd.: 8).

Blickt man auf die gestellten Kompetenzanforderungen für Doktoringenieurin-nen und -ingenieure, so wird auch hier deutlich, dass es nicht ohne eine Ver-knüpfung von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen geht. Die promovier-ten Ingenieurinnen und Ingenieure blicken dabei recht optimistisch auf ihre er-worbenen Kompetenzen bei einem Wechsel in die Industrie, was sich in ihrerpositiven Selbsteinschätzung, insbesondere ihrer Fähigkeit zur Selbstorganisati-on und Eigeninitiative, als auch in der Bewertung ihrer Kompetenz zur zielgrup-pengerechten Kommunikation sowie ihren Fähigkeiten zum Management vonProjekten, zeigt (Abbildung 6).

Page 36: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe36

Abbildung 6: Bewertung der eigenen Kompetenzen von promovierten Ingenieu-rinnen und Ingenieuren (Feller et al. 2007: 15)

Eine vertiefende Kompetenzentwicklung in Ergänzung zu bestehenden arbeitsin-tegrierten Lernmöglichkeiten wird von den Promovierenden vor allem für dieVermittlung grundlegender betriebswirtschaftlicher Kenntnisse, Personalfüh-rung, Projektmanagement und Fremdsprachen gefordert (acatech 2008: 33). DerVDI/VDE ergänzt dies um die Fähigkeit interdisziplinär und in einem internatio-nalen Umfeld agieren zu können und neu erworbenes Wissen an Dritte weiterge-ben zu können (VDI/VDE 2008: 2f). Unternehmen sehen demgegenüber deutlichpessimistischer auf die Realität nach Abschluss der Promotion. Sie benennenvielfältige Defizite bei den Absolventen hinsichtlich der erworbenen und benö-tigten Kompetenzen für den beruflichen Alltag (Abbildung 7).

Es wird deutlich, dass insbesondere die internationale Erfahrung, die Mitarbeiter-führung und Managementkenntnisse deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben (ebd.: 16). Dies erstaunt, da die Unternehmen zu 85% insgesamt sehrzufrieden oder zufrieden mit dem allgemeinen Qualifikationsniveau der Ingeni-eurinnen und Ingenieure sind (ebd.: 5f). Als Begründung lässt sich anführen,dass die Unternehmen anscheinend die Erwartungen an die Absolventen relati-viert haben und in großem Maße fehlende Kompetenzen nachschulen.

„Ist diese Kernkompetenz vorhanden, werden offenbar auch vorhan-dene Defizite relativiert und das Fehlen überfachlicher Qualifikatio-

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

BWL-Kenntnisse/ Management-Tools

Unternehmensstrukturen

Networking

Projektmanagement

Produktentwicklung

Zielgruppengerechte Kommunikation

Teamfähigkeit

Mitarbeiterführung

Eigeninitiative

Selbstorganisation

Page 37: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 37

nen scheint diese allgemeine Zufriedenheit nicht stark zu beeinträch-tigen.“ (Feller et.al. 2007: 11)

Abbildung 7: Kompetenzen von promovierten Ingenieurinnen und Ingenieurenaus Unternehmenssicht (Feller et.al. 2007: 10)

Anforderungen an Lehrende aus Sicht der Studierenden

Befragt man Studierende nach ihrer Meinung zu ihren Professoren, dann siehtman, dass die meisten ein differenziertes Bild vor Augen haben. Das Interesse,seine Eindrücke mit anderen zu teilen ist derzeit ungebrochen, wie beispielswei-se Bewertungsportale wie „meinProf“ im Internet zeigen. Die wissenschaftlicheAuseinandersetzung mit der Bewertung notwendiger Kompetenzen von Lehren-den aus Sicht der Studierenden ist damit eine weitere Zugangsweise zum Themaüberfachliche Kompetenzanforderungen wissenschaftlichen Personals. Stellver-tretend für eine Vielzahl von Untersuchungen (z.B. Sander et al. 2000, Tang1997, Preißer 1993) soll eine Untersuchung von Reichmann für die studentischeSicht auf Lehranforderungen aufgeführt werden. Im Jahr 2008 veröffentlichte erdie Ergebnisse einer Untersuchung von Kompetenzen der Lehrenden aus Sichtvon Studierenden, die er an der Universität Graz durchgeführt hat. Die Analyseermittelte einerseits in einer offenen Befragung die notwendigen Kompetenzen(Tabelle 2) und andererseits wurden die Ergebnisse einer Conjointanalyse unter-zogen, mit der der Gesamtwert der Kompetenz eines Universitätslehrers im Hin-blick auf die Lehre berechnet wurde. Die Ergebnisse der Conjointanalyse zeigen,

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Forschungs Know-How

Management-Tools

Unternehmensstrukturen

Networking

Projektmanagement

Internationale Erfahrung

Mitarbeiterführung/ Lehre

ist stark ausgeprägt soll stark ausgeprägt sein

Page 38: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe38

dass gute Universitätslehrer sich durch einen professionellen Umgang mit Stu-dierenden, der Fähigkeit zur Wissensvermittlung, Fachwissen und Kommunika-tionsfähigkeit auszeichnen (Reichmann 2008: 56).

Rang Kompetenz Anzahl derNennungen Rang Kompetenz Anzahl der

Nennungen

1 Professioneller Umgangmit Studierenden 88 11 Bereitschaft zur

Weiterbildung 23

2 Fähigkeit zur Wissensver-mittlung 87 12

Einsatz vontechnischen /modernen Hilfs-mitteln

19

3 Kommunikationsfähigkeit 85 13 Kritik- und Kon-fliktfähigkeit 16

4 Fachwissen 73 14 Gleichbehandlung 15

5 Rhetorik 51 15 Humor 13

6 Praxisbezug bzw. Praxiser-fahrung 46 16 Auftreten 11

7 Erreichbarkeit für Studie-rende 40 17 Allgemeinbildung 10

8 Fairness 40 18 Interdisziplinarität 9

9 Teamfähigkeit 30 19 Authentizität,Glaubwürdigkeit 8

10 Engagement 24 20 Flexibilität 8

Tabelle 2: Kompetenzen guter Universitätslehrer (Reichmann 2008: 55)

Anforderung aus Sicht der Hochschuldidaktik und Personalentwicklung

Kompetenzanforderungen für Wissenschaftler aus Sicht von Hochschuldidakti-kern und Personalentwicklern sind in den vergangenen Jahrzehnten vielfach überdie Inhalte von Weiterbildungsprogrammen definiert worden. Diese haben sichim Laufe der Zeit zum Teil stark gewandelt und spiegeln damit auch vorherr-schende Trends und Orientierungen der Hochschulen wider. Die hochschuldi-daktischen Einrichtungen, welche im Zuge der Reformbewegung in der Mitte der70er begründet wurden, definierten die notwendigen Kompetenzen aus ihrenjeweiligen Perspektiven eng, mit Blick vor allem auf die Anforderungen alsHochschullehrer, oder breiter hinsichtlich eines umfassenden Kompetenzprofils,welches nicht allein auf die Lehre bezogene Aspekte mit in die Kompetenzent-wicklungsmaßnahmen ein bezog. Auch heute findet man, je nach Auftrag derverantwortenden Organisation, die engere und weitere Sicht, wobei die immer

Page 39: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 39

schon bestehende Unschärfe der Grenzen weiter zu verschwimmen scheint undein Konsens darüber besteht, dass überfachliche Kompetenzentwicklung vonWissenschaftlern methodische und didaktische sowie personale und soziale As-pekte umfasst.

Margarete Hubrath (2006) beschreibt fünf Kompetenzfelder in der Wissenschaft.Als zentrale Elemente definiert sie „Kooperations- und Netzwerkbeziehungen“,welche von entscheidender Bedeutung für eine wissenschaftliche Karriere sind(Lang & Neyer 2004). Zweiter elementarer Baustein ist die „thematische Profi-lierung“ im eigenen Fach. Die Kompetenzen dieser beiden ersten Bausteine sindkaum in Weiterbildungsangeboten trainierbar. Hier kann eine regelmäßige Re-flexion das wissenschaftliche Handeln in kurz- und langfristige Perspektiveneinbinden (Hubrath 2006: 48). Drei weitere überfachliche Kompetenzfelderwerden von Hubrath benannt. „Vermittlungskompetenz“ meint die Kommunika-tion wissenschaftlicher Erkenntnisse mit unterschiedlichen Zielgruppen undumfasst auch die Lehre. „Feldwissen“ stellt die Basis ihres Modells dar, undumfasst notwendiges Wissen, um kompetent seine Arbeitsanforderungen erfüllenzu können. Dieses Wissen ist an jeder Organisation und jeder Position anders, sodass es nicht einfach transferiert werden kann. Der fünfte Baustein wird gebildetaus den „Managementkompetenzen“, wie beispielsweise Projektmanagementoder Führungskompetenz (Hubrath 2006: 49).

Ein ähnlich breites Verständnis entwickelt Webler (1993, 2003) mit der Benen-nung von fünf Bereichen für die berufliche Weiterbildung für Wissenschaftlerund Etminan & Sell (1984) bei der Beschreibung von Zielbereichen professionel-ler Aktivität.

Für den Bereich der Hochschuldidaktik hat die Akkreditierungskommission(AKKO) der deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (DGHD) „Elementeeines Curriculums hochschuldidaktischer Aus- und Weiterbildung“ zusammen-gestellt, die eine grobe Übersicht über notwendige Kompetenzen von Lehrendenbietet:− Analysieren von Lernsituationen und -prozessen,− Planen von Studiengängen, -sequenzen, -modulen,− Planen - „Inszenierung“ - von Lernsituationen,− Lehren - „Lernen lassen“,− Beratung zu Studienzielen, -strategien, -planung,− Beratung zu Lernstrategien, -aufgaben, -problemen, Arbeiten,− Prüfen,− Evaluieren (DGHD 2007a).

Webler hat die Kompetenzanforderungen an Lehrende weiter spezifiziert (2004,2007). Hier werden 27 Fähigkeiten aus dem Bereich der Selbstkompetenz, der

Page 40: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe40

Sozialkompetenz, der didaktischen Kompetenz beschrieben (Webler 2004). Stel-zer-Rothe (2005) betrachtet spezifische Kompetenzen für das Lehren und Lernenan Hochschulen. Hierzu gehören Grundlagen der Persönlichkeit des Hochschul-lehrers (Lerntheorie, Lernvoraussetzungen, Kommunikation, Konfliktmanage-ment), Hochschuldidaktische Kompetenz (Grundlagen der Didaktik und Metho-dik), Umsetzungskompetenz sowie Prüfungs- und Evaluationskompetenz alsauch Kompetenz im Umgang mit Gruppen und Organisationen. Viebahn (2004)betont neben der fachlich-didaktischen und der sozialen Kompetenz komplexePersönlichkeitsmerkmale als eine besonders weite individuelle Rahmenbedin-gung für die Lehrkompetenz. Wildt benennt hinsichtlich der Fähigkeit an-spruchsvolle Lehrveranstaltungen gestalten zu können die fünf unverzichtbarenKompetenzen:− Lehre in den jeweiligen Fachgebieten lernförderlich gestalten zu können,− lernzielorentiert, transparent und fair zu prüfen,− die studierenden in ihrem Lernprozess zielgerichtet zu beraten,− sich an der Evaluation von Lehrveranstaltungen und Studiengängen zu betei-

ligen und− zu innovativen Entwicklungen in Lehre und Studium fachbezogen oder fach-

übergreifend beizutragen (Wildt 2006a: 273).

2.3.5 Zusammenfassung

Betrachtet man die überfachlichen Kompetenzprofile von Universitätsabsolven-ten als auch der überfachlichen Anforderungen an Wissenschaftler technischerUniversitäten in einer Zusammenschau, dann ergibt sich ein umfassendes Bild,welches durch die spezifischen Kompetenzen von Ingenieurinnen und Ingenieu-ren zu einem ganzheitlichen Bild von Nachwuchswissenschaftlern in den Ingeni-eurwissenschaften verdichtet werden kann. Brall (2009) hat hierzu mehr als 200,in einer Literaturanalyse ermittelte, Kompetenzen zusammengeführt, und letzt-endlich zu 86 überfachliche Kompetenzen verdichtet. Die Zusammenführungzeigt, dass sich für die Doktoringenieure 40% der Nennungen dem methodischenKompetenzbereich zuordnen lassen. 47% entfallen auf die soziale sowie 13% aufdie personale Kompetenz. Betrachtet man hingegen die überfachlichen Kompe-tenzen aller Nachwuchswissenschaftler, so zeigt sich hier, dass insgesamt derpersonale Kompetenzbereich deutlich stärker gewichtet wird als bei Ingenieurin-nen und Ingenieuren. Bei einer Betrachtung von Studierenden zu Promovieren-den ergeben sich hinsichtlich der Gesamtverteilung nur geringe Veränderungen(Abbildung 8).

Wohl aber bei den dahinter stehenden konkreten Kompetenzen. Während dieStudierenden Fremdsprachen erlernen, erste interkulturelle Kompetenzen erwer-ben und ihre sozial-kommunikativen Kompetenzen neben der Optimierung ihrer

Page 41: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 41

Lernkompetenz verbessern, sollen Promovierende auf die Verbesserung ihrerhochschuldidaktischen Fähigkeiten, auch in Hinblick auf Prüfung und Beratungvon Studierenden neben dem Ausbau ihrer sozialen Kompetenzen setzen. Letzte-re umfassen die Optimierung der Kommunikationsfähigkeit und die Mitarbeiter-führung als auch die Fokussierung auf den Ausbau der internationalen Hand-lungskompetenz.

Abbildung 8: Verteilung der Kompetenznennungen auf die Kompetenzbereiche(Brall 2009: 32)

2.4 Von der Weiterbildung zur strategischen Kompetenzentwicklungvon Wissenschaftlern

2.4.1 Einleitung

Die Universitäten sind seit jeher mit der Ausbildung und Entwicklung von Men-schen beschäftigt. Es gehört zur ureigenen Aufgabe der Universität, Menschenauf ihre zukünftigen Aufgaben in der Gesellschaft vorzubereiten. Die Form,welche die Hochschulen bei der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuch-ses bis heute weitgehend verwendet, ist das Lehrer-Schüler Prinzip, welches aufeiner engen individuellen Kopplung zwischen Ausbilder und Auszubildendenbasiert. Die professionelle Identität ist dabei stark mit der Disziplin verbunden,welcher auch die Kontrolle der akademischen Arbeit obliegt. Ein Teil der Ent-

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

Methodenkompetenz Sozialkompetenz Personale Kompetenz

Universitätsabsolventen Gesamt davon Promovierende davon Studierende

Ingenieure Gesamt davon Doktoringenieure davon Ingenieurstudenten

Page 42: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe42

wicklung wissenschaftlichen Personals erfolgt damit über die Sozialisation in derDisziplin (Pellert 2004: 164).

„Der Meister, hier z.B. der Professor, leitet ‚seine’ Assistentinnenumfassend an. Da werden theoretische Zugänge und Paradigmen of-feriert oder oktroyiert, Deutungsmuster der Realität angedient undvorgegeben, (Vor-)Urteile über andere Wissenschaftsdisziplinen undKollegen weitergegeben, im positiven Fall wird das Netzwerk desProfessors zur Karriereförderung genutzt, das wissenschaftliche Ar-beiten wird geübt und akademische Rituale werden einstudiert, kurz:das Verhaltensrepertoire in seiner Gänze wird an die nächste Genera-tion der Hochschullehrer vererbt.“ (Laske et al. 2004: 42)

In der Beziehung zwischen Professor und Promovierenden spielte vor allem diewissenschaftliche Fachperspektive eine bedeutende Rolle, wohingegen außer-wissenschaftliche Aspekte jedoch in der Regel nachrangig waren. Dies liegt vorallem an der Zielperspektive der Promotion, welche sich auf die wissenschaftli-che Leistungsfähigkeit richtete und durch die Dissertation nachgewiesen wurde.Erst heute setzt sich an der Universität ein umfassenderes Verständnis der Pro-motionsphase wie in der Informatik und den Ingenieurwissenschaften durch,welche die Berufsfähigkeit der Doktoranden auch für außeruniversitäre Aufgabemit ins Auge fasst (Senger 2008: 22).

Die Kritik an der tradierten Form der in den Lehrstühlen und Instituten veranker-ten Personalentwicklung der Hochschule richtet sich vor allem auf diese engeund intransparente Beziehung, dessen Qualität von außen nur schwer zu erfassenist und auf keinerlei gemeinsamen entwickelten Vorstellungen über einer qualita-tiven hochwertige Aus- und Weiterbildung basiert.

„Insbesondere beim wissenschaftlichen Personal bestand Personal-entwicklung bislang vielfach lediglich aus dem, was das Verhältniseines jüngeren Wissenschaftlers ohne Lehrstuhl zu einem älterenWissenschaftler mit Lehrstuhl hergab.“ (Müller-Böling 2005: 340)

Aufgabe der Hochschulleitungen ist es damit zu befördern, dass gemeinsameQualitätskriterien als Leitlinie für die Gestaltung der individuellen Kompetenz-entwicklung zur Verfügung stehen.

D2-01 Gemeinsame QualitätskriterienDie individuelle Gestaltung der Promotionsphase muss sich an ge-meinsam entwickelten Qualitätskriterien orientieren.

Page 43: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 43

Während sich in einigen Hochschulen Weiterbildungsprogramme als Ergänzungzur klassischen Ausbildung gesellen und Themen wie Hochschuldidaktik, Mana-gement, Kommunikation, Forschungsförderung, Administration u.s.w. abdecken,bleibt dies an anderen Hochschulen eine individuelle Angelegenheit. Ansätzeeiner strategischen Personalentwicklung, wie sie in der letzten Dekade vermehrtgefordert wurde, finden sich bisher nur selten an deutschen Hochschulen.

2.4.2 Weiterbildungsangebote für das wissenschaftliche Personal

In Ergänzung zu der individuellen Ausbildung auf der fachlichen Seite im Meis-ter-Schüler Verhältnis wurden in den 70er Jahren größere und kleinere hoch-schuldidaktische Einrichtungen eingerichtet. Das Angebot der Einrichtungenrichtete sich seit je her nicht allein auf die didaktische, sondern auch auf andereüberfachliche Kompetenzbereiche (vgl. bspw. Etminan & Sell 1984: 4f) undentwickelt sich heute stärker auch in Richtung Wissenschaftsmanagement(Webler 2004: 64, Wildt 2005: 101). Während nur wenige der ursprünglichenwestlichen hochschuldidaktischen Zentren überlebten und die ostdeutsche, ehe-mals flächendeckende, Ausbildung der 80er Jahre eingestellt wurde, werden seitEnde der 90er Jahre wieder vermehrt neue Angebote aus Landes- oder Universi-tätsmitteln für die hochschuldidaktische Qualifizierung bereit gestellt (Battaglia2004: 229ff; 2008: 602). Die einzelnen Arbeitsstellen an Fachhochschulen undUniversitäten haben sich zu verschiedenen hochschuldidaktischen Netzwerkenzusammengeschlossen, um die Kompetenzen der Lehrenden in diesem Bereichsystematisch zu erhöhen. Die folgenden Abschnitte beschreiben zunächst dasausdifferenzierte Angebot hochschuldidaktischer Weiterbildung, um im An-schluss daran die neueren Entwicklungen hin zum Wissenschaftsmanagementdarzustellen.

Hochschuldidaktisches Training

Die Anfänge der Hochschuldidaktik sind von zwei unterschiedlichen Systemengeprägt. Auf der westdeutschen Seite Deutschlands wurde von den aufblühendenhochschuldidaktischen Zentren und Arbeitsstellen zunächst ein kleines, späterein differenzierteres Angebot an Training und Werkstattseminaren angeboten.Aus diesem Angebot konnten die Hochschulangehörigen nach eigenem Interessefrei wählen. Curriculare Angebote gab es aufgrund des mangelnden Zuspruchsnicht (Webler 2003: 18).

„Die Akzeptanz der hochschuldidaktischen Kurse durch die Mitglie-der der Universität war für die Hochschuldidaktiker unbefriedigend,denn die Kurse litten unter der mangelnden Verbindlichkeit für die

Page 44: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe44

Teilnehmer und unter einer geringen Kontinuität der Teilnahme.“(Schulmeister 2005: 124)

Im Osten der Republik wurden flächendeckend curriculare hochschuldidaktischeAngebote in den Einrichtungen der Hochschulpädagogik angeboten, welchedoch aufgrund des Doppelauftrags der politischen Überwachung der Zuverläs-sigkeit der Kandidaten nach der Wende geschlossen wurden. Bis heute überwiegtan den Universitäten ein individuell wählbares unverbindliches additives Ange-bot überfachlicher Weiterbildungsveranstaltungen, welche von internen Stellenoder externen Professionals angeboten werden.

„Für Weiterbildungen typisch wird ein buntes Gemisch von Veran-staltungen organisiert, die irgendwie mit Lehre zusammenhängen.(…) Es handelt sich häufig um eine vielfältige Sammlung von Ein-zelangeboten (…), die auf ein vermutetes und in den verschiedenenberuflichen Lagen unterschiedliches Interesse reagiert. (Webler2007:1)

Inhaltlich vollzieht die Hochschuldidaktik ein Perspektivenwechsel zur Lernori-entierung. Veranstaltungen richten sich auf Zielgruppen aus und beziehen sichauf das Vorwissen, die Interessen und die Erfahrungen der Lernenden (Winteler2004). Dieser Perspektivenwechsel findet sich auch in den zentralen Gestal-tungskriterien für hochschuldidaktische Weiterbildungsveranstaltungen. Zu die-sen zählen die Teilnehmerorientierung, das Learning by Doing, die Erfahrungs-orientierung, die Kommunikationsorientierung, die Integrationsorientierung unddie Theorie- und Praxisorientierung (Wildt et.al. 2003: 27f). Insgesamt bietenhochschuldidaktische Weiterbildungsangebote bei aller Wahlfreiheit für dieTeilnehmenden eine mehrdimensionale Förderung unterschiedlicher Kompe-tenzbereiche, insbesondere der methodischen, sozialen und personalen Kompe-tenz (Reiber 2006: 96). Die Akkreditierungsrichtlinie des AKKO der DGHDbenennt darüber hinaus zehn wünschenswerte Kriterien von hochschuldidakti-schen Weiterbildungsveranstaltungen. Benannt werden Reflexivität, Reformori-entierung, Teilnehmerorientierung, Problem- und Handlungsorientierung, Lern-orientierung, Methodenvielfalt, Internationale Orientierung, Experimentelle undforschende Haltung zur eigenen Lehre, Konsistenz der Inhalte und Nachhaltig-keit der Veranstaltung (DGHD 2007b, Huber 2005a). Eine zentrale Aufgabe inden Veranstaltungen ist die Förderung der Selbstreflexivität. Gerade derWorkshopcharakter vieler Trainings eröffnet vielfältige Optionen zur Verbesse-rung der eigenen Lehre und ist zugleich Türöffner zur Organisationsentwicklung.

Page 45: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 45

C2-01 Förderung der SelbstreflexivitätWeiterbildungsangebote orientieren sich an den Erfahrungen derTeilnehmenden und machen diese über die Reflexion zum Lernge-genstand. Sie sollen eine forschende Haltung zur eigenen Handlungbefördern.

Hochschuldidaktische Weiterbildungsprogramme

Anfang der neunziger Jahre begann in Deutschland die Diskussion über zeitlicheRahmen einer Gesamtqualifikation für Lehre, die sich an den in der internationa-len Diskussion herausgearbeiteten 200-240 Zeitstunden anschloss (Wildt 2003,Wildt 2006a: 273). Insgesamt ist heute der Trend zu beobachten, dass Landesre-gierungen große Anstrengungen unternehmen, um in der Breite strukturiertehochschuldidaktische Angebote anzubieten, welche zum Teil zertifiziert werdenund dessen Teilnahme punktuell verpflichtend ist (Battaglia 2004: 248). Modul-arisierung und Zertifizierung gelten als wichtige Schritte hin zu einer Qualitäts-entwicklung hochschuldidaktischer Weiterbildung (Wildt 2006a: 273). DieseEntwicklung wird vom Wissenschaftsrat nachdrücklich (vgl. Wissenschaftsrat2007) unterstützt:

„Die Qualifizierung sollte regelmäßig schon in der Promotionsphasebegonnen werden und sich als kontinuierliche Weiterbildung im Ver-lauf der beruflichen Tätigkeit fortsetzen. Qualifizierungsmaßnahmenfür die Lehre sollten als ein systematisches Programm angelegt sein,das verschiedene Kompetenzbereiche und -stufen umfasst. Die ver-schiedenen Kompetenzstufen sollten in einem differenzierten Zertifi-zierungssystem bestimmt werden. Hier besteht Bedarf für eine hoch-schulübergreifende Entwicklung von Standards.“ (Wissenschaftsrat2008: 66f)

Die Modularisierung hochschuldidaktischer Weiterbildungsangebote in Deutsch-land folgt damit dem Trend vergleichbarer OECD Staaten, in denen diese Schrit-te bereits früher vollzogen wurden (Wildt 2006a: 272). Die Entwicklungen inDeutschland zeigen, dass ein modularisiertes Weiterbildungsangebot in der Re-gel drei Stufen umfasst:1. Ein Basis-, Einführungs- oder Überblicksmodul, in dem basisdidaktische

Kompetenzen entwickelt werden sollen,2. ein Erweiterungs-, Aufbau- oder Ergänzungsmodul, welches die individuel-

len Kompetenzdefizite zielgerichtet erweitert und

Page 46: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe46

3. ein Vertiefungs-, Spezialisierungs- oder Schwerpunktmodul, das eine Spezi-alisierung in einem gewählten Schwerpunkt ermöglichen soll (Wildt 2005:98ff, vgl. auch Macke et al. 2003, Webler 2003).

Webler (2007: 5) beschreibt die Inhalte eines solchen curricularen Ausbildungs-programms. Sie sollten sich aus seiner Sicht mit den Themen Lehren und Lernen,Beratung, Prüfung und Evaluation beschäftigen. Das komplexe Zusammenspieldieser Elemente, lässt sich laut Webler nur sinnvoll in einem Curriculum abbil-den, da hierdurch erworbene Kompetenzen transparent werden und Redundanzenvermieden werden (Webler 2004: 70). Hochschulen müssen daher darlegen wiedie entwickelten Qualitätskriterien zur Anwendung gebracht werden und wieeine Beurteilung erfolgt:

D2-02 Zertifizierungssystem:Eine qualitativ hochwertige überfachliche Kompetenzentwicklungist in einem differenzierten und transparenten Zertifizierungssystemeingebettet.

Hochschuldidaktische Studiengänge

Im Jahr 1998 richtete die Universität Hamburg einen Masterstudiengang ein, dereine umfassende und strukturierte hochschuldidaktische Ausbildung garantierensollte. Bis heute ist er der einzige reine Studiengang zum Thema Hochschuldi-daktik in Deutschland. Ziel des „Masters of Higher Education“ ist die „systema-tische Bildung einer Lehrpersönlichkeit“ (Harder 2003: 33). Der Studienganggliedert sich in vier Kompetenzbereiche:− Planungskompetenz,− Methodenkompetenz,− Leitungskompetenz und− Medienkompetenz (Schulmeister 2005:124ff).

Der Studiengang ist berufsbegleitend organisiert und verknüpft die theoretischenInhalte stark mit der Praxis der Teilnehmenden, so dass diese in problemorien-tierten Workshops einen konkreten Berufsbezug herstellen können und ihre indi-viduelle Lehrpersönlichkeit herausbilden können (Harder 2003: 33).

Hochschuldidaktische Beratung

Hochschuldidaktische Weiterbildung ist sicherlich eines der Hauptangebote derHochschuldidaktiker. Damit erschöpft sich jedoch die Palette bei weitem nicht(Wildt 2005: 90). In den meisten Fällen ergänzen unterschiedliche Beratungs-formate die individuelle Kompetenzentwicklung von Lehrenden. Hierzu zählen

Page 47: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 47

Hospitationen in Lehrveranstaltungen, die zum Teil mit Videofeedback unter-stützt werden, Unterstützung und Moderation bei der Entwicklung oder Verbes-serung von einzelnen Veranstaltungen oder ganzen Studiengängen sowie Coa-ching oder Supervision zu verschiedenen hochschuldidaktischen Themengebie-ten (vgl. auch Wildt 2006b, Wildt et al. 2006). Gerade Professorinnen und Pro-fessoren können durch individualisierte Formate erreicht werden (Battaglia 2008:603). Die Ergebnisse der Lehrevaluationen können für die hochschuldidaktischeBeratung ein weiterer Ausgangspunkt sein. Die Potenziale zur Personalentwick-lung dieser Erhebungen werden jedoch bei weitem von den Hochschulen nochnicht ausgeschöpft (Schmidt 2007: 176).

Erweiterung zu Wissenschaftsmanagement

In den letzten Jahren erweiterte sich der Blickwinkel zu einer ganzheitlichenSicht auf die Kompetenzanforderungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern(Wildt 2005: 101f). Während auf der einen Seite neue Studiengänge in diesemBereich entstanden (Kassel, Bremen/Osnabrück, Oldenburg und Speyer) wurdenauch vermehrt von hochschulnahen Einrichtungen Kurse und Programme imBereich Hochschulmanagement angeboten. Die konsequente Ausrichtung auchauf andere Kompetenzbereiche zeigt sich aber auch deutlich in Programmen derHochschulen. So hat beispielsweise die RWTH Aachen schon im Jahr 2003 ihrWeiterbildungsprogramm „Fit für die Hochschule“ in die Bereiche Leh-ren/Lernen, Führung/Management und Forschung gegliedert (Isenhardt & Brall2007).

2.4.3 Von der individuellen Weiterbildung zur Personalentwicklung anUniversitäten

Die Ausführungen in Kapitel 2.4.2 haben gezeigt, dass die Weiterbildungsange-bote für Lehrende nur in sehr geringem Maße angenommen wurden und einestrukturierte Ausbildung unter dem mangelnden Interesse und der geringen Kon-tinuität litt (Schulmeister 2005: 124). Bis heute, das bestätigt die PaderbornerBasiserhebung aus dem Jahr 2002 (Flender & Mürmann 2003), ist ein geringesInteresse an hochschuldidaktischen Weiterbildungsangeboten zu verzeichnen.Zwar wird einerseits die Optimierung der Lehrkompetenz als wichtiges Elementangesehen, gleichzeitig aber eher nicht als persönlich bedeutsam erlebt bzw. derpersönliche Nutzen des Besuchs von Weiterbildungsveranstaltungen in diesemBereich nicht gesehen (Flender 2004: 22).

Weiterbildung „(…) funktioniert an Hochschulen allzu oft nach demPrinzip eines survival kit, das erst dann wahrgenommen wird, wenn

Page 48: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe48

der individuelle Druck überhand nimmt.“ (Hubrath 2006: 49,Hervorhebung im Orig.)

Flender (2004) unterscheidet an der Hochschule Optimierungsmotivierte, welchedie größte Gruppe der Befragten ausmacht (80%) und nicht Optimierungsmoti-vierte, welche nur in sehr geringer Anzahl anzutreffen sind (10%). Von denOptimierungsmotivierten ist nur ein Teil überhaupt an Weiterbildung interessiertund hiervon ein noch kleinerer Teil an kontinuierlichem Lernen in separatenVeranstaltungen. Die Erhebung hält den Status Quo aus dem Jahr 2002 fest. DieAutoren der Studie verweisen jedoch auch darauf, dass das Interesse der nachrü-ckenden Wissenschaftler als deutlich höher einzuschätzen ist als das der Etablier-ten (Flender & Mürmann 2003). Die Gestalterinnen und Gestalter von Kompe-tenzentwicklungsprozessen müssen also zunächst nach dem Nutzen für die Be-teiligten fragen und ermitteln, welche Formen tatsächlich Effekte auf die Arbeithaben:

C2-02 NutzerorientierungWeiterbildungsveranstaltungen sind eher nicht die präferierte Formder Kompetenzentwicklung von Lehrenden.

Seit ungefähr zehn Jahren nimmt das Interesse an der Frage einer universitärenPersonalentwicklung kontinuierlich zu. Die basalen Begriffsdefinitionen sinddabei jedoch unterschiedlich weit gefasst. In dieser Arbeit wird der Begriff Per-sonalentwicklung mit Becker definiert:

„Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen der Bildung, Förde-rung und der Organisationsentwicklung, die von einer Person oderOrganisation zur Erreichung spezieller Zwecke zielgerichtet, syste-matisch und methodisch geplant und realisiert und evaluiert wer-den.“ (Becker 2005: 3)

Diese Definition verdeutlicht zum einen, dass sich Personalentwicklung nichtallein in der Verwaltung und Bereitstellung von Trainingsangeboten und Qualifi-zierungsmaßnahmen erschöpft, sondern strategisch in die Organisation eingebet-tet sein kann. Damit richten sich die Inhalte der Personalentwicklung auf dieBereiche Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung (Abbildung 9).

Betrachtet man realistisch die Situation an deutschen und österreichischen Uni-versitäten, dann findet man kaum eines dieser Elemente hinreichend etabliert.Anstatt Personalentwicklung findet man derzeit in der Regel nur Personalverwal-tung (Pellert 2000b: 11, 2004: 163). Die universitären Veränderungen der nächs-ten Jahrzehnte, da sind sich die Experten einig, dürften jedoch kaum ohne beglei-tende Personalentwicklungsmaßnahmen zu bewältigen sein. Deshalb ist aus ihrer

Page 49: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 49

Sicht die Einführung entsprechender Maßnahmen an allen Hochschulen dringenderforderlich (vgl. Müller-Böling 2006: 341). Wenn Weiterbildung erst dannangenommen wird, wenn der persönliche Druck zu groß geworden ist, dann istdies in der Regel eine unzureichende Intervention, welche deutlich macht, dassPersonalentwicklung früher ansetzen muss. Eine regelmäßige Standortbestim-mung mit anschließender Zielentwicklung, die sich auf die aktuelle Arbeitssitua-tion als auch auf Berufsperspektiven richtet, ist hierfür unerlässlich (Hubrath2006: 49f). Dies zu forcieren ist Aufgabe der direkten Führungskraft der Be-schäftigten:

D1-01 Förderung individueller ZielbestimmungKompetenzentwicklung bedarf der regelmäßigen Standortbestim-mung und Zielbestimmung mit Blick auf die Arbeitssituation alsauch der beruflichen Perspektiven.

Bildung Förderung Organisationsentwick-lung

− Berufsausbildung− Weiterbildung− Führungsbildung− Anlernen− Umschulung− …

− Auswahl und Einar-beitung

− Arbeitsplatzwechsel− Auslandseinsatz− Nachfolge- und

Karriereplanung− Strukturiertes Mitar-

beitergespräch undLeistungsbeurteilung

− Coaching, Mentoring− …

− Teamentwicklung− Projektarbeit− Sozio-technische

Systemgestaltung− Gruppenarbeit− …

PE im engeren Sinn =Bildung

PE im erweiterten Sinn= Bildung + Förderung

PE im weiten Sinn =Bildung + Förderung +Organisationsentwick-

lung

Abbildung 9: Inhalte der Personalentwicklung (Becker 2005: 4)

Laske et al. (2004) unterscheiden neben der offiziellen Personalentwicklung,welche sich in explizit angebotenen Maßnahmen, wie beispielsweise denWeiterbildungsveranstaltungen, zeigen, die informelle unsystematische Perso-nalentwicklung im Arbeitsalltag. Die in den Teileinheiten der Universität prakti-

Page 50: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe50

zierte Personalentwicklung „erfolgt weitgehend ungesteuert, naturwüchsig-unsystematisch, oft auch unbewusst“, ist aber nicht grundsätzlich negativ zubeurteilen (Laske et al. 2004: 43). In der Regel wird hierbei ein Großteil desnotwendigen Verhaltensrepertoires vermittelt.

„Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wird von allenakademischen Lehrenden als zentrale universitäre Aufgabe gesehen,sie verbindet die Aufgabe der Personalentwicklung und der For-schungsförderung.“ (Pellert 2004: 179)

Der zielgerichtete Einbezug der informellen Lernwege kann durch eine effektiveGestaltung von Arbeitsumgebungen erfolgen:

C1-03 Informelle LernprozesseKompetenzentwicklung erfolgt weitgehend ungesteuert, natur-wüchsig-unsystematisch und oft auch unbewusst.

Das praktizierte System der individuellen Betreuung erzeugt jedoch dann Prob-leme, wenn die Betreuung oder das Können des Betreuers fragmentarisch oderdurch Lehrstuhlwechsel, Krankheiten oder Tod der Betreuer nicht weiter odernur unzureichend verfügbar ist (Müller-Böling 2006, Pellert 2004). Hier zeigtsich die Dürftigkeit der Sicherung von Karrieren an der Hochschule und nachAnsicht von Müller-Böling auch die Notwendigkeit einer breiteren Verteilungvon Verantwortung (Müller- Böling 2006: 340f):

D1-02 Teamverantwortung für KompetenzentwicklungDie Verantwortung für die Kompetenzentwicklung von wissen-schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollte nicht alleinbeim fachlichen Betreuer der Dissertation liegen.

Betrachtet man die weiteren Karrierewege an der Universität, so zeigt sich, dassdie notwendigen Kompetenzen im Bereich des Managements und der Personal-führung als gegeben angenommen werden. Kompetenz wird hier allein durchden Aufstieg belegt. Diese Praxis steht jedoch im massiven Gegensatz zu denQualitäts- und Professionalisierungsansprüchen der Universität als Organisation(Laske et al. 2004: 44).

Viele Universitäten haben in den letzten Jahren mit Blick auf die umfassendenKompetenzanforderungen von Wissenschaftlern versucht die Personalentwick-lung zu fördern. Häufig erschöpfen sich die Maßnahmen dabei in der Bereitstel-lung von Weiterbildungsangeboten. Nicht selten sind die Angebote allerdingseine lose Sammlung wünschenswerter Kompetenzen, die nicht in das Alltagsge-

Page 51: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 51

schehen eingebunden oder an eine universitäre Strategieentwicklung gebundensind (Meister-Scheytt & Scheytt 2004). Die dahinter stehende partielle Verant-wortungsübernahme der Universität kann auch als entpersönlichte Variante desMeister-Schüler Prinzips betrachtet werden. Die Vorbehalte von Führungskräftengegen diese Form der Kompetenzentwicklung außerhalb der eigenen Tätigkeitsind nicht unerheblich. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn unabhängig vonden angebotenen Themen und Adressaten werden in so gearteten zentralen Ver-anstaltungen implizit auch immer konkrete Wertvorstellungen des Beauftragen-den transportiert (Laske et al. 2004: 50), die nicht zwingend den vorherrschendenVorstellungen der eigenen Organisationseinheit oder denen der Teilnehmendenentsprechen müssen. Zwischen der Ausrichtung der Entwicklung der Organisati-onsmitglieder an den Zielen der Person bzw. der Organisation entsteht ein Span-nungsfeld universitärer Personalentwicklung. Eine zu starke Verschiebung derbisher praktizierten Ausrichtung auf das Individuum hin zur Organisation be-raubt der strategischen Personalentwicklung an der Hochschule ihr Potenzial(Pellert 2004:164). Die durch die dritte Stufe der Bolognareform zunächst for-cierte einseitige Auslagerung in promotionsbegleitende curriculare Programmenegiert die bestehende Praxis und die Potenziale arbeitsintegrierter Lernformenim universitären Alltag, denn externe Weiterbildung gelten als nur wenig geeig-nete Variante für effektives Lernen (Staudt & Kriegsmann 1999, Bergmann2004: 19, Gris 2008). Arbeitsplatznahe und auch externe Weiterbildungsangebo-te müssen darauf hin überprüft werden in wie weit die vermittelten Inhalte tat-sächlich in die Arbeitsprozesse integriert werden können oder ob effektivereFormen zur Anwendung gebracht werden können:

C2-03 EffektivitätsorientierungDie Effektivität externer Weiterbildung ist begrenzt.

Eine so geartete Auslagerung aus dem Arbeitsprozess wird beispielsweise auchvon bereits promovierten Ingenieurinnen und Ingenieuren als nicht zielführendbeschrieben (Feller et al. 2007: 36). 73% der Befragten industrieerfahrenen Dok-toringenieure halten eine Kompetenzentwicklung „on the job“ in industrienahenProjekten, bei der Betreuung von Studierenden sowie in der Lehre, durch eigeneProjektverantwortung, interdisziplinärer Arbeit und Akquisetätigkeit für denKönigsweg (Feller et al. 2007: 19):

C1-04 Arbeitsintegriertes LernenDie bestehende Praxis und die Potenziale arbeitsintegrierter Lern-formen im universitären Alltag sollte für die individuelle Kompe-tenzentwicklung genutzt werden.

Page 52: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe52

Mit Blick auf die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konstatiertHanft, dass arbeitsintegriertes Lernen zwar in der Hochschule verankert, diesjedoch vor allem auf die fachliche Ausbildung gerichtet ist. Überfachliche Kom-petenzen werden trotz der vielfältigen Erfahrungs- und Lernfelder kaum syste-matisch im Prozess der Arbeit erschlossen. Dies erfolgt heute in der Regel alleinin freiwilligen aus dem Arbeitsprozess ausgelagerten Weiterbildungsmaßnah-men. Die Entscheidung zwischen einer seminaristischen- bzw. einer arbeitsinte-grierten Kompetenzentwicklung kann letztendlich nur mit Blick auf das jeweili-ge universitäre Teilsystem gefällt werden (Hanft 2004: 134f). Diese Entschei-dung fällt aufgrund der verfügbaren Kompetenzen und Präferenzen der Füh-rungskräfte derzeit zumeist zugunsten der externen Angebote aus, obwohl dieBeschäftigung an der Hochschule eine Fülle von Lernoptionen im alltäglichenArbeitsprozess bietet. Um die Formen eines arbeitsintegrierten Kompetenzer-werbs systematisch zu nutzen, bedürfen die meisten Lehrstuhle und InstituteUnterstützung bei der Analyse bestehender Strukturen, Angebote und Maßnah-men. Dies gilt auch bei der Entwicklung und Implementierung umfassenderKompetenzentwicklungsmöglichkeiten im Prozess der Arbeit, welche gemein-same universitäre Strategien und zentrale Weiterbildungsangebote berücksichti-gen.

„Personalentwicklung muss sich dezentral in den Instituten und De-partments und in den Zweierbeziehungen zwischen Vorgesetztenund Mitarbeitenden realisieren, gleichzeitig aber zentral gestütztwerden und auf gemeinsame Zielvorstellungen basieren.“ (Pellert2004: 188)

Mit einer solchen Sicht öffnet sich die hochschulische Personalentwicklung derstrategischen Entwicklung der Organisation. Dies erfordert jedoch auf der Ebeneder Gesamtuniversität gemeinsame Zielvorstellung und entsprechende Unterstüt-zungsleistungen für die Führungskräfte in Forschung und Lehre:

D1-03 Dezentrale KompetenzentwicklungDie Förderung der Kompetenzentwicklung realisiert sich in denZweierbeziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden.

D2-03 UnterstützungsinstrumenteFührungskräfte in Forschung und Lehre benötigen geeignete Hilfs-mittel und Unterstützungsinstrumente zur dezentralen Kompetenz-und Organisationsentwicklung in ihren täglichen Arbeitsvollzügen.

Page 53: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 53

D2-04 Gemeinsame ZielvorstellungenEine dezentrale Realisierung von Kompetenzentwicklung muss aufgemeinsamen Zielen basieren und zentral unterstützt werden.

2.4.4 Kompetenzentwicklung im strategischen Wandel von Universitäten

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass Hochschulen, die im internati-onalen Wettbewerb bestehen wollen tiefgreifende Wandlungsprozesse durchlau-fen müssen. Dieser Wandel betrifft nicht allein die operative Ebene, sondern istverbunden mit einer strategischen Neuausrichtung der Organisation. HermannSimon definiert Strategie dabei als „Kunst und die Wissenschaft, alle Kräfteeines Unternehmens so zu entwickeln und einzusetzen, dass ein möglichst profi-tables, langfristiges Überleben gesichert wird.“ (Simon 2004: 22) Der entschei-dende Punkt ist für Simon dabei nicht allein, dass durch eine Strategie etwasNeues geschaffen werden soll, sondern, dass Strategien tatsächlich mit einerlangfristigen Perspektive umgesetzt werden.

In den vergangenen Jahren sind vielfältige Versuche unternommen worden Kon-zepte der Strategie- und Personalentwicklung aus der betrieblichen Praxis auf dieHochschule zu übertragen. Unterstützt wurde dies u.a. durch entsprechende För-derprogramme. So sollte beispielsweise das Förderprogramm „AkademischesPersonalmanagement“ des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft Mo-dellvorhaben aus der Wirtschaft auf den Hochschulbereich übertragen (vgl. Win-de 2006). Solche Programme gehen von impliziten Annahmen aus, die bisher inkeiner Weise wissenschaftlich überprüft wurden. Hierzu zählt zum einen dieVorstellung, dass die Wirtschaft als Personalmanagement-Benchmark besondersgeeignet ist und zum anderen die Vermutung, dass Best-Practice auf gänzlichverschiedene Organisationsformen übertragen werden kann (Laske & Auer 2006:66). Aufgrund der Besonderheiten der Universität, ist die Passung einer solchenÜbertragung kritisch zu hinterfragen. Gerade mit Blick auf die beschriebenegrundsätzlich zu konstatierende Zurückhaltung der Wissenschaftler gegenüberInitiativen aus der Leitung der Hochschule kann sich aus der Eigenwilligkeit derBeschäftigten ein erhebliches Widerspruchs- und Widerstandspotential entwi-ckeln (ebd.: 68, Breisig & Kahlen 2000: 230). Vor dem Hintergrund einer Orga-nisation, welche durch einen hohen Grad an interner Selbstorganisation geprägtist (Pellert & Widmann 2008: 23) stellt sich zunächst die Frage nach den Beson-derheiten der universitären Organisationsform, der sogenannten Expertenorgani-sation (Pellert 1999), in der eine strategische Kompetenzentwicklung durch zent-rale Leitung und dezentrale Führung realisierte werden soll.

Page 54: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe54

Als eine Expertenorganisation bezeichnet man in Anlehnung an den von Mint-zberg (1983) beschriebenen „professional bureaucracies“ Organisationen, diezwar grundsätzlich bürokratisch gestaltet sind, aber durch einen besonders hohenStellenwert der in ihr arbeitenden Experten gekennzeichnet sind. Sie haben deut-lich mehr Macht und Einfluss, als andere organisatorische Einflussgruppen. DieGesamtorganisation Hochschule lässt sich, wie auch Krankenhäuser, Schulen,Kirchen, Streitkräfte usw., als typische Expertenorganisation charakterisieren.Hier stellen die Professorinnen und Professoren auf unterster institutionellerEbene wichtige Machtzentren dar. Da die Experten als primäres Produkt derUniversität Wissen erzeugen und die Wissensproduktion als ein stark individua-lisierter Vorgang angesehen wird, sind sie mit hoher Autonomie ausgestattet.Diese wird als Voraussetzung für die Ausübung der Expertentätigkeit gesehenund ist damit der entscheidende Faktor zur Erfüllung des Leistungsauftrags derOrganisation (Laske et al. 2006: 106). Die Organisation muss demnach so gestal-tet sein, dass der Leistungsauftrag optimal erfüllt werden kann. Damit ist dasExpertensystem desto einflussreicher je bedeutsamer das Expertenwissen für dieOrganisation ist (Hanft 2000: 15).

Ein weiteres Merkmal der Expertenorganisation ist die primäre Orientierung ander Disziplin und nicht an der Organisation, an der sie beschäftigt sind. Die Iden-tifikation erfolgt in der Regel über das Fach, welches auch die Kontrolle über diewissenschaftliche Leistung des Experten übernimmt (Pellert 2000a: 43). In derHochschule haben sich aufgrund dieser Besonderheiten flache Hierarchien, star-ke dezentrale Fachebenen und eine schwache Organisationsspitze herausgebildet(Pellert, 2000a, Kern 2000, Nickel & Zechlin 2005). Die starke Fragmentierungder Organisation Hochschule ist eine ihrer typischen Eigenschaften. Durch dieindividualisierte Grundstruktur und die höchst unterschiedlichen fachlichen Kul-turen, die eine Hochschule in sich vereint sowie die immer weiter fortschreitendeWissensspezialisierung, agieren die einzelnen Institute und Fachbereiche meistunabhängig voneinander. Damit kann die Universität auch als eine „lose Kopp-lung“ (Weick 1976) autonomer Teilsysteme bezeichnet werden, die sich durchunterschiedliche Arbeitsformen und Kulturen auszeichnen (Pellert 2000a: 44).Die Gegenüberstellung von positiven und negativen Effekten loser Kopplung(Tabelle 3) verdeutlicht weitere Kernaufgaben zur Entwicklung der Expertenor-ganisation:

Um die Nachteile der losen Kopplung abzumildern müssen im Arbeitsprozessimmer wieder die bestehenden Barrieren von Teilorganisationen, Fachkulturenund Disziplinen gezielt überwunden werden und Räume geschaffen werden,welche die unterschiedlichen Akteure zusammen bringen.

Page 55: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 55

C2-04 Schaffung bereichsübergreifender ZusammenarbeitEs müssen Möglichkeiten geschaffen werden, um den Wissensaus-tausch und die Zusammenarbeit der lose gekoppelten universitärenSubeinheiten zu fördern.

Positive Effekte loser Kopplung Negative Effekte loser Kopplung− Sie ermöglichen die Entwicklung

sehr unterschiedlicherFach(bereichs)kulturen, die den je-weiligen Professionen ent-sprechen,ohne dass der Verwaltungs-bereichmit seinen eigenen Gesetzmäßig-keiten dadurch tangiert wird.

− Sie erlauben sensible Umweltwahr-nehmungen und schnelleUmweltan-passungen aufgrund derEingebundenheit der Experten inorganisationsübergreifende Netz-werke.

− Sie erlauben die Entfaltung einzig-artiger Projekte ohne dass es auf-wändiger zentralistischer Planungs-verfahren bedarf.

− Das Scheitern einzelner Projektehat auf das Gesamtsystem keinegroßen Aus-wirkungen.

− Sie bieten Raum für Selbstenfaltungund-bestimmung als wesentliche wis-sen-schaftliche Prinzipien.

− Fokussieren auf pädagogischeoder wissenschaftliche Fragestel-lungen oder die Lehr-/Lernbeziehung unter Vernach-lässigung der Gesamtorganisati-on

− Die Zusammenarbeit der Sub-Einheiten wird erschwert: „DerPädagoge oder Wissenschaftlerals Einzelkämpfer“.

− „Tunnelblick“. Das Expertenwis-sen im eigenen Bereich wächst,für andere Bereiche geht es ver-loren.

− Die Reformierbarkeit wird we-gen fehlender Steuerungs-/ Ein-flussmöglichkeiten erschwert.

Tabelle 3: Effekte loser Kopplung (Laske et al. 2006: 108)

Ein Charakteristikum der Expertenorganisation ist damit die Trennung des Fach-systems von den anderen Subsystemen der Organisation. Die hohe Autonomieund die Orientierung an der Disziplin führen dazu, dass das Engagement derExperten für die Gesamtorganisation häufig als mangelhaft zu kennzeichnen ist.

„Da aber Organisations-, Management- und Koordinationsleitungenin der eigenen Organisation von dieser Karrierelogik meistens nichtwertgeschätzt werden, kann es nicht verwundern, dass es bis zu ei-

Page 56: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe56

nem gewissen Grad eher rational erscheint, wenn Experten sich nichtfür ‚ihre’ Organisation engagieren. Gleichzeitig – und das mag para-dox anmuten – ist aber die Reputation des einzelnen Experten vonenormer Wichtigkeit für die Gesamtorganisation.“ (Laske et al 2006:107)

Auch gegenüber den meisten Aktivitäten der Verwaltung bestehen Vorbehalte.Sie werden häufig als „Quelle der Störung der fachlichen Arbeit“ empfunden(Pellert 2000a: 45). Da sich akademische und administrative Ebenen in ihrerOrganisationskultur und -struktur stark unterscheiden, bildet sich zwischen bei-den Ebenen ein für Expertenorganisationen charakteristisches Spannungsfeld(ebd.).

Expertenorganisationen weisen ein Leitungsdefizit auf allen Ebenen der Organi-sation auf. Weil Experten auf die Facharbeit konzentriert sind, stehen für diemeisten von ihnen die Leitung und das Management ihrer Organisationseinheithinten an. Ein Hauptdefizit besteht darin, dass Managementaufgaben in solchenOrganisationen aufgrund der engen Verknüpfung von Leitungsaufgaben mit derfachlichen Arbeit, nur begrenzt durch andere Managementfachkräfte übernom-men werden können. Zudem besteht gegen die Arbeit einer zentralen Unterstüt-zungs-funktion große Vorbehalte, was von den Universitätsleitungen eine spezi-fische Art des Managements erfordert. Nach Pellert ist dabei ein Mischmodellzwischen Mitbestimmungs- und klassischem Management anzustreben (Pellert2005: 56).

„Adäquate Managementvorstellungen zu entwickeln bedeutet ver-mutlich, Abschied zu nehmen von traditionellen, andernorts entwi-ckelten Leitungsvorstellungen. Leitung an der Universität ist auchzum guten Teil Widerspruchsmanagement. (…) Direktiven, autorita-tiven Leitungsstrukturen wird wenig nachhaltiger Erfolg beschiedensein. Leitung muss sich vielmehr als Moderation und Unterstützungdezentraler Einheiten verstehen.“ (Pellert 2005: 62)

Universitätsleitungen sind somit aufgefordert in der gesamten Hochschule Initia-tiven zu befördern, welche die bereichsübergreifende Zusammenarbeit unterstüt-zen (vgl. auch Stagge 2000):

D2-05 Unterstützung bereichübergreifender ZusammenarbeitDie Universitätsleitung unterstützt die dezentralen Einheiten durchdas Zusammenbringen von Interessensgruppen und durch die Mo-deration der verschiedenen Interessen.

Page 57: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 57

Die Wandlungsprozesse an den Universitäten erfordern dabei eine systematischePersonalentwicklung, um die notwendigen Kompetenzen für die Neuausrichtungder Universitäten zu schaffen. Die Betrachtung der Universität als Expertenorga-nisation macht dabei deutlich, dass das Personal der Expertenorganisation zu-gleich das zentrale Medium der Veränderung darstellt.

„Weil damit die klassische Unterscheidung von Mittel und Zweckder Veränderung problematisch wird, kann strategischer Wandel da-her systematisch nur als Koevolution von Personalentwicklungspro-zessen und Redefinition von Strategien vollzogen werden.“ (Meister-Scheytt & Scheytt 2004: 141)

Dies geschieht auf der einen Seite durch die Gewinnung von Handlungsorientie-rung durch die Entwicklung von Strategien, Zielen und Perspektiven sowie derEntwicklung von Feedback- und Evaluierungssystemen als Rückkopplung undBeobachtungsinstrumentarium der Realität. Auf der anderen Seite entwickeltsich die individuelle und organisationale Handlungskompetenz, welche auf dieEntwicklung von Kooperations- und Organisationsfähigkeiten auf der Ebene derexpliziten organisationalen Wissensformen und der implizitenIndentitätsbildungsprozesse der Organisation fokussiert ist (Meister-Scheytt &Scheytt 2004: 150ff). Die Gestaltung einer solchen koevolutiven Entwicklungkann dabei nicht einzelnen Organisationseinheiten der Hochschule zugewiesenwerden, denn „(…) der geplante strategische Wandel [stellt] selbst in Teilberei-chen eine nicht delegierbare Aufgabe derer dar, die in Leitungspositionen aufallen Ebenen der Organisation tätig sind.“ (Meister-Scheytt & Scheytt 2004:152) Hierfür benötigen diese jedoch Unterstützungsmechanismen, die ihnenhelfen die externen Anforderungen in die eigene Organisation hineinzutragen(Ihsen & Brandt 2002). Der Abgleich zwischen den Zielen der Organisation undjeden Individuums kann nur dezentral auf den Handlungsebenen der Universitäterfolgen und liegt in der Verantwortung der Führungskräfte (Tomaschek 2007:26). Diese müssen hierzu Beobachtungswerkzeuge einsetzen, welche eine Refle-xion der bisherigen Praxis zur Ermittlung von Handlungsfeldern ermöglichen.

D1-04 Koevolution von Kompetenz- und OrganisationsentwicklungSystematischer strategischer Wandel erfolgt in der Koevolution vonPersonalentwicklungsprozessen und der Redefinition von Strate-gien.

D1-05 Strategischer Wandel als Aufgabe aller FührungskräfteStrategischer Wandel ist eine nicht delegierbare Aufgabe von Füh-rungskräften auf allen Ebenen der Organisation.

Page 58: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe58

C2-05 Einsatz von BeobachterwerkzeugenHandlungsorientierung wird durch die Entwicklung von Strategien,Zielen und Perspektiven sowie der Entwicklung von Feedback- undEvaluierungssystemen als Rückkopplung und Beobachtungsinstru-mentarium der Realität generiert.

Es gilt somit die Rolle der Führungskräfte zu stärken und ihnen passgenaue undim Alltagshandeln praktikable Instrumente an die Hand zu geben, welche siebefähigt den strategischen Wandel, unter Berücksichtigung der Besonderheitenihres universitären Teilsystems, aktiv zu gestalten.

2.4.5 Zusammenfassung

Die Ausführungen machen deutlich, dass Hochschulen, gerade im Zuge derBolognareform, Fragen zur Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchseswieder auf die Tageordnung setzten. Während sich bis zum Ende der 90er Jahrean einigen Standorten insbesondere ein breites Angebot zur Erweiterung derLehrkompetenzen etablierte, bestand an vielen Hochschulen kein zentrales An-gebot zur Kompetenzentwicklung wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter. Primäre Verantwortung und der Ort der Personalentwicklung lagen inder Regel in den einzelnen Instituten und Lehrstühlen. Personalentwicklung wardabei durch das enge Verhältnis zwischen Professorin und Professor sowie Pro-movierenden gekennzeichnet. Heute wird eng verknüpft mit Fragen der Kunden-orientierung, insbesondere seit Einführung der Studiengebühren, an vielen Hoch-schulen ein adaptives Weiterbildungsangebot mit dem Schwerpunkt Lehre ange-boten, welches von den Universitätsangehörigen selbstverantwortlich, nichtselten in der Freizeit, besucht werden kann. Mancherorts wurden diese Angeboteauch als promotionsbegleitende Studien in den Promotionsordnungen verankert.Neuere Entwicklungen verknüpfen das traditionelle Meister-Schüler Verhältnismit überfachlichen Qualifizierungsangeboten, um hierdurch nicht allein eineindividuelle Kompetenzentwicklung zu forcieren, sondern zeitgleich den strate-gischen Wandel der Gesamtorganisation voranzutreiben. Die Verantwortungdieser Entwicklungsprozesse liegt bei den verantwortlichen Führungskräften, diezur Bewältigung dieser Herausforderung praktikable Unterstützungsinstrumentezur Verfügung gestellt bekommen muss.

2.5 Zwischenfazit

Der unaufhörliche Wandel der drängenden universitären Herausforderungenverdeutlicht die Notwendigkeit, dass Universitäten sich zu einer Organisationwandeln müssen, die sich unablässig neuen Anforderungen stellen kann. Einepermanente Wandlungsfähigkeit von Organisationen ist nicht allein durch punk-

Page 59: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 59

tuelle und individuelle Maßnahmen innerhalb der Universität zu erreichen, son-dern es erfordert einen Ansatz, der die Besonderheiten und die Verschiedenheitzum Ausgangspunkt macht. Dieser muss zum einen die Mitglieder der Organisa-tion befähigen, ihre Kernaufgaben trotz wandelnder Rahmenbedingungen profes-sionell erfüllen zu können und ihnen gleichzeitig ermöglichen die Universitätaktiv weiter zu entwickeln. Neben der unumstrittenen Notwendigkeit der umfas-senden und professionellen Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchsesstehen Universitäten aufgrund der hohen Fluktuation der wissenschaftlichenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Abschluss der Promotion vor der beson-deren Herausforderung die kurzen Beschäftigungszyklen effektiv für die eigeneOrganisation zu nutzen. Die derzeitigen Antworten der meisten Universitäten aufdie komplexen Herausforderungen des beschriebenen permanenten Wandelsnehmen sich jedoch gegenüber dem skizzierten Anspruch einer lernenden Orga-nisation bescheiden aus.

Die Skizzierung und Zusammenstellung von Kompetenzprofilen von Promovie-renden mit einem spezifischen Blick auf die Ingenieurwissenschaften verdeut-lichte, dass die individuellen Kompetenzanforderungen umfassend sind. Wäh-rend methodische Kompetenzen, wie beispielsweise Problemlösefähigkeit, Pro-jektmanagement oder hochschuldidaktische Fähigkeiten, am deutlichsten unterden überfachlichen Kompetenzbereichen hervorstechen, geht es jedoch nichtohne umfassende soziale und personale Fähigkeiten. Kommunizieren können,Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen, sich selbst organisieren und weiterentwickeln können, sind nur einige der genannten Kompetenzen.

Die Mittel und Wege, welche die meisten Universitäten einschlagen, um beiihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zumindest einen Teil der gefordertenKompetenzen zu erreichen, scheinen gerade mit Blick auf den Wandel der be-trieblichen Weiterbildung, aus vergangener Zeit zu stammen. Spärliche, seltenumfassende, zumeist jedoch unverbindliche, additive Weiterbildungsprogramme– manchmal allein mit einem spezifischem Fokus auf die Lehrkompetenz - wel-che nach Einführung der Studiengebühren und der offiziellen Deklaration desStudenten als Kunden mehr als überfällig wurde – prägen die Personalentwick-lung an den Hochschulen. Vielerorts wurden im Zuge der Bolognabestrebungenund der Exzellenzinitiative Graduiertenschulen eingerichtet, die zwar viele Män-gel des bestehenden Systems des Meister-Schüler Verhältnisses beseitigen,gleichzeitig jedoch eben die Vorteile dieses Systems ins Gegenseitige verkehrenund dabei nur selten Teil einer umfassenden Strategie zur Entwicklung von Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern und der Hochschule sind.

Es zeigte sich, dass die effektive Anwendung von Kompetenzen im beruflichenAlltag ein Zusammenspiel aller Kompetenzbereiche erfordert. Handlungskompe-

Page 60: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe60

tenz entsteht dabei erfolgreich im Miteinander der Kompetenzen im Prozess derArbeit. Das bisherige System der engen Kopplung von Lernen im Prozess derArbeit, was sich häufig auf ein Lernen durch Versuch und Irrtum reduzierte,bietet bei einer zielgerichteten Einbindung in eine strategische Personalentwick-lung vielfältige Vorteile gegenüber einer einseitigen Auslagerung in Weiterbil-dungsveranstaltungen in Form von curricularisierten Kollegs, Graduiertenschu-len, Studiengängen oder Zertifikatsprogrammen. Beide Formen können ergän-zend eine umfassende individuelle Kompetenzentwicklung gewährleisten undgleichzeitig die Potenziale der Organisation gegenüber den sich wandelndenHerausforderungen im internationalen Wettbewerb der Universitäten befördern.

Abbildung 10: Anforderungen des 2. Kapitels (weiß hervor gehoben)

Die Besonderheiten der universitären Organisation verdeutlicht, dass eine Ver-änderung der bisherigen Praxis in den Lehrstühlen und Instituten nicht durchUniversitätsleitungen vorgegeben werden können. Personalentwicklung musssich dezentral in der Zweierbeziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiten-den realisieren und dabei auf gemeinsame Zielvorstellungen basierend unter-stützt werden. Strategischer Wandel in der Expertenorganisation bedeutet, dasseinerseits die Experten den Wandel zu ihrer Aufgabe machen müssen und siezugleich Hauptzielgruppe des Wandels sind. Daher kann strategischer Wandelnur in der gemeinsamen Entwicklung von Kompetenzen und Strategien erfolgen.Die parallele Entwicklung erfordert Hilfsmittel, welche die Universität zur Ver-fügung stellen muss. Nicht die Verordnung von Patentrezepten, sondern die

C1-01 RealeHandlungsvollzüge

C 1-02 Handlungsspielraum

C1-03 Informelle Lernprozesse

C 1-04 ArbeitsintegriertesLernen

C 1-05 Komplexe Lernumgebungen

D 1-01 Förderung individuellerZielbestimmung

D 1-02 Teamverantwortung fürKompetenzentwicklung

D 1-03 DezentraleKompetenzentwicklung

D 1-04Koevolution vonKompetenz-undOrganisationsentwicklung

D 1-05 StrategischerWandelalsAufgabe aller Führungskräfte

C 2-01 Förderung derSelbstreflexivität

C 2-02 Nutzerorientierung

C 2-03 Effektivitätsorientierung

C 2-04SchaffungbereichsübergreifenderZusammenarbeit

C 2-05 EinsatzvonBeobachtungswerkzeugen

D 2-01 GemeinsameQualitätskriterien

D 2-02 Zertifizierungssystem

D2-03 Unterstützungsinstrumente

D 2-04 GemeinsameZielvorstellung

D 2-05UnterstützungbereichsübergreifenderZusammenarbeit

A1-01 Regelpromotion imBeschäftigungsverhältnis

A1-02 Integration überfachlicherKompetenzentwicklung

A1-03 Förderung derBerufsfähigkeit

A1-04 SelbstverantwortlicheTätigkeit

A1-05 Lernen imArbeitsprozess

A1-06 SystematischeKompetenzentwicklung

A1-07 Verknüpfung vonLernebenen

A1-08 KollektiveHandlungsfähigkeit

A1

B1 B2 B3

C1 C1 D1 D2

Page 61: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

2. Kompetenzentwicklungspraxis und -bedarfe 61

moderative Unterstützung der notwendigen Entwicklungsprozesse ist Hauptauf-gabe der Universitätsleitungen.

Die bisher definierten Anforderungen haben sowohl für die Frage der Lern- alsauch der Lernstrukturen vielfältige Hinweise für die in Kapitel 1 zu leistendeKonzeptentwicklung erbracht (Abbildung 10). Das folgende Kapitel fokussiertvor allem auf die Art und Weise der Kompetenzentwicklung und zeigt damitverstärkt Anforderungen für die Gestaltung von Lernprozessen auf.

3. Arbeiten und Lernen

3.1 Einleitung

Lernen hat mit Blick auf die heutigen Herausforderungen, welche in Kapitel 2.2am Beispiel der Universitäten verdeutlicht wurden, wieder Konjunktur. Dervereinfachte weltweite Zugang zu Informationen erweitert die individuellenEntscheidungs- und Handlungsoptionen um ein Vielfaches. Bei Einzelnen kanndies ein Gefühl der Unsicherheit verursachen, da eine vollständige Bewertungaller verfügbaren Informationen und Optionen aufgrund der zur Verfügung ste-henden Fülle nicht mehr möglich ist. Es zeigt sich darüber hinaus, dass die Her-ausforderungen der Wissensgesellschaft nicht allein durch die weltweite Verfüg-barkeit von Wissensbeständen gekennzeichnet sind, sondern insbesondere auchvon einer Verwissenschaftlichung des Wissens. Um den Herausforderungeneiner aus Sicht des Individuums von zunehmender Komplexität und Unsicherhei-ten geprägten Umwelt begegnen zu können, benötigt jeder Einzelne Kompeten-zen, mit denen er sich auf die permanent wandelnden Anforderungen einstellenkann. (Kapitel 3.2). Es wurde bereits deutlich, dass die notwendigen Kompeten-zen zum Umgang in dieser veränderten Umwelt effektiv nur in realen Hand-lungsvollzügen erworben werden können (Kapitel 2.3.2). „Lernen im Prozess derArbeit“ gerät daher vermehrt in den Fokus der Gestaltung effektiven Lernens.(Kapitel 3.3). Die Hauptform des Lernens im Prozess der Arbeit ist dabei dasErfahrungslernen, in dessen Zentrum die auf den Arbeitsprozess gerichtete Re-flexion steht (Kapitel 1).

3.2 Herausforderungen an das Lernen in turbulenten Zeiten

Seit Mitte der neunziger Jahre gewinnt das Konzept eines lebenslangen Lernensimmer mehr an Bedeutung. Aller Orten wird propagiert, dass eine individuelleWeiterentwicklung nach dem ersten berufsbefähigenden Abschluss vor demHintergrund dynamischer Unternehmenswelten eine unabdingbare Vorausset-zung zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit in einer Dienstleistungs-, Wissen-

Page 62: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen62

schafts- und Expertengesellschaft (Bonß 2002) ist. Im Mittelpunkt der Betrach-tung steht dabei das Individuum, welches als Träger und Anwender von Wissendieses individuell oder kollektiv unter veränderten Umfeldbedingungen entwi-ckelt und zur Anwendung bringt. Brödel konstatiert, dass Ende der 90er JahreAspekte an Bedeutung erlangen, die unter dem Stichwort „Globalisierung“ zu-sammengefasst werden können. Im Kern handelt es sich „[…] um ein Ensemblebeschreibbarer Modernisierungszwänge, geforderter Bildungs-/Lerninnovationenund als bedrohlich wahrgenommener mentaler Orientierungsprobleme.“ (Brödel1998: 42) Hieraus ergeben sich Anforderungen an das Lernen welche sich unterden Stichworten „Lebenslanges Lernen“ sowie „Pluralisierung“ des Lebens, desLernens und des Lehrens zusammenfassen lassen (Brödel 1998: 43 ff.). DieEntwicklung der Debatte um eine solche „neue Lernkultur“, die diese Aspekteeinbezieht, vollzog sich dabei nachgelagert zu den Auseinandersetzungen mitdem Thema „Unternehmenskultur“ (Le Mouillour 2003). Lernkulturen6 warenschon immer mit den Lebenstätigkeiten, in der die Arbeitstätigkeit eine dominie-rende Rolle spielt, verbunden und verändern sich im Laufe der Zeit. „Lernkultu-ren wandeln sich mit Arbeitskulturen, mit der Gesamtkultur.“ (Trier 2001: 177)Vor diesem Hintergrund stellt sich somit zunächst die Frage, welche leitendenVorstellungen die heutigen Diskussionen um das lebenslange Lernen dominierenund welche Anforderungen die Arbeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts unter derPrämisse dynamischer und wissensdominierter Arbeitsumgebungen markieren.

Der Begriff der Wissensgesellschaft, der die Diskussionen prägt, wurde unterdem Stichwort „knowledgeable societies“ bereits in den 60er Jahren eingeführt(Lane 1966, Drucker 1968). Ende der neunziger Jahre erlebte eine häufig rechtbreite und unspezifische Sicht dieses Begriffs eine Popularisierung in Wissen-schaft und Politik (Heidenreich 2003). Bonß unterscheidet im Gegensatz zumBegriff Wissensgesellschaft eine dreifache Beschreibung aus Dienstleistungs-,Wissenschafts- und Expertengesellschaft, da diese drei Begrifflichkeiten dieDimensionen der beobachtbaren Veränderungen besser charakterisieren (Bonß2002: 118). Aus seiner Sicht handelt es sich um ein ganz spezifisches Wissen,welches den Strukturwandel markiert.

„Nicht der Bezug auf Wissen (im Sinne von handlungs-, bedeutungs-und kontextbezogenen kognitiven Schemata) ist neu, sondern die

6 „’Lernkultur’ bezeichnet ein System von Tätigkeiten, mit dem individuelle oder kollektive Subjektedie geistige Aneignung sozialer Wirklichkeiten vollziehen. Das System, seine Formen und Nor-men, bildet sich in seinen gemeinsamen Handlungs- und Erfahrungszusammenhängen selbst her-aus. Es kann sich formelle Regeln und explizit formulierte Normen geben, die einer ständigenformellen und informellen sozialen Kontrolle unterliegen, damit sie nicht als Begrenzung und Be-schränkung des Systems und der Individuen wirken.“ (Kirchhöfer 1998: 67)

Page 63: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 63

sich verändernde Spezifik dieses Bezuges, wobei der interessierendeStrukturwandel weiterführend als „Verwissenschaftlichung“ zu be-schreiben wäre.“ (ebd.: 118).

Die Dreifachbeschreibung basiert auf der Feststellung, dass zunächst auf derökonomischen Seite eine Verschiebung von der Produktion von Sachgütern hinzu immateriellen und häufig personengebundenen Dienstleistungen zu beobach-ten ist. Die wissensbezogene Vor- und Nachbereitung solcher Dienstleistungennimmt aus einem kognitiven Fokus heraus immer mehr Spielraum ein. DieDienstleistungserstellung ist dabei weniger von traditionellem Erfahrungswissen,sondern verstärkt von wissenschaftlichem Wissen abhängig. Aus sozialstruktu-reller Sicht kann man darüber hinaus feststellen, dass bei der Zuweisung dessozialen Status die Verfügung über Wissen eine stärkere Bedeutung erlangt.

Die wahrgenommene Komplexität trifft im Arbeitsalltag auf die zunehmendeDynamisierung aller Arbeits- und Lebensbereiche (Rieckmann 1992), sowie aufIntransparenz, Unkenntnis und falsche Hypothesen (Dörner 2003). Die Verwis-senschaftlichung aller Lebensbereiche hat für das Individuum nicht ein Mehr anSicherheit gebracht, sondern es treten vielmehr die Vielschichtigkeit und Unein-deutigkeit wissenschaftlicher Argumentationsmuster zu Tage, welche vielfachals Unsicherheit wahrgenommen werden können und nicht selten vom Einzelnenals bedrohlich empfunden werden (Henning & Isenhardt 1998: 76, Henning1992). Nach Willke (2004: 21) ist die grundlegende Veränderung der Wissens-gesellschaft durch den Wechsel des Wissens von Wahrheit zur Ressource ge-kennzeichnet. Wissen ist dadurch charakterisiert dass es kontinuierlich revidiert,permanent verbesserungsfähig und untrennbar mit Nichtwissen verbunden ist.

B1-01 Kontinuierliche WissensaktualisierungWissen ist nie vollständig. Es muss kontinuierlich aktualisiert, revi-diert und erneuert werden.

Viele der eingesetzten unternehmensinternen als auch -externen Lernformen sindnicht hinreichend, um die notwendigen Lernprozesse unter diesen verändertenRahmenbedingungen zu gewährleisten (Henning & Isenhardt 1998: 76).

„Diese beschleunigte Veränderung der Arbeitsanforderungen und dieKomplexitätszunahme auf der einen Seite und der durch knappe Per-sonalressourcen verursachte Zeitdruck auf der anderen Seite führendazu, dass die entstehenden Lernanforderungen durch spontanes ar-beitsbegleitendes Lernen nicht mehr ausreichend bewältigt werdenkönnen. Auch institutionalisierte Weiterbildungen sind keine befrie-digende Lösung, weil zunehmend sehr spezielle arbeits- und ziel-

Page 64: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen64

gruppenspezifische Lernprozesse zu unterstützen und diese geradedafür meist nicht zugeschneidert sind.“ (Bergmann 1998: 21f)

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie unter sich verändernden Um-feldbedingungen, die von Dynamik, Komplexität und Unsicherheiten geprägtsind, die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit von Individuen überhauptaufrecht erhalten werden kann und wie die hierfür notwendigen Lernprozessegestaltet sein müssen. Rieckmann deutet darauf hin, dass Führungskräfte sowieMitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermehrt über „Dynaxibility“ verfügen müssen.Dieses Kunstwort wurde zusammengesetzt aus den Wörtern Komplexität undDynamik und verweist auf die sich „gegenseitig verstärkenden Wechselwirkun-gen“ von gleichzeitig zunehmender Dynamik und steigender Komplexität (…)bei steigender Macht/Ohnmacht/Risiko-Relation (…)“ (Rieckmann 1992: 4). ImUnterschied zum komplizierten (lat. complicare = verwickeln), welches auf Un-ordnung und Erschwernis hindeutet handelt es sich beim Begriff der Komplexität(lat. complexus = Verknüpfung) um die Vielzahl potenzieller Verknüpfungsmög-lichkeiten bzw. Wahlalternativen, die durch die Vielschichtigkeit und Uneindeu-tigkeit zur Verfügung stehen.

„Nicht die Existenz vieler Merkmale allein macht die Komplexitätaus. Sind die Variablen eines Systems unverknüpft und können siesich nicht wechselseitig beeinflussen, so ist die Situation nicht kom-plex. Erst die Vernetztheit, also die zwischen den Variablen des Sys-tems existierenden Verknüpfungen, macht die gleichzeitige Beach-tung sehr vieler Merkmale notwendig und bringt es mit sich, daßman in solchen Realitätsausschnitten fast nie nur eine Sache machenkann.“ (Dörner 2003: 61)

Der Begriff Komplexität wird häufig negativ assoziiert. Dies verdeckt jedoch,dass gerade durch Komplexität Herausforderung entsteht und damit ein Min-destmaß an Komplexität die Grundlage für Lernen darstellt (Malik 1998: 137).Dies fördert die Variabilität eines Systems und damit die Möglichkeiten, sich aufsich verändernde Rahmenbedingungen einstellen zu können.

„Ein komplexerer Organismus wird wahrscheinlich eher mit unter-schiedlichen Umweltbedingungen fertig. Variation und erste Auslesesorgen wahrscheinlich nicht für eine Tendenz zu höherer Komplexi-tät, doch werden komplexere Organismen, die sich auf unterschiedli-che Umwelten einstellen können, mehrere aufeinander folgendeWellen der Auslese eher überstehen als solche Varianten, die sichlediglich an die erste Umweltveränderung besser angepaßt haben“(Calvin 1998: 284).

Page 65: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 65

Dieser Anforderung kann jedoch nicht allein durch die Ansammlung von mehrWissen begegnet werden.

Entgegen den Hoffnungen der Aufklärung ist dieser Strukturwandelauch nicht durch mehr Wissen zu lösen. Die alte Formel „mehr Wis-sen = mehr Vernunft = mehr Beherrschbarkeit der inneren und äuße-ren Natur” steht vielmehr selbst in Frage. (Bonß 2002: 127)

Es zeigt sich dabei, dass unsicheres Wissen und Nichtwissen nicht mehr alleindefizitär zu sehen sind, sondern gerade vor dem Hintergrund der zunehmendenweltweiten Verfügbarkeit von Wissen sogar auch ein Schlüssel zur Handlungs-fähigkeit sein können (vgl. Zeuch 2007). Es bedarf also Lernumgebungen, wel-che sich den Herausforderungen einer komplexen Umwelt von Individuen stellenund möglichst vielzählige Lernanforderungen bereit stellen, die ein kompetentesHandeln bei Unsicherheit und Nichtwissen ermöglichen. Ein Anknüpfungspunktist dabei die Tätigkeit, sei es in der Arbeit (vgl. Reuther 2006) oder im sozialenUmfeld (vgl. Bootz 2006). Diese bieten eine reichhaltige Umgebung zur Gestal-tung von Lernprozessen, die den skizzierten Rahmenbedingungen entsprechen.Hier können die geforderten Kompetenzen der Dynaxibility, wie beispielsweiseProblemlöseverhalten, Kommunikation, Kooperation, Vernetzung, Flexibilität,Reflexionsfähigkeit, Reduktionsweisheit (Rieckmann 1992: 19) und vieles mehreingeübt und zur Anwendung gebracht werden (Ihsen et al. 1998):

C1-05 Komplexe LernumgebungenLernumgebungen müssen komplex gestaltet sein, um vielfältigeLernanforderungen bereit zu stellen.

Die steigenden Zugänge zu Informationen erfordern vom Individuum und derOrganisation Kompetenzen zur Selektion, Ordnung und Reduktion (Knöchel1998: 105). Neuere Ansätze verweisen gerade mit Blick auf die expandierendenMöglichkeiten einer vernetzten Wissensproduktion auf die gemeinsame, zumTeil lernerunabhängige Wissensgenerierung, die gerade die Komplexität undVielfältigkeit des Wissens in die Überlegungen einbezieht (Downes 2005, Sie-mens 2006). An dieser Stelle wächst individuelles Lernmanagement (Reinmann-Rothmeier 2000) zusammen mit organisationalem Wissensmanagement (Willke2004) und Untersuchungen zur kollektiven Intelligenz (Lévy 1997, Surowiecki2005). Dies deutet darauf hin, dass die Organisation und das Team neben demIndividuum eine bedeutende Stellung auch bei der Betrachtung von individuel-lem Lernen einnimmt (Hacker 1998).

Page 66: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen66

3.3 Lernen im Prozess der Arbeit

3.3.1 Einleitung

Individuelle Handlungskompetenz kann nur in realen Arbeitszusammenhängenerworben werden. Daher gilt es dem Lernen im Prozess der Arbeit eine stärkereAufmerksamkeit zu schenken als dies bisher in der Praxis der Weiterbildung derFall war. Seit Beginn der 90er Jahre rückten arbeitsintegrierte Lernkonzepteverstärkt in den Fokus der Wissenschaft. In vielfältigen wissenschaftlichen Pra-xisprojekten wurden unterschiedlichste Formen erprobt und dokumentiert. Dietheoretische Verallgemeinerung dieser Ergebnisse hinkte dabei jedoch deutlichden erlangten praktischen Erkenntnissen hinter her. Die Komplexität der Ein-flussfaktoren auf ein Lernen im Prozess der Arbeit machen jedoch deutlich, dasses auch kaum problemlos übertragbare Konzepte geben kann. Die Heterogenitätder Ansätze kann im Rahmen der Arbeit letztendlich nicht abgebildet werden,wohl aber eine grundsätzliche Annäherung an das Thema (Kapitel 3.3.2), dieEinführung einer Begriffsdefinition für diese Arbeit (Kapitel 3.3.3), die Darstel-lung von arbeitsnahen Lernformen (Kapitel 3.3.4), als auch die Einführung vongrundlegenden Kriterien für das Lernen im Prozess der Arbeit (Kapitel 3.3.5).

3.3.2 Vom punktuellen zum lebenslangen Lernen

Die Diskussionen um eine neue Lernkultur, in der die Verknüpfung von Arbeitund Lernen eine zentrale Rolle einnimmt, haben am Ende des 20. Jahrhundertsdurch den beschleunigten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandelan neuer Dynamik gewonnen. Kern der Diskussionen ist die Erkenntnis, dass dieklassischen Formen der beruflichen Fort- und Weiterbildung den neuen Anforde-rungen betrieblicher Handlungsabläufe nicht gerecht werden (Bergmann 2004:19) und den neuen Anforderungen an einen beschleunigten Wissenserwerb nurvereinzelt standhalten konnten.

„Das führt dazu, dass in diesem Kontext die tradierte konventionellebetriebliche Weiterbildung mit ihrer Trägheit bezüglich Aktualität,Situationsangemessenheit, Flexibilität und Anwendungsbezogenheitzunehmend an Bedeutung verliert.“ (Reuther 2006: 88)

Diese Veränderungen sind eingebettet in einen historisch längeren Prozess derEntgrenzung7 des Lernens (Kirchhöfer 2001: 119). Schiersmann & Remmele(2002: 5) bezeichnen diese Veränderungen analog zum Wandel von einer funkti-

7 Der Begriff „Entgrenzung des Lernens“ betont, dass Lernen auch außerhalb definierter und institu-tionell geregelter Bildungsprozesse erfolgt. Lernen erfolgt somit auch in anderen Lebensberei-chen und ist ebenfalls unmittelbar mit der Arbeitstätigkeit verbunden.

Page 67: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 67

ons- und berufsbezogenen hin zu einer prozessorientierten Betriebs- und Ar-beitsorganisation (vgl. Baethge & Schiersmann 1998).

Dieser Wandel charakterisiert die veränderte Funktion individueller Lernprozes-se von Erwachsenen. Weiterbildung galt zuvor als eine punktuelle Aktivität, dievor allem im späteren Erwerbsverlauf in Umbruchsituationen zum Einsatz kam.Die vermehrt notwendige Anwendung tagesaktuellen Wissens im Prozess derArbeit erfordert jedoch eine permanente Aktualisierung von Wissensbeständen.Lebenslanges Lernen wird damit zur unabdingbaren Voraussetzung zum Erhaltder Beschäftigungsfähigkeit. Ein permanentes Lernen erfordert gerade mit Blickauf die Flexibilisierung weiter Lebensbereiche eine Verlagerung der Verantwor-tung für das Lernen auf das Individuum (Klein et al. 2000, Isenhardt et al.1997).

B2-01 Individuelle LernverantwortungLebenslanges Lernen erfordert individuelle Verantwortung für dasLernen.

Der mit dieser Verlagerung verknüpfte Begriff des selbstorganisierten Lernensstellt dabei keine völlig neue Form des Lernens dar, sondern war schon im Ver-lauf des 19. und 20. Jahrhundert vorwiegend in institutionellen Zusammenhän-gen präsent. Verändert haben sich jedoch die Rahmenbedingungen der Diskussi-on als auch die angewendeten Erkenntnisse der Forschung zum Thema Selbstor-ganisation.

„Was wir heute beobachten ist allerdings eine bewusstere und stärkerinstitutionalisierte strategische Ausrichtung auf Selbstorganisation inallen Formen des Lernens und des Kompetenzerwerbs. Insofern hatsich eine in der historischen Entwicklung der letzten Jahrhundertebereits angelegte Denkform und Zielrichtung konkretisiert und be-kommt Unterstützung durch gesellschaftliche Entwicklungstenden-zen ebenso wie durch wachsende Beschäftigung mit Selbstorganisa-tion in verschiedenen Wissenschaften, die Selbstorganisation explizitund theoretisch wie empirisch plausibilisiert als Operationsmoduskognitiver wie sozialer Systeme modellieren. Insofern ist nicht dasThema neu, wohl aber sind es der Kontext der Diskussion sowie diedabei verwendbaren Wissensbestände der Selbstorganisationsfor-schung.“ (Schmidt 2005: 17f)

Die Fokussierung auf die Selbstorganisation des Lernenden erfordert von denBetrieben die Änderung ihrer bisherigen Personalentwicklungsstrategien und derpraktizierten Weiterbildungsbedarfsplanung (Schiersmann & Remmele 2002: 5).Die neuen Gestaltungsansätze richten sich dabei auf die Integration des Lernen

Page 68: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen68

in den Prozess der Arbeit (Reuther 2006: 88) zur Schaffung bzw. zum Erhalt vonHandlungskompetenz (Kapitel 2.3.2), welche durch klassische institutionalisierteWeiterbildung nicht erworben werden kann (Bergmann 2004: 19).

B2-02 Selbstorganisiertes LernenSelbstorganisiertes Lernen muss in den Prozess der Arbeit integriertwerden.

3.3.3 Der Begriff „Lernen im Prozess der Arbeit“

Lernen im Prozess der Arbeit besitzt eine lange Tradition. Die Handwerksausbil-dung war zunächst stark geprägt von einer Lebens- und Arbeitsbeziehung, diedurch ein kaum systematisiertes Imitatio-Prinzip geprägt war. Daneben traten imMittelalter erste didaktische Ansätze in Form von in Gedichte oder Sprüchegefassten Regeln oder schriftlichen Anleitungen auf. Heute ist die Debatte starkmit der Frage der Entwicklung von Handlungskompetenz verknüpft (Kapitel2.3.2). Die Diskussion ist von einer Begriffsvielfalt geprägt, die häufig Unter-scheidungen nur nuanciert. Kirchhöfer (2004) hat, auf verschiedenen Definition-sansätzen basierend, im Forschungsprogramm „Lernkultur Kompetenzentwick-lung“ des BMBF eine Begriffsverdichtung zu „Lernen im Prozess der Arbeit“vorgenommen:

„Lernen im Prozess der Arbeit bezeichnet ein arbeitsbegleitendesLernen, das durch arbeitsnahe Kontexte und lernförderliche Arbeits-formen zu einer tätigkeitsbezogenen Erweiterung, Neustrukturierungoder Löschung vorhandener Kompetenzen eines individuellen oderkollektiven Subjekts in der Erwerbsarbeit führt.“ (Kirchhöfer 2004:76)

Die Verwendung des Begriffs „Lernen im Prozess der Arbeit“ bringt nachKirchhöfer einige Vor- als auch einige Nachteile. So wird der Begriff Arbeit indiesem Zusammenhang als Erwerbsarbeit verstanden, welche in betrieblichenStrukturen erfolgt und blendet dabei Arbeitstätigkeiten im sozialen Umfeld aus.Darüber hinaus fokussiert der Begriff jedoch nicht auf einen spezifischen Ort,sondern umfasst auch gegenwärtige Entgrenzungen, wie beispielsweise denmobilen Arbeitsplatz. Der gewählte Begriff ist grundsätzlich offen für alle Lern-formen und impliziert nicht allein innovative, sondern auch traditionelle Lern-formen:

C2-06 LernformvariabilitätLernanforderungen sind weder allein durch spontanes arbeitsbeglei-tendes Lernen noch durch institutionalisierte Weiterbildung zu be-

Page 69: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 69

wältigen. Lernen im Prozess der Arbeit ist offen für traditionellewie für innovative Lernformen.

Die Hauptform des Lernens im Prozess der Arbeit ist das Erfahrungslernen (Ka-pitel 1). Die Erfahrungen müssen nicht zwingend innerhalb formaler betriebli-cher Arbeitsstrukturen sondern können auch informell oder beiläufig erworbenworden sein. Erst die auf den Arbeitsprozess gerichtete Reflexion macht dieErfahrung zum Gegenstand des individuellen Lernens für den Arbeitsplatz. Obdies selbstgesteuert oder fremdgesteuert innerhalb des Arbeitsprozesses erfolgt,oder extern organisiert wird, ist hiermit nicht fest gelegt. Der Begriff ist damitoffen für den Facettenreichtum von Lernprozessen, wird damit aber auch un-scharf an den Stellen, wo institutionelle Formen direkt an den Arbeitsprozessgebunden werden:

B1-02 ErfahrungErfahrungen bilden den Grundstein für das Lernen im Prozess derArbeit.

B2-03 Prozedurale ReflexivitätDie auf den Arbeitsprozess gerichtete Reflexion macht Erfahrungenzum Gegenstand des Lernens.

3.3.4 Arbeitsnahe Lernformen

Lernen im Prozess der Arbeit lässt sich über die praktisch zum Einsatz kommen-den Lernformen am treffendsten charakterisieren. Kirchhöfer (2004: 82) definiertLernform als „Momente des Lernprozesses“, die durch verschiedene Dimensio-nen beschrieben werden können. Jäckel et al. (2005) haben die Erfahrungen ausverschiedenen Praxisprojekten zusammen getragen und hieraus Dimensionenvon Lernformen herausgearbeitet, mithilfe derer die unterschiedlichen zur An-wendung kommenden Formen des Lernens charakterisiert werden können(Tabelle 4).

Zur Erfassung und Systematisierung der ermittelten Lernformen im Arbeitskon-text können nur schwer alle die in Tabelle 4 verwendeten Dimensionen verwen-det werden. Das Autorenteam um Jäckel (Jäckel et al. 2005) reduziert die Di-mensionen daher auf die aus ihrer Sicht zur Charakterisierung des Lernens imProzess der Arbeit maßgeblichen. Auf der einen Seite ist dies der „Arbeitsbezugdes Lernens“, welcher die Dimension Lernort indirekt einschließt, jedoch nichtallein auf ein Lernen im Unternehmen gerichtet ist und damit mobile Arbeits-formen mit umfasst. Unterschieden wird hier− das arbeitsimmanente Lernen -

Page 70: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen70

− Lerninhalt und Arbeitsinhalt sind identisch. Innerhalb realer Arbeitsvollzügewerden Lernfortschritte erzielt,

− das arbeitsgebundene Lernen -− Lerninhalte sind durch den Prozess der Arbeit determiniert. Der Lern- und

Arbeitsprozess sind jedoch voneinander getrennt, und− das arbeitsbezogene Lernen -− Lerninhalte stehen nicht in einem direkten Bezug zur Tätigkeit, sind jedoch

im Umfeld verankert. (Jäckel et al. 2005: 8)

Dimension beschrieben als

Arbeitsbezug arbeitsbezogen – arbeitsgebunden – arbeitsimmanent

Lernorte im Betrieb – außerhalb des Betriebs

Lerngestaltung individuelles Lernen – angeleitetes Lernen – kooperativesLernen

Formalisierungsgrad des Lernens formelles Lernen – informelles Lernen

Organisationsform des Lernens selbstorganisiert – fremdorganisiert

Methoden und Instrumente desLernens

organisationsorientiert – personenorientiert – doku-mentenorientiert – technologieorientiert

Bewusstheit des Lernens intendiert – zufällig/beiläu g

Zielgruppe Individuum – Team/Gruppe – Organisation

Anzahl der am Lernprozess Beteilig-ten

einer – zwei – mehrere

Transfer des Wissens kein Wissenstransfer – Wissenstransfer von einem zumanderen – Wissenstransfer gleichberechtigt zwischen zweienoder mehreren

Tabelle 4: Dimensionen von Lernformen (Jäckel et al. 2005: 7)

Neben Sortierungen nach Lernorten (z.B. Conradi 1985) oder der schlicht gehal-tenen Strukturierung von Lernmethoden (European Commission 2002) findetman eine weitere genauere Einteilung der Lehr-/Lernmethoden hinsichtlich derLernorte in den Studien der Deutschen Wirtschaft aus den Jahren 1998 und 2001.An diesen Befragungen nahmen ca. 1000 Unternehmen aus Deutschland teil. DasInstitut der deutschen Wirtschaft unterscheidet heute− Lernen in der Arbeitssituation,− interne Lehrveranstaltungen,− externe Lehrveranstaltungen,− selbstgesteuertes Lernen durch Medien,− Informationsveranstaltungen und− Umschulungsmaßnahmen (Weiß 2000 und 2003).

Page 71: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 71

In den Studien des Instituts der deutschen Wirtschaft werden darüber hinauszahlreiche Nennungen von Lernmethoden gemacht. Hier wurden beispielsweiseUnterweisungen bzw. Schulungen am Arbeitsplatz, Workshops/ Qualitätszirkel/Lernstatt, Job-Rotation, Seminare, Fachvorträge- und Messen, Erfahrungsaus-tauschkreise, Fachtagungen und Kongresse, Lektüre von Fachzeitschriften und –büchern sowie die Arbeit mit Selbstlernmaterialien und Fernunterricht unter-schieden (Weiß 1997, 2000, 2003). Die Lehr-/ Lernmethoden können den vorge-stellten drei Arbeitsbezügen des Lernens zugeordnet werden (Tabelle 5). DieseSystematik wurde auch der in Kapitel 1 vorgestellten Untersuchung zu Grundegelegt.

3.3.5 Kriterien lern- und kompetenzförderlicher Arbeit

Vielfach wird davon ausgegangen, dass Lernen im Prozess der Arbeit ein Selbst-läufer ist und sich Kompetenzentwicklung in dem angestrebten Niveau ohneweiteres Zutun einstellen wird. Auch ohne planerischen und organisatorischenAufwand wird tatsächlich etwas gelernt – nicht aber zwingend effektiv und ziel-gerichtet.

„Ohne didaktischen und organisatorischen Aufwand ist aber auchdas Lernen im Arbeitsprozess nicht zu realisieren: In vielen Unter-nehmen wird zwar darauf gesetzt, dass sich Lernen bei der Arbeitstä-tigkeit en passant einstellt. Erfahrungslernen resultiert in der Tatauch ohne pädagogische Interventionen aus vielen Arbeitstätigkeiten– abgestuft nach deren Lernhaltigkeit. Eine automatische Qualifizie-rungswirkung von Arbeitstätigkeiten mag ein betriebliches Ideal sein– es sind ihr allerdings enge Grenzen gesetzt.“ (Severing 2001)

Erst die Implementierung von reflexiven Elementen in die Arbeitsprozesse kanndas Lernen intentional und nachhaltig befördern.

„Eine neue Qualität erhält das Lernen in der Arbeit, wenn der Ar-beitsprozess reflexiv auch als Erkenntnisprozess fremd- oder selbst-gesteuert organisiert wird und zu einem intentional gewollten undbeabsichtigten Lernprozess wird.“ (Kirchhöfer 2004: 77)

B1-03 ReflexionReflexion befördert das Lernen intentional und nachhaltig.

Zur Gestaltung lernförderlicher Arbeit in der Berufsbildung und betrieblichenWeiterbildung schlagen Dehnbostel und Elsholz (Dehnbostel & Elsholz 2007,Dehnbostel 2007) sieben Kriterien vor, die sie auf die Ergebnisse verschiedenerStudien stützen (u.a. Franke & Kleinschmitt 1987, Bergmann 1996, Sonntag

Page 72: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen72

1996, Franke 1999) und das Ziel des Erwerbs der beruflichen Handlungskompe-tenz und reflexiven Handlungsfähigkeit verfolgen:

Arbeitsbezug desLernens

Lernform

arbeitsimmanent 1. Einarbeitung / Unterweisung,2. Schulung am Arbeitsplatz3. Job-rotation (z.B. Übernahme von wechselnden

Aufgaben zur Erweiterung der beruflichen Fä-higkeiten)

arbeitsgebunden 4. internes Seminar (geleiteter Lehrgang im Un-ternehmen zur Erarbeitung bestimmter Inhalte),

5. Qualitäts-/ Lernzirkel (Gruppe, welche Themaoder Problemstellung selbständig bearbeitet),

6. individuelle Betreuung (z.B. Beratung, Supervi-sion, Coaching bzgl. Entwicklungsmöglichkei-ten)

7. Lektüre (z.B. Sachbücher, Fachzeitschriften,Online-Artikel)

8. Austausch mit Firmen (z.B. organisierte Netz-werke oder Expertengruppen zum Wissensaus-tausch zwischen Firmen)

arbeitsbezogen 9. Fernstudium (z.B. Studium an einer Online-/oder Fernuniversität)

10. externes Seminar (z.B. Workshop außerhalb desUnternehmens zur Erarbeitung bestimmter In-halte)

11. Teilnahme an Fachtreffen (z.B. Kongresse,Konferenzen, Symposien, Fachtagungen etc.)

12. Teilnahme an Fachvortrag (z.B. externe Präsen-tationen über fachliche Inhalte)

13. Virtueller Austausch (z.B. Chatrooms, virtuellePlattformen)

14. Selbstlernprogramm (z.B. E-learning Pro-gramm, audio und/ oder visuelle Lernprogram-me)

Tabelle 5: Zuordnung von Lernformen zu Lernorten

Page 73: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 73

1. Vollständige Handlung/Projektorientierung:Aufgaben mit möglichst vielen vernetzten Einzelhandlungen soll ein ganz-heitliches Arbeitshandeln ermöglichen, welches durch Rückkopplungs-schleifen optimiert werden kann.

2. Handlungsspielraum:Die Einrichtung von weitgehenden Freiheits- und Entscheidungsgraden er-möglichen das kompetente selbstgesteuerte Handeln von Mitarbeitenden.

3. Problem-, Komplexitätserfahrung:Die Vielschichtigkeit der vollständigen Handlung mit weitgehendem Hand-lungsspielraum fördert komplexes Denken und die Problemlösekompetenz.

4. Soziale Unterstützung/Kollektivität:Kommunikation ist ein wesentliches Element des Lernens im Prozess derArbeit. Individuelles Lernen wird hierdurch zu einem kollektiven Vorgang.

5. Individuelle Entwicklung:Der Selbststeuerung kommt ein hoher Stellenwert zu. Arbeitsaufgaben sol-len an dem individuellen Entwicklungsstand ausgerichtet werden und indi-viduelle Arbeitsweisen ermöglichen.

6. Entwicklung von Professionalität:Im Verlauf der Expertiseentwicklung soll die Professionalität durch die Ver-besserung der Handlungsfähigkeit gesteigert werden.

7. Reflexivität:Es soll strukturelle Reflexivität und Selbstreflexivität der Tätigen gefördertwerden, indem die Rahmenbedingungen der Arbeit als auch das eigeneHandeln kritisch analysiert werden.

Die benannten Kriterien umreißen ein Lernen im Prozess der Arbeit. Sie weisenjedoch auch auf die Notwendigkeit spezifischer Lösungen hin. Dehnbostel(2007: 69) zeigt, dass die Lern- und Kompetenzförderlichkeit der Arbeit nichtallein objektiven Kriterien unterliegt, sondern maßgeblich von den personensei-tigen Dispositionen beeinflusst ist. Damit ist das Kriterium der individuellenEntwicklung aus seiner Sicht als ein Meta-Kriterium zu betrachten, welchesinsbesondere auch von Führungskräften in den Fokus genommen werden muss:

C1-06 Ganzheitliches ArbeitshandelnGanzheitliches Arbeitshandeln muss ermöglicht werden.

Page 74: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen74

B3-01 Kollektives LernenGemeinsames Lernen ist ein wesentlicher Bestandteil des Lernensaus Erfahrung.

D1-06 Individueller EntwicklungsstandArbeitsaufgaben sollen an dem individuellen Entwicklungsstandausgerichtet werden.

B2-04 Strukturelle ReflexivitätDurch die Analyse der Rahmenbedingungen der Arbeit und des ei-genen Handelns wird die strukturelle Reflexivität und Selbstrefle-xivität gefördert.

3.3.6 Zusammenfassung

Die Übersicht der betrieblichen Lernformen zeigt deutlich, dass mit der be-schriebenen Definition des Lernens im Prozess der Arbeit nach Kirchhöfer (Ka-pitel 3.3.3) arbeitsbegleitendes Lernen sowohl arbeitsimmanentes als auch ar-beitsgebundenes Lernen umfasst. Je nach Gestaltung des Rückflusses des Infor-mations- und Erkenntnisgewinns des Einzelnen können auch arbeitsbezogeneMaßnahmen direkt auf die Arbeitsprozesse Einfluss haben und somit als ergän-zender Baustein eines arbeitsbegleitenden Lernens hinzugezogen werden. DieKriterien einer lernförderlichen Arbeit in der Berufsbildung und betrieblichenWeiterbildung zeigen darüber hinaus, dass für das Lernen im Prozess der Arbeitzwar Gestaltungskriterien formuliert werden können, dass jedoch die spezifischeAusrichtung sowohl personenabhängig als auch organisationsspezifisch zu ge-stalten ist.

3.4 Lernen aus Erfahrung

3.4.1 Einleitung

Im Kapitel 3.3 wurde bereits deutlich, dass Erfahrung der Ausgangspunkt desLernens im Prozess der Arbeit ist. Hierbei haben Konzepte des erfahrungsorien-tierten Lernens in den letzten Jahren eine bedeutende Stellung in der Erwachse-nen- und Weiterbildung bekommen, da Erwachsenenbildung stärker auf denLerner hin ausgerichtet wurde und die Arbeit als Lernort stärker im Fokus stand(Jarvis 2004: 90). Gerade mit Blick auf die Förderung des Transfers von Lernin-halten in die tägliche Arbeit bekommt erfahrungsorientiertes Lernen eine stärke-re Bedeutung. Das Aufgreifen individueller Voraussetzungen in der Lernsituati-on und die Verknüpfung von Theorie und Praxis ermöglichen ein stärker tätig-keitsbezogenes Lernen, welches den Transfer in den Arbeitsalltag erleichtert.

Page 75: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 75

Boud & Miller (1996: 9f) fassen die Grundaussagen des Lernens aus Erfahrungin fünf Punkten zusammen:− Experience is the foundation of, and stimulus for, learning,− Learners actively construct their own experience,− Learning is holistic,− Learning is socially and culturally constructed,− Learning is influenced by the socio-emotional context in which it occurs.

Es zeigt sich mit dieser Beschreibung, dass ein ganzheitlicher Ansatz des Ler-nens formuliert wird, der zwar Erfahrung als Ausgangspunkt des Lernens postu-liert, doch sich nicht in dieser Feststellung erschöpft. Im Folgenden werden nacheiner Definition des Begriffs Erfahrung (Kapitel 3.4.2) die beiden populärstenModelle erfahrungsorientierten Lernens näher vorgestellt. Zum einen DavidKolb, der als einer der ersten Erkenntnisse zum erfahrungsorientierten Lernenzusammen getragen und hieraus einen vierschritttigen Lernzyklus gebildet hat.Zum anderen Peter Jarvis, der den Zyklus erweitert und Lernprozesse dabei inStufen graduell unterschiedlicher Bewusstheit unterteilt hat (Kapitel 3.4.3). Be-sondere Aufmerksamkeit liegt beim erfahrungsorientierten Lernen auf der Über-führung von Praxiserleben in Handlungsmodelle über Reflexion. Dieser Prozesswird abschließend noch einmal separat betrachtet (Kapitel 0).

3.4.2 Erfahrung

Der Begriff der Erfahrung ist in der philosophischen Tradition recht unterschied-lich interpretiert worden und wird von Oakeshott (1933) als einer der schwierigs-ten Begriffe bezeichnet. Ihm Zufolge sind Erfahrungen subjektiv geprägte Ge-danken, deren Bildung durch soziale und kulturelle Bedingungen beeinflusstsind. Er unterscheidet zwei Phasen im Erfahrungsprozess. Einerseits die direkteBegegnung in der entsprechenden Situation und andererseits die Modifikationdieser Erfahrung durch vorhergehende Erfahrungen.

„’Experience’ stands for the concrete whole which analysis dividesinto ‘experiencing’ and ‘what is experienced’. Experiencing andwhat is experienced are, taken separately, meaningless abstractions;they cannot, in fact, be separated. (…) And the view I propose tomaintain is that experience is a single whole, within which modifica-tions may be distinguished, but which admits of no final or absolutedivision; and that experience everywhere, not merely is inseparablefrom thought, but is itself a form of thought.” (Oakeshott 1933: 9f)

Einzelne Erfahrungen sind eingebunden in die Gesamtheit der Erfahrungen überdie Zeit. Damit ist Erfahrung ein lebenslanges Phänomen, welches durch dieEinheit von episodischen Einzelerfahrungen gebildet wird. In jeder neuen Situa-

Page 76: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen76

tion bringen Personen damit ihre Erinnerung an vorhergehende Interpretationenvon Erfahrungen ein, die jedoch nicht allein kognitiver Natur sind, wie esOakeshott betrachtet, sondern ebenso von Emotionen geprägt sind (Jarvis2004:96). Die kulturelle Verankerung der Beobachtung beschreibt Dewey inseinem 1925 erschienen Buch „Experience and Nature“:

“Experience is already overlaid and saturated with the products ofthe reflection of past generations and by-gone ages. It is called withinterpretations, classifications, due to sophisticated thought, whichhave become incorporated into what seems to be fresh naïve empiri-cal material. It would take more wisdom than is possessed by thewisest historical scholar to track all of these absorbed borrowings totheir original sources.” (Dewey 1958: 37)

Erfahrungen können darüber hinaus in Primärerfahrungen und Sekundärerfah-rungen unterschieden werden. Primärerfahrungen charakterisieren eigene Erleb-nisse aus denen durch Reflexion subjektive Erkenntnisse gewonnen werdenkönnen. Im Gegensatz dazu bezeichnen Sekundärerfahrungen Berichte andererPersonen sowie über deren Erlebnisse und Schlussfolgerungen.

3.4.3 Modelle erfahrungsorientierten Lernens

Einer der bekanntesten Entwickler einer erfahrungsorientierten Lerntheorie istDavid A. Kolb, der zu Beginn der siebziger Jahre, auf Grundlage von Theoreti-kern wie Lewin und Dewey, sein Modell erfahrungsorientierten Lernens einführ-te. Im Zentrum steht der erfahrungsorientierte Lernzyklus, der aus vier abwech-selnden kognitiven und aktiven Phasen besteht. Der erste Schritt beschreibt prak-tische Erfahrungen, die man in konkreten Situationen erleben kann. Diese Erfah-rungen können Bestandteil von Beobachtung und Reflexion werden, welche eserlauben die Erfahrungen in abstrakte konzeptionelle Modelle und Generalisie-rungen ein zu fügen. Diese internen Modelle lenken neue beabsichtigte Hand-lungen, die wieder herum zu neuen Erfahrungen führen (Abbildung 11). Dabeiist es aus Sicht Kolbs gleich an welcher Stelle der Zyklus begonnen wird.

Die Anordnung als Zyklus erlaubt den Einstieg in das Modell an je-der beliebigen Stelle. Dies erlaubt, dass man auch mit theoretischenKonzepten in das Modell einsteigen kann und diese dann in prakti-sche Erfahrungen in den nächsten Schritten überführt (Jarvis 1987:18).

In der aktuellen Beschreibung der Erfahrungsorientierten Lerntheorie (ELT)integrieren Kolb & Kolb (2009), basierend auf den Beschreibungen von Kolb ausdem Jahr 1984, sechs grundlegende Basisannahmen, die von den verschiedenen

Page 77: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 77

Wissenschaftsrichtungen auf denen sich der theoretische Ansatz begründet, ge-teilt werden:− Learning is best conceived as a process, not in terms of outcomes.− All learning is re-learning.− Learning requires the resolution of conflicts between dialectically opposed

modes of adaptation to the world.− Learning is a holistic process of adaptation.− Learning results from synergetic transactions between the person and the

environment.− Learning is the process of creating knowledge. (Kolb & Kolb 2009: 43ff)

Abbildung 11: The Lewinian Experiential Learning Model (Kolb 1974: 28)

Diese Basisannahmen zeigen deutlich, dass Lernen als ein Prozess gesehen wird,der kontinuierlich Wissen erzeugt und qualifiziert. Treiber des Lernens sindUnstimmigkeiten, Konflikte und Probleme, die durch die Gegensätzlichkeit vonReflexion und Handlung sowie von Emotion und Kognition entstehen. Lernen istdamit als ganzheitlicher Prozess beschrieben, der die gesamte Person umfasstund auch auf den Ebenen der Gruppe, der Organisation sowie der gesamten Ge-sellschaft stattfindet.

Testing Implicationsof concepts in new

situations

Formation of abstractconcepts andgeneralizations

Observations andreflections

ConcreteExperience

Page 78: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen78

“ELT is a dynamic view of learning based on a learning cycle drivenby the resolution of the dual dialectics of action/reflection and ex-perience/abstraction. It is a holistic theory that defines learning as themajor process of human adaptation involving the whole person. Assuch, ELT is applicable not only in the formal education classroombut in all areas of life. The process of learning from experience isubiquitous, present in human activity everywhere all the time. Theholistic nature of the learning process means that it operates at alllevels of human society from the individual, to the group, to organi-zations and to society as a whole.” (Kolb & Kolb 2009: 43)

Dies zeigt, dass Lernen kaum ohne berufliche Herausforderungen erfolgen kann.Stark strukturierte und monotone Tätigkeiten bieten kaum eine Fülle an Mög-lichkeiten für das Lernen. Dabei ist es gleich wo diese Herausforderungen demLernenden begegnen. Prinzipiell sind alle Handlungsebenen zugleich auch Lern-ebenen:

B1-04 Unstimmigkeiten, Konflikte, ProblemeLernen ist ein ganzheitlicher Prozess, der durch Unstimmigkeiten,Konflikte und Probleme angeregt wird.

B1-05 LernebenenLernen erfolgt auf der Ebene des Individuums, der Gruppe, der Or-ganisation und der Gesellschaft.

Lernen resultiert aus dem Zusammenspiel der Person mit seiner Umwelt undzeigt sich in den Entscheidungen, die wiederum weitere Entscheidungsprozessedeterminieren. Wissen wird dabei durch die Transformation von Erfahrung kon-tinuierlich erzeugt und ist damit keine transferierbare unabhängige Entität, son-dern ein Prozess, in dem Wissen subjektiv immer wieder neu erschaffen wird.

“Learning is the process whereby knowledge is created through thetransformation of experience. This definition emphasizes severalcritical aspects of learning process as viewed from the experientialperspective. First is the emphasis on the process of adaption andlearning as opposed to content and outcome’s. Second is that knowl-edge is a transformation process, being continuously created and rec-reated, not an independent entity to be acquired or transmitted.Third, learning transforms experience in both its objective and sub-jective forms. Finally, to understand learning, we must understandthe nature of knowledge, and vice versa.” (Kolb 1984: 38)

Page 79: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 79

B2-05 Kontinuierliche Transformation von ErfahrungWissen wird durch die Transformation von Erfahrung kontinuier-lich neu erzeugt. Wissen ist somit keine unabhängige undtransferierbare Entität, sondern ein sich kontinuierlich erneuernderProzess.

Durch die Verankerung von Methoden des Wissenserwerbs und die damit ver-knüpften Formen des Wissens kann also der Zyklus erweitert werden. Wissenwird in der praktischen Erfahrung durch das gedankliche Zusammenfassen derWahrnehmungen in einer empirischen Anschauung realisiert (Apprehension),während dies auf der Seite der abstrakten Konzeptionalisierung über das Ver-ständnis geschieht, indem aus einer empirischen Anschauung ein abstrakter Be-griff geformt wird (Komprehension). Transformation vollzieht sich einerseitsdurch die reflektierende Beobachtung der Bedeutung bzw. des Sinns von einzel-nen Merkmalen (Intension) und auf der anderen Seite durch die Transformationin die allgemeine Bedeutung als Grundlage neuer Handlungen (Extension). WirdErfahrung durch Apprehension gesammelt und durch Intension transformiert, sonennt Kolb das entstehende Wissen „Divergent Knowledge“, bei der Transfor-mation durch Extension „Accomodative Knowledge“. Wissen, welches durch dieKomprehension von Erfahrung und Intention transformiert wird bezeichnet er als„Assimilative Knowledge“, bei Transformation durch Extension „ConvergentKnowledge“.

B1-06 Induktion und DeduktionTransformation erfolgt erfahrungsreflektierend durch Induktion undhandlungsgenerierend durch Deduktion.

Zur Gestaltung von effektiven Lernprozessen muss der Lernende vier verschie-dene Fähigkeiten realisieren: die Fähigkeit zur praktischen Erfahrung, die Fähig-keiten zur reflektierenden Beobachtung, die Fähigkeiten zur theoretischen Kon-zeptbildung und die Fähigkeit intendierte Handlungen zu verwirklichen (Kolb1974:28).

Kolbs Experiential Learning Cycle ist vielfach kritisiert worden (vgl. Kayes2002, Miettinen 2000, Vince 1998, Tennant 1997, Jarvis 1987, Boud et al 1985)Nichts desto trotz zeigt sich, dass der Erfolg des Modells seine Praktikabilität imAlltag von Andragogen, bei aller Kritik, die das Modell auf den Plan ruft, be-weist (Tennant 1997: 92; Vince 1998: 306). Dies betonen selbst scharfe Kritikerwie beispielsweise Miettinen:

Page 80: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen80

“Perhaps the idea of experiential learning forms an attractivepackage for adult educators. It combines spontaneity, feeling, anddeep individual insights with the possibilityof rational thought andreflection. It maintains the humanistic belief in every individual’scapacity to grow and learn, so important for the concept of life longlearning. It comprises a positive ideology that is evidently importantfor adult education.” (Miettinen 2000: 70f)

Eine bedeutende Erweiterung des erfahrungsorientierten Lernens führt PeterJarvis ein. Bei seiner Arbeit mit Erwachsenen fiel ihm immer wieder auf, dassder Lernzyklus von Kolb nicht in jeder Situation anwendbar war. Er unternahmdaher in mehreren Workshops den Versuch, die unterschiedlichen Lernprozessevon Erwachsenen zu erfassen. Er identifizierte insgesamt zehn verschiedeneWege des Lernens, die er in die Oberkategorien Nicht-Lernen, beiläufiges Ler-nen, nicht-reflektiertes-Lernen und reflektiertes Lernen unterteilt (Jarvis 1987,Jarvis et al. 2003; Tabelle 6).

Category of response to experi-ence

Type of learning/ non-learning

Non-learning − Presumption

Non- learning or incidental selflearning

− Non-consideration− Rejection

Incidental learning − Preconscious knowledge learning− Preconscious skill learning

Non-reflective learning − Basic skill learning− Memorization

Reflective Learning − Contemplation− Reflective cognitive learning− Action/Practice learning

Tabelle 6: A typology of learning (Jarvis et al. 2003: 60, Jarvis 2004: 108f)

Jarvis verdeutlicht in seinen Untersuchungen die Bedeutung der verschiedenenStufen der Bewusstheit von Lernprozessen. Zielgerichtete Veränderung erfordertBewusstheit für den Lernprozess, indem dieser reflektiv begleitet wird. Ohnediese Aufmerksamkeitsfokussierung wird zwar gelernt, doch ist dieses Lernennicht auf eine nachhaltige Verbesserung gerichtet, sondern auf eine kurzfristigeBewältigung der Situation.

Page 81: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 81

B1-07 Zielrichtung des LernensNicht jede Erfahrung führt zu nachhaltigem Lernen.

In seiner Trilogie „Lifelong Learning and the Learning Society“ (Jarvis 2008;2007, 2006). Betont Jarvis die Einheit von Erfahrung, Reflexion, Emotion undHandlung als holistischen Lernprozess. Lernen wird definiert

„(…) as the combination of processes whereby the whole person –body (genetic, physical and biological) and mind (knowledge, skills,attitudes, values, emotions, beliefs and senses): experiences a socialsituation, the perceived content of which is then transformed cogni-tively, emotively or practically (or through any combination) and in-tegrated into the person’s individual biography resulting in achanged (or more experienced) person.“ (Jarvis 2006: 13)

Kern seiner Betrachtung ist nun die Transformation durch kognitive, emotionaleund praktische Auseinandersetzung mit der Umwelt. Ausgangspunkt von Lern-prozessen ist der Bruch (disjuncture) zwischen Anforderung und Können desIndividuums, d.h, dass das biographisch erworbene Repertoire an Handlungs-formen nicht hinreichend ist um eine Situation automatisch zu bewerkstelligenund „Unbehagen“ eintritt (Abbildung 12). Eine episodische Erfahrung (2), alsTeil der Lebenserfahrung einer ganzen Person (1), wird durch einen Bruch zumLerngegenstand.

“Since the person is at the heart of learning processes, it is necessaryto recognise that persons are both mind and body, and that experi-ences do not occur only in the cognitive dimension but also in thephysical and emotional ones. Experience, itself occurs at the inter-section of the person and the natural or social world and it occurswhen individuals cannot take their lifeworld for granted and need toask questions about their situation (…).” (Jarvis 2008: 6f)

Dieser wird durch Emotionen (feeling as a way of learning) (4), Reflexion bzw.Nachdenken (thinking as a way of learning) (3) sowie aktiver Handlung (doingas a way of learning) (5) transformiert (6). Sollte keine Lösung erreicht wordensein, so kann die betreffende Person den Bruch ignorieren, im Bewusstsein ha-ben oder lösen indem der Zyklus von vorne begonnen wird. Der Transformati-onsprozess führt immer zu einer veränderten Person (7), egal ob diese für dieAusgangssituation eine Lösung gefunden hat oder nicht. Erst wenn der Lernpro-zess zu der „richtigen“ Lösung, also einer sozial akzeptierten und zur Überwin-dung der Brüche erfolgreichen Lösung geführt hat, erfolgt eine Verankerung in

Page 82: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen82

die Routinen, so dass sie als Gegeben vorausgesetzt werden kann (Jarvis 2008:5ff):

B1-08 Die Transformation von Lerngegenständen erfolgt durch den Ein-satz von Emotionen, Reflexion und aktiver Handlung.

Abbildung 12: The transformation of the person through learning(Jarvis 2008: 6)

Thewholeperson -

body/mind/selflife-history (11)

Life world

Experiencesoccuring as aresult of

discuncture (2)

Thought/Reflection (3)

Emotion (4) Action (5)

Person learns – resolvesdisjuncture/ gives meaning/ newmeaning to experience/ newknowlege/ emotions/ skills, etcor fails to resolve and lives with

disjuncture (6)

Theperson in the world(body/mind/self) changed.

Thechanges memorised. Personmore experienced (7)

Thechangedwholeperson -body/mind/selflife history (12)

The life-world

Time

(next learning cycle)

Page 83: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 83

3.4.4 Reflexion

In den bisherigen Ausführungen wurde deutlich, dass die Transformation vonErfahrung zu Wissen eine bedeutende Rolle beim Lernen spielt und aus diesemGrunde stärker in den Mittelpunkt des Interesses rückt. In der Philosophie wirdunter dem Begriff Reflexion die „Rückwendung des Subjekts vom wahrgenom-menen Gegenstand auf seine eigenen Wahrnehmungs- und Denkakte“ (MeyersLexikon Online) verstanden. Aber Reflexion besteht nicht allein in einer Rück-schau, sondern auch den Blick nach vorn.

“In our view, the key to understanding learning at work lies in therelationship between the concepts of reflection and context. Reflec-tive learning does not involve just the learning of existing mattersand activities; it also involves the production of new knowledge.”(Järvinen & Poikela 2001: 287)

Bei David Kolb ist die Reflexion ein wesentliches Element seines Lernzyklus(Kapitel 3.4.3). Wie Freire (1990) konstatiert er dabei die Dialektik von Hand-lung und Reflexion. Wie oben bereits gezeigt, vollzieht sich Transformation beiKolb durch Intension und Extension sowie Apprehension und Komprehension.Wissen wird also erzeugt durch die aktive Handlung in der Welt und die interneAufarbeitung dieser Erfahrungen. Ansonsten bleiben seine Ausführungen hin-sichtlich der Reflexion jedoch recht schmal.

John Dewey beschreibt reflexives Denken als „an active, persistent and carefulconsideration of any belief or supposed form of knowledge in the light of thegrounds that supports it and the further conclusions to which it tends” (Dewey1933: 9). Nicht allein das Durchdenken von Vermutungen und Überzeugungen,sondern auch die Beurteilung der dahinterliegenden Begründungen (grounds) istfür ihn Bestandteil des Reflexionsprozesses. Es geht im Kern also um die Ver-lässlichkeit bzw. die Validität der reflektierend betrachteten Überzeugung. De-wey konstatiert das eine vernunftmäßige Unterhaltung zweier Menschen aufGrundlage der gemeinsamen Erfahrung basiert, auf die sie sich unbewusst bezie-hen können. Erst in dem Moment, wo beide fest stellen, das ihnen ein gemein-sames Verständnis fehlt müssen sie die impliziten Annahmen explizieren

Paulo Freire beschreibt in seinem Buch „Pädagogik der Unterdrückten“ Refle-xion als einen Prozess des Dialogs. Reflexion erlaubt dem Menschen seinerSituation bewusst zu werden, was die Grundvoraussetzung ist, um subjektivagieren zu können. Reflexion ermöglicht dem Individuum damit, in unterschied-lichen Weisen auf eine Situation reagieren zu können. In der realisierten Hand-lung zeigt sich sowohl Aktion als auch Reflexion. „Reflexion auf die Welt undAktion an der Welt“ (Freire 1990: 38). Löst man die Einheit von Aktion und

Page 84: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen84

Reflexion auf, dann führt Reflexion ohne Aktion zu Verbalismus; und umgekehrtreine Aktion ohne Reflexion zu purem Aktionismus. Dialog, der ein gemeinsa-mes Suchen von Lösungen ermöglicht, wird dadurch verhindert.

David Boud, Rosemary Keogh and David Walker entwickelten ein Modell inwelchem Reflexion als eine Reaktion auf Erfahrung definiert wird und bei demauch die Dialektik von Handlung und Reflexion im Mittelpunkt steht (Boud et.Al 1993, Boud & Miller 1996:9f, Andresen et al. 1996). Sie erweitern ihr Modelljedoch um den Fokus der Emotion und beschreiben damit Reflexion als einenholistischen Prozess, der die gesamte Person mit seinen Gefühlen, Gedanken undSchlussfolgerungen während und in der Folge einer Handlung einbezieht. Dabeiist es gleich, ob der Reflexionsprozess von der Person selber durch Nachdenkenoder durch eine externe Situation angestoßen wurde (Boud et al. 1985: 18). Sieentwickeln ein dreistufiges Modell der Reflexion (Boud et al 1985: 26ff, Boud &Knights 1996), welches sich aus den Schritten− returning to the experience,− attending to feelings connected with the experience und− reevaluating the experience through recognising implications and outcomes− zusammensetzt.

Lernen erfolgt hier durch die Interaktion des Menschen mit dem Lernmilieu undder Lenkung der Richtung der Aufmerksamkeit durch Beobachtung (noticing)der eigenen Person (Boud &Walker 1990: 68ff) und der Umwelt. Auf unter-schiedliche Weise interveniert (intervening) er in die Situation und beeinflusstdabei sich selbst und das Milieu (ebd.: 73ff). In diesem Wechselspiel werdenHandlungen reflektiert und neue bzw. korrigierte Handlungen zum Einsatz ge-bracht. Zur Unterstützung der fortdauernden Reflexion in formale Lernprozesseempfiehlt Boud den Rückgriff auf vorherige Lernprozesse, die Entwicklungpraktischer Lernumgebungen und Möglichkeiten zur Selbsteinschätzung sowieein ganzheitliches kontextualisiertes problembasiertes Lernen (Boud 1993).

Ein ähnliches Modell wird von Stephen D. Brookfield entworfen. Er unterschei-det zwischen bewusster und reflektierter Analyse einerseits sowie unbewusstemkenntnisreichen Handeln. Die Auslöser des kritischen Denkens sind intern oderextern erzeugte Widersprüche zwischen Erwartung und Erfahrung in Handlungs-sequenzen, die innerhalb von fünf Phasen bearbeitet werden. In der ersten Phase,dem auslösendem Ereignis (Trigger Event), löst ein nicht vorhersehbares Ereig-nis ein ungutes Bauchgefühl aus. In der zweiten Phase (Appraisal) wird die Situ-ation genauer betrachtet und dabei einerseits eine Selbstprüfung unternommenund andererseits nach ähnlichen Ereignissen in der Vergangenheit gesucht. Diedritte Phase ist bestimmt durch die Erkundung der Gründe für das Unbehagenund durch Überprüfung von neuen Denkwegen anderen Handlungsformen die

Page 85: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 85

besser zu der Wahrnehmung passen (Exploration). Die Entwicklung alternativerBlickwinkel (Developing Alternative Perspectives) erfolgt durch eine Verände-rung oder Neuausrichtung der alten Handlungsweisen und Ansichten. Die Ein-gliederung (Integration) dieser modifizierten oder neuen Handlungsweisen oderAnsichten kann allein innerhalb der Person vollzogen werden oder sich in kon-kreten Handlungen manifestieren.8

Eine Unterscheidung in reflexives und nichtreflexives Handeln findet sich auchbei Ellen Langer, welche gewohnheitsmäßiges Handeln als ein Verfahren der„Unachtsamkeit bezeichnet“. Im Gegensatz dazu nehmen Verfahren der „Acht-samkeit“ die ganze Person in Anspruch. Es geht also um die Frage der aktivenbzw. passiven Einbindung von Erfahrung (Langer 1989). Für Edward Cell(1984) ist Reflexion eine Notwendigkeit, die sich aus unserer Selektivität derErfahrung ergibt. Er verweist darauf, dass unsere Vorprägung nur gewisse Hand-lungsalternativen zulässt bzw. bevorzugt und andere gar nicht erst berücksichtigt.Erst durch Reflexion können diese Routinen sichtbar gemacht werden (Cell1984: 82). Er unterscheidet aktive Neuinterpretation (active reinterpretation), diespontan aufgrund von Veränderungen der Situation zum Einsatz kommt undreflektierter Neuinterpretation (reflective reinterpretation), welche ein distanzier-tes kritisches Betrachten der Ereignisse erlaubt (ebd.: 46f).

Peter Jarvis verfeinert diese Unterscheidung in Nicht Lernen, Vorbewussten,unbewusstem und bewussten Lernen. Damit erweitert er auch bei der Sicht aufdie Reflexion die Unterscheidungsebene. Er betont dabei, die Eingebundenheitder Reflexion in vorherige Erfahrungen und die bedeutende Stellung des Kontex-tes, in der die Reflexion erfolgt. Formale Lernumgebungen haben einen ganzanderen Einfluss auf die Prozesse und Ergebnisse der Reflexion als informelleLernumgebungen (Jarvis 1987:118ff).

Für Jack Mezirow (1997) liegt das Hauptaugenmerk der Reflexion auf der Vali-dierung des Gelernten. Reflexion hinterfragt Annahmen, Wahrheiten werden inFrage gestellt und Erfahrungen bezweifelt. Für ihn ist die Reflexion die entschei-dende Triebfeder zur Lösung von Problemen aber auch bei der Transformationvon „Bedeutungsschemata“9 und „Bedeutungsperspektiven“10. Überlegtes Han-

8 Ähnliche Phasenmodelle kritischen Denkens werden auch von Stephen P. Norris und Robert H.Ennis (1989), Mark Bullen (1998) und D. Randy Garrison, Terry Anderson und Walter Archer(2000) vorgestellt (Murphy 2004).

9 Bedeutungsschemata werden aus der Interpretation von Erfahrungen und dem Verbinden vongewonnen Bedeutungen zu Zusammenhängen erworben. Dabei erfolgt die Interpretation durchbewusste oder unbewusste Wahrnehmung und Erkenntnis.

Page 86: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen86

deln erfordert nicht zwingend Reflexion, so lange man sich nach einer analysie-renden Wahrnehmung auf bereits Gelerntes beziehen kann. Mezirow unterschei-det daher beim nichtreflexiven Handeln gewohnheitsmäßiges Handeln und be-dachtes Handeln ohne Reflexion. Letzteres, die sogenannte Introspektion lässtEmpfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken oder Handlungen lediglich bewusstwerden (ebd.: 89). Reflexion kommt aber erst dann zum Einsatz, wenn eineHandlung vorweggenommen, also geplant werden, wenn Erfahrungen nicht ingewohnter Weise interpretiert werden können oder wenn Handlungsabläufe insStocken geraten und die hinter den Handlungen liegenden Routinen überprüftwerden müssen. Die Reflexion kann sich dabei auf den Sachverhalt, das Verfah-ren oder auf die dahinter liegenden Prämissen bzw. Vorannahmen einer Hand-lung beziehen. Damit trennt er die bei Boud in jeglichem Reflexionsprozessintegrierte Reflexion von Gefühlen und Intentionen von der Validitätsprüfung.Reflexives Handeln bedeutet dann, dass auf Grundlage der vertieften Betrach-tung in der Reflexion Entscheidungen oder Einsichten gefunden wurden, die dieHandlung leiten. Während die Reflexion über Inhalte und Prozesse Bedeutungs-schemata transformiert, bezieht sich die Prämissenreflexion auf die Transforma-tion von Bedeutungsperspektiven. Transformatives Lernen bezieht laut Mezirowbeide Perspektiven mit ein.

Den Aspekt der Betrachtung von intuitivem Handeln ohne zu überlegen undbewusster Reflexion hat Donald A. Schön in seinem Buch „The ReflectivePractitioner“ (1983) ausführlich beleuchtet. Er identifiziert drei Reflexionsartenvon Experten die er “knowing-in-action”, “reflection-in-action”, “reflection-on-action” nennt. Die erste Form ist dadurch charakterisiert, dass der Experte vordem Hintergrund seines Vorwissens an eine Situation heran tritt, so dass seineWahrnehmung aufgrund dieses Wissens gelenkt wird. Die Interpretation derSituation muss nur dann verändert werden, wenn es zu Problemen mit vorherge-henden Interpretationen kommt. Dieses von Schön als „knowing-in-action“ be-zeichnete Handeln ist spontanes intuitives Handeln und Urteilen ohne zu Überle-gen. Michael Polanyi (1967) würde diese Art zu Handeln als implizites Integrie-ren mit verhältnismäßig geringer imaginativer Anstrengung, Gilbert Ryle (1969)als ungeplantes und dennoch planvolles Handeln, Hubert L. Dreyfuss & Stuart E.Dreyfuss (1988) als intuitives Handeln und Walter Volpert (1992) als intuitiv-improvisierendes Handeln bezeichnen (Neuweg 2001: 356). Dies wird ermög-

10 „Bedeutungsperspektiven oder verallgemeinerte Bündel von Erwartungshaltungen wirken alsperzeptive und konzeptuelle Codes, die einen formenden, begrenzenden und verfälschenden Ein-fluss auf unser Denken, Glauben und Empfinden sowie auf das ‚wie, was, wann und warum wirlernen’ ausüben. Sie besitzen kognitive, affektive und willentliche Dimensionen. Und diese Er-wartungshaltungen filtern sowohl die Wahrnehmung als auch das Begreifen.“ (Mezirow 1997:29)

Page 87: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 87

licht durch den Bezug auf vorhergehende Erfahrungen, die das aktuelle Handelnbestimmen, auch ohne dass das dadurch erworbene Handlungsmodell vollständigin Frage gestellt werden muss (Schön 1987: 26).

Reflection-in-action zeichnet sich dadurch aus, dass es Situationen gibt für dieein intuitives Handeln nicht hinreichend ist und es erforderlich ist, der Lösungmehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ein solcher Prozess wird in der Regel durchein nicht näher präzisierbares Gefühl des drohenden Scheiterns von routinisiertenWahrnehmungs- und Handlungsmustern eingeleitet. Durch einen „back-talk“(ebd.: 157) erscheinen die projizierten Ergebnisse unbefriedigend und erzwingenein reframing. Reflexionsgegenstand sind damit nicht allein die Handlungser-gebnisse, sondern auch die der Handlung zu Grunde liegenden impliziten Aspek-te, die im Ergebnis zu neuen oder modifizierten Handlungsstrategien führen.Diese unmittelbare Handlungsbedeutsamkeit der Reflexion, welche durch einenkonkreten Handlungskontext ausgelöst wird, unterscheidet Schöns Ansatz vonvielen anderen. Ohne den primären Handlungsprozess zu unterbrechen gelingt esdiesen durch Reflexion zu restrukturieren und eine direkte Rückmeldung durchdie Situation selbst zu erlangen. Experimentelles Probehandeln kann reflection-in-action zu einem Prozess laufender Transformation machen, in dem sich Ana-lyse und Synthese gegenseitig abwechseln und neue Interpretationsweisen getes-tet werden bis es zu einer Passung kommt (ebd.: 70). Die dritte von Schön einge-führte Reflexionsform ist das „reflection-on-action“ welche außerhalb des Hand-lungsprozesses zur Anwendung kommt. Die Herausnahme aus dem Handlungs-prozess erleichtert die Analyse, die Veränderung der Struktur und die Kommuni-kation über das Wissen für die Handlungssituation. Diese Reflexionsform trittauf als Vorwegnahme realer Handlungssituationen durch Probehandeln, alsHandlungsabschnitt bei zeitlich andauerndem Handeln oder als rückblickendekritische Betrachtung der angewendeten Handlungen. Dabei handelt es sichjedoch auch um eine Reflexion von konkreten Fällen und nicht um die Anwen-dung eines abschließend erworbenen expliziten Wissens.

„Mit zunehmender Distanz zum Fluß des Wahrnehmens und Han-delns geht knowing-in-action also gleitend über in reflection-in-action und schließlich in reflection-on-action, in einen tatsächlichplanerisch-bewußten Prozess, der die Primärhandlung unterbricht.Aber dabei handelt es sich um ein Reflektieren über den und ein Pla-nen am konkreten Fall, um besonnene Rationalität, nicht um dieAnwendung eines einmal abschließend erworbenen expliziten (ins-besondere wissenschaftlich-technologischen) Wissens in Gestalt ei-nes starren Regelwerkes.“ (Neuweg 2001:361)

Page 88: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen88

In der Systemtheorie wird der Begriff Reflexion im Rahmen desAutopoisekonzepts differenzierter betrachtet. Reflexion bezeichnet hier eineForm der Selbstreferenz, die von Luhmann (1984), ähnlich wie bei Schön, ininsgesamt drei zusammenwirkende Arten unterschieden wird. Die erste Art istdie basale Selbstreferenz auf der Ebene der Elemente. So können beispielweiseGedanken als kurzfristige Ereignisse nur auf sich selbst Bezug nehmen. Währenddiese basale Selbstreferenz nicht intendiert wird, kann im Gegenzug die inten-dierte Selbstreferenz unterschieden werden, bei dem sich ein Prozess mit Hilfeder Differenz vorher/nachher selbst beobachtet (Reflexivität). Als dritte Artunterscheidet Luhmann die Möglichkeit eines Systems, sein Handeln mit Blickauf die Folgen in der Umwelt zu reflektieren, sich also von seiner Umwelt ab-grenzt und im Unterschied zu seiner Umwelt bezeichnet (Reflexion). Reflexionbetrifft damit den Gebrauch der Identität eines Systems für die Orientierung dereigenen Selektionen (Luhmann 2005: 64f).

3.4.5 Zusammenfassung

Erfahrungen sind der Motor eines Lernens im Prozess der Arbeit. Die beidenvorgestellten Konzepte von Kolb und Jarvis haben ihre Anwendbarkeit in derPraxis der Weiterbildung unter Beweis gestellt und liefern eine Vielzahl an Hin-weisen für die Konzeptionalisierung arbeitsintegrierten Lernens. Kolb verweistinsbesondere auf die doppelte Dialektik von Erfahrung und Abstraktion sowievon Handlung und Reflexion. Lernen wird dabei als ganzheitlicher Prozess be-trachtet, der sowohl von Individuen, Gruppen als auch Organisationen vollzogenwerden kann. Jarvis erweitert die Kolbsche Perspektive um eine differenziertereBetrachtung möglicher Lernwege. Er ergänzt, dass Lernen in unterschiedlicherBewusstheit erfolgen kann und dass erwartete Lernergebnisse, schenkt man demAspekt der Aufmerksamkeitsfokussierung nicht genügend Beachtung, sich nichtzwingend einstellen müssen. Ausgangspunkt des Lernens ist bei ihm immer einBruch mit der eigenen Umwelt, an dem deutlich wird, dass die eigenen Kompe-tenzen oder das eigene Wissen nicht hinreichend zur Überwindung des Bruchessind. Gelernt wird durch den Einsatz von Emotionen, Reflexionen und aktivenHandlungen. Hierdurch wird eine Lösung zur Überwindung des Bruchs gefundenoder alternative Strategien erprobt. Erst nach der Passung eines Lernergebnisseswird dieses als generalisierte Handlungsstrategie in die Routinen verankert. Diedifferenzierte Betrachtung der Reflexion verdeutlicht diese Unterscheidung nocheinmal. Ihr muss bei der Gestaltung eines erfahrungsorientierten Lernens beson-dere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ein Weg um Lernen bewusst zu ma-chen, ist der Dialog. Die Herausnahme der Reflexion aus dem Handlungsprozesserleichtert eine differenzierte Analyse und ermöglicht die Validitätsprüfung und

Page 89: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen 89

Betrachtung der Eingebundenheit der Handlung aber auch der Reflexion in Vor-erfahrungen und Kontexte.

3.5 Zwischenfazit

Lernen in der Wissenschaftsgesellschaft ist nicht allein durch eine Zunahme derVerfügbarkeit von Informationen geprägt, sondern auch durch eine Verwissen-schaftlichung der Inhalte. Wissen wird in der Wissensgesellschaft zu einer Res-source, die sich in einem permanenten Wandel befindet. Der Umgang mit derVielzahl der zur Verfügung stehenden Entscheidungsoptionen erfordert von denFührungskräften sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein mehr an Dynaxibi-lity – die Fähigkeit mit Komplexität und Dynamik der Wissensgesellschaft um-gehen zu können. Aufgrund der Tatsache, das Lernen ein Mindestmaß an Kom-plexität erfordert bieten heute in der Regel alle wissensintensiven Arbeitsplätzedas Potenzial zum Erlernen kompetenten Handelns bei Unsicherheit und Nicht-wissen. Da Wissensbestände tagesaktuell erneuert werden müssen und die Not-wendigkeit effektiv nur aus der Sicht des Lernenden zu beurteilen ist, verlagertsich die Verantwortung für die Lernprozesse verstärkt auf das Individuum unddamit die Lernprozesse vermehrt in die alltägliche Arbeit.

Ausgangspunkt des Lernens ist damit die Erfahrung. Arbeitsaufgaben sollendabei an dem individuellen Entwicklungsstand ausgerichtet werden. Im Verlaufder Expertise-entwicklung soll die Professionalität durch die Verbesserung derHandlungsfähigkeit gesteigert werden. Die effektive Nutzung kann durch ar-beitsnahe Lernformen und lernförderliche Arbeitsformen unterstützt werden. Erstdie auf den Arbeitsprozess gerichtete Reflexion und Selbstreflexion ermöglichtes, dass die Erfahrungen und die damit einhergehenden informellen oder beiläu-figen Lernprozesse zielgerichtet genutzt werden können. Lernen vollzieht sichdurch die reflektierende Beobachtung der Bedeutung bzw. des Sinns von einzel-nen Merkmalen und durch die Transformation in allgemeine Bedeutungen alsGrundlage neuer Handlungen.

Ganzheitliche Arbeitsaufgaben mit vielen vernetzten Einzelhandlungen bildenmit weitgehenden Freiheits- und Entscheidungsgraden die Grundlage für denErwerb von Problemlösekompetenz und komplexes Denken. Treiber des Lernenssind Unstimmigkeiten, Konflikte und Probleme, die sich nicht durch bewährteHandlungsmuster lösen lassen. Die Bearbeitung dieser Brüche mit der Umwelterfolgt durch reflexive, emotionale und handelnde Transformation innerhalb desIndividuums.

Die ermittelten Anforderungen ergänzen insbesondere für die allgemeinen undindividuellen Lernanforderungen das Bild (Abbildung 13). Das Folgekapitel

Page 90: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

3. Arbeiten und Lernen90

greift diese auf und vertieft aus einer systemisch-konstruktivistischen Perspekti-ve die individuellen als auch die kollektiven Lernanforderungen.

Abbildung 13: Anforderungen des 3. Kapitels (weiß hervor gehoben)

C1-01 RealeHandlungsvollzüge

C 1-02 Handlungsspielraum

C1-03 Informelle Lernprozesse

C 1-04 ArbeitsintegriertesLernen

C 1-05 Komplexe Lernumgebungen

C 1-06 GanzheitlichesArbeitshandeln

B2-01 IndividuelleLernverantwortung

B2-02 SelbstorganisiertesLernen

D 1-01 Förderung individuellerZielbestimmung

D 1-02 Teamverantwortung fürKompetenzentwicklung

D 1-03 DezentraleKompetenzentwicklung

D 1-04Koevolution vonKompetenz-undOrganisationsentwicklung

D 1-05 StrategischerWandelalsAufgabe aller Führungskräfte

D 1-06 IndividuellerEntwicklungsstandC 2-01 Förderung der

Selbstreflexivität

C 2-02 Nutzerorientierung

C 2-03 Effektivitätsorientierung

C 2-04SchaffungbereichsübergreifenderZusammenarbeit

C 2-05 EinsatzvonBeobachtungswerkzeugen

C 2-06 Lernformvariabilität

D 2-01 GemeinsameQualitätskriterien

D 2-02 Zertifizierungssystem

D 2-03 Unterstützungsinstrumente

D 2-04 GemeinsameZielvorstellung

D 2-05UnterstützungbereichsübergreifenderZusammenarbeit

B1-01 KontinuierlicheWissensaktualisierung

B1-02 Erfahrung

B1-03 Reflexion

B1-04 Unstimmigkeiten, Konflikte,Probleme

B1-05 Lernebenen

B1-06 Induktion undDeduktion

B1-07 Zielrichtung des Lernens

B1-08 Ganzheitlichkeit desLernens

B2-03 ProzeduraleReflexivität

B2-04 Strukturelle Reflexivität

B2-05KontinuierlicheTransformation vonErfahrung

B3-01 KollektivesLernen

A1-01 Regelpromotion imBeschäftigungsverhältnis

A1-02 Integration überfachlicherKompetenzentwicklung

A1-03 Förderung derBerufsfähigkeit

A1-04 SelbstverantwortlicheTätigkeit

A1-05 Lernen imArbeitsprozess

A1-06 SystematischeKompetenzentwicklung

A1-07 Verknüpfung vonLernebenen

A1-08 KollektiveHandlungsfähigkeit

A1

B1 B2 B3

C1 C1 D1 D2

Page 91: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 91

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht

4.1 Einleitung

In diesem Teil der Arbeit wird die bisher entwickelte und an der Praxis orientier-te theoretische Basis eines Lernens im Prozess der Arbeit um eine systemisch-konstruktivistische Sicht auf Lernen erweitert. Hierzu wird zunächst in das sys-temisch-konstruktivistische Denken und in die zentralen Begriffe eingeführt(Kapitel 4.2). In einem weiteren Schritt wird die Theorie der Geschichten &Diskurse vertiefend betrachtet (Kapitel 4.3), weil dieses Theoriegerüst einigeDefizite systemisch-konstruktivistischer Theoriebildung bei gleichzeitiger Integ-ration ihrer Grundannahmen überwindet. Auf Grundlage dieses Theoriegerüstswerden zunächst Ansätze eines Lernens aus der systemisch-konstruktivistischenPerspektive genauer beleuchtet und diese um die Perspektive eines Lernens ausSicht der Theorie der Geschichten & Diskurse erweitert (Kapitel 4.4). DieseBetrachtungsweise kann darüber hinaus auf das kollektive Lernen in und vonOrganisationen, in denen Wirklichkeitsmodelle und Kulturprogramme eine be-deutende Rolle spielen, übertragen werden (Kapitel 4.5).

4.2 Systemisch-konstruktivistische Perspektiven

Im Kapitel 3.3 wurde deutlich, dass der zentrale Mechanismus eines Lernens imProzess der Arbeit die Selbstorganisation ist. Das Selbstorganisationskonzept11,welches auffällig häufig zur Beschreibung gesellschaftlicher Entwicklungenbemüht wird (Schmidt 2005: 19), ist eng verbunden mit systemischen undkonstruktivistischen Ansätzen, so dass eine genauere Betrachtung der damitverbundenen Implikationen für das Lernen von Nöten ist. Die Konjunktur derTheorieangebote des Konstruktivismus und der Systemtheorie bedient dabei eineneue Sicht auf Kontingenz, Pluralität, Komplexität, Paradoxien, Selbstreferenz,Selbstorganisation, Reflexivität, Konstruktion und Prozesssualität (Schmidt2005: 19).

„Am gefühlten Ende der Selbstverständlichkeiten liefern die Theo-rieangebote, die keine Absolutheit von Anfang und Ende, Wahrheitund Wirklichkeit, Subjekt und Gesellschaft, Wert und Wissen mehrverheißen, sondern allenfalls Problemlösungen auf Zeit versprechenund entsprechende Semantiken für den wissenschaftlichen wie fürden allgemeinen öffentlichen Diskurs zur Verfügung stellen.“(Schmidt 2005: 19f, Hervorhebung im Orig.)

11 Zur historischen Entwicklung der Selbstorganisation im erziehungswissenschaftlichen Kontextvergleiche Veith 2003: 179ff.

Page 92: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht92

Der Konstruktivismus ist, bei aller Vielfalt der Strömungen, eine erkenntnisphi-losophische Richtung, die im Gegensatz zum Realismus davon ausgeht, dassRealität nicht Voraussetzung, sondern Produkt der menschlichen Erkenntnis ist.Im Konstruktivismus ist die Realität konstruierte Wirklichkeit eines Beobachters,da kein direkter sensorischer Zugang zur Realität besteht. Der sogenannte Radi-kale Konstruktivismus, eine der Hauptströmungen im Konstruktivismus, wurdemaßgeblich von Ernst von Glasersfeld (*1917) geprägt. Dieser vertritt die Positi-on, dass Wirklichkeit ausschließlich als Konstruktion des Subjekts besteht(Glasersfeld 1996).

„Aber was sonst ist Wirklichkeit? Atmen, sehen, hören, dabeisein,teilhaben, leben. Die einzige Wirklichkeit, die diesen Namen ver-dient, ist die von unserem Körper sinnlich erzeugte Erfahrung. Siekonstituiert die Wirklichkeit, die wir erleben. Sobald wir anfangenüber Wirklichkeit zu sprechen und zu schreiben, wird das Wirklicheersetzt durch symbolische Einheiten (…). Aus der erlebten Wirk-lichkeit wird ein Interpretationskonstrukt. Ontologien sind nichts an-deres als semantische Konstrukte. Übertrieben gesagt, sind sie Erfin-dungen einer Welt, die niemand sehen kann; reine Repräsentation,denen möglicherweise nichts entspricht (…).“ (Jensen 1999: 46f)

Im Gegensatz zum Begriff der ontologischen Realität bezeichnet Wirklichkeit inder konstruktivistischen Sicht die Interpretationskonstrukte der Beobachter, diekeinen direkten Zugang zu einer möglichen Realität an sich haben. Damit rückender Beobachter als tätiges Individuum und seine Erfahrungen in den Mittelpunktder Betrachtung.

„Was ist Radikaler Konstruktivismus? Einfach ausgedrückt handeltes sich da um eine unkonventionelle Weise, die Probleme des Wis-sens und Erkennens zu betrachten. Der Radikale Konstruktivismusberuht auf der Annahme, dass alles Wissen, wie immer man es auchdefinieren mag, nur in den Köpfen von Menschen existiert und dassdas denkende Subjekt sein Wissen nur auf der Grundlage eigener Er-fahrung konstruieren kann. Was wir aus unserer Erfahrung machen,das allein bildet die Welt, in der wir bewusst leben.“ (Glasersfeld1997: 22)

Ideengeschichtlich ist der Radikale Konstruktivismus nicht ohne Vorgänger.Glasersfeld (1997) macht Vorläufer schon bei den Vorsokratikern aus. Mit Blickauf die bedeutende Rolle des Beobachters im Konzept des Radikalen Konstrukti-vismus wird auf diejenigen Erkenntnistheoretiker verwiesen, die beobachterbe-zogen argumentieren wie Giambattista Vicos (1668-1744) Hinweis auf die akti-ven Fähigkeiten der Sinne („die Tatsache selbst ist die Wahrheit“), George

Page 93: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 93

Berkeleys (1685-1753) Infragestellung der objektiven Wirklichkeit der primärenEigenschaften („Sein heißt Wahrgenommen werden“), David Humes (1711-1776) assoziative Deutung der Kausalität sowie Immanuel Kants (1724-1804)„Kritik der reinen Vernunft“, in der er formuliert, dass der Mensch nicht dasDing an sich erkennen kann, sondern nur seine Erscheinung (Schmidt 1993).Schweizer (2007) sieht die Wurzeln des Radikalen Konstruktivismus im deut-schen Idealismus, da hier die Annahmen zur Selbstorganisation fundiert werden,und belegt dies mit der Beschreibung der Einflüsse Kants, Johann Gottlieb Fich-tes (1762-1814) und Friedrich Wilhelm Schellings (1775-1854). Der Konstrukti-vismus ist kein einheitliches Theoriegebäude, sondern vielmehr ein Diskurs, indem verschiedene Disziplinen, zum Teil auch mit gegensätzlichen Vorstellun-gen, zu Worte kommen. Dies verhindert die Beschreibung eines einheitlichenTheoriegebäudes, aber es erlaubt die Darstellung von prägenden Grundzügen,die aus drei wissenschaftlichen Bereichen kommen: der Biologie und Neurowis-senschaften, der Kybernetik sowie der Philosophie und Soziologie (Schmidt2003d: 14f).

Charakteristisches Organisationsmerkmal von lebenden Systemen ist das Kunst-wort Autopoiesis, welches sich aus den griechischen Wörtern autos (selbst) undpoiein (machen, schaffen, herstellen) zusammensetzt. Die Schöpfer des Wortes,die Neurobiologen Humberto R. Maturana und Francisco J. Varela (Maturana &Varela 1987), versuchten durch das Konzept der Autopoiese das Organisations-prinzip alles Lebendigen als System zu erklären. Kernelement der Autopoiese istdie Erkenntnis, dass die Organisation von lebenden Systemen dadurch erfolgt,dass sie sich andauernd selbst erzeugen (Maturana & Varela 1987: 50). AlleOperationen, welche ein System im Prozess der Autopoiese realisiert, wirkendabei auf das System zurück. Diese sogenannte Selbstreferenz erzeugt eine ope-rationale Geschlossenheit des Systems. Lebende Systeme sind gleichzeitig Er-zeuger und Erzeugnis, da sie alle notwendigen Operationen aus sich selbst her-vorbringen (Maturana & Varela 1987: 56).

„Als strukturdeterminierte Systeme sind wir von außen prinzipiellnicht gezielt beeinflussbar, sondern reagieren immer nur im Sinneder eigenen Struktur.“ (Maturana 2001: 18f)

Solche strukturdeterminierten Systeme sind dabei nicht völlig isoliert von ihrerUmwelt. Die operationale Geschlossenheit lässt eine selektive Wahrnehmung derUmwelt durch das System zu, ohne, dass das System seine spezifische Identitätdadurch verliert. Die Umwelt des Systems ist alles, was nicht zum System ge-hört. Es wird also eine Unterscheidung (distinction) zwischen dem, was zumSystem gehört und dem, was außerhalb des Systems liegt, getroffen. Diese Un-terscheidung, welche von George Spencer-Brown als marked-space und

Page 94: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht94

unmarked-space in „Laws of Forms“ (Spencer-Brown 1969) eingeführt wird, isteine Basisannahme der Systemtheorie. Die Umwelt ist aus Sicht des Systemseinheitlich und so werden Anfragen an das System mit den im System typischenVerarbeitungsprozessen beantwortet. Die system-interne Vernetzung der Ele-mente führt dazu, dass das lebende System trotz der vielfältigen Verknüpfungenmit der Umwelt aufgrund seiner Selbstbezogenheit und Innensteuerung autonomist.

„Autopoietische Systeme verhalten sich immer und ausschließlichaufgrund ihrer aktuellen inneren Strukturen und Prozesse. Sie sindselbstbezogen und innengesteuert. Darin besteht ihre Autonomie.“(Simon 2007: 53)

Dabei zeigt sich, dass die operative Geschlossenheit des Systems gleichzeitigBedingung für seine Umweltoffenheit ist. Einflüsse von außen können zwar daslebende System modulieren, nicht aber determinieren. Sie können von den Um-welteinflüssen allenfalls irritiert oder gestört werden (Siebert 2001: 195). Matu-rana & Varela führen hierfür den Begriff Perturbation ein, der die negative As-soziation mit der Bedeutung des Begriffs Störung verhindern sollte. Perturbationist also neutral gesehen ein Signal, welches in einem System zu Kompensationenführt.

„[Es] erscheint (…) uns offenkundig, dass die Interaktionen zwi-schen Einheit und Milieu, so lange sie rekursiv sind, für einander re-ziproke Perturbationen bilden. Bei diesen Interaktionen ist es so,dass die Struktur des Milieus in den autopoietischen Einheiten Struk-turveränderungen nur auslöst, diese also weder determiniert noch in-struiert (vorschreibt), was auch umgekehrt für das Milieu gilt.“ (Ma-turana & Varela 1987: 85)

B1-09 Keine direkte InterventionEine Intervention in das System ist von außen nicht unmittelbarmöglich.

Diese Irritation erfolgt jedoch nicht nur einseitig, sondern wechselseitig zwi-schen System und Umwelt. Änderungen innerhalb des Systems werden immerdurch Änderungen außerhalb des Systems begleitet und umgekehrt. Dieses Phä-nomen bezeichnet Maturana als strukturelle Kopplung, welche Koevolution, alsodie aneinander gekoppelte Strukturveränderung, ermöglicht. Damit wird auch dieUmwelt deutlicher definiert. Es handelt sich nunmehr nicht um eine globaleUmwelt, sondern um eine markierte Außenseite, welche man durch relevanteund nicht relevante Aspekte unterscheiden kann. Die Umwelt kann daher in

Page 95: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 95

verschiedenen Umwelten differenziert werden, von denen manche strukturellmiteinander gekoppelt sind und andere nicht (Simon 2007: 80).

Mit Blick auf die Erkenntnisse Jean Piagets (1896-1980), der die Grundlagen fürdie Erforschung der kognitiven Selbstregelung legte, beschreibt Glasersfeld dieGrundprinzipien des radikalen Konstruktivismus. Wissen wird seiner Ansichtnach nicht passiv aufgenommen, sondern vom denkenden Subjekt aktiv aufge-baut. Dies wird auch durch die Hirnforschung bestätigt (Başar & Roth 1997,Singer 2002, Roth 2007). Die Funktion der Kognition zielt dabei auf Passungbzw. Viabilität und dient der Organisation der subjektiven Erfahrungswelt undnicht der Erkenntnis einer ontologischen Realität (Singer 2002: 78). Der Begriffder „Viabilität“ steht in Glasersfelds Konzept im Kontrast zum Wahrheitsbegriff.Er versteht darunter „gangbare oder viable Handlungs- und Denkweisen“(Glasersfeld 1995: 39).

„Unsere sinnlichen Wahrnehmungen, unser Denken, Fühlen und Er-innern spiegeln keine äußere Welt wider, sondern erzeugen eine ei-gene Wirklichkeit. Diese Konstrukte sind nicht ‚wahr‘ oder ‚falsch‘,sondern mehr oder weniger‚viabel‘, d.h. sie ‚funktionieren‘, sie ha-ben sich ‚bewährt‘ und ermöglichen ein ‚erfolgreiches Handeln‘.Zwar besteht zwischen uns und unseren Mitmenschen und unsererUmwelt eine ‚strukturelle Kopplung‘,(...), aber prinzipiell bleibt unsdie äußere Welt ‚kognitiv unzugänglich‘.“ (Siebert 2000: 17)

B1-10 Anstöße zum WandelSysteme können durch äußere Einflüsse zu einer systemeigenenKompensation unter der Leitmaxime der Viabilität angeregt wer-den.

Luhmann (1984) hat das Konzept der Autopoiese in die Soziologie übernommenund verankerte es bei der Untersuchung und Beschreibung sozialer Systeme. DieVorstellungen darüber, was genau ein System ist differiert in den unterschiedli-chen Fachwissenschaften. Vester (1983) hat für biologische Systeme eine grund-legende Definition aufgestellt:

„Ein System besteht aus mehreren Elementen. Sie besitzen Eigen-schaften und sind verschieden voneinander. Beziehungen vernetzendie Elemente zu einem bestimmten Aufbau. Die Beziehungen zwi-schen den Elementen besitzen Eigenschaften. Ein System als Ganzesbesitzt Eigenschaften, die nicht auf einzelne Elemente zurückgeführtwerden können, sondern sich aus dem Aufbau des gesamten Systemsergeben.“ (Marks 1991: 20 basierend auf Vester 1983: 17f.)

Page 96: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht96

Luhmann unterscheidet allopoietische Systeme, wie Maschinen, und autopoieti-sche Systeme. Letztere unterteilen sich in Organismen und Sinnsysteme. Sinn-systeme, die im Mittelpunkt der weiteren Betrachtung stehen, unterteilen sich beiLuhmann weiter in psychische und soziale Systeme. Diese werden durch die Artder Elemente, die für ein System als nicht weiter auflösbare Einheit fungieren,und deren Relationen bestimmt (Luhmann 1984: 43). Elemente in diesem Sinnesind in psychischen Systemen die Gedanken und Gefühle und in sozialen Syste-men die Kommunikation (Simon 2007: 90). Damit sind die Elemente in dieserKonzeption nicht irgendwelche materiellen Einheiten, sondern Ereignisse (Si-mon 2007: 88). Komplexe Systeme sind dadurch gekennzeichnet, dass die großeAnzahl von Elementen nicht isoliert voneinander agiert, sondern mit einer Viel-zahl anderer Elemente vernetzt ist, die sich gegenseitig beeinflussen. Es zeigtsich darüber hinaus, dass die Elemente nicht von Dauer sind und durch das Sys-tem selbst reproduziert werden. Ein wichtiges Merkmal der Elemente ist dieAnschlussnotwendigkeit von Operationen an Operationen. Nur hierdurch wirdgewährleistet, dass das System überleben kann. Die Selektion von anschlussfähi-gen Elementen lässt im System Strukturen herausbilden, die eine dynamischeStabilität garantieren und hierdurch den Übergang von einer Operation zurnächsten sichern (Luhmann 1994: 73ff).

„Soziale Systeme – ihr Entstehen, ihre Struktur, ihr Erhalt und ihreVeränderung – sind durch autopoietische, operational geschlosseneProzesse zu erklären. Die Operationen, die sie als Einheiten konsti-tuieren, gegen ihre Umwelten abgrenzen und am Leben erhalten,sind Kommunikationen. Damit ein soziales System die Zeit überdau-ern kann, müssen Kommunikationen an Kommunikationen anschlie-ßen, d. h. es muss ein aus diskontinuierlichen Einheiten (den einzel-nen Kommunikationen) zusammengesetzter Prozess entstehen, derdie Zeit überdauert. Jede einzelne Kommunikation ist ein Ereignis,das in dem Moment, wo es realisiert wird, auch schon wieder ver-gangen ist. Die Autopoiese des sozialen Systems wird so lange auf-recht erhalten, wie die Kommunikation fortgesetzt wird.“ (Simon2007: 88, Herv. im Orig.)

Die Herausbildung von Strukturen bzw. Ordnung in sozialen Systemen erfolgtunabhängig von den Handlungen eines Organisators aus dem System herausdurch das Wechselspiel der wirksamen Kräfte. Die durch Selbstorganisationherausgebildeten Strukturen sind dadurch gekennzeichnet, dass diese Eigen-schaften aufweisen, die nichts mehr mit denen der Einzelteile zu tun haben. DieIdentität autopoietischer Systeme ergibt sich aus der Eigenart ihrer selbstrepro-duktiven Organisation. Hierzu muss das System reflexive Mechanismen entwi-ckeln, um sich selbst beobachten zu können und sich von der Umwelt abzugren-

Page 97: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 97

zen. Die Beobachtung dieser Differenz von System und Umwelt ist LuhmannsAusgangsposition. In der Beobachtung der Differenz zwischen sich selbst, imVerhältnis zur Umwelt konstituiert die Selbstreferenz die Einheit des Systems.Beobachten wird bei Luhmann dabei formal bestimmt als die Handhabung vonUnterscheidungen (Luhmann 1984: 63). Selbstbeobachtung erfolgt demnachdurch die Integration der beobachteten Differenz in das System. Dies bedeutetnicht, dass die Umwelt die Spezifik des Systems determinieren kann, da nur diesystemeigenen Operationen informative Unterscheidungen generieren.

Die bedeutende Stellung der Kommunikation in Luhmanns Konzept sozialerSysteme verdient eine eigene Betrachtung. Soziale Systeme werden bei ihm alsKommunikationssysteme gesehen. Von außen gesehen kann Kommunikationnicht direkt beobachtet werden, erkennbar ist lediglich irgendeine Beeinflussungdurch Interaktion und gegenseitige Wahrnehmung. Der Beobachter kann vonihm beobachtete Kommunikation nur aufgrund von Erklärungen beschreiben.

„Er hat Kausalität, d. h. einen nicht direkt beobachtbaren, hypotheti-schen, generierenden Mechanismus für die direkt beobachtbarenPhänomene konstruiert. (…) Kommunikation ist ein Ereignis oderein durch die Aneinanderreihung solcher Ereignisse entstehenderProzess, der nur stattfinden kann, wenn die beteiligten Akteure ihnals Kommunikation erklären.“ (Schmidt 2007: 92f)

Hierfür muss jeder eine Sozialisation durchlaufen, in der er erlernt, bestimmtemVerhalten Sinn zuzuschreiben. Kommunikation kommt nach Luhmann erst zu-stande durch die Synthese von drei verschiedenen Komponenten, die nur zu-sammen Kommunikation erzeugen: „Selektion einer Information, Selektion derMitteilung dieser Information und selektives Verstehen oder Missverstehen die-ser Mitteilung und ihrer Information.“ (Luhmann 1988: 21) Jeder an der Kom-munikation Beteiligte könnte also seine Wahrnehmungen aufgrund von Signalender anderen auch anders verstehen. Dies führt zu einem weiteren zentralen Be-griff: die Kontingenz.

„Kontingent ist etwas, was weder notwendig ist noch unmöglich ist;was also so, wie es ist (war, sein wird), sein kann, aber auch andersmöglich ist. Der Begriff bezeichnet mithin Gegebenes (zu Erfahren-des, Erwartetes, Gedachtes, Phantasiertes) im Hinblick auf mögli-ches Anderssein; er bezeichnet Gegenstände im Horizont möglicherAbwandlungen.“ (Luhmann 1984: 152)

Mit Blick auf die Kommunikation ist die jeweilige Deutung der Wahrnehmungenjedes Beteiligten kontingent. Dadurch wird jeweils eine Interpretation selektiert,

Page 98: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht98

die jedoch auf den Seiten aller Beteiligten verschieden sein kann. Dies bezeich-net Luhmann mit dem Begriff der doppelten Kontingenz.

Es lassen sich verschiedene Arten von sozialen Systemen unterscheiden. NachLuhmanns Ordnungssystem sind das Interaktionssysteme, Organisationen unddie Gesellschaft. Letztere umfasst die Gesamtheit aller Kommunikationen und istweniger im Sinne einer spezifischen Gesellschaftsform zu verstehen, sondernmehr im Sinne einer Weltgesellschaft, die alle existierenden Kommunikations-prozesse umfasst. Interaktionssysteme sind das durch Kommunikation aller kör-perlich Anwesenden entstehende System. Interaktionen setzen Gesellschaft vo-raus und tragen zu ihrer Realisierung bei (Simon 2007: 101). Als dritte Formkann man Organisationen von Interaktionssystemen unterscheiden. Sie entstehendurch Arbeitsteilung und durch die dadurch notwendige Koordination der ein-zelnen Arbeitsteile. Durch die Festlegung oder Herausbildung von Rollen, Auf-gaben und Kommunikationswegen entstehen dabei Funktionen, die die Stellungdes einzelnen Individuums verändern, da die Rollen sich auch unabhängig vonden Rollenträgern entwickeln. Die Mitgliedschaft in einer Organisation hängtalso nicht mehr von der Gesamtleistung des Individuums ab, sondern von derEinpassung des notwendigen Ausschnitts seines Verhaltens in die jeweilige Rol-le. Die Mitgliedschaft in einer Organisation hängt somit an der beidseitigen Ent-scheidung für eine Mitgliedschaft in der Organisation. Dies hängt nicht zuletzt andem Zweck-Mittel-Verhältnis, was die Beziehung zwischen Organisation sowieMitarbeiterinnen und Mitarbeitern prägt (Simon 2007: 101ff).

„Da Mitgliedschaften durch Entscheidungen begründet werden unddas weitere Verhalten der Mitglieder in Entscheidungssituationenvon der Mitgliedschaft abhängt, kann man Organisationen auch alsautopoietische Systeme auf der operativen Basis der Kommunikationvon Entscheidungen charakterisieren. Sie produzieren Entscheidun-gen und sind in diesem Sinne operativ geschlossene Systeme. InForm der Entscheidung liegt zugleich ein Moment struktureller Un-bestimmtheit. Und da jede Entscheidung weitere Entscheidungenherausfordert, wird diese Unbestimmtheit mit jeder Entscheidung re-produziert.“ (Luhmann 1997: 830)

4.3 Theorie der Geschichten & Diskurse

Die Hauptdefizite des traditionellen Konstruktivismus sieht Janich in der Ten-denz einer externen Fundierung in anderen Fachwissenschaften, insbesondereden Neurowissenschaften. Er spricht von einem „naturalistischen Kurzschluss“,denn auch das Hervorbringen naturalistischer erkenntnistheoretischer Folgerun-gen ist kulturabhängig (Janich 1996: 207). Der Konstruktivismus hat hierdurch

Page 99: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 99

eine Tendenz zur Subjektzentriertheit ohne angemessene Berücksichtigung sozi-aler und kultureller Aspekte bekommen sowie eine Tendenz zur Fixierung aufKognition unter Vernachlässigung des Handelns (Schmidt 2003b). In seinemBuch „Kognitive Autonomie und soziale Orientierung“ hat Siegfried J. Schmidt(2003d) diese Kritik aufgegriffen und ersetzt den naturalistischen Begründungs-zusammenhang durch einen kulturalistischen. Sein Ausgangspunkt ist die vonSpencer Brown skizzierte Einsicht, dass menschliche Beobachter nicht in einem„unmarked space“ handeln, sondern immer in einem kulturellen und sozialstruk-turellen „marked space“ operieren. 2003 geht er in seinem Buch „Geschichten &Diskurse – Abschied vom Konstruktivismus“ noch einen Schritt weiter, indem ervollständig auf eine kombinatorische empirische Plausibilisierung des Konstruk-tivismus, welche sich an den Forschungsresultaten verschiedener Disziplinenorientiert, verzichtet. An dessen Stelle tritt eine „dezidiert philosophisch argu-mentierende Form diskursiver Selbstbegründung.“ (Sandbothe 2003a: 9) Erentwickelt hieraus folgend die Philosophie der Geschichten & Diskurse (Schmidt2003a), die auf sich selbst begründend aus einer non-dualistischen Perspektiveheraus (Mitterer 1998) einen anwendbaren Theorieansatz beschreibt, der sichkonsequent auf Prozesse und Wirkungszusammenhänge konzentriert und dabeimit wenigen basalen Kategorien auskommt. Hierdurch kann der einseitige Bezugauf das Individuum aufgegeben und um soziale und kulturelle Aspekte erweitertwerden, was den Anschluss an den Sozialkonstruktivismus (Gergen 2002) er-möglicht (Schmidt 2003c: 38).

Damit bildet die Theorie der Geschichten & Diskurse eine sinnvolle Grundle-gung für die Konzeptentwicklung dieser Arbeit. Gerade mit Blick auf die For-schungsfrage 2 „2. Kann Lernen im Prozess der Arbeit an technischenUniversitäten strategisch so verankert werden, dass gleichzeitig das organisatio-nale Lernen der Universität befördert wird?“ scheint eine Erweiterung der Per-spektive individueller Wirklichkeitskonstruktion des Subjekts hin zur geteiltenWirklichkeit des Kollektivs unabdingbar. Der Soziokulturelle Konstruktivismusbietet mit dem Ausgangspunkt der Einbettung aller Operationen des menschli-chen Beobachters in ein kulturelles und sozialstrukturelles Umfeld einen geeig-neten Ausgangspunkt für die in Kapitel 4 vorzunehmende Entwicklung einesKonzepts zum Lernen im Prozess der Arbeit an der Universität.

Im Mittelpunkt der Betrachtungen von Schmidt stehen zwei „Grundproblememenschlichen Handelns“ (Schmidt 2003a: 25). Zum einen die Frage der Kontin-genz, also die Vielzahl an Handlungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten, derenBearbeitung eine Daueraufgabe menschlichen Handelns darstellt. Die Selektio-nen werden dabei auf Grundlage der kognitiven Autonomie lebender Systemegetroffen. Diese muss aber mit den Bedingungen der sozialen Orientierung ver-mittelbar sein um überhaupt Sozialität des Handelns und Kommunikation zu

Page 100: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht100

ermöglichen. Das zweite Grundproblem besteht aus Sicht Schmidts damit in derVermittlung zwischen kognitiver Autonomie und sozialer Orientierung (Schmidt2003a: 25). Zur Lösung orientiert er sich vor allem an den Leistungen der Refle-xivität, universale Kontingenz in spezifische Kontingenz zu verwandeln unddamit die Unsicherheit von Handlungen durch sozial geteilte Orientierungen zuvermindern.

„Mit anderen Worten, das Lösungsprinzip besteht darin, Kontingenznicht etwa durch einen möglichst objektiven Abgleich mit der Reali-tät zu bearbeiten, sondern sie durch den für alle Aktanten12 in einerGesellschaft fiktiven Bezug auf gegenseitig unterstelltes Wissen derBeobachtung zu entziehen, sie also zu ‚invisibilisieren’.“ (Schmidt2003a: 25)

Der Ausgangspunkt der „Theorie der Geschichten & Diskurse“ ist der Grundme-chanismus von Setzung und Voraussetzung. Jede Handlung und Kommunikationerfolgt in Gestalt einer Setzung. Dies bedeutet, dass aus den vielfältigen Mög-lichkeiten, die zur Verfügung stehen, nur eine Option ausgewählt wird. Dabeiwird unspezifische in spezifische Kontingenz verwandelt (Transformationsprin-zip).

„Setzungen konstituieren Kontingenz, weil sie angesichts andererMöglichkeiten selektiv sein müssen. Als Selektionen sind sie Ent-scheidungen, die aber erst als Entscheidung Kontingenz beobachtbarmachen. Das heißt, Selektion und Kontingenz können wir nur zu-sammen denken, sie konstituieren sich gegenseitig, sie sind striktkomplementär.“ (Schmidt 2003a: 28)

Die Setzung erfolgt dabei nicht im luftleeren Raum, sondern jeder Setzung ist imLaufe der Lebenszeit eine Vielzahl an Setzungen vorausgegangen, auf die mansich bewusst oder unbewusst beziehen kann. Die bisherigen Setzungen bildendaher einen Zusammenhang von Setzungen in ganz bestimmten Situationen(Einbettungs- bzw. Kontextualitätsprinzip). Dieser Setzungszusammenhang zeigtsich in Erinnerungen und Erzählungen, die die Gesamtheit der bisherigen Le-benserfahrungen widerspiegeln und die sich in jeder aktuellen Situation als Er-wartungen an zukünftige Erfahrungen auswirken (Schmidt 2003a: 27).

12 Der Begriff „Aktant“ stammt aus der Akteur-Netzwerk-Theorie, die maßgeblich von BrunoLatour und Michel Callon entwicklet wurde. Als Akteure oder Aktanten gelten „alle Entitäten,denen es mehr oder weniger erfolgreich gelingt, eine Welt voller anderer Entitäten mit eigenerGeschichte, Identität und Wechselbeziehungen zu definieren und aufzubauen“ (Schulz-Schaeffer2000: 189 nach Callon 1991: 140). Im Zuge der folgenden Ausführungen wird der Begriff aufSeite 14 genauer erläutert.

Page 101: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 101

Alle Handlungen und Kommunikationen sind eingebunden im Zusammenhangvon vorausgegangenen und nachfolgenden Handlungen und Kommunikationen.Diese werden jedoch nicht beliebig in der Umwelt integriert, sondern selektivnur solche, auf die wir uns sinnvoll beziehen können. Die Selektivität verweistauf die hierdurch entstehende innere und äußere Ordnung, welche es erlaubt,Handlungen und Kommunikationen zu verknüpfen und so eine reflexive Bezug-nahme auf die Zusammenhänge ermöglicht.

„Die Selektivität der Bezugnahmen auf Handlungen und Kommuni-kationen in unserer Umwelt sowie die Möglichkeit reflexiver Bezug-nahmen auf Selektivität generiert durch die Logik des eigenen Ver-fahrens handlungs- und kommunikationsbezogene symbolische Ord-nungsmechanismen, die ich im Folgenden als «Geschichten» und«Diskurse» bezeichne.“ (Schmidt 2003a: 48)

Geschichten können dabei als eine Sinnkategorie definiert werden, in der Hand-lungsfolgen eines Aktanten geordnet kategorisiert werden. Sie ermöglichen inkontingenten Situationen unter Bezugnahme auf meine bereits erlebten Ge-schichten, sinnvolle Handlungen zu selektieren. Ähnliches gilt für Diskurse, andenen man sich beteiligt. Diskurse sind Selektionsmuster für die Kommunikationin den verschiedenen Geschichten. Damit sind sie als enger Wirkungszusam-menhang miteinander verknüpft, da Diskurse als Handlungen in Geschichten undGeschichten als Kommunikationen in Diskurse eingebettet sind.

„Geschichten und Diskurse bilden in ihrer Gesamtheit einen eigenenkomplementären Wirkungszusammenhang, der in der Beobachtungdoppelt perspektivisierbar ist, einmal als Geschichte (Handlungszu-sammenhang), zum anderen als Diskurs (Kommunikationszusam-menhang). Um diese Komplementarität auch optisch zu markieren,notiere ich diesen Wirkungszusammenhang als Geschichten & Dis-kurse.“ (Schmidt 2003a: 53).

Jede Setzung macht bzw. nimmt damit mindestens eine Voraussetzung, in derRegel jedoch viele Voraussetzungen, in Anspruch. Dies deutet an, dass dieserZusammenhang autokonstitutiv ist, dass Setzung und Voraussetzungen striktkomplementär sind. Jede Setzung setzt eine setzende Instanz voraus, welche beikognitiven Setzungen, wie beispielsweise der Wahrnehmung, das Bewusstseinist. Die Bezugnahme einer Setzung auf eine Voraussetzung wird jedoch erst inder reflexiven Bezugnahme auf die Setzung beobachtbar und damit auch dasBewusstsein erst durch Reflexion bewusst.

„Bewusstsein ist stets von Relationalität bestimmt, denn Bewusstseinist immer Bewusstsein-von-Etwas im Sinne eines dreistelligen Pro-

Page 102: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht102

zesses: Ein Träger eines Bewusstseins (Aktant) nimmt in einem Pro-zess Bezug auf Etwas (Bewusstseinsobjekt). Ohne Bewusstsein (be-wusste Bezugnahme) könnte nicht von Objekten gesprochen wer-den.“ (Schmidt 2003b: 2f)

Bewusstsein kann damit als eigenständiger Prozessbereich definiert werden, wasdarauf hindeutet, dass die Träger von Bewusstsein kognitiv autonom sind. Diesbedeutet, dass eine lineare Intervention in das Bewusstsein nicht möglich ist,sondern dies immer nur vermittelt erfolgen kann. Kognitive Systeme organisie-ren sich aufgrund ihrer operativen Geschlossenheit selbst durch Selbstreferenz,welche besagt, dass sie aus inneren oder äußeren Anlässen heraus selbst organi-siert systemspezifische Ordnungsbildungen realisieren. Aktanten orientieren sichan ihren eigenen Orientierungen, dabei ist es aber gleich, woher sie diese Orien-tierung beziehen (Schmidt 2003a: 99). Die kognitive Autonomie der Aktantenund die Systemgebundenheit jeder Setzung ist ein wesentlicher Bestandteil derTheorie der Geschichten & Diskurse (Prinzip der kognitiven Autonomie bzw.der Selbstorientierung). In dieser Selbstorientierung kann Wirklichkeit unhinter-fragt wirklich werden. „Wirklichkeiten sind erst dann von und für uns gelebt,wenn die kontingenten Bedingungen dieses Erlebens invisibilisiert (worden)sind“. (Schmidt 2005:92) (Prinzip systeminternen Komplexitätsaufbaus)

Die Notwendigkeit von Bewusstsein und Setzung konstituiert Raum und Zeitsowie Gegenstände in Raum und Zeit (Konstruktivitätsprinzip). Zur Verdeutli-chung des Mechanismus von Setzung und Voraussetzung unterscheidet SchmidtKategorien, semantische Differenzierungen und Unterscheidungen. Die reflexiveWahrnehmung erzeugt gemeinsames Wissen, welches Vergesellschaftung unddurch systemspezifische Unterscheidungen die Verwendung von Sprache fürKommunikation ermöglicht (Reflexivitätsprinzip). Kategorien sind gesellschaft-lich getragene Sinndimensionen wie beispielsweise „Alter“ oder „Geschlecht“,die durch semantische Differenzierungen (alt/jung, eiskalt/kalt/lauwarm/heiß)konkretisiert werden. Macht man eine konkrete Unterscheidung, dann wirddurch eine Setzung aus den verschiedenen möglichen semantischen Differenzie-rungen ausgewählt, die ihre Bedeutung aus der Differenz zu den nicht gewähltenMöglichkeiten erlangt.

Das semantische System von Sinnorientierungen bildet sich in der Geschichteder jeweiligen Gesellschaft als überdauerndes Ergebnis von Handlungen undErfahrungen aus und wird von Schmidt als „Wirklichkeitsmodell“ bezeichnet.

„Es wird bestimmt als das aus Handeln hervorgegangene und durchHandlungserfahrungen systematisierte und bestätigte kollektive Wis-sen der Mitglieder einer Gesellschaft über ‚ihre Welt’. Kollektiveswird nicht als eine Entität, sondern als Prozess Resultat von Reflexi-

Page 103: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 103

vität konzipiert und bezeichnet den kognitiven ‚Inhalt’ der Erwar-tungs-Erwartungen, die Aktanten sich gegenseitig im Sinne eineroperativen Fiktion als kollektives Wissen bei allen anderen unterstel-len.“ (Schmidt 2003a: 34)

Den Reflexivitätsmodus dieser kognitiven Erwartung kollektiver Erwartungbezeichnet Schmidt als „operative Fiktion“ (Schmidt 2005: 34). Das kollektiveWissen wird in der Bewusstseinstätigkeit der Aktanten ständig neu gebildet undist kein abrufbarer Informations- oder Wissensbestand. Wirklichkeitsmodellesystematisieren den Umgang für alle handlungsrelevanten Lebensbereiche wieUmwelten, Aktanten, Vergesellschaftungsformen wie Organisationen, Gefühleund Werte. Diese Bereiche müssen verschränkt gedacht werden und es ist davonauszugehen, dass „alle relevanten Kategorien und semantische Differenzierungeneines Wirklichkeitsmodells affektiv und moralisch besetzt sind.“ (Schmidt2003a: 35f):

B3-02 Kontinuierliche Aktualisierung kollektiven WissensKollektives Wissen wird durch die Bewusstseinstätigkeit ständigneu gebildet und ist kein abrufbarer Informations- oder Wissensbe-stand.

Wirklichkeitsmodelle werden erst dann handlungswirksam, wenn mit ihrer Ent-stehung ein Programm gesellschaftlich verbindlicher Bezugsannahmen entsteht,die eine gemeinsame Orientierung der Aktanten ermöglicht aufgrund der relati-ven Stabilität des Wirklichkeitsmodells, das sich nur langfristig ändert. Das se-mantische System von Sinnorientierungen, was Schmidt als Kulturprogrammoder Kultur bezeichnet, muss damit zeit- und Aktantenübergreifend konzipiertwerden (Prinzip der kollektiven Ordnungsbildung durch Aktanten), da nur hier-durch gewährleistet wird, dass jeder Einzelne erwarten kann, dass sich auch alleanderen auf das so geteilte Wissen beziehen. Der Erwerb dieses kollektivenWissens erfolgt dabei durch Sozialisationsprozesse.

„Dieses Programm gesellschaftlich verbindlicher Bezugannahmenvon Aktanten auf die kollektiv verbindlichen Sinnorientierungen desgesellschaftlichen Wirklichkeitsmodells nenne ich Kulturprogrammbzw. kurz Kultur. Kulturprogramme erfüllen die Funktion der Opti-onseröffnung und Optionsschematisierung für Handlungen von Indi-viduen in allen gesellschaftlich relevanten Lebensbereichen, dasheißt, sie erlauben den Individuen eine (weitestgehend unbemerkte)Transformation von unspezifischer in spezifische Kontingenz sowieeine erfolgreiche Vermittlung von kognitiver Autonomie und damitverbundener Handlungsfreiheit mit gesellschaftlichen Handlungser-

Page 104: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht104

wartungen, also mit Kollektivität und Normativität der Sinnorientie-rung. Die Kenntnis von Wirklichkeitsmodellen und Möglichkeitender Anwendung von Kulturprogrammen erwerben Aktanten im Lau-fe ihrer Sozialisation notwendigerweise in komplementärer Weise.“(Schmidt 2005: 38)

Die gemeinsam entwickelten universitären Zielvorstellungen und Qualitätskrite-rien beispielsweise müssen kulturell verankert werden, um nachhaltig in einerOrganisation wirksam werden zu können:

D2-06 UniversitätskulturKulturprogramme ermöglichen die gemeinsame Bezugnahme vonIndividuen auf geteilte Sinnorientierungen. Der Erwerb des kollek-tiven Wissens dieses gesellschaftlichen Wirklichkeitsmodells er-folgt durch Sozialisationsprozesse.

Im Rahmen des Kulturprogramms stehen verschiedene Handlungstypen zurVerfügung. Diese entstehen dadurch, dass der Kontingenz des Handelns durchSchematisierungen begegnet wird, die einem einzelnen Handlungstyp zugeordnetsind. Handeln wird dabei konzeptionalisiert als „die Grundform aller Bezugnah-men über den basalen Mechanismus von Setzung (operativer Aspekt) und Vo-raussetzung (Sinnorientierung) (…).“ (Schmidt 2003a: 60). Damit ist Schema-wissen eine operative Fiktion, die es uns erlaubt, im Wirkungszusammenhangvon Geschichten & Diskursen mit Kontingenz handlungssicher umzugehen.Allerdings können Handlungen nicht direkt beobachtet werden, sondern immernur Ereignis- und Geschehensfolgen, die vom Beobachter in bestimmte Hand-lungsschemata eingeordnet werden, um eine Unterscheidung und Einschätzungdieser Wahrnehmung vorzunehmen. Damit ist das Handeln des Aktanten un-trennbar verbunden mit der Einschätzung des Beobachters, wobei dessen Inter-pretationen nicht notwendiger Weise mit den Handlungen aus Sicht des Aktantenübereinstimmen. Während es dem Aktanten in der Regel um eine erfolgreicheBewältigung aktueller Situationen geht, die mit bewussten oder nachträglichkonstruierten Absichten verknüpft werden können, fragt der Beobachter vorallem nach der Intentionalität des beobachtenden Handelns, welches aus seinerSicht Sinn macht. Dies eröffnet den Blick für den komplementären Doppelaspektallen Handelns und Kommunizierens hinsichtlich einer Sinn- sowie einer Pro-zessorientierung. (Prinzip der doppelten Perspektivisierung).

„Auch hier zeigt sich wieder, dass es sich bei Setzung und Voraus-setzung, bei Sinnorientierung und Prozessorientierung um Beobach-tungsvarianten handelt und nicht um ‚Realalternativen’, die dualis-tisch gedeutet werden können. Handlungen ohne Aktanten sind nach

Page 105: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 105

dieser Argumentation ebenso undenkbar wie Handlungen ohne sinn-stiftende soziale Deutungschemata, die als kollektives Wissen vonAktanten eingesetzt werden (müssen), wenn sie sozial relevant Han-deln wollen.

Insofern kann das Konzept ‚Aktant’ theoretisch modelliert werdenals Einheit der Differenz von kognitiver Autonomie uns sozialer Ori-entierung, die sich in Handlungen und Kommunikationen in Ge-schichten & Diskurse verkörpert.“ (Schmidt 2003a: 66f)

Damit kognitive Systeme sozial handlungsfähig bleiben, müssen sie sich ständigmit ihrer Umwelt in Beziehung setzen. Dies erfolgt allein durch das Managementdes vom System beherrschbaren Orientierungsapparats. Die Umwelten einesSystems sind damit alle Umweltkontakte, welche die Handhabung der Differenzvon Selbstreferenz und Fremdreferenz ermöglichen. Damit konstituieren sichSystem und Umwelt laufend gegenseitig. In der Beobachtung des Systems ent-steht erst die spezifische Umwelt des Systems. Auch hier werden aus den wahr-genommenen Umweltfaktoren interne Repräsentationen für die Wirklichkeit dereigenen Umwelt entwickelt, die in der Handlung und in der Kommunikationhinsichtlich ihrer Viabilität überprüft werden können. (Prinzip der Komplemen-tarität).

Das Grundproblem der Vermittlung zwischen kognitiver Autonomie und sozialerOrientierung wird in der Theorie der Geschichten & Diskurse mit der Konzep-tionalisierung eines gemeinsamen Bezugssystems von Sinnorientierungen gelöst.Kommunikation und Interaktion ermöglichen eine Coorientierung der Aktantenund eine Integration kollektiven Wissens durch jeden Einzelnen. Kommunikationals Vermittler zwischen den kognitiv autonomen Aktanten wird als Orientie-rungs-Orientierung konzipiert. Dies bedeutet, dass sich Aktanten gegenseitigOrientierungsangebote machen, die vom jeweiligen Gegenüber genutzt werdenkönnen. Wie weit ein Konsens über die Kommunikation besteht, hängt im We-sentlichen von der Übereinstimmung geteilten kollektiven Wissens ab. Die refle-xiv unterstellten Voraussetzungen in der Kommunikation wecken die Erwartung,dass die Kommunikation erfolgreich verläuft und vom Kommunikationspartnerdie Intention verstanden wird. Geschichten und Diskurse spielen bei diesemProzess eine bedeutende Rolle, indem sie Selektion vereinfacht und damit dieKontingenz in Bezug auf die Kommunikation reduziert (Schmidt 2003a: 68f):

B3-03 CoorientierungKollektives Wissen kann nicht linear transferiert werden. DurchKommunikation und Interaktion wird eine Coorientierung und eineIntegration kollektiven Wissens durch jeden Einzelnen ermöglicht.

Page 106: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht106

Voraussetzung für das Gelingen von Orientierungs-Orientierungen ist die Nut-zung der gemeinsamen operativen Fiktionen, also des kollektiven Wissens sowiedie Einbindung von Co-Aktanten in Geschichten & Diskurse. Operative Fiktio-nen entfalten ihre Wirksamkeit durch die gegenseitige Zuschreibung, durch dieAktanten anderen Aktanten moralische Handlungsregeln, verifizierbare Wis-sensbestände und affektiv besetzte Identitäten unterstellen. Orientierungs-Orientierungen verweisen darauf, dass kognitive Autonomie und soziale Orien-tierung nicht nur möglich, sondern auch wechselseitig konstitutiv sind (Schmidt2003a:103) (Prinzip der operativen Fiktion).

„Orientierung-Orientierung ist eine brauchbare Formel für die Lö-sung des Problems, wie Differenz von kognitiver Autonomie und so-zialer Kontrolle bearbeitet werden kann. Während im Konzept derstrukturellen Kopplung, das oft für die Lösung des Problems ver-wendet wird, immer ein Moment direkter Verbindung mit schwingt,verweist Orientierungs-Orientierung darauf, dass kognitive Autono-mie und soziale Orientierung gleichermaßen nicht nur möglich, son-dern wechselseitig konstitutiv sind, weil die zur Orientierungs-Orientierung benutzten operativen Fiktionen zu gleich kognitivprozessierbar und kommunikativ thematisierbar und begründbarsind.“ (Schmidt 2003a: 103)

Erst durch Beteiligung an den leitenden Diskussionen und Handlungen einerOrganisation kann kollektives Wissen für jeden Einzelnen handlungswirksamwerden:

B3-04 PartizipationEine gemeinsame Nutzung kollektiven Wissens wird über die Ein-bindung aller Beteiligten in Geschichten und Diskurse ermöglicht.

Coorientierung unter der Prämisse von kognitiver Autonomie und Selbstreferenzerfordert Reflexion, die durch verschiedene Reflexivformen unterstützt werdenkann. Orientierungs-Orientierung bedeutet mit Blick auf das Lernen beispiels-weise, dass der Fokus auf das Selbstlernen, die Selbstbeobachtung und dieSelbstorientierung gelegt werden muss (Prinzip der strategischenReflexivierung). Neben der Lernformenvariabilität steht damit als ein weitererFokus der Transformation die Reflexivformenvariabilität:

C2-07 ReflexivformvariabilitätReflexion kann durch verschiedene Reflexivformen unterstütztwerden.

Page 107: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 107

Gerade mit dem Prinzip der operativen Fiktion verweist Schmidt auf die reflexi-onstheoretischen Möglichkeitsbedingungen. Reflexivität stellt sich dabei als ein„hochgradig generativer Mechanismus“ (Schmidt 2003a:103) dar, „der das kom-plexe Netzwerk von Setzungen/Voraussetzungen, Wirklichkeitsmodel-len/Kulturprogrammen und Geschichten/Diskursen überhaupt erst ermöglicht.“(Sandbothe 2003: 14f) Dabei leitet Schmidt sowohl das Bewusstsein, den Aktan-ten und seine Vergesellschaftung als auch die Komplementarität von Bewusst-sein und Gegenstand aus der beschriebenen Logik des autokonstitutiven Prozes-ses wechselseitiger Generierung von Setzung und Voraussetzung ab. Mit diesernicht-dualistischen Konzeptualisierung wird der Blickwinkel vom Objekt auf dieProzesse verschoben und damit der alte Gegensatz, der sich beispielsweise in derGegenüberstellung von Subjekt und Objekt zeigt, überwunden.

Reflexivität als Kontinuitätsunterbrecher generiert beispielsweise Bewusstseindurch reflexive Bewusstwerdung oder sozial viable Ordnungen durch reflexivekollektive Herstellung (Schmidt 2003a: 103). Die gegenseitige Zuschreibung deroperativen Fiktion bedient sich der Reflexion zur Generierung von kollektivenBezugsordnungen wie Identität, Moral und Wahrheit.

„Durch die Vernetzung der wichtigen reflexiven Mechanismen Iden-tität, Moral und Wahrheit verwandeln Gesellschaften im Lauf ihrerEntstehung universale Kontingenz, also die Haltlosigkeit von Identi-tät, Moral und Wahrheit, in tragfähige Konstruktionen, sozusagen instabile doppelte Kontingenz. Identitätszuschreibung referiert auf dieErfüllung der Erwartungen an kommunikative und moralische Au-thentizität des Aktanten, moralische Orientierungs-Orientierung refe-riert auf die Erfüllung der Erwartungen an die Prinzipien seiner sitt-lich guten Lebensführung, und kommunikative Wahrheitszuschrei-bung referiert auf die Verlässlichkeit seiner Bezugnahmen auf denaktuellen Stand reflexiv unterstellten unbezweifelten Wissens. Da-rum können Moral und Wahrheit für die Handelnden in Gesellschaf-ten Kontingenz invisibilisieren und in Diskursen als Legitimations-unterbrecher für Orientierungsprinzipien (Werte) sowie als Unter-brecher von Begründungsregressen für Wahrheiten (Gewissheiten)fungieren, ohne auf „das Gute“ oder „die Wahrheit“ zurückgreifenzu können und zu müssen.“ Schmidt 2003b: 16)

B3-05 Gemeinsame ReflexionKollektive Bezugsordnungen entstehen durch gemeinsame Reflexi-on.

Page 108: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht108

4.4 Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht

Wenn der Begriff Lernen im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet wird, hatjeder eine Vorstellung von dem, was allgemein unter dem Begriff verstandenwird. Manche assoziieren ihn, je nach Erfahrung, positiv oder negativ und häufigist er mit der Schulzeit verknüpft. Doch auch Lernerfahrungen im Erwachsenen-alter beeinflussen unsere Vorstellung von Lernen. Wissenschaftliche Definitio-nen bemühen sich um eine zumindest hinreichende Definition des Begriffs. Sowird unter Lernen gemeinhin ein „Prozess [verstanden], der zu relativ stabilenVeränderungen im Verhalten oder im Verhaltenspotential führt und auf Erfah-rungen aufbaut“ (Zimbardo et al. 1999: 206). Dabei ist Lernen nicht immer einbewusster Vorgang oder absichtsvoll, sondern häufig beiläufig und ungeplant.Ob etwas gelernt wurde, „muss aus den Veränderungen des zu beobachtbarenVerhalten geschlossen werden.“ (ebd.) Jede Disziplin bietet andere Konzeptions-angebote, die sich jedoch nicht zu einer kohärenten Gesamtdefinition bündelnlassen (Schmidt 2005: 97). Im Folgenden werden zunächst verschiedene Elemen-te des Lernens unter einer systemisch-konstruktivistischen Perspektive einge-führt, um im weiteren Verlauf der Kapitel dezidiert Lernen aus dem Blickwinkelder Theorie der Geschichten & Diskurse zu betrachten.

Bateson gilt als eine Schlüsselfigur der Wissenschaftsgeschichte des letztenJahrhunderts. Seine ersten Entwürfe einer Lerntheorie aus dem Jahr 1942 entwi-ckelt er drei Jahrzehnte später weiter zu einer Theorie, die vier Stufen des Ler-nens umfasst (Bateson 1972). Diese Theorie ist beeinflusst von der Typentheo-rie13 Russels (Whitehead, A. N. & Russell, B. 2008) und der Kybernetik14. Zu-nächst charakterisiert Bateson Lernen als „irgendeine Veränderung“. Die ersteStufe des Lernens wird von ihm Lernen 0 genannt. Bei dieser Form des Lernenshandelt sich um eine einfache Informationsaufnahme bzw. um Assoziationsler-nen. Die zweite Stufe, Lernen I, wird charakterisiert als eine Veränderung vonLernen 0. In einem wiederholbaren Kontext versucht dabei der Lernende seinVerhalten über Versuch und Irrtum zu optimieren. Auf der dritten Stufe, demLernen II oder Deutero-Lernen, wird die Veränderung des Lernens I angezeigt.In veränderten Kontexten bilden sich einerseits relativ stabile Eigenschaften(Gewohnheiten) aus, andererseits wird gelernt zu lernen, d. h. es geht um die

13 Die Typentheorie unterscheidet Elemente und Mengen logisch voneinander. Die Vermischungdieser beiden Aspekte verursacht notwendige Widersprüche. Die Missverständnisse zwischen denVerhaltenswissenschaftlern sollen hierdurch abgebaut werden (Lutterer 2002: 31).

14 Kybernetik befasst sich als fachübergreifende Wissenschaft mit der Untersuchung von Steue-rungs- und Regelungsvorgängen in technischen, aber auch in natürlichen Systemen. Sie betrachtetden Aufbau von Wirkungsgefügen sowie deren Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten (z. B.Rückkopplungen).

Page 109: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 109

Verbesserung der Lernleistung durch die Fokussierung der Lernprozesse. LernenIII steht schlussendlich für die Veränderung von Lernen II, d. h. von Gewohnhei-ten und Charakterzügen. Diese Lernform ist jedoch nur selten beim Menschenvorzufinden. Die Änderung von Prämissen auf der Ebene II ist laut Bateson auchohne eine Änderung auf Ebene III möglich. Ein erfolgreiches Lernen III entsprä-che einer Neudefinition des Selbst.

Argyris und Schön sind mit die einflussreichsten Autoren zum Thema lernendeOrganisation. In ihrem Konzept greifen sie die Lernstufen Batesons auf undentwickeln sie weiter zu drei Stufen organisationalen Lernens.Einschleifenlernen (single-loop-learning) zeichnet sich dadurch aus, dass dieOrganisation versucht, sich durch die Anpassung seiner Strategien den sich ver-ändernden Informationen aus der Umwelt anzupassen. Hedberg spricht in diesemZusammenhang auch von Anpassungslernen (Hedberg 1981). Das Zweischlei-fenlernen (double-loop-learning) beinhaltet ebenfalls das einschleifige Lernen,macht aber die Normen, also die Weltsichten, Ideologien der Organisation zumGegenstand des Lernprozesses. Hierdurch wird ein höherstufiger Lernprozessdurchlaufen, der auch Veränderungslernen genannt wird (ebd.). Die dritte Stufe,welche sie, angelehnt an Bateson, Lernen zweiter Ordnung (deutero learning)nennen, macht die Lernprozesse selbst zum Gegenstand des Lernens. Durch dieBeobachtung des organisationalen Lernverhaltens können diese immer wiederoptimiert werden und die einschleifigen und zweischleifigen Lernprozesse opti-miert werden. Nach Willke (2004: 50f) entwickeln sie Batesons Konzept weiter,indem sie Lernen, reflexives Lernen und reflektiertes Lernen unterscheiden.Während das reflexive Lernen das Lernen des Lernens beschreibt, ist das reflek-tierte Lernen dann erreicht, wenn ein System eine Strategie für das Lernen ent-wickelt. Es geht also um eine Priorisierung der Lernmöglichkeiten und um dieBestimmung von Lernzielen (Argyris & Schön 2006: 35ff).

Piagets Untersuchungen haben einen neuen Blick auf das Lernen geworfen undden Konstruktivismus in der Anfangsphase stark geprägt. Er stellt fest, dass jederLernende aus seiner Aktion heraus lernt. Dabei bildet er seine eigene Wirklich-keit, die im Abgleich mit der Umwelt verändert wird. Der Prozess des Abglei-chens von Wahrnehmungen der Umwelt mit den inneren Schematisierungen derWirklichkeit erfolgt durch anpassendes Lernen (Assimilation) und veränderndesLernen (Akkomodation). Beide Begriffe werden von Ernst von Glasersfeld auf-gegriffen und bilden ein Kernelement seiner Sicht auf das Lernen. Assimilationbeschreibt den Umgang eines handelnden Subjekts mit neuen Umweltanforde-rungen (Glasersfeld 1997). Lernen erfolgt durch die „Einverleibung der äußerenWirklichkeit“ (Piaget 2003), d. h. durch die Einordnung wahrgenommener exter-ner Objekte oder Zustände in bereits entwickelten kognitiven Denk- und Hand-lungsstrukturen.

Page 110: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht110

„Assimilation bedeutet, dass das handelnde Subjekt eine gegebeneSituation als jene erkennt, mit der es eine bestimmte Handlung oderOperation assoziiert hat, obschon ein Beobachter die Situation alsunterschiedlich betrachtet.“ (Glasersfeld 1997: 168)

Im Gegensatz zur Assimilation reicht es bei der Akkomodation nicht aus, beste-hende Schemata aufgrund von Umweltanforderungen zu erweitern, sondern esbedarf der Veränderung bzw. der Entwicklung neuer Schemata, welche durcheine Verstörung ausgelöst wird. Nach Piaget wird Reflexion erst dann ausgelöst,wenn bekannte Dinge sich anders verhalten als erwartet, d. h. eine Verstörungder bisherigen Muster und Routinen auslösen.

„Akkomodation (...) bezeichnet eine Reaktion des Subjekts, die danneintreten kann, wenn das Ergebnis der Handlung der Erwartung desSubjekts nicht entspricht. Die Überraschung oder Enttäuschung kanndann nämlich zu einer Änderung der Handlungsschemata oder zurBildung eines neuen Schemata führen. In beiden Fällen wird dasVerhalten des Subjekts durch Erfahrung verändert und man kann al-so von "Lernen" sprechen.“ (Glasersfeld 1997: 168)

B1-11 Zielebenen des LernensLernen erfolgt durch Anpassung des Verhaltens, durch Verände-rung von Normen und Werten als auch durch eine Optimierung desLernens.

Darüber hinaus unterscheidet Glasersfeld in Anlehnung an Piaget sensomotori-sche Handlungen und mentale Operationen. Auf der sensomotorischen Ebenesind Handlungsschemata „utilaristisch“, weil sie durch die Interaktion mit derUmwelt die notwendige Zielerreichung des Organismus unterstützen. Psychischeund soziale Viabilität zielt auf die Funktionalität eines Verhaltenszusammen-hangs ab und umfasst die Vielfalt möglicher reflexiver Handlungsweisen. Dieerworbenen „epistemischen“ Schemata repräsentieren dabei die Viabilität in derErfahrungswelt und nicht die Realität (Holtz 2008: 77).

Vygotskij kommt in seinen Ausführungen in „Denken und sprechen“ (Vygotskij1993) zu weitgehend ähnlichen Ergebnissen wie Piaget. Er betont jedoch diekulturelle Eingebettetheit von Lernprozessen. Die von ihm eingeführte Zone dernächsten Entwicklung deutet darauf hin, dass Lernumgebungen so gestaltet seinmüssen, dass sie eine konstruktive Wissenserschließung ermöglichen und nichtallein reproduzierendes Lernen abverlangen. Ergänzungen kommen auch vonBruner, der insbesondere die Bedeutung der sozialen Interaktion und ein verän-dertes Sprachverständnis betont. Darüber hinaus ist für ihn, ähnlich wie bei

Page 111: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 111

Vygotskij, die historisch-kulturelle Dimension ein nicht zu vernachlässigenderAspekt des Lernprozesses (Bruner 1983).

Wissen ist vor dem Hintergrund einer solchen Annahme nicht außerhalb desLernenden verfügbar und kann in ihn hinein transferiert werden, sondern Wissenkann als kognitive Bearbeitung einer Differenz zwischen Organismus und Um-welt nur im Lernenden selbst entstehen. Im Kapitel 4.2 wurde bereits der vonMaturana und Varela geprägte Begriff Autopoiese eingeführt. Dort wird Lernenvor allem als Folge von Perturbationen verstanden, welche nicht ein äußeresEreignis sind, sondern eine wahrgenommene Störung. Diese sollen die lernendenOrganismen als autopoietische Systeme in struktureller Koppelung mit ihrenUmwelten zu selbstreferentiellen Lernprozessen in operationaler Geschlossenheitanregen (Maturana & Varela 1987: 187f). Vor diesem Hintergrund rückt dieKommunikation auch stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung eines Lernensaus systemisch-konstruktivistischer Sicht. Kommunikative Prozesse sind imWesentlichen der Auslöser zur Irritation eines psychischen oder sozialen Sys-tems, da diese gezwungen werden, die eingefahrenen Handlungsmuster, Denk-weisen und die eigene Wahrnehmung zu reflektieren und zu begründen (Arnold1995: 356ff).

B3-06 LernteamsLernteams ermöglichen die Verbindung von unterschiedlichenSichtweisen, Lernwegen und Beobachtungen.

Der besonderen Bedeutung der Kommunikation wird im interaktionistischenKonstruktivismus verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt. Er bezieht stärker diekulturellen und lebensweltlichen Interaktionen mit in die Betrachtung ein undkonzeptionalisiert Lernen als Konstruktion (Erfinden), Rekonstruktion (Entde-cken) und Dekonstruktion (Reich 2000) von Wirklichkeiten.

„Die interaktionistisch und sozial orientierten Ansätze betonen diesoziale Grundlage von Lernvorgängen, stellen die Wichtigkeit ge-meinsamer Handlungen von Lern-Teams als zentrale Aktivität her-aus, erwarten nicht nur Beobachtervielfalt in Lernprozessen, sondernauch unterschiedliche Wege und Ergebnisse des Lernens bei unter-schiedlichen Lernern. Dabei wird Lernen aber nicht als beliebig in-terpretiert, sondern immer mit kulturellem Sinn zusammengedacht:Lernfortschritte sind dann erreicht, wenn ein Lerner sich in seinensozialen und kulturellen Kontexten bewusst beobachten und reflek-tieren kann, um nicht blind alles zu lernen, was er vorfindet, sonderngezielt jenes auszusuchen und zu bevorzugen in der Lage ist, was fürseine Lebensweise viabel ist.“ (Neubert et al. 2001: 4f)

Page 112: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht112

Die Bedeutung der Kommunikation und Interaktion betont auch die Theorie derGeschichte & Diskurse. Auf dieser Grundlage unternimmt Schmidt den Versuch,dieses Theorieangebot auf den Lern- und Kompetenzdiskurs zu übertragen, wel-che für ihn vom Beobachter selbst bestimmte Diskursprodukte sind,

„(…) die aus dem Zusammenspiel von Setzungen und Vorausset-zungen in Geschichten und Diskursen im Orientierungsrahmen vonWirklichkeitsmodellen und Kulturprogrammen resultieren und ihrenReferenzbereich selbst organisierend konstituieren.“ (Schmidt 2005:94)

Lernen kann formal als Prozess definiert werden, der eines individuellen oderkollektiven Trägers bedarf. Menschliche Träger sind kognitiv autonom, so dasseine direkte Intervention nicht möglich ist. Alle Prozesse laufen ab in Geschich-ten und Diskurse, welche alle relevanten Setzungen und Voraussetzungen bedin-gen. Jeder Prozessträger erlebt dabei die gemeinsamen Geschichten und Diskurseals seine eigene Geschichte. Die Prozessträger schaffen durch ihre gemeinsamenBezugnahmen eine Kultur des Lernens als eine sozial verbindliche Ordnung inden Dimensionen Umwelt, Aktanten, Institutionalisierung, Gefühl und morali-sche Orientierung. Erst durch Differenz zu anderen Prozessen wird eine Prozess-identität geschaffen, welche auch durch verschiedenartige Ziele der Prozessbetei-ligten geprägt sein kann. Auf das Lernen bezogene Prozesse können sowohlgeplant als auch ungeplant in professionellen oder selbstorganisierten Umgebun-gen stattfinden und dabei selbst- oder fremdbeobachtet werden (Schmidt 2005:94ff).

Die formale Bestimmung von Lernen ermöglicht nun eine genauere inhaltlicheBestimmung des Betrachtungsgegenstands. Der Ausgangspunkt der Überlegun-gen ist bei Schmidt eine schlichte Definition von Lernen:

„Da wir nicht wissen, was Lernen als Prozess ist, reden wir überLernen als ein Prozess, der sich zwischen zwei Zuständen eines Sys-tems abspielt, eben dem Zustand vor „dem Lernen“ und dem Zu-stand nach „dem Lernen“. Diese spezifische Zustandsveränderungnennen wir Lernen.“ (Schmidt 2003c: 11f)

Lernen ist aus Sicht dieser Definition ein Erklärungsmodell für die Beobachtungvon spezifischen Veränderungen, die sich in den Prozessbereichen Bewusstsein,Interaktion und Kommunikation vollziehen. Dies zeigt an, dass Lernen keinBegriff mit einem inhaltlich exakt bestimmbarer Referenzbereich ist.

„Lernprozesse sind immer körperliche Prozesse im Wirkungszu-sammenhang von Kognition, Emotion, Moral und Empraxis. Sie las-sen sich ausdifferenzieren in der Zeitdimension (episodi-

Page 113: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 113

sches/lebenslanges Lernen), in der Sozialdimension (individuel-les/kollektives Lernen) und in der Sachdimension (Lerninhalte).“(Schmidt 2006: 9)

Schmidt charakterisiert nur solche Veränderungen als Lernen, deren Ergebnissekontingent sind (Schmidt 2005: 98). Dies bedeutet, dass einem Lernenden poten-ziell verschiedene Möglichkeiten für eine Veränderung zur Verfügung stehenund er im Vorfeld von Lernprozessen eine Selektion aus den möglichen Lernan-lässen vornehmen muss. Für diese Selektion ist die Selbstreferenz des verän-dernden Systems grundlegend, welche das Verhältnis der selbstbezüglichenVeränderungsselektion auf Seiten des Systems zu den Veränderungen der Um-welt verdeutlicht.

Grundsätzlich kann man zwei Lernarten unterscheiden. Zum einen das elementa-re lebenslange Lernen und zum anderen das funktionale episodische Lernen(Jünger 2004: 81)15. Elementares Lernen bezeichnet ein Lernen, welches sich ausden alltäglichen Handlungserfordernissen ergibt. Überall wo Erfahrungen ge-macht werden, setzt ein mehr oder minder aufwändiger Reflexionsprozess ein,indem die Erfahrungen in Beziehung zu anderen Erfahrungen gesetzt werden.

„Diese Verwendung des Lernkonzepts bezeichnet prozesslogischund ordnungstheoretisch nichts weiter als die prinzipielle Eigen-schaft komplexer, dynamischer, operativ geschlossener Systeme,Evolution durch energetische Umweltkopplungen und semantischeSelbstreferenz zu betreiben. Diese Art von elementarem Lernprozessist unspezifisch und hat auf der Ebene der Systemcharakterisierungkeinen Gegenbegriff. Lebende Systeme sind immer lernende Syste-me (…). (Jünger 2004: 81)

Dem gegenüber stehen funktional episodische Lernprozesse, welche auf be-stimmte Lernordnungen hin ausgerichtet und in „sozial reflexive Erwartungs-und Unterstellungsstrukturen“ (Jünger 2004: 81) eingebettet sind. Diese Lern-prozesse sind immer spezifisch, da sie hoch voraussetzungsvoll sind (ebd.) ZurBeobachtung von Lernprozesssen muss nun elementares Lernen in funktionalesLernen transformiert werden, so dass die Spezifik des situativen Lernprozessesmit Bezug auf kollektiv geteilte Lernbewertungen, die sich auf Sinnorientierun-gen in lernspezifischen Wirklichkeitsmodellen und Kulturprogrammen beziehen(Coorientierung der Aktanten im Lernsystem), erklärt werden kann.

15 Diese Unterscheidung verdeutlicht die Bewusstheit der Lernprozesse und entspricht grundsätz-lich der bei Jarvis (Kapitel 3.4.3) unterschiedenen Ebenen des unbewussten, nicht-reflektiertenund reflektierten Lernens.

Page 114: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht114

„Das heißt, Lernen als Kategorie gekoppelter Selbst- und Fremdbe-obachtung erfasst elementare Lernprozesse als Ordnung der Selbst-veränderung im Zuge der Herstellung von Identität. Lernen als Kate-gorie gekoppelter Selbst- und Fremdbeobachtung erfasst elementareLernprozesse als funktionale Lernprozesse, in dem im Zuge derKopplung von Identitätsherstellung die Ordnung der Selbstverände-rung in Beziehung zur kollektiven Ordnung derPerformanzbewertung gesetzt wird.“ (Jünger 2004: 82)

Erfolgt Lernen also unstrukturiert und informell im Lernprozess, so ist es Aufga-be aller Beteiligten, diese Lernprozesse eingehender zu beobachten und ihrenBeitrag zur Kompetenzentwicklung zu bestimmen. Hierdurch wandelt sich in-formelles in explizites Lernen:

B1-12 Bewusstheitsgrad des LernensZur Beobachtung von Lernprozessen muss elementares lebenslan-ges Lernen in funktionales Lernen transformiert werden, um be-wusst Gegenstand des Lernens zu werden.

Damit es zu einer Beobachtung von Lernen kommen kann, muss der Lernendeein Verhalten zeigen (Performanz), welches der Beobachter als eine Systemver-änderung wahrnehmen kann.

„Mit anderen Worten, eine beobachtbare Performanz wird mit Erklä-rungsanspruch zurückgeführt auf eine nichtbeobachtbare Verände-rung im Bewusstsein, also auf eine Eigenleistung eines je individuel-len Bewusstseins. Jemand im Prozesssystem Lernen stellt fest, dasssich die Performanz eines anderen im Hinblick auf lernrelevante Be-urteilungskriterien geändert hat, und führt dies darauf zurück, dass erjetzt etwas weiß oder kann, was er vorher nicht gewusst oder ge-konnt hat, was er also »gelernt« haben muss.“ (Schmidt 2005: 102)

Lernen beobachten sagt deswegen mehr über den Beobachter, sei es aus derPerspektive der Fremd- oder der Selbstbeobachtung, aus, als über den eigentli-chen Lernprozess. Lernen beobachten zu können bedeutet damit, dass man einewahrnehmbare Veränderung in Beziehung zu möglich gewesenen Verände-rungsoptionen setzt und dabei die spezifische Selektion dem sich veränderndenSystem zuschreiben kann. Die Berücksichtigung des Lernbeoachters mit seinemspezifischen Beobachtungshintergrund ist damit ebenso wichtig wie die beobach-tete Veränderung selbst, da die selbst- oder fremdbeobachteten Systemverände-rungen von Wissen oder Können von einem Beobachter zugeschrieben werdenmüssen.

Page 115: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 115

„Lernen zu beobachten heißt realisierte Veränderungen als Auswahlaus möglichen Veränderungen zu beobachten und diese Auswahldurch die Eigenleistung des sich verändernden Systems zu begrün-den. (…) Mit dem Konzept »Lernen« werden hier also selbst- oderfremdbeobachtete Systemveränderungen im Hinblick auf Wissenund Können bezeichnet. Mit anderen Worten, erfolgreiche Lernpro-zesse müssen zugeschrieben werden – nur ein Beobachter kann vonbzw. vom Lernen reden.“ (Schmidt 2005: 99).

Erfolgt eine Bewertung von Lernen muss also der Beobachter selbst in den Fo-kus genommen werden. Führungskräfte und Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter,welche dezentral gemeinsam eine Standortbestimmung vornehmen, müssen alsobei ihren Beurteilungen ihre eigenen Perspektiven mit in die Waagschale werfen:

D1-07 BeobachtereinschätzungDie Berücksichtigung des Lernbeobachters mit seinem spezifischenBewertungshintergrund ist für die Bewertung von Lernprozessenwichtig.

Der konstitutive Zusammenhang zwischen Lernern, Lernprozessen,Performanzen und Beobachtern wird von Schmidt als „Lernsystem“ bezeichnet(Schmidt 2005: 98f). Die sich in einem Lernsystem befindlichen gekoppeltenAktanten beziehen sich auf einen gemeinsamen Orientierungsrahmen einer spe-zifischen Beobachtungs-, Handlungs- und Kommunikationsordnung, die alsLernkultur bezeichnet werden kann (Schmidt 2005: 102). Lernkulturprogrammewerden im Prozess des Lernens entwickelt und sie verändern sich durch denEinfluss von sozialen und technischen Neuerungen.

„Lernkulturen setzten also Kulturen des Lernens und damit immerdes Lehrens voraus, weshalb es keine objektiv richtigen, sondernimmer nur kulturell akzeptable kontingente Lernkulturprogrammegeben kann.“ (Schmidt 2005: 107)

Ebenso wie die Universitätskultur den Rahmen für die Handlungsoptionen derHochschule spannt, fokussiert die Lernkultur, als Teilbereich der Organisations-kultur, den Rahmen für das professionelle Handeln bei der Kompetenzentwick-lung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Studierenden:

D2-07 LernkulturLernkulturen schaffen einen gemeinsamen Orientierungsrahmen fürdie Bewertung von Lernprozessen.

Page 116: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht116

Bei den bisherigen Ausführungen hat sich gezeigt, dass Lernen nur im Nachhin-ein über Selbst- oder Fremdbeschreibungen rekonstruktiver Deutungen nachvoll-zogen werden kann. In dieser Rekonstruktion wird ein Prozess als Ursache füreine bestimmte Veränderung bestimmt, da die beobachtete Veränderung oder dasbeobachtete Ereignis als Lernresultat eingeschätzt wird. Damit werden jedochnicht Lernprozesse, sondern Lernerfolge beschrieben, die hinsichtlich der ge-meinsam geteilten Orientierungsschemata der Lernkultur bewertet werden. Diese„(…) regeln in spezifischen Diskursen, wie wir Lernprozesse nachvollziehen,nicht wie wir sie vollziehen.“ (Schmidt 2005: 104). Dies verdeutlicht, dass Ler-nen „ein Konzept zur inhaltlichen Bestimmung von »Lernen« in verschiedenenDiskursen und zu ganz bestimmten Zwecken darstellt“ (ebd.: 105).

Vor dem Hintergrund der konstatierten kognitiven Autonomie bleibt die Frage,wie Lernen überhaupt von außen beeinflussbar ist. Hier wird schnell deutlich,dass der Fokus sich abwenden muss von dem Glauben an direkter Interventionhin zur Schaffung von Verhältnissen, in denen Lernen ermöglicht wird. Lernenkann damit als Selbstlernen, als Performanz von Selbstorganisation, konzipiertwerden, welches erst dann erfolgt, wenn die Situation, in der Lernen erfolgensoll, als relevant, emotional befriedigend, moralisch vertretbar und als wün-schenswert bewertet wird (Schmidt 2005: 111). Die prinzipiell gleichberechtig-ten Aktanten im Lernsystem erfüllen jedoch unterschiedliche Rollen, die ihnendurch die Coorientierung auf Grundlage einer kollektiv hergestellten Lernkulturzugeschrieben wird. Diese Kopplungen können nur dann dauerhaft von Erfolggeprägt sein, wenn durch eine Beobachtung der Art und Weise von Lernen diescheinbar unveränderlichen strukturellen Grundlagen verhandelbar werden. Diesermöglicht eine gemeinsame Ausrichtung von Lernprozessen auf Selbstorganisa-tion, in der sich die Rolle der Lehrenden wandelt hin zu einem Ermöglicher vonLernen (Arnold 2003).

Versucht man eine Differenz zwischen dem Begriff des Lernens und der Kompe-tenz herauszuarbeiten, dann ist zunächst zu konstatieren, dass Lernen, wie ge-zeigt, nur im Nachgang bewertet werden kann. Die Bewertung von Kompetenzenhingegen erfolgt im Gegensatz dazu zukunftsgerichtet, indem bewertet wird,über welche Kompetenzen jemand für zukünftige Handlungserfordernisse ver-fügt.

„Die Kompetenz eines Subjekts oder eines Kollektivs ist die vom so-ziokulturellen Umfeld geschätzte Qualität seines Handelnkönnens, d.h. der dynamischen Artikulierung und Neukombinierung in der Situ-ation aller verfügbaren Elemente hinsichtlich der Erfordernisse einerunbegrenzten Anzahl verschiedener Situationen gleichen Typus.“(Max 1999, 259)

Page 117: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 117

In diesem Zusammenhang werden Kompetenzen auch als Selbstorganisations-dispositionen bezeichnet, also das Vermögen, in Unbestimmheit handeln zukönnen (Erpenbeck, Heyse, Michel 2002, II). So kann man Kompetenzentwick-lung als Fernziel von Lernen bezeichnen, während das Lernen selbst als Modus(Art und Weise) der Kompetenzentwicklung gelten kann (Schmidt 2005: 174).

„Als Können realisierte Lernresultate belegen für den Beobachterden Erfolg vorangegangener Lernprozesse (…) während unterstellteKompetenzen im Modus Vertrauen wie Blankoschecks auf die Zu-kunft gehandelt werden müssen (…).“ (Schmidt 2005: 175)

4.5 Vom Individuum zur Organisation – Kollektives Lernen

In der Diskussion um Gruppenlernen und organisationales Lernen wird immerwieder darauf verwiesen, dass zwar Individuen Träger von Lernprozessen sind,dass aber beim Lernen von Gruppen oder Organisationen diesen Eigenschaftenzukommen, „(...) die weder durch Eigenschaften einzelner noch durch die Sum-me der beteiligten Mitglieder beschrieben werden können.“ (Prange 1996: 165)Mathias Haun beschreibt bezüglich organisationalen Lernens: „OrganisationalesLernen lebt aus diesem Grunde vom Lernen in Gruppen, und das Gruppen-Lernen lebt wiederum vom individuellen Lernen.“ (Haun 2002: 53). Die koevo-lutive Entwicklung von Individuen, Gruppen und Organisationen erfolgt dabeiweniger durch zielgerichtete Eingriffe in das System als durch die Gestaltung desKontextes, in dem kollektives Lernen erfolgen soll (Unger 1998). Für das Lernenvon Gruppen beschreibt sie dabei neun Gestaltungsgrundsätze. Es sollen Bedin-gungen geschaffen werden, dass− Personen implizites Wissen externalisieren können,− Wissen sich vervielfältigen kann,− Wissensdifferenzen bewusst werden und Fehlwissen korrigiert werden kann,− Ziele ausgesprochen werden können,− Ziele konkretisiert und vertikal wie auch horizontal abgeglichen werden kön-

nen,− Problemfelder erkannt und angenommen werden können,− Strategien zur Problemlösung generiert und kollektiviert werden können,− kooperative Interaktionen gefördert werden und− ein offener Diskurs ermöglicht wird (Unger 1998:73f).

Die lernförderliche Kontextgestaltung von Arbeit nimmt damit eine entscheiden-de Position ein. Werden hier Probleme gemeinsam systematisch gelöst, erfolgtLernen nicht allein rückblickend und reflektierend, sondern vorausschauend undplanend. Der Abgleich von Entwicklungszielen der Beteiligten erfolgt dabeidurch Kommunikation und Interaktion. Ohne diese kann auch kein methodisch

Page 118: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht118

gestützter Wissens- und Erfahrungstransfer, der ein entscheidender Faktor für dieEntwicklung der Organisation ist, erfolgen:

C1-07 Koevolution durch KontextgestaltungKoevolutive Entwicklung von Individuen, Gruppen und Organisa-tionen erfolgt durch die Gestaltung des Kontextes, in dem kollekti-ves Lernen erfolgen soll.

C1-08 LernförderlichkeitSchaffung von Rahmenbedingungen, in denen Wissen transferiert,entwickelt und revidiert werden kann.

C1-09 Systematisches ProblemlösenProblemlösungen erfolgen planvoll und systematisch.

B3-07 Abgleich von Lern- und EntwicklungszielenLern- und Entwicklungsziele müssen artikuliert und miteinanderabgeglichen werden können.

C2-08 Wissens- und ErfahrungstransferLern- und Problemlösungsstrategien müssen artikuliert und kollek-tiviert werden.

B3-08 Kommunikation und InteraktionKommunikation und Interaktion müssen gefördert werden.

Die kontinuierliche Verbesserung oder Veränderung einer Organisation wurdeseit Beginn der Neunziger Jahre unter dem Schlagwort „lernende Organisation“vielfach diskutiert. In der Literatur finden sich unzählige Herangehensweisen andas organisationale Lernen (u. a. Hedberg 1981; Daft & Weick 1984; Schön1987; Pautzke 1989; March & Olsen 1990; Pedler et al. 1991; Wahren 1996;Klimecki & Laßleben 1998; Garvin 2000; Argyris & Schön 2006; Senge 2008).Von verschiedensten Fachdisziplinen wurden bisher Konzepte entwickelt, dieversuchen, das Phänomen des organisationalen Lernens und die Möglichkeiteneiner lernenden Organisation zu erfassen und aufzuzeigen. Für das Scheiternvieler engagierter Umsetzungsversuche machen Garvin et al. (2008) drei Gründeverantwortlich:− Ein Mangel der anfänglichen Debatten war, dass das Thema vielfach nebulös

war und konkrete Lösungen für die Praxis Mangelware blieben.− Entwickelte Lösungen richteten sich in der Regel an das Top-Management,

nicht aber an kleinere Abteilungen und Geschäftsbereiche, wo die eigentlicheUnternehmensarbeit stattfindet.

Page 119: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 119

− Es gab keine Bewertungsstandards, so dass ein Vergleich mit anderen nichtmöglich war und der Erfolg der Umsetzungsbemühungen frühzeitig gefeiertwerden konnte.

Eine allgemeine Definition organisationalen Lernens stammt von Probst undBüchel. Sie erkennen organisationale Lernprozesse an der Veränderung desgeteilten Wissens, der Verhaltensmöglichkeiten sowie auch der Veränderung derintersubjektiven Verhaltensmöglichkeiten einer Organisation.

„Unter organisationalem Lernen ist ein Prozess der Erhöhung undVeränderung der organisationalen Wert- und Wissensbasis, die Ver-besserung der Problemlösungs- und Handlungskompetenz sowie dieVeränderung des gemeinsamen Bezugsrahmens von und für Mitglie-der innerhalb der Organisation zu verstehen. (...) Der Prozess des or-ganisationalen Lernens ist erkennbar an der Veränderung des geteil-ten Wissens, der Erhöhung der geistigen und substanziellen Verhal-tensmöglichkeiten und der Veränderung der intersubjektiven Wirk-lichkeitskonstruktionen.“ (Probst & Büchel 1994: 17 u. 25)

Lernende Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie systematisch Prob-leme lösen, mit neuen Ansätzen experimentieren, aus ihren eigenen Erfahrungenund aus denen anderer Organisationen lernen sowie einen effektiven internenWissenstransfer betreiben (Garvin 1994). Vielfach wird als kennzeichnendesMerkmal des organisationales Lernens auch die Realisierung von double-loopund Deutero-Lernen (Kapitel 4.4) angesehen (Wahren 1996: 160f). Die Organi-sationsforschung hat in den letzten zwei Jahrzehnten die Faktoren ermittelt, dieein Lernen der Organisation und damit ihre Veränderungsfähigkeit befördert.Entscheidend sind demnach die Gestaltung eines lernförderlichen Umfelds mitindividuellen und kollektiven Handlungsspielräumen, die Integration von kon-kreten Lernprozessen und Praktiken, die eine Kollektivierung und gemeinsameGenerierung von Wissen erlauben, sowie Führungskräfte, die das Lernen beför-dern (Garvin et al. 2008: 78ff, Lorscheider 1997: 57f). Letztendlich wird dieRückführung kollektiver Ergebnisse und Erfahrungen durch den Einsatzexplorativer und systematischer Rückmeldeprozesse befördert (Zepke 2005,Lorscheider 1997: 60, Isenhardt et al. 1997).

Nach Willke bezieht sich das Lernen in der lernenden Organisation auf Prozesse,auf Strukturen und auf das Regelsystem (Willke 2004: 59ff). Dabei können Or-ganisationen nicht bestimmen, ob sie lernen, sondern allein wie und was sielernen. Die Effektivität einer Organisation wird dadurch nachhaltig bestimmt,inwieweit sie es schafft, ein kontinuierliches Lernen des Lernens wie auch Ent-scheidungen darüber, was vorrangig gelernt werden soll, strategisch zu veran-kern. Reflexives und reflektiertes Lernen muss in die Prozesse, Strukturen und

Page 120: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht120

Regelsysteme der Organisation verankert sein. Reflexive Lernfähigkeit lässt sichz. B. auf der Ebene der Strukturen und Prozesse durch den Einsatz von Gestal-tungselementen erreichen, indem die bestehenden Strukturen aufgebrochen wer-den durch bereichsübergreifende Zusammenarbeit in Projektteams oder inQuerschnittsfunktionen. Dabei werden auch die unterschiedlichen Prozesse aufden Prüfstand gestellt. Die Regelsysteme bilden hierfür den Rahmen, indem derstrategischen Positionierung eine Schlüsselrolle zufällt.

Davon unterscheiden kann man das interorganisationale Lernen (Baitsch 1999)oder auch das Netzwerklernen (Knight & Pye 2004), welche die Möglichkeiteneines organisationsübergreifenden Lernens nutzen.16

„Die Grundidee interorganisationaler Lernprozesse ist einfach: An-gehörige mehrerer Unternehmen werden in einen Arbeitskontext ge-bracht, in dem sie vorhandenes Wissen und Können offenbaren undneues aufgabennahes Wissen und Können generieren können; darausentsteht ein gemeinsamer und wechselseitiger Lernprozess. Das ent-standene Wissen kann und soll in die entsendenden Unternehmen zu-rückfließen.“ (Baitsch 1999: 256)

C2-09 Interorganisationales LernenOrganisationen lernen aus ihren eigenen Erfahrungen und denenanderer Organisationen.

Das Lernen in Netzwerken erfolgt zwar in methodischer Hinsicht ähnlich demLernen innerhalb der Organisation, sie sind aber viel stärker von der Verschie-denheit der beteiligten Akteure und Organisationen geprägt. Ein entscheidenderPunkt ist hierbei die Motivation der Netzwerkakteure zur Beteiligung an einemNetzwerk und das sich in der gemeinsamen Arbeit entwickelnde gegenseitigeVertrauen. Dieses bedarf in der Regel, gerade bei heterogenen Akteuren, einesManagements, welches die Zusammenarbeit begleitet und befördert (vgl. auchSauer 2005).

16 Laut Knight & Pye (2004) hat das Lernen in interorganisationalen Netzwerken (Learner Net-works) nur instrumentellen Charakter, während das Netzwerklernen in „Learning Networks“ er-folgt, deren vorrangiges Ziel das Lernen ist. Während der Zusammenarbeit in einem Netzwerkkann es zu absichtsvollen Lernhandlungen kommen, wodurch die Übergänge zwischen den bei-den beschriebenen Formen fließend sind und weitgehend eine Unterscheidung der Bewusstheitdes Lernens ist.

Page 121: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 121

4.6 Zwischenfazit

Das Kapitel führte zunächst in die systemisch-konstruktivistischen Denkweiseein und stellt hierfür die zentralen Begriffe der Theoriediskussionen dar. AufBasis dieser Grundannahmen wurden Aspekte eines Lernens aus einer syste-misch-konstruktivistischen Perspektive betrachtet. Die betrachteten Konzepteverweisen darauf, dass Lernen auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen kann. Sokönnen sowohl Handlungskonzepte als auch die dahinter liegenden Normen undWerte, aber auch die Lernstrategien selbst in den Fokus genommen werden. Alswesentlicher Modus von Lernprozessen wurde das anpassende Lernen (Assimila-tion) und das verändernde Lernen (Akkomodation) vorgestellt. Wissen entstehtaufgrund der psychischen Voraussetzungen nur in der lernenden Person. Lern-prozesse können aufgrund der operativen Geschlossenheit undSelbstreferentialität von Organismen nicht direkt beeinflusst, sondern lediglichdurch Perturbation angeregt werden. Es wird im Lerndiskurs auch auf die kultu-relle Eingebettetheit von Lernprozessen verwiesen, wodurch die Kommunikationin das Zentrum insbesondere von dem sozialen Konstruktivismus verschriebenenAnsätzen rückt. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wird eingehender dieTheorie der Geschichten & Diskurse vorgestellt, mit deren Hilfe einige Defiziteder radikal konstruktivistischen Debatte überwunden werden können. Die Dar-stellung zeigt, dass jegliches Handeln in einem kulturellen Kontext eingebettetist, in dem jede Handlung und Kommunikation auf diese Voraussetzungen auf-baut.

Dieser Aspekt verweist auf die Bedeutung der sozialen Interaktion. Durch Inter-aktion und Kommunikation wird Coorientierung und die Integration kollektivenWissens durch jeden Einzelnen ermöglicht. Wirklichkeiten sind erst dann gelebt,wenn sie kontingenten Bedingungen des Erlebens invisibilisiert worden sind. Diegegenseitigen Erwartungshaltungen, die operative Fiktion, bedient sich der Re-flexion zur Generierung kollektiver Bezugsordnungen wie Identität, Moral undWahrheit. Kollektives wird dabei jedoch nicht als Entität, sondern als Prozessre-sultat von Reflexivität konzipiert. Es wird in der Bewusstseinstätigkeit jedesIndividuums immer wieder neu gebildet. Über die Coorientierung können Wirk-lichkeitsmodelle zu gesellschaftlich verbindlichen Bezugnahmen werden, zuKulturprogrammen.

Lernen erfolgt durch Selbst- oder Fremdbeobachtung rekursiv. Lernen ist damitein Erklärungsmodell für die Beobachtung spezifischer Systemveränderungenvon Wissen und Können. Damit rückt der Beobachter in das Zentrum des Inte-resses. Unterschieden werden das elementare lebenslange Lernen und das funkti-onal episodische Lernen. Ersteres ist ein fortwährender Prozess, der sich aus den

Page 122: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht122

alltäglichen Handlungserfordernissen ergibt, während funktional episodischesLernen auf bestimmte Lernordnungen hin ausgerichtet ist.

Abbildung 14: Anforderungen des 4. Kapitels (weiß hervor gehoben)

Lerner, Lernprozesse, Beobachter und Performanzen bilden zusammen ein Lern-system, welches sich auf einen gemeinsamen kulturell akzeptablen Bezugsrah-men, die Lernkultur, bezieht. Der Rückgriff auf diesen gemeinsamen impliziten

C1-01 RealeHandlungsvollzüge

C 1-02 Handlungsspielraum

C1-03 Informelle Lernprozesse

C 1-04 ArbeitsintegriertesLernen

C 1-05 Komplexe Lernumgebungen

C 1-06 GanzheitlichesArbeitshandeln

C 1-07 Koevolution durchKontextgestaltung

C 1-08 Lernförderlicherlichkeit

C 1-09 SystematischesProblemlösen

A1-01 Regelpromotion imBeschäftigungsverhältnis

A1-02 Integration überfachlicherKompetenzentwicklung

A1-03 Förderung derBerufsfähigkeit

A1-04 SelbstverantwortlicheTätigkeit

A1-05 Lernen imArbeitsprozess

A1-06 SystematischeKompetenzentwicklung

A1-07 Verknüpfung vonLernebenen

A1-08 KollektiveHandlungsfähigkeit

B1-10 Anstöße zumWandel

B1-11 Zielebenen desLernens

B1-12 Bewusstheitsgrad desLernens

B2-01 IndividuelleLernverantwortung

B2-02 SelbstorganisiertesLernen

B2-03 ProzeduraleReflexivität

B2-04 StrukturelleReflexivität

B2-05KontinuierlicheTransformation vonErfahrung

D 1-01 Förderung individuellerZielbestimmung

D 1-02 Teamverantwortung fürKompetenzentwicklung

D 1-03 DezentraleKompetenzentwicklung

D 1-04Koevolution vonKompetenz-undOrganisationsentwicklung

D 1-05 StrategischerWandel alsAufgabe aller Führungskräfte

D 1-06 IndividuellerEntwicklungsstand

D 1-07 BeobachtereinschätzungC 2-01 Förderung der

Selbstreflexivität

C 2-02 Nutzerorientierung

C 2-03 Effektivitätsorientierung

C 2-04SchaffungbereichsübergreifenderZusammenarbeit

C 2-05 EinsatzvonBeobachtungswerkzeugen

C 2-06 Lernformvariabilität

C 2-07 Reflexivformvariabilität

C 2-08 Wissens- undErfahrungstransfer

C 2-09 Interorganisationales Lernen

D 2-01 GemeinsameQualitätskriterien

D 2-02 Zertifizierungssystem

D 2-03 Unterstützungsinstrumente

D 2-04 GemeinsameZielvorstellung

D 2-05UnterstützungbereichsübergreifenderZusammenarbeit

D 2-06 Universitätskultur

D 2-07 Lernkultur

B1-01 KontinuierlicheWissensaktualisierung

B1-02 Erfahrung

B1-03 Reflexion

B1-04 Unstimmigkeiten, Konflikte,Probleme

B1-05 Lernebenen

B1-06 Induktion undDeduktion

B1-07 Zielrichtung des Lernens

B1-08 Ganzheitlichkeit desLernens

B1-09 Keine direkte Intervention

B3-01 KollektivesLernen

B3-02 KontinuierlicheAktualisierungkollektivenWissens

B3-03 Coorientierung

B3-04 Partizipation

B3-05 GemeinsameReflexion

B3-06 Lernteams

B3-07 Abgleich von Lern-undEntwicklungszielen

B3-08 Kommunikation undInteraktion

A1

B1 B2 B3

C1 C1 D1 D2

Page 123: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

4. Lernen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht 123

oder expliziten Bezugsrahmen ermöglicht das kollektive Lernen in Organisatio-nen. Das kollektive Wissen muss immer wieder neu in der Kommunikation derbeteiligten Aktanten erzeugt werden. Dies deutet darauf hin, dass die Schaffungvon Orten der Wissensartikulation, der gemeinsamen Reflexion von Erfahrungund des Wissenstransfers der entscheidende Faktor für das Gelingen eines kol-lektiven Lernens ist.

Die ermittelten Anforderungen des Kapitels sind noch einmal gemeinsam mitden Anforderungen der anderen Kapitel in Abbildung 14 zusammenfassenddargestellt und dienen im Folgekapitel als Grundlage für die Konzeptionalisie-rung einer Lernebenen verknüpfenden systematischen arbeitsbegleitenden über-fachlichen Kompetenzentwicklung.

Page 124: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel124

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel technischer Uni-versitäten

5.1 Einleitung

Im Verlauf der Darstellungen innerhalb der ersten vier Kapitel wurden insgesamt65 Anforderungen für die in der Einleitung der Arbeit definierten Bereichenabgeleitet. Die Anforderungen wurden dabei den in der Einleitung der Arbeitbenannten vier Haupt- und acht Unterkategorien zugeordnet:

A BasisanforderungenA 1 Anforderungen an die Universität und an seine Mitarbeiterinnen

und MitarbeiterB Lernprozesse

B 1 Allgemeine LernanforderungenB 2 Individuelle LernprozesseB 3 Kollektive Lernprozesse

C LernstrukturenC 1 Lernförderliche Gestaltung des ArbeitsfeldesC 2 Integration von Reflexions- und Lernformen

D UnterstützungsstrukturenD 1 Anforderungen an FührungskräfteD 2 Unterstützung durch Universitätsleitungen

Diese Anforderungen bilden die Basis für die Konzeptionierung eines individuel-len überfachlichen Lernens im Prozess der Arbeit an technischen Universitäten(Forschungsfrage 1) bei gleichzeitiger Beförderung des Lernens der Gesamtuni-versität (Forschungsfrage 2) als auch der Gestaltung eines Instruments zur Ana-lyse und zur Planung strategisch im Prozess der Arbeit verankerter Maßnahmen(Forschungsfrage 3).

Für die Konzeptionierung leitend sind die Basisanforderungen an technischeUniversitäten und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (A117). Diese definie-ren den Rahmen für die Gesamtkonzeption. Ausgangspunkt bildet der Wunschsowohl von Professorinnen und Professoren als auch von Promovierenden, die inden Ingenieurwissenschaften übliche Promotion im Beschäftigungsverhältnislediglich durch weitere Formen zu ergänzen und diese „Idealbedingung“ nicht

17 In den folgenden Kapiteln werden die in den Kapiteln 1-4 definierten Anforderungen gebündeltund in der Argumentation auf die einzelnen Anforderungen verwiesen. Der Verweis erfolgt ent-weder direkt durch die Benennung einer einzelnen Anforderung (z.B. „B1-03“), einer Untergrup-pe von Anforderungen (z.B. „B1“) oder einer Hauptgruppe (z.B. „B“). Eine Übersicht der jewei-ligen Anforderungen findet sich zu den einzelnen Untergruppen in den jeweiligen Folgekapiteln.

Page 125: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 125

zugunsten anderer Formen zu verringern (A1-01). Die Tätigkeit soll im Verlaufdes Beschäftigungsverhältnisses weitgehend selbstständiger erfolgen und allezentralen Aufgaben und Arbeitsformen der Hochschule wie Lehre, Forschungund Projektarbeit umfassen (A1-04). Damit tritt neben die fachliche Ausbildung,dessen Kern die Promotion ist, eine umfassende überfachliche Kompetenzent-wicklung (A1-02), welche die Beschäftigungsfähigkeit der Promovierendengezielt befördert (A1-03). Die zweifache Zielrichtung der Promotion in Richtungwissenschaftlich fundierter fachlicher Expertise und in Richtung umfassenderüberfachlicher Kompetenzen ist nicht allein der Tatsache geschuldet, dass eingroßer Teil der Promovierten eine Beschäftigung in der Wirtschaft aufnimmt,sondern darüber hinaus ein notwendiger Bestandteil der Professionalisierung derUniversität und seiner Beschäftigten, da in den meisten Berufszweigen Füh-rungskräfte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermehrt über Kompetenzenim Umgang mit Komplexität und Dynamik verfügen müssen. Richtet man dieAufmerksamkeit auf die Gestaltung einer notwendigen systematischen Kompe-tenzentwicklung innerhalb der Promotionsphase (A1-06), so wird schnell deut-lich, dass bei einer hauptberuflichen Tätigkeit in Forschung und Lehre die Viel-falt an Lernmöglichkeiten im Prozess der Arbeit zielgerichteter genutzt werdenkönnen (A1-05). Sie bieten darüber hinaus das Potenzial, dass individuellesLernen und universitäre Entwicklungsbedarfe gleichzeitig und nachhaltig bear-beitet werden können (A1-07). Dies ist auch notwendiger als je zuvor: Die inter-nationale Ausrichtung der Wissenschaftslandschaft und die zunehmende Kon-kurrenz von Hochschulen untereinander erfordert die Bildung von Schwerpunk-ten und Alleinstellungsmerkmalen. Diese helfen, das Überleben der Hochschulelangfristig zu sichern. Die Übergabe von Verantwortung an die Hochschulen unddie damit verbundene Erweiterung der Handlungsspielräume stärkt prinzipielldie kollektive Handlungsfähigkeit der Universitäten (A1-08). Die Besonderhei-ten der Universität als Expertenorganisation erlauben dabei jedoch nur in selte-nen Fällen die Implementierung von starren hierarchischen Entscheidungssyste-men. Sie erfordern vielmehr die Gestaltung von Kommunikationsräumen sowiekollektiver Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen derOrganisation (Tabelle 7).

Im weiteren Verlauf des Kapitels soll ausgehend von den Basisanforderungen einHandlungsmodell für technische Universitäten abgeleitet werden. Zur Realisie-rung der beschriebenen Basisanforderungen wird hierzu zunächst ein Modellarbeitsbegleitenden Lernens benötigt, welches den zusammengeführten Anforde-rungen an das Lernen (B) entspricht und einen Rahmen bereit stellt, welcher fürdas Lernen auf allen Ebenen der Organisation praxisnah anwendbar ist. Hierzuwird insbesondere auf Grundlage der Ausführungen eines Lernens aus der Per-spektive des soziokulturellen Konstruktivismus (B1; Kapitel 5.2.1) ein Zyklus

Page 126: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel126

arbeitsbegleitenden Lernens entworfen, der die Brücke schlägt zwischen elemen-tarem lebenslangen Lernen und funktional episodischem Lernen (B2; Kapitel5.2.2). Die Entwicklung einer strategisch verankerten Lernkultur soll Organisati-onen befähigen, Synergien zwischen individuellem und organisationalem Lernenzu nutzen, um sich den wandelnden Anforderungen in einer globalisierten Uni-versitätslandschaft flexibel anpassen zu können. Hierzu wird der Zyklus arbeits-begleitenden Lernens auf die Lernprozesse aller organisationalen Ebenen ausge-weitet (B3; Kapitel 5.2.3), so dass im Verlauf der Arbeit ein Grundgerüst zursystematischen Analyse und Planung arbeitsintegrierten Lernens zur Verfügungsteht (Kapitel 0).

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

A 1-01 Die Regelpromotion von Ingenieurinnen und Ingenieu-ren im Beschäftigungsverhältnis soll Erhalten bleiben.

Regelpromotion im Be-schäftigungsverhältnis

A 1-02

Neben der fachlichen Ausbildung muss eine umfas-sende überfachliche Kompetenzentwicklung in dieAus- und Weiterbildung der Universität integriertwerden.

Integration überfachlicherKompetenzentwicklung

A 1-03 Die Berufsfähigkeit soll gefördert werden. Förderung der Berufsfähig-keit

A 1-04Eine weitgehend selbstverantwortliche Tätigkeit inForschung, Lehre und Projektarbeit soll ermöglichtwerden.

SelbstverantwortlicheTätigkeit

A 1-05 Kompetenzentwicklung soll im Prozess der Arbeiterfolgen. Lernen im Arbeitsprozess

A 1-06 Kompetenzentwicklung soll zielgerichtet und struktu-riert im Verlauf der gesamten Beschäftigung erfolgen.

Systematische Kompetenz-entwicklung

A 1-07 Individuelle Lernprozesse sollen mit organisationalenEntwicklungsbedarfen verbunden werden.

Verknüpfung von Lernebe-nen

A 1-08 Die kollektive Handlungsfähigkeit der Universität sollgestärkt werden.

Kollektive Handlungsfähig-keit

Tabelle 7: Basisanforderungen an technische Universitäten und ihrer Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter (A1)

Die Umsetzung der in den Basisanforderungen benannten Herausforderungeneiner koevolutiven Entwicklung von individueller Handlungskompetenz undkollektiver Handlungsfähigkeit der Universität erfolgt sowohl in den einzelnen

Page 127: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 127

universitären Einrichtungen als auch in bereichsübergreifender Zusammenarbeit.Hierzu müssen die primären Arbeitsfelder lernförderlich gestaltet (C1; Kapi-tel5.3.1) und Reflexions- sowie Lernformen arbeitsnah implementiert werden(C2; Kapitel 5.3.2). Aufgrund der Spezifik der entwickelten Lösungen in einzel-nen Lehrstühlen und Instituten können einmal entwickelte Lösungen nicht pau-schal auf die ganze Universität übertragen werden. Die Anforderungen vor Orterfordern eine kontinuierliche Analyse, Zielanpassung und Umsetzung vonMaßnahmen, die den spezifischen Bedingungen in den einzelnen Instituten undLehrstühlen sowie den lokalen Wünschen der Beschäftigten entsprechen. Füh-rungskräfte in Forschung und Lehre sind damit besonders herausgefordert. Wäh-rend zwar einerseits die Verantwortung für das individuelle Lernen bei demLernenden liegt, obliegt ihnen die Verantwortung für die auf den Promotions-und Arbeitsprozess gerichtete notwendige Kompetenzentwicklung sowie zurRealisierung der kollektiven Veränderungsanforderungen der Universität. Siemüssen daher einerseits kollektives Lernen innerhalb ihres Verantwortungsbe-reichs als auch bereichsübergreifend gestalten und die individuellen Zielsetzun-gen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den organisationalen Entwick-lungsbedarfen abgleichen (D1; Kapitel 5.3.3). Dies alles ist nicht zu realisieren,wenn die Universität als Gesamtorganisation nicht ihren Beitrag leistet. Dieserliegt zum einen auf der inhaltlichen Seite in der Entwicklung von Leitlinien alskollektive Bezugordnunge und zum anderen in der praktischen Unterstützungdurch die Bereitstellung von Instrumenten, welche Führungskräfte in Forschungund Lehre darin unterstützen, die Anforderungen vor Ort zu bewältigen (D2;Kapitel 5.3.4).

5.2 Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5.2.1 Basisanforderungen an die Gestaltung von Lernprozessen

Ausgangspunkt für das Lernen im Prozess der Arbeit sind die Erfahrungen, dieEinzelne und auch ganze Organisationen in ihren alltäglichen Arbeitsvollzügenmachen (B1-02). Die hierbei erlebten Unstimmigkeiten, Konflikte und Problemestellen den Handelnden vielfach vor Herausforderungen, die nicht allein durchvorhandenes Wissen und Können gelöst werden können, sondern eine Aktuali-sierung und Erweiterung der Kompetenzen erfordern. Diese Herausforderungenkönnen also Lernen anregen (B1-04) und machen gleichzeitig deutlich, dassWissen nie vollständig ist. Es muss unablässig aktualisiert, revidiert, und erneu-ert werden (B1-01). Es wäre jedoch ein Trugschluss davon auszugehen, dassallein die Herstellung einer komplexen Arbeitsumgebung und die darin gemach-ten Erfahrungen zu nachhaltigem Lernen führen (B1-07). Die Unterscheidungvon Ebenen der Bewusstheit im Lernprozess macht dies deutlich. Elementares

Page 128: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel128

lebenslanges Lernen wurde dabei als ein fortdauernder Prozess definiert, welchersich aus den alltäglichen Handlungserfordernissen ergibt (Kap. 4.4). Ohne Fragekann hierdurch eine Menge gelernt werden. Dies allein ist jedoch nicht genug,wenn man Lernen zielgerichtet im Prozess der Arbeit einsetzen möchte. Hierzuerfordert es einer genauen Beobachtung der Lernprozesse, so dass das elementa-re lebenslange Lernen in funktionales Lernen transformiert werden kann, umbewusster Gegenstand einer Transformation zu werden (B1-12). Diese kann sichsowohl auf die Anpassung des Verhaltens als auch auf die Veränderung vonNormen und Werten und auch auf die Optimierung der Lernprozesse richten(B1-11). Die Verwendung des Begriffs Transformation verdeutlicht dabei, dassLernen immer ein aktiver Prozess ist, der eine unmittelbare und direkte Interven-tion in das System von außen nicht erlaubt (B1-09).

Systeme können jedoch durch äußere Einflüsse zu einer systemeigenen Kompen-sation unter der Leitmaxime der Viabilität angeregt werden (B1-10). Soll dieseintentional und nachhaltig erfolgen, so müssen Vorüberlegungen für die weitereHandlung auf Basis bisheriger Erfahrungen getroffen werden (B1-03). Trans-formation erfolgt somit erfahrungsreflektierend durch Induktion und handlungs-generierend durch Deduktion (B1-06). Dies geschieht jedoch nicht alleine durchein rein analytisches Reflektieren, sondern auch durch den Einsatz von Emotio-nen, die Treiber von Lernprozessen sind. Damit erfolgt die Transformation vonLerngegenständen durch Emotionen, Reflexionen und aktiver Handlung (B1-08).Dies geschieht nicht allein auf der Ebene des Individuums sondern ebenso kol-lektiv als Gruppe, Organisation oder als Gesellschaft (Tabelle 8).

Page 129: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 129

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

B 1-01 Wissen ist nie vollständig. Es muss kontinuierlichaktualisiert, revidiert und erneuert werden.

Kontinuierliche Wissensak-tualisierung

B 1-02 Erfahrungen bilden den Grundstein für das Lernen imProzess der Arbeit. Erfahrung

B 1-03 Reflexion befördert das Lernen intentional und nach-haltig. Reflexion

B 1-04 Lernen ist ein ganzheitlicher Prozess, der durch Un-stimmigkeiten, Konflikte und Probleme angeregt wird.

Unstimmigkeiten, Konflik-te, Probleme

B 1-05 Lernen erfolgt auf der Ebene des Individuums, derGruppe, der Organisation und der Gesellschaft. Lernebenen

B 1-06 Transformation erfolgt erfahrungsreflektierend durchInduktion und handlungsgenerierend durch Deduktion. Induktion und Deduktion

B 1-07 Nicht jede Erfahrung führt zu nachhaltigem Lernen. Zielrichtung des Lernens

B 1-08Die Transformation von Lerngegenständen erfolgtdurch den Einsatz von Emotionen, Reflexion undaktiver Handlung.

Ganzheitlichkeit des Ler-nens

B 1-09 Eine Intervention in das System ist von außen nichtunmittelbar möglich. Keine direkte Intervention

B 1-10Systeme können durch äußere Einflüsse zu einersystemeigenen Kompensation unter der Leitmaximeder Viabilität angeregt werden.

Anstöße zum Wandel

B 1-11Lernen erfolgt durch Anpassung des Verhaltens, durchVeränderung von Normen und Werten als auch durcheine Optimierung des Lernens.

Zielebenen des Lernens

B 1-12

Zur Beobachtung von Lernprozessen muss elementa-res lebenslanges Lernen in funktionales Lernen trans-formiert werden, um bewusst Gegenstand des Lernenszu werden.

Bewusstheitsgrad desLernens

Tabelle 8: Allgemeine Lernanforderungen (B1)

Page 130: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel130

5.2.2 Der individuelle Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

Auf der Basis der Ausführungen zur Theorie der Geschichten & Diskurse undder damit zusammenhängenden Implikationen für das Lernen soll die vorge-nommene theoretische Grundlegung für die praktische Gestaltung eines Lernensim Prozess der Arbeit operationalisiert werden. Ausgangspunkt bilden die Basis-anforderungen an Universitäten und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (A1)als auch die allgemeinen Lernanforderungen (B1). Für die Modellbildung ist dieUnterscheidung zwischen elementarem lebenslangen Lernen einerseits und funk-tional episodischen Lernen andererseits von besonderer Bedeutung (Kapitel 4.4).Während Erstere das Individuum bei der Bewältigung jedweder täglichen Her-ausforderung mehr oder minder bewusst begleitet, indem Handlungen vorweggenommen, Sinneseindrücke eingeschätzt und Gefühlsregungen verarbeitet wer-den, umfasst die Zweite die intentionale und absichtsvolle Bearbeitung vonLerngegenständen18. Häufig wird mit Blick auf die bisherigen universitärenLernmöglichkeiten angenommen, dass ein Lernen im Prozess der Arbeit bereitsrealisiert wird: Komplexe Aufgabenstellungen, unklare Arbeitsanweisungen, der„Wurf ins kalte Wasser“ (Heiner & Wildt 2009: 17) z.B. beim spontanen Auftrittin der Lehrveranstaltung – Beispiele lassen sich viele finden. Die Unterschei-dung der beiden Formen des Lernens verdeutlicht, dass hierbei in der Regeljedoch allein das elementare Lernen zum Tragen kommt. Überspitzt ausgedrückt:das Überleben wollen. Will man jedoch als Hochschule eine hochwertige Aus-bildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter garantieren, die internationalenQualitätsanforderungen genügt, dann reicht allein das Vertrauen auf eine sich ausden Arbeitsprozessen selbst ergebende Kompetenzentwicklung kaum aus. Siemuss ergänzt werden durch ein zielgerichtetes Lernen, welches nicht allein los-gelöst von den Arbeitsprozessen in spezifischen Weiterbildungsangeboten er-folgt, sondern unterstützt durch unterschiedliche Reflexivformen arbeitsbeglei-tend die eigene Tätigkeit einer zielgerichteten Analyse unterziehen (B2-03).Aber nicht allein die Arbeitsprozesse können Gegenstand der Reflexion sein.

18 Jarvis unterscheidet hier in Nicht-lernen, beiläufiges Lernen, nicht reflektiertes und reflektiertesLernen (Kapitel 3.4.3). Diese Unterscheidung lässt sich der von Jünger benannten Unterscheidungdes elementaren lebenslangen und eines funktional episodischen Lernens (Kapitel 4.4) zuordnen.Verdeutlichen kann man dies an der Bewusstheit, Aufmerksamkeit und Absicht von Lernen.Während elementares Lernen beiläufig oder inzidentell erfolgt, kann funktionales Lernen in im-plizites und explizites Lernen unterteilt werden. Implizites funktionales Lernen ist auf die Tätig-keit gerichtet und stellt die Lösung einer Herausforderung in den Mittelpunkt. Das hierbei gelerntwird, ist dem Lernenden dabei nicht unbedingt bewusst, aber es verlangt im Vergleich zum inzi-dentellen Lernen Aufmerksamkeit ab. Die dritte Variante ist das explizite Lernen, bei demherausgelöst aus dem Arbeitsprozess ein Gegenstand bewusst bearbeitet wird. Hier wird bei-spielsweise ein intendierter Problemlöseprozess durchlaufen, dessen Ergebnisse das Handelnnachhaltig verändern.

Page 131: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 131

Durch die Analyse der Rahmenbedingungen der eigenen Arbeit und des eigenenHandelns wird neben der prozeduralen- auch die strukturelle Reflexivität alsauch die Selbstreflexivität gefördert (B2-04). Wissen ist damit nicht unabhängigvon den Umständen, in denen es erworben wurde, sondern wird in jeder neuenSituation weiter entwickelt (B2-05). Lernen ist dabei nie voraussetzungsfrei. Esist eingebettet in vorangegangene Ereignisse und Lernprozesse, welche die Aus-wahl der zu bearbeitenden Lerngegenstände, Bezugnahmen und Kommunikatio-nen lenken. Die Forderung, selbstorganisiertes Lernen verstärkt in die Arbeits-prozesse zu integrieren (B2-02), ist hieraus eine notwendige Konsequenz. DieEinsicht, dass eine direkte Intervention in das Bewusstsein nicht möglich ist (B1-09), jedoch durch die Gestaltung von Rahmenbedingungen zu einem selbstorga-nisierten Transformationsprozess angeregt werden kann (B1-10), verdeutlicht,dass selbstorganisiertes Lernen ein Schlüssel zu einer nachhaltigen Kompetenz-entwicklung sein kann. Gerade der Blick auf die zunehmende Notwendigkeit desErhalts der Beschäftigungsfähigkeit über die gesamte Lebensspanne zeigt umsomehr, dass die primäre Verantwortung für das Lernen beim Individuum liegt(B2-01), welche jedoch in verschiedene Unterstützungsstrukturen eingebettetsein muss (D, Tabelle 9).

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

B 2-01 Lebenslanges Lernen erfordert individuelle Verant-wortung für das Lernen.

Individuelle Lernverantwor-tung

B 2-02 Selbstorganisiertes Lernen muss in den Prozess derArbeit integriert werden Selbstorganisiertes Lernen

B 2-03 Die auf den Arbeitsprozess gerichtete Reflexion machtErfahrungen zum Gegenstand des Lernens. Prozedurale Reflexivität

B 2-04Durch die Analyse der Rahmenbedingungen derArbeit und des eigenen Handelns wird die strukturelleReflexivität und Selbstreflexivität gefördert.

Strukturelle Reflexivität

B 2-05

Wissen wird durch die Transformation von Erfahrungkontinuierlich neu erzeugt. Wissen ist somit keineunabhängige und transferierbare Entität, sondern einsich kontinuierlich erneuernder Prozess.

Kontinuierliche Transfor-mation von Erfahrung

Tabelle 9: Spezifische Anforderungen an individuelle Lernprozesse (B2)

Als ein Modell der Transformation von Erfahrung in neue Handlungsweisenwurde bereits das Erfahrungsorientierte Lernen eingeführt (Kapitel 1). Die Aus-führungen zeigten, dass in den vorgestellten Lernzyklen von Kolb und Jarvis drei

Page 132: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel132

wesentliche Elemente unterschieden werden können. Ausgangspunkt ist jeweilsdie Erfahrung, welche durch Beobachtung und Reflexion in abstrakte Konzepteüberführt wird. Diese Transformation ist ein holistischer Prozess, der neben deranalytisch-kognitiven Komponente ebenso durch Emotionen geprägt ist. Dieentwickelten Konzepte werden in neuen Situationen bewusst zur Anwendunggebracht, was gleichzeitig wieder neue Erfahrungen generiert. Erfahrung undHandlung, Beobachtung und Reflexion sowie abstrakte Konzepte und Modellesind damit die Hauptmerkmale eines erfahrungsbasierten Lernens. Diese können,wie Strina 2003 in Anlehnung an Henning 1993 ausführt, auch als Regelkreisangeordnet werden (Abbildung 15).

Abbildung 15: Erfahrungsbasiertes Lernen als Regelkreis (in Anlehnung anStrina 2003: 367)

Die Konzepte/Modelle entsprechen dabei dem Regler, die Erfahrun-gen/Handlungen entsprechen der Regelstrecke als das Objekt, welches geregeltwerden soll. Die Beobachtungen/Reflexionen entsprechen der Rückführung desRegelkreises. Die Funktion einer solchen Rückführung dient der Stabilisierungbzw. der Dynamisierung, was die Bedeutung von Beobachtung und Reflexion fürden Lernprozess verdeutlicht:

„Erst durch Beobachtung und Reflexion wird aus dem Lernprozessein regelbarer, d.h. im positiven Sinne des Wortes prüfbarer unddann auch korrigierbarer Lernprozess.“ (Strina 2003: 368)

Die Darstellung als Regelkreis oder Zyklus betont die Notwendigkeit einer kon-tinuierlichen Entwicklung. Lernen wird damit als ein fortwährender Prozesskonzeptionalisiert, der offen ist für eine permanente Weiterentwicklung vonWissen und Können. Allerdings ist dies noch nicht hinreichend. Wie zu Beginndes Kapitels dargestellt, ist die Intentionalität, also die Absicht zu Lernen einentscheidender Faktor für die Nachhaltigkeit des Lernens. Dies verweist aufModelle der kontinuierlichen Verbesserung, wie sie beispielsweise im PDSA-

Konzept/Modell

Erfahrung/Handlung

Beobachtung/Reflexion

Maßnahmen

zur Umsetzung

Page 133: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 133

Zyklus oder auch der Zyklus expansiven Lernens dargelegt werden. Beide Model-le zeigen, dass zu einer intendierten Veränderung, sei es auf der Gruppen- bzw.der organisationalen Ebene, auf die sich diese beiden Modelle beziehen, als aberauch auf der individueller Ebene, wie die Lernzyklen von Kolb und Jarvis ge-zeigt haben, neben der bewussten Analyse und der Anwendung im Probehandelnauch eine Überprüfung und Validierung der einmal erzielten Resultate gehört.

Der PDSA-Zyklus wurde zu Beginn der 50er Jahre in der japanischen Automobil-industrie von W. Edwards Deming (1952) erfolgreich eingeführt. Dabei bezog ersich auf einen schon von Walter A. Shewhart (1939) beschriebenen Zyklus. Dererste Schritt des Zyklus beginnt mit einer Idee für eine Verbesserung, welche alsInitialzündung für die Entwicklung eines Plans für einen Test, für einen Ver-gleich oder für ein Experiment ist (Plan). Der Planungsphase sollte nicht zu we-nig Aufmerksamkeit geschenkt werden, da hierdurch später unnötige Kosten undFrust verhindert werden kann. Zu dieser Phase gehören das Abwägen der unter-schiedlichen Varianten und Möglichkeiten und deren angenommene Relevanz.

Abbildung 16: Shewart (PDSA) Cycle

Zum Abschluss der Planungsphase steht eine Entscheidung für eine entsprechen-de Vorgehensweise. Der zweite Schritt ist das „Do“. In ihr werden die Planungender ersten Phase, wenn möglich zunächst in kleinem Umfang, umgesetzt. Derdritte Schritt untersucht, ob die Ergebnisse den Erwartungen und Zielen entspro-

Plan

DoStudy

ActPDS

A

Page 134: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel134

chen haben. Wenn dies nicht der Fall ist, dann muss der Zyklus ggf. von vornedurchlaufen werden. Im abschließenden vierten Schritt werden die erzieltenErgebnisse angenommen, verworfen oder ihre Gültigkeit unter veränderten Be-dingungen erneut überprüft (Deming 2000, Abbildung 16). Allerdings endet derZyklus letztendlich nicht mit dem vierten Schritt, denn durch jeden Durchlauferhöht sich die Qualität: „It is also very helpful to view the cycle as a three di-mensional spiral, since every passage of the cycle lifts the quality to a higherlevel.” (Glauser 2006)

Der Zyklus zeigt, dass Verbesserungsprozesse nicht einfach durch Versuch undIrrtum zustande kommen, sondern gerade komplexe Problemstellungen einesystematische Herangehensweise erfordern. In ähnlicher Weise formuliertEngeström (2005) einen organisationalen Lernzyklus auf Basis der Tätigkeits-theorie. Ausgangspunkt des sogenannten expansiven Lernzyklus ist dieInfragestellung der bewährten Praxis und die Einbringung in gemeinsame Ent-wicklungsaktivitäten. Insgesamt umfasst der Zyklus sieben Schritte (Abbildung17).

Abbildung 17: Strategic learning actions and corresponding contradictions in thecycle of expansive learning (Engeström 2001: 152)

6. Reflecting onthe process

5. Implementingthe new model

4. Examiningthe new model

3.Modeling anew solution

2. Historical andactual-empirical

analysis

7. Generalizingand consolidatingthe new practice

1. Questioningthe presentpractice

Primary ContradictionNeed State

Secondary ConradictionsDouble Bind

Tertiary contardictionresistance

Quaternary contradictionsRealignment with neighbors

Page 135: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 135

Gemeinsam wird auf Grundlage von genauen Analysen ein Modell konzipiert,welches zunächst in allen Variationen gedanklich vorweggenommen wird, bevores zu einer Implementierung kommt. Die Ergebnisse der Umsetzung werden ineinem Folgeschritt reflexiv beobachtet und hieraus generalisierte Handlungsmo-delle abgeleitet (Engeström 1999, 2001, 2005).

Während die ersten fünf Schritte des expansiven Lernzyklus den ersten zweiSchritten des Shewart-Zyklus zugeordnet werden können, spiegeln die letztenbeiden die Schritte Study und Act im PDCA-Zyklus. Beide Modelle zeigen, dassdie Heraushebung von einzelnen Lerngegenständen und deren bewusste Bearbei-tung ein wesentlicher Aspekt der Veränderung ist. Während das Modell vonDeming die praktische Seite der Erprobung betont, verweist Engeströms Modellim Gegensatz dazu auf die theoretische Vorwegnahme von Handlungsalternati-ven. Beide Modelle zeigen, dass nachhaltiges Lernen nur erfolgen kann, wenndie Aufmerksamkeit für einen bestimmten Zeitraum auf einen Lerngegenstandfokussiert wird. Dabei ist keine Aussage über die Länge des Zeitraums gemacht.Das ist auch kaum möglich, denn dies hängt im Wesentlichen von der Beschaf-fenheit der Lerngegenstände ab.

Auf Grundlage der bisherigen Ausführungen kann für das Lernen im Prozess derArbeit ein doppelter Lernzyklus beschrieben werden, der in Anlehnung an dievon Kirchhöfer vorgenommene Definition des „Lernens im Prozess der Arbeit“(Kap. 3.3.3) „Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens“ benannt werden soll. Diebeiden Zyklen werden mit jeweils drei Elementen konzeptionalisiert. Ein in derTätigkeit erfahrener oder in der bewussten Handlung erlebter Bruch zwischenWissen und Können dient als Ausgangspunkt für einen bewussten oder unbe-wussten erfahrungsreflektierenden Lernprozess. Durch intuitive Wahrnehmungoder Beobachtung dieser episodischen Erfahrung (E) und darauf bezogene Re-flexion (R) wird Erfahrung transformiert in Wissen, welches jedoch nicht alsgespeicherte Größe aus einem Gedächtnis abgerufen werden kann, sondern imSinne Polanyis als „process of knowing“ (Polanyi 1967) definiert ist. Hierbeiwird ein erfahrungsbasiertes Modell der Wirklichkeit entwickelt (EM), welchesim weiteren Verlauf der Handlung zur Anwendung gebracht wird. Wird einsolches Modell in einem handlungsgenerierenden Lernprozess als bewussteHandlung zur Anwendung gebracht (H) und die hierdurch entstehenden Erfah-rungen erneut zum Gegenstand der Reflexion, so entstehen über die Zeit relativstabile generalisierte Handlungsmodelle (GM, Abbildung 18).

Eine intendierte und nachhaltige Veränderung ist damit nur möglich, wenn Ler-nen nicht allein reaktiv auf der Basis von Erfahrungen erfolgt, sondern wennbewusst weitere Zyklen des Handelns und Verbesserns durchlaufen und damiterfahrungsreflektierende (Induktion) und handlungsgenerierende Prozesse (De-

Page 136: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

136

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

Die Bedeutung der Bewusstheilich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifendieErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

136

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätenn isprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

Die Bedeutung der Bewusstheilich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitäteni c h t vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

Die Bedeutung der Bewusstheilich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

Abbildung

Die Bedeutung der Bewusstheilich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

Abbildung

Die Bedeutung der Bewusstheilich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

Abbildung 18

Die Bedeutung der Bewusstheilich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

18: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

Die Bedeutung der Bewusstheilich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

Die Bedeutung der Bewusstheit von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursacheohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmoniete), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichweit auseinander liegenden Ursache-Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise derKommunikation eine Wesentliche Rolle.

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denenein Gespräch der Ebene 1 (Harmonie-te), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit d

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denen

Sauce) in die Ebene 2 (Debate), ein Gespräch der Ebene 2 in die Ebeneein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätent vermittelt werden, ist die Fähigkeit des schöpferischen G

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denen

Sauce) in die Ebene 2 (Deba3 (reflektiver Dialog) und

ein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätenes schöpferischen G

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denen

Sauce) in die Ebene 2 (Deba3 (reflektiver Dialog) und

ein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexenAufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätenes schöpferischen G

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denen

Sauce) in die Ebene 2 (Deba3 (reflektiver Dialog) und

ein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) gbracht werden kann.“ (Scharmer & Käufer 2000: 127)

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einimplizites Lernen aus Erfahrungen nur bedingt in komplexen Situationen erfolgt.Aufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätenes schöpferischen G

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denen

Sauce) in die Ebene 2 (Deba3 (reflektiver Dialog) und

ein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) g

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass ein

Situationen erfolgt.Aufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätenes schöpferischen G

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch bdeutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denen

Sauce) in die Ebene 2 (Deba3 (reflektiver Dialog) und

ein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) g

: Der Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass ein

Situationen erfolgt.Aufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

„Eine der wichtigsten Kompetenzen, die heute an Universitätenes schöpferischen Ge-

sprächs sowie die Fähigkeit, Dialogfelder aufzubauen. Praktisch be-deutet dies die Ausbildung von Interventionstechniken, mit denen

Sauce) in die Ebene 2 (Debat-3 (reflektiver Dialog) und

ein Gespräch der Ebene 3 in die Ebene 4 (schöpferischer Dialog) ge-

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschalich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatinen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass ein

Situationen erfolgt.Aufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der g

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

t von Lernprozessen verdeutlicht dabei anschau-lich eine Studie über das Verhalten von Projektmanagern in komplexen Situatio-nen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass ein

Situationen erfolgt.Aufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlich

Wirkungsbeziehungen, kann Lernen nichtohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifen

untersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachenErfahrungen beruhenden mentalen Modelle zurück. Trotz der Vielfalt der ge-

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

duktion) miteinander verbunden werden. Hierfür spielt die Art und Weise der

u-o-

nen. Die Untersuchungen von Sengupta und Kollegen haben gezeigt, dass einSituationen erfolgt.

Aufgrund der in komplexen Situationen uneindeutigen und in der Regel zeitlichWirkungsbeziehungen, kann Lernen nicht

ohne genaue Analysen, also einer Prozessunterbrechung, erfolgen. Daher greifenuntersuchten Manager der Studie immer wieder ihre auf relativ einfachen

e-

Page 137: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 137

machten Erfahrungen schaffen sie es aufgrund der mangelnden bewussten Pro-zessunterbrechungen mit dem Ziel der Weiterentwicklung der eingesetzten men-talen Modelle nicht, grundlegend diese handlungsleitenden Modelle zielgerichtetzur Bewältigung zukünftiger komplexer Situationen zu verändern (Sengupta etal. 2008: 92).

5.2.3 Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

Ein wesentliches Merkmal der Universität ist die große Fluktuation ihrer wissen-schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nach drei bis fünf Jahren verlässtein Großteil der Promovierenden wieder die Hochschule auf der Suche nachneuen Herausforderungen an anderen Universitäten, in öffentlichen Einrichtun-gen oder in der Industrie. Nur ein kleiner Teil der Wissensträger verbleibt anseinem Arbeitsort und übernimmt leitende Funktionen. Die kurze Verweildauereines großen Teils der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfordert eine effektiveGestaltung der Wissenstransferprozese innerhalb der Universität. Hierzu habendie einzelnen Organisationseinheiten zum Teil eigene Modelle entwickelt, diespezifisch auf ihre Bedarfe hin ausgerichtet sind und die den effektiven Ablaufder alltäglichen Aufgabenbewältigung sicher stellen sollen. Die beschriebenenBasisanforderungen machen deutlich, dass unter verschärften Wettbewerbsbe-dingungen die Aufrechterhaltung des Betriebs jedoch kein hinreichendes Mittelist, die Einzigartigkeit der Universität unter Beweis zu stellen. Die gefordertekollektive Handlungsfähigkeit der Universität (A1-08), unter sich änderndenUmfeldbedingungen dauerhaft aufrecht zu erhalten, erfordert weitgehende Maß-nahmen. Diese garantieren nicht allein die Überlebensfähigkeit und Reputationeinzelner universitärer Subeinheiten in ihren jeweiligen Bezugssystemen ihrerDisziplin, sondern die der ganzen Universität. Kollektives Lernen und Wissens-transfer über die Bereichgrenzen hinweg ist damit eine zentrale Aufgabe.

Kollektives Lernen beginnt auf der Ebene der Gruppe, welche an der UniversitätLehrstühle, Institute, Fachbereiche oder andere Organisationseinheiten sein kön-nen. Es kann darüber hinaus die ganze Organisation oder auch Netzwerke derUniversität umfassen, wenn diese gemeinsam Entwicklungsprozesse gestalten.Stellvertretend für die kollektiven Ebenen lernen dabei immer die in ihr tätigenIndividuen. Diese schaffen durch Kommunikation und Interaktion (B3-08) kol-lektives Wissen, was kein abrufbarer Informations- oder Wissensstand ist, son-dern durch die Bewusstseinstätigkeit der beteiligten Akteure immer wieder neugeschaffen (B3-02) wird. Auch kollektives Wissens kann nicht linear transferiertwerden, was die Übertragung von Beispielen guter Praxis schwer macht. Erstdurch Kommunikation und Interaktion wird die Coorientierung, also die gemein-same Bezugnahme auf Handlungsmodelle und somit die Integration kollektivenWissen durch die einzelnen Individuen, möglich (B3-03). Die kollektiven Be-

Page 138: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel138

zugsordnungen entstehen dabei durch die gemeinsame Reflexion (B3-05), die einwesentlicher Bestandteil des Lernens aus Erfahrung ist (B3-01). Dabei kommtden gemeinsam agierenden Personengruppen die entscheidende Funktion zu. Sieermöglichen in der gemeinschaftlichen Transformation die Verbindung vonunterschiedlichen Sichtweisen, Lernwegen und Beobachtungen (B3-06). Damitist der entscheidende Faktor der Gestaltung einer lernenden Organisation, in-wieweit es gelingt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität in viel-fältiger Form in die Entwicklung der Hochschule auf den unterschiedlichstenProzessebenen einzubinden (B3-04). Denn nur hierdurch wird gewährleistet,dass Lern- und Entwicklungsziele von Individuen und den verschiedenen Orga-nisationsebenen artikuliert und miteinander abgeglichen werden können (B3-07,Tabelle 10).

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

B 3-01 Gemeinsames Lernen ist ein wesentlicher Bestandteildes Lernens aus Erfahrung. Kollektives Lernen

B 3-02Kollektives Wissen wird durch die Bewusstseinstätig-keit ständig neu gebildet und ist kein abrufbarer In-formations- oder Wissensbestand.

Kontinuierliche Aktualisie-rung kollektiven Wissens

B 3-03

Kollektives Wissen kann nicht linear transferiertwerden. Durch Kommunikation und Interaktion wirdeine Coorientierung und eine Integration kollektivenWissens durch jeden Einzelnen ermöglich.

Coorientierung

B 3-04Eine gemeinsame Nutzung kollektiven Wissens wirdüber die Einbindung aller Beteiligten in Geschichtenund Diskurse ermöglicht.

Partizipation

B 3-05 Kollektive Bezugsordnungen entstehen durch gemein-same Reflexion. Gemeinsame Reflexion

B 3-06Lernteams ermöglichen die Verbindung von unter-schiedlichen Sichtweisen, Lernwegen und Beobach-tungen.

Lernteams

B 3-07 Lern- und Entwicklungsziele müssen artikuliert undmiteinander abgeglichen werden können.

Abgleich von Lern- undEntwicklungszielen

B 3-08 Kommunikation und Interaktion müssen gefördertwerden.

Kommunikation und Inter-aktion

Tabelle 10: Spezifische Anforderungen an das kollektive Lernen (B3)

Page 139: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 139

Die dargestellten Anforderungen machen deutlich, dass der individuelle arbeits-begleitende Lernzyklus nicht hinreichend ist für die Gestaltung einer lernendenOrganisation. Er muss erweitert werden um die kollektiven Lernebenen. Hierbeikann zurück gegriffen werden auf Järvinen und Poikela, die verschiedene Lern-modelle untersuchten. Sie verglichen dabei deren Konzeptionierung und stelltenfest, dass der Lernzyklus von Kolb auf der individuellen Ebene (concrete expe-rience, reflective observation, abstract conceptualization and activeexperimentation), das Wissensgenerierungsmodell von Nonaka & Takeuchi(1997) auf der Ebene der Gruppe (sharing of experience, reflecting collectively,combining new knowledge, learning by doing) und das „organizational learningframework“ von Crossan et al. (1999) auf der organisationalen Ebene (intuitionformation, intuition interpretation, integration of interpreted knowledge,knowledge institutionalization) in weiten Teilen identisch sind. Sie verbinden dieModelle zu einem erfahrungsorientierten Prozessmodell für das Lernen in derArbeit und verdeutlichen damit, dass Lernen gleichzeitig auf allen Ebenen derOrganisation realisiert werden kann, dass Lernprozesse von einer Ebene auf eineandere ausgeweitet oder eingegrenzt werden können und dass Lernprozesse aufden verschiedenen Ebenen sich in einem unterschiedlichen Entwicklungsstadiumbefinden können (Järvinen & Poikela 2001).

Auf dieser Basis kann auch der individuelle Zyklus arbeitsbegleitenden Lernensauf alle kollektiven Ebenen ausgebreitet werden (Abbildung 19). Die Anzahl derEbenen variiert insbesondere auf der Gruppenebene und muss bei einer Analysein Bezug auf die zu untersuchende (Teil-) Organisation bestimmt werden, daimmer auch relevante und nicht relevante Umwelten bestimmt werden können(Kap. 4.2). Grundsätzlich kann für die Universität die individuelle Ebene, dieGruppen- oder Teamebene, die Lehrstuhl- und/oder Institutsebene, die Fachbe-reichsebene, die Gesamtorganisationsebene und darüber hinaus aufgrund derEinbindung in Verbünde oder Netzwerke die interorganisationale- oder Netz-werkebene beschrieben werden. Dazwischen gibt es eine Vielzahl von Einrich-tungen, Projekten und Initiativen, die quer liegen zu den klassischen hierarchi-schen Ebenen oder solche Einrichtungen, die aufgrund ihrer Größe keine ausge-prägten Hierarchieebenen entwickelt haben. Letztendlich kann eine Festlegungder handlungsrelevanten Lernebene nur aus der Perspektive der Beteiligten un-ternommen werden.

Die Unterscheidung des Lernens auf den verschiedenen Ebenen der Universitäterlaubt es, die Elemente zu identifizieren, die eine Organisation einsetzt umLernen auf den unterschiedlichen Ebenen zu generieren. Die Perspektive desdoppelten Lernzyklus gewährt dabei die Unterscheidung zwischen lernförderli-chen Gestaltungsmaßnahmen, die eine Erfahrungsgenerierung ermöglichen alsauch die Identifizierung derjenigen Elemente, die als bewusste Reflexionspro-

Page 140: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

140

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

140

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

Abbildung

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

Abbildung

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

Abbildung

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

Abbildung 19: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltige

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welchedurch wiederholte Anwendung ein nachhaltiges Lernen ermöglichen.

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

s Lernen ermöglichen.

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

s Lernen ermöglichen.

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

s Lernen ermöglichen.

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

s Lernen ermöglichen.

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

s Lernen ermöglichen.

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

: Der kollektive Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel

zesse und als Kontinuitätsunterbrecher der Tätigkeit konzipiert sind. Darüberhinaus ermöglicht das Modell die Identifizierung derjenigen Elemente, welche

Page 141: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 141

5.2.4 Analyse und Reorganisation des Lernens im Prozess der Arbeit

Das entwickelte Modell arbeitsbegleitenden Lernens kann bei der Analyse undder Reorganisation des arbeitsbegleitenden Lernens im universitären Kontextbehilflich sein, die Gestaltungskomponenten eines Lernens im Prozess der Arbeitzu identifizieren und darüber hinaus zu verdeutlichen, wo sich dem untersuchtenTeilsystem Handlungsoptionen eröffnen, arbeitsbegleitendes Lernen nachhaltigzu implementieren. Als Hilfsmittel dient hierzu eine Analysematrix, welchejeweils die drei Elemente eines erfahrungsbasierten und eines handlungsbasiertenZyklus mit den Handlungsbenen der Organisation verknüpft (Abbildung 20).

Abbildung 20: Reflexionsmatrix arbeitsbegleitenden Lernens

Die Analysematrix erlaubt die Einordnung von ermittelten Gestaltungselemen-ten, die das fachliche als auch das überfachliche Lernen in dem betrachtetenTeilsystem ermöglichen. Dabei wird vor allem auf der Erfahrungsebene unter-sucht, welche lernförderlichen Gestaltungskomponenten eine Vielzahl vonLernmöglichkeiten im Prozess der Arbeit generieren (Spalte 1). Dies kann z.B.die weitgehend selbstständige Bearbeitung eines Forschungsprojekts oder dieGestaltung einer Lehrveranstaltung sein. In der zweiten Spalte liegt der Fokusauf den Strukturelementen, die eine Reflexion der Einzelerfahrung ermöglichen.Dies kann auf der individuellen Ebene das Mitarbeitergespräch oder die kollegia-le Beratung sein, auf der kollektiven Ebene z.B. die Durchführung eines LessonLearned Workshops. Die dritte Spalte, die Modellebene, erfordert eine genauereAnalyse der eingesetzten Elemente. So kann beispielsweise ein Lesson LearnedWorkshop allein der Reflexion dienen, so dass beispielsweise die einzelne Teil-nehmerin bzw. der einzelne Teilnehmer mit einem veränderten Handlungsmodell

Erfahrungsreflektierendes Lernen Handlungsgenerierendes Lernen

ErfahrungsebeneReflexionsebene(Reflexion der

Einzelerfahrungen)

Modellebene(erfahrungs-

basiertes Modell)

Handlungsebene 2(bewussteHandlung)

Reflexionsebene 2(Generalisierung

derEinzelerfahrungen)

Modellebene 2(generalisiertes

Modell)

InterorganisationalesoderNetzwerk

Lernen

N 1 N 2 N 3 N 4 N 5 N 6

OrganisationalesLernen

O 1 O 2 O 3 O 4 O 5 O 6

Gruppenlernen

G 1 G 2 G 3 G 4 G 5 G 6

IndividuellesLernen

I 1 I 2 I 3 I 4 I 5 I 6

N I

O I

G I

I I

N II

O II

G II

I II

Page 142: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel142

aus ihm hervorgehen kann. Dies heißt jedoch nicht, dass z.B. gemeinsam neueSpielregeln für die zukünftige Arbeit in Projekten generiert worden sind.

Die vierte Spalte betrachtet diejenigen Elemente, durch welche die erfahrungsba-sierten Modelle erneut bewusst in der Praxis zur Anwendung gebracht werdenkönnen. Auf der kollektiven Ebene heißt dies beispielsweise, dass entweder dieentwickelten Spielregeln als Ergebnis einer Projektreflexion in einem neuenProjekt explizit der gemeinsamen Arbeit zu Grunde gelegt werden oder dass dieErgebnisse vorhergehender Reflexionen in den Tiefen der Schublade verschwin-den und damit der Lernprozess nicht über die Reflexion von Einzelerfahrungenhinaus geht. Das systematische Initiieren neuer Lernprozesse ist somit eng ver-bunden mit Fragen des Transfers von Wissen aus voran gegangenen Lernprozes-sen und stellt damit die Frage nach den Möglichkeiten der Kollektivierung. Diebewusste Reflexion der intendierten Handlung (Spalte 5) erfordert nicht alleineine Reflexion der neuen Erfahrungen, sondern muss auch diese in Bezug mitden Vorerfahrungen setzen, welche Grundlage des Handelns geworden sind. Ersthierdurch ist es möglich, die gemachten Erfahrungen zu generalisieren undHandlungsmodelle für weitere Anwendungsfälle aufzubereiten (Spalte 6).

Die Analysematrix ermöglicht aber auch die Identifizierung von Gestaltungsele-menten, welche eine Überführung von einer Ebene zur anderen ermöglichen: Wogibt es Maßnahmen, die erlauben, individuelles Wissen mit anderen zu teilen?Welche Maßnahmen werden ergriffen, um beispielsweise die Reflexion derKunden mit in die Kompetenzentwicklung einzubeziehen? Wie wird das Wisseninnerhalb der Hochschule verbreitet? All diese Komponenten finden Eingang indie Analysematrix und zeigen, welche Gestaltungselemente weit und welcheunterentwickelt sind. In der Regel wird sich dabei zeigen, dass die Universitätenin weiten Teilen bereits gut gerüstet sind, um Erfahrungen auf allen organisatio-nalen Ebenen zu generieren. Diese werden jedoch kaum systematisch als Aus-gangspunkt für Lernprozesse genutzt und dienen als elementares oder auch funk-tionales selbstgesteuertes Lernen vor allem der individuellen Kompetenzent-wicklung. Mängel sind vor allem bei der bewussten Überführung von Ergebnis-sen erfahrungsbasierter Modellbildung hin zu einer bewussten erneuten Anwen-dung der Erkenntnisse auf den kollektiven Ebenen sowie im Transfer und Ab-gleich handlungsorientierter Modelle zwischen allen Lernebenen zu finden(Abbildung 21). Sie benötigen daher in der Regel verstärkt einen gezielterenEinsatz von Lern- und Reflexionsformen auf allen organisationalen Ebenen umbewusst das kollektive Wissen weiter zu entwickeln und um dieses verstärkt indie Handlungsroutinen zu überführen. Erst hierdurch wird gewährleistet, dass dieGesamtorganisation sich flexibel den wandelnden Anforderungen anpassen kann.

Page 143: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 143

Abbildung 21: Umsetzung erfahrungsorientierten Lernens an der Universität(Brall et. al. 2007: 94)

5.3 Lern- und Unterstützungsstrukturen

5.3.1 Lernförderliche Gestaltung des Arbeitsfeldes

Berufliche Handlungskompetenz wird durch das Zusammenspiel aller Kompe-tenzbereiche erworben (C1-01). Durch Trainings können zwar spezifische Kom-petenzbereiche trainiert werden, doch ihre Anwendbarkeit und Wirksamkeitzeigt sich erst in realen Handlungsvollzügen im Zusammenspiel von fachlicherund überfachlicher Kompetenz. Arbeits- und damit Lernumgebungen müssenkomplex gestaltet sein, um möglichst vielfältige Lernanforderungen bereit zustellen (C1-05). Dies ermöglicht ein ganzheitliches Arbeitshandeln (C1-06),welches auf vielfältige Weise Herausforderungen bietet. In solchen Arbeitsum-gebungen erfolgt Kompetenzentwicklung weitgehend ungesteuert, naturwüchsig-unsystematisch und oft auch unbewusst (C1-03). Allerdings reicht dies nicht aus,um einerseits zielgerichtet die Berufsfähigkeit optimal zu entwickeln bzw. umandererseits individuelle und organisationale Entwicklungsbedarfe abzugleichen.Dafür müssen die bestehende Praxis und die Potenziale arbeitsintegrierten Ler-nens im universitären Alltag zielgerichtet für die individuelle Kompetenzent-wicklung genutzt (C1-04) und Problemlösungen systematisch angegangen wer-den (C1-09). Erst so kann es gelingen, sich als Individuum und auch als Organi-sation professionell weiter zu entwickeln. Will man darüber hinaus einen selbst-organisierten beruflichen Handlungskompetenzerwerb fördern (B2-02), so müs-

Erfahrungsreflektierendes Lernen Handlungsgenerierendes Lernen

ErfahrungsebeneReflexionsebene(Reflexion der

Einzelerfahrungen)

Modellebene(erfahrungs-

basiertes Modell)

Handlungsebene 2(bewussteHandlung)

Reflexionsebene 2(Generalisierung

derEinzelerfahrungen)

Modellebene 2(generalisiertes

Modell)

InterorganisationalesoderNetzwerk

Lernen

N 1 N 2 N 3 N 4 N 5 N 6

OrganisationalesLernen

O 1 O 2 O 3 O 4 O 5 O 6

Gruppenlernen

G 1 G 2 G 3 G 4 G 5 G 6

IndividuellesLernen

I 1 I 2 I 3 I 4 I 5 I 6

Page 144: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel144

sen weitgehende Handlungsspielräume für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitergeschaffen werden (C1-02), in denen sie eigenständig Probleme lösen und durchqualifizierte Rückmeldung nicht allein die Fachlichkeit, sondern vor allem auchdie Arbeitsprozesse nachhaltig weiter entwickeln. Soll das einmal erworbeneProzesswissen nicht mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Hochschuleverlassen, sondern auch Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung stehen, somüssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen Wissen transferiert,entwickelt und revidiert werden kann (C1-08). Denn auch die koevolutive Ent-wicklung von Individuen, Gruppen und Organisationen erfolgt durch die Gestal-tung des Kontextes in dem kollektives Lernen erfolgen soll (C1-07). Vielfachhaben Lehrstühle und Institute Rahmenbedingungen für den kollektiven Aus-tausch von fachlichen Inhalten durch die Implementierung von Dissertations-oder Mitarbeiterkolloquien bereits geschaffen. Aber nur selten werden die beste-henden Rahmenbedingungen systematisch für die überfachliche Kompetenzent-wicklung und den Transfer von Prozesswissen genutzt. Nur selten werden überdie fachlichen Forschungsfragen hinaus die Prozesse gezielt betrachtet und Mo-delle für zukünftiges Handeln geschaffen (Tabelle 11).

Die Gestaltung einer so skizzierten Lernumgebung erfordert auch einen anderenUmgang mit Fehlern. Ausprobieren und experimentieren, neue Ideen haben undtesten - all dies impliziert Fehler, missglückte Versuche, Konflikte und andereMeinungen. Diese nicht erwarteten Ergebnisse und die verschiedenen Meinun-gen müssen fester Bestandteil der Kultur einer lernenden Organisation oderGruppe sein. Ohne eine psychologische Sicherheit der Akzeptanz von Fehlern,ohne die Wertschätzung von Unterschieden und ohne die Offenheit für neueIdeen kann kein fruchtbarer Boden für Lernprozesse in der Arbeit gestaltet wer-den (Garvin et al. 2008: 78f). Es wurde gezeigt, dass die Herstellung einer sol-chen Lernkultur als kollektive Bezugsordnung nicht einfach vorgegeben werdenkann. Erst durch die Kommunikation über Lernen und der Reflexion der Lern-prozesse selbst, wird die kollektive Bezugsordnung als Orientierungshilfe fürjeden Einzelnen wirksam (Kapitel 5.2.3). Den autopoietischen Zusammenhangvon Lernstruktur und Lernprozess macht auch Hartmann (2002) deutlich. Erverweist darauf, dass die Lernstrukturen Lernprozesse ermöglichen, indem sieRahmenbedingungen für das Lernen bereit stellen. Allerdings definieren bzw.begrenzen sie gleichzeitig, da innerhalb bestimmter Strukturen auch nur be-stimmte Lernprozesse realisiert werden können. Lernprozesse erzeugen damitLernstrukturen, auch die, die sie selbst ermöglichen (Hartmann 2002: 234).

Blickt man vor diesem Hintergrund auf die Arbeitssituation für Wissenschaftleran technischen Universitäten, so findet man in der Regel eine Vielzahl der be-nannten Anforderungen problemlos erfüllt. Komplexe Arbeitsanforderungenschaffen einen lernförderlichen Kontext, in realen Handlungsvollzügen können

Page 145: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 145

verschiedenste Aufgaben häufig mit viel Handlungsspielraum erledigt werden.Dabei werden informelle Lernprozesse zu Hauf produziert, so dass viele Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter sich vor Lernchancen kaum noch retten können. Inder Praxis ist jedoch häufig ein Mangel beim Abgleich von individuellen undkollektiven Entwicklungszielen und damit der systematischen Gestaltung undNutzung von Lernprozessen zu beobachten.

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

C 1-01Handlungskompetenz wird in realen Handlungsvoll-zügen im Zusammenspiel aller Kompetenzbereicheerworben.

Reale Handlungsvollzüge

C 1-02Selbstorganisierter beruflicher Handlungskompetenz-erwerb ist durch die zur Verfügung stehenden Hand-lungsspielräume motiviert.

Handlungsspielraum

C 1-03Kompetenzentwicklung erfolgt weitgehend unge-steuert, naturwüchsig-unsystematisch und oft auchunbewusst.

Informelle Lernprozesse

C 1-04

Die bestehende Praxis und die Potenziale arbeitsinte-grierter Lernformen im universitären Alltag sollte fürdie individuelle Kompetenzentwicklung genutztwerden.

Arbeitsintegriertes Lernen

C 1-05 Lernumgebungen müssen komplex gestaltet sein, umvielfältige Lernanforderungen bereit zu stellen. Komplexe Lernumgebungen

C 1-06 Ganzheitliches Arbeitshandeln muss ermöglichtwerden.

Ganzheitliches Arbeitshan-deln

C 1-07Koevolutive Entwicklung von Individuen, Gruppenund Organisationen erfolgt durch die Gestaltung desKontextes in dem kollektives Lernen erfolgen soll.

Koevolution durch Kontext-gestaltung

C 1-08 Schaffung von Rahmenbedingungen in denen Wissentransferiert, entwickelt und revidiert werden kann. Lernförderlichkeit

C 1-09 Problemlösungen erfolgen planvoll und systematisch. Systematisches Problemlö-sen

Tabelle 11: Lernförderliche Gestaltung des Arbeitsfeldes (C1)

Page 146: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel146

5.3.2 Integration von Reflexions- und Lernformen

Die täglichen Arbeitsanforderungen in der Universität lassen häufig wenig Zeit,sich intensiv mit den der Arbeit zugrunde liegenden Prozessen und Abläufengenauer zu befassen. Wie die Ergebnisse der Studie von Sengupta bereits deut-lich gemacht haben (Kap. 5.2.2), ist jedoch gerade die intensive Beschäftigunghiermit ein entscheidender Faktor bei der Professionalisierung der eigenen Ar-beit. Das Tagesgeschäft erlaubt selten ein Innehalten und damit auch kaum einezielgerichtete Analyse und Neuorientierung von Handlungsstrategien. Ohne dieBereitstellung von Zeitressourcen für die Analyse der eigenen Arbeitsprozessekann kaum ein tiefgreifendes Lernen erfolgen, da die elementaren Lernprozessenicht die notwendige Tiefe erreichen, um sich in komplexen Arbeitsumgebungenadäquat bewegen zu können.

„Doch wenn Menschen zu beschäftigt sind oder gestresst durch Zeit-druck, leidet ihr analytisches und kreatives Denkvermögen. Sie kön-nen schlechter Probleme erkennen und aus ihren Erfahrungen ler-nen.“ (Garvin et al. 2008: 79).

Als Kontinuitätsunterbrecher wurde Reflexion in dieser Arbeit schon einmalbezeichnet (Kap. 4.3). Dass dies in der alltäglichen Arbeit nicht immer möglichist oder in den Hintergrund tritt ist nicht verwunderlich. Umso wichtiger ist es,gezielt Lern- und Reflexivformen als Kontinuitätsunterbrecher in die Arbeitsab-läufe zu integrieren. Dies ermöglicht eine gemeinsame Entwicklung von wissen-schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Lehrstühlen, Instituten, Fachbe-reichen und der Gesamtuniversität durch die kooperative Aufmerksamkeitsfo-kussierung in einem arbeitsbegleitenden kollektiven Lernprozess.

Für Viele ist es jedoch nach wie vor eine ungeklärte Frage, wie man die Wis-sensgenerierung und den Wissenstransfer optimal gestalten kann. Während dieeinen mit einem Mehr an ausgelagerten Weiterbildungsangeboten reagieren,dessen Effktivität begrenzt ist (C2-03) und darüber hinaus auch nicht die bevor-zugte Form der Kompetenzentwicklung darstellen (C2-02), setzen andere eherauf technische Lösungen, welche das bestehende Wissen abbilden und für andereverfügbar machen sollen. Beide Lösungen sind nicht mehr weg zu denken auseiner zeitgemäßen Gestaltung von Lernen von und in Organisationen, doch wer-den sie nur noch selten als alleinige Heilsbringer gepriesen (C2-06). Wie gezeigtwurde ist die Kommunikation und Interaktion das entscheidende Gestaltungs-element für den Erwerb und die Generierung kollektiven Wissens (B3-08).Technische Lösungen oder individuelle Trainings können dies unterstützen, sieersetzen aber in der Regel nicht die persönliche Kommunikation. Eine lernför-derliche Arbeitsumgebung lebt von dem Vertrauen, dass Fehler und Unterschie-de als Ausgangspunkt des Lernens dienen. Damit ist Vertrauen nicht nur ein

Page 147: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 147

wesentlicher Aspekt erfolgreicher Kommunikation sondern auch der Reflexionund Optimierung von Handlungsabläufen in der Arbeit. Durch kommunikativeProzesse können soziale Systeme angeregt werden ihre Handlungsmuster zuüberdenken sowie Denkweisen und Wahrnehmungen zu überprüfen indemschrittweise eine Vertrauenskultur aufgebaut wird. Der Reflexionsprozess kanndabei durch verschiedene Reflexionsformen unterstützt werden (C2-07), die alsProzessresultat kollektives Wissen generieren.

„Wesentlich bedeutsamer für die Distribution von Wissen in Organi-sationen ist deshalb, dass man immer wieder in systematisierterForm Situationen schafft, in denen Menschen in face-to-face- Kon-takten – mittels verbaler und visualisierter Kommunikation – indivi-duelles Wissen austauschen, hinterfragen und zu neuem kollektivenWissen bündeln.“ (Wahren 1996: 175)

Handlungsorientierung wird durch die Entwicklung von Strategien, Zielen undPerspektiven sowie der Entwicklung von Feedback- und Evaluierungssystemenals Rückkopplung und Beobachtungsinstrumentarien der Realität generiert (C2-05). Die Bandbreite der Beobachtungswerkzeuge die dabei in Universitäten zumEinsatz kommen können ist groß. Erfahrungsaustausch-Gruppen (Experienceexchange groups/EEG, Action Learning, Lernnetzwerke), Hospitation (Prakti-kum, begrenzter Austausch), Job Rotation, Mentoring, Musterlösungen anpassen(Benchmark, learning from the best, soni-aba-so), naiver Besuch, Problemlöse-zirkel (Werkstattkreise, problem-centered groups, Qualitätszirkel, Wissenszirkel,Lernstatt), Projektauftrag, Begleiteter Kundenbesuch, Communities of Practice(Common Interest Networks, Communities of Interest, Expert Networks,Knowledge Networking, Virtual Online Communities, Knowledge Worker Net-works, TechClubs, Wissensgemeinschaften, Kontextgemeinschaften),Spezialistenbesuch, Wissensmarkt u.v.m. sind nur einige methodische Vorge-hensweisen, die auf die gemeinsame Beobachtung und Reflexion sowie auf Wis-sensgenerierung und den Wissenstransfer gerichtet sind (C2-04). Durch denEinsatz dieser Methoden kann das implizite Wissen externalisiert werden und einexpliziter kollektiver Lernprozess durchlaufen werden. So kann erreicht werden,dass individuelle Expertise sich mit organisationalen Entwicklungsbedarfenverbindet (A1-07). Die Reflexions- und Entwicklungsphasen können auch einenVergleich mit anderen Organisationen umfassen oder das Kundenfeedback aktiveinbinden (C2-09). Soll dieses Feedback systematisch unter Einbezug von vielenBeteiligten erhoben werden, kann der Einsatz von Erhebungsinstrumenten, wiedie Balanced Score Card, Fragebögen, Delphi-Befragungen und vieles mehr dieVielfältigkeit der Sichtweisen visualisieren und bündeln. Damit erweitert sich dieBandbreite der Rückmeldungen und somit die Möglichkeit, Verbesserungspoten-ziale zu erkennen. Die Kollektivierung von Handlungsmodellen kann auch durch

Page 148: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel148

klassische Trainings unterstützt werden. Diese können so gestaltet werden, dassin Gruppenphasen die Teilnehmenden aktiv ihre Praxis diskutieren und analysie-ren, was eine Integration der Ergebnisse in die eigene Arbeitsumgebung erleich-tert (C2-01) oder darüber hinaus neue Handlungsalternativen gemeinsam gene-riert werden (Tabelle 12).

Mit dem Einsatz von Reflexions- und Lernformen ist das Ziel einer lernendenOrganisation nicht von „nebulösen Heilsversprechen“ (Garvin 1994) geprägt,sondern dadurch, dass auf Grundlage einer lernförderlichen Arbeitsumgebungdie Möglichkeiten der gemeinsamen Weiterentwicklung auf allen Ebenen derOrganisation genutzt werden (Wahren 1996: 235).

Betrachtet man die universitäre Praxis so zeigt sich schnell, dass zwar viel be-reichsübergreifende Zusammenarbeit initiiert und angestoßen wird, dies jedochnur selten über den primären Arbeitsauftrag hinaus zur gemeinsamen Weiterent-wicklung der Universität genutzt wird. Die strategische Bedeutung kollektivenLernens wird auch in Forschungsgruppen, Lehrstühlen und Instituten häufignicht hinreichend genutzt. Hier liegt der Fokus vor allem auf dem fachlichenAustausch, selten nur auf einer gemeinsamen Entwicklung der Arbeitsprozesse.So gestaltet sich beispielsweise die Übergabe einer Lehrveranstaltung in denVerantwortungsbereich von anderen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern nichtselten allein durch die Weitergabe der Folienordner. Eine systematische Ent-wicklung der Lehre beginnt früher. Es implementiert Lehrteams, die gemeinsamProzesse beobachten, reflektieren und bestehende Verfahren optimieren. Durchden Austritt eines Teammitglieds geht das vorhandene Wissen nicht verloren undneue Teammitglieder werden systematisch in die Arbeitsabläufe und Routineneinbezogen (vgl. Raue 2002). Beispiele dieser Art lassen sich vielfach an Uni-versitäten finden. Sie zeigen deutlich, dass gerade die Verankerung von Reflexi-ons- und Lernformen in die alltäglichen Handlungsprozesse notwendiges Ele-ment der Gestaltung einer lernenden Universität sind.

5.3.3 Führungskräfte in Forschung und Lehre

Vielfach wird angenommen, dass die Realisierung von Unternehmenskultureneine zentrale Aufgabe von Führungskräften ist. Wie am Beispiel der Lernkulturgezeigt wurde sind jedoch alle Mitglieder einer Organisation an der Herstellungdieser gemeinsamen Bezugsordnung beteiligt. Nichtsdestotrotz kommt Füh-rungskräften neben ihrer besonderen Rolle als Vorbild der Umsetzung der Un-ternehmenskultur, gerade in Krisenzeiten eine besondere Rolle als Bewahrerin-nen und Bewahrer oder Gestalterinnen und Gestalter notwendiger Veränderungzu (Schmidt 2008: 121).

Page 149: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 149

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

C 2-01

Weiterbildungsangebote orientieren sich an den Erfah-rungen der Teilnehmenden und machen diese über dieReflexion zum Lerngegenstand. Sie sollen eine for-schende Haltung zur eigenen Handlung befördern.

Förderung der Selbstreflexi-vität

C 2-02Weiterbildungsveranstaltungen sind eher nicht diepräferierte Form der Kompetenzentwicklung vonLehrenden.

Nutzerorientierung

C 2-03 Die Effektivität externer Weiterbildung ist begrenzt. Effektivitätsorientierung

C 2-04Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, um denWissensaustausch und die Zusammenarbeit der losegekoppelten universitären Subeinheiten zu fördern.

Schaffung bereichsübergrei-fender Zusammenarbeit

C 2-05

Handlungsorientierung wird durch die Entwicklungvon Strategien, Zielen und Perspektiven sowie derEntwicklung von Feedback- und Evaluierungssyste-men als Rückkopplung und Beobachtungsinstrumenta-rium der Realität generiert.

Einsatz von Beobachtungs-werkzeugen

C 2-06

Lernanforderungen sind weder allein durch spontanesarbeitsbegleitendes Lernen, noch durch institutionali-sierte Weiterbildung zu bewältigen. Lernen im Prozessder Arbeit ist offen für traditionelle wie für innovativeLernformen.

Lernformvariabilität

C 2-07 Reflexion kann durch verschiedene Reflexivformenunterstützt werden. Reflexivformvariabilität

C 2-08 Lern- und Problemlösungsstrategien müssen artikuliertund kollektiviert werden.

Wissens- und Erfahrungs-transfer

C 2-09 Organisationen lernen aus ihren eigenen Erfahrungenund denen anderer Organisationen. Interorganisationales Lernen

Tabelle 12: Integration von Reflexions- und Lernformen (C2)

„Organisationales Lernen wird stark durch das Verhalten der Füh-rungskräfte beeinflusst. Wenn Manager Mitarbeitern aktiv Fragenstellen und zuhören – und dadurch zum Dialog und zu Diskussionenermuntern – fühlen sich die Mitarbeiter ermutigt zu lernen. WennFührungskräfte deutlich machen, wie wichtig es ist, Zeit damit zuverbringen, Probleme zu identifizieren, Wissen weiter zu geben undProjekte nach deren Abschluss zu reflektieren, werden diese Aktivi-täten sehr wahrscheinlich erfolgreich sein. Wenn Menschen in

Page 150: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel150

Machtpositionen durch ihr eigenes Verhalten die Bereitschaft zeigen,andere Standpunkte in Erwägung zu ziehen, fühlen sich Mitarbeiterermutigt, neue Ideen anzubringen.“ (Garvin et al. 2008: 80)

Strategischer Wandel einer Organisation ist damit selbst in Teilbereichen einenicht delegierbare Aufgabe derjenigen Personen, die auf allen Ebenen der Orga-nisation Leitungsfunktionen ausüben (D1-05). Den Führungskräften in For-schung und Lehre kommt damit eine Schlüsselstellung bei der Umsetzung einerlernenden Organisation zu. Zum einen müssen sie die individuellen Entwick-lungsbedarfe mit den organisationalen Anforderungen abgleichen und versuchengemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Wege der Kompetenz-entwicklung zu finden, welche möglichst die individuellen, als auch die organi-sationalen Anforderungen befriedigen. Zum anderen sind sie gefordert, in ihremVerantwortungsbereich kollektives Lernen anzuregen und darüber hinaus Mög-lichkeiten und Wege zu finden, wie sie über ihren Bereich hinweg durch Zu-sammenarbeit mit anderen Synergieeffekte schaffen können.

Personalentwicklung lässt sich damit nur in kleinen Anteilen außerhalb der eige-nen Teilorganisation realisieren. Gerade vor dem Hintergrund der Gestaltungeines Lernens im Prozess der Arbeit, welches hochgradig von der Spezifik derAufgaben und Organisationsgestaltung beeinflusst ist, wird deutlich, dass auchdie Ausrichtung der individuellen Kompetenzentwicklung auf die organisationa-len Erfordernisse nur dezentral in der Zweierbeziehung zwischen Mitarbeiterinbzw. Mitarbeiter und direkter Führungskraft erfolgen kann (D1-03). Allerdingssollte die Gesamtverantwortung für die Kompetenzentwicklung der wissen-schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht allein bei einem Betreuerallein liegen (D1-02). Die Betreuung muss eingebunden sein in gemeinsameLeitziele der Kompetenzentwicklung, welche durch ein Team von wissenschaft-lichem Betreuer und direkter Führungskraft gemeinsam getragen werden. Diezusätzliche Einbindung in ergänzenden Graduiertenschulen und Kolloquienneben der Tätigkeit der Promovierenden an den Instituten ist für die Professiona-lisierung der Hochschule daher ein weiterer wichtiger Baustein.

Primäres Mittel zur Realisierung einer dezentralen Kompetenzentwicklung istdas strukturierte Mitarbeitergespräch, in dem eine Standortbestimmung, welcheinsbesondere auf die Themen „persönliche Veränderungs- und Entwicklungsper-spektiven“ und „Zusammenarbeit und Führung“ gerichtet ist, in regelmäßigenAbständen erfolgt (D1-01). Im Gespräch können individuelle Entwicklungsbe-darfe und Schwerpunktsetzungen bei der überfachlichen Kompetenzentwicklungmit den Arbeitsaufgaben in Einklang gebracht werden (D1-06) und die Zielerrei-chung von langfristigen Entwicklungszielen abgeglichen werden. Hierbei spieltdie Lernkultur mit ihrem spezifischen Beobachtungshintergrund eine wesentliche

Page 151: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 151

Rolle (D1-07). Das Mitarbeitergespräch ist damit auch ein Ort, an dem Lernkul-tur expliziert wird, und damit die Bewertungsmaßstäbe der Beobachter verdeut-licht werden können.

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

D 1-01

Kompetenzentwicklung bedarf der regelmäßigenStandortbestimmung und Zielbestimmung mit Blickauf die Arbeitssituation als auch der beruflichenPerspektiven.

Förderung individuellerZielbestimmung

D 1-02

Die Verantwortung für die Kompetenzentwicklungvon wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern sollte nicht allein beim fachlichen Betreuer derDissertation liegen.

Teamverantwortung fürKompetenzentwicklung

D 1-03Die Förderung der Kompetenzentwicklung realisiertsich in den Zweierbeziehungen zwischen Vorgesetztenund Mitarbeitenden.

Dezentrale Kompetenzent-wicklung

D 1-04Systematischer strategischer Wandel erfolgt in derKoevolution von Personalentwicklungsprozessen undder Redefinition von Strategien.

Koevolution von Kompe-tenz- und Organisationsent-wicklung

D 1-05Strategischer Wandel ist eine nicht delegierbare Auf-gabe von Führungskräften auf allen Ebenen der Orga-nisation.

Strategischer Wandel alsAufgabe aller Führungskräf-te

D 1-06 Arbeitsaufgaben sollen an dem individuellen Entwick-lungsstand ausgerichtet werden.

Individueller Entwicklungs-stand

D 1-07Die Berücksichtigung des Lernbeobachters mit seinemspezifischen Bewertungshintergrund ist für die Bewer-tung von Lernprozessen wichtig.

Beobachtereinschätzung

Tabelle 13: Anforderungen an Führungskräfte (D1)

Die notwendigen Kompetenzen, strategischen Wandel und individuelle Entwick-lung professionell gestalten zu können, kann nicht flächendeckend an der Uni-versität voraus gesetzt werden. Die Gestaltung lernförderlicher Arbeitsumgebun-gen erfordert von den Führungskräften in Forschung und Lehre Kompetenzen,die nur selten vor der Übernahme einer solchen Aufgabe erworben wurden. Fürsie müssen somit Strukturen geschaffen werden, in denen sie gemeinsam mitKolleginnen und Kollegen diese Kompetenzen weiter entwickeln können und diesie dabei unterstützen, die dezentralen Organisationsstrukturen so zu gestalten,dass auf vielfältige Weise Lernen erfolgen kann (Tabelle 13).

Page 152: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel152

5.3.4 Unterstützung durch die Universitätsleitung

Führungskräfte in Forschung und Lehre benötigen, wie zum Ende des vorherge-henden Kapitels aufgezeigt, Unterstützung um eine dezentralen Kompetenz- undOrganisationsentwicklung in den täglichen Arbeitsvollzügen der Mitarbeitendenprofessionell integrieren zu können (D2-03). Sie brauchen neben einem Angebotzur zielgerichteten und praxisnahen Kompetenzentwicklung geeignete Hilfsmit-tel und Unterstützungsinstrumente, welche es erlauben, Lehr- und Arbeitsprozes-se Stück für Stück in eine universitäre Gesamtentwicklung, welche auf gemein-samen Zielvorstellungen beruht (D2-04), einzubinden. Grundvoraussetzunghierfür ist, dass Universitäten eine gemeinsame und explizite Universitätskulturentwickeln. Erst diese ermöglicht die gemeinsame Bezugnahme von allen Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern auf geteilte Ziele, Normen und Werte (D2-06). Alsein Teil der Universitätskultur ist die Lernkultur zu verstehen. Lernkulturenschaffen, wie die Universitätskultur, einen gemeinsamen Orientierungsrahmenfür die Gestaltung und die Bewertung von Lernprozessen (D2-07). Der Rückgriffauf kollektive Bezugsordnungen bei der Beobachtung von Lernen verweist in derPraxis auf einen häufig zu beobachtenden Mangel der universitären Kompetenz-entwicklung: Kaum ein Lehrstuhl oder Institut verfügt über klar formulierteexplizite Mindeststandards für die Kompetenzentwicklung von Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern. Die Bezugsordnungen der universitären Kompetenzentwick-lung sind so vielfältig wie die Universitätslandschaft und in der Regel implizit.Erst transparente Lernordnungen erlauben die explizite Bezugnahme und damitzielgerichtete und individuell an gemeinsam entwickelten Qualitätskriterienorientierte Lernwege (D2-01). Sollen diese Lernwege auch noch in eine universi-täre Gesamtstrategie eingebunden werden damit sie transparent zertifiziert wer-den können (D2-02), dann erfordert eine Operationalisierung im Prozess derArbeit übergeordnete gemeinsame Ziele, die in den praktizierten Lernkulturender einzelnen Teilbereiche der Universität spezifiziert werden können. ZentraleAufgabe der Universitätsleitungen ist daher die Förderung der gemeinsamenEntwicklung einer universitären Organisations- und Lernkultur. Dies geschiehtdurch das Zusammenbringen von verschiedensten Interessensgruppen und durchdie Moderation der unterschiedlichen Interessen. Darüber hinaus müssen siedafür Sorge tragen, dass Führungskräfte in Forschung und Lehre befähigt werdenvor Ort die gemeinsamen Leitmaximen zu realisieren. Dies erfolgt einerseitsdurch die Förderung von Kommunikation und Interaktion durch den Einsatzbereichsübergreifender Reflexions- und Lernformen als auch durch die spezifi-sche Förderung in Form von individueller Kompetenzentwicklung, Beratung undCoaching (Tabelle 14).

Page 153: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 153

Nr. Anforderung Kurzbezeichnung

D 2-01Die individuelle Gestaltung der Promotionsphase musssich an gemeinsam entwickelten Qualitätskriterienorientieren.

Gemeinsame Qualitätskrite-rien

D 2-02Eine qualitativ hochwertige überfachliche Kompetenz-entwicklung ist in einem differenzierten und transpa-renten Zertifizierungssystem eingebettet.

Zertifizierungssystem

D 2-03

Führungskräfte in Forschung und Lehre benötigengeeignete Hilfsmittel und Unterstützungsinstrumentezur dezentralen Kompetenz- und Organisationsent-wicklung in ihren täglichen Arbeitsvollzügen

Unterstützungsinstrumente

D 2-04Eine dezentrale Realisierung von Kompetenzentwick-lung muss auf gemeinsamen Zielen basieren undzentral unterstützt werden.

Gemeinsame Zielvorstel-lung

D 2-05

Die Universitätsleitung unterstützt die dezentralenEinheiten durch das Zusammenbringen von Interes-sensgruppen und durch die Moderation der verschie-denen Interessen.

Unterstützung bereichs-übergreifender Zusammen-arbeit

D 2-06

Kulturprogramme ermöglichen die gemeinsameBezugnahme von Individuen auf geteilte Sinnorientie-rungen. Der Erwerb des kollektiven Wissens diesesgesellschaftlichen Wirklichkeitsmodells erfolgt durchSozialisationsprozesse.

Universitätskultur

D 2-07 Lernkulturen schaffen einen gemeinsamen Orientie-rungsrahmen für die Bewertung von Lernprozessen. Lernkultur

Tabelle 14: Anforderungen an die Unterstützung durchUniversitätsleitungen (D2)

5.4 Zwischenfazit

Die Ausführungen des Kapitels haben verdeutlicht, dass arbeitsbegleitendesLernen kein Selbstläufer ist. Zwar bieten Universitäten durch die überwiegendeAnzahl der Arbeitsaufgaben an den Lehrstühlen und in den Instituten eine Viel-zahl an Lernmöglichkeiten, doch sind diese anscheinend nur selten zielgerichtetauf die individuellen Entwicklungsbedarfe oder strategisch auf die organisationa-len Herausforderungen ausgerichtet. Wie die Darstellung in den vorangegange-nen Unterkapiteln zeigte, haben die Universitäten jedoch eine Vielzahl an Mög-lichkeiten, individuelles und organisationales Lernen miteinander zu verbinden.Der arbeitsbegleitende Lernzyklus zeigte dabei anschaulich, dass bewusste und

Page 154: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel154

unbewusste erfahrungsreflektierende Lernprozesse bewusst in funktional episo-dische Lernprozesse überführt werden müssen, um handlungsgenerierend dieProfessionalisierung der Hochschule voran zu treiben. Dies geschieht einerseitsdurch die bewusste Gestaltung des Arbeitsfeldes hin zu einer Umgebung in derLernen zielgerichtet erfolgen kann. Andererseits kann die Integration von Refle-xions- und Lernformen auf allen Ebenen der Universität ein Lernen über dieArbeitsbereichgrenzen hinweg ermöglichen. Entscheidend ist dabei, dass mitdiesen Lernformen nicht allein die gemeinsame erfahrungsorientierte Modellbil-dung fokussiert wird, sondern die entwickelten Modelle in weiteren Zyklen op-timiert werden und hierdurch nachhaltig Lernen in der Hochschule verankertwird.

Aufgrund der Spezifik der jeweiligen Arbeitsprozesse kann ein für alle Lehrstüh-le und Institute gleichsam gültiges Patentrezept nicht im Vorfeld entwickeltwerden. Daher ist es notwendig auf Basis gemeinsamer universitärer Leitmaxi-men eine dezentrale Entwicklung von Kompetenzen sowie der Teilorganisatio-nen vor zu nehmen. Führungskräfte in Forschung und Lehre müssen durch dieHochschulleitungen unterstützt werden, diese Wandlungs- und Entwicklungs-prozesse professionell zu gestalten. Dies geschieht einerseits durch die Bereit-stellung direkter Förderung in Form von Beratung und Coaching, aber auchdurch die Ermöglichung von fachlichem Austausch und Wissenstransfer mitKolleginnen und Kollegen zu den verschiedensten Gestaltungsbereichen. Damitzeigt sich, dass ein direkter Zusammenhang besteht zwischen dem Umfang undder Qualität der dezentralen und zentralen Unterstützungsstrukturen mit derEntwicklung der Universität hin zu einer lernenden Organisation, welche denGrundstock für die langfristige Überlebensfähigkeit im internationalen Wettbe-werb bildet.

Bereits in Kapitel 5.3.1 wurde fest gestellt, dass davon auszugehen ist, dass dieMehrzahl der an technischen Universitäten Promovierenden in einem Beschäfti-gungsverhältnis steht und jene in der Regel vielfache Lernanforderungen bereithalten. In den folgenden Untersuchungen des Fallbeispiels der RWTH Aachenwird daher der Fokus auf die Integration von Reflexions- und Lernformen (C2)als auch auf die Unterstützungsstrukturen (D1, D2) gelegt. Die folgenden Kapiteluntersuchen daher, wie die Anforderungen in der Praxis umgesetzt werden undwelche Maßnahmen ergriffen wurden, um den Defiziten bei der Erfüllung derbeschriebenen Anforderungen entgegen zu wirken.

Kapitel 1 stellt hierzu eine Untersuchung aus dem Jahr 2006 vor, durch die derIST-Zustand der Rahmenbedingungen erhoben wurde, in denen Kompetenzent-wicklung erfolgt. 1041 vollständig ausgefüllte Fragebögen verdeutlichen, welcheüberfachliche Kompetenzen aus Sicht der Befragten erworben werden sollten

Page 155: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

5. Vom individuellen Lernen zum kollektiven Wandel 155

(A1-02), welche Lern- und Reflexionsformen als zielführend angesehen werden(C2-01, C2-02, C2-03, C2-04, C2-06, C2-07, C2-08, C2-09), wie die Personal-entwicklung in den einzelnen Instituten gefördert wird und welche Faktorendabei einen entscheidenden Einfluss auf die eigene Kompetenzentwicklung ha-ben (D1-01, D1-02, D1-03, D1-06).

In Kapitel 7 wird auf Grundlage einer Dokumentenanalyse und auf Grundlagevon protokollierten Gesprächen mit verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern unterschiedlicher Hochschulbereiche beispielhaft für ein Institut, füreine Fakultät und für die Gesamtuniversität gezeigt, wie hier jeweils individuelleLösungen gefunden wurden, um die Lücke zwischen dem ermittelten IST unddem durch die definierten Anforderungen beschriebenen SOLL eines nachhalti-gen universitären Lernens in der Praxis zu füllen. Anhand der Fallbeispiele solluntersucht werden, wie eine koevolutive Entwicklung von individueller Kompe-tenzentwicklung und organisationalen Entwicklungsbedarfen erfolgen kann (A1-07, C1-07, C2-09, D1-04, D1-05) und welche Unterstützungsinstrumente vonUniversitätsleitungen bereit gestellt werden müssen (D2-03, D2-05), um gemein-same Zielvorstellungen und Qualitätskriterien zu entwickeln (D2-04, D2-01).

Page 156: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis156

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis einer technischen Universität

6.1 Einleitung

6.1.1 Übersicht

Das vorliegende Kapitel stellt die Ergebnisse einer Erhebung zur Erfassung despersönlichen Lern- und Weiterbildungsverhaltens der wissenschaftlichen Mitar-beiter und Mitarbeiterinnen als auch eine Bestandsaufnahme der Kompetenzent-wicklung an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH)Aachen vor. Leitende Forschungsfragen waren, welche Lernformen von demwissenschaftlichen Personal vorrangig genutzt werden (Anforderungs-kategorie C2), welche überfachlichen Kompetenzen entwickelt werden sollen(Basisanforderung A1-02) und wie die Unterstützungssysteme in den einzelnenLehrstühlen und Instituten gestaltet sind (Anforderungskategorie D1). Um diegegenwärtigen Bedingungen der Kompetenzentwicklung an der RWTH Aachenzu untersuchen, wurde auf die Bildungsbedarfsanalyse zurückgegriffen (Kapitel6.1.2). Mit Hilfe eines Fragebogens, der online und offline verfügbar war, wur-den die konkreten Bedarfe und die Bewertung der Bedingungen erhoben (Kapitel6.1.3). Wie dieser gestaltet wurde und in welchem Folgekapitel die entsprechen-de Auswertung zu finden ist zeigt Kapitel 6.1.4.

6.1.2 Die Bildungsbedarfsanalyse

Um Handlungsempfehlungen für geeignete Lernarchitekturen aussprechen zukönnen, ist die Bildungsbedarfsanalyse die Methode der Wahl. Die Bildungsbe-darfsanalyse besteht im Kern aus einer Ist- und Soll-Analyse dessen Diskrepanzden Bildungsbedarf beschreibt (Abbildung 22).

Abbildung 22: Modell der Bildungsbedarfsanalyse (in Anlehnung an Müller &Stürzl, 1992)

Gegenwart ZukunftDiskrepanz

IST SOLL

Bildungsbedarf

Page 157: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 157

Merkmale des Bildungsbedarfs sind seine gleichzeitige Gegenwarts- und Zu-kunftsbezogenheit, die durch die Ist- und Soll-Analyse greifbar gemacht werden.Weiterhin sollten quantitative und qualitative Komponenten abgedeckt werden.Quantitative Daten über das Ausmaß der aktuellen Nutzung von Kompetenzent-wicklungsangeboten eignen sich für einen Überblick über den Ist-Zustand. Qua-litative Daten hingegen sind sinnvoll, um Teilnehmende der Umfrage durchNutzung offener Fragen, als Mitgestalter der Kompetenzentwicklung zu gewin-nen. Hier können z. B. Anmerkungen gemacht werden, welche Aspekte imRahmen der Kompetenzentwicklung noch zu wenig Beachtung finden oder wassie verstärkt für die Zukunft wünschen. Bildungsbedarf ist demnach „auch einequalitative gestaltungs- und potentialorientierte Größe“ (Jeserich 1989: 31). DieIntegration von quantitativen und qualitativen Informationen bringt fast automa-tisch die Integration von subjektiven und objektiven Daten mit sich. QuantitativeDaten (wie die Bildung von Rangreihen oder das Nennen von absoluten Zahlen)ermöglichen eine standardisierte Auswertung von Untersuchungen. SubjektiveDaten berücksichtigen die einzelnen Standpunkte.

Grundsätzlich werden zwei Konzepte der Bildungsbedarfsanalyse unterschieden(Müller & Stürzl 1992). Zum einen die makrodidaktische und mikrodidaktischenBildungsbedarfsanalyse sowie zum anderen das Subtraktionsmodell und dasGlobalmodell. Das makrodidaktische Modell findet seine Anwendung, wennkeine vorgegebenen Weiterbildungsprogramme vorliegen. Aufgabe ist hier dieErmittlung und Beschreibung des Umfangs, der Art und der Inhalte eines be-darfsgerechten Weiterbildungsangebotes. Gegenstand sind also sämtliche Prob-leme, Ziele, Anforderungen und Fragestellungen. Im Gegensatz zu diesem Mo-dell, wo es um die Grobbestimmung des Bildungsbedarfs geht, finden im mikro-didaktischen Modell schon inhaltliche Feinsteuerungen zur Vorbereitung derWeiterbildungsmaßnahmen statt.

Eine weitere Differenzierung erfolgt über die Reichweite der Erhebung, welchedurch die Unterscheidung in Substraktions- und Globalmodell erfolgt.

„Das Subtraktionsmodell knüpft unmittelbar an das methodische Grundmusterder Soll-Ist-Abweichungsanalyse an. Aus der Gegenüberstellung und dem Ab-gleich zukünftiger Qualifikationsanforderungen mit den gegenwärtig vorhande-nen Qualifikationen wird der Bildungsbedarf quasi heraussubtrahiert“ (Müller &Stürzl 1992: 125)

Im Gegenzug zu der vergleichsweise großen didaktischen Reichweite des Sub-traktionsmodells bezieht sich das Globalmodell direkt auf die Bestimmung desindividuellen Bildungsbedarfs. „Problemsituationen und erlebte Defizite derLerner werden identifiziert und beschrieben. Das Ergebnis wird gleichzeitig als

Page 158: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis158

Bildungsbedarf und als Lernziel verwendet“ (Müller & Stürzl, 1992: 127, Tabel-le 15).

Tabelle 15: Modelle der Bildungsbedarfsanalyse (nach Müller & Stürzl 1992)

Die vorliegende Untersuchung ist am makrodidaktischen Modell der Bildungs-bedarfsanalyse ausgerichtet und orientiert sich darüber hinaus am Subtraktions-modell. Hierdurch sollen langfristige Leitlinien für die Entwicklung von Lern-prozessen auf allen Ebenen der Universität beschrieben werden und ein Rahmenaufgespannt werden, in dem Lernprozesse gestaltet werden können. Die konkreteEntwicklung von Lernarchitekturen sollte innerhalb dieser Leitlinien erfolgenund dialogisch entwickelt werden. Das heißt, dass die konkrete Umsetzung inden unterschiedlichen Organisationseinheiten aufgrund ihrer Verschiedenheitnicht pauschal vorgegeben werden kann, sondern in gemeinsamen kommunikati-ven Prozessen die geeigneten Umsetzungswege zur Gestaltung der beschriebe-nen Anforderungen gefunden werden müssen. Müller & Stürzl (1992) führen fürdie gemeinsame Analyse das Konzept der „dialogischen Bildungsbedarfsanaly-se“ ein, worunter „all die Instrumente gefasst werden, die (…) den Weiterbil-dungs- bzw. Lernbedarf eines Individuums oder einer Gruppe in Form einesDialogs mit den Betroffenen erheben“ (Schüßler, 2004: 131). Im Wesentlichenbesteht diese Form der Bedarfserhebung aus vier Phasen: Wo stehen wir heute?Wo wollen wir hin? Welche Widerstände müssen wir überwinden? Was müssenwir tun? (Schüßler 2004: 131). Will man also die Ergebnisse der Befragungkonkret in die Tat umsetzen, so muss die in dieser Arbeit vorgenommene Grob-bestimmung des Bedarfs in den einzelnen Organisationseinheiten konkret ge-macht werden, indem dialogisch an den Leitlinien orientierte passgenaue Maß-nahmen erhoben und umgesetzt werden.

Substraktionsmodell Globalmodell

Differenz aus Soll undIst Direkte Befragung

Indirekte Ableitung desBedarfs Direkte Zielfestlegung

Mehrere Personen Individuell

Langfristig Kurzfristig

Zukunftsbezug Gegenwartsbezug

Makrodidaktisch Mikrodidaktisch

Grobbestimmung Feinsteuerung

Ermittlung des Bedarfs Vorbereitung derMaßnahmen

Ganze Unternehmen Vorbereitung derMaßnahme

Vor Beginn Im Prozess

Ziele entwickeln Ganzes Problem

Page 159: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 159

6.1.3 Beschreibung der Erhebungsmethode

Die folgenden Kapitel stellen die Ergebnisse der Ist-Analyse in Form eines Fra-gebogens dar, der das aktuelle Angebot und die Nutzung von Maßnahmen sowiedie Rahmenbedingungen zur Kompetenzentwicklung an der RWTH Aachenerfasst. McClelland hebt die Bedeutung des Fragebogens als Erhebungsinstru-ment zur Identifizierung des Bildungsbedarfs hervor - „particularly when used asa part of a comprehensive and systematic apporach to identifying and analysing(…) training and development needs“ (McClelland 1994: 22). Er bemerkt, dassFragebogen sowohl qualitative als auch quantitative Daten sowie subjektive undobjektive Informationen erheben können bzw. sollen. „Optimally, however, acombination of objective and subjective weighting of (…) must be maintained toensure that the analyses of the data remain as unbiased as possible” (ebd). Durchdie Verwendung von Fragebogen können Antworttendenzen der sozialenErwünschtheit vermieden werden, da zur Befragung keine Person anwesend seinmuss, von der erwartet werden könnte, dass sie z. B. eine hohe Teilnahme anKompetenzentwicklungsmaßnahmen als positiv bewerten würde. In diesem Fallmüssen die Fragen einfach aber präzise formuliert werden, da hier kein korrigie-rendes oder erklärendes Eingreifen in der Bearbeitung möglich ist. Bei der Fra-gebogenkonstruktion müssen Antwortformate ausgewählt werden. Diese könnengeschlossen sein (z. B. ja/nein, richtig/falsch), Kategorien vorgeben (z. B. durchRangskalen oder Multiple-choice Fragen) oder offen sein (oder eine Kombinati-on der beiden letztgenannten Möglichkeiten). Der Vorteil von geschlossenenFormaten oder Kategorien ist, dass die Antworten leicht auswertbar sind undwenige subjektive Verzerrungen auftreten. Der Nachteil besteht darin, dass wert-volle Informationen verloren gehen, da die Befragten nicht dazu aufgefordertwerden, zusätzliche Anmerkungen zu geben. Ist der Fragebogen fertig konstru-iert, sollten Pretests durchgeführt werden, die den zeitlichen Aufwand des Aus-füllens festhalten und eine Bewertung der Konstruktion bezüglich Eindeutigkeit,Verständlichkeit und Vollständigkeit der Fragen zulassen.

Bei der durchgeführten Erhebung wurde ein Onlineerhebungsverfahren der Fir-ma Unipark genutzt. Obwohl sich die Zahl der Internetnutzer in Deutschlandbeständig erhöht hat (vgl. http://www.nonliner-atlas.de), sind Online-Erhebungenim Allgemeinen kein geeignetes Instrument um bevölkerungsrepräsentativeDaten zu erheben. Dennoch gibt es eine Reihe von Zielgruppen, bei der auch mitder Hilfe von Online-Erhebungen Rückschlüsse aus der Stichprobe auf dieGrundgesamtheit zulässig sind. Notwendigerweise müssen die Befragten durch-gängig einen Internetzugang besitzen und eine klare Abgrenzung der Grundge-samtheit vorliegen. Neben typischen Gruppen wie Mitglieder einer OnlineCommunity und Kunden eines Onlineversenders können auch bei Mitarbeiterin-nen und Mitarbeitern eines Unternehmens repräsentative Befragungen durchge-

Page 160: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis160

führt werden (vgl. Kuckertz & Lomberg 2007: 564). Möchte man keine Voller-hebung (z.B. im Intranet einer Firma), sondern eine probabilistische Stichprobekonstruieren, so wird der Online-Fragebogen nicht der gesamten Netzöffentlich-keit präsentiert. Der Fragebogen oder ein Link zu einer Webadresse wird dabeiper E-Mail verschickt (vgl. Bortz & Döring 2006: 261). Wichtig dabei ist es, dieGrundgesamtheit, aus der die Zufallsstichprobe gezogen wird, im Voraus zudefinieren und dass jedes Mitglied dabei die gleiche Chance hat in die Stichprobeaufgenommen zu werden (vgl. Schnell et al. 1999: 247ff).

Die insgesamt rund 3500 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterder RWTH Aachen sind ein Beispiel für eine Untersuchungsgruppe, bei deneneine Online-Erhebung eine geeignete Alternative zu traditionellen Erhebungsver-fahren bietet. Die Grundgesamtheit der 3436 Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer setzt sich insgesamt aus 418 Professorinnen und Professoren und2718 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen. Fast allewissenschaftlichen Mitarbeitenden der RWTH Aachen besitzen eine organisati-onseigene E-Mail-Adresse und sind an ihrem Arbeitsplatz mit der notwendigenHard- und Software aus-gestattet, so dass man ohne Bedenken von einer Zufalls-stichprobe sprechen kann. Professorinnen und Professoren sowie wissenschaftli-che Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden per E-Mail zur Teilnahme an derUntersuchung eingeladen und 14 Tage darauf noch einmal per E-Mail erinnert.Die benötigten E-Mail-Adressen für die Erhebung wurden dem Campus-Office-System der RWTH entnommen, in dem nahezu alle Beschäftigten aufgelistetsind. Die E-Mail beinhaltete einen Link zu dem Fragebogen und ein Anschreibendes Rektors mit der Bitte zur Teilnahme an der Befragung. Die Befragung fandvom 01.06. - 30.6.2006 statt. Um eine möglichst hohe Rücklaufquote zu erzielen,fand als Anreiz für die Teilnahme an der Untersuchung eine Verlosung statt. DieBefragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer konnten dabei einen gesponserteniPod Video 30 GB gewinnen.

Für den Einsatz der Online-Erhebungen sprechen neben der ökonomischen,schnelleren und kostengünstigeren Nutzung, welche den Probanden eine orts-und zeit-ungebunden Teilnahme ermöglichen, vor allem auch funktionale Argu-mente (vgl. Batinic 2001: 12f). Ein funktionales Argument für das Onlineerhe-bungsverfahren ist, dass ohne großen Aufwand einzelne Fragebogenblöcke indi-viduelle auf die Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer zugeschnitten werdenkönnen. Eine „automatisierte Filterung“ zeigt den Probanden lediglich für sierelevante Fragen, so dass sie keine komplizierten Gabelungen im Verlauf desFragebogens nachvollziehen müssen. Die dynamische Zuweisung der relevantenFragen kann zu einer höheren Zufriedenheit mit der Folge einer verstärktenAufmerksamkeit führen. Hierdurch kommt es zu einer erhöhten Qualität der

Page 161: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 161

klassischen Güterkriterien Validität, Reliabilität und Objektivität (vgl. Kuckertzund Lomberg 2007: 562f).

Die automatisierte Zuweisung bot sich in der vorliegenden Untersuchung beson-ders an, da die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so nur diefür sie relevanten Fragen beantworten mussten. So wurden ihnen beispielsweisenur die Seminare zur Bewertung dargeboten, die sie besucht haben. Durch dieautomatische Filterung der Fragen kann es jedoch bei einzelnen Fragen zu erheb-lich kleinen Fallzahlen kommen. Die Auswertung von Fragen mit einer Fallzahlvon n<10 wird daher in der Ergebnisdarstellung ausgespart und Fragen bis n<30nur unter Vorbehalt interpretiert.

6.1.4 Konstruktion des in der Untersuchung verwendeten Fragebogens

Im Folgenden werden die Hauptbestandteile des im Rahmen dieser Untersu-chung konstruierten Fragebogens dargestellt. Die Befragung der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter kann nur einen kleinen Teil der in Kapitel 1 zusammen ge-führten Anforderungen aufgreifen, da einerseits die Vielzahl der genannten An-forderungen den Rahmen einer Befragung mit freiwilliger Teilnahme sprengenwürden und die Umsetzung vieler Anforderungen nur unzulänglich durch einenFragebogen beantwortet werden können. Der Fragebogen konzentriert sich des-halb auf drei Bereiche der Anforderungen, von denen erwartet wurde, dass durchdie Befragten eine adäquate Einschätzung durch den Fragebogen vorgenommenwerden konnte.

Auf einer Einleitungsseite wurden zunächst die Teilnehmerinnen und -teilnehmerüber den Rahmen und das Ziel der Untersuchung aufgeklärt und sie vorab infor-miert, welche Bearbeitungszeit zu erwarten ist. Zudem wurde noch einmal aufdie Möglichkeit der Teilnahme an der Verlosung hingewiesen und ein Ansprech-partner für Nachfragen benannt. Der Fragebogen ist gerahmt durch eine Abfrageder zur Analyse notwendigen Basisdaten. Er startet mit einer Abfrage zu Datenzum Arbeitsumfeld und endet mit den Angaben zur Person.

Der erste Fragenblock befasst sich vorrangig mit dem Kern der Anforderungska-tegorie C2 - Integration von Reflexions- und Lernformen (C2-06 Lernformvaria-bilität, C2-07 Reflexivformvariabilität). Um herauszufinden, welche Lern- undReflexivformen bisher durch die Befragten als am „brauchbarsten“ eingeschätztwurden, sollten verschiedene Lernmethoden jeweils hinsichtlich ihrer Anwend-barkeit (Effektivität), des zeitlichen Aufwandes (Effizienz) und ihrer Akzeptanz(subjektive Zufriedenheit) evaluiert werden (C2-02 Nutzerorientierung, C2-03Effektivitätsorientierung) (Kapitel 6.3). Es folgt die Abfrage der notwendigenberuflichen überfachlichen Kompetenzen (A1-02) als offene Frage. Hier konntenbis zu drei überfachliche Kompetenzen, die in der aktuellen beruflichen Situation

Page 162: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis162

der Befragten von zentraler Bedeutung sind, angegeben werden und ergänzendvon allen Befragten, mit Ausnahme der Professorinnen und Professoren, welcheKompetenzen mit Blick auf die beruflichen Perspektiven relevant erscheinen(Kapitel 6.4). Um das bisherige Lernverhalten weiter zu charakterisieren, wurdekonkret nach dem Weiterbildungsverhalten gefragt. Zum einen mit Blick auf dasinterne Weiterbildungsprogramm der RWTH Aachen und zum anderen mit Blickauf die Nutzung externer Angebote. Dabei wurde auch die Frage nach der Förde-rung der Selbstreflexivität (C2-01) als auch des Transfers in die Praxis (C2-03),der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit (C2-04) und des Wissens- undErfahrungstransfers (C2-08) fokussiert. Abschließend wurden die Gründe für dieNichtteilnahme erfragt, um heraus zu finden, welche Faktoren eine Teilnahmevorrangig verhindern (Kapitel 0). Betrachtet man die Diskussionen der vergan-genen Jahre im Bereich der beruflichen Weiterbildung und der Weiterbildungdes wissenschaftlichen Personals der Hochschule, so sind zwei Trends zu erken-nen. Zum einen der Trend zu immer kürzeren Lerneinheiten in der beruflichenWeiterbildung (Gloger 2009, Graf 2008, Brall & Hees 2007) und der Trend zurZertifizierung der überfachlichen Kompetenzentwicklung an der Hochschule(Kapitel 2.4). Beide Trends konnten in der Befragung bewertet werden. Durchdiese Bewertung sollte zum einen untersucht werden, inwieweit hochschulweiteZertifikatssysteme gewünscht sind (D2-02) und unter welchen Bedingungen einsolches System realisierbar ist. Zum anderen sollte die zeitliche Komponente derKompetenzentwicklung aus methodischer Sicht mit Blick auf die Nutzerorientie-rung (C2-02) in den Fokus genommen werden (Kapitel 6.6). Ein weiterer Ab-schnitt befasste sich mit der Gestaltung von Unterstützungsstrukturen. Die An-forderung D1 (Anforderung an Führungskräfte) wird betrachtet durch die Bewer-tung des Stellenwerts (Kapitel 6.7.2) und der Zufriedenheit (Kapitel 6.7.5) derRahmenbedingungen der beruflichen Kompetenzentwicklung (Kapitel 6.7.3) ameigenen Arbeitsplatz (D1-02 Teamverantwortung für die Kompetenzentwick-lung, D1-03 Dezentrale Kompetenzentwicklung). Als ein wesentlicher Faktordes Abgleichs von individuellen Kompetenzentwicklungsbestrebungen und kol-lektiven Entwicklungsbedarfen wurde das Mitarbeitergespräch identifiziert (D1-01 Förderung individueller Zielbestimmung). Die Praktische Umsetzung konntehierbei individuell bewertet werden (Kapitel 6.7.4). Abgeschlossen wurde derFragebogen durch einen Frageblock zur Lehrqualität, dessen Ergebnisse, wieweitere Details der hier vorgestellten Analyse, an anderer Stelle bereits veröf-fentlicht wurden (Brall & Hees 2009).

Vor der Anwendung des Online-Fragebogens wurde ein Pretest zur Überprüfungder Verständlichkeit und Anwendbarkeit durchgeführt. Hieran nahmen rund 30Personen teil, welche einen Querschnitt der an der Hochschule vertretenenHauptdisziplinen repräsentierten. Die Anmerkungen wurden in die Endfassung

Page 163: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 163

des Fragebogens eingearbeitet und so die Anwendbarkeit hinsichtlich der Ziel-gruppe optimiert. Darüber hinaus wurde eine durchschnittliche Bearbeitungszeitvon 20 Minuten ermittelt. Aufgrund des Pretests wurden leichte sprachliche undinhaltliche Änderungen vorgenommen.

6.2 Stichprobenbeschreibung

An der Online-Befragung haben N= 1.041 Personen teilgenommen; bei der sichdie Teilnehmenden dabei zu ca. 80% aus Männern und zu 20% aus Frauen zu-sammensetzen. Den größten Teil der Stichprobe macht die Gruppe der wissen-schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Promotionsvorhaben (n= 680)aus. Es folgen mit einer deutlich kleineren Fallzahl die Gruppen der promovier-ten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (n= 175) und die derProfessorinnen und Professoren (n= 99). Die kleinsten Gruppen sind die derwissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Promotionsvorhaben(n= 27), der wissenschaftlichen Hilfskräfte (n= 21) und der Juniorprofessorinnenund Juniorprofessoren (n= 7). 32 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Befra-gung gehören keiner der vorgegebenen Gruppen an.

Wie an einer technischen Hochschule zu erwarten, liegt der fachliche Hinter-grund der Teilnehmerinnen und -teilnehmer zum größten Teil in den Ingenieurs-wissenschaften (53,1%) sowie der Mathematik und den Naturwissenschaften(33,2%). Die Gesellschafts- und Sozialwissenschaften (4,6%), die Rechts- undWirtschaftswissenschaften (3,9%) und die Sprach- und Kulturwissenschaften,Kunst und Gestaltung (2,9%) sind dabei nur mit n= 30-50 der Teilnehmendenvertreten, was nur noch von Medizin und Gesundheitswesen mit n= 11 unterbo-ten wird. Die Fachrichtung Agrar- und Forstwirtschaft ist gar nicht vertreten.Etwas mehr als die Hälfte der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer stehtseit Abschluss des Erststudiums zwischen 2 und 5 Jahren in einem Beschäfti-gungsverhältnis mit der RWTH Aachen. Die zweitgrößte Gruppe ist seit maxi-mal einem Jahr an der RWTH Aachen tätig, wobei die weiteren Gruppen mitzunehmenden Beschäftigungsjahren kleiner werden.

Die RWTH Aachen hat insgesamt neun verschiedene Fakultäten: Mathematik,Informatik und Naturwissenschaften (1), Architektur (2), Bauingenieurwesen (3),Maschinenwesen (4), Georessourcen und Materialtechnik (5), Elektrotechnikund Informationstechnik (6), Philosophie (7), Wirtschaftswissenschaften (8) undMedizin (10).19 Besonders stark sind hier die Fakultät 1 (n= 259) und 4 (n= 275)vertreten. Im Mittelfeld befinden sich die Fakultäten 5 (n= 147), 6 (n=115), 3(n=94) mit etwas Abstand gefolgt von 7 (n= 56) und 8 (n=47). Am geringsten

19 Der Fakultät 9 (Pädagogische Fakultät) hat den Lehrbetrieb eingestellt.

Page 164: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis164

beteiligten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Fakultäten 2 (n= 26)und 10 (n= 19). Die Angaben zur Institutsgröße (n= 1004), bezogen auf die wis-senschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an dem jeweiligen Lehr-stuhl angestellt sind, unterscheiden sich stark. Die Gruppe mit 6-15 Mitarbeiten-den hat mit 37,1 % dabei den größten Anteil an. Fast gleiche Anteile verteilensich auf die Gruppen mit 16-25 (24%) sowie 26 und mehr Mitarbeiterinnen undMitarbeiter (23,9%). Die kleinen Lehrstühle mit 1-5 Beschäftigten machen nur15% der Stichprobe aus.

6.3 Persönliches Lernverhalten

6.3.1 Einleitung

Der erste Teil der Umfrage beschäftigt sich mit dem persönlichen Lernverhaltender Befragten. In einem ersten Schritt wurde den Teilnehmerinnen und -teilnehmern eine Auflistung der in Kapitel 3.3.4 eingeführten Lernformen vorge-legt, bei denen sie angeben konnten, ob sie diese bereits in ihrem Arbeitsalltagerlebt haben. Im nächsten Schritt mussten die Teilnehmerinnen und -teilnehmerdie „Benutzbarkeit“ der Lernformen beurteilen. Der Begriff „Benutzbarkeit“leitet sich hier aus dem Englischen „Usability“ ab, was auch mit Begriffen wieBrauchbarkeit, Verwendbarkeit und Bedienbarkeit übersetzt wird. In der NormISO 9241 wird Usability durch Effizienz, Effektivität und subjektive Zufrieden-heit definiert. Zumeist wird Usability im Zusammenhang mit ergonomischenFragen an der Mensch-Maschine Schnittstelle genutzt. Aber auch bei Lehr-/Lernmethoden ist die Frage nach der Brauchbarkeit sinnvoll. Deshalb werdendiese Kriterien auch zur Bewertung der Brauchbarkeit von den jeweiligen Lern-methoden herangezogen (Abbildung 23).

Abbildung 23: Kriterien der Nutzbarkeit von Lernmethoden

Effizienz wird dabei als zeitliche Ökonomie verstanden, welche ein selbstgesteu-ertes Lernen ermöglichen soll. Der Lerninhalt soll jedoch nicht nur schnell ver-mittel- und verstehbar sein, sondern auch Anwendungsbezug zum Arbeitsalltagaufweisen. Hierfür ist das Kriterium der Effektiviät gewählt, welches die Anwen-dung und den Transfer des Gelernten in berufliche Aufgaben und Problemstel-lungen ermöglicht. Nicht zuletzt ist auch die subjektive Zufriedenheit der Lerner

Benutzbarkeit

Effizienz Effektivität Zufriedenheit

Page 165: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 165

mit den Lehr/Lernmethoden ausschlaggebend dafür, inwieweit bestimmte Trai-nings oder Methoden beansprucht werden. Dieses Kriterium ist nicht von denvorher genannten unabhängig. Höhere Effizienz- und Effektivitätsbewertungenkönnen zu einer höheren Zufriedenheit führen, wobei eine höhere Zufriedenheitauch einen besseren Transfer des Gelernten in alltägliche Situation erhöhenkann. Die Kriterien beeinflussen sich also teilweise gegenseitig. Die Items kön-nen dabei auf einer fünfstelligen Likert-Skala bewertet werden, wobei höhereWerte für eine Zustimmung stehen. Dabei bewerteten sie nur die Lernformen,welche sie bereits im Alltag erlebt haben.

6.3.2 Erlebte Lernformen

Zu den am häufigsten erlebten Lernformen aller wissenschaftlichen Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter an der RWTH Aachen gehören das Lesen verschiedenerLektüren, die Teilnahme an Kongressen und Tagungen sowie die Teilnahme anFachvorträgen. Mit ungefähr 50% folgen klassische individuelle Lernformen,wie die Einarbeitung am Arbeitsplatz als auch Formen der Wissensvermittlung inexternen und internen Seminaren. Darüber hinaus ist ein Großteil der Befragtenin Netzwerken mit anderen Einrichtungen eingebunden und lernt über die for-mellen und informellen Kommunikationswege (Tabelle 16). Ergänzend zu denvorgegebenen Kategorien konnten in offenen Antwortfeldern weitere Lernfor-men angegeben werden. Hier wurden am häufigsten die „interdisziplinäre Zu-sammenarbeit“ und der „Austausch mit Kolleginnen und Kollegen im In- undAusland“ genannt.

6.3.3 Benutzbarkeit der Lernformen

Die Auswertung der Effektivität, der subjektiven Zufriedenheit und der Effizienzder Lernformen erfolgt im Weiteren nach den drei Oberkategorien (arbeitsimma-nent, arbeitsgebunden, arbeitsbezogen) und wird ergänzt durch eine zusätzlicheBetrachtung nach Fakultät und Funktion der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Insgesamt werden die drei Kategorien alle überdurchschnittlich posi-tiv bewertet. Die Lernformen der Kategorien „arbeitsimmanent“ und „arbeitsge-bunden“ weisen dabei insgesamt höhere Mittelwerte gegenüber der Bewertungder arbeitsbezogenen Lernformen auf. Die arbeitsimmanenten Lernformen zei-gen bei der Effektivität und der Zufriedenheit die höchsten Mittelwerte auf, dichtgefolgt von den arbeitsgebundenen. Lediglich bei der Effizienz werden die ar-beitsgebundenen besser als die arbeitsimmanenten Lernformen bewertet. Hier istes vor allem die individuelle Betreuung, also Beratung und Coaching, welche miteinem Mittelwert 4,5 genau so hoch bewertet wird, wie bei den arbeitsimmanen-ten Lernformen die Einarbeitung/Unterweisung. Die arbeitsbezogenen Lernfor-men zeichnen sich besonders durch relativ hohe subjektive Zufriedenheit der

Page 166: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis166

Art der LernformAnzahlder Nen-nungen

Zustim-mung inProzent

Kategorie20

Lektüre (Sachbücher, Fachzeitschriften, OnlineArtikel) 937 90,0 arbeitsgebunden

Teilnahme an Fachtreffen (Kongresse, Symposien,Konferenzen, Fachtagungen, etc.) 857 82,3 arbeitsbezogen

Teilnahme an Fachvortrag (externe Präsentationüber fachliche Inhalte) 846 81,3 arbeitsbezogen

Einarbeitung/Unterweisung (Vermittlung vonneuen Abläufen für die Erfüllung von Aufgabenam Arbeitsplatz, Vormachen)

532 51,1 arbeitsimmanent

Externes Seminar (Veranstaltungen außerhalb deseigenen Instituts/Hochschule zur Erweiterung derberuflichen Fähigkeiten)

509 48,9 arbeitsbezogen

Internes Seminar (geleiteter Lehrgang im Unter-nehmen zur Erarbeitung bestimmter Inhalte) 496 47,6 arbeitsgebunden

Austausch mit anderen Einrichtungen (organisierteNetzwerke oder Expertengruppen zum Wissens-austausch/entwicklung)

442 42,5 arbeitsgebunden

Individuelle Betreuung (Beratung, Supervision,Mentoring, Coaching) 339 32,6 arbeitsgebunden

Schulung am Arbeitsplatz (Vertiefen von vorhan-den Abläufen für die Erfüllung von Aufgaben amArbeitsplatz)

279 26,8 arbeitsimmanent

Qualitätszirkel/Lernzirkel (Workshop/Gruppe, dieThema oder Problemstellung selbstständig erarbei-ten)

173 16,6 arbeitsgebunden

Virtueller Austausch (Chatrooms, virtuelle Platt-formen oder Foren, Instant Messenger) 154 14,8 arbeitsbezogen

Selbstlernprogramm (E-Learning Programm,audio und/oder visuelle Lernprogramme) 145 14,0 arbeitsbezogen

Job-Rotation (gezielte Übernahme von wechseln-den Aufgaben zur Erweiterung der beruflichenFähigkeiten)

89 8,5 arbeitsimmanent

Fernstudium (Studium an einer Online-/ oderFernuniversität) 38 3,7 arbeitsbezogen

Tabelle 16: Erlebte Lernformen im Arbeitsalltag der wissenschaftlichen Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter an der RWTH Aachen

20 Siehe Kapitel 3.3.4.

Page 167: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 167

Probanden aus, während die Effektivität als auch die Effizienz im Vergleich zuden anderen Oberkategorien deutlich niedriger beurteilt werden (Abbildung 24).

Abbildung 24: Mittelwerte der Kategorien der Benutzbarkeit der Lernformen

6.3.4 Betrachtung nach Funktionen in der Hochschule

Eine differenziertere Betrachtung nach Funktionsgruppen macht deutlich, dassinsgesamt zwar eine deutliche Abstufung der Bewertung der einzelnen Lern-formkategorien erfolgt, dass es jedoch auch einzelne Abweichungen gibt. Sowird insbesondere die Effiktivität der arbeitsgebundenen und arbeitsbezogenLernformen von der Gruppe der Professorinnen und Professoren überdurch-schnittlich hoch bewertet. Dieser Effekt ist abgestuft auch bei den bereits promo-vierten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie denen ohnePromotionsvorhaben zu beobachten, so dass aufgrund des insgesamt höherenAlters dieser Gruppen auf Alterseffekte geschlossen werden kann. Dies bestätigtsich bei einem Vergleich der Bewertung nach Beschäftigungszeit. Sind die Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter mehr als 11 Jahre an der Universität beschäftigt,dann wird die Effektivität der arbeitsbezogenen Lernformen deutlich höher be-wertet als die der noch nicht so lange an der RWTH Aachen beschäftigten Grup-pen.

Die Zufriedenheit fällt bei den Professorinnen und Professoren zugunsten derarbeitsgebundenen Lernformen und hier wieder vor allem zugunsten der indivi-

3,50

3,60

3,70

3,80

3,90

4,00

4,10

4,20

4,30

arbeitsimmanent arbeitsgebunden arbeitsbezogen

Effektivität Zufriedenheit Effizienz

Page 168: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis168

duellen Betreuung aus. Promovierte und nicht promovierte wissenschaftlicheMitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sich in der Bewertung weitgehend einig.Sie fokussieren ihr Interesse ungefähr gleich stark auf arbeitsimmanente undarbeitsgebundene Lernformen. Die Promovierenden geben den arbeitsbezogenenLernformen die niedrigste Zufriedenheitsbewertung aller Gruppen. Die Effizienzwird von den Professorinnen und Professoren im Gegensatz zu allen anderenGruppen nicht den arbeitsimmanenten Lernformen zugesprochen. Sie sehen dieEffizienz stärker bei den arbeitsgebundenen verankert. Hier bewerten sie nebenden individuellen Beratungsformaten auch die Lektüre von Sachbüchern alsbesonders effizient. Alle anderen Gruppen sehen hingegen die Einarbei-tung/Unterweisung von besonderer Effizienz geprägt (Abbildung 25).

Abbildung 25: Bewertung der Benutzbarkeit der Lernformen nach der Funktionder Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer

6.3.5 Betrachtung nach Fakultäten der RWTH Aachen

Die Effektivität der einzelnen Lernformen wird auch bei der Aufteilung nachFakultäten über alle Kategorien annährend gleich bewertet. Besonders stechenhier die arbeitsimmanenten und arbeitsgebundenen Lernformen heraus, welchemit einem Mittelwert von ≤ 4 bewertet werden. Kleinere Differenzierungensind jedoch auch hier zu beobachten. Insbesondere die Fakultät der Wirtschafts-wissenschaften bewertet die arbeitsbezogenen Lernformen noch einmal deutlichschlechter als die anderen Fakultäten. Gleiches erfolgt bei der Einschätzung des

3,00

3,20

3,40

3,60

3,80

4,00

4,20

4,40

4,60

arbeitsimmanent

arbeitsgebunden

arbeitsbezogen

arbeitsimmanent

arbeitsgebunden

arbeitsbezogen

arbeitsimmanent

arbeitsgebunden

arbeitsbezogen

Effektivität Zufriedenheit EffizienzGesamt Professoren Juniorprofessoren WMPromoviert WMmit Promotionsvorhaben WMohne Promotionsvorhaben

Page 169: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 169

arbeitsimmanenten Lernens durch die Angehörigen der medizinischen Fakultät.Die Zufriedenheit wird ebenfalls auf hohem Bewertungsniveau etwas differen-zierter eingeschätzt. Während die medizinische Fakultät deutlich zum Ausdruckbringt, dass arbeitsbezogene Lernformen ihre Zustimmung findet, fällt die Be-wertung der Fakultät für Architektur hier besonders niedrig und dafür bei denarbeitsgebundenen Lernformen deutlich höher aus. Die arbeitsimmanenten Lern-formen werden von den Wirtschaftswissenschaftlern besonders hoch bewertet.Die gleiche Einschätzung fällt bei den Angehörigen der Fakultät für Maschinen-wesen, der philosophischen und der medizinischen Fakultät etwas geringer alsder Durchschnitt aus. Die Effizienz der arbeitsimmanenten Lernformen liegt ausFakultätssicht gleich auf. Nur die Wirtschaftswissenschaftler scheinen sich hiernoch etwas sicherer zu sein als alle anderen Fakultäten. Die Architekten seheninsbesondere bei den arbeitsgebundenen Lernformen eine stärkere Effizienzrealisiert. Besonders niedrig werden hier die arbeitsbezogenen Lernformen vonden Bau- und Maschinenbauingenieuren, aber auch von der philosophischen alsauch der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät bewertet.

6.4 Überfachliche Kompetenzentwicklung

In einem zweiten Abschnitt wurden die Teilnehmenden zur überfachlichenKompetenzentwicklung befragt, welche neben der fachlichen Ausbildung einenzunehmend höheren Stellenwert besitzen (Kapitel 2.3). Zusätzlich wurde dieEinschätzung der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer erfasst, inwiefern dieerworbenen Lernformen für die zukünftige Entwicklung der überfachlichenKompetenzen geeignet sind. Überfachliche Kompetenzen sind all diejenigenKompetenzen, welche nicht direkt dem Fach zugeordnet werden können. Manunterscheidet hierbei methodische, soziale und kommunikative Kompetenzberei-che (Kapitel 2.3.2). Die Befragten sehen die arbeitsimmanenten Lernformen miteinem Mittelwert von 3,89 deutlich vor den arbeitsimmanenten mit einer Bewer-tung von 3,56 und den arbeitsbezogenen, die mit einem Mittelwert von 3,3 abge-schlagen den dritten Platz belegen. Insgesamt werden bei der Bewertung derEignung für die überfachliche Kompetenzentwicklung die individuellen Be-treuungsformen ganz vorne gesehen. Erstaunlicherweise folgt die Lektüre vonSachbüchern, während computergestützte Lernformen nur sehr eingeschränktgeeignet scheinen (Abbildung 26).

Die Probanden sollten neben der Einschätzung der Eignung der Lernformen fürdie eigene überfachliche Kompetenzentwicklung bewerten, welche drei über-fachlichen Kompetenzen von zentraler Bedeutung für ihre jetzige beruflicheSituation sind. Abgesehen von den Professorinnen und Professoren sowie Juni-orprofessorinnen und -professoren sollten alle Teilnehmenden ergänzend hierzumaximal drei Kompetenzen hinsichtlich ihrer zukünftigen beruflichen Perspekti-

Page 170: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis170

Abbildung 26: Eignung der Lernformen zur Entwicklung der überfachlichenKompetenzen

ven benennen. Da es sich hierbei um eine offene Frage handelte, ist das Spekt-rum der Antworten sehr breit gefächert. Insgesamt haben die 1041 Teilnehmen-den 4332 Kompetenzen benannt. Zunächst erfolgte die Auswertung über eineClusterung der Antworten. Die hierdurch entstandenen mehr als 100 Clusterüberfachlicher Kompetenzen (Abbildung 27) wurden daraufhin dem Modell derBeruflichen Handlungskompetenz nach Schaper und Sonntag (1992) entspre-chend in die vier Kompetenzbereiche zugeordnet. Die Kompetenzbereiche um-fassen somit neben der Fachkompetenz, die Methodenkompetenz sowie die sozi-ale und personale Kompetenz.

In der Auswertung wurden unter der Kategorie Sonstiges Begriffe zusammengefasst, die sich in keiner Klasse einordnen lassen. Da sich die Frage auf über-fachliche Kompetenzen bezieht, wurden auch die genannten Fachkompetenzenbei der weiteren Auswertung nicht mit berücksichtigt. Insgesamt wurden 4014Nennungen in die weitere Analyse mit einbezogen.

Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die wissenschaftlichen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter der RWTH Aachen für ihre derzeitige berufliche Positionvor allem methodische Kompetenzen benötigen (42,5 %). Soziale Kompetenzenwerden zwar zu einem Drittel genannt, liegen aber deutlich hinter den methodi-

2,50

2,70

2,90

3,10

3,30

3,50

3,70

3,90

4,10

4,30

Page 171: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 171

schen Kompetenzen. Der geringste Anteil der Nennungen entfiel auf die perso-nalen Kompetenzen, welche insgesamt 483-mal (24,15%) aufgeführt wurden.

Abbildung 27: Überfachliche Kompetenzanforderungen an der RWTH Aachen(Anzahl der Nennungen in Klammern)

Mit Blick auf ihre beruflichen Perspektiven steigt der Anteil der Nennungen füreine umfangreiche Ausstattung mit sozialen Kompetenzen während der Anteilder methodischen und personalen Kompetenzen zurück geht. Bei den Professo-rinnen und Professoren setzt sich dieser Trend nahezu fort. Einerseits dominierenauch hier die methodischen Kompetenzen, andererseits werden gleich auf sozialeKompetenzen benannt, während die Bedeutung personaler Kompetenzen weitersinkt (15,15%, Abbildung 28)

Bezieht man in die Betrachtung Unterschiede bei den einzelnen Fakultäten derRWTH Aachen mit ein, dann wird deutlich, dass bei der Bewertung der heutenotwendigen Kompetenzen kaum Unterschiede zu konstatieren sind. Lediglichdie Fakultät 3 (Bauingenieurwesen) bewertet die Notwendigkeit personalerKompetenzen auffällig höher als der Durchschnitt (32, 28%) während dies beider Fakultät für Maschinenwesen (Fakultät 4) die sozialen Kompetenzen sind(37,48%). Auch bei der Betrachtung zukünftiger Kompetenzen aus Fakultätssicht

abstraktionsfaehigkeit(9) akquisekompetenz(33) analysekompetenz(30) anpassungsfaehigkeit(3)auffassungsgabe(7) aufgeschlossenheit(6) ausdrucksfaehigkeit(14) ausgeglichenheit(1) authentizitaet(1) autoritaet(1)begeisterungsfaehigkeit(5) beharrlichkeit(2) belastbarkeit(12) beratungskompetenz(2)betreuungsfaehigkeit(24) computerkenntnisse(74) delegationskompetenz(16)didaktische kompetenz(185) diskussionsfaehigkeit(4) durchhaltevermoegen(11)

durchsetzungsvermoegen(29) ehrgeiz(7) eigeninitiative(6) empathie(7) engagement(8) enthusiasmus(2)entscheidungskompetenz(16) erfolgsstreben(3) ergebnisorientiertheit(2) fähigkeit in einem (inter)nationalenkontext zu arbeiten(6) faehigkeit zum effizienten arbeiten(10) faehigkeit zum logischen denken(7) faehigkeitzum strategischen denken(4) faehigkeit zum systematischen denken(11) faehigkeit zur administration(2)faehigkeit zur ausdauer(16) faehigkeit zur universitaeren selbstverwaltung(1) flexibilitaet(60)forschungskompetenz(19) fremdsprachenkompetenz(204)

fuehrungskompetenz(456) geduld(16) gelassenheit(3) genauigkeit(4)glaubwuerdigkeit(1) humor(4) informationsmanagement(4) intelligenz(2) interdisziplinaritaet(29)interkulturelle kompetenz(12) kenntnis von arbeitstechniken(1) kombinationsfaehigkeit(2)

kommunikationsfaehigkeit(389) konfliktmanagement(20)kontaktfaehigkeit(33) konzentrationsfaehigkeit(8) konzeptionsfaehigkeit(4) kooperationsfaehigkeit(19)kooperationskompetenz(34) koordinationsfaehigkeit(14) kreativitaet(48) krisenmanagement(3)kritikfaehigkeit(3) kritisches denken(4) lernkompetenz(38) managementkompetenz(124)

marketingkompetenz(13) mathematische komptenz(5) medienkompetenz(10) methodenkompetenz(9)mobilitaet(3) moderationskompetenz(46) motivationsfaehigkeit(40)motivationskompetenz(22) multi-tasking(8) organisationsfaehigkeit(183)

personalmanagement(14) planungskompetenz(53)praesentationskompetenz(263) problemloesungskompetenz(21)projektmanagement(206) pruefungskompetenz(1)publikationskompetenz(63) qualitaetsmanagement(14) recherchekompetenz(29)reflexionsfaehigkeit(4) schnelligkeit(23) selbstbewusstsein(5) selbstdarstellung(45)

selbststaendigkeit(134) soziale kompetenz(91) strukturiertheit(25)teamfaehigkeit(275) toleranz(2) transferkompetenz(4) ueberzeugungskraft(6) urteilsfaehigkeit(7)verantwortungsbewusstsein(10) verhandlungskompetenz(19) wissensmanagement(18) work lifebalance(10)zeitmanagement(180) zielorientierung(14) zuverlaessigkeit(3)

Page 172: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis172

gibt es nur vereinzelte Abweichungen vom Durchschnitt. In der Fakultät 1 und 7(Informatik/Naturwissenschaften und Philosophie) kommt es zu Ungunsten dersozialen Kompetenzen zu einer häufigeren Nennung notwendiger methodischerKompetenzen (42,79% und 50%) sowie in der Fakultät 8 (Wirtschaftswissen-schaften) zu einer häufigeren Nennung der personalen Kompetenzen (26,23%).

Abbildung 28: Überfachliche Kompetenzbereiche von wissenschaftlichen Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern sowie Professorinnen und Professoren

Wirft man einen Blick auf die am häufigsten genannten Kompetenzen der Pro-fessorinnen und Professoren (Tabelle 17), dann erkennt man, dass Kompetenzenzur Leitung einer wissenschaftlichen Einrichtung oder eines Lehrstuhls für diealltägliche Arbeit am bedeutendsten zu sein scheinen. Führungs-, Management-und Projektmanagementkompetenz ergeben zusammen ein Drittel aller genann-ten Kompetenzen. Mit Abstand folgen didaktische Kompetenzen (10%) und dieKommunikationsfähigkeit (9%).

Ein ähnliches Bild zeichnet sich für die Zukunft der wissenschaftlichen Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter ab. Während ihrer Beschäftigungszeit an der Universitätdominieren allerdings Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten, währenderwartet wird, dass zukünftig Führungskompetenz einen deutlich höheren Stel-lenwert erhalten wird (Tabelle 18).

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

WMHeute WMZukunft PROF Heute

Methodenkompetenz Sozialkompetenz Personale Kompetenz

Page 173: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 173

Führungskompetenz 22%

didaktische Kompetenz 10%

Kommunikationsfähigkeit 9%

Managementkompetenz 7%

Zeitmanagement 6%

Präsentationskompetenz 5%

Projektmanagement 3%

Publikationskompetenz/ wiss. Schreiben 3%

Teamfähigkeit 3%

Organisationsfähigkeit 2%

Tabelle 17: Bedeutendste überfachliche Kompetenzen von Professorinnen undProfessoren

Wissenschaftliche Mitarbeiter Heute Wissenschaftliche Mitarbeiter Zukunft

Kommunikationsfähigkeit 10% Führungskompetenz 15%

Präsentationskompetenz 8% Kommunikationsfähigkeit 9%

Teamfähigkeit 7% Teamfähigkeit 7%

Führungskompetenz 7% Projektmanagement 6%

Fremdsprachenkompetenz 5% Präsentationskompetenz 5%

didaktische Kompetenz 5% Fremdsprachenkompetenz 5%

Organisationsfähigkeit 5% Managementkompetenz 4%

Projektmanagement 5% Organisationsfähigkeit 4%

Zeitmanagement 5% Zeitmanagement 4%

Selbstständigkeit 5% didaktische Kompetenz 3%

Tabelle 18: Die am häufigsten genannten überfachliche Kompetenzbereichewissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Page 174: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis174

6.5 Weiterbildungsverhalten

6.5.1 Das interne Weiterbildungsprogramm „Fit für die Hochschule“

Das Weiterbildungsprogramm „Fit für die Hochschule“ bietet den wissenschaft-lichen Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern der RWTH Aachen die Möglichkeit,sich überfachliche Kompetenzen für die Lehrtätigkeit, die Mitarbeiterführungund das Management, sowie für die Forschung anzueignen. Die Bekanntheit desWeiterbildungsprogramms „Fit für die Hochschule“ lag zum Erhebungszeitpunktbei den 1.041 Teilnehmenden mit 43,1% bei etwas weniger als der Hälfte. Vonden Befragten haben mit n= 447 etwas weniger als die Hälfte der Probanden einSeminar aus dem Programm besucht. Bezogen auf die Gruppe derjenigen, diedas Programm kennen liegt dieser Wert bei 45,4%. Mit Ausnahme der Gruppeder Professorinnen und Professoren und der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter ohne Promotionsvorhaben sind die Teilnahme und die Nicht-Teilnahme an einer Veranstaltung innerhalb der Gruppen nahezu ausgeglichen.

Der überwiegende Anteil der Probanden hat in den letzten Jahren das Seminar„Fit für die Lehre“ besucht. Dieses Seminar wurde in den Jahren zuvor durcheine Rektoratsinitiative gesondert gefördert und erst ungefähr ein halbes Jahr vorder Befragung um das breite Spektrum des Gesamtprogramms erweitert worden.Daher werden die zwei meistbesuchten Seminare, das Seminar „Fit für die Leh-re“, welches durch die Rektoratsinitiative befördert wurde, und das Seminar„Rhetorik- und Teamschulung“, welches seit Jahrzehnten angeboten wird, aufge-teilt nach Fakultäten eingehender betrachtet. Das Seminar „Fit für die Lehre“wird von den Fakultäten gleichermaßen zu über 80% genutzt. Das Seminar„Rhetorik und Teamschulung“ hingegen wird besonders häufig von den Angehö-rigen der Fakultäten 4 (69,4%) und 7 (88,9%) besucht. Die Angehörigen derübrigen Fakultäten nehmen das Angebot des Seminars zu unter 20% war, wobeidie Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer der Fakultäten 8 und 10 garnicht an dem Seminar teilgenommen haben.

Die Inhalte von Weiterbildungsveranstaltungen sollen über die Veranstaltunghinaus anwendbar bzw. umsetzbar sein. Hierdurch soll ein möglichst schnellerund gleichzeitig nachhaltiger Transfer der erlernten Inhalte gewährleistet wer-den. Lerntransfer ist hier also als die Übertragung von Wissen und Fertigkeitenaus der Lernsituation im Seminar oder Training auf die eigene Situation amArbeitsplatz zu verstehen. Ein weiterer Abschnitt des Fragebogens beschäftigtsich daher mit dem Lerntransfer der Inhalte der Seminare. In Anlehnung an diein Kapitel 6.3.1 eingeführten Kategorien Effizienz, Effektivität und subjektiveZufriedenheit liegt hier die Effektivität im Vordergrund der Betrachtung. Ineinem ersten Schritt wird dabei untersucht, ob sich die Probanden im Anschluss

Page 175: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 175

an die Seminare mit den Inhalten beschäftigt haben und diese an ihre Arbeitskol-leginnen und -kollegen weitergegeben haben. Im Weiteren wird abgefragt, ob dieProbanden die erlernten Inhalte auf ihren Arbeitsalltag übertragen und in derPraxis anwenden konnten. Abschließend wird noch einmal die subjektive Zufrie-denheit der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer mit den Seminarenabgefragt. Für die Auswertung wurden, wie bereits weiter oben erwähnt, Anga-ben für eine Fallzahl von n<10 ausgeschlossen und die Interpretation für n<30unter Vorbehalt vorgenommen.

Als einziges aussagkräftiges Ergebnis wird von etwas mehr als der Hälfte der182 Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer ein problemloser Transfer derInhalte des Seminars „Fit für die Lehre“ auf den Arbeitsalltag angegeben. UnterVorbehalt sind die Ergebnisse der weiteren Seminare zu interpretieren. Für dieSeminare „Rhetorik und Teamschulung“ sowie „Moderation von Arbeitsgrup-pen/ effektives Arbeiten in Teams“ fallen die Bewertungen des Übertrages vonknapp über 70% der Probanden problemlos aus. Beim Seminar Zeitmanagementwurde über alle Kategorien gleich beurteilt (Tabelle 19).

Konnten Sie die Inhalte des Seminars gut auf Ihren Arbeitsalltag übertragen?

gar nicht teil/teils problemlosZahl derAntworten

Fit für die Lehre 14,3 30,8 54,9 182

Rhetorik und Teamschulung 3,8 19,2 76,9 26

Moderation von Arbeitsgruppen/Effektives Arbeiten in Teams 6,7 20 73,3 15

Zeitmanagement 33,3 33,3 33,3 15

Projektmanagement (Führung) 29,4 17,6 53 17

Tabelle 19: Transfer der Seminarinhalte in den Arbeitsalltag (Angaben in Pro-zent)

Die Frage zur Übertragung der erlernten Inhalte auf die Praxis wurde als Kont-rollfrage für den Transfer auf den Arbeitsalltag angelegt. Wie in Tabelle 20 zusehen ist unterscheiden sich die Antworten der Probanden geringfügig, so dassvon Seiten der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer kein inhaltlicherUnterschied zwischen den Begriffen Praxis und Arbeitsalltag gemacht wird.

Page 176: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis176

Konnten Sie die Inhalte des Seminars gut in der Praxis anwenden?

gar nicht teils/teils sehr viel Anzahl

Fit für die Lehre 17,6 30,4 52 177

Rhetorik und Teamschulung - 29,2 70,8 24

Moderation von Arbeitsgruppen/ Effek-tives Arbeiten in Teams 13,3 26,7 60 15

Zeitmanagement 40 26,7 33,3 15

Projektmanagement(Führung) 35,3 23,5 41,2 17

Tabelle 20: Transfer der Seminarinhalte in die Praxis (Angaben in Prozent)

Es wurde ermittelt in wieweit sich die Teilnehmenden weiterhin mit Fragen undInhalten aus dem Seminar im Nachgang vertiefend auseinander gesetzt haben.Diese Frage wurde für das Seminar „Fit für die Lehre“ über alle Antwortkatego-rien hinweg beinahe gleich beantwortet. Auch für die anderen Seminare ist unterVorbehalt der geringen Fallzahlen eine Vertiefung der einzelnen Seminarinhaltebei rund 50 % der Teilnehmenden im Anschluss an das Seminar zu beobachten.(Tabelle 21). Ein weiteres Indiz für den Transfer ist die Frage der Weitergaberelevanter Informationen aus dem Seminar an Kolleginnen und Kollegen. DieBefragung macht deutlich, dass fast die Hälfte der Befragten für das Seminar„Fit für die Lehre“ angaben, die erlernten Inhalte an die Arbeits-kolleginnen und-kollegen weitergegeben zu haben. Die Angaben der anderen Seminare zeigengeringfügig höhere Werte, wobei auch hier erst eine höhere Fallzahl genauerenAufschluss geben kann (Tabelle 22).

Haben Sie sich nach dem Seminar weiterhin mit einzelnen Themenschwerpunktenbeschäftigt?

gar nicht teils/teils sehr viel Anzahl

Fit für die Lehre 29 34,7 36,4 176

Rhetorik und Teamschulung 26,9 19,2 53,8 26

Moderation von Arbeitsgruppen/ Effek-tives Arbeiten in Teams 35,7 21,4 42,9 15

Zeitmanagement 15,4 30,8 53,9 13

Projektmanagement(Führung) 18,8 43,8 62,4 16

Tabelle 21: Vertiefung der Seminarinhalte (Angaben in Prozent)

Page 177: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 177

Erlernte Inhalte habe ich an Kollegen weiter gegeben

stimmegar

nicht zu

teils/teils stimme zu Anzahl

Fit für die Lehre 46,6 17,4 36 178

Rhetorik und Teamschulung 30,8 26,9 42,3 26

Moderation von Arbeitsgruppen/ Effek-tives Arbeiten in Teams 33,3 26,7 40 15

Zeitmanagement 26,7 20 53,4 15

Projektmanagement(Führung) 41,2 17,6 41,2 17

Tabelle 22: Weitergabe der Seminarinhalte an die Kolleginnen und Kollegen

Die Schulnoten für die Seminare geben wie bereits erwähnt die subjektive Zu-friedenheit der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer wieder. Die meistenSeminare werden im Bereich zwischen 2 und 3 bewertet (Tabelle 23). Interpre-tierbar ist aber auch hier nur das Seminar „Fit für die Lehre“, welches eine mit-telmäßige Benotung bekommt.

Dem Seminar würde ich rückblickend folgende Schulnoten geben

Mittelwert Anzahl

Fit für die Lehre 2,42 180

Moderation von Arbeitsgruppen/Effektives Arbeiten in Teams

2,2 15

Projektmanagement (Führung) 2,35 17

Zeitmanagement 2,6 15

Rhetorik und Teamschulung 2,81 26

Tabelle 23: Schulnoten für die Seminare des Weiterbildungsprogramms „Fit fürdie Hochschule“ der RWTH Aachen

Die wesentlichen Verbesserungsvorschläge für die einzelnen Seminare sollenhier zusammenfassend dargestellt werden. Auf der inhaltlichen Ebene wünschensich die meisten Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer eine individuelleAnpassung an die Teilnehmenden der Seminare. Kleinere Gruppen der Seminarekönnten nach Meinung der Probanden eine intensivere Betreuung ermöglichen.Die Lerninhalte sollten sich verstärkt an konkreten Beispielen orientieren, umsomit einen noch höheren Praxisbezug zu gewährleisten. Zur nachhaltigen Siche-

Page 178: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis178

rung des Erlernten werden vereinzelt „Folgeseminare“ gefordert, die unter ande-rem zum vertieften Erfahrungsaustausch genutzt werden könnten.

6.5.2 Externe Weiterbildungsangebote

Der Bereich der Teilnahme an externen Weiterbildungsangeboten betrachteteinerseits die Hinderungsgründe für die Teilnahme an Weiterbildungsangebotenund soll anderseits Inhalte und Vorzüge von externen Seminaren, die nicht vonder RWTH Aachen angeboten werden, herausarbeiten.

Von den 1.041 Versuchspersonen haben 237 Versuchspersonen Weiterbildungs-angebote von anderen Anbietern wahrgenommen, wobei die wissenschaftlichenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Promotionsvorhaben den größten Anteilausmachen (n= 135). Die thematischen Angebote, die dabei genannt wurden,überschneiden sich nur vereinzelt mit den Seminaren von „Fit für die Hochschu-le“ und beziehen sich meist auf fachspezifische Inhalte. Dies ist auch einer dermeist genannten Vorzüge, der von den Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmern aufgeführt wurde. Der Praxisbezug der Inhalte ist zusätzlich höherund kleinere Gruppen ermöglichen eine bessere Betreuung. Auffallend bei derBeantwortung der Vorzüge der anderen Anbieter ist, dass in diesem Zusammen-hang wiederholt auf den geringen Bekanntheitsgrad des „Fit für die Hochschu-le“- Angebots hingewiesen wurde und das obwohl alle neuen wissenschaftlichenBeschäftigten der RWTH Aachen ein persönliches Anschreiben und einen Gut-schein zur Teilnahme erhalten. Ein Hinderungsgrund für die Teilnahme an denSeminaren scheint daher die bestehende Informationslücke über das Weiterbil-dungsangebot der RWTH Aachen zu sein.

6.5.3 Rahmenbedingungen der Weiterbildungsteilnahme

Im Weiteren wurden Gründe für eine Nichtteilnahme an beruflichen Weiterbil-dungsangeboten untersucht. Als wichtigste Hinderungsgründe wurde von denProbanden Zeitmangel und hohe Arbeitsbelastung genannt. Ein weiterer Grund,der noch immerhin von der Hälfte der Teilnehmenden angegeben wird, ist derschwer abschätzbare Nutzen der Angebote. Fehlende Unterstützung vom Vorge-setzten und unzureichende Anrechnung der Arbeitszeit waren hingegen wenigerein Hinderungsgrund für die Teilnahme (Abbildung 29).

Page 179: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 179

Abbildung 29: Hinderungsgründe an der Teilnahme an Weiterbildungsangeboten

6.6 Weiterbildungstrends, Zertifizierung und Modularisierung

6.6.1 Modularisierung und Zertifizierung

Im Bereich der beruflichen Weiterbildung zeigt sich vermehrt ein Trend hin zurZertifizierung von Weiterbildungsangeboten. In einigen Bundesländern kannman im Rahmen der hochschuldidaktischen Weiterbildung ein Zertifikat erwer-ben, mit dem beispielsweise die pädagogische Eignung nachgewiesen werdenkann (Kapitel 2.4.2). Da zum Erhebungszeitpunkt diese Möglichkeit an derRWTH Aachen noch nicht bestand, wurden das generelle Interesse und der Be-darf an einem solchen Zertifikat für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen undMitarbeiter erfragt.

Die Untersuchung zeigt, dass bei knapp 60% der Probanden (n= 932) das Inte-resse besteht, eine solches Zertifikat zu erwerben. Differenziert man diese Wertenach beruflichen Rollen zeigt sich jedoch, dass das Interesse vor allem beimwissenschaftlichen Nachwuchs zu verzeichnen ist. Juniorprofessorinnen und -professoren wollen nur zu 42,9% ein solches Zertifikat erlangen und etablierteProfessorinnen und Professoren lehnen dies sogar zu 73,6% ab.

Die einzelnen überfachlichen Kompetenzbereiche, welche das Zertifikat dabeiumfassen soll, sind nach Meinung der Mehrheit gleichmäßig auf die BereicheHochschuldidaktik/Lehre, Führung/Management und Forschung aufgeteilt. Wäh-

0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0%

Zeitmangel

Hohe Arbeitsbelastung

Der Nutzen ist schwer abschätzbar

Fehlende geeignete Angebote

Ungünstige Veranstaltungszeiten

Unzureichendes Budget des Arbeitsgebers

Zu hohe persönliche Kosten

Unzureichende Anrechnung als Arbeitszeit

Fehlende /Mangelnde Unterstützung durch denVorgesetzten

stimmt genau teils/teils stimmt gar nicht

Page 180: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis180

rend gut fünfzehn Prozent der Befragten einen überwiegenden Schwerpunkt inRichtung Führung/Management bzw. Forschung sehen entscheiden sich nur 10%für den hochschuldidaktischen Schwerpunkt (Abbildung 30).

Abbildung 30: Anteile der überfachlichen Kompetenzbereiche des für die beruf-liche Weiterbildung zu erlangenden Zertifikats

Neben dem Interesse wurde auch die Einschätzung für den zeitlichen Umfang,den ein solches Zertifikat in Anspruch nehmen soll, erfragt. Hierbei wurde einer-seits abgefragt, welcher zeitliche Umfang grundsätzlich für ein solches Zertifikatals angemessen empfunden wird, und welcher Zeitaufwand mit Blick auf dieeigenen beruflichen Rahmenbedingungen realistisch ist. Aus der momentanenberuflichen Perspektive halten die meisten Befragten einen Umfang von ein bisfünf Wochen innerhalb einer fünfjährigen Promotionsphase für realistisch, wobeidie Angaben mit zunehmender Wochenzahl deutlich weniger werden. Unabhän-gig von der momentanen beruflichen Situation ist für die meisten Befragten einZeitumfang von bis zu fünf Wochen akzeptabel. Mehr als das wird jedoch nurvon einem geringen Anteil für grundsätzlich angemessen erachtet.

Bei den offenen Anregungen hinsichtlich der Gestaltung eines zukünftigen Zerti-fikats lagen besonders die Freiwilligkeit und ein zeitlich angemessener Umfangdes Zertifikates im Vordergrund. Die Teilnehmenden der Befragung sehen hiereine Gefahr, dass der Umfang des Zertifikates nicht angemessen an den Zeitraumder Promotionsphase angepasst wird. Die Möglichkeit einer verpflichtendenTeilnahme ruft dabei teilweise starke emotionale Reaktion bei den Probandenwie z.B. „Ganz Weg mit dem Unfug“ oder „Wer hat diesen Blödsinn ausge-

0,0%

5,0%

10,0%

15,0%

20,0%

25,0%

30,0%

35,0%

N= 1041, n=969

Page 181: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 181

dacht?“ hervor. Diese Reaktionen verdeutlichen noch einmal plastisch den Wi-derstreit derjenigen, welche eine Zertifizierung in Ergänzung zur klassischenAusbildung in den Lehrstühlen als unabdingbares Element der Professionalisie-rung und Qualitätssicherung hochschulischen Handelns befürworten und denje-nigen, die dies als einen unzulässigen Eingriff in die Autonomie der Lehrstühleund Institute sehen.

6.6.2 Kurzlerneinheiten

In der beruflichen Weiterbildung ist vermehrt ein Trend zu kürzeren Seminaran-geboten zu verzeichnen (Gloger 2009, Graf 2008, Brall & Hees 2007). DiesemTrend folgend kommen auch für mobile Endgeräte vermehrt Angebote auf denMarkt, bei denen u.a. Pod- und Videocasts eine bedeutende Rolle spielen. Ergän-zend hierzu gibt es Angebote zur Reflexion (Präsenz oder Online) und Kurztrai-nings in denen in kurzer Zeit Inhalte erprobt und trainiert werden können. DasInteresse an und die bisherige Nutzung von solchen Kurzlerneinheiten stehen imMittelpunkt dieses Abschnitts.

Knapp über die Hälfte (n= 542) der Teilnehmenden zeigen ein grundsätzlichesInteresse an den Kurzlerneinheiten. Insgesamt wird der Einsatz mit einem Mit-telwert von = 3,43 damit positiv bewertet. Die zum Erhebungszeitpunkt amhäufigsten genutzten mobilen Endgeräte sind Mobiltelefone und Notebooks. Ca.die Hälfte der Stichprobe benutzt MP3-Player. Eher seltener wurden Pocket PCsbzw. PDA und Videoplayer benutzt, während Smartphone/MDA, Subnotebookund Blackberrys von weniger als 10% der Befragten genutzt wird. Aufgrund derSchnelllebigkeit des Marktes dürften sich hier gerade mit Blick auf die Verwen-dung von Pocket PCs, Smartphones und Videoplayern schnell Veränderungenergeben, da immer mehr integrierte Geräte angeboten werden.

Die Vertrautheit der Mehrheit mit eher konventionellen mobilen Endgerätenspiegelt sich auch in den Antwortangaben zu der bevorzugten Form, in der dieKurzlerneinheiten dargeboten werden sollen. Neben der Wahl der mobilen End-geräte standen auch kurze Präsenztrainings zur Wahl. Die bevorzugten Formenfür Kurzlerneinheiten sind hier dann auch die klassischen Präsensveranstaltungeninnerhalb und außerhalb des Instituts. Des Weiteren werden PDFs zum ausdru-cken und E-Learning bevorzugt, während die übrigen Formen der Kurzlernein-heiten weniger befürwortet werden (Abbildung 31). Die Wahl der „klassischen“Lernformen stimmt mit den Angaben der bereits erlebten Lernformen (Kapitel6.3.2) überein, so dass anzunehmen ist, dass die Befragungsteilnehmerinnen und-teilnehmer neueren Lernformen, welche sie selbst noch nicht erlebt haben, eherkritisch gegenüber stehen.

Page 182: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis182

Abbildung 31: Bevorzugte Form der Kurzlerneinheiten

6.7 Personalentwicklung an Lehrstühlen und in Instituten

6.7.1 Einleitung

In dem Bereich der Personalentwicklung sollte von den Probanden beurteiltwerden, wie an ihrem Institut die Thematik der beruflichen Kompetenzentwick-lung21 behandelt wird. Die Wahrnehmung der Probanden setzt sich aus sechsverschieden Items zusammen, die auf einer fünfstelligen Ratingskala bewertetund anschließend zu einem additiven Index zusammengefasst wurden.

Die Befragten sollten die Wahrnehmung der Kompetenzentwicklung an ihremLehrstuhl oder Institut und die Unterstützung durch Vorgesetzte aus persönlicherSicht beurteilen. Die Unterstützung des Institutes und des Vorgesetzten sindbedeutende Elemente und wurden daher durch jeweils zwei Aussagen abgefragt.Es sollte hiermit der Stellenwert der Kompetenzentwicklung am Institut und diesystematische Erhebung von Kompetenzen ermittelt werden. Bei dem Vorgesetz-ten als unmittelbarem Ansprechpartner, wurden dessen Unterstützung und dieFreistellung für die Weiterbildungsbestrebungen seiner Mitarbeiterinnen undMitarbeiter erhoben. Zusätzlich wurde die Unterstützung bei den Kompetenz-entwicklungs- Bestrebungen durch die Kolleginnen und Kollegen abgefragt unddie persönliche Einschätzung der Wichtigkeit der Kompetenzentwicklung für die

21 Der Begriff „berufliche Kompetenzentwicklung“ umfasst sowohl fachliche als auch überfachlicheKompetenzen für den Arbeitsplatz.

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

70,0%

Ablehnung Teils/Teils Bevorzugung

Page 183: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 183

tägliche Arbeit eruiert. Weiter stehen Häufigkeit und Inhalte der Mitarbeiterge-spräche im Mittelpunkt dieses Teils der Untersuchung.

6.7.2 Stellenwert der beruflichen Kompetenzentwicklung an Lehrstühlenund Instituten

Die persönliche Einschätzung der Notwendigkeit der beruflichen Kompetenz-entwicklung erfährt mit 71,2% eine hohe Zustimmung. Der Einsicht in die Not-wendigkeit von beruflicher Kompetenzentwicklung stehen an vielen Stellen auchkeine hemmenden Rahmenbedingungen von Seiten der Vorgesetzten entgegen.Den Aussagen zur Unterstützung durch den Vorgesetzten und zur Freistellungfür Weiterbildungsangebote stimmen die Teilnehmenden der Befragung zu über50% zu. Während die Kolleginnen und Kollegen zu knapp 50% den Bestrebun-gen wohl gesonnen sind und Kolleginnen und Kollegen dabei unterstützen, fälltdie Gesamtbeurteilung hinsichtlich des Stellenwerts der Kompetenzentwicklungam Arbeitsplatz mit knapp 40% Zustimmung deutlich bescheidener aus. DieAbschätzung mit Blick auf ein systematisches Vorgehen bei der Erfassung vonKompetenzentwicklungsbedarfen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigthingegen ein komplett gegenläufiges Bild. Dieser Aussage stimmen nur 16,2%der Probanden zu und 59,8% lehnen sie ab (Abbildung 32).

Abbildung 32: Stellenwert der beruflichen Kompetenzentwicklung am Institut

Bei der Analyse der Korrelationen der jeweiligen Items zeigt sich, dass dieWahrnehmung des Stellenwertes der beruflichen Kompetenzentwicklung amInstitut besonders hoch mit der Unterstützung durch die Führungskräfte und

0% 20% 40% 60% 80%

Der Kompetenzentwicklungsbedarfeinzelner Mitarbeiter wird systematisch

erhoben

An meinem Institut hat die beruflicheeKompetenzentwicklung einen

hohenStellenwert

Die Kollegen unterstützen mich beimeinen

Kompetenzentwicklungsbestrebungen

Der Vorgetzte unterstützt dieKompetenzweiterbildungsbestrebungen

einzelner Mitarbeiter

Mein Vorgesetzter ist bereit, mich fürWeiterbildungsangebote freizustellen

Die Kompetenzentwicklung ist für dietägliche Arbeit an der Hochschule

notwendig

stimmt genau teils/teils stimmt gar nicht

Page 184: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis184

durch die Kolleginnen bzw. Kollegen sowie mit der systematischen Erhebungdes Kompetenzentwicklungsbedarfs am Institut zusammen hängt. Die Unterstüt-zung durch den Vorgesetzten geht mit einer Freistellung für Weiterbildungsan-gebote einher. Die Korrelationen der Notwendigkeit der Kompetenzentwicklungfür die tägliche Arbeit mit den anderen fünf Aussagen fallen mit r ≤ 0,3 über alleItems hinweg recht niedrig aus (Tabelle 24).

(1) (2) (3) (4) (5) (6)

(1) Stellenwert (Institut) Kom-petenzentwicklung

1,00 0,539 0,31 0,635 0,413 0,503

(2) Systematische Erhebung 1,00 0,296 0,402 0,227 0,359

(3) Notwendigkeit für täglicheArbeit

1,00 0,225 0,151 0,281

(4) Unterstützung Vorgesetzter 1,00 0,558 0,476

(5) Freistellung Weiterbil-dungsangebote

1,00 0,311

(6) Unterstützung Kollegen 1,00

Tabelle 24: Korrelationen der Items des Stellenwerts der beruflichenKompetenzentwicklung am Institut

Es wird angenommen, dass die wechselseitigen Zusammenhänge der einzelnenItems auf einen gemeinsamen „Faktor“ der Variablen zurückzuführen sind (vgl.Bortz und Döring 2006: 517). Zur Überprüfung dieser Vermutung wurde eineFaktorenanalyse durchgeführt, welche untersucht, ob hinter den Aussagen zurZufriedenheit der beruflichen Kompetenzentwicklung (Frage 36) eine eindimen-sionale „Hintergrundvariable“ steckt. In Tabelle 25 sind die einzelnen Aussagennach der Höhe ihrer Faktorenladung geordnet aufgelistet. Die sechs verschiede-nen Aussagen ergeben dabei eine eindimensionale Lösung bei der alle Faktoren-ladungen einen Wert über 0.40 haben. Der ermittelte Faktor erklärt dabei 49%der Gesamtvarianz der Items, so dass die Hälfte der Streuung der sechs Variab-len durch diesen Faktor erklärt wird.

Der Stellenwert am Institut und die Unterstützung des Vorgesetzten erzielen diehöchsten Faktorladungen, was den besonderen Stellenwert dieser beiden Aussa-gen hervorhebt. Fast genau so wichtig für die Besterbungen der Kompetenzent-

Page 185: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 185

wicklung scheint aber auch neben der Unterstützung des Vorgesetzten, der Bei-stand der Kolleginnen und Kollegen zu sein. Eher im Mittelfeld befinden sich die

Items zur systematischen Erhebung des Kompetenzentwicklungsbedarfs amInstitut und die Freistellung für Weiterbildungsangebote durch den Vorgesetzten.Der geringste Einfluss in der Skala – gemessen an der Faktorenladung – ist dieAussage zur Notwendigkeit der Kompetenzentwicklung für die tägliche Arbeit.Sie ist für die Skala nur bedingt geeignet und könnte am ehesten für die Skalazur Messung des „Stellenwerts der beruflichen Kompetenzentwicklung“ wegge-lassen werden (Tabelle 25).

An meinem Institut (Lehrstuhl) hat die berufliche Kompetenzentwicklung einen hohen Stellen-wert. (0.844)

Der Vorgesetzte unterstützt die Kompetenzentwicklungsbestrebungen einzelner Mitarbeiter.(0.823)

Die Kollegen unterstützen mich bei meinen Kompetenzentwicklungsbestrebungen. (0.71)

Der Kompetenzentwicklungsbedarf einzelner Mitarbeiter wird systematisch erhoben. (0.658)

Mein Vorgesetzter ist bereit, mich für Weiterbildungsangebote freizustellen. (0.641)

Die Kompetenzentwicklung ist für die tägliche Arbeit an der Hochschule notwendig. (0.452)

Tabelle 25: Entwurf zur Messung des „Stellenwerts der beruflichen Kompetenz-entwicklung“ zusammengesetzt aus sechs Aussagen22

Die einzelnen Aussagen werden für die Durchführung der weiteren Untersu-chungen zu einem additiven Index zusammengeführt, der Werte zwischen 5 und30 annehmen kann. Hohe Werte stehen dabei für eine hohe Zufriedenheit undumgekehrt. Eine Reliabilitätsmessung der Skala ergab ein Cronbachs Alpha23

von α= 0.784 und spricht für eine konsistente Messung des „Stellenwertes derberuflichen Kompetenzentwicklung“ (vgl. Schnell et al. 1999: 147). Die hierverwendete Skala kann damit als Entwurf für die eindimensionale Messung des„Stellenwerts der beruflichen Kompetenzentwicklung“ eingeführt werden.

Die Auswertung des Stellenwerts der beruflichen Kompetenzentwicklung zeigt,dass die Bewertungen zum größten Teil im Mittelfeld der Skala angesiedelt sind

(Abbildung 33). Die Skala erzielt insgesamt einen Mittelwert von x = 19,89 undeiner Standardabweichung von σ= 4,50. Fallgruppenunterscheidung nach Fakul-täten, Funktion, Mitarbeiterzahl am Institut und Beschäftigungszeit zeigen keinenennenswerten Unterscheidungen.

22 Faktorladungen der einzelnen Items der Erhebung stehen in den Klammern.23 Cronbachs Alpha bemisst die interne Konsistenz der Skala und kann einen Wertebereich von -1

und +1 annehmen. Ab α = 0.8 ist eine Interpretation möglich.

Page 186: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis186

Abbildung 33: Verteilung des Stellenwertes der beruflichenKompetenzentwicklung

6.7.3 Personalentwicklungskonzepte

In der Untersuchung wurden die Professorinnen und Professoren befragt, ob sieüber strategische Personalentwicklungskonzepte für ihren Arbeitsbereich verfü-gen. 67% der Befragten stimmen überwiegend der Aussage „Ich verfolge einstrategisches Personalentwicklungskonzept für die Ausbildung meiner promovie-renden wissenschaftlichen Mitarbeiter“ zu, während nur 11% diese Aussageüberwiegend ablehnen. Die Konzepte fokussieren inhaltlich zentral auf die Fach-kompetenz. Insgesamt bewerten 98,1% der Befragten die Verankerung diesesKompetenzbereichs in ihrem Konzept mit stark oder sehr stark. Aber auch dieanderen abgefragten überfachlichen Kompetenzbereiche werden integriert insge-samt jedoch eher schwächer bewertet. 79,5% fördern mit ihrem Konzept dieSozialkompetenz, 73% berücksichtigen stark oder sehr stark die Lehrkompetenzund 61% fokussieren in nicht unerheblichem Maße Führungs- und Management-kompetenzen (Abbildung 34).

6.7.4 Mitarbeitergespräch

Ein wichtiges Instrument der Personalführung ist das Mitarbeitergespräch. Da-runter versteht man ein Gespräch, bei dem die Führungskraft zusammen mit derMitarbeiterin oder dem Mitarbeiter Ziele und generelle Aufgaben für die weitereLaufbahn und die dazu passenden Kompetenzentwicklungsmöglichkeiten be-

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

Anzahl

Page 187: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 187

spricht. Die Häufigkeit und die Inhalte der Mitarbeitergespräche liegen im Fokusdieses Abschnitts der Untersuchung. Als Fallgruppen wurden hier die Professo-rinnen und Professoren, die Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, diepromovierten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie diewissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Promotionsvorhabenuntersucht.

Abbildung 34: Kompetenzgebiete der strategischenPersonalentwicklungskonzepte

Die Wahrnehmung der Häufigkeit, mit der die Mitarbeitergespräche von Seitender Professorinnen und Professoren bzw. Juniorprofessorinnen und -professorenin Funktion des Vorgesetzten einerseits und der wissenschaftlichen Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter andererseits eingeschätzt werden, weist eine deutlicheDiskrepanz auf. (Junior-)Professorinnen und (Junior-)Professoren haben vorran-gig den Eindruck wöchentlich, mindestens aber monatlich ein Gespräch mitihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu führen. Diesen Eindruck teilt nur einTeil der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Promotions-vorhaben. Diese schätzen den Zeitraum zwischen den Gesprächen tendenzielldeutlich länger ein. Bei den Antwortkategorien, die für eine seltenere Häufigkeitder Mitarbeitergespräche stehen, nimmt diese Gruppe den höchsten Anteil an.(Abbildung 35).

Erklärungsansätze für die Diskrepanz der Sichtweisen über die Häufigkeit vonMitarbeitergesprächen lassen sich bei Hinzunahme der fokussierten Themenfinden. Hier zeichnet sich ein ähnliches Bild bei den Nennungen der Themenbe-reiche der Mitarbeitergespräche ab. Die einzelnen Themenbereiche werden vonder Gruppe der Professorinnen und Professoren, gefolgt von der Gruppe der

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

gar nicht 2 3 4 sehr starkN=1041, n=100

Fachkompetenz Sozialkompetenz Lehrkompetenz Führungs-/ Managementkompetenz

Page 188: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis188

promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am häufigstengenannt.

Abbildung 35: Häufigkeit der Mitarbeitergespräche nach Funktion der Befra-gungsteilnehmerinnen und -teilnehmer

Bei Betrachtung der Relationen zwischen den jeweiligen Themenbereichen zeigtsich über alle Gruppen hinweg jedoch eine eindeutige Tendenz. Die Arbeitsauf-gaben werden hier am häufigsten genannt, gefolgt von der Zusammenarbeit undFührung sowie dem Arbeitsumfeld. Die persönlichen Entwicklungs- und Verän-derungsperspektiven werden weniger häufig genannt, wohingegen die Ergebnis-se der Lehrevaluation am seltensten genannt werden. Unter der offenen Ant-wortkategorie Sonstiges wurden die Diskussion von Forschungsvorhaben und -ergebnissen sowie Besprechungen zum Stand der Dissertation angeführt(Abbildung 36).

Ein anderes Bild zeichnet sich bei der Häufigkeit von Gesprächen zwischenProfessorinnen und Professoren und Dekan ab. Knapp ein Drittel der Professo-rinnen und Professoren gibt an nie ein Gespräch mit dem Dekan gehabt zu ha-ben, wohingegen ein Viertel sich monatlich mit dem Dekan trifft. Ein wöchentli-ches Gespräch mit dem Dekan führen nur 3,8% (Abbildung 37).

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

nie seltener alsjährlich

jährlich halbjährlich vierteljährlich monatlich wöchentlich

N1041, n=982

Professor Juniorproffesor WMPromoviert WMmit Promotionsvorhaben WMohne Promotionsvorhaben

Page 189: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 189

Abbildung 36: Themenbereiche der Mitarbeitergespräche nach Funktion

Auf die Auswertung der Themenbereiche des Dekangesprächs wurde hier ver-zichtet, da die vorgegebenen Antwortkategorien von unter 30% und in zweiFällen sogar unter 10% der Befragten genannt wurden. Weiter haben die offenenAngaben dieser Frage gezeigt, dass die Antwortkategorien anscheinend nicht dentatsächlichen Inhalten der Dekangespräche entsprechen.

Abbildung 37: Häufigkeit der Dekangespräche

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Arbeitsaufgaben Arbeitsumfeld Zusammenarbeit und Führung pers. Veränderungs- und Entwicklungsperspektiven Ergebniss der Lehrevaluation

Mehrfachantworten warenmöglich

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

wöchentlich monatlich vierteljährlich halbjährlich jährlich seltener alsjährlich

nie

N=1041, n=106

Page 190: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis190

6.7.5 Zufriedenheit mit der Kompetenzentwicklung am Institut

In einem weiteren Schritt wurde untersucht inwiefern der „Stellenwert der Kom-petenzentwicklung am Institut“ (Kapitel 6.7.2) mit der Häufigkeit der Mitarbei-tergespräche und den angesprochenen Themenbereichen (Kapitel 6.7.4) zusam-menhängt. Die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Häufigkeit desMitarbeitergesprächs und der Skala zum „Stellenwert der beruflichen Kompe-tenzentwicklung“ liegt der Überlegung zu Grunde, dass der additive Index mitsteigender Anzahl der Mitarbeitergespräche zunimmt. Die Korrelationsanalysezeigt, dass zwar ein hoch signifikanter Zusammenhang der beiden Variablenbesteht, dieser jedoch mit einer Korrelation von r = 0,224 jedoch recht moderatausfällt. Für einen Vergleich der Mittelwerte wurden die Antwortkategorien inzwei Gruppen - [vierteljährlich, halbjährlich, jährlich, seltener als jährlich undnie = 1] und [wöchentlich, monatlich und vierteljährlich= 2] - zusammengefasst.Der T-Test für die Mittelwerte hat eine signifikante Mittelwertdifferenz der bei-den Gruppen von 3,16345 errechnet. Bei einem Wertebereich von 7 bis 35 kannman hier von einem hohen Unterschied sprechen, der auf die Wichtigkeit desMitarbeitergesprächs für die Zufriedenheit der Kompetenzentwicklung hindeutet.

Neben der Häufigkeit der Mitarbeitergespräche sollte auch der Einfluss derThemenbereiche der Mitarbeitergespräche auf den „Stellenwert der Kompetenz-entwicklung“ untersucht werden. Eine Regressionsanalyse zeigt, dass bis auf dieArbeitsaufgaben und die Ergebnisse der Lehrevaluation alle anderen Themenbe-reiche einen signifikanten Einfluss haben. Den stärksten Einfluss haben dieThemen „persönliche Veränderungs- und Entwicklungsperspektiven“ und „Zu-sammenarbeit und Führung“, was deren besondere Bedeutung für die Kompe-tenzentwicklung der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf-zeigt und darauf hindeutet, diese Themen verstärkt im Mitarbeitergespräch zuverankern (Tabelle 26).

6.8 Zwischenfazit

Im Fragebogen konnte die Benutzbarkeit von Lernformen bewertet werden. DieBenutzbarkeit wurde dabei in drei Teilbereiche aufgeteilt. Der erste fragt nachder Effizienz, der zweite nach der subjektiven Zufriedenheit und der dritte nachder Effektivität der Lernform. Insgesamt werden die drei Kategorien alle über-durchschnittlich positiv bewertet. Die Lernformen der Kategorien „arbeitsimma-nent“ und „arbeitsgebunden“ werden jedoch insgesamt gegenüber den arbeitsbe-zogenen Lernformen durchschnittlich höher bewertet. Dies liegt vor allem in derTatsache begründet, dass individuelles Coaching als auch Einarbei-tung/Unterweisung als besonders zielführend bewertet werden. Hinsichtlich derEffektivität stehen die arbeitsimmanenten Lernformen besonders hoch im Kurs.

Page 191: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 191

Sie garantieren durch ihre Nähe zum alltäglichen Handeln einen schnellen Trans-fer des Gelernten. Zufrieden sind die meisten Befragten zudem mit den arbeits-gebundenen Lernformen, welche nah an den Arbeitsprozessen aber losgelöst vonder eigentlichen Tätigkeit stattfinden. Bei der Effektivität schneiden die arbeits-gebundenen insgesamt am besten ab. Medial unterstütztes Lernen ist nicht inallen Mitarbeitergruppen gleich beliebt. Es zeigt sich, dass insbesondere Profes-sorinnen und Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter ohne Promotionsabsicht sich besonders ablehnend verhalten. Dies ist jedocheng verknüpft mit dem durchschnittlichen Alter der Befragten in diesen Gruppen(C2-02, C2-03).

ModellNicht standardisierte Koeffi-

zienten

Standardisier-te Koeffizien-

ten TSignifi-kanz

BStandard-fehler Beta

1 (Konstante) 17,549 ,384 45,740 ,000

Arbeitsaufgaben ,446 ,437 ,033 1,019 ,308

Arbeitsumfeld ,898 ,323 ,100 2,783 ,006

Zusammenarbeit undFührung 1,764 ,324 ,195 5,443 ,000

pers. Veränderungs- undEntwicklungsperspekti-ven

1,518 ,316 ,163 4,797 ,000

Ergebnisse der Lehreva-luation ,587 ,324 ,056 1,814 ,070

Tabelle 26: Zufriedenheit mit der Kompetenzentwicklung am Institut

Die überfachlichen Kompetenzen (A1-02), die von Wissenschaftlern an derRWTH Aachen benötigt werden umfassen die ganze Bandbreite. Die mehr alsviertausend Nennungen der Befragten wurden zu rund 100 Kompetenzen ver-dichtet, welche drei überfachlichen Kompetenzbereichen zugeordnet werdenkonnten. Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse, dass bei den wissenschaftli-chen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern während ihrer Beschäftigungszeit an derRWTH Aachen auf die methodische Kompetenz 43% der Antworten entfallen.Die soziale Kompetenz wird zu 33% und die personale Kompetenz zu 24% ge-nannt. Bei der Kompetenzbewertung hinsichtlich der beruflichen Perspektivenund noch deutlicher bei der Bewertung der Kompetenzen der Professorinnen undProfessoren nimmt die personale Kompetenz im Umfang zugunsten der sozialen

Page 192: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis192

Kompetenz weiter ab. Mit Blick auf einzelne Fakultäten zeigt sich, dass es nurwenig auffällige Abweichungen vom Durchschnitt zu verzeichnen sind (Kapitel6.4). Insgesamt entsprechen die an der RWTH Aachen erhobenen Kompetenzender von Brall (2009) vorgenommenen Auswertung der in der Literatur benanntenKompetenzanforderungen (Kapitel 2.3.5).

Eine weitere entscheidende Frage ist, wie bestehende Weiterbildungsangebote esschaffen, einerseits effektiv den Transfer der Inhalte in die alltägliche Praxis zuunterstützen (C2-03), die Selbstreflexivität auch im Nachgang der Veranstaltungzu fördern (C2 01) und den Wissens- und Erfahrungstransfer innerhalb derHochschule zu befördern (C2-08). Das Weiterbildungsprogramm „Fit für dieHochschule“ ist in der Hochschule nicht so bekannt, wie die bisher ergriffenenMaßnahmen vermuten ließen. Nachdem alle neu eingestellten Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter mit Informationen und einem persönlichen Gutschein für dasSeminar „Fit für die Lehre“ angeschrieben wurden und darüber hinaus alle Pro-fessorinnen und Professoren per Rundschreiben des Rektors auf die Rektoratsini-tiative hingewiesen wurden, fällt der Bekanntheitsgrad von nur 50% recht mageraus. Das von denen, die das Programm kennen immerhin die Hälfte auch schonan einem Seminar teilgenommen haben, zeigt jedoch, dass insgesamt der Bedarfan solchen Angeboten nicht gering geschätzt werden darf. Die mittlere Bewer-tung der Seminare, welche alle als traditionelles Training mit hohem reflektivenund dialogischen Anteilen angeboten werden, fällt mit Blick auf die Bevorzu-gung individueller Lernformen bei der Entwicklung überfachlicher Kompetenzen(Kapitel 6.4) nicht unerwartet aus. Mit Fokus auf den notwendigen Transfer derInhalte auf den Arbeitsalltag, fällt die Bewertung eindeutig aus. Für nur wenigefällt die Übertragung auf den Arbeitsalltag schwer, was auf eine hohe Anwen-dungsnähe der Bearbeitung von Themen schließen lässt (C2-03). Darüber hinausbeschäftigen sich viele Befragte weiterhin mit den Schwerpunkten des Seminars(C2-01) und gaben auch Inhalte an Kolleginnen und Kollegen weiter (C2-08). Eszeigt sich damit, dass die Seminare nicht allein der Informationsvermittlungdienen, sondern auch gleichzeitig selbstgesteuertes und kommunikatives Lernenin die Lehrstühle und Institute hinein tragen können. Insbesondere die Forderungnach weiteren vertiefenden Angeboten zum Erfahrungsaustausch macht deutlich,dass Möglichkeiten zur bereichsübergreifenden Zusammenarbeit (C2-04) schonzum Erhebungszeitpunkt zumindest vereinzelt als elementar angesehen wird.(Kapitel 6.5.1). Externe Weiterbildungsangebote werden vor allem zur Ergän-zung fachlichen Wissens besucht und stehen nur selten in Konkurrenz zu inter-nen Angeboten (Kapitel 6.5.2). Der Grund für das Fernbleiben von Weiterbil-dungsangeboten liegt für die meisten auf der Hand. Zeitmangel und hohe Ar-beitsbelastung dominieren die Gründe für die Abstinenz, werden jedoch ergänztdurch die mangelnde Möglichkeit der Nutzenabschätzung. Da die fehlende Un-

Page 193: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis 193

terstützung vom Vorgesetzten und die unzureichende Anrechnung der Arbeits-zeit kaum als Hinderungsgrund angeführt wurden, liegt der Schluss nahe, dasszwar die grundsätzliche Möglichkeit zu einer Teilnahme gegeben ist, dass jedochdas Alltagsgeschäft und die damit einhergehende Arbeitsbelastung, welche in derRegel bei Abwesenheitszeiten nicht durch andere Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter kompensiert wird, in Relation zum erwarteten Nutzen gesetzt wird. Da dieserschwer abzuschätzen ist, wird anscheinend häufig auf eine Teilnahme verzichtet(Kapitel 6.5.3). Ein solches Ergebnis verweist auf die notwendigen Unterstüt-zungssysteme für Kompetenzentwicklung. Einerseits liegt die Verantwortung fürdas Lernen zwar bei jedem Individuum (B2-01) doch müssen die Aufgaben so-wie die individuellen und kollektiven Entwicklungsbedarfe andererseits mitei-nander abgeglichen werden. Dies scheint bei dem meisten der Befragten nurunzureichend zu erfolgen (D1-01).

Die Befragten konnten aktuelle Weiterbildungstrends im Fragebogen bewerten.Hierzu gehörte zum einen der Trend zur Zertifizierung. Die Untersuchung zeigt,dass bei knapp 60% der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer das Interes-se besteht, ein zusätzliches Zertifikat zu erwerben. Es zeigt sich, dass das Inte-resse an einem Zertifikat besonders beim wissenschaftlichen Nachwuchs nachge-fragt wird, während die etablierten wissenschaftlichen Führungskräfte diesemeher negativ gegenüber stehen. Der ideale Zeitumfang eines solchen Zertifikatsinnerhalb einer fünfjährigen Promotionsphase liegt aus Sicht der Befragten beibis zu fünf Wochen. Mit Blick auf die derzeitige Arbeitsbelastung reduziert sichder Zeitumfang allerdings erheblich. Dies spricht dafür, neben dem Besuch vonexternen Veranstaltungen auch die internen arbeitsplatznahen oder arbeitsinte-grierten Lernformen in die Zertifizierung mit einzubeziehen. Dies erfordert je-doch eine nachhaltige Implementierung von Qualitätsfaktoren, da zielgerichtetesLernen nicht allein durch die Bereitstellung einer anspruchsvollen Arbeitsumge-bung herzustellen ist (Kapitel 1). Die Möglichkeit der Zertifizierung wurde mitt-lerweile an der RWTH Aachen in den meisten Fakultäten durch die „Einführungdes Center for Doctoral Studies“ eröffnet (Kapitel 6.6.1).

Als ein weiterer Trend konnte der Bedarf an Kurzlerneinheiten bewertet werden,der sich neben klassischen Kurzseminaren in Präsenzform vor allem auch durchden Einsatz mobiler Endgeräte verwirklichen lässt. Sie stellen ein Verbindungs-glied zwischen individualisiertem Lernen beispielsweise durch Coaching undklassische Seminare dar, da Kurzlerneinheiten eine zielgerichtete bedürfnisorien-tierte Auswahl ermöglichen. Die Bewertung fällt an dieser Stelle recht eindeutigaus: Während einerseits die Kürze begrüßt wird, sind mobile Endgeräte für diemeisten Befragten kein geeignetes Mittel um Lernen effektiv zu unterstützen.Bevorzugt werden interne oder extern Kurzseminare oder aber übersichtlicheLernmaterialien, die man als PDF sowohl auf mobilen Geräten verwenden als

Page 194: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

6. Kompetenzentwicklung in der Praxis194

auch in Papierform klassisch mit Stift und Textmarker bearbeiten kann. Damitwird bestätigt, dass Lernen bei den Befragten neben der individuellen Betreuungbevorzugt kommunikativ bzw. selbstgesteuert erfolgt (Kapitel 6.6.2).

Die Faktorenanalyse (Kapitel 6.7.2) zeigt, dass neben dem Empfinden, dassKompetenzentwicklung in den Instituten und Lehrstühlen einen hohen Stellen-wert hat und der Vorgesetzte einen dabei unterstützt und hierfür freistellt (D1-03), insbesondere auch der Einfluss des Einsatzes der Kolleginnen und Kollegenbei den eigenen Kompetenzentwicklungsbestrebungen als ein entscheidenderFaktor gesehen wird. Die Einbeziehung der Kolleginnen und Kollegen bei derKompetenzentwicklung ist daher ein wichtiger Baustein, der zeigt, dass Team-verantwortung für die Kompetenzentwicklung (D1-02) nicht alleine bedeutet,dass mehrere Professorinnen und Professoren einen Promotionsprozess beglei-ten, sondern auch die Kolleginnen und Kollegen einen erheblichen Einfluss aufdas Gelingen der individuellen Entwicklung zugesprochen werden kann. Dies istein wesentlicher Baustein für die Gestaltung eines lernförderlichen Kontextes(C1-08). Die Rahmenbedingungen hierzu sind zum Teil vorhanden. Strategischausgerichtete Personalentwicklungskonzepte werden von einem Großteil derbefragten Professorinnen und Professoren, insbesondere mit Blick auf die fachli-che Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, vorgehalten (Kapitel6.7.3).

Darüber hinaus spielt die systematische Erhebung der Bedarfe eine bedeutendeRolle für die Kompetenzentwicklung (D1-01, D1-03). Die Erhebung sollte imregelmäßig stattfindenden strukturierten Mitarbeitergespräch erfolgen. Dabeidürfen nicht allein die konkreten Arbeitsaufgaben im Mittelpunkt des Interessesstehen, sondern das gesamte Spektrum an Themen: Zusammenarbeit und Füh-rung, Arbeitsumfeld, persönlichen Entwicklungs- und Veränderungsperspektivenund die Ergebnisse der Lehrevaluation als ein Indiz für Veränderungsperspekti-ven (Kapitel 6.7.4). Gerade die Themen Zusammenarbeit und Führung sowiepersönliche Entwicklungs- und Veränderungsperspektiven haben einen starkenEinfluss auf die Bewertung der Einschätzung des Stellenwerts der beruflichenKompetenzentwicklung in den Instituten. Insgesamt ist das strukturierte Mitar-beitergespräch der entscheidende Schlüssel zur Zufriedenheit mit der Kompe-tenzentwicklung in den Instituten (Kapitel 6.7.5).

Page 195: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 195

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel

7.1 Forschungsfokus der Einzelfallanalysen

Anhand der qualitativen Analyse von Einzelfallbeispielen sollen die in den vor-hergehenden Kapiteln noch nicht hinreichend analysierten Anforderungenexemplarisch genauer untersucht werden. Leitende Fragestellungen sind dabeider Einsatz von Lern- und Reflexionsformen (Anforderung C 2), wie koevolutiveGestaltung in der Praxis gestaltet werden kann (Forschungsfrage 2), welcheUnterstützungsstrukturen von Universitätsleitungen benötigt werden (Anforde-rung D) und wie überfachliche Kompetenzentwicklung hierbei arbeitsbegleitendrealisiert wird (Forschungsfrage 1):1. Welche Beobachtungswerkzeuge sowie welche Lern- und Reflexionsmetho-

den werden in der Praxis angewendet? (C2-05, C2-06, C2-07, C2-08)2. Wie erfolgt in der Praxis eine koevolutive Entwicklung von individueller

Kompetenzentwicklung und organisationalen Entwicklungsbedarfen? (A1-07, C1-07, C2-09, D1-04, D1-05)

3. Welche Unterstützungstrukturen müssen von Universitätsleitungen bereitgestellt werden (D2-03, D2-05), um gemeinsame Zielvorstellungen undQualitätskriterien zu entwickeln (D2-04, D2-01)?

4. Wie wird die überfachliche Kompetenzentwicklung hierbei arbeitsbeglei-tend verankert?

Die Ergebnisdarstellung erfolgt nach einer Kurzbeschreibung der Fallbeispiele(Kapitel 7.2) und der Vorstellung der Untersuchungsmethodik (Kapitel 7.3)qualitativ beschreibend. Die Strukturierung der dabei zum Einsatz kommendenLern- und Reflexionsmethoden erfolgt jeweils mit Hilfe der in Kapitel 0 entwor-fenen Analysematrix (Abbildung 20).

7.2 Auswahl und Kurzbeschreibung der Fallbeispiele

Die Auswahl der Fallbeispiele erfolgte mit Blick auf die verschiedenen Hand-lungsebenen der Universität. Jedes Fallbeispiel repräsentiert dabei eine der kol-lektiven Ebenen und zeigt hierdurch spezifische Aspekte jeder Ebene auf. Fall-beispiel I zeigt in einem „Vorher-Nachher-Vergleich“ die Veränderungen auf,welche ein Maschinenbauinstitut bei der Umgestaltung seiner Kompetenzent-wicklungsprozesse vorgenommen hat (Kapitel 7.4). Fallbeispiel II untersuchtanhand des Exzellenzclusters „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnlän-der“, welche Maßnahmen innerhalb der Fakultät unternommen wurden, um dieZusammenarbeit im Forschungsprojekt zu optimieren und wie Lernprozessehierbei angeregt werden sollen (Kapitel 7.5). Fallbeispiel III analysiert den Ent-wicklungsprozesse des Zukunftskonzept „RWTH 2020: Meeting Global

Page 196: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel196

Challenges“, welches erfolgreich in die Exzellenzinitiative eingebracht wurde.Es zeigt wie Hochschulentwicklung und Kompetenzentwicklung eng ineinandergreifen und dabei hochschulweit Lern- und Entwicklungsprozesse gestaltet wur-den, aber auch Lernen auf der Netzwerkebene strategisch verankert werden kann(Kapitel 7.6). Alle beschriebenen Fallbeispiele werden von Professionals beglei-tet, welche gemeinsam mit den jeweiligen Beteiligten die Handlungsbedarfeanalysieren und moderativ den Auswahlprozess der passgenauen Instrumenteunterstützen.

7.3 Untersuchungsmethodik

7.3.1 Qualitative Einzelfallanalysen durch Methodentriangulation

Die qualitative Untersuchung der Fallbeispiele erfolgt mit Hilfe der Triangulati-on24 verschiedener Forschungsmethoden. Dies liegt zum einen darin begründet,dass die Fallbeispiele aus verschiedenen Kontexten stammen und daher nicht aufeine einheitliche Datenbasis zurück gegriffen werden konnte. Zum anderen er-laubt die Kombination von unterschiedlichen Erhebungsverfahren die Betrach-tung der Fallbeispiele aus verschiedenen Perspektiven. Dies ermöglicht die Un-tersuchung sowohl des zumeist schriftlich dokumentierten Endergebnisses derPlanungsphase als auch eine separate Betrachtung der Prozesse, die zum doku-mentierten Endergebnis geführt haben. Hierdurch kann aufgezeigt werden, wieeinerseits Maßnahmen zur Gestaltung von Lernen auf allen Ebenen der Organi-sation gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden, sondern andererseits auchder Entwicklungsprozess selbst zu einem Lernprozess werden kann. Im Folgen-den werden die verwendeten Methoden (Tabelle 27) kurz dargestellt.

7.3.2 Dokumentenanalyse

Die Dokumentenanalyse ist in der geisteswissenschaftlichen Forschung weitverbreitet (vgl. Platt 1981; Prior 2003). Sie findet immer dann Anwendung, wennvorhandenes Datenmaterial vorliegt und aus diesen Erkenntnisse zum Untersu-chungsgegenstand gewonnen werden sollen. Es können insgesamt vier Anforde-rungen grundsätzlicher Art an die zu analysierenden Dokumente formuliert wer-den:1. Authentizität der Daten,2. Glaubwürdigkeit des Materials,3. Repräsentativität der Auswahl aus großen Datenmengen,

24 Denzin (1970: 300ff) typologisiert die Triangulation in Datentriangulation, Forschertriangulation,Theorietriangulation und Methodentriangulation. Die Methodentriangulation ist dabei dieVerbreiteste (Flick 2004: 10)

Page 197: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 197

4. Bedeutung der Daten zur Beantwortung der Forschungsfrage (Scott & Mor-rison 2006: 76).

FallbeispielI

FallbeispielII

FallbeispielIII

Dokumentenanalyse X X X

Problemzentriertes Interview X

Experteninterview X

Dialogische Introspektion X

Tabelle 27: Übersicht über die Datenerhebungsmethoden der drei Fallbeispiele

7.3.3 Das problemzentrierte Interview

Das Problemzentrierte Interview stellt eine Gratwanderung zwischen induktivemund deduktivem Vorgehen dar. Einerseits gehen die Forschenden mit einemtheoretisch-wissenschaftlichen Vorverständnis in die Befragung, doch anderer-seits sind die Aussagen der Interviewten grundlegend für die Weiterentwicklungdieses Vorverständnisses. Aus diesem Grunde wird das Vorverständnis auchnicht in das Interview eingebracht, um die Befragten nicht zu beeinflussen. ImAnschluss an eine einleitende Eingrenzung des Problembereichs der Befragungwird durch die Interviewer der narrative Teil des Interviews durch einige offeneFragen angeregt. Ziel ist es, möglichst genau die Darstellungen nachzuvollzie-hen, was durch Zurückspiegelung der Ausführungen, Verständnisfragen oder derKonfrontation mit Brüchen erfolgen kann. Abschließend werden noch nichtbesprochene Themenbereiche des Forschungsgegenstands durch weiteres Nach-fragen behandelt (Witzel 2000).

Im Fallbeispiel I fokussierte das Interview die Frage der aktuellen Gestaltung derKompetenzentwicklung im Institut. Einleitend erläuterte der verantwortlicheOberingenieur die Situation im Institut, zeigte auf, welche Elemente derzeitAnwendung finden und welche Probleme und Schwachstellen gesehen wurden.Auf Nachfrage wurden einzelne Aspekte vertieft. Das Gespräch wurde protokol-liert und im Nachgang durch den Interviewten ergänzt und bestätigt.

Page 198: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel198

7.3.4 Das Experten- und Expertinneninterview

Das Experten- und Expertinneninterview ist in der Regel ein leitfadengestütztesoffenes Interview, bei dem man im Vorfeld zentrale Fragestellung zur Strukturie-rung des Verlaufs entwirft, welche aber flexibel und nicht standardisiert einge-setzt werden, da der Forschende offen ist für die Themen und Inhalte, welchevom Experten bzw. der Expertin eingebracht werden. Die Abgrenzung zwischenExperten und Laien ist dabei nicht immer einfach. Grundsätzlich gibt es keinegenauen Vorgaben zur Auswahl der Experten, der entscheidende Punkt ist je-doch die Expertise hinsichtlich der Untersuchungsfrage. Dieses Sonderwissen isthäufig an sozial institutionalisierte Rollen gebunden und häufig wird der Expertedabei als Repräsentant einer bestimmten Gruppe betrachtet (Liebold & Trinczek2005).

Im Fallbeispiel II wurde ergänzend zu den Dokumenten die Leiterin der sog.Cross Sectional Processes per Telefon auf Grundlage der leitenden Forschungs-fragen des Kapitels sowie zur Umsetzung und zu Hindernissen und Erfolgsfakto-ren befragt. Die im Fallbeispiel II dokumentierten Ergebnisse des Interviews alsauch der Dokumentenanalyse wurden von zwei weiteren verantwortlichen Mit-arbeitenden gegengelesen, die Ausführungen ergänzt sowie die Richtigkeit bestä-tigt.

7.3.5 Dialogische Introspektion

Die Methode der Introspektion ist eine Technik, die häufig auch im Alltag zufinden ist: Menschen schreiben beispielsweise Tagebücher oder sie erzählenanderen von ihrem inneren Erleben. Die Methode der dialogischenInstrospektion ist eine Weiterentwicklung dieser Alltagsintrospektion. Sie syste-matisiert und trennt die Selbstbeobachtung und die Analyse und verschränktdabei den Selbst- mit einem Fremddialog. Die Basismethodologie der Introspek-tion ist heuristisch:− Die Forschungsperson soll neuen Konzepten gegenüber offen sein und ihr

Vorverständnis ändern, wenn die Daten dem entgegenstehen.− Der Forschungsgegenstand ist vorläufig und kann sich während des For-

schungsprozesses ändern.− Die Datensammlung soll unter dem Gesichtspunkt der maximalen strukturel-

len Variation erfolgen− Die Analyse geschieht immer in Richtung auf Gemeinsamkeiten (Kleining &

Witt 2000).

Die Dokumentation erfolgt durch Verbalisierung, Verschriftlichung oder nicht-sprachliche Artefakte. Die Verschränkung von Selbst- und Fremddialog erfolgt

Page 199: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 199

in der Gruppe, wo das von jedem einzelnen beobachtete Erleben der Gruppemitgeteilt wird

„In der Verschränkung von Selbst- und Fremddialog kontrastiert derIntrospektionsbericht anderer mit der eigenen Erinnerung, vervoll-ständigt, akzentuiert oder differenziert sie. Der Einzelne kann sichdurch die Berichte anderer an Aspekte seines Erlebens erinnern, dieer vergessen hatte oder für unwichtig oder zu schwierig für einesprachliche Darstellung gehalten hat. Er kann auch dazu anregt wer-den, sein Erleben mit einer weiteren Perspektive zu betrachten undsich Auslöser oder Hintergründe vergegenwärtigen. (Burkart 2000)“

Der Zeitabstand zwischen Erleben und Selbstbeobachtung zeigt ein Kontinuumzwischen Introspektion- und Retrospektion auf und das methodische Vorgehenkann die Einheit von Retro- und Introspektion befördern, indem zu verschiede-nen Zeitpunkten die Beobachtungen durchgeführt werden. Die dialogische In-trospektion ist ein Verfahren, was sich gerade bei komplexen Fragestellungenund Analysen der Praxis zur Anwendung kommen kann.

Im Fallbeispiel III wurde durch den verantwortlichen Prozessbegleiter der Ent-wicklungsprozess reflektiert und in Form eines Präsentationsprotokolls aufberei-tet. Die Ergebnisse wurden auf einem Workshop mit anderen Prozessbeteiligtenpräsentiert und durch deren Selbstbeobachtungen ergänzt. Die Ergebnisse diesesWorkshops wurden in einem Folgeworkshop durch einen weiteren Vortrag ge-bündelt und dokumentiert. Die in dieser Arbeit vorgenommene zusammenfas-sende Darstellung wurde vom verantwortlichen Prozessbegleiter autorisiert.

7.4 Fallbeispiel I: Institut/ Lehrstuhl

7.4.1 Charakterisierung

Bei dem in diesem Fallbeispiel betrachteten Institut handelt es sich um eine tradi-tionsreiche Forschungseinrichtung der RWTH Aachen in der Fakultät für Ma-schinenwesen. Geleitet wird das Institut von einem Lehrstuhlinhaber. Unterstütztwird er dabei von drei Oberingenieuren, welche jeweils verantwortlich zwei derinsgesamt sechs Arbeitsbereiche leiten. Die Arbeitsbereiche haben jeweils einenGruppenleiter und ca. 3-10 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Insgesamt arbeiten rund 45 Doktorandinnen und Doktoranden auf vollen wissen-schaftlichen Mitarbeiterstellen, ca. 7 Techniker und Mechaniker, ca. 7 Auszubil-dende und drei Verwaltungsangestellte am Institut. Das Institut hat die For-schungslinie für die mittel- und langfristige Zukunft festgelegt. Zu ihrer Realisie-rung ist auch die Anschaffung neuer Maschinen notwendig, für deren Nutzungdie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult werden müssen. Die tägliche Ar-

Page 200: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel200

beit umfasst den üblichen Auftrag aus Forschung, Lehre und Weiterbildung.Besonderen Wert legt das Institut auf eine enge Verzahnung mit der Industriedurch die kooperativen Entwicklung von Erkenntnissen und Methoden.

Ausgangspunkt der Analyse war ein problembasiertes Interview, welches denaktuellen Stand der Personalentwicklung des Instituts beleuchtete. Die Einord-nung in die Analysematrix zeigte dabei deutliche Lücken, gerade bei der gemein-samen Gestaltung handlungsorientierter Lernprozesse. Ein Berater und die Betei-ligten erarbeiteten gemeinsam ergänzende Elemente, welche die Vielfalt derbestehenden Elemente nutzt, diese optimiert und durch neue Lern- und Reflexi-onsformen ergänzt.

7.4.2 Lern- und Reflexionsmethoden

Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts müssen sich je nach Wis-sensstand in die Basisliteratur des Instituts einarbeiten. Wer die Vorlesungen desInstituts noch nicht besucht hat, holt dies zu Beginn seiner Beschäftigungszeitnach. Das Institut bietet regelmäßig vier Industrieseminare an. Der Besuch andiesen Seminaren durch die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findet nurvereinzelt statt. Die Industrieseminare enthalten in Teilen Inhalte der Vorlesun-gen, so dass eine Teilnahme für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Sichtder Führungskräfte zum Teil nicht notwendig ist. Bei Bedarf können vereinzelteMitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch an externen Seminaren teilnehmen. AusInstitutssicht werden folgende Kompetenzanforderungen als wesentlich be-schrieben:− Wissenschaftliches Arbeiten, Schreiben und Publizieren,− Präsentationstraining,− Umgang mit Industriepartnern,− Akquise,− Telefontraining in Englisch sowie− Projektmanagement.

Zur Vorbereitung der Dissertation finden zwischen den Doktoranden und demProfessor halbjährliche Dissertationsgespräche statt. Bei diesen Gesprächen wirdauch die Balance zwischen Tätigkeit im Projekt und der Arbeit an der Dissertati-on besprochen. An dieser Besprechung nimmt der jeweilige Oberingenieur teil.Mitarbeitergespräche zwischen Professor und Oberingenieuren finden tendenzi-ell eher zwischen „Tür und Angel“ statt und betreffen vorrangig die praktischeArbeitsorganisation. Projekte sind in der Regel klar einer Arbeitsgruppe zuge-ordnet, da sie fachlich meistens weit auseinander liegen. Sollten einmal mehrereGruppen in einem Projekt involviert sein, so gibt es eine klare Trennung derArbeitspakete. Zu den Leitungsaufgaben der Oberingenieure gehört die Perso-

Page 201: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 201

nalentwicklung als auch die Budgetverwaltung. Der Abgleich der Planungenerfolgt im wöchentlichen „Jour Fix“. Immer montags treffen sich hierzu zu-nächst die Gruppenleiter mit den Oberingenieuren und dem Professor. Anschlie-ßend folgt eine Besprechung zwischen Oberingenieuren und Professor. Ab-schließend wird die Runde erweitert um einen Werkstattleiter, einen Vertreterder Verwaltung und einen Vertreter aus der einer weiteren Werkstatthalle desInstituts. Gruppenmeetings finden wöchentlich bis 14-tägig statt und dienen derarbeitsbezogenen Absprache zwischen den Gruppenmitgliedern. Jeden Montagum 8.30 Uhr findet das Institutsseminar statt, in dem alle wissenschaftlichenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen kommen und sich ihre Forschungs-ergebnisse vorstellen. Alle Promovierenden tragen in dem Seminar einmal jähr-lich vor. Manchmal wird in diesem Seminar auch ein Probevortrag gehalten.Einmal jährlich findet ein Vortrag des Professors vor allen Mitarbeiterinnen undMitarbeitern statt, in dem die strategische Ausrichtung und Vorgehensweisenvorgestellt werden. Zu den informellen Treffen gehören der einmal jährlich statt-findende Betriebsausflug und die Weihnachtsfeier. Darüber hinaus findet zwei-mal im Jahr ein abendliches Treffen der jeweiligen Arbeitsgruppen statt, an derauch die studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen.

Die Analyse zeigte, dass die eingesetzten Maßnahmen vorrangig auf die Reflexi-on der konkreten aktuellen Arbeitsprozesse ausgerichtet sind bzw. der individu-ellen Kompetenzentwicklung dienen. Auch die strategische Ausrichtung desInstituts wird als individuelle Einzelreflexion in die Organisation hineingetragen.Allein die Industrieseminare können als Vermittlung von institutsnahem Fach-wissen auf der Netzwerkebene eingeordnet werden. Diese Seminare werdenjedoch nicht zur Entwicklung der eigenen Organisation eingesetzt und dienenallein der Wissensdistribution. Der Schwerpunkt der Neugestaltung der Kompe-tenzentwicklung am Institut war daher, die analysierten Lücken zu schließen undin die bestehenden Elemente verstärkt reflexive Anteile einzubauen. Geradeletztere sollten die Schnittstelle zwischen Wissenschaftlern- und Werkstattmitar-beitern, welche als „schwierig“ bezeichnet wurde, durch gemeinsame Wissens-entwicklung optimieren. Im folgenden Abschnitt erfolgt eine Darstellung derdurch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts und Berater entwickeltenGestaltungselemente:

Das praktizierte Jour Fix ist von Redundanzen geprägt. Hier soll eine klareTrennung vorgenommen werden. Ein Treffen zwischen Oberingenieuren undProfessor als Leitungsebene des Instituts wird ergänzt durch eine um die Grup-pen- und Werkstattleiter erweiterte Runde. Damit ist gewährleistet, dass dieWerkstattleiter in die Gesamtprozesse des Instituts stärker eingebunden sind, umso die Verknüpfung als auch das Verständnis zwischen Wissenschaftlern undWerkstattmitarbeitern zu fördern. Das Institutsseminar diente zum Erhebungs-

Page 202: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel202

zeitpunkt der Präsentation von Dissertationen. Hier soll ein qualifiziertes Feed-back zur Präsentation einerseits eine individuelle Rückmeldung zum Inhalt alsauch zur Präsentation selbst geben und andererseits Standards vermittelt werden.Des Weiteren kann das Institutsseminar dazu genutzt werden, um hausinterneProjekte vorzustellen, um von Tagungen zu berichten oder um institutsübergrei-fende Themen zu diskutieren. Die Verankerung dieser methodischen Elementeerhöht die Quervernetzung im Institut und macht Schnittstellen der Bereichedeutlich, so dass bereichsübergreifende Kooperationen und Lernprozesse ange-regt werden. Bisher war die Strategie ausschließlich Chefsache, was in einemjährlichen Vortrag über zukünftige Strategien mündete. Neben dem wöchentli-chen Jour Fix zur Besprechung der laufenden Geschäfte soll ein Strategietag dielangfristige Ausrichtung unter Einbezug der Führungskräfte des Instituts auf einebreite Basis stellen. Gruppenstrategietage ergänzen dies hinsichtlich der Aus-richtung in den Arbeitsgruppen. Die einzelnen Projekte sollen das reguläre Pro-jektcontrolling mit der Selbstevaluation von Prozessen und Abläufen kombinie-ren. Dies gilt insbesondere auch für Verbundprojekte. Hierdurch soll erreichtwerden, dass zum einen die individuellen Erfahrungen systematisiert ausgewertetwerden und in der Kombination mit den Erfahrungen der anderen Beteiligtengemeinsam die Qualität gesteigert wird. Die Ergebnisse der Selbstbewertungsollen darüber hinaus in ein internes Projektmanagement- und Akquisetraining,welches neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die spezifisch auf die Instituts-kultur basierenden Techniken und Methoden einführt, übertragen werden undsomit langfristig die Qualität des Projektmanagements des Instituts erhöhen. Alsein weiteres Element sollen die angebotenen externen Seminare und Worksshopsverstärkt zur gemeinsamen Wissensproduktion in Netzwerken zwischen derIndustrie und der Hochschule genutzt werden. Neue Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter müssen sich in eine Vielzahl von Prozessen einarbeiten. Ein Patenmodellsoll den Einstieg in den Arbeitsalltag erleichtern, indem es neben den Büronach-barn eine weitere zentrale Ansprechperson zur Verfügung stellt. Genau so sollenbei jeder neuen größeren Aufgabe Erfahrungsträger mit Anfängern gekoppeltwerden. Dabei übernehmen die Erfahrenen die Rolle eines Mentors, so dassjederzeit ein Ansprechpartner zur Verfügung steht bzw. zu regelmäßigen Zeit-punkten der Anfänger seine geleistete Arbeit überdenken muss. Beide arbeitsbe-gleitenden Methoden leisten einen Beitrag zur Förderung des Erfahrungstransfersund helfen langfristig die hohe Qualität der Prozesse zu sichern. Das Mitarbei-tergespräch, als zentrales Element der Mitarbeiterführung, soll das Doktoran-dencoaching als die inhaltliche Besprechung zwischen Promovierenden undDoktorvater ergänzen und für alle wissenschaftlichen und nichtwissenschaftli-chen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch die direkte Führungskraft, also dendrei Oberingenieuren, gewährleistet werden. In den Werkstätten kann das Mitar-beitergespräch auch im Tandem von Werkstattleiter und Oberingenieur durchge-

Page 203: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 203

führt werden. Die protokollierten Ergebnisse dienen als Grundlage für die konti-nuierliche Entwicklung und damit als Grundlage für das kommende Gespräch.Externe Trainings ergänzen individuell das interne Angebot und sorgen für einenErfahrungsaustausch über das Institut hinaus. Der Besuch von Seminaren wird inder Regel individuell mit der verantwortlichen Führungskraft abgesprochen undsollte Bestandteil des Mitarbeitergesprächs sein.

Abbildung 38 zeigt die eingesetzten Lern- und Reflexionsmethoden zum Zeit-punkt der Befragung und die geplanten ergänzenden Elemente nach dem Bera-tungsprozess.

Abbildung 38: Gestaltungselemente im Fallbeispiel I

7.4.3 Koevolutive Entwicklung

Die Bestandsaufnahme zeigt, dass das Institut vor der Beratung vor allem Gestal-tungselemente der Arbeitsorganisation mit schwachen reflexiven Anteilen alsauch der individuellen Kompetenzentwicklung anwendete. In der Beratung wur-de deutlich, dass diese Methoden effektiver genutzt werden können. So wurdensie darauf hin analysiert, inwieweit sie mit überschaubarem Aufwand in ihrerForm verändert werden können um die Quervernetzung zu optimieren und umnachhaltiges Lernen sowohl des Instituts als auch jeder Mitarbeiterin und jedesMitarbeiters zu befördern. Die zusätzlichen Elemente ergänzen die so optimier-

Erfahrungsreflektierendes Lernen Handlungsgenerierendes Lernen

ErfahrungsebeneReflexionsebene(Reflexion der

Einzelerfahrungen)

Modellebene(erfahrungs-

basiertes Modell)

Handlungsebene 2(bewussteHandlung)

Reflexionsebene 2(Generalisierung

derEinzelerfahrungen)

Modellebene 2(generalisiertes

Modell)

NetzwerkLernen:Andere

Universitäten,Industrie

N 1 N 2 N 3 N 4 N 5 N 6

OrganisationalesLernen:Institut

O 1 O 2 O 3 O 4 O 5 O 6

Gruppenlernen:Abteilungen,Gruppen

G 1 G 2 G 3 G 4 G 5 G 6

IndividuellesLernen

I 1 I 2 I 3 I 4 I 5 I 6

InternesPM- und Akquise

Training

Jour FixInstitutsseminar

Gruppen-besprechung

Instituts-strategietag

Gruppen-strategietag

InformelleVeranstaltungen

Selbstevaluation/Lessons Learned

Externe SeminareundWorkshops

Netzwerkeva-luation/ Lesson

Learned

Doktoranden-coaching

Mentoring Patenschaften

Mitarbeiter-gespräch

Literatur/ Besuchvon Basis-seminarenExterne

Trainings

IST-Zustand ErgänzenderSOLL-Zustand

Institutsseminar

Strategievortrag

Page 204: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel204

ten Angebote insbesondere im Bereich des handlungsorientierten kollektivenLernens. Besonders der Einsatz von Lessons Learned auf Projekt- und Gruppen-ebene soll die strukturierte Entwicklung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternund der Projektarbeit des Instituts befördern.

7.4.4 Unterstützungsstrukturen

Ausgangspunkt der Beratung war die schlichte Anfrage eines Oberingenieurs obman ihn unterstützen könne, denn er habe die Aufgabe übernommen, sich um diePersonalentwicklung zu kümmern. Da dies für ihn vollkommenes Neuland seiund der Vorgänger schon seit geraumer Zeit die Aufgabe nicht mehr ausgefüllthabe, stehe er nun vor der Frage, wo er denn ansetzen könne, denn „bis auf daseigenwillige Verhalten des ein oder anderen Werkstattmitarbeiters sei es weitge-hend normal und es laufe ganz rund“. Schon das problemzentrierte Interview,welche ungefähr 1 ½ Stunden dauerte, machte ihm, insbesondere durch dieNachfragen, bewusst, dass es doch mehr ein grundlegendes Problem mit derKommunikation und Quervernetzung gab. Diese Einsichten blieben zunächstunkommentiert, wurden aber im zweiten Schritt Leitlinie für die Reorganisation.Die Systematisierung der eingesetzten Lern- und Reflexionsmethoden und dieDarstellung in der Matrix verdeutlichten anschaulich, welche Lücken zu schlie-ßen waren. Im weiteren Verlauf des Beratungsprozesses konnten nach diesemAha-Erlebnis recht schnell verschiedenste Optionen herausgearbeitet werden, diedas bestehende Angebot optimiert und ergänzende Elemente hinzufügt. Ohne dieStrukturierungshilfe und ohne moderative Unterstützung wäre die Maßnahmen-ableitung deutlich beschränkter ausgefallen. Die beteiligten Personen hätten vonsich aus die Arbeitsorganisation optimiert und die erfahrungsorientierte individu-elle Kompetenzentwicklung in den Fokus gerückt. Handlungsorientiertes undstrategisches Lernen auf allen Ebenen der Organisation wären kaum Bestandteilder Reorganisation geworden.

7.4.5 Arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung

Schlüssel für eine arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung aufEbene des Instituts ist die Verankerung des strukturierten Mitarbeitergesprächs.Ohne dieses Basiselement ist eine zielgerichtete Förderung der individuellenEntwicklungsbedarfe nicht zu leisten. Im Fallbeispiel wird daher die bis zu die-sem Zeitpunkt eher fachlich auf die Dissertation bezogenen Gespräche zwischenProfessor und wissenschaftlichem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheidendum eine explizite Betrachtung der Zusammenarbeit und Entwicklungsbedarfe mitder direkten Führungskraft ergänzt. Hier werden die Arbeitsprozesse genauerbeleuchtet, hinterfragt und zukünftige Entwicklungsperspektiven gemeinsamabgeleitet. Gerade in der Anfangszeit eines neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-

Page 205: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 205

ters werden die Arbeitsprozesse von einem Paten begleitet, der die regelmäßigeaber auch die ad-hoc Reflexion unterstützen soll. Später wird diese Rolle durchden Mentor übernommen. Im Prozess der Arbeit werden vor allem in der Pro-jektarbeit gezielt regelmäßige Prozessreviews verankert. Zum einen in denGruppenbesprechungen aber auch durch gezielte Selbstreflexionen und LessonsLearned Workshops werden die Zusammenarbeit und das Projektmanagementbetrachtet sowie gemeinsam Modelle des kollektiven Handelns optimiert. Umdie Ergebnisse nachhaltig zu implementieren, wird der Transfer zudem durcheinen separaten Workshop unterstützt.

7.4.6 Schlussfolgerungen

Das Institut verfügte über vielfältige Maßnahmen, die für eine strategisch ausge-richtete Kompetenzentwicklung genutzt werden konnten. Die bis zum Erhe-bungszeitpunkt eingesetzten Gestaltungselemente richten sich vorrangig auf dieindividuelle Kompetenzentwicklung und die Arbeitsorganisation. Das Fallbei-spiel zeigte, dass die strukturierte Verknüpfung individueller und organisationa-ler Entwicklungsbedarfe möglich ist (A1-07), beispielsweise durch die Kombina-tion von Selbstevaluation und der Einrichtung eines Projekt- undAkquiseworkshops, indem Erfahrungswissen systematisiert und als Handlungs-anleitung für Folgeprozesse aufbereitet wird. Die Selbstevaluation auf der Pro-jekt- und der Netzwerkebene schafft einen Kontext, in der individuelles als auchkollektives Lernen erfolgen (C1-07) und aus den Erfahrungen anderer Organisa-tionen gelernt werden kann (C2-09). Letzteres erfolgt auch in den extern angebo-tenen Seminaren und Workshops. Diese können gezielt genutzt werden, umWissen von außen in die Organisation zu holen oder im Verbund gemeinsamWissen zu generieren. Der strategische Wandel wird durch die Strategietage vonder Ebene der Leitung des Instituts in das Institut hineingetragen. Dies bewirkt,dass strategischer Wandel sich nicht allein in wohlwollenden Hochglanzpräsen-tationen erschöpft, sondern Teil eines jeden Mitarbeitenden wird (D1-04). Einbesonderer Schwerpunkt liegt hier bei der Stärkung der Verantwortung allerFührungskräfte, insbesondere der Oberingenieure, denen die Aufgabe zufällt,strategische Entwicklung zu befördern (D1-05) und individuelles Lernen undorganisationale Entwicklung, beispielsweise in den Mitarbeitergesprächen, abzu-gleichen (D1-01). Es zeigte sich im Verlauf der Beratung auch, dass die dezent-rale Kompetenzentwicklung der Unterstützung bedarf (D2-03). Die verantwortli-chen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben selten die notwendigen Kompeten-zen erworben, um professionell eine Reorganisation vorzunehmen. Vielfachfehlen ihnen hierzu auch die Ansatzpunkte, da sich aufgrund der Spezifik derOrganisationseinheit Konzepte nicht einfach eins zu eins von einem Institut aufdas andere übertragen lassen. Insbesondere wenn man die Arbeitsprozesse effek-

Page 206: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel206

tiv für das Lernen nutzen möchte, bedarf es der individuellen Anpassung vonMethoden und Modellen. Hierzu ist in der Regel externe Unterstützung nötig, diehilft Bestehendes zu analysieren und zu systematisieren sowie dabei hilft, mode-rativ die gemeinsame Zielentwicklung und Maßnahmenplanung zu gestalten.

7.5 Fallbeispiel II: Fakultät/ Exzellenzcluster

7.5.1 Charakterisierung

Im Rahmen der Exzellenzinitiative, die von der Bundesregierung und den Län-dern in den letzten Jahren initiiert wurde, erhielt die RWTH Aachen den Zu-schlag zur Gründung von drei Exzellenzclustern, welche zunächst für fünf Jahregefördert werden. Einer davon ist der Exzellenz-cluster Integrative Produktions-technik für Hochlohnländer, welcher im Jahr 2006 seine Arbeit aufgenommenhat. Die Zielsetzung des Exzellenzclusters liegt in der Steigerung der Konkur-renzfähigkeit des Hochlohnstandorts Deutschland, die anhand von Entwicklun-gen zukunftsfähiger und nachhaltiger Produktionstechniken wie auch neuer Me-thoden der Arbeitsorganisation ermöglicht werden soll. Hierzu wurden vierHandlungsfelder identifiziert:− Individualisierte Produktion,− Virtuelle Produktionssysteme,− Hybride Produktionssysteme und− Selbstoptimierende Produktionssysteme (Dok. II 225).

Der Exzellenzcluster ist ein Zusammenschluss von insgesamt 19 Lehrstühlenund 7 An-Instituten der Werkstoff- und Produktionstechnik der RWTH Aachen.Insgesamt arbeiten mehr als 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 17 Ein-zelprojekten der vier Teilbereiche als auch im Projektmanagement und in denQuerschnittsaufgaben. (Dok. II 126)

Die „Cross Sectional Processes (CSP) stellen eine von zwei übergeordnetenIntegrative Cluster Domains (ICD) des „Aachen House of Integrative Producti-on“ dar. Sie umfassen Maßnahmen zur Unterstützung des Cluster-Managementsin den Bereichen Strategy, Controlling, Scientific Networking, Education,Lifelong Learning und Gender, um die geforderte Erstellung einer ganzheitlichenLösung zu befördern. So sollen Methoden, Modelle und Technologien für dieGestaltung und Optimierung wissensintensiver Organisationen entwickelt undeingesetzt werden. Ziele der CSP sind:

25 Dok. II-2: Vollantrag des Excellenclusters26 Dok. II-1: Angaben der Internetseite http://www.production-research.de

Page 207: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 207

− Effiziente Vernetzung und Transparenz der wissenschaftlichen Prozesse imExzellenzcluster,

− Schaffung eines Handlungsrahmens für das Clustermanagement zur Verbesse-rung der Cluster-Performance,

− Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit im Exzellenzcluster,− Anstoß organisationsinterner Lernprozesse durch Reflexion der Netzwerkar-

beit,− Generierung eines Anwendungsmodells für komplexe, hochvernetzte wissen-

schaftliche Clustervorhaben (Dok. II 327).

Zur Erreichung dieser Ziele werden eine Vielzahl von Instrumenten eingesetzt,welche den Ebenen „Knowlege Organisation“, „Research Organisation“, „Com-munication“ und „Knowledge Output“ zugeordnet wurden (Abbildung 39). DieMaßnahmen werden iterativ implementiert, die Ergebnisse evaluiert und aufGrundlage der Ergebnisse neue passgenaue Maßnahmenpakete beschlossen.Zentral ist dabei die Performance Messung, welche durch den Einsatz einerBalanced-Scorecard realisiert wird (Dok. II 3).

Abbildung 39: Geplante Maßnahmen des Cross Sectional Processes (Dok. II 3)

27 Dok. II 3: Vortrag für das Industrial Advisory Board am 11.2.2009

KnowledgeOrganisation

ResearchOrganisation

Communication

KnowledgeOutput

InternerWissenstransfer

Performance Messung

Strategieentwicklung

Communities ofPractice

ClusterkonferenzenWissensplattformen

Integrierte Disser-tationsbetreuung

Summer Schools

Trainee Programmefür das Cluster

Doktorandencoaching

„Fit-Programm“

StudentischeForschungsvorhaben

Wiss. Kolloquien

StudentischeFachtagungen

LLL-Seminarangebote

Gender StrategyDevelopment

Familie und Beruf(Quer und

Wiedereinstieg)

Diversity-Teams

Einbindung vonSchülerinnen

Wissensmanagement-systeme

Expertenlandkarte

AustauschprogrammefürWissenschaftler

Kunden-Forscher-Workshop

PublikationsreiheReviewmechanismen

Literaturdatenbank

Knowledgeand

TechnologyTransfer

ScientificCo-operation

Education andLifelong Learning

EqualOpportunitiesand

DiversityManagement

InternationaleIndustriearbeitskreise

Page 208: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel208

7.5.2 Lern- und Reflexionsmethoden

Im Folgenden werden die geplanten Maßnahmen der „Cross SectionalProcesses“ genauer betrachtet, um sie der in Abbildung 20 vorgestellten Reflexi-onsmatrix arbeitsbegleitenden Lernens zuordnen zu können. Aufgrund der Viel-zahl können die einzelnen Methoden nicht alle ausführlich innerhalb dieser Ar-beit vorgestellt werden. Einige Methoden sind jedoch von zentraler Bedeutungbzw. erklärungsbedürftig. Hier wird die Darstellung näher darauf eingehen. Ne-ben der individuellen Ebene (I) wird für dieses Fallbeispiel die Gruppenebenedurch die Handlungsfelder und die ihnen zugeordneten Einzelprojekte definiert(G). Die Organisationsebene ist in diesem Fall der Gesamtcluster auf Fakultäts-ebene (O), während die RWTH als Gesamtorganisation, andere Universitätenund Industriepartner zur engeren und weiteren Umwelt gerechnet werden (N).

Ein Trainee Programm mit Job Rotation kann den Einstieg in den Cluster er-leichtern, indem es einen Überblick über die aktuellen Aktivitäten verschafft undpersönliche Bekanntschaften als Grundlage späterer Kooperationen im Clusterermöglicht (Dok II 628; Ebene I I). Das individuelle Doktorandencoaching ver-hilft den Promovierenden auf Basis ihrer Tätigkeit bei der Themenfindung undder Strukturierung der wissenschaftlichen Arbeit (Dok. II 529). Die interdiszipli-näre Zusammensetzung unterstützt zudem die disziplinübergreifende For-schungsarbeit im Cluster (Ebene I I). Darüber hinaus werden Seminare angebo-ten („Fit-Programm“), welche durch Nutzerbefragungen bedarfsgerecht zusam-mengestellt wurden (Dok. II 5; Ebene I I). Die Vertiefung und systematischeWeiterentwicklung auf der individuellen Ebene (Ebene I II) kann durch regelmä-ßige Doktorandenkolloquien gefördert werden, indem Doktoranden über ihreVorhaben und Fortschritte berichten und Feedback aus dem interdisziplinärenTeilnehmendenkreis erhalten (Dok. II 5). Ein weiteres Gestaltungselement sindinternationale Austauschprogramme, die helfen sollen, durch die Nutzung derunterschiedlichen kulturellen Vorgehensweisen das eigene Handeln (Ebene I II)bzw. auch das Handeln der beteiligten Akteure (Ebene G II) zu hinterfragen undzu optimieren. Hierzu wird versucht, im Cluster tätige Wissenschaftler zu entlei-hen und gezielt versucht, internationale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieArbeit zu integrieren (Dok II 2).

Die Ebene der Gruppe ist vor allem durch die gemeinsame Arbeit in den Projek-ten geprägt. Hier finden regelmäßig Projektmeetings statt, welche vorrangig dieTätigkeiten koordinieren aber darüber hinaus an Controllingterminen genutzt

28 Dok. II 6: Interne Beschreibung der Einzelelemente zur Vorbreitung der Antragstellung (Februar2006)

29 Dok. II 5: Interne Entscheidungsvorlage des Exzellenzclusters vom 28.11.2008

Page 209: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 209

werden, Ergebnisse vorzustellen, zu diskutieren und weiterzuentwickeln (EbeneG I/II). Ein weiterer Baustein ist die bewusste Reflexion der Ergebnisse inLessons Learned Workshops, welche das Ziel verfolgen die Prozesse zu optimie-ren (Ebene G II). Um die notwendigen Informationen der Projekte zu bündeln,Arbeitsergebnisse abzugleichen und Kooperationen zu erleichtern finden regel-mäßige Clustertreffen (ICD Meetings) statt (G I), welche im Vergleich zur Voll-versammlung als zielführender bezeichnet werden (Dok. II 9).

Die Vollversammlung bildet das Pendant zu den Clustertreffen auf der Gesamt-organisationsebene. In ihr werden die erreichten Ergebnisse zwischen allen betei-ligten Akteuren diskutiert (Dok. II 830). Sie dient vorrangig dem Erfahrungsaus-tausch und nicht der Generierung gemeinsamer Handlungsoptionen (Ebene O I).Ein weiteres Gestaltungselement sind die Summerschools. Sie sollen auf derinhaltlichen Ebene dafür Sorge tragen, dass Wissen von außen die Ergebnissedes Clusters bereichern. Sie sollen als Auslöser dafür dienen, dass Lern- undEntwicklungsprozesse weiter befördert werden (Ebene O II).

Um einen Gesamteindruck zum Leistungsverhalten des Clusters zu bekommensowie die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den zahlreichen Einzelpro-jekten zu fördern, kontinuierlich zu bewerten und bei Bedarf den Akteuren Ver-besserungsmöglichkeiten aufzuzeigen, wird zur Performance Messung eine mo-difizierte Balanced-Scorecard (BSC) zur Bewertung der Wissensmanagement-Performance eingesetzt. Die jährliche Erhebung unter allen Beteiligten soll dieClusterperformance analysieren und mit ihr Schwachstellen der Kommunikation,Kooperation und des Informationsflusses aufgedeckt werden. Die Ergebnisse derErhebung dienen dazu, Probleme in der projektinternen und projektübergreifen-den Zusammenarbeit zu erkennen und dem durch Strategieanpassungen entgegenzu wirken. Hierzu werden die Ergebnisse auf allen Ebenen des Exzellenzclustersdiskutiert und gemeinsam Maßnahmen abgeleitet, welche zu einer Verbesserungder Situation führen können (Dok. II 731). Die Strategieentwicklung erfolgt auchin separaten Strategieworkshops mit den beteiligten Professorinnen und Profes-soren, die der Generierung eines einheitlichen Verständnisses für den themati-schen Überbau des Exzellenzclusters und der inhaltlichen Vernetzung der The-menstellungen der Teilbereiche dienen (Dok. II 3). Die Performance Messung,sowie die Strategie entwickelnden Maßnahmen können aufgrund ihrer wieder-holten Anwendung mit dem Ziel der Handlungsoptimierung der Ebene O II zu-geordnet werden. Ein weiterer Baustein dieser Ebene O II ist der interne Wis-

30 Dok. II 8: Konzept der Vollversammlung.31 Dok. II 7: Implementierung des Balanced-Scorecard-Ansatzes im Exzellenzcluster „Integrative

Produktionstechnik für Hochlohnländer“ der RWTH Aachen.

Page 210: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel210

senstransfer, der vor allem über die halbjährlich stattfindenden Mitarbeiterkollo-quien gestaltet wird. Sie dienen der Transparenz der laufenden Forschungs- undArbeitsprozesse, der Stärkung der Identifikation mit der Vision und den Zielendes Exzellenzclusters, der Zielsynchronisation auf den Projektebenen sowie derSchaffung von Synergien über Möglichkeiten der Kooperation (Dok. II 3). ZurFörderung des internen Wissensaustauschs durch Diskussionen, Erfahrungsaus-tausch und Informationstransfer wird zudem eine Collaboration-Plattform einge-setzt, welche durch eine Expertenlandkarte und die Integration von Communitiesof Practice ergänzt werden kann (Dok. II 2; Ebene G I/II und O I/II).

Als Schnittstelle zwischen Organisation und Netzwerk ist der Kunden-ForscherWorkshop, das Scientific-Advisory Board als auch das Industrial Advisory Boardzu betrachten. Sie dienen dazu, einerseits durch ihre Außensicht auf das Projektdie Performance zu bewerten und Handlungsempfehlungen für die Weiterarbeitzu geben (O II) und anderseits ermöglichen sie die gemeinsame vertiefende Be-arbeitung von Forschungsfragen und erlauben damit ein kooperatives Lernen(Ebene N II). Dies erfolgt auch in den internationalen Industriearbeitskreisen,die vollständig der langfristigen gemeinsamen Bearbeitung von inhaltlichenFragestellungen gewidmet sind (Ebene N II). Die gemeinsame Bearbeitung voninhaltlichen Problembereichen wird auch durch Clusterkonferenzen und wissen-schaftliche Kolloquien erreicht. Sie sind jedoch nicht auf Langfristigkeit ange-legt, so dass sie zur erfahrungsbasierten Ebene gehören (Ebene N I).

Die Einordnung in der Analysematrix zeigt, dass im Vergleich zum Fallbeispieldes Instituts insbesondere die organisationale und die Netzwerk Ebene gestärktwurden. Für die nachhaltige strategische Entwicklung des Gesamtverbundeswurden mehrer Gestaltungselemente implementiert, die ein kollektives Reflektie-ren und Lernen unterstützen (Abbildung 40).

7.5.3 Koevolutive Entwicklung

Die Gestaltungselemente sollen zum einen den Wissenstransfer und zum anderendie Kooperation und das gemeinsame Lernen im Cluster anregen. Die Gestal-tungselemente sind im Projekt bewusst so angelegt worden, dass sie die inhaltli-che und strukturelle Weiterentwicklung ermöglichen. Das die Bemühungen derKommunikations- und Kooperationsförderung auf der Gesamtclusterebene keinSelbstzweck sind, zeigt die Auswertung der BSC: Die Bewertung der Frage„Inwiefern nützen Ihnen die wissenschaftlichen Kooperationen innerhalb desGesamtclusters, Ihrer ICD(s) und Projekte für die Inhalte Ihrer Forschungsar-beit?“ fällt bei der zweiten Befragung eindeutig positiver aus als bei der ersten

Page 211: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 211

und landete auf einer Skala von 1-5 im Mittel bei 2.29 (Dok II 932). Ebenso ver-hält es sich bei der Frage der Information über andere Teilbereiche. Die Frage„Wie fühlen Sie sich über Fortschritte und Ergebnisse der Teilprojekte des Ex-zellenzclusters informiert?“ wurde in der zweiten Befragungswelle etwas schwä-cher als nach der Informationsoffensive zu Beginn des Projekts bewertet, abermit einem Mittelwert von 2,51 klar positiv eingeschätzt (Dok II 9). Die koevolu-tive Entwicklung von individuellem Lernen und strategischer Entwicklung er-folgt damit vor allem durch die gezielte Strukturierung der Veranstaltung, dieeinerseits allein der Information dienen kann, andererseits aber auch Lernen undEntwicklung befördern kann. Hierzu werden Unterstützungsstrukturen benötigt,die entsprechendes methodisches Know-How, finanzielle Mittel und Ausdauerzur Reduzierung von Widerständen voraussetzen (Exp.II 133).

Abbildung 40: Gestaltungselemente im Fallbeispiel II

7.5.4 Unterstützungsstrukturen

Der Exzellenzcluster „Produktion“ ist aufgrund seiner Größe mit erheblichenMitteln zur Gestaltung der eigentlichen Forschungsarbeit und der

32 Dok. II 9: Auswertung BSC auf der Vollversammlung des Clusters am 28.4.200933 Exp. II 1: Telefonisches Experteninterview mit Projektleitung der Cross Sectional Processes (ICD

F) am 29.5. 2009.

Erfahrungsreflektierendes Lernen Handlungsgenerierendes Lernen

ErfahrungsebeneReflexionsebene(Reflexion der

Einzelerfahrungen)

Modellebene(erfahrungs-

basiertes Modell)

Handlungsebene 2(bewussteHandlung)

Reflexionsebene 2(Generalisierung

derEinzelerfahrungen)

Modellebene 2(generalisiertes

Modell)

NetzwerkLernen:Andere

Universitäten,Industrie

RWTHAachen

N 1 N 2 N 3 N 4 N 5 N 6

OrganisationalesLernen:

Gesamtcluster

O 1 O 2 O 3 O 4 O 5 O 6

Gruppenlernen:Handlungsfelder,Einzelprojekte

G 1 G 2 G 3 G 4 G 5 G 6

IndividuellesLernen

I 1 I 2 I 3 I 4 I 5 I 6

Mitarbeiter-kolloqium

Vollver-sammlung

Strategie-workshops

TraineeProgramm

Doktoranden-coaching

Seminare

Wissenschaft-liche

Kolloquien

Clustertreffen

Communitiesof Practice

Austausch-programme

LessonsLearned

Cluster-konferenzen

Summer-schools

Int. Industrie-arbeitskreise

Projektmeeting

DoktorandenKolloquien

BalancedScorecard

ScientificAdvisoryBoardKunden-

ForscherWS

IndustrialAdvisoryBoard

Page 212: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel212

Querschnittsfunktionen ausgestattet. Dies ermöglicht die Integration von interna-tionalen Experten durch das Scientific und das Industrial Advisory Board, derGestaltung regelmäßiger strategischer Entwicklungstreffen als auch des Ange-bots von individuellem Training und Coaching. Die strategische Implementie-rung eines Koordinators für die Querschnittsaufgaben stärkt diesen Bereich auchin kritischen Phasen, so dass es nicht dem Alltagsgeschäft durch die gleichzeitigeVerantwortungsbelastung der Cluster- und Projektmanager zum Opfer fällt (Exp.II 1). Dies verweist darauf, dass gerade in Zeiten, in denen die Arbeitsbelastungbesonders hoch ist, auch Widerstände gegen einzelne Maßnahmen bestehen, dadie Umsetzung Zeit kostet und der direkte Mehrwert nicht immer sofort ersicht-lich ist (Exp. II 1). Die Akzeptanz steigt im Verlauf der Arbeit im Forschungs-verbund sukzessiv an. Dies liegt vor allem darin begründet, dass die selbst erleb-ten Schwächen der Zusammenarbeit bei steigender Komplexität für jeden Betei-ligten spürbar werden und eine Verbesserung durch den Einsatz professionellgestalteter Lern- und Reflexionsformen erwartet wird und diese auch eingefor-dert werden. In der konkreten Einschätzung werden die Angebote jedoch häufigaufgrund des erlebten Zeitmangels für die fachliche Arbeit nicht oder nur ungernwahrgenommen. Hier stellt sich grundsätzlich auch die Frage nach anderen For-maten, die sich zeitlich besser in die fachliche Arbeit integrieren lassen (Exp. II1).

Eine frühzeitige strategische Verankerung und Planung der Maßnahmen, sowieeine kontinuierliche Optimierung durch regelmäßige Evaluationszyklen erleich-tert die Implementierung auch gegen mögliche Vorbehalte (Exp. II 1). Die Wis-senschaftler fordern gerade für die weichen Faktoren der Performancebewertungquantifizierbare Daten, an denen die intersubjektive Einschätzung und die Ver-änderung über die Zeit sichtbar werden. Daher ist die Messung von Effekten z.B.durch die verwendete BSC unerlässlich (Exp. II 1). Durch den Einsatz solcherMethoden wird das Vertrauen in die Verantwortlichen gestärkt und die zuvor nurals „Worthülsen“ empfundenen Aussagen zur Effektivität des Einsatzes vonMethoden des Lern- und Wissensmanagements am eigenen Beispiel sichtbargemacht (Exp. II 1).

7.5.5 Arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung

Betrachtet man den Einsatz der dargestellten Lern- und Reflexionsmethoden mitBlick auf die überfachliche Kompetenzentwicklung der Akteure, so wird schnelldeutlich, dass eine Vielzahl von überfachlichen Lernräumen geschaffen wird.Kernelement sind die Prozessunterbrechungen, die in unterschiedlichsten For-men in die Arbeitsprozesse integriert werden und die es erlauben, das eigeneHandeln und das Handeln der anderen Beteiligten zu reflektieren. Die Betrach-tung der Prozesse und des eigenen Beitrags zum Erfolg des gemeinsamen Auf-

Page 213: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 213

trags geschieht auf der Ebene der Organisation vor allem durch den Einsatz derBalanced Score Card und den anschließenden Diskussionen der Ergebnisse so-wie der gemeinsamen Modellbildung in den Mitarbeiterkolloquien und Vollver-sammlungen. Auf der Ebene der Gruppe erfolgt dieses in den Lessons LearnedWorkshops und den Projektmeetings, die die alltägliche Zusammenarbeit fokus-sieren und hinterfragen. Auf der individuellen Ebene werden die Angebote derInstitute vom Exzellenzclusters durch fachliche Begleitung der Dissertationenund durch ein Seminarangebot, welches zielgerichtet einzelne überfachlicheKompetenzbereiche fördert, ergänzt. Schwerpunkt der überfachlichen Kompe-tenzentwicklung sind somit vor allem der soziale Kompetenzbereich, wie Team-fähigkeit, Führungskompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Kooperationskompe-tenz, Reflexionsfähigkeit, aber auch methodische Kompetenzen wie das Mana-gement von Projekten und Netzwerken.

7.5.6 Schlussfolgerungen

Das Fallbeispiel einer Fakultät zeigt, dass die gezielte Verankerung von Lern-und Reflexionsmethoden durchaus möglich ist, die Implementierung jedochzunächst vielfältige Vorbehalte überwinden muss. Die besondere Form des Ex-zellenzclusters führt dazu, dass die beteiligten Organisationseinheiten die Zu-sammenarbeit in der Fakultät als Zusammenarbeit im Netzwerk wahrnehmen, sodass hier dem Management in besonderer Weise Aufmerksamkeit geschenktwerden muss (vgl. auch Kapitel 4.5). Ziel ist es, durch eine kontinuierliche Eva-luation – im Fallbeispiel die Balanced Scorecard – die nicht offensichtlichen undfür viele nicht greifbaren, weichen Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit und desLernens sichtbar und bewertbar zu machen. Die Diskussion der Bewertungser-gebnisse und die gemeinsame Ableitung weiterer Schritte schafft Vertrauen,auch für die Implementierung weiterer Maßnahmen. Insbesondere wenn dieKomplexität im Netzwerk ansteigt, man die auch selbst erlebten negativen Aus-wirkungen in den Evaluationsergebnissen wiedererkennt, steigt der Druck, sichmit Fragen der Zusammenarbeit, der Kommunikation, des Wissenstransfers undder gemeinsamen Entwicklung des Zusammenschlusses auseinanderzusetzten(C2-09). Die Analysematrix hilft die geplanten Maßnahmen zu diskutieren, ihreZielrichtung zu verdeutlichen und sie passgenau auf Grundlage der Erhebungeneinzusetzen oder gemeinsam Alternativen für die einmal geplanten einzelnenElemente zu entwickeln (D1-04). Die implementierten Elemente, wie beispiels-weise die Mitarbeiterkolloquien, verdeutlichen eindrücklich, dass durch die me-thodische Gestaltung sowohl die individuelle Kompetenzentwicklung durch dengemeinsamen inhaltlichen Austausch befördert wird, als auch gleichzeitig auchden organisationalen Entwicklungsbedürfnissen, durch die Zielsynchronisation

Page 214: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel214

und die Stärkung der Identifikation mit Vision und Zielen, nachgegangen wird(A1-07).

Die Verankerung von Lernen auf allen Ebenen der Organisation ist kein Selbst-läufer. Ohne professionelle Unterstützung, so das Ergebnis der Expertenbefra-gung, kann kaum gegen die Widerstände durch die Projektleitung ein Lernenangeregt werden. Das dominierende Tagesgeschäft lässt kaum Raum für einedezidierte Analyse und für die nachhaltige Implementierung der Maßnahmen.Hier hilft es, wenn entweder interne oder externe Fachleute zur professionellenUnterstützung hinzugezogen werden. Sie können anders als fachlich involvierteKolleginnen und Kollegen die Verankerung von Lernen auch gegen Vorbehaltevorantreiben (D2-03). Sie können Interessensgruppen zusammenbringen undmoderieren (D2-05) und gemeinsame Zielvorstellungen mit den Beteiligtenableiten (D2-04).

7.6 Fallbeispiel III: Gesamtuniversität und Netzwerk/ Zukunftskonzept„RWTH 2020“

7.6.1 Charakterisierung

Die RWTH Aachen hat sich sowohl im Jahre 2006 als auch im Jahre 2007 er-folgreich in der Förderlinie Zukunftskonzepte im Rahmen der Exzellenzinitiativedes Bundes und der Länder beworben. Zukunftskonzepte verfolgen das Ziel, dieuniversitäre Spitzenforschung in Deutschland auszubauen und international kon-kurrenzfähiger zu machen. In diesem Rahmen können alle Maßnahmen gefördertwerden, welche die Universitäten dabei unterstützen, nachhaltig internationalherausragende Bereiche zu entwickeln. Die Beantragung in der zweiten Aus-schreibungsrunde wurde notwendig, weil die RWTH Aachen in der ersten Aus-schreibungsrunde mit ihrem Antrag scheiterte. Die Ablehnung in der ersten Aus-schreibungswelle führte in der RWTH Aachen zu einem radikalen Umdenkenund zu einer neuen Herangehensweise bei der Antragstellung in der zweitenRunde. Zentral war dabei die Rolle der Universitätsleitung, welche durch denEinsatz eines Change Managers die Interessensgruppen zusammenbrachte (An-forderung D2-05) und erreichte, dass gemeinsam eine neue Vision für dieRWTH Aachen erarbeitet wurde (Anforderung D2-04). Neben der Betrachtungder durch das Zukunftskonzept neu implementierten Lern- und Reflexionsformensteht vor allem der Veränderungsprozess und die hierfür notwendigen Unterstüt-zungsstrukturen im Mittelpunkt des Interesses der Betrachtung dieses Fallbei-spiels.

Die RWTH verfolgt mit dem Zukunftskonzept als erste Stufe der strategischenHochschulentwicklung das langfristige Ziel, sich zu einer integrierten techni-

Page 215: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 215

schen Hochschule zu entwickeln. Hierzu sollen die Kernkompetenzen gestärktwerden, die Forschungsaktivitäten hierauf abgestimmt und sowohl interne alsauch externe Kooperationen ausgebaut werden. Die langfristigen Ziele werdenbefördert indem eine Reihe verschiedener Maßnahmen vernetzt und zielorientiertausgerichtet werden:1. die Schärfung des wissenschaftlichen Profils der Hochschule durch die Stär-

kung der Naturwissenschaften und die Förderung der interdisziplinären For-schung,

2. JARA – die Bildung einer Forschungsallianz Jülich-Aachen,3. Menschen in Bewegung setzen - die Einführung eines universitätsumfassen-

den Personal- und Organisationsentwicklungskonzeptes sowie4. die Stärkung der universitären Managementstrukturen (Dok. III 1/234).

7.6.2 Lern- und Reflexionsmethoden

Die Darstellung einer vollständigen Landkarte der zum Einsatz kommendenLern- und Reflexionsformen der einzelnen Teilbereiche des Zukunftskonzeptskann hier nicht geleistet werden, denn die einzelnen Teilbereiche zeigen eineähnliche Fülle an Formen wie in Fallbeispiel 2 dargestellt wurde. Insgesamtkönnen die einzelnen Maßnahmen jedoch den Ebenen zugeordnet werden, wo siemit Hilfe verschiedener Methoden vorrangig wirksam werden sollen. Der Teilbe-reich „Menschen in Bewegung setzen“ setzt auf der untersten Ebene an undfördert durch die Integration von Maßnahmen und Initiativen vorrangig das Indi-viduum. Aber nicht nur dort: Durch die bewusste Integration ausländischer Wis-senschaftler in die Universität soll die Ressource „Vielfalt“ strategisch für dieUniversität genutzt werden, da hierdurch nachhaltige Lern- und Entwicklungs-prozesse angeregt werden können.

„Es gilt, kulturelle Vielfalt als Ressource zu erkennen und in alle Be-reiche der Hochschule zu integrieren, um so international hochquali-fizierte Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zugewinnen und an der Universität zu halten.“ (Dok. III 2)

Schwerpunkt innerhalb der RWTH ist die bereichübergreifende inhaltliche Zu-sammenarbeit, in sogenannten Project Houses indem sowohl die Natur- als auchdie Geistes- und Sozialwissenschaften stärker mit den Ingenieurwissenschaftenals Leitdisziplin verknüpft werden. Zusammen mit der Etablierung des Strategie-rats und der Stärkung des Fakultätsmanagements schafft sie eine stärkere Ver-

34 Dok. III 1: Internetseite der Zukunftsinitiative an der RWTH Aachen:http://www.exzellenz.rwth-aachen.de/aw/cms/home/Zielgruppen/~siy/zukunftskonzept/?lang=deDok. III 2: RWTH Aachen: RWTH Aachen im Exzellenzwettbewerb. November 2007.

Page 216: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel216

knüpfung zwischen disziplinärem Denken und Handeln auf der Gruppenebenemit organisationalen Entwicklungsbedarfen.

„Ziel der RWTH ist, nicht nur die bestehenden Stärken zu stärken,sondern das Profil jeder einzelnen Fakultät zu schärfen und einenfachbereichsbezogenen Veränderungsprozess in Gang zu setzen.“(Dok. III 2)

Auf interorganisationaler Ebene wird diese Verknüpfung von organisationalerEntwicklung und der Entwicklung eines Netzwerks in der Forschungskooperati-on JARA befördert. Durch die intensive Zusammenarbeit der beiden For-schungseinrichtungen sollen Synergien für beide Seiten geschaffen werden(Abbildung 41).

„In den kommenden fünf Jahren wird das Ziel verfolgt, alle For-schungsaktivitäten auf die Kernkompetenzen der Universität zu fo-kussieren und sowohl interne als auch externe Kooperationen undNetzwerke auszubauen und zu verbessern.“ (Dok. III 2)

Abbildung 41: Gestaltungselemente im Fallbeispiel III

7.6.3 Koevolutive Entwicklung

Die Ziele der Maßnahmenpakete verdeutlichen, dass hierdurch die koevolutiveEntwicklung auf allen Ebenen der Organisation befördert werden soll. Der

Erfahrungsreflektierendes Lernen Handlungsgenerierendes Lernen

ErfahrungsebeneReflexionsebene(Reflexion der

Einzelerfahrungen)

Modellebene(erfahrungs-

basiertes Modell)

Handlungsebene 2(bewussteHandlung)

Reflexionsebene 2(Generalisierung

derEinzelerfahrungen)

Modellebene 2(generalisiertes

Modell)

NetzwerkLernen:Andere

Universitäten,Industrie

RWTHAachen

N 1 N 2 N 3 N 4 N 5 N 6

OrganisationalesLernen:Universität

O 1 O 2 O 3 O 4 O 5 O 6

Gruppenlernen:FakultätenInstitute

G 1 G 2 G 3 G 4 G 5 G 6

IndividuellesLernen

I 1 I 2 I 3 I 4 I 5 I 6

Strategierat

„Menschen in Bewegung setzen“

Project Houses(HumTec/ IMP)

JARA

Fakultäts-management

Page 217: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 217

Schwerpunkt des Konzepts liegt auf der Verknüpfung der Gruppenebene mit derorganisationalen Ebene sowie der Stärkung des Verbunds im Netzwerk. DieHochschule begibt sich mit der Exzellenzinitiative damit auf einen langen Ent-wicklungsweg, der eine neue Kultur der Veränderung erfordert. Dies wurde auchim Antrag verankert, indem eine flexible Finanzierung von innovativen Ideen,Initiativen und Projekten beantragt wurde, welche eine kreative Unruhe durchden Anreiz temporärer Strukturen befördern sollen.

„Durch die Exzellenzinitiative wurde ein dynamischer Prozess inGang gesetzt. Wir streben eine nachhaltige Veränderungskultur alsGrundprinzip für wissenschaftliche Kreativität, technologische Inno-vation und gesellschaftlichen Fortschritt an.“ (Kanzler ManfredNettekoven, Dok. III 335)

Die Zusammenarbeit durch Kooperationen, sei es intern durch diebereichübergreifende Zusammenarbeit in interdisziplinären Verbünden oder inForschungsallianzen mit externen Partnern, leisten einen aktiven Beitrag zurWeiterentwicklung auf allen Ebenen und wurden daher Kern des Antrags (Dok.III 536).

„Forschungsallianzen erweitern den wissenschaftlichen Horizont undgeben neue Impulse für die eigene Arbeit.“ (Univ.-Prof. Dr. rer. soc.Ute Habel, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universi-tätsklinikum Aachen, Dok. III 3)

7.6.4 Unterstützungsstrukturen

Ein Schwerpunkt der Betrachtung liegt in diesem Abschnitt auf den notwendigenUnterstützungsstrukturen, welche eine Universität bereitstellen muss, um nach-haltige Entwicklungsprozesse auf der organisationalen Ebene anzuregen undaufrecht zu erhalten. Die Darstellung folgt im Folgenden dem doppelten Lern-zyklus. Der Einstieg beginnt im betrachteten Fallbeispiel des Zukunftskonzeptsmit der Erfahrung des Scheiterns in der ersten Ausschreibungsrunde. Dies hatdazu geführt, dass die Verantwortlichen eine gründliche Analyse der Gründe fürdas Scheitern vorgenommen haben. Die Reflexion zeigte, dass der erste Antraginhaltlich deutliche Mängel aufwies. Es konnte auf Basis der eingereichten ober-flächliche Stärken-Schwächen-Analyse nicht dargestellt werden, wie das Ver-hältnis zwischen den Ingenieurwissenschaften und den anderen Bereichen ist,wie die beantragten Maßnahmenpakete ineinander greifen und wie die Qualität

35 Dok. III 3: RWTH Aachen: Geschäftsbericht 200836 Dok. III 5 Protokoll II der dialogische Introspektion vom 12.12.2008

Page 218: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel218

deutlich befördert sowie der Erfolg gemessen werden kann. Hinzu kamen deutli-che Schwächen bei der Art und Weise wie der Antrag erstellt wurde (Dok. III437). Die Gesamtbetrachtung zeigte deutlich, dass ein neuer Antrag andere Wegebeschreiten muss, da, um mit Piaget (vgl. Kapitel 4.4) zu sprechen, die Anpas-sung der Schemata allein nicht ausgereicht hätte, um in der zweiten Antragsrun-de erfolgreich zu sein. Nicht nur Assimilation, sondern Akkomodation, also diegrundlegende Veränderung der Vorgehensweise, war an dieser Stelle gefragt.Das neu entwickelte Handlungsmodell sah eine Vielzahl von Änderungen bei derAntragstellung vor. Zunächst wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass essich nur vordergründig um einen Förderantrag handelt. Vielmehr ging es bei demAntrag um eine neue Struktur der Hochschule, welche nicht nur die Entwicklungvon Maßnahmenpaketen, sondern zuvor von Leitbildern, Zielen und Strategienerfordert. Ausgangspunkt für die Beteiligung an der zweiten Antragsrunde warsomit die Entwicklung einer Vision für die Hochschule sowie die Ableitung vonlang- (20 Jahre) und mittelfristigen Zielen (10 Jahre) in Strategieworkshops. Erstdann erfolgte auf der Basis der Ziele die konkrete Ausgestaltung der Ziele für diekommenden 5 Jahre der Antragsphase.

Leitbilder, Ziele und Strategien können nicht Top-Down von Universitätsleitun-gen verordnet werden. Die Entwicklung muss den Besonderheiten der Experten-organisation Rechnung tragen und die Experten in den Entwicklungsprozesseinbinden.

„’Große Apparate wie Hochschulen neigen dazu, alles topdown vor-zunehmen, in der Hoffnung, dass alle mit an einem Strang ziehen.’Das ließe sich in einem solch intensiven Wandlungsprozess, in demdie Beteiligten Gefahren für ihr eigenes Wirkungsfeld sehen, nichtmehr realisieren. Kommunikation sei das Zauberwort, um Verständ-nis zu schaffen und alle an einen Tisch zu bekommen. Vorausset-zung sei, die Ängste der Hochschulmitarbeiter ernst zu nehmen undzu hinterfragen: ‚Wer ist nicht mit im Boot, wer fühlt sich vernach-lässigt?’“ (Dok. III 738)

Es musste also ein Mittelweg gefunden werden, bei dem die Universitätsleitungihre Macht mit den Betroffenen teilt und insbesondere die Schlüsselpersonen derHochschule eng in die Entwicklung des Antrags einbindet. Da es nicht möglichist, alle Mitglieder der Universität in einen solchen Entwicklungsprozess ange-messen zu beteiligen, wurden alle anderen Personengruppen über ein umfangrei-

37 Dok. III 4 Protokoll I der dialogische Introspektion vom 13.02.200738 Dok. III 7: Schmitz, Wolf: Halb Elite-Universität, halb Unternehmen. VDI-Nachrichten vom

12.9.2008

Page 219: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 219

ches Informationskonzept eingebunden (Dok. III 4). Die Kommunikation in derHochschule erfolgte dabei auf fünf Ebenen. Zum einen gab es die Lenkungs-gruppe, bestehend aus Rektorat sowie ca. 15 ausgewählten Experten aus denFakultäten sowie der Verwaltung (Dezernentenebene), welche sich wöchentlichzu einem mehrstündigen Meeting traf und sich über aktuelle Ereignisse per Mailaustauschte. Ein erweiterter Projektkreis, bestehend aus rund 50 weiteren Schlüs-selpersonen aus der gesamten Hochschule (z. B. Dekane, Gruppenvertretungenetc.), wurde in drei Workshops in die Planung einbezogen und monatlich überden laufenden Stand informiert. Die dritte Ebene waren alle Gruppen innerhalbder Hochschule, die für die spätere Begehung des Gutachtergremiums relevantwaren. Sie wurden über monatliche Präsentationen (Dekane), Statusberichte(Senat) oder gesonderte Veranstaltungen (WM‘s; NWM‘s) informiert. Die er-weiterten für die Begehung relevanten Gruppen wurden per E-Mail und die brei-tere Öffentlichkeit über die regulären Informationskanäle der RWTH, wie dieHauszeitung „RWTH-Insight“ oder das Hochschulradio, informiert (Dok. III 4,Abbildung 42).

Abbildung 42: Die Kommunikationsebenen in der Antragsphase (Dok. III 4)

Insgesamt kann konstatiert werden, dass durch die veränderte Herangehensweisein der zweiten Antragsrunde1. ein Veränderungsprozess mit breiter Unterstützung eingeleitet wurde, der

eine Neuaufstellung mit starken Restrukturierungsanteilen ermöglichte,2. die Förderung des Zukunftskonzepts als Baustein betrachtet wurde, um eine

nachhaltige Hochschulentwicklung zu stärken,3. der Schwerpunkt der Förderung daher auf strukturbezogene Maßnahmen zur

Verbesserung der Rahmenbedingungen für zukünftiges Handeln lag und

Lenkungsgruppe

Gruppe der 50

Gruppensprecher

Dekane Senat

WMs

GesamtprofessoriumMWMs

Studierendenparlament AstA

Studierende

Fachschaften

Breitere InteressierteÖffentlichkeit rund um die RWTH

Page 220: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel220

4. die Einbindung der Maßnahmen des Zukunftskonzepts in die Gesamtstrate-gie gesichert worden ist (Dok. III 4).

Den Erfolg der Zukunftsinitiative für die strategische Entwicklung belegt auchder Bericht der Gemeinsamen Kommission der Exzellenzinitiative an die Ge-meinsame Wissenschaftskonferenz. 96% der Befragten Universitäten bestätigendie positiven Effekte auf die strategische Hochschulplanung (Dok III 639).

Die Erfolgsfaktoren der ersten Runde legten den Grundstein für weitere Aktivitä-ten in anderen strategischen Entwicklungsbereichen, wie beispielsweise derEntwicklung des Zukunftskonzepts „Lehre“. Hierzu wurde im Jahr 2008 eineArbeitsgruppe gegründet, der neben dem Prorektor für Lehre, Beschäftigte undStudierende angehören. Die Gruppe erarbeitete für den Hochschulrat ein Kon-zept, welches „das bestehende Qualitätsmanagement in der Lehre durch ver-schiedene organisatorische und strukturelle Maßnahmen konsequent weiterent-wickelt“ (Dok. III 3).

„Nach der Exzellenz-Initiative wollen wir jetzt auch in der Lehreganz nach vorne, denn gute Lehre ist die Basis für hochqualifiziertenNachwuchs. Mit dem Zukunftskonzept Lehre haben wir einen Motorfür ständige Verbesserungen entwickelt.“ Christine Blesinger, stu-dentisches Mitglied der Arbeitsgruppe Zukunftskonzept Lehre, Dok.III 3)

Die Stärken-Schwächen-Analyse und die auf den Ergebnissen basierende Visionfür die Zukunft der Lehre an der RWTH bilden die Grundlage für die Antragser-stellung bei der Ausschreibung „Wettbewerb exzellente Lehre“, einer gemein-samen Initiative der Kultusministerkonferenz und des Stifterverbands für dieDeutsche Wissenschaft. Erst diese Leitbilderstellung ermöglichte die Ableitungzielgerichteter Maßnahmen, welche Bestandteil eines integrierten und langfristigangelegten Gesamtkonzepts sind (Dok. III 840).

7.6.5 Arbeitsbegleitende überfachliche Kompetenzentwicklung

Die Darstellung macht deutlich, dass die beteiligten Akteure der Hochschule sichgemeinsam auf den Weg gemacht haben, ihr Verständnis des Funktionierens derHochschule zu revidieren und damit Fragen des Managements der Expertenor-ganisation Universität auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Prozessreflexio-nen ermöglichten eine neue Sichtweise auf die Führung in der Expertenorganisa-

39 Dok. III 6: Bericht der Gemeinsamen Kommission der Exzellenzinitiative an die GemeinsameWissenschaftskonferenz. Bonn November 2008. Seite 49

40 Dok. III 8: Antragsskizze „Studierende im Fokus der Exzellenz“. Aachen 2009

Page 221: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 221

tion. Die überfachliche Kompetenzentwicklung fand somit vorrangig im Bereichder Führungskompetenz, der Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit statt.Die Gestaltung eines kollektiven Entwicklungsprozesses, der versucht, eineVielzahl von Akteuren auf den unterschiedlichsten organisationalen Ebeneneinzubinden, erforderte neben der Frage der Führung auch praktische moderativeKompetenzen, Konflikt- und Kritikfähigkeit sowie Entscheidungs- und Netz-werkkompetenz. Diese wurden sukzessive erworben, erweitert und insbesonderein der regelmäßig tagenden Lenkungsgruppe fokussiert.

7.6.6 Schlussfolgerungen

Das Fallbeispiel zeigt, dass Lernen auf der Ebene der Gesamtuniversität nurselten ein Selbstläufer sein wird, sondern gezielt befördert werden muss. DenUnterstützungsstrukturen kommt daher eine entscheidende Position in kollekti-ven Entwicklungsprozessen zu. Werden die gemeinsamen Wandlungsprozessenicht professionell intern oder extern moderativ begleitet, dann ist es eher un-wahrscheinlich, dass nachhaltige Prozesse in Gang gesetzt werden, welche dieHochschule langfristig wettbewerbsfähig machen. Die beteiligten Akteure müs-sen ihrerseits innerhalb eines kollektiven Entwicklungsprozesses die Bereitschaftaufbringen, sich und die eigenen tradierte Handlungsmodelle zu revidieren undzu erneuern (D1-04). Dies bildet die Basis für die Erneuerung der Organisation.Organisationale Veränderung, soll sie langfristig Erfolg haben, kann also nurkoevolutiv erfolgen (C1-05). Das Fallbeispiel zeigt deutlich, dass nach Scheiternin der ersten Antragsrunde ein solcher gemeinsamer Lernprozess an der RWTHeinsetzte. Es bedurfte also erst des Scheiterns (B1-04), um erfolgreich einenWandlungsprozess zu beginnen (B1-10). Die bis dato abgelaufenen Prozessemussten also bewusst (B1-12) gemeinsam reflektiert und analysiert werden (B2-03, B3-03). Die kooperative Ableitung gemeinsamer Zielvorstellungen (D2-04)und die Formulierung gemeinsamer Qualitätskriterien (D2-01) war der entschei-dende Schritt für die Ableitung der konkreten Maßnahmen. EntscheidenderPunkt im Entwicklungsprozess war hierbei die zentrale Unterstützung (D2-05).Der Einsatz eines Kernteams und eines externen Prozessbegleiters schafften es,die bereichsübergreifende Zusammenarbeit (C2-04) durch den gezielten Einsatzvon Beobachtungswerkzeugen (C2-05) sowie durch den Einsatz von unterschied-lichsten Lern- und Reflexivformen (C2-06, C2-07) zu befördern (C1-07). Sieschaffen durch die kooperative Gestaltung der Lern- und Entwicklungsprozessedie Basis für ein gemeinsam getragenes Leitbild, welches durch die Führungs-kräfte in die einzelnen Organisationseinheiten getragen werden muss (D1-05).

Page 222: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel222

7.7 Zwischenfazit

Die leitenden Fragestellungen zur Untersuchung von Fallstudien basieren aufden beiden ersten Forschungsfragen und spezifizieren den Fokus auf Basis derbenannten Anforderungen. Ausgangspunkt sind jeweils die verwendeten Beo-bachtungswerkzeuge sowie die eingesetzten Lern- und Reflexionsformen. Beiden ersten beiden Fallbeispielen zeigt sich durch den Einsatz der Analysematrix,dass insbesondere die kollektive Lernebene durch die gezielte Verankerung vonreflexiven und lernförderlichen Gestaltungselementen erweitert wurde. Abernicht nur dort. Im Fallbeispiel I wurde deutlich, dass die Vielzahl der Maßnah-men, sollen sie zielgerichtet die Kompetenzentwicklung befördern, einer Ver-zahnung bedürfen, die durch die Implementierung des strukturierten Mitarbeiter-gesprächs erreicht werden soll. Dieses ist der entscheidende Schlüssel zur Zu-friedenheit mit der Kompetenzentwicklung in den Instituten (vgl. auch Kapitel6.7.4). Im Fallbeispiel II ist dieser entscheidende Schlüssel der Einsatz derBalanced Score Card als kollektives Beobachtungswerkzeug in Kombination mitder Ergebnisdiskussion und entsprechender Maßnahmenableitung. Durch denEinsatz der BSC werden die vielfältigen Meinungen und Empfindungen ver-gleichbar und Entwicklungstendenzen können über alle Beteiligten hinweg aufGrundlage der individuellen Erfahrungen kombiniert ausgewertet werden. Diekoevolutive Entwicklung erfolgt immer dort, wo gezielt kollektive Lernprozessereflektiert und Handlungsoptionen für die Zukunft gemeinsam erarbeitet werden.Dies zeigt sich im Einsatz der Lessons Learned auf der Ebene der konkretenZusammenarbeit insbesondere im Fallbeispiel I und II als auch auf der organisa-tionalen Ebene durch den Einsatz der BSC in Kombination mit Mitarbeiterkollo-quien im Fallbeispiel II als auch der gemeinsamen Revision des Vorgehens inFallbeispiel III. Alle Beispiele zeigen, dass koevolutive Entwicklung die strategi-sche Implementierung unterschiedlicher Instrumente in die laufenden Arbeits-prozesse bedeutet. Dass dies nicht ohne Hindernisse geht, zeigen alle drei Fall-beispiele. Meist sind es Unstimmigkeiten, Konflikte oder Probleme, die einegrundlegende Veränderung erfordern. Im ersten Fallbeispiel sind es Führungs-probleme mit einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und die Übernahmeder neuen Aufgabe, die zunächst bei einer einzelnen Person das Bedürfnis we-cken, die Frage der Personalentwicklung strategisch angehen zu wollen. Im Fall-beispiel II schwinden die Hindernisse zur Verankerung von Lern- und Reflexi-onsformen umso mehr, wie die Begrenztheit der verwendeten Verfahren beizunehmender Komplexität des Projekts sichtbar wird. In Fallbeispiel III war esdie Ablehnung des gemeinsamen Antrags in der ersten Runde der Exzellenziniti-ative. Alle Beispiele zeigen, dass der Start strategischer Personal- und Universi-tätsentwicklung zumeist noch reaktiv erfolgt, in dieser Situation jedoch die Hilfevon außen zumeist unabdingbar ist. Die moderative und beratende Unterstützung

Page 223: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

7. Koevolutive Entwicklung als strategischer Wandel 223

der Prozesse, insbesondere die Entwicklung und Ausrichtung auf gemeinsameZielvorstellungen und Qualitätskriterien, ist in allen drei Fallbeispielen ein nichtzu vernachlässigender Faktor.

Page 224: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

8. Fazit und Ausblick224

8. Fazit und Ausblick

Die Ingenieurwissenschaften an technischen Universitäten praktizieren seit Jahr-zehnten ein Modell der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, wel-ches auf der praktischen Tätigkeit in industrienahen Forschungsprojekten grün-det. Die Dualität von Tätigkeit und theoretischer Verknüpfung der praktischenErkenntnisse im Promotionsprozess hat sich grundsätzlich, bei allen zu konstatie-renden Schwächen, im Laufe der Jahre bewährt. Die in der dritten Phase derBolognareform zunächst protegierte Fokussierung auf strukturierte Promotions-programme vernachlässigt die Errungenschaften des tradierten Systems der In-genieurwissenschaften, indem einseitig jegliche Begleitung des wissenschaftli-chen Nachwuchses über das Fach hinaus in diese Programme ausgelagert wurde.Folgt man den Erkenntnissen der Kompetenzforschung, so zeigt sich, dass Hand-lungskompetenz nur im Zusammenspiel aller Kompetenzbereiche zu erreichenist. Der Modus zur Entwicklung von Handlungskompetenz ist dabei das arbeits-begleitende Lernen. In den Ingenieurwissenschaften ist daher angeraten, dasbisher praktizierte System nicht bedingungslos zu ersetzen, sondern hinsichtlichder vielfältigen universitären Anforderungen zu optimieren und es als ein Bau-stein in der seit der Bologna-Nachfolgekonferenz in London geforderten Vielfaltder Promotionswege zu erhalten.

Die vorliegende Arbeit nahm die Optimierungsforderungen zum Anlass, für denBereich der überfachlichen Kompetenzentwicklung zu untersuchen, wie diese inden Prozess der Arbeit von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternsowie von Führungskräften in Lehre und Forschung verankert werden können(Forschungsfrage 1). Die individuelle Förderung der Kompetenzentwicklungreicht allein jedoch nicht aus, die Handlungsfähigkeit der Hochschule langfristigzu erhalten. Dies gilt besonders unter zunehmenden internationalen Wettbe-werbsbedingungen. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage, wie die indi-viduellen überfachlichen Entwicklungsbestrebungen gleichzeitig mit organisa-tionalen Entwicklungsbedarfen verknüpft werden können, so dass nicht alleindas Individuum optimal ausgebildet die Hochschule verlässt, sondern gleichzei-tig auch die Universität als Organisation sich weiterentwickelt (Forschungsfrage2). Lernen wird somit auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet und erfordertHilfsmittel, die eine separate Betrachtung dieser Ebenen ermöglicht. Die 3. For-schungsfrage suchte daher Antworten auf die Frage, wie ein Instrument zur Ana-lyse und zur Planung von strategisch verankerten Maßnahmen des Lernens imProzess der Arbeit gestaltet sein muss.

Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden mit Hilfe einer Literaturanalyseinsgesamt 65 Gestaltungsanforderungen ermittelt, die die Basis für die Konzept-entwicklung eines koevolutiven arbeitsbegleitenden überfachlichen Lernens

Page 225: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

8. Fazit und Ausblick 225

bilden. Die Definition von Anforderungen an das individuelle und kollektiveLernen zeigt, dass der Sicherung der Qualität von Lernprozessen und der Nach-haltigkeit verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Hierfür wurde indieser Arbeit ein doppelter Zyklus arbeitsbegleitenden Lernens entwickelt. Die-ser macht sichtbar, dass erfahrungsbasiertes Lernen immer auch die auf Erfah-rungen gründenden neuen Handlungen bewusst mit ins Auge fassen muss. Nurso ist eine nachhaltige Optimierung des Handelns in unterschiedlichsten komple-xen Situationen gewährleistet. Die Anwendung des Zyklus auf alle Handlungs-ebenen eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, neben den individuellen Lern-prozessen auch das Lernen der Gruppe, der Organisation und das Lernen aufNetzwerkebene zu fokussieren. Die Darstellungen haben gezeigt, dass arbeitsbe-gleitendes Lernen der bewussten Gestaltung bedarf. Zum einen geschieht diesdurch eine lernförderliche Einrichtung des Arbeitsplatzes und zum anderen durchdie gezielte Verankerung von Lern- und Reflexionsmethoden, welche als Konti-nuitätsunterbrecher die alltäglichen Arbeitsprozesse bewusst machen und helfen,sie hinsichtlich ihrer Optimierungspotenziale auszuwerten. Hierbei hilft die ent-wickelte Analysematrix. Sie erlaubt die Einordnung der ermittelten Reflexions-und Lernformen und dient damit als Diskussionsgrundlage für eine dialogischeErhebung und Planung von Kompetenz- und Organisationsentwicklungsbedarfenin den einzelnen universitären Teilbereichen. Durch ihren Einsatz wird deutlich,an welchen Stellen das betrachtete Teilsystem über geeignete Maßnahmen ver-fügt bzw. welche Defizite hinsichtlich eines ganzheitlichen organisationalenLernens bestehen. Eine strukturierte Analyse und Planung ist jedoch kein Selbst-läufer. Führungskräfte in Forschung und Lehre sowie Universitätsleitungen sindgefordert, aktiv diese Prozesse zu gestalten und brauchen dabei nicht seltenselbst praktische Unterstützung.

Die Untersuchungen an der RWTH zeigen ein hoch differenziertes Bild der uni-versitären Personal- und Organisationsentwicklung. Die empirische Erhebung ander RWTH aus dem Jahr 2006 verdeutlicht dabei, dass es einige entscheidendeStellschrauben der universitären Kompetenzentwicklungsbemühungen gibt. Einedieser Stellschrauben ist die aktive Förderung der individuellen Bestrebungenzur Kompetenzentwicklung durch die Führungskräfte in Forschung und Lehre.Als das entscheidende Mittel zur Gestaltung dieser Unterstützung ist das struktu-rierte Mitarbeitergespräch identifiziert worden. Es ist der maßgebliche Schlüsselzur Zufriedenheit mit der Kompetenzentwicklung in den Instituten. Darüberhinaus ist auch die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen ein weitererFaktor, der die Zufriedenheit stärkt. Der Untersuchung zu Folge kann dem Ein-bezug von Kolleginnen und Kollegen ein erheblicher Einfluss auf das Gelingender individuellen Kompetenzentwicklung zugesprochen werden. Teamverant-wortung für die Kompetenzentwicklung als auch strukturierte Mitarbeitergesprä-

Page 226: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

8. Fazit und Ausblick226

che sollten als ein wesentlicher Baustein für die Gestaltung eines lernförderli-chen Kontextes in die strategischen Personalentwicklungskonzepte der Füh-rungskräfte überführt werden. Diese sind laut Aussage der Professorinnen undProfessoren weitgehend vorhanden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diesevielfach nur implizit vorliegen. Ein explizites und schriftlich dargelegtes Perso-nalentwicklungskonzept, an dem sich die individuellen Bestrebungen zur Kom-petenzentwicklung der Mitarbeitenden orientieren können, liegt nur in seltenenFällen vor. Hier sollten die eher fachlich dominierten Konzepte durch die Fokus-sierung überfachlicher Kompetenzbereiche ergänzt und optimiert werden.

Die Fallbeispiele vertiefen die Analysen und zeigen exemplarisch für ein Institut,für eine Fakultät und für die Gesamtuniversität Entwicklungswege hin zur ler-nenden Organisation auf. Die Fallbeispiele zeigen, dass es möglich ist, durch dengezielten Einsatz von Lern- und Reflexionsformen nachhaltiges Lernen auf denverschiedenen Ebenen zu verankern. Die entwickelte Analysematrix als Untersu-chungs- und Planungsinstrument kann dabei die Lücken sichtbar machen und alsGrundlage zur Planung weiterer Maßnahmen genutzt werden. Der Einsatz derMatrix macht darüber hinaus deutlich, welche Ebenen zielgerichtet verknüpftwerden können, so dass ein nachhaltiges Lernen weitgehend koevolutiv erfolgenkann. Je nach Größe und Beschaffenheit der untersuchten Teilorganisation rü-cken hierbei systematische Beobachtungs- und Analyseinstrumente in den Fo-kus. Ohne ihren Einsatz können die vielfältigen Sichtweisen der Beteiligtenkaum eingefangen und zu systematischen Maßnahmen verdichtet werden. ImFallbeispiel ist dies eine Balanced Score Card, welche auf Grundlage von indivi-duell beantworteten Fragebögen gefüllt wird. Zusammen mit entsprechendendialogischen Veranstaltungen, bei denen die Ergebnisse vorgestellt und diskutiertwerden sowie Handlungsschritte zur Verbesserung geplant werden, bilden siedas Pendant zu den Mitarbeitergesprächen auf der individuellen- oder beispiel-weise als Lessons Learned Workshops auf der Gruppenebene.

Die Fallstudien haben darüber hinaus gezeigt, dass die Förderung zielgerichtetenkooperativen Lernens nicht zwingend ein Selbstläufer ist. Meist sind es Proble-me und Konflikte die Betroffene für neue Wege öffnen. Führungskräfte in For-schung und Lehre verfügen neben ihrer zumeist exzellenten fachlichen Kompe-tenz nicht immer über hinreichende Kompetenzen, große Organisationseinheitenoder Verbundprojekte lernorientiert lenken zu können. Hier bedürfen sie derprofessionellen Begleitung, die mit ihnen gemeinsam Lösungswege erarbeitetund Wege aufzeigt, wie Lernen nicht als Selbstzweck, sondern als Optimierungder laufenden Prozesse befördert werden kann. Beratung und Coaching sindinsbesondere von Professorinnen und Professoren die bevorzugte Form derKompetenzentwicklung, da die unmittelbare Praxisrelevanz einen schnellenTransfer der Inhalte in den Alltag ermöglicht. Hier wird also individuelle Kom-

Page 227: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

8. Fazit und Ausblick 227

petenzentwicklung mit zielgerichteter Organisationsentwicklung verbunden. Inder Praxis bestehen jedoch nicht selten vielfältige Vorbehalte gegenüber derFörderung und aktiven Nutzung der individualisierten Beratungsformate aufSeiten aller Beteiligten, auch wenn ihre grundsätzliche Effektivität nicht in Fragesteht. Ohne Problemdruck werden daher nur selten eigenständig systematischeEntwicklungswege beschritten. Will man als Universität trotz allem erreichen,dass die Expertinnen und Experten in ihren weitgehend autonomen Arbeitsberei-chen aktiv werden, so ist die Verknüpfung von Top-Down und Bottom-Up An-sätzen der Schlüssel. Wenn beispielsweise in diskursiven Prozessen allgemeineQualitätskriterien für die Ausbildung der Promovierenden oder auch für dieGestaltung von Lehre entwickelt wurden, so muss jeder Bereich den Nachweisführen, wie er diese Ziele erreicht und sich daran auch messen lassen. Für einensolchen Nachweis brauchen keine bürokratischen Hürden aufgebaut zu werden.Wenn man eine gemeinsame Weiterentwicklung befördern will, steht die Ent-wicklung und das gemeinsame Lernen im Vordergrund, so dass professionellbegleitete kollegiale Beratungen in den Fokus des Interesses rücken.

Wollen Universitäten langfristig wettbewerbsfähig sein, müssen sie eine Kulturdes Wandels implementieren, die es erlaubt, unter veränderten BedingungenStudierende wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal aus- und weiterzubil-den. Dies geht nicht ohne Bemühungen auf allen Organisationsebenen. Füh-rungskräften in Forschung und Lehre kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Siekönnen befähigt werden, den notwendigen Wandel zu tragen und zu stützen. Sowie die Kompetenzentwicklung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Un-terstützung der individuellen Bemühungen durch die Führungskräfte benötigt, sobraucht der Wandel der Organisation die Beförderung durch die Universitätslei-tungen. Überfachliche Kompetenzentwicklung findet in den Wandlungsprozes-sen überall dort statt, wo Räume geschaffen werden, um das Zusammenspiel derKompetenzbereiche in den Arbeitsprozessen genauer unter die Lupe zu nehmenund wo bewusst gemeinsame Maßnahmen entwickelt und angewendet werden,die diese Prozesse weiter optimieren. Eine regelmäßige Überprüfung der Ergeb-nisse ist dann eine Daueraufgabe, die auf allen Ebenen der Organisation zu leis-ten ist. Nachhaltiges Lernen heißt also, die entwickelten Ergebnisse in die alltäg-lichen Routinen zu überführen, so dass langfristig die Qualität befördert wird unddie Universität flexibel auf neue Anforderungen reagieren kann.

Weitere Untersuchungen können die Unterstützungsformate genauer spezifizie-ren und durch eine untersuchende Begleitung ihre Erfolgs- undMisserfolgsfaktoren zusammentragen. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist dieRolle der einzelnen organisationalen Ebenen bei Veränderungen und ihr Einflussauf die Bereitschaft zur aktiven Unterstützung von Wandel. Hier können dietreibenden Einflussfaktoren ermittelt werden und die Unterschiede bei verschie-

Page 228: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

8. Fazit und Ausblick228

denen Hochschulen untersucht werden. Die Fachkulturen weisen in der Regeleinen sehr unterschiedlichen Umgang mit der Ausbildung ihrer Promovierendenauf. Während die in dieser Arbeit fokussierten Ingenieurwissenschaften vorran-gig vollzeitliche Beschäftigungen für die Phase der Promotion anbieten ist diesin anderen Fächern zum Teil eine Seltenheit. Hier wäre zu prüfen, inwieweitMöglichkeiten arbeitsbegleitenden Lernens vermehrt implementiert werdenkönnen bzw. welche alternativen Wege bestehen, um eine koevolutive Entwick-lung zu verankern.

Die Arbeit hat exemplarisch gezeigt, wie eine systematische arbeitsbegleitendeüberfachliche Kompetenzentwicklung koevolutiv auf den verschiedenen Hand-lungsebenen erfolgen kann. Es konnte anhand von Fallbeispielen gezeigt werden,dass die Basisanforderungen, welche für diese Arbeit formuliert wurden (A1), inder Praxis entsprochen werden kann. Es wurde dabei der Nachweis gebracht,dass kollegiale und professionelle Unterstützung die Umsetzung befördern kann.Wollen Universitäten die Arbeitsprozesse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitersowohl für die Gestaltung von individueller Kompetenzentwicklung als auch fürdie strategische Entwicklung der kollektiven Handlungsfähigkeit der eigenenOrganisation nutzen, so müssen sie zielgerichtet und nutzerorientiert Unterstüt-zungsinstrumente auf allen Handlungsebenen implementieren. Nur so werdenUniversitäten befähigt ihre Einzigartigkeit nachhaltig international zu behauptenund zu stärken.

Page 229: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

9. Zusammenfassung 229

9. Zusammenfassung

Ausgehend von der Praxis der Ingenieurwissenschaften an technischen Universi-täten, welche die Promotionsphase als erste Phase eigenständiger wissenschaftli-cher Berufstätigkeit zumeist in einer Vollbeschäftigung handhabt, wurde derFrage nachgegangen, wie die überfachliche Kompetenzentwicklung in den Pro-zess der Arbeit integriert werden kann. Vor dem Hintergrund der zunehmendeninternationalen Wettbewerbsanforderungen wurde zudem gefragt, wie diesearbeitsbegleitende überfachliche individuelle Kompetenzentwicklung strategischso verankert werden kann, dass sie zugleich den stetigen Wandel der Universitätbefördert. Die Arbeit entwickelt auf Basis von Literaturrecherchen insgesamt 65Gestaltungsanforderungen auf deren Grundlage ein Modell einer koevolutivenarbeitsbegleitenden überfachlichen Kompetenzentwicklung konzeptionalisiertwird. Der entwickelte arbeitsbegleitende Lernzyklus und die daraus abgeleiteteAnalyse- und Planungsmatrix systematisiert die ermittelten Lern- und Reflexi-onsformen und bildet die Basis für eine dialogische Planung und zielgerichteteVerankerung von Lernprozessen auf allen universitären Handlungsebenen. Bei-spielhaft wurden die definierten Anforderungen in der Praxis der RWTH unter-sucht. Hierzu wurde einerseits eine empirische Befragung unter allen Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlern durchgeführt und darüber hinaus anhandvon Fallbeispielen insbesondere die Realisierung und die Rahmenbedingungeneiner gemeinsamen Entwicklung von Individuen, Gruppen, Organisationen undNetzwerken fokussiert. Die Untersuchungen bestätigen, dass neben der hohenQualität der fachlichen Ausbildung vielfach bereits Elemente überfachlicherKompetenzentwicklung integriert wurden. Dies erfolgt in der Regel jedoch un-systematisch und wenig zielgerichtet. Die Fallbeispiele zeigen exemplarisch wieauf der Ebene eines Instituts, der Ebene einer Fakultät und bei einem gesamtuni-versitären Entwicklungsprozess Lern- und Reflexionsformen auf Grundlage derAnalysematrix strukturiert und zielgerichtet um weitere Gestaltungselementeergänzt werden können. Die Arbeit zeigt, dass auch im Prozess der Arbeit syste-matisch überfachliche Kompetenzen entwickelt werden können. Darüber hinauslassen sich die individuellen Lernprozesse mit den strategischen Entwicklungs-bedarfen der Universität verknüpfen. Dies schafft die kulturelle Grundlage füreine permanente Wandlungsfähigkeit und –bereitschaft, die unabdingbar für einenachhaltige Behauptung im internationalen Wettbewerb ist. Die Realisierung istnicht ohne Bemühungen auf allen Organisationsebenen möglich. Führungskräf-ten in Forschung und Lehre kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu, da sie befähigtwerden können, den notwendigen Wandel zu tragen und zu stützen.

Page 230: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur230

10. Literatur4ing, Fakultätentage der Ingenieurwissenschaften und der Informatik an Univer-

sitäten. 2006. Die Bedeutung der Promotionsphase in den Ingenieur-wissenschaften. http://www.4ing.net/fileadmin/PDF/4ING-Positions-papier-Promotion-Fassung060207.pdf.

acatech, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, hrsg. 2008. Empfeh-lungen zur Zukunft der Ingenieurpromotion: Wege zur weiteren Ver-besserung und Stärkung der Promotion in den Ingenieurwissenschaf-ten an Universitäten in Deutschland. Stuttgart: Fraunhofer-IRB.

Acker, Renate, Christiane Konegen-Grenier, und Dirk Werner. 1999. Der Inge-nieurberuf in Zukunft. Qualifikationsanforderungen und Beschäfti-gungsaussichten. Köln: Deutscher Ingenieur Verlag.

Argyris, Chris, und Donald A. Schön. 2006. Die Lernende Organisation: Grund-lagen, Methode, Praxis. 3. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta.

Arnold, Rolf. 1996. Berufs- und Arbeitspädagogik. Leitfaden der Ausbildungs-praxis in Produktions- und Dienstleistungsberufen. 1. Aufl. Berlin:Cornelsen Girardet.

Arnold, Rolf. 1995. “Theorie und Praxis des Systemischen Lernens.” S. 352-361in Organisationslernen und Weiterbildung: Die strategische Antwortauf die Herausforderungen der Zukunft. Neuwied; Kriftel; Berlin:Luchterhand.

Arnold, Rolf, und Ingeborg Schüßler. 2003. Ermöglichungsdidaktik: erwachse-nenpädagogische Grundlagen und Erfahrungen. Baltmannsweiler:Schneider Verlag Hohengehren.

Baethge, Martin, und Christiane Schiersmann. 1998. “Prozessorientierte Weiter-bildung: Perspektiven und Probleme eines neuen Paradigmas derKompetenzentwicklung für die Arbeitswelt der Zukunft.” S. 15-87 inForschungsstand und Forschungsperspektiven, Kompetenzentwick-lung. 1998, herausgegeben von ABWF.

Baitsch, Christof. 1999. “Interorganisationale Lehr- und Lernnetzwerke.” S. 253-274 in Aspekte einer neuen Lernkultur. Argumente, Erfahrungen,Konsequenzen, Kompetenzentwicklung. 1999, herausgegeben vonABWF. Münster [u.a.]: Waxmann.

Basar, Egon, und Gerhard Roth. 1997. “Ordnung aus dem Chaos. KooperativeGehirnprozesse bei kognitiven Leistungen.” S. 290-322 in Chaos undOrdnung. Formen der Selbstorganisation in Natur und Gesellschaft,herausgegeben von Günter Küppers. Stuttgart: Reclam.

Page 231: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 231

Bateson, Gregory. 1972. Steps to an ecology of mind. New York: BallantineBooks.

Batinic, Bernad. 2001. Fragebogenuntersuchungen im Internet. Aachen: Shaker.Battaglia, Santina. 2004. “Hochschuldidaktische Weiterbildung und Beratung.

Angebote an den Hochschulen und hochschuldidaktischen Zentren imVergleich der Bundesländer.” S. 228-250 in Qualitätssicherung undStudienreform. Strategie und Programmentwicklung für Fachbereicheund Hochschulen im Rahmen von Zielvereinbarungen am Beispiel derHeinrich-Heine-Universität Düsseldorf, herausgegeben von HolgerEhlert und Ulrich Welbers. Düsseldorf: Grupello-Verlag.

Battaglia, Santina. 2008. “Auf dem Vormarsch: die Hochschuldidaktik bahntsich ihren Weg“. Forschung & Lehre 15 (9) 602-603.

Becker, Manfred. 2005. Personalentwicklung. Bildung, Förderung und Organisa-tionsentwicklung in Theorie und Praxis. 4. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Bergmann, Bärbel. 1998. “Herausforderungen und Risiken für eine Kompetenz-entwicklung in der Arbeit.” S. 21-29 in Lernen im Chaos - Lernen fürdas Chaos, herausgegeben von ABWF. Berlin.

Bergmann, Bärbel. 1996. Lernen im Prozess der Arbeit. herausgegeben vonABWF. Münster [u.a.]: Waxmann.

Bergmann, Bärbel. 2004. “Unterstützung der Kompetenzentwicklung.” S. 299-318 in Arbeiten und Lernen, Edition QUEM. 17, herausgegeben vonBärbel Bergmann u. a. Münster: Waxmann.

Bergmann, Bärbel u. a. 2004. Arbeiten und Lernen. 1. Aufl. Münster: Waxmann.Bonß, Wolfgang. 2002. “Riskantes Wissen?: Zur Rolle der Wissenschaft in der

Risikogesellschaft.” S. 114-130 in Gut zu Wissen. Links zur Wissens-gesellschaft, herausgegeben von Heinrich-Böll-Stiftung. Münster:Westfälisches Dampfboot.

Bootz, Ingeborg. 2006. “Der Programmbereich 'Lernen im sozialen Umfeld'.” S.153-212 in Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm 'LernkulturKompetenzentwicklung': Ergebnisse - Erfahrungen - Einsichten,Kompetenzentwicklung. 2006, herausgegeben von ABWF. Münster[u.a.]: Waxmann.

Bortz, Jürgen, und Nicola Döring. 2006. Forschungsmethoden und Evaluationfür Human- und Sozialwissenschaftler. Berlin [u.a.]: Springer.

Boud, David. 1993. “Experience as the Base for Learning.” Higher EducationResearch & Development 12.

Page 232: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur232

Boud, David, Ruth Cohen, und David Walker. 1993. Using experience for learn-ing. Buckingham; Bristol: Society for Research into Higher Educationand Open University Press.

Boud, David, und Susan Knights. 1996. Course design for reflective practice.herausgegeben von Nick Gould und Imogen Taylor. Aldershot; Hants:Arena.

Boud, David, und Nod Miller. 1996. “Animating learning from experience.” S.3-14 in Working with Experience, herausgegeben von David Boudund Nod Miller. London: Routledge Chapman & Hall.

Boud, David, und David Walker. 1990. “Making the most of experience.” Stud-ies in Continuing Education 12:61-80.

Boud, David., Rosemary Keogh, und David Walker. 1985. “Promoting Reflec-tion in Learning: a model.” S. 18-40 in Reflection: turning experienceinto learning, herausgegeben von David. Boud, Rosemary Keogh, undDavid Walker. London [u.a.]: Kogan Page [u.a.].

Brall, Stefan. 2009. Überfachliche Kompetenzanforderungen in den Ingenieur-wissenschaften. Aachen: RWTH Aachen University.

Brall, Stefan, und Frank Hees. 2007. “Effektives Lernen mit Kurzlerneinheiten”herausgegeben von GfA. Kompetenzentwicklung in realen und virtu-ellen Arbeitssystemen 209-214.

Brall, Stefan, und Frank Hees. 2009. Kompetenzentwicklungsbedarfe und -praxisan technischen Universitäten: Das Fallbeispiel der RWTH AachenUniversity. 2. Aufl. Aachen: RWTH Aachen University.

Brall, Stefan, Frank Hees, und Klaus Henning. 2007. “Integrated Learning andKnowledge Management at the University” herausgegeben von Uni-versity of the Western Cape. Researching Work and Learning 90-96.

Breisig, Thomas, und Hans-Joachim Kahlen. 2000. “Personalentwicklung anHochschulen.” S. 213-232 in Hochschulen managen?: ZurReformierbarkeit der Hochschulen nach Managementprinzipien,Hochschulwesen, herausgegeben von Anke Hanft. Neuwied [u.a.]:Luchterhand.

Briedis, Kolja. 2007. Übergänge und Erfahrungen nach dem Hochschulab-schluss: Ergebnisse der HIS-Absolventenbefragung des Jahrgangs2005. Hannover: HIS.

Briedis, Kolja, und Karl-Heinz Minks. 2004. Zwischen Hochschule und Ar-beitsmarkt: Eine Befragung der Hochschulabsolventinnen und Hoch-schulabsolventen des Prüfungsjahres 2001. Hannover: HIS.

Page 233: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 233

Brödel, Rainer. 1998. “Suche nach erwachsenenpädagogischen Arbeitshypothe-sen.” S. 41-50 in Lernen im Chaos - Lernen für das Chaos, herausge-geben von ABWF. Berlin.

Brookfield, Stephen D. 1987. Developing critical thinkers: challenging adults toexplore alternative ways of thinking and acting. Milton Keynes: OpenUniversity Press.

Bruner, Jerome S. 1983. In search of mind: essays in autobiography. New York[u.a]: Harper & Row.

Bullen, Mark. 1998. “Participation and critical thinking in online university dis-tance education.” Journal of Distance Education 13:1-32.

Burkart, Thomas. 1999. Methodologie der dialogischen Introspektion in derGruppe: Vorträge auf der Tagung 'Über die allmähliche Verfertigungder Gedanken... ' am 1/2.10.1999 am Institut für Psychologie der Uni-versität Bremen. http://www.abu.uni-hamburg.de/index.php#Fav=E8.4.2&panel= E8/E8.4/.&W=true&DateiName=startseite.htm.

Callon, Michel. 1991. “Techno-economic networks and irreversibility .” S. 132-165 in A Sociology of monsters: essays on power, technology, anddomination, Sociological review monograph, 38, herausgegeben vonJohn Law. London; New York: Routledge.

Calvin, William H. 1998. Der Strom, der bergauf fließt: Eine Reise durch dieEvolution. 4. Aufl. München: dtv.

Cell, Edward. 1984. Learning to learn from experience. Albany: State Universityof New York Press.

CESAER. 2006. Statement on 3rd Phase of Bologna – the doctorate .http://www.cesaer.org/static/content/pdf/CESAER_position_on_3rd_Phase_of_Bologna_the_doctorate.pdf.

Conradi, Walter. 1985. Personalentwicklung. Stuttgart: Enke.Crossan, Mary M., Henry W. Lane, und Roderick E. White. 1999. “An Organiza-

tional Learning Framework: From Intuition to Institution.” Academyof Management Review 24:522-537.

Daft, Richard L., und Karl E. Weick. 1984. “Towards a Model of Organizationsas Interpretation Systems.” Academy of Management Review 9:285-295.

Dehnbostel, Peter. 2007. Lernen im Prozess der Arbeit. Münster [u.a.]:Waxmann.

Dehnbostel, Peter, und Uwe Elsholz. 2007. “Lern- und kompetenzförderlicheArbeitsgestaltung. Chancen für die betriebliche Weiterbildung?.” S.

Page 234: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur234

35-47 in Kompetenzerwerb in der Arbeit. Perspektiven arbeitnehmer-orientierter Weiterbildung, herausgegeben von Peter Dehnbostel, UweElsholz, und Julia Gillen. Berlin: edition sigma.

Deming, W. Edwards. 1952. Elementary principles of the statistical control ofquality: A series of lectures. 2. Aufl. Tokyo: Nippon Kagaku GijutsuRemmei.

Deming, William Edwards. 2000. The new economics: for industry, government,education. 2. Aufl. Cambridge [u.a.]: MIT Press.

Denzin, Norman K. 1970. The research act in sociology: a theoretical introduc-tion to sociological methods. London: Butterworths.

Dewey, John. 1933. How we think: A restatement of the relation of reflectivethinking to the educative process. Boston [u.a.]: Heath.

Dewey, John. 1958. Experience and nature. New York: Dover Publications.DFG, Deutsche Forschungsgemeinschaft. 2004. Thesen und Empfehlungen zur

deutschen Ingenieurausbildung.http://www.dfg.de/aktuelles_presse/reden_stellungnahmen/2004/download/universitaere_ingenieurausbildung.pdf.

DGHD, Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik. 2007a. Elemente einesCurriculums hochschuldidaktischer Aus- und Weiterbildung.http://www.dghd.de/tl_files/PDF-Downloads/AKKO/AKKO_Curriculum0707.pdf.

DGHD, Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik. 2007b. WünschenswerteMerkmale hochschuldidaktischer Aus- und Weiterbildung.http://www.dghd.de/tl_files/PDF-Downloads/AKKO/AKKO_Merkmale0707.pdf.

Dörner, Dietrich. 2003. Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken inkomplexen Situationen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

Downes, Stephen. 2005. An Introduction to Connective Knowledge.http://www.downes.c℀gi-bin/page.cgi?post=33034.

Dreyfuss, Hubert L., und Stuart E. Dreyfuss. 1988. “Making A Mind VersusModelling the Brain: Artificial Intelligence Back at a Branchpoint.”Daedalus 15-43.

Engeström, Yrjö. 1999. Lernen durch Expansion. Marburg: BdWi.Engeström, Yrjö. 2001. “Expansive Learning at Work: Towards an activity theo-

retical reconceptualization.” Journal of Education and Work 14:133-156.

Page 235: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 235

Engeström, Yrjö. 2005. Developmental work research: Expanding activity theoryin practice. Berlin: Lehmanns Media.

Etminan, Erika, und Robert Sell. 1984. “Zielsetzung und Verwirklichung hoch-schuldidaktischer Aus- und Weiterbildung.” S. 2-29 in AngewandteHochschuldidaktik. Konzeption, Praxis, Bewertung, BlickpunktHochschuldidaktik. 76, herausgegeben von Dietrich Brandt und Ro-bert Sell. Weinheim u.a.: Beltz.

EUR-ACE. 2005. Framework Standards for the Accreditation of EngineeringProgrammes.

European Commission. 2002. Continuing training in enterprises in Europe: Re-sults of the second European Continuing Vocational Training Surveyin enterprises. Luxembourg.

Feller, Carola, Gabriel Ellis, und Hartmut Rauen. 2007. Anforderungen an diePromotion im Maschinenbau und der Verfahrenstechnik. Ergebnisseeiner empirischen Untersuchung. Frankfurt/Main: Impuls-Stiftung.

Feller, Carola, und Beate Stahl. 2005. Qualitative Anforderungen an die Ingeni-eurausbildung und die künftigen Bachelor- und Masterstudiengänge.Frankfurt/Main: Impuls-Stiftung.

Flender, Jürgen. 2004. “Optimierung ja - Weiterbildung nein?: Zur Motivationvon Lehrenden, ihre Lehre zu verbessern.” Das Hochschulwesen 19-24.

Flender, Jürgen, und Martin Mürmann. 2003. Hochschuldidaktischer Weiterbil-dungsbedarf aus Sicht der Lehrenden: Die Paderborner Basiserhebung2002. Mit einem Ausblick auf Ergebnisse weiterführender Analysenbezogen auf Optimierungsinteresse und Weiterbildungsmotivation.Paderborn.

Flick, Uwe. 2004. Triangulation: eine Einführung. Wiesbaden: VS.Franke, Guido. 1999. “Erfahrung und Kompetenzentwicklung.” S. 54-70 in

Workshop Erfahrungslernen in der Beruflichen Bildung - Beiträge zueinem Kontroversen Konzept, herausgegeben von Peter Dehnbostel,Werner Markert, und Hermann Novak. Neusäss: Kieser.

Franke, Guido, und Manfred Kleinschmidt. 1987. Der Lernort Arbeitsplatz: eineUntersuchung der arbeitsplatzgebundenen Ausbildung inausgewählten elektrotechnischen Berufen der Industrie und desHandwerks. Berlin; Köln: Beuth.

Freire, Paulo. 1990. Pädagogik der Unterdrückten: Bildung als Praxis der Frei-heit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

Page 236: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur236

Frieling, Ekkehart, und Karlheinz Sonntag. 1999. Lehrbuch Arbeitspsychologie.2. Aufl. Bern [u.a.]: Huber.

Garvin, David A. 1994. “Nicht schöne Worte - Taten zählen.” Harvard Busi-nessmanager 74-85.

Garvin, David A. 2000. Learning in action: a guide to putting the learning or-ganization to work. Boston: Harvard Business School Press.

Garvin, David A., Amy C. Edmondson, und Francesca Gino. 2008. “Das lernen-de Unternehmen.” Harvard Businessmanager 76-88.

Gergen, Kenneth J. 2002. Konstruierte Wirklichkeiten: Eine Hinführung zumsozialen Konstruktionismus. Stuttgart: Kohlhammer.

Glasersfeld, Ernst von. 1995. “Die Wurzeln des 'Radikalen' am Konstruktivis-mus.” S. 35-45 in Die Wirklichkeit des Konstruktivismus: Zur Ausei-nandersetzung um ein neues Paradigma, herausgegeben von Hans Ru-di Fischer. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme.

Glasersfeld, Ernst von. 1996. Radikaler Konstruktivismus: Ideen, Ergebnisse,Probleme. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Glasersfeld, Ernst von. 1997. Wege des Wissens. konstruktivistische Erkundun-gen durch unser Denken. 1. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme.

Glauser, Ernst C. 2006. Qualität: Quo Vadis? Zumikon: The Swiss Deming Insti-tute.

Gloger, Axel. 2009. “Die Weiterbildungsminis kommen: Lerntrend Kürze..”managerSeminare 56-60.

González, Julia, und Robert Wagenaar. 2003. Tuning Educational Structures inEurope: Final Report Phase One. Bilbao: Universidad de Deusto.

Graf, Jürgen, hrsg. 2008. Seminare 2009: Das Jahrbuch der Management-Weiterbildung. 20. Aufl. Managerseminare Verlag.

Gris, Richard. 2008. Die Weiterbildungslüge: Warum Seminare und TrainingsKapital vernichten und Karrieren knicken. Frankfurt am Main [u.a.]:Campus.

Hacker, Winfried. 1998. Allgemeine Arbeitspsychologie. psychische Regulationvon Arbeitstätigkeiten. 1. Aufl. Bern [u.a.]: Huber.

Hanft, Anke. 2000. “Sind Hochschulen reform(un)fähig?: Eine organisationsthe-oretische Analyse.” S. 3-24 in Hochschulen managen?: ZurReformierbarkeit der Hochschulen nach Managementprinzipien,Hochschulwesen, herausgegeben von Anke Hanft. Neuwied [u.a.]:Luchterhand.

Page 237: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 237

Hanft, Anke. 2004. “Personalentwicklung als Hochschulentwicklung.” S. 119-138 in Personalentwicklung und universitärer Wandel. Programm -Aufgaben - Gestaltung, Universität und Gesellschaft. 3, herausgege-ben von Stephan Laske, Tobias Scheytt, und Claudia Meister-Scheytt.München [u.a.]: Hampp.

Harder, Peter. 2003. “Hochschuldidaktische Qualifikation durch den Master ofHigher Education der Universität Hamburg.” Das Hochschulwesen32-36.

Hartmann, Ernst H. 2002. “Lernen, Tätigkeit und Technik: Strukturelle Bedin-gungen menschlicher Lern- und Entwicklungsprozesse.” in Auf demWeg zu einer neuen Lernkultur: Rückblick - Stand - Ausblick, Kom-petenzentwicklung 2002, herausgegeben von ABWF. Münster [u.a.]:Waxmann.

Haun, Matthias. 2002. Handbuch Wissensmanagement: Grundlagen und Umset-zung, Systeme und Praxisbeispiele. Berlin [u.a.]: Springer.

Hedberg, Bo L. T. 1981. “How Organizations Learn and Unlearn?.” S. – inHandbook of organizational design, herausgegeben von Paul C.Nystrom und William H. Starbuck. Oxford; New York: Oxford Uni-versity Press.

Heidenreich, Martin. 2003. “Die Debatte um die Wissensgesellschaft.” S. 25-51in Wissenschaft in der Wissensgesellschaft, herausgegeben von StefanBöschen und Ingo Schulz-Schaeffer. Wiesbaden: Westdeutscher Ver-lag.

Heiner, Mathias, und Johannes Wildt. 2009. “Professionalisierung von Lehr-kompetenz an Universitäten: vom Schattendasein zur Referenz fürExzellenz?.” Journal Hochschuldidaktik 20.

Henning, Klaus. 1992. “Zukunftsgestaltung in einer Welt wachsender Turbulen-zen.” S. 41-62 in Methodik und Praxis der Komplexitätsbewältigung,herausgegeben von Klaus Henning und Bertram Harendt. Berlin:Duncker & Humblot.

Henning, Klaus. 1993. Spuren im Chaos: christliche Orientierungspunkte in einerkomplexen Welt. München: Olzog.

Henning, Klaus, und Ingrid Isenhardt. 1998. “Lernen trotz Chaos: Komplexitätkreativ nutzen.” S. 75-90 in Lernen im Chaos - Lernen für das Chaos,herausgegeben von ABWF. Berlin.

Heyse, Volker, John Erpenbeck, und Lutz Michel. 2002. Lernkulturen der Zu-kunft: Kompetenzbedarf und Kompetenzentwicklung in Zukunfts-branchen. Berlin: ABWF.

Page 238: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur238

Hofmann, Laila Maija, und Erika Regnet. 2003. Innovative Weiterbildungskon-zepte: Trends, Inhalte und Methoden der Personalentwicklung in Un-ternehmen. Göttingen [u.a.]: Hogrefe.

Holtz, Karl Ludwig. 2008. Einführung in die systemische Päadagogik. 1. Aufl.Heidelberg: Carl-Auer-Verlag.

Huber, Ludwig. 2005. “Qualitätsentwicklung und Akkreditierung in der Hoch-schuldidaktischen Aus- und Weiterbildung: Bericht aus der Akkredi-tierungskommission der Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik.”S. 303-309 in Hochschuldidaktische Qualifizierung. Strategien undKonzepte im internationalen Vergleich, Blickpunkt Hochschuldidak-tik. 115, herausgegeben von Sabine Brendel, Karin Kaiser, und GerdMacke. Bielefeld: Bertelsmann.

Hubrath, Magarethe. 2006. “Kompetenzfelder in der Wissenschaft.” S. 43-54 inPersonalentwicklung in der Wissenschaft: Aktuelle Prozesse, Rah-menbedingungen und Perspektiven ; Dokumentation des 1. BremerArbeitsgesprächs zur Personalentwicklung in der Wissenschaft am21./22. Februar 2005, Hochschulmanagement. Praxisanregungen. 4,herausgegeben von Magarethe Hubrath, Franziska Jantzen, und Mar-tin Mehrtens. Bielefeld: Universitätsverlag Webler.

Ihsen, Susanne, und Dietrich Brandt. 2002. “Changing institutions through integ-rated consultant intervention: the example of the university system”herausgegeben von E. F. Camacho, L. Basenez, und J. A. De LAPuenta. Manufacturing Systems: Proceedings of the 15th Ifac WorldCongress, International Federation of Automatic Control, Barcelona,Spain, 21-26 July 2002, Part 1 387ff.

Ihsen, Susanne, Ingrid Isenhardt, und Ute Steinhagen De Sanchez. 1998. “Crea-tivity, Complexity and Self-similarity: The Vision of the Fractal Uni-versity.” European Journal of Engineering Education 23:13 - 22.

Isenhardt, Ingrid. 1999. “Komplexitätsorientierte Gestaltungsprinzipien für Or-ganisationen - dargestellt an Fallstudien zu Reorganisationsprozessenin einem Grosskrankenhaus“. Aachen: Mainz.

Isenhardt, Ingrid, und Stefan Brall. 2007. “Interdisziplinäre und internationaleDienstleistungsangebote als Wettbewerbsvorteil: Das Zentrum fürLern und Wissensmanagement an der RWTH Aachen” herausgegebenvon K. Siebenhaar. Master your Service!“ Die Universität als Dienst-leister. Forum Hochschulmarketing der FU Berlin 1.

Isenhardt, Ingrid, Klaus Henning, und Petra Dassen-Housen. 1997. “Auf demWeg zur 'fraktalen' Universität: Beschreibung einer innovativen Hoch-schuleinrichtung.” S. 75-95 in Anforderungen an Weiterbildungsein-

Page 239: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 239

richtungen in Transformationsprozessen, Quem Report. 47, herausge-geben von ABWF.

Jäckel, Lutz, Christiane Kerlen, Iris Pfeiffer, und Jan Wessels. 2005. “Betriebli-ches Lernen und Lernkulturen in kleinen und mittleren Unternehmen:Systematisierung von Lernformen.” Quem-Bulletin 5-10.

Janich, Peter. 1996. Konstruktivismus und Naturerkenntnis: Auf dem Weg zumKulturalismus. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Järvinen, Annikki, und Esa Poikela. 2001. “Modelling reflective and contextuallearning at work.” Journal of Workplace Learning 13:282-289.

Jarvis, Peter. 1987. Adult learning in the social context. London; New York:Croom Helm.

Jarvis, Peter. 2004. Adult education and lifelong learning. theory and practice. 3.Aufl. London [u.a.]: RoutledgeFalmer.

Jarvis, Peter. 2006. Towards a comprehensive theory of human learning. London[u.a.]: Routledge.

Jarvis, Peter. 2007. Globalization, Lifelong Learning and the Learning Society:Sociological Perspectives. 1. Aufl. Routledge.

Jarvis, Peter. 2008. Democracy, lifelong learning and the learning society: activecitizenship in a late modern age. Abingdon, New York: Routledge.

Jarvis, Peter, John Holford, und Colin Griffin. 2003. The theory and practice oflearning. London: Kogan Page.

Jensen, Stefan. 1999. Erkenntis, Konstruktivismus, Systemtheorie: Einführung indie Philosophie der konstruktivistischen Wissenschaft. Opladen;Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

Jeserich, Wolfgang. 1989. Top-Aufgabe: die Entwicklung von Organisationenund menschlichen Ressourcen. München: C. Hanser.

Junga, Jörg und Carsten Botti. 2004. “Fit für den Wandel: Strategieentwicklungund -umsetzung in der Wissenschaft.” Wissenschaftsmanagement1/2:20-26.

Jünger, Sebastian. 2004. Selbstorganisation, Lernkultur und Kompetenzentwick-lung: Theoretische Bedingungsverhältnisse und praktische Gestal-tungsmöglichkeiten. Wiesbaden: Deutscher Universitäts Verlag.

Kayes, Christopher D. 2002. “Experiential Learning and Its Critics: Preservingthe Role of Experience in Management Learning and Education.”Academy of Management Learning and Education 1:137-149.

Kern, Horst. 2000. “Rückgekoppelte Autonomie: Steuerungselemente in losegekoppelten Systemen.” S. 25-39 in Hochschulen managen?: Zur

Page 240: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur240

Reformierbarkeit der Hochschulen nach Managementprinzipien,Hochschulwesen, herausgegeben von Anke Hanft. Neuwied [u.a.]:Luchterhand.

Kirchhöfer, Dieter. 1998. “Begriffliche Grundlagen des Programms 'Lernen imsozialen Umfeld'.” S. 5-70 in Kompetenzentwicklung in außerbetrieb-lichen Strukturen. Begriffe und Zugänge, quem report. 56, herausge-geben von ABWF. Berlin.

Kirchhöfer, Dieter. 2001. “Widersprüche in der Herausbildung einer neuenLernkultur.” S. 119-127 in Arbeiten und Lernen. Lernkultur Kompe-tenzentwicklung und innovative Arbeitsgestaltung, quem report. 67,herausgegeben von ABWF. Berlin.

Kirchhöfer, Dieter. 2004. Lernkultur Kompetenzentwicklung: BegrifflicheGrundlagen. Berlin.

Klein, Rosemarie, Sibylle Peters, und Sandra Dengler. 2000. SelbstgesteuertesLernen in der Umsetzung: Ergebnisse einer exemplarischen Projektbe-fragung. http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-2000/klein00_02.htm.

Kleining, Gerhard, und Harald Witt. 2001. “Qualitativ-heuristische Forschungals Entdeckungsmethodologie für Psychologie und Sozialwissenschaf-ten: Die Wiederentdeckung der Methode der Introspektion als Bei-spiel.” Forum qualitative Sozialforschung 1. http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/viewFile/1123/2494.

Klimecki, Rüdiger, und Hermann Laßleben. 1998. “Was veranlasst Organisatio-nen zu lernen?.” S. 65-89 in Organisationslernen im interdisziplinärenDialog, System und Organisation. 5, herausgegeben von Harald Geiß-ler, Andre Lehnhoff, und Jendrick Petersen. Weinheim: DeutscherStudien Verlag.

Knight, Louise, und Annie Pye. 2004. “Exploring the Relationships betweenNetwork Change and Network Learning.” Management Learning35:473–490.

Knöchel, Wolfram. 1998. “Lernen hat sowieso mit Chaos zu tun.” S. 101-106 inLernen im Chaos - Lernen für das Chaos, herausgegeben von ABWF.Berlin.

Kolb, David A. 1974. “On Management and the Learning Process.” S. 27-42 inOrganizational psychology: a book of readings, Behavioral sciences inbusiness series, herausgegeben von David A. Kolb. Englewood Cliffs,NJ: Prentice-Hall.

Page 241: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 241

Kolb, David A. 1984. Experiential learning: Experience as the source of learningand development. Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.

Kolb, Alice Y., und David A. Kolb. 2008. Experiential Learning Theory: A Dy-namic, Holistic Approach to Management Learning, Education andDevelopment. In: Management, Learning, Education and Develop-ment, herausgegeben von Stephen J. Armstrong und Cynthia V. Fu-kami. London [u.a.]:Sage.

Kuckertz, Andreas, und Carina Lomberg. 2007. “Möglichkeiten und Grenzenvon Onlineerhebungsverfahren für Markt- und empirische Wirt-schaftsforschung.” WiST 561-566.

Lang, Frieder R., und Franz J. Neyer. 2004. “Kooperationsnetzwerke und Karrie-ren an deutschen Hochschulen: Der Weg zur Professur am Beispieldes Faches Psychologie.” Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozi-alpsychologie 56:520-538.

Langer, Ellen J. 1989. Mindfulness. Reading: Addison-Wesley.Laske, Stephan, und Manfred Auer. 2006. “Strategisches akademisches Perso-

nalmanagement: Gedanken zum Versuch an Hochschulen Speck mit'Mäusen' zu fangen.” Personal- und Organisationsentwicklung in Ein-richtungen der Lehre und Forschung 65-68.

Laske, Stephan, Claudia Meister-Scheytt, und Wendelin Küpers. 2006. Organisa-tion und Führung. Münster; New York; München; Berlin: Waxmann.

Laske, Stephan, Tobias Scheytt, und Claudia Meister-Scheytt. 2004. “Personal-entwicklung in Universitäten: Zwischen Emanzipation und Diszipli-nierung.” S. 33-58 in Personalentwicklung und universitärer Wandel:Programm, Aufgaben, Gestaltung, Universität und Gesellschaft. 3,herausgegeben von Stephan Laske, Tobias Scheytt, und Claudia Meis-ter-Scheytt. München: Hampp.

Lévy, Pierre. 1997. Die kollektive Intelligenz: für eine Anthropologie des Cyber-space. Mannheim: Bollmann.

Lichtenberger, Yves. 1999. “Von der Qualifikation zur Kompetenz: Die neuenHerausforderungen der Arbeitsorganisation in Frankreich.” S. 275-307in Aspekte einer neuen Lernkultur. Argumente, Erfahrungen, Konse-quenzen, Kompetenzentwicklung. 1999, herausgegeben von ABWF.Münster [u.a.]: Waxmann.

Liebold, Renate, und Rainer Trinczek. 2005. Das Expertinneninterview.http://217.160.35.246/organizations/or-exp-d.htm.

Lorscheider, Bernd. 1997. Kooperative Lernprozesse in Produktionsunterneh-men. Aachen: Mainz.

Page 242: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur242

Luhmann, Niklas. 1984. Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie.1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Luhmann, Niklas. 1988. “Was ist Kommunikation?.” S. 19-31 in Lebende Sys-teme: Wirklichkeitskonstruktionen in der systemischen Therapie, her-ausgegeben von Fritz B. Simon. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Luhmann, Niklas. 1994. Soziologische Aufklärung. Wiesbaden: VS.Luhmann, Niklas. 1997. Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main:

Suhrkamp.Luhmann, Niklas. 2005. Die Soziologie und der Mensch. 2. Aufl. Wiesbaden:

VS-Verlag.Lutterer, Wolfram. 2002. Gregory Bateson: eine Einführung in sein Denken. 1.

Aufl. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme.Malik, Fredmund. 1998. “Komplexität-was ist das?.” MOM-Letter 132-144.March, James G., und Johan P. Olsen. 1990. “Die Unsicherheit der Vergangen-

heit: Organisatorisches Lernen unter Unsicherheit.” S. 373-398 in Ent-scheidung und Organisation, herausgegeben von James G. March. Dr.Th. Gabler Verlag.

Marks, Siegfried. 1991. “Gemeinsame Gestaltung von Technik und Organisationin soziotechnischen kybernetischen Systemen.” VDI Verlag.

Maturana, Humberto R. 2001. Was ist erkennen? München: Goldmann.Maturana, Humberto, und Francisco Varela. 1987. Der Baum der Erkenntnis: die

biologischen Wurzeln der menschlichen Erkennens. Bern [u.a.]:Scherz.

Max, Charles. 1999. Entwicklung von Kompetenz: ein neues Paradigma für dasLernen in Schule und Arbeitswelt. Ertrag und Perspektiven derFranzösischsprachigan Kompetenzforschung und ihre Bedeutung alsGestaltungsprinzip von Bildung. Frankfurt am Main [u.a.]: PeterLang.

McClelland, Samuel B. 1994. “Training Needs Assessment Data – GatheringMethods: Part 1, Survey Questionnaires.” Journal of European Indus-trial Training 18:22-26.

Meister-Scheytt, Claudia, und Tobias Scheytt. 2004. “Personalentwicklung alsElement strategischen Wandels in Universitäten: Sondierungen zu ei-ner wissensorientierten Theorie der Veränderung in Universitäten.” S.139-160 in Personalentwicklung und universitärer Wandel. Programm- Aufgaben - Gestaltung, Universität und Gesellschaft. 3, herausgege-

Page 243: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 243

ben von Stephan Laske, Tobias Scheytt, und Claudia Meister-Scheytt.München [u.a.]: Hampp.

Mertens, Dieter. 1974. “Schlüsselqualifikation.” Mitteilungen aus der Arbeits-markt- und Berufsforschung 7:36-43.

Mezirow, Jack. 1997. Transformative Erwachsenenbildung. Baltmannsweiler:Schneider Verlag Hohengehren.

Miettinen, Reijo. 2000. “The concept of experiential learning and John Dewey'stheory of reflective thought and action.” International Journal of Life-long Education 19:54-72.

Mintzberg, Henry. 1983. Structure in fives: designing effective organizations.Upper Saddle River, NJ [u.a.]: Prentice Hall.

Mitterer, Josef. 1998. Das Jenseits der Philosophie: Wider das dualistische Er-kenntnisprinzip. 3. Aufl. Wien: Passagen.

Mouillour, Isabelle Le. 2003. “Lernen im Prozess der Arbeit. auf dem Weg zueiner neuen Lernkultur?.” S. 168-179 in Universität auf dem Prüf-stand. Konzepte und Befunde der Hochschulforschung, Schwerpunkt-reihe Hochschule und Beruf, herausgegeben von Stefanie Schwarzund Ulrich Teichler. Frankfurt/Main [u.a.]: Campus.

Müller, Hans Joachim, und Wolfgang Stürzl. 1992. Dialogische Bildungsbe-darfsanalyse – eine zentrale Aufgabe des Weiterbildners. herausgege-ben von Harald Geißler. Frankfurt am Main [u.a.]: Lang.

Müller-Böling, Detlef. 2000. Die entfesselte Hochschule. Gütersloh: Bertels-mann Stiftung.

Müller-Böling, Detlef. 2005. “Personalentwicklung für den wissenschaftlichenNachwuchs - mehr als ein Schüler-Lehrer-Verhältnis.” S. 339-349 inManagement von Universitäten. Zwischen Tradition und (Post-)Moderne, Universität und Gesellschaft. 4, herausgegeben von HeikeWelte, Manfred Auer, und Claudia Meister-Scheytt. München [u.a.]:Hampp.

Murphy, Elizabeth. 2004. “An instrument to support thinking critically aboutcritical thinking in online asynchronous discussions.” AustralasianJournal of Educational Technology 20:295-315.

Neubert, Stefan, Kersten Reich, und Reinhard Voß. 2001. “Lernen als konstruk-tiver Prozess.” in Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten, Wiekommt Wissenschaft zu Wissen?, herausgegeben von Theo Hug.Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren http://www.uni-koblenz.de/ didaktik/voss/prozess.pdf.

Page 244: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur244

Neuweg, Georg Hans. 2001. Könnerschaft und implizites Wissen: zur lehr-lerntheoretischen Bedeutung der Erkenntnis- und Wissenstheorie Mi-chael Polanyis. 2. Aufl. Münster [u.a.]: Waxmann.

Nickel, Sigrun, und Lothar Zechlin. 2005. “Die Suche nach der optimalen Orga-nisationsstruktur: Zur Reform der dezentralen Ebene in Universitä-ten.” S. 199-211 in Management von Universitäten. Zwischen Traditi-on und (Post-)Moderne, Universität und Gesellschaft. 4, herausgege-ben von Heike Welte, Manfred Auer, und Claudia Meister-Scheytt.München [u.a.]: Hampp.

Nonaka, Ikujiro, und Hirotaka Takeuchi. 1997. Die Organisation des Wissens:Wie japanische Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbarmachen. Frankfurt am Main: Campus.

Norris, Stephen P., und Robert Hugh Ennis. 1989. Evaluating critical thinking.Pacific Grove: Midwest Publications.

Oakeshott, Michael Joseph. 1933. Experience and its modes. Cambridge: TheUniversity Press.

Pellert, Ada. 1999. Die Universität als Organisation: Die Kunst, Experten zumanagen. Wien [u.a.]: Böhlau.

Pellert, Ada. 2000. “Expertenorganisationen reformieren.” S. 39-55 in Hoch-schulen managen?: Zur Reformierbarkeit der Hochschulen nach Ma-nagementprinzipien, Hochschulwesen, herausgegeben von AnkeHanft. Neuwied [u.a.]: Luchterhand.

Pellert, Ada. 2004a. “Personalentwicklung an Universitäten: Ein Beitrag zurzukunftorientierten Universitätsentwicklung.” S. 161-189 in Personal-entwicklung und universitärer Wandel. Programm - Aufgaben - Ge-staltung, Universität und Gesellschaft. 3, herausgegeben von StephanLaske, Tobias Scheytt, und Claudia Meister-Scheytt. München [u.a.]:Hampp.

Pellert, Ada. 2000b. “Qualität der Lehre und Personalentwicklung an österreichi-schen Universitäten - gegenwärtiger Stand und Entwicklungsmöglich-keiten.” Zeitschrift für Hochschuldidaktik 24: 10-16.

Pellert, Ada. 2005. “Die Leitung von Universitäten oder die HerausforderungHochschulmanagement.” S. 51-63 in Management von Universitäten.Zwischen Tradition und (Post-) Moderne, Universität und Gesell-schaft. 4, herausgegeben von Heike Welte, Manfred Auer, und Clau-dia Meister-Scheytt. München [u.a.]: Hampp.

Pellert, Ada, und Andrea Widmann. 2008. Personalmanagement in Hochschuleund Wissenschaft. Münster [u.a.]: Waxmann.

Page 245: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 245

Pelz, Thomas. 2000. Weiterbildung in Klein- und Mittelunternehmen. Hand-lungsleitfaden für betriebliche Akteurinnen und Akteure. Düsseldorf:Hans-Böckler-Stiftung.

Piaget, Jean. 2003. Das Erwachen der Intelligenz beim Kinde. 5. Aufl. Stuttgart:Klett-Cotta.

Platt, Jennifer. 1981. “Evidence and Proof in Documentary Research: SomeSpecific Problems of Documentary Research.” Sociological Review29:31-66.

Polanyi, Michael. 1967. The tacit dimension. Garden City: Anchor Books.Prange, Christian. 1996. “Interorganisationales Lernen.” S. 164-189 in Wissens-

management, Managementforschung. 6, herausgegeben von GeorgSchreyögg und P. Conrad. Berlin [u.a.]: de Gruyter.

Preißer, Rüdiger. 1993. “Lehrveranstaltungskritiken als erster Schritt einer Eva-luation der Lehre an der technischen Universität Berlin.” S. 35-60 inQualität der Hochschulausbildung. Verlauf und Ergebnisse eines Kol-loquiums an der Gesamthochschule Kassel, Werkstattberichte. 40,herausgegeben von Klaus Winkler. Kassel: UGH Kassel.

Prior, Lindsay. 2003. Using documents in social research. London; ThousandOaks: Sage Publications.

Probst, Gilbert J. B., und Bettina Büchel. 1994. Organisationales Lernen: Wett-bewerbsvorteil der Zukunft. Wiesbaden: Gabler.

Raue, Insa Dorothea. 2002. Total-quality-Management-Regelkreise für ingeni-eurwissenschaftliche Pflichtlehrveranstaltungen an Hochschulen. Aa-chen: Mainz.

Reiber, Karin. 2006. “Hochschuldidaktische Weiterbildung als Kompetenzent-wicklung: Konzeptionelle Grundlagen und praktische Umsetzung.”Personal- und Organisationsentwicklung in Einrichtungen der Lehreund Forschung 95-100.

Reich, Kersten. 2000. Systemisch-konstruktivistische Pädagogik: Einführung inGrundlagen einer interaktionistisch-konstruktivistischen Pädagogik.Neuwied: Luchterhand.

Reichmann, Gerhard. 2008. “Welche Kompetenzen sollten gute Universitätsleh-rer aus der Sicht von Studierenden aufweisen?: Ergebnisse einerConjointanalyse.” Das Hochschulwesen 52-57.

Reinmann-Rothmeier, Gabi. 2000. Individuelles Wissensmanagement: Strategienfür den persönlichen Umgang mit Information und Wissen am Ar-beitsplatz. 1. Aufl. Bern [u.a.]: Huber.

Page 246: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur246

Reuther, Ursula. 2006. “Der Programmbereich 'Lernen im Prozess der Arbeit'.”S. 87-152 in Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm 'LernkulturKompetenzentwicklung': Ergebnisse - Erfahrungen - Einsichten,Kompetenzentwicklung. 2006, herausgegeben von ABWF. Münster[u.a.]: Waxmann.

Rieckmann, Heijo. 1992. “Dynaxibility - oder wie "systemisches" Managementin der Praxis funktionieren kann.” S. 17-39 in Methodik und Praxisder Komplexitätsbewältigung, herausgegeben von Klaus Henning undBertram Harendt. Berlin: Duncker & Humblot.

Roth, Gerhard. 2007. Fühlen, Denken, Handeln: Wie das Gehirn unser Verhaltensteuert. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Ryle, Gilbert. 1969. Der Begriff des Geistes. Stuttgart: Reclam.Sandbothe, Mike. 2003. “Vorwort zu Geschichten & Diskurse.” S. 7-22 in Ge-

schichten & Diskurse, herausgegeben von Siegfried J. Schmidt. Rein-bek bei Hamburg: rowohl.

Sander, Paul, Keith Stevenson, Malcom King, und David Coates. 2000. “Univer-sity Students': Expectations of Teaching.” Studies in Higher Education25:309-323.

Sauer, Jutta. 2005. Förderung von Innovationen in heterogenen Forschungsnetz-werken und Evaluation am Beispiel des BMBF-LeitprojektesSENEKA. Aachen: Mainz.

Schaeper, Hildegard, und Kolja Briedis. 2004. Kompetenzen von Hochschulab-solventinnen und Hochschulabsolventen: Berufliche Anforderungenund Folgerungen für die Hochschulreform. Hannover: HIS.

Scharmer, Claus Otto, und Katrin Käufer. 2000. “Universität als Schauplatz fürden unternehmehnden Menschen: hochschulen als 'Landestationen' fürdas In-die-Welt-Kommen des Neuen.” S. 109-134 in Universität im21. Jahrhundert: zur Interdependenz von Begriff und Organisation derWissenschaft, herausgegeben von Stephan Laske, Tobias Scheytt,Claudia Meister-Scheytt, und Claus Otto Scharmer. München; Me-ring: Hampp.

Schein, Edgar H. 1995. Organizational culture and leadership. 2. Aufl. San Fran-cisco: Jossey-Bass.

Schiersmann, Christiane, und Heide Remmele. 2002. Neue Lernarrangements inBetrieben: Theoretische Fundierung - Einsatzfelder - Verbreitung.Berlin: ABWF.

Schmidt, Boris. 2007. „Personalentwicklung für junge wissenschaftliche Mitar-beiter/-innen: Kompetenzprofil und Lehrveranstaltungsevaluation als

Page 247: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 247

Instrumente hochschulischer Personalentwicklung“. Jena: Friedrich-Schiller-Universität. http://www.db-thueringen.de/servlets/DocumentServlet?id=8696.

Schmidt, Siegfried J. 1993. “Zur Ideengeschichte des Radikalen Konstruktivis-mus.” S. 327-349 in Das Gehirn. Organ der Seele? Zur Ideengeschich-te der Neurobiologie, herausgegeben von Ernst Florey und OlafBreidbach. Berlin: Akademie Verlag GmbH.

Schmidt, Siegfried J. 2003a. Geschichten & Diskurse. Abschied vom Konstruk-tivismus. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch-Verl.

Schmidt, Siegfried J. 2003b. Eine Philosophie der Geschichten & Diskurse.Abschied vom Konstruktivismus. http://egora.uni-muenster.de/ifk/personen/bindata/EinePhilosophiederGeschichtenundDiskurse_230106.pdf.

Schmidt, Siegfried J. 2003c. “Was wir vom Lernen zu wissen glauben.” S. 11-25in Was kann ich Wissen? Theorie und Geschichte von Lernkultur undKompetenzentwicklung, herausgegeben von ABWF. Berlin: ABWF.

Schmidt, Siegfried J. 2003d. Kognitive Autonomie und soziale Orientierung:konstruktivistische Bemerkungen zum Zusammenhang von Kognition,Kommunikation, Medien und Kultur. Münster: Lit.

Schmidt, Siegfried J. 2005. Lernen, Wissen, Kompetenz, Kultur. Vorschläge zurBestimmung von vier Unbekannten. 1. Aufl. Heidelberg: Auer.

Schmidt, Siegfried J. 2006. Bildung in der Wissensgesellschaft?http://www.bildung-zukunft-suedtirol.it/download/schmidt.pdf.

Schmidt, Siegfried J. 2008. Unternehmenskultur: die Grundlage für den wirt-schaftlichen Erfolg von Unternehmen. Weilerswist: Velbrück Wiss.

Schnell, Rainer, Paul Bernhard Hill, und Elke Esser. 1999. Methoden der empiri-schen Sozialforschung. München: Oldenbourg.

Schön, Donald A. 1983. The reflective practitioner: how professionals think inaction. New York: Basic Books.

Schön, Donald A. 1987. Educating the reflective practitioner. San Francisco:Jossey-Bass.

Schulmeister, Rolf. 2005. “Der Studiengang 'Master of Higher Education': EinCurriculum in Hochschuldidaktik für den Hochschullehrernachweis.”S. 123-134 in Hochschuldidaktische Qualifizierung. Strategien undKonzepte im internationalen Vergleich, Blickpunkt Hochschuldidak-tik. 115, herausgegeben von Sabine Brendel, Karin Kaiser, und GerdMacke. Bielefeld: wbv.

Page 248: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur248

Schulz-Schaeffer, Ingo. 2000. “Akteur-Netzwerk-Theorie: Zur Koevolution vonGesellschaft, Natur und Technik.” in Soziale Netzwerke: Konzepteund Methoden der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung, her-ausgegeben von Johannes Weyer. München: Oldenbourg.

Schüßler, Ingeborg. 2004. Lernwirkungen neuer Lernformen.Schweizer, Stefan. 2007. “Deutscher Idealismus, Autopoiese und Radikaler

Konstruktivismus. Eine ideengeschichtliche Rekonstruktion.”Electroneurobiología 15:2-62.

Scott, David, und Marlene Morrison. 2006. Key ideas in educational research.London [u.a.]: Continuum.

Seel, Norbert M. 2000. Psychologie des Lernens: Lehrbuch für Pädagogen undPsychologen. München: Reinhardt.

Senge, Peter M. 2008. Die fünfte Disziplin: Kunst und Praxis der lernendenOrganisation. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Senger, Ulrike. 2008. “Personalentwicklung junger Forschender: Nachwuchsför-derung an der Schnittstelle zwischen Hochschule und Wirtschaft.”Wissenschaftsmanagement 22-30.

Sengupta, Kishore, Tarek K.Abdel-Hamid, und Luk N. Van Wassenhove. 2008.“Die Erfahrungsfalle.” Harvard Businessmanager 91-101.

Severing, Eckart. 2001. “Selbstorganisiertes Lernen und institutionalisierte Wei-terbildung.” S. 149-159 in Arbeiten und Lernen. Lernkultur Kompe-tenzentwicklung und innovative Arbeitsgestaltung, quem report. 68,herausgegeben von ABWF. Berlin.

Shewhart, Walter A. 1939. Statistical method from the viewpoint of quality con-trol. Washington: The Graduate School.

Siebert, Horst. 2000. Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung: Didaktikaus konstruktivistischer Sicht. Neuwied [u.a.]: Luchterhand.

Siebert, Horst. 2001. “Lernen.” in Wörterbuch Erwachsenenpädagogik, heraus-gegeben von Rolf Arnold, Sigrid Nolda, und Ekkehard Nuissl. BadHeilbrunn/Obb.: Klinkhardt.

Siemens, George. 2006. Knowing Knowledge. Lulu.com.Simon, Fritz B. 2007. Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus. 2.

Aufl. Heidelberg: Carl-Auer-Verlag.Simon, Hermann. 2004. Think!: Strategische Unternehmensführung statt Kurz-

frist-Denke. Frankfurt am Main [u.a.]: Campus.Singer, Wolf. 2002. Der Beobachter im Gehirn: Essays zur Hirnforschung.

Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Page 249: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 249

Sonntag, Karlheinz, und Niclas Schaper. 1992. “Förderung beruflicher Hand-lungskompetenz.” S. 211-244 in Personalentwicklung in Organisatio-nen: Psychologische Grundlagen, Methoden und Strategien, herausge-geben von Karlheinz Sonntag. Göttingen [u.a.]: Hogrefe.

Spencer-Brown, George. 1969. Laws in Form. London: Allen and Unwin.Stagge, Carsten. 2000. “Kooperative Wege der Hochschulentwicklung: Modera-

tionsmethode als Beteiligungsplacebo?.” S. 191-212 in Hochschulenmanagen?: Zur Reformierbarkeit der Hochschulen nach Management-prinzipien, Hochschulwesen, herausgegeben von Anke Hanft. Neu-wied [u.a.]: Luchterhand.

Staudt, Erich, und Bernd Kriegsmann. 1999. “Weiterbildung - Ein Mythos zer-bricht: Der Wiederspruch zwischen überzogenen Erwartungen undMisserfolgen in der Weiterbildung.” in Aspekte einer neuen Lernkul-tur. Argumente, Erfahrungen, Konsequenzen, Kompetenzentwicklung.1999, herausgegeben von ABWF. Münster [u.a.]: Waxmann.

Stelzer-Rothe, Thomas, und Tobina Brinker. 2005. Kompetenzen in der Hoch-schullehre. Rüstzeug für gutes Lehren und Lernen an Hochschulen. 1.Aufl. Rinteln: Merkur.

Strina, Giuseppe. 2003. Zur betrieblichen Bewertung von Investitionen in Lern-kultur und Kompetenzentwicklung - oder: Was kostet die (Weiterbil-dungs-)Welt? herausgegeben von ABWF. Münster [u.a.]: Waxmann.

Surowiecki, James. 2005. Die Weisheit der Vielen nutzen. 1. Aufl. München:Bertelsmann.

Tang, Thomas Li-Ping. 1997. “Teaching evaluation at a public institution ofhigher education: Factors related to the overall Teachin Effective-ness.” Public Personnel Management 26:379-389.

Tennant, Mark. 1997. Psychology and Adult Learning. 2. Aufl. London; NewYork: Routledge: Taylor & Francis.

THESIS. 2004. Zur Situation Promovierender in Deutschland: Ergebnisse derbundesweiten THESIS-Dorktorandenbefragung 2004.http://www.duz.de/docs/downloads/duzspec_promov.pdf.

Tomaschek, Nino. 2007. “Die bewusste Organisation: Organisationale Selbstre-flexion für die Entstehung von Orgnisationsbewusstsein.” S. 25-37 inDie bewusste Organisation: Steigerung der Leistungsfähigkeit, Le-bendigkeit und Innovationskraft von Unternehmen, herausgegebenvon Nino Tomaschek. Heidelberg: Carl-Auer.

Trier, Matthias. 2001. “Tätigkeit: Ausgangspunkt und Ziel des Lernens.” S. 177-183 in Arbeiten und Lernen. Lernkultur Kompetenzentwicklung und

Page 250: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur250

innovative Arbeitsgestaltung, quem report. 68, herausgegeben vonABWF. Berlin.

TU9. 2007. Die Zukunft des Erfolgmodells Ingenieurpromotion.http://www.tu9.de/media/img/designelemente/20061215_TU9_Position_Promotion_Beschluss.pdf.

TU9. 2009. Gemeinsame Erklärung zu der Rolle und des Stellenwertes der Pro-motion im Rahmen des Bologna-Prozesses vom 22.04.2009.http://www.4ing.net/fileadmin/PDF/04_09/Gemeinsame_Erklaerung_Promotion_Leuven_220409.pdf.

Unger, Helga. 1998. “Organisationales Lernen durch Teams: Methode und Um-setzung eines teambasierten Projektmanagements.” Hampp.

VDE, Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik. 2005.Ingenieurkompetenzen von Berufseinsteigern. Stellungnahme desVDE Ausschusses 'Beruf, Gesellschaft und Technik'.

VDI, Verein Deutscher Ingenieure. 2004. Stellungnahme zur Weiterentwicklungder Ingenieurausbildung in Deutschland. Düsseldorf: VDI.

VDI, Verein Deutscher Ingenieure. 2007. Grundsätze für Ausbildungsergebnisseingenieurwissenschaftlicher Studiengänge. Düsseldorf: VDI.

VDI/VDE, Verein deutscher Ingenieure/ Verband der Elektrotechnik und Elekt-ronik. 2008. Empfehlungen zur Ausgestaltung der Promotionsphase inden Ingenieurwissenschaften. http://www.vde.com/de/Karriere/Ingenieurausbildung/documents/empf_promotionsphase_internet_28-07-08.pdf.

VDI-Nachrichten. 2004. Studienreform in den Ingenieurwissenschaften. Düssel-dorf: vdi-nachrichten.

VDMA, Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer. 2006. Wir kümmernuns um die Elite: VDMA Positionen zur Promotion .http://www.vdma.org/wps/wcm/connect/df66f9804dd1ed5aa4eaecd1f693e3d9/VDMA+Positionspapier+Promotion.pdf?MOD=AJPERES&CACHEID=df66f9804dd1ed5aa4eaecd1f693e3d9.

Veith, Hermann. 2003. “Lernkultur, Kompetenz, Kompetenzentwicklung undSelbstorganisation. Begriffshiostorische Untersuchungen zur gesell-schaftlichen und pädagogischen Konstruktion von Erziehungswirk-lichkeiten in Theorie und Praxis.” S. 179- 229 in Was kann ich Wis-sen?: Theorie und Geschichte von Lernkultur und Kompetenzentwick-lung, quem report 82, herausgegeben von ABWF. Berlin: ABWF.

Vester, Frederic. 1983. Neuland des Denkens: vom technokratischen zum kyber-netische Zeitalter. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt.

Page 251: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 251

Viebahn, Peter. 2004. Hochschullehrerpsychologie: Theorie- und empirie-basierte Praxisanregungen für die Hochschullehre. Bielefeld: Univer-sitätsverlag Webler.

Vince, Russ. 1998. “Behind and Beyond Kolb's Learning Cycle.” Journal ofManagement Education 22:304-319.

Volpert, Walter. 1992. Wie wir handeln - was wir können: ein Disput als Einfüh-rung in die Handlungspsychologie. Heidelberg: Asanger.

Wahren, Heinz-Kurt E. 1996. Das lernende Unternehmen: Theorie und Praxisdes organisationalen Lernens. Berlin [u.a.: de Gruyter.

Webler, Wolff-Dietrich. 1993. “Professionalität an Hochschulen: Zur Qualifizie-rung des wissenschaftlichen Nachwuchses für seine zukünftigen Auf-gaben in Lehre, Prüfung, Forschungsmanagement und Selbstverwal-tung.” Das Hochschulwesen 119-148.

Webler, Wolff-Dietrich. 2003. “Zur professionellen Vorbereitung auf die Hoch-schullehre: Ein Blick auf den internationalen Sachstand aus Anlaßmodellhafter Nachwuchspolitik in Baden-Württemberg.” Das Hoch-schulwesen S. 14-24.

Webler, Wolff-Dietrich. 2004. “Professionelle Ausbildung zum Hochschullehrer:Modularisierter Auf- und Ausbau der Forschungs- und Lehrkompe-tenz sowie des Wissenschaftsmanagements in einem Curriculum..”Das Hochschulwesen S. 66-74.

Webler, Wolff-Dietrich. 2007. “Entwicklung von Programmen zum Auf- undAusbau der Lehrkompetenz (Hochschuldidaktik).” Personal- und Or-ganisationsentwicklung in Einrichtungen der Lehre und Forschung1-12.

Weick, Karl E. 1976. “Educational Organizations as Loosely Coupled Systems.”Administrative Science Quarterly 21:1-19.

Weiß, Reinhold. 1997. Aus- und Weiterbildung für die Dienstleistungsgesell-schaft. Köln: div.

Weiß, Reinhold. 2003. “Betriebliche Weiterbildung 2001: Ergebnisse einer IW-Erhebung.” iw-trends 1-17.

Weiß, Reinhold. 2000. Wettbewerbsfaktor Weiterbildung: Ergebnisse derWeiterbildungserhebung der Wirtschaft. Köln: div.

Whitehead, Alfred North, und Bertrand Russell. 2008. Principia mathematica:Vorwort und Einleitungen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Wildt, Johannes. 2003. “Thesen zu einer modularisierten hochschuldidaktischenWeiterbildung: Qualifizierungsprogramme zwischen Marktsteuerung

Page 252: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur252

und Expertenkonstruktion.” S. 117-129 in Hochschuldidaktische Aus-und Weiterbildung: Grundlagen, Handlungsformen, Kooperationen,herausgegeben von Ulrich Welbers. Bielefeld: wbv.

Wildt, Johannes. 2004. “'The shift from Teaching to Learning': Thesen zumWandel der Lernkultur in modularisierten Strukturen.” S. 168-177 inQualitätssicherung und Studienreform: Strategie und Programment-wicklung für Fachbereiche und Hochschulen im Rahmen von Zielver-einbarungen am Beispiel der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf,herausgegeben von Holger Ehlert und Ulrich Welbers. Düsseldorf:Grupello.

Wildt, Johannes. 2005. “Trends und Entwicklungsoptionen der Hochschuldidak-tik in Deutschland.” S. 87-103 in Hochschuldidaktische Qualifizie-rung: Strategien und Konzepte im internationalen Vergleich, Blick-punkt Hochschuldidaktik. 115, herausgegeben von Sabine Brendel,Karin Kaiser, und Gerd Macke. Bielefeld: wbv.

Wildt, Johannes. 2006a. “Hochschuldidaktische Weiterbildung in Deutschland.”S. 269-283 in Literatur - Lehren - Lernen: Hochschuldidaktik undgermanistische Literaturwissenschaft, herausgegeben von SusanneHochreiter und Ursula Klingenböck. Wien [u.a.]: Böhlau.

Wildt, Johannes. 2006b. “Formate und Verfahren in der Hochschuldidaktik.” inConsulting, Coaching, Supervision: eine Einführung in Formate undVerfahren hochschuldidaktischer Beratung, Blickpunkt Hochschuldi-daktik. 117, herausgegeben von Johannes Wildt, Birgit Szczyrba, undBeatrix Wildt. Bielefeld: wbv.

Wildt, Johannes, Birgit Encke, und Karen Blümcke, hrsg. 2003. Professionalisie-rung der Hochschuldidaktik: Ein Beitrag zur Personalentwicklung anHochschulen. Bielefeld: wbv.

Wildt, Johannes, Birgit Szczyrba, und Beatrix Wildt, hrsg. 2006. Consulting,Coaching, Supervision: eine Einführung in Formate und Verfahrenhochschuldidaktischer Beratung. Bielefeld: wbv.

Willke, Helmut. 2004. Einführung in das systemische Wissensmanagement.Heidelberg: Carl-Auer-Systeme.

Winde, Mathias. 2006a. “Stiefkind Personalmanagement: Ergebnisse einer Stif-terverbands-Umfrage.” Stifterverband - Positionen 5-9.

Winde, Mathias. 2006b. “Wie kann modernes Personalmanagement an deutschenHochschulen gefördert werden?.” Personal- und Organisationsent-wicklung in Einrichtungen der Lehre und Forschung 61-64.

Page 253: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement

10. Literatur 253

Winteler, Adi. 2004. Professionell lehren und lernen: ein Praxisbuch. Darmstadt:wbg.

Wissenschaftsrat. 2002. Empfehlungen zur Doktorandenausbildung .http://www.wissenschaftsrat.de/texte/5459-02.pdf.

Wissenschaftsrat. 2008. Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung von Lehre undStudium. http://www.wissenschaftsrat.de/texte/8639-08.pdf.

Witzel, Andreas. 2000. “Das problemzentrierte Interview.” Forum qualitativeSozialforschung 1. http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/ view/1132/2520.

Zepke, Georg. 2005. Reflexionsarchitekturen: Evaluierung als Beitrag zum Or-ganisationslernen. 1. Aufl. Heidelberg: Verlag für Systemische For-schung.

Zeuch, Andreas. 2007. Management von Nichtwissen in Unternehmen. 1. Aufl.Heidelberg: Carl-Auer-Systeme.

Zimbardo, Philip G., Richard J. Gerrig, und Siegfried Hoppe-Graff. 1999. Psy-chologie. Berlin [u.a.]: Springer.

Page 254: Arbeitsbegleitende Kompetenzentwicklungals universitäres Strategieelement