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Astronomisch motivierte Standorte von Tikal und Uaxactún Mario Krygier

Astronomisch motivierte Standorte von Tikal und Uaxactun

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Manchmal fragt man sich wirklich, ob die Damen und Herren der forschenden Zunft mit ihren Thesen nicht etwas über das Ziel hinausschießen.

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Astronomisch motivierte Standorte

von Tikal und Uaxactún

Mario Kr ygier

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Astronomisch motivierte Standorte von Tikal und Uaxactún

Manchmal fragt man sich wirklich, ob die Damen und Herren der forschenden Zunft mitihren Thesen nicht etwas über das Ziel hinausschießen. Dennoch sind es gerade dieabenteuerlichen Behauptungen, die uns zur Auseinandersetzung mit den fachlichen Inhaltenmotivieren. Kann es ein Zufall sein oder steckt hier wirklich die unglaubliche Absichtdahinter, dass die Gründungsorte der Mayastädte Tikal und Uaxactún derart astronomisch

motiviert sind, dass man am Horizont denSonnenaufgang am Tag der Wintersonnen-wende genau über zwei etwa 100 km ent-fernten Bergen beobachten konnte? VincentH. Malmström analysiert diese und weitereProbleme der astronomischen Orientierung vonMayastädten und –gebäuden in seinem Buch

„Cycles of the Sun, Mysteries of the Moon –The Calendar in Mesoamerican Civilization”.Ich nehme den oben beschriebenen Fall hiereinmal unter die Lupe.

Lage von Tikal und Uaxactún

Die älteste bekannte Struktur unter der Pyramide “Mundo Perdido” ist über 2500 Jahrealt. Erklommen lange vor Christus an einem 21.12. unseres damals noch nicht existentengregorianischen Kalenders die Gründer Tikals die höchsten Bäume, um einen besonderenAusblick auf den Sonnenaufgang direkt über dem zweithöchsten Berg von Belize, demVictoria Peak, zu erhaschen. Der heutige Beobachter kann diesen Horizontpunkt vonTempel 4 aus über der Spitze des Tempel 3 anpeilen.

Blick von Tempel 4 zum Tempel 3 in Tikal

Gemäß Google Earth lauten die Koordinaten des Victoria Peak 16,8° nördliche Breite und88,6° westliche Länge. Als Tikalkoordinaten verwende ich den Mittelwert aus den von mirgemessenen Werten der Mundo Perdido-Pyramide und des Tempels 4, der den höchstenAussichtspunkt darstellt. Gerundet auf zwei Stellen nach dem Komma ergeben sich für beidenicht weit voneinander entfernte Bauwerke die Koordinaten 17,22° nördliche Breite und89,63° westliche Länge.

Für die hier anzustellenden Betrachtungen eignen sich zwei von mir geschriebeneProgramme vorzüglich. Eines liefert die Richtung und die Entfernung Tikal - Victoria Peak:Azimut = 112,8° und Distanz = 119 km. Das andere, ein Teilprogramm meiner Software„MayaSky“, spuckt die Sonnenauf- und –untergangsazimute für die geographische Breite vonTikal für die Sonnenwendetage aus. Uns interessieren hier vor allem die 114,8° vom 21.12.

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Azimut und Entfernung Tikal - Victoria Peak

Azimute des Sonnenauf- und -untergangs an den Sonnenwendetagen in Tikal

Wie sind nun dieses Ergebnisse zu werten? In den Geometriestunden in der Schulebrachten wir kaum Verständnis dafür auf, wenn der Lehrer bei 2° Abweichung sagte, dassunsere Konstruktion ungenau sei. So genau kann man doch gar nicht gucken! Tatsächlichsind114,8° - 112,8° = 2° Differenz zwischen theoretischem Sonnenwendeazimut und Peilung zumVictoria Peak ziemlich viel. Das sind immerhin vier Sonnendurchmesser! Dieser Abweichungwirkt der Umstand entgegen, dass in Richtung Victoria Peak der natürliche Horizont etwashöher liegt und die Sonne sowieso erst bei einem gewissen Stand über dem Horizont alsaufgegangen gilt.

Unsere Überlegungen sind außerdem nur sinnvoll, wenn man den Berg aus dergewaltigen Entfernung überhaupt erkennen kann. Vom Standort Tikal mit ca. 300 m Höhesieht man den mathematischen Horizont in 60 km Entfernung, weshalb ein 300 m hoher

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Punkt in Victoria-Peak-Entfernung von 120 km gerade mit der Spitze auf Horizonthöhe vonTikal aus liegen würde. Nun ist der Victoria Peak aber 1120 m hoch, sollte also bei freier Sichtvon Tikal aus in der Tat komfortabel zu sehen sein, wenn er sich nur deutlich genug vonseiner Umgebung abhebt. Unter nahezu idealen Sichtverhältnissen mit wenig Absorptionund viel Kontrast kann man theoretisch doppelt so weit gucken. Der Kontrast am natürlichenHorizont zwischen Wald bzw. Berg und Himmel ist gegeben, es müssen also nur dieWetterbedingungen gut genug sein, was auf dem von mir fotografierten Bild oben nicht derFall ist. Bewusst habe ich auch keinen Zoom bzw. gar ein Teleobjektiv eingesetzt.

Die Abweichung von 2° führt nicht zwangsläufig zur Ablehnung der These von HerrnMalmström. Es bleibt offen und somit möglich, dass die Maya den Standort Tikal nebenanderen Faktoren auch mit Blick auf den Victoria Peak und den genau dort stattfindendenSonnenaufgang zur Wintersonnenwende gewählt haben. Offen bleibt dann auch, wie vieleBäume dafür beklettert werden mussten.

Analog zur Bewertung des Standortes von Tikal bezüglich der Richtung zum Victoria Peakist nun die Lage von Uaxactun hinsichtlich der Richtung zum Baldy Beacon (17° | -88.7833333°) zu betrachten.

Azimut und Entfernung Uaxactún - Baldy Beacon

Die Richtung Uaxactún – „Baldy Beacon“ hat einen Azimutwert von 115.4°. DieseÜbereinstimmung ist deutlich, zumal aufgrund der großen Entfernung die GPS-Messtoleranzzu vernachlässigen ist. Die Abweichung von 0.6° entspricht lediglich einem Sonnen-durchmesser. Man müsste nun noch die genauen Horizontgegebenheiten und die Refraktionin Betracht ziehen. Uaxactún erfüllt damit die Behauptung erstaunlich gut.

Übrigens ist die relative Ausrichtung vonGebäuden innerhalb der Städte geradehinsichtlich der Sonnenwenderichtungen imMayaland sehr oft anzutreffen. So besitzt dieStadt Uaxactún eines der ältesten derartigenObservatorien.

Mario Krygier

http://www.faszination2012.de

http://www.faszination-maya.de Sonnenobservatorium in Uaxactún

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