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ZISSKA &LACHER BUCH- UND KUNSTAUKTIONSHAUS Sonderkatalog zur Auktion 65 5. November 2015 Zettelwirtschaft

Auktion 65 - November 2015 - Sonderkatalog

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Zisska & Lacher, Buch- und Kunstauktionshaus Auktion 65, Sonderkatalog "Zettelwirtschaft" Theater- Konzert- und Zirkuszettel des 19. Jahrhunderts

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ZISSKA & LACHERB U C H - U N D K U N S T A U K T I O N S H A U S

Sonderkatalog zur Auktion 655. November 2015

Zettelwirtschaft

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Auktion 65Freiwillige VersteigerungDonnerstag, 5.11.2015

Auktionatoren: Wolfgang Lacher, Friedrich Zisska

ZISSKA & LACHERB U C H - U N D K U N S T A U K T I O N S H A U S

B O O K A N D A R T A U C T I O N S

Besichtigung:Montag, 26.10. – Freitag, 30.10.Montag, 2.11. – Dienstag, 3.11.jeweils von 9.00 – 13.00 Uhr und 14.00 – 18.00 Uhr

Ausnahmslos für auswärtige KundenSonntag, 1.11., von 12.00 – 18.00 Uhr

Theater. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1 – 15Das Odeon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16Zirkus und Varieté. . . . . . . . . . . . . . . . .17– 40

Zettelwirtschaft

Versteigerung: 5. November 14.30 Uhr

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Katalogpreis: 25 €Wir bitten um Überweisung des Betrages anZisska & Lacher GmbH & Co. KGBankhaus Max Flessa KG, München, IBAN: DE72 7933 0111 0000 7704 44 BIC: FLESDEMM

Für Aufträge, die später als einen Tag vor oder erstwährend der Versteigerung eingehen, übernehmenwir keine Haftung.Gebote, die unter der Hälfte des Schätzpreises liegen, können nicht berücksichtigt werden.

Payments for auction goods can be made in cash or wire-transfer. We accept Visa or Diners Club International credit cards for catalogue payment only.

The prices stated in the catalogueare estimates (not reserves).We do not accept bids of less than 50 per cent of the estimate.Please visit www.zisska.de for full bidder information.

Zisska & Lacher GmbH & Co KGUnterer Anger 15 · 80331 MünchenTelefon 089/263855 · Fax 089/[email protected] · www.zisska.de

Katalogbearbeitung:Dr. Maria Glaser, Frank Purrmann,Sabine ZachmannFotos: Adrian ZarcosRedaktion: Hilmar Schmuck

ZISSKA & LACHERB U C H - U N D K U N S T A U K T I O N S H A U S

Sonderkatalog 65/2

Umschlag Titelseite: aus Nr. 2Umschlag Rückseite: aus Nr. 32

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Theater

,, Die Muse des Theaters sprichtIn Versen gern nach altem Brauch;

Drum wagt der Zettelträger auch,So schlecht und recht ein klein Gedicht …

Bald kündet er mit Gesang und KlangWohl eine schöne Oper an,

In der man sich ergötzen kann …Ohne Scheu vor Sturm und Regen

Eilt er allzeit unverdrossen,Wirft es Hagel oder Schlossen –

In den schwülsten Sommer-Tagen –Sey’s schön Wetter oder nicht Stets erfüllt er seine Pflicht. “

Die Glocke schellt. Es klopft an der Tür. „Wer da?“ Schweren Schrittes und schweißgebadet tritt ein: der Zettelträger.Was er bringt, ist frohe Kunde: Theater, Oper, Zirkus, das ganzebunte Programm!

So etwa muß man sich die Szene vorstellen, wenn ein Theaterzettel-träger seine Programmankündigung überbrachte. Einen genauerenEinblick gibt der „National-Theater-Zettelträger“ Martin Müller. Erhat seine Arbeit 1831 in einem mehrstrophigen Gedicht beschrieben.Und dieses Gedicht hat er den Theaterzetteln beigelegt, die er täglichaustrug. Natürlich spekulierte er mit dieser Zugabe auch auf eingroßzügiges Trinkgeld. Sein Lohn als Austräger war nicht üppig,deswegen übernahm er am Theater schon mal zusätzliche Aufgabenwie die des Requisiteurs oder auch Schauspielers. Sein Alltag sahjedoch so aus: Kurz nach Erscheinen des Theaterzettels machte ersich in Windeseile auf den Weg – schließlich muß das Publikumrechtzeitig über das Programm des Abends unterrichtet werden. Einpaar wenige Zettel hängt er an den von den Behörden genehmigtenOrten öffentlich aus, die meisten verteilt er an Abonnenten von Privathaushalten. Bei jedem Wetter jagte er treppauf, treppab durchdie Stadt, um den Kunden mitzuteilen, was am Abend auf dem Programm steht.

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Es konnte sogar vorkommen, daß der Zettelträger wegen einer kurzfristigen Programmänderung am selben Tag noch ein zweitesMal ausschwärmen mußte. Er kündigte aber nicht nur Komödienund Tragödien an, sondern war bisweilen auch selbst Gegenstandeiner Posse. So wurde am Stadttheater in Bamberg 1836 das Stück„Der Zettelträger“ aufgeführt. Die Figur bot sich für allerlei Ver -wirrungen und Verwechslungen an: der Zettelträger kannte denneuesten Klatsch und Tratsch und konnte so auch gleich den Postil-lon d’amour spielen.

Mit den immer größer werdenden Städten kam der Beruf des Zettelträgers jedoch langsam aus der Mode. Ab Mitte des 19. Jahr-hunderts gab es die Zettel dann auch in ausgewählten Geschäften.So weist die Intendanz des Münchner Actien-Volks-Theaters (heuteGärtnerplatz-Theater) ausdrücklich darauf hin, „daß den geehrtenInteressenten der Zettel täglich pünktlich in die Wohnung geliefertwird“ oder „in der Musikalienhandlung von Herrn Aibl (Kaufinger -str. 26)“ erworben werden kann. Ende des 19. Jahrhunderts ver-schwand der Theaterzettel endgültig: Das Programmheft löste ihnab, und die öffentlich ausgehängten Zettel wurden durch groß -formatige Plakate ersetzt.

Heute ist es selbstverständlich, daß die Namen der Interpreten aufden Programmzetteln in voller Länge genannt werden. Im 19. Jahr-hundert war dieser Brauch allerdings unüblich. Auf den Theater-zetteln wurden zwar auch ausführliche Besetzungslisten abgedruckt,in aller Regel blieben die Vornamen der Mitwirkenden aber ausge-spart. Dafür wurden die Nachnamen der Sänger und Schauspielermit einer Anrede versehen. Zu welchen Komplikationen diese Rege-lung führen konnte, zeigt der Theaterzettel des „Teatro filodram-matico“: „Um jedweder Irrung vorzubeugen wird ein verehrtesPublikum hiemit aufmerksam gemacht, dass Herr Vanini, Darstellerdes Grandet, nicht mit jenem Herrn Vanini, der in der Wintersaisonhier engagiert war, zu verwechseln ist.“ Auch Regisseure, Bühnen-und Kostümbilder blieben bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts oftunerwähnt. Beginn und Ende der Vorstellung, Eintrittspreise undÖffnungszeiten der Kasse fanden sich im Kleingedruckten.

Skurrile Zettel: Othello von heftigem Katarrh befallen

Mancher Zettel enthält Vorankündigungen für den nächsten Tag undgibt Ausfälle bei den Künstlern bekannt: „Da Herr Mittermayer voneinem heftigen Katarrh befallen worden ist, so kann die für heutebestimmte Oper: Othello nicht stattfinden.“ Auf den meisten Thea-terzetteln gibt es keine Angaben zum Jahr der Aufführung noch zumStandort des Hauses, was die Recherche sehr schwierig macht. DieDatierung der Aufführungen ist oft den Beschriftungen auf den Vor-derdeckeln der vorliegenden Einbände entnommen. Den Theater-zettel nutzten Direktoren gelegentlich auch für Ankündigungen –

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etwa für kurzfristige Schließungen aus politischen Gründen. Sogaben anläßlich des Deutschen Krieges von 1866 geben die Aktio-näre des Actien-Volks-Theaters eine Unterbrechung der Spielzeitbekannt. Korrekturen auf der Besetzungsliste wurden auf Extra- Zetteln veröffentlicht. Manches Theater druckte zeitweise auf derRückseite auch Werbeanzeigen ab. Die Intendanz des Actien-Volks-Theaters lieferte auch den Grund dafür: „Ein Theaterzettel wandertgar viel herum und gelangt in die Hände von Fremden und Einhei-mischen und es eignet sich, wenn dessen Rückseite zur Bekanntgabevon Annoncen benützt wird“.

Reizende Dekorstücke und königliche Ankündigungen auf Seide

Etablierte Häuser wie das Münchner National- und Hoftheaterdruckten ihre Zettel angesichts der großen Abonnentenzahl in hoherAuflage, Liebhabertheater nur für eine kleine Mitgliederzahl. DieZettel der großen Häuser sind mit wenigen Zierleisten und Schmuck -elementen ausgestaltet. Die Liebhabertheater ließen hingegen aufbesserem Papier drucken und versahen ihre Ankündigungen mit reizenden Dekorstücken. Alle Bühnen ließen zu besonderen Anläs-sen ihre Programme auf kostbare Seide drucken. Gelegenheitenboten dazu vor allem Bühnenjubiläen, Abschiedsvorstellungen,Gastspiele von herausragenden Künstlern und Geburts- und Fest-tage von Mitgliedern des bayrischen Königshauses.

Die vorliegende einzigartige Sammlung von ca. 15.000 Theater -zetteln gibt vor allem einen Einblick in das reiche Münchner Thea-terleben des 19. Jahrhunderts. Nicht nur die großen Hoftheater sindvertreten, sondern auch die beliebten Volksbühnen der FamilieSchweiger, die in der Isarvorstadt das Publikum scharenweise anzo-gen. Beeindruckend sind vor allem die Zettel unbekannter Lieb -habertheater wie die der exklusiven Münchner „Gesellschaft desFrohsinns“ und die des „Theaters der Reitkunst“ von Herzog Maxi-milian in Bayern. Doch die Sammlung macht vor den StadtgrenzenMünchens nicht halt: Theaterzettel aus Bamberg und Frankfurtgehören ebenfalls zu dem reichen Bestand. Das Bamberger Theateretwa besticht durch ein unvorstellbar buntes Unterhaltungsangebot.Und auch im nicht weit entfernten Aichach gibt es eine Bühne. DieSchauspieler laden dort sogar mit reizenden handgeschriebenen Zetteln zu Aufführungen ein.

Manches der vorgestellten Theater ist in jüngster Zeit historisch gutaufgearbeitet worden, so das Bamberger Stadttheater und dasMünchner Gärtnerplatz-Theater. Einige Theaterchroniken sind aller-dings veraltet und stammen noch aus dem 19. Jahrhundert wie diedes Frankfurter Stadttheaters. Exklusive Liebhabertheater wie die„Gesellschaft des Frohsinns“ lassen sich nur mittels Recherche inzeitgenössischer Literatur erschließen. Die eine oder andere Bühneist selbst in Archiven unbekannt. Gelegentlich finden sich kurze

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Kritiken und Erwähnungen der Spielstätten in zeitgenössischenFeuilletons, die aber wenig aussagekräftig sind. Das „Theater derReitkunst“ von Herzog Maximilian in Bayern wird in biographi-schen Beiträgen immer wieder erwähnt, aber über die Spielpläne,die Mitwirkenden und das Publikum ist wenig bekannt. Für vieleder Theater steht noch eine gründliche Untersuchung aus.

Unbändige Bühnen-Liebe: Herzog Max tritt im Zirkus auf

Die Theater sind untrennbar mit der Geschichte der Wittelsbacherverbunden. Ihre Liebe und Leidenschaft für die Musik und das Thea-ter läßt sich anhand der Theaterzettelsammlung deutlich verfolgen.Max I. Joseph erfüllte sich mit dem Bau des Hof- und National -theaters den Traum einer durch Bildung und Kultur geeinten baye-rischen Nation. Maximilian II. war ein gern gesehener Gast in denVorstadttheatern der Schweigers. Ludwig I. besuchte häufig die Pantomime-Vorstellungen in der „Gesellschaft des Frohsinns“. Her-zog Max war wahrscheinlich der eifrigste Theaterbesucher von allen.Seine Leidenschaft für die Bühne gipfelt im Bau eines eigenen Zirkusin seinem Münchner Palais, in dem er sogar selbst auftrat. LudwigII. ist als Förderer Richard Wagners bekannt – daß er auch das Gärt-nerplatz-Theater vor dem Ruin rettete, dürfte für viele eine Über -raschung sein.

Der Theaterzettel ist nur ein „Stück Papier, ein Blättchen, ein Split-ter der Geschichte“, ein vergängliches Dokument eines flüchtigenEreignisses. Vermutlich wurden die meisten Zettel bereits am Abendnach der Vorstellung weggeworfen. Doch der ein oder andere wurdeaufbewahrt – als Erinnerung einen gelungenen Abend oder ausSchwärmerei für eine hübsche Aktrice. Die meisten allerdings dürf-ten nicht einmal Tage, geschweige denn Jahrhunderte überlebthaben, noch dazu in einem so tadellosen Zustand wie dem der hiervorliegenden Sammlung. Die Theaterzettel wurden nach Städtenund in sich chronologisch sortiert. Meist in stabilen Pappbänden mitMarmorpapierbezug oder Halbleinen-Einbänden geschützt, habensie die Zeiten wohlbehütet überstanden. Mit wenigen Ausnahmenwurden die Zettel im Folio-Format gedruckt, nur wenige wegenÜbergröße säuberlich gefaltet. Vereinzelt wurde auch der eine oderandere Zettel falsch eingebunden. – Die Sammlung ist in ihrer Dichteund Fülle ein beeindruckendes Zeugnis der Theater- und Zeit -geschichte. Daß sie nach der Auktion in aller Welt zerstreut seinwird, schmerzt – aber das ist nun mal das Wesen einer Auktion.

Doch genug der Worte: Vorhang auf für sechs Jahrzehnte Theatergeschichte …

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1 MÜNCHEN – THEATER DER REITKUNST – 291 Programmzetteldes herzoglichen „Theaters der Reitkunst“, davon 29 handschrift-lich. Wenige Zettel lose, die meisten gebunden in 11 Bde. 1832-41. –Beiliegt ein hs. Schreiben der Zeit. – Text und Abbildungen dazuauf S. 7-11. 15.000,-

2 MÜNCHEN – GESELLSCHAFT DES FROHSINNS – Ca. 165 Thea-terzettel der „Gesellschaft des Frohsinns“. In einem Bd. 1829-40. –Siehe Text und Abbildungen auf S. 12-16. 5.000,-

3 MÜNCHEN – HOF- UND NATIONALTHEATER – Ca. 8370 Thea-terzettel des „Königlichen Hof- und National-Theaters“. In 48 Bdn.1827-74. – Text und Abbildungen dazu auf S. 17-30. 30.000,-

4 MÜNCHEN – SCHWEIGERSCHE VOLKSBÜHNEN – Ca. 220Theaterzettel des „Volks-Theaters in der Müllerstraße“ und des„Neuen Vorstadt-Theaters in der Au“. In 2 Bdn. 1854-55. – Zettel -anfang und -ende im Bund geheftet. – Text und Abbildungen dazuauf S. 31-35. 2.000,-

5 MÜNCHEN – GÄRTNERPLATZ-THEATER – Ca. 2170 Theater-zettel des „Münchener Actien-Volks-Theaters“. In 8 Bdn. 1865-73. –Text und Abbildungen dazu auf S. 36-40. 10.000,-

6 MÜNCHEN – RESIDENZTHEATER – Ca. 780 Theaterzettel des„Königlichen Residenz-Theaters“. In 8 Bdn. 1861-72. – Text und Ab bildungen dazu auf S. 41-46. 1.500,-

7 BAMBERG – Ca. 130 Theaterzettel des „Theaters zu Bamberg“und anderer Bamberger Bühnen. In 2 Bdn. 1829-40. – Text und Ab -bildungen dazu auf S. 47-53. 5.000,-

8 FRANKFURT – Ca. 1440 Theaterzettel des „Frankfurter Stadttheaters“und anderer Frankfurter Bühnen. In 12 Bdn. 1836-64. – Text und Ab -bildungen dazu auf S. 54-60. 5.000,-

9 BADEN-BADEN – Ca. 100 Theater- und Konzertzettel sowie An kün-digungszettel zu Varieté- und Zirkusvorführungen in Baden-Badenund anderen Städten. In 3 Bdn. 1852-59. – Siehe Abbildung S. 61.

300,-

10 KISSINGEN – Ca. 130 Theater- und Konzertzettel von Bühnenin Bad Kissingen und anderen Städten. Lose. 1852-62. – Siehe Ab -bildung S. 62. 300,-

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11 MÜNCHEN – REUNIONS-THEATER – Ca. 60 Theaterzettel der„Reunion“. In 2 Bdn. 1844-52. – Siehe Abbildung S. 63. 400,-

12 REGENSBURG – Ca. 90 Theaterzettel des „Stadt-Theaters in Regens-burg“. In einem Bd. 1873-74. – Siehe Abbildung S. 63. 300,-

13 WÜRZBURG – Ca. 210 Theater zettel des „Stadt-Theaters in Würz-burg“. In 2 Bdn. 1854-59. – Siehe Abbildungen S. 63. 400,-

14 FRANKREICH – BELGIEN – Ca. 150 Theateranzeigen hauptsäch-lich französischer und belgischer Städte. In 5 Bdn. 1852-65. 200,-

15 WIEN – Ca. 100 Theaterzettel bekannter Wiener Bühnen. In 2 Bdn.1854-55. 300,-

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Theater der Reitkunst

„Wenn wir koane Prinzn waarn, waar ma Kunstreiter worn“, sollHerzog Max in Bayern einmal gesagt haben. Vermutlich gehört die-ser Ausspruch ins Reich der Fama, doch er bringt die Begeisterungdes Wittelsbachers fürs Reiten auf den Punkt. Die Liebe zu den Pfer-den hat der Herzog auch an seine Kinder weitergegeben. Max hatteseiner großen Kinderschar eine für damalige Verhältnisse repressi-onsfreie Erziehung angedeihen lassen, auf höfische Etikette wurdewenig geachtet. Jedes seiner Kinder konnte fechten, reiten, schwim-men und wanderte gern. Seine Tochter Sis(s)i, die spätere Kaiserinvon Österreich, galt als eine der kühnsten Reiterinnen ihrer Zeit. Siereiste zu Parforce-Jagden nach England, auf dem Rennplatz Freude-nau in Wien übte sie regelmäßig das Hindernisspringen. Auf ihremungarischen Schloß Gödöllö hatte sie sich sogar eine Manege bauenlassen, in der sie von Zirkusdirektor Gustav Hüttemann im Dres-surreiten unterrichtet wurde.

Im Münchner Palais ihres Vaters sind sie und ihre Geschwister frühmit der Welt der Kunstreiter und Artisten in Berührung gekommen.Denn Vater Max hat im Hof seines Palais (Ludwigstraße 13) einenZirkus einbauen lassen. Seine Kinder durften die spektakulärenKunststücke der Dressurreiter und Akrobaten bestaunen. Das impo-sante Palais war nach Entwürfen von Leo von Klenze 1828 bis 1831im Stil der römischen Cancelleria erbaut worden. Mit der Innenaus-stattung wurden bedeutende Künstler beauftragt: Wilhelm vonKaulbach schuf den Zyklus mit Fresken von Amor und Psyche(heute: Bayrische Staatsbibliothek), Ludwig Schwanthaler einen44 Meter langen Fries mit dem Bacchuszug für den Tanzsaal. Aufdem Gartengelände wurde 1833 der Zirkus mit Logenplätzen undSperrsitzen errichtet. Das Haus wurde im Zuge der nationalsozia-listischen Stadtumgestaltung 1937 abgerissen. An dessen Stellebegann man 1938 mit einem neoklassizistischen Neubau für diedamalige Reichsbank, der allerdings erst 1950 fertiggestellt wurde.Heute ist er Sitz der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank.

Erstklassige Pferde und eine dressierte Hirschkuh

Das Palais war Mittelpunkt des Münchener Gesellschaftslebens –hier wurde zu prächtigen Bällen mit Quadrillen und Theaterauf-führungen geladen. Höhepunkt der Veranstaltungen waren aber dieReitvorstellungen im Hippodrom. Mitunter gab der Herzog miteigenen Kunststückchen Proben seines Könnens. Max war ein aus-gezeichneter Dressurreiter und besaß erstklassige Pferde, die er auchselbst zuritt. Für gewöhnlich trat jedoch ein festes Ensemble nacheinem streng gegliederten Programm auf.

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Eröffnet wurde stets mit spektakulären „Reiterexercitien“. Sensatio-nell waren etwa der „Sprung des Hirschen über zwei große Pferde“und „die dressirte Hirschkuh“, die „über vier Stangen“ setzte. BeimVoltigieren wurden auf den Rücken der Pferde verwegene Kunst-stücke vorgeführt. Dazu gehörten die „Voltige im Galopp“ ebensowie „das Ringelstechen mit sechs Reitern“. Besonderes Talent zeigtedabei Heinrich Quaister, der fast jeden Abend eine Vorstellung gab.Er brillierte vor allem mit dem „Grotesk-Ritt als Chineser“. EinenHauch von Abenteuer und eine Reminiszenz an die großen Reiter-verbände im Fernen Osten boten Aufführungen mit Titeln wie „GroßesTartaren-Manöver mit Fahnen“ und „Das Fest der Mameluken“.

Den abendlichen Höhepunkt bildeten die Pantomime-Vorstellun-gen. Häufig wurde die romantische Ballett-Pantomime „La Sylphi -de“ aufgeführt. „Demoiselle Widder“ glänzte in der Rolle der geflü-gelten Waldfee Sylphide. Der Zweiakter war 1832 erstmals in Parisaufgeführt worden. Vermutlich schwebte die Demoiselle wie diefranzösische Primaballerina im wadenlangen Tutu auf Spitzen durchden Saal – das Kostüm war damals der letzte Schrei aus Paris. Inden männlichen Hauptrollen glänzten „Herr Hoffmann d. j.“ und„Michael La Roche“. Märchenhaft war auch der Stoff der „Feerien“mit Titeln wie „Pegasus, oder: Die erzürnte Poesie“ und „Der flie-gende Zephyr“. Die mythologischen Figuren, Relikte des damalslängst vergessenen Barocktheaters, wurden mit viel technischemAufwand auf die Bühne gezaubert.

Nationaltanz auf zwei Stuhllehnen

Die Tanzstars, unterstützt von Eduard La Roche und Louis Flerx, traten aber auch als sogenannte Grotesktänzer auf. Die Titel derderb-komischen Einlagen versprachen großes Vergnügen, so der„Polichinell-Tanz auf Stelzen“ oder auch der „Eiertanz“. Flerx wagtesogar „auf zwei Stuhllehnen einen böhmischen Nationaltanz, Tschu-bak“. Zwischen Reitervorführungen und märchenhaften Dar -bietungen trat der Komiker Flerx immer wieder als Pausenclown auf und trieb seinen Schabernack. Das Programm war bunt, fürAbwechslung sorgten auch auswärtige Gäste. Artisten präsentierteneinen „Bataillensprung über zehn Mann im Feuer“, der gefeierte Ringer Jean Dupois ließ seine Muskeln spielen, und der Hofschau-spieler Joseph Friedl jonglierte mit „geschliffenen Messern undHackbeilen“ und „eisernen Kanonenkugeln“. Natürlich durftenauch die von Herzog Max so geliebten alpenländischen Melodiennicht im Repertoire fehlen: Es gastierten die „Alpensänger Dabur-ger“ ebenso wie die „Steyerer-Alpensänger“ und „Franz Graßl“ mitseinen Kindern aus dem Berchtesgadener Land.

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Wieviel Phantasie und Mühe Max in die Programmgestaltunggesteckt hat, zeigen die Entwürfe zum ersten Jahr seines „Theatersder Reitkunst“ „vom December 1832 – December 1833“. Auf 29 Blät-tern hat ein Schreiber in sauber kalligraphierter Kursive die Pro-gramme für die ersten Vorstellungen zu Papier gebracht, danach folgen die ersten gedruckten Programmzettel. Die Theaterzettel sindanfangs noch mit schlichten Bordüren ausgestattet. 1835 tauchen dieersten Programme mit großer Holzschnitt-Vignette auf und setzensich ab 1837 endgültig durch. Sie zeigen einen antiken Reiter, der aufdem Rücken zweier galoppierender Pferde steht.

Spaß ist eine ernste Angelegenheit

Auf den Vorsätzen der Theaterzettel hat Herzog Max zahlreicheNotizen zu den Auftritten bekannter Künstler gemacht. Fleißig hater die Konkurrenz im Ausland studiert und sich dort Anregungengeholt. Vorbilder waren die Vertreter erfolgreicher Zirkusdynastienwie Alessandro Guerra, Antoine Franconi und Christoph de Bach.Von Augenzeugen ließ er sich über die neuesten Entwicklungen imAusland informieren. Die Berichte seiner Beobachter hat er fein säu-berlich dokumentiert. Dabei galt sein Augenmerk vor allem derSpielplangestaltung der Konkurrenz. Fehler der Kollegen versuchteer zu vermeiden – schließlich wollte er mit seinem Theater nichtlangweilen. So notiert er die Bemerkung des Kunstreiters Matteas,der eindringlich vor einem einseitigen Programm warnt: „Wenn manlänger in einer Stadt verbleibt, muß Theater dabei sein.“ WennMax auch keinen Wanderzirkus hatte, so mußte auch er dem orts-ansässigen Publikum Abwechslung bieten. Und dafür sorgten dieclownesken Einlagen von Louis Flerx, von den Grotesk-Tänzern undPantomimen. Auch die Gliederung der Reiterexerzitien des Zirkus„Franconi“ hat er akribisch festgehalten und wohlwollend mit demKommentar versehen: „Gerade so wie ich es bei mir eingerichtethabe“. Das „Theater der Reitkunst“ war für Max nicht nur Lieb -haberei und Zeitvertreib, der Laune eines gelangweilten Adligen ent-sprungen, sondern eine ernste Sache, die er gewissenhaft und mitgenauen Überlegungen betrieb. Passend hat er dem ersten Jahrgangseines Theaters darum auch das Motto vorangestellt: „Übe den Geistdurch Geduld, den Körper durch Geschicklichkeit.“

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Gesellschaft des Frohsinns

Der Name ist Programm beim Theater des Frohsinns: die leichteMuse gibt hier den Ton an. Fröhlich und ausgelassen sind dieZusammenkünfte der privaten Theater- und Musikliebhaber schon,bevor sie sich zur „Gesellschaft des Frohsinns“ formieren. Anfangssind es wohl nur Freunde und Bekannte, die sich seit 1800 in un -regelmäßigen Abständen zwanglos zu unterhaltsamen Abendenzusammenfinden. Der Festredner der kleinen anonymen Jubiläums -schrift („Jubiläums-Feier der Gesellschaft des Frohsinns in Mün-chen“) anläßlich des 25-jährigen Bestehens der Gesellschaftbeschreibt diese Treffen so: Die Gruppe „trennte sich, und suchtesich zu gewissen Zeiten wieder, ohne sich jedoch an ein bestimmtesLokal zu binden.“ Zum Zeitvertreib wurden kleine Belustigungenund Scherze zum besten gegeben, aber auch Gedichte und Aufsätzevorgetragen. An langen Winterabenden vertrieben sich die Freundemit Gesprächen und Konzerten in unterschiedlichen Lokalen dieZeit. In den Sommermonaten traf sich der Kreis im Freien im Münch-ner Umland.

Ab jetzt: Frohsinn zum Abonnieren

„Die patriachalische Einfalt, welche bei dem Nomadenvölkchenherrschte, genügte nicht mehr. Endlich gewann doch der Sinn füreine geregelte Ordnung im gesellschaftlichen Vergnügen die Ober-hand“, heißt es weiter. Am 1. November 1813 formierten sich 13 Mit-glieder der Gruppe zu einem Verein und gaben sich den Namen„Gesellschaft des Frohsinns“. Mit der Gründung der Gesellschaftwurden Abonnementgebühren erhoben und Statuten formuliert.Damit hielt die Bürokratie Einzug – wenig verwunderlich, denn diemeisten Mitglieder waren Staatsbeamte in höheren Diensten. DieGesellschaft bestand im wesentlichen aus einem erlesenen Kreiskunstsinniger, betuchter Männer, die eng mit dem bayerischenKönigshaus verbunden waren. Zu den frühen Mitgliedern gehörteGraf Johann von Larosée (La Rosée). Dem Staatsrat gehörteursprünglich Schloß Possenhofen, das 1834 in den Besitz von HerzogMaximilian in Bayern überging. Auch Franz von Krenner zählte zuden Mitgliedern der ersten Stunde. Der Jurist gab die „BayrischenLandtagshandlungen“ heraus und sammelte Unmengen an eroti-scher Literatur. Seine Bibliothek, die 2900 Bände umfaßte, vermachteer König Maximilian I. für die königliche Hofbibliothek (heute„Remota VI“ der Bayrischen Staatsbibliothek). Sebastian Franz vonDaxenberger, Sekretär und Freund von König Maximilian I., warebenfalls Mitglied der illustren Runde. Bekanntheit erlangte er alsDichter unter dem Pseudonym Karl Fernau. Der bayrische Finanz-minister Karl von Seinsheim gehörte ebenfalls zur Gesellschaft. Erbegleitete den Kronprinzen und späteren König Ludwig I. auf des-sen Reise nach Italien. Die Liste bekannter Mitglieder ließe sich nochlange fortführen.

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Theater · Gesellschaft des Frohsinns 13

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So erlesen wie der Kreis sind auch die Theater- und Konzertzettel:Reizende Bordüren im Empire-Stil oder mit breitem Blütenwerkschmücken die aufwendig gestalteten Ankündigungen. Auf hoch-wertigem Papier in Oktavformat laden sie zu abendlichen Ver -anstaltungen ein. Besonders die gedruckte Schreibschrift verleihtden Programmzetteln eine intime Note – sie gleichen so eher priva-ten Einladungen.

Anfangs hatten die musikalischen Darbietungen noch intimen Charakter, die benötigten Instrumente wurden aus Kirchen oder vonPrivatpersonen entliehen. Mit der Zeit erwarb sich die Gesellschaftjedoch einen guten Ruf und hohes künstlerisches Ansehen. Vorneh-mes Ziel war es, jungen aufstrebenden Talenten Gelegenheit zugeben, ihr Können unter Beweis zu stellen. Wie die Theaterzettel zei-gen, gehörten die Wunderkinder der damaligen Musikszene, die„Kunst-Eleven“ Eduard und Ernst Eichhorn, zu den Gästen derGesellschaft. Auch die Gebrüder Moralt gaben sich die Ehre, siestammten aus einer Münchner Virtuosen-Familie. Im Jahr 1835 gastierte sogar Johann Strauss mit einem musikalischen Potpourriim Haus. Er präsentierte „einen Strauss vom Strauss“. Vereinzeltwerden die Namen von Debütanten und Debütantinnen des Hof-und Nationaltheaters erwähnt. Vermutlich traten auch Sänger derHofoper auf, um ihre Gage aufzubesssern. Ansonsten blieben dieAkteure ungenannt.

Fremdartige Anzüge – ausgeliehen vom Hof- und Nationaltheater

Bald schon kam das Liebhabertheater hinzu, das allerdings zunächstauf Grund der bescheidenen Mittel ohne Requisiten und Kostümeauskommen mußte. Mit Rührung und Wehmut blickt der Festrednerauf die Anfänge des Theaters zurück: „Wenn man zurückdenkt, mitwelcher Mühe und Anstrengung die neue Gründung des Lieb -habertheaters verbunden war … wie ohne Vorhang der Souffleur vorder ganzen Versammlung in seinen Kasten sich begab, wie die Spie-lenden außer den gewöhnlichen Kleidungen in welchen man sie beiden gesellschaftlichen Conversationen sah, keines andern fremd -artigen Anzuges sich bei der von ihnen veranstalteten Aufführungkleiner Lust- und Schauspiele bedienen durften, so wird man unwill-kürlich zu der Überzeugung hingerissen, daß Liebe und AusdauerAlles zu leisten im Stande ist.“ Dem Einsatz einzelner Mitglieder wares zu verdanken, daß sich die Künstler schließlich aus dem Fundusdes Hof- und Nationaltheaters bedienen durften. So konnten baldschon Einakter mit Kostümen und Bühnenbild aufgeführt werden.

Die Titel der Komödien versprechen eher leichte Kost: „Männer-schwüre, oder: So sind sie alle“, „Trau, schau, wem!“ und „DerNasenstüber“. Sehr beliebt waren außerdem die Pantomime-Vor-stellungen, denen 1825 erstmals auch Kronprinz Ludwig beiwohnte.

Theater · Gesellschaft des Frohsinns 14

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Die subversive Figur des Harlekins trieb seine erotisch-schlüpfrigenSpäße: „Amor, Beschützer des Arlequins“ und „Arlequins Liebes-abentheuer“. Auch die Schattenspiele, die sogenannten „Ombres chinoises“, standen über Jahre hinweg hoch in der Gunst des Publikums.

Sorge bereiteten dem Zirkel jahrelang die ständig wechselnden Spiel-stätten. Im Sommer zogen die Mitglieder nach Grünwald und gabenin Wirtshausscheunen kleine dramatische Vorstellungen, zeitweisemieteten sie auch das Perusa-Schlößchen in Haidhausen. An Feier-tagen unternahm der illustre Kreis Ausflüge nach Sendling undThalkirchen, die damals noch vor den Toren der Stadt Münchenlagen. „Der Wechsel mannigfaltiger Unterhaltungen goß einen eigenen Zauber über diesen Sommeraufenthalt, den kein Mitgliedder damaligen Zeit … jemals vergessen wird.“

Im Winter spielte man abwechselnd im Gasthaus „Zum goldenenStorch“ oder im „Hubergarten“. Mancherorts konnte die Gesell-schaft länger bleiben, wie etwa im „Haslauerschen Gebäude“ in derJosephspitalstraße inmitten der Stadt. Zehn Jahre lang war es festeBleibe des Vereins. Schließlich wurde Baumeister Anton Höchl mitdem Bau eines geeigneten Hauses beauftragt, das am 19. November1831 mit einem rauschenden Ball eingeweiht wurde. Ob in demHaus in der Karlstraße 21 noch immer Frohsinn herrscht, darfbezweifelt werden, denn heute ist es Sitz der Oberfinanzdirektion.

Allerhöchst- und höchste Gäste – und Schuhschnallen zum Abholen

Sowohl der König als auch der Kronprinz waren bei der Eröffnungdes Hauses zugegen. König Maximilian I. wurde gar zu dessen Pro-tektor. Dem Königshaus fühlte man sich daher besonders verbun-den. Zur Thronbesteigung König Ottos von Griechenland wurdeam 10. November 1832 dementsprechend ein Freudenfest gegeben,bei dem die ganze königliche Familie anwesend war: „Der Königund die Königin, der König von Griechenland, so wie die Prinzenund Prinzessinnen des Königlichen Hauses werden dieses Festdurch Allerhöchst- und Höchst- Ihre Gegenwart verherrlichen.“ Zubesonderen Gelegenheiten wie dem Namensfest König Ludwigs I.am 23. August 1834 wird zur „ländlichen Unterhaltung im Tivoli“gebeten, „mit türkischer und Blechmusik, Ball und einem Feuer-werke“. Die „verehrlichen Mitglieder“ werden „in den eigens ein-gerichteten Buvets, sowohl durch den Gesellschafts-Tracteur Tam-bosi, als auch durch den Gastwirth von Tivoli, mit kalten undwarmen Speisen, Getränken und Erfrischungen bedient.“ Die Teil-nehmer werden gebeten, „der Ordnung wegen ihren Weg zumAnfahren durch den englischen Garten und den zur Abfahrt durchdie Strasse nach dem Holzgarten zu nehmen.“ Freilich durften imProgramm der „Gesellschaft des Frohsinns“ auch keine Bälle fehlen.Zur Faschingszeit wurde tagelang durchgetanzt.

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Zur Gesellschaft gehörte ab 1831 der Maximilian-Jubiläums-Verein.Anläßlich des 25jährigen Regierungsjubiläums des Königs gegrün-det, hatte er die Aufgabe übernommen, Hinterbliebene verstorbenerMitglieder finanziell zu unterstützen. Zugunsten des Vereins wur-den so immer wieder Wohltätigkeitsveranstaltungen organisiert.Doch auch für Nicht-Mitglieder wird gespielt: für „die durch Brandverunglückten Bewohner Reichenhalls“ wird 1834 eine Pantomime-Vorstellung gegeben.

Die frohsinnige Gesellschaft kündigt aber nicht nur Veranstaltun-gen an. Neben einem gedichteten Neujahrsgruß der Theaterzettel -trägerin Mittenhofer an ihre „verehrliche Kundschaft“, werden auchBekanntmachungen herausgegeben. So fordert am 6. November1837 der Gesellschaftsausschuß seine Mitglieder dringend auf, Fund-stücke abzuholen, darunter „drei Paar Augengläser, ein kleinesTheater-Perspectiv, mehrere Handschuhe, ein Tüll-Häubchen“ und„eine Schuhschnalle“.

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Hof- und Nationaltheater

„Das Haus ist eigentlich nur für die Oper passend und das recitie-rende Schauspiel zu groß“, so deutlich sprach es Intendant Küstneraus, nur wenige Jahre nach dem Bau des Hof- und Nationaltheaters.Und er sollte recht behalten. Das Münchner Nationaltheater ist heutenur noch als Opernhaus bekannt. Daß einst darin auch das Sprech-theater beheimatet war, ist längst in Vergessenheit geraten. Selbst dieForschung konzentrierte sich jahrzehntelang nur auf die Opern -geschichte des Hauses und ließ das Sprechtheater unberücksichtigt.

Dabei sollte das Nationaltheater auf Wunsch von Max I. Joseph einHaus für Theater und Oper sein. Eines Neubaus hätte es eigentlichgar nicht bedurft: Das alte Residenztheater (heute Cuvilliés-Theater)hätte kostengünstig umgebaut werden können, doch der Barockbauentsprach nicht mehr dem neuen monarchischen Selbstverständnis.

Das Nationaltheater wurde nach Plänen von Karl von Fischer von1811 bis 1818 erbaut und am Namenstag von Max I. feierlich eröff-net. Bei einem verheerenden Feuer brannte das Haus 1823 bis aufdie Grundmauern nieder. Schon zwei Jahre später wurde es wiedereröffnet: Max I. Joseph hatte es nach den originalen Plänen rekon-struieren lassen. Auch der Wiederaufbau nach 1945 erfolgte nach denalten Plänen Fischers.

Vorbild für den klassizistischen Monumentalbau war die neuesteTheaterkreation aus Frankreich: das Pariser Odéon. Allerdings gabes einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen den beiden Häu-sern: das Odéon war ein rein bürgerliches Theater, das National-theater hingegen ein höfisches und zugleich bürgerliches Haus. Sohatte das Münchner Theater im Gegensatz zum Odéon auch eineKönigsloge. Mit 2500 Plätzen war das Nationaltheater für die Stadtmit ihren damals nur 50 000 Einwohnern allerdings viel zu groß unddie spärlichen Einnahmen damit von Anfang an ein Problem.

Münchner müssen „Bierpfennig“ für den Wiederaufbau zahlen

Die Münchner standen dem Bau zunächst äußerst skeptisch gegen-über – denn sie hatten die Kosten für das teure Unternehmen zu tragen. Der König war zwar Initiator, Bauherr und Förderer desTheaters, doch der Bau wurde vom Staat finanziert, die Betriebs-kosten durch Einnahmen und Subventionen gedeckt. Nach demBrand wurde für den Wiederaufbau sogar eine saftige Sondersteuererhoben: der sogenannte Bierpfennig. Doch bei Aufführungen muß-ten die steuerzahlenden Bürger meist draußen bleiben, denn die Eintrittspreise waren für Normalsterbliche nicht zu bezahlen. DenTheaterbesuch konnte sich nur die Oberschicht leisten: Adel, Klerusund Bildungsbürgertum.

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Das Nationaltheater sollte Ausdruck des neuen aufgeklärten bay -rischen Staates sein und zum Entstehen eines bayrischen „National-bewußtseins“ beitragen. Der Hintergrund: Die „napoleonische Flur-bereinigung“ hatte eine völlig neue politische und territorialeSituation geschaffen. Zum altbayrischen Kernland waren neue Ge -biete hinzugekommen, außerdem verlangte das neue Königtum derWittelsbacher nach einer geschichtsideologischen Rechtfertigung.Das Nationaltheater schien ein willkommenes Instrument, Staat undNation nach innen und außen hin zu repräsentieren.

Die aufklärerische Idee von einem liberalen Nationaltheater wurdepolitisch geschickt vom Hof vereinnahmt. Die aufgeklärten bürger-lichen Theaterreformer hatten eigentlich unter dem Begriff der„Nation“ die deutsche Kulturnation verstanden, geprägt durch diedeutsche Sprache und Literatur. Die Intendanz hingegen verstanddarunter: Schauspiele und Opern in deutscher Sprache, die Landes-geschichtliches zum Thema hatten und zur Glorifizierung des Lan-desfürsten und seiner Taten beitrugen.

Hochzeiten und Todesfälle

Der Hof inszenierte sich auch gerne selbst. Viele der Theaterzettelzeigen, daß das Theater fester Bestandteil des höfischen Lebens warund häufig zu Repräsentationszwecken diente. So wurden Feier-lichkeiten der Wittelsbacher mit festlichen Aufführungen im Natio-naltheater begangen. Der Theaterzettel vom 8. Januar 1837 kündigt„zur Feyer der Vermählung Seiner Majestät des Königs Otto vonGriechenland mit Ihrer Hoheit der Herzogin Amalie von Olden-burg“ ein mythisches Festspiel mit anschließendem Ballett an. Esversteht sich von selbst, daß bei solchen Gelegenheiten das gemeineVolk ausgeschlossen blieb: „Der freie Eintritt ist aufgehoben“ hießes lapidar. Anläßlich des Todes von König Otto gibt die „KöniglicheHoftheater-Intendanz“ am 28. Juli 1867 bekannt, daß „die Königli-chen Theater von heute an geschlossen“ bleiben.

Auf allerhöchsten Befehl Seiner Majestät des Königs

Wie stark der Hof Einfluß auf das Theater nahm und wie sehr es demAdel um Selbstdarstellung ging, wird an den vielen Zetteln deut-lich, die eine strenge Kleiderordnung für die Theaterbesucher vor-sahen. Zudem wird sichtbar, aus welchen Kreisen das Publikumstammte. Am 31. Mai 1836 heißt es: „Auf Mittheilung eines Aller-höchsten Befehls Seiner Majestät des Königs durch den königl.Oberst-Ceremonienmeister-Stab hat der sämmtliche hohe Adel, wiejeder Hof- und Staatsdiener der heute das Theater besucht, in Uni-form zu erscheinen.“ Auch bei Todesfällen von Mitgliedern desKönigshauses wurden strenge Anweisungen zur Garderobe heraus-gegeben: „Die angeordnete Hoftrauer wird beybehalten.“ Zu den jährlichen Maskenbällen im Januar und Februar gab es ebenfallsdetaillierte Kostüm-Vorschriften. Die Ballordnung wies den Teil-

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nehmern auch gleich ihre standesgemäßen Plätze zu: für die„Domestiquen“ sind „zwei Durchgänge zum Aufenthalte“ vorgese-hen, während sich die Herrschaften im großen Ballsaal am Büffet bei„Backwerk, Punsch, Limonade, Eis, Kaffee usw.“ vergnügen können.

Wie eng die Verbindung von Hof und Theater war, lassen die vielenhandgeschriebenen „allerunterthänigsten Ankündigungen“ derIntendanten Johann Nepomuk von Poißl und Karl Theodor vonKüstner ahnen. Sie enthalten den Spielplan für mehrere Tage undwurden dem König vermutlich zur Kenntnisnahme oder gar zurBewilligung vorgelegt. Stillschweigen herrschte vonseiten des Hofesallerdings, wenn es um wenig Rühmliches ging: Am Abend des28. März 1848, dem Tag der Abdankung König Ludwigs I., kündigtder Theaterzettel „mit obrigkeitlicher Bewilligung“ kurz und knappein Konzert an.

Sprechtheater: Vaterländisches und Übersetzungs-Fabrikanten

Das Sprechtheater hatte von Anfang an einen schweren Stand. Mitder strengen deutschen Programmgestaltung tat sich die Intendanzschwer, den ambitiösen Begriff vom „Nationaltheater“ wußte sienicht recht mit angemessenen Inhalten zu füllen. Zunächst wurdealles gespielt, was auch nur im entferntesten mit den sogenannten„nationalen“ oder „vaterländischen“ Stücken zu tun hatte. Hände-ringend wurden Themen zur Landesgeschichte und Glorifizierungdes Landesherrn gesucht. Es fanden sogar Preisausschreiben statt,bei denen um die Einsendung patriotischer Stücke gebeten wurde.Eines der wenigen erfolgreichen „vaterländischen Stücke“ warIntendant Joseph Marius von Babos Trauerspiel „Otto von Wittels-bach“. Wie die Theaterzettel zeigen, stand es bis weit in die siebzigerJahre auf dem Spielplan.

Rasch wurde das Programm dann um andere Geschichtsdramenerweitert: Goethes „Götz von Berlichingen“ und „Torquato Tasso“,Schillers „Wallenstein“, „Don Carlos“ und „Wilhelm Tell“ usw. Goethes „Faust“ erlebte erst am 12. März 1830 seine Münchner Premiere. Das Angebot wurde außerdem durch Shakespeare- Dramen ergänzt. Die Übersetzungen von Schlegel und Tieck hattenEnde des 18. Jahrhunderts dafür gesorgt, daß der englische Dra -matiker zu einem der populärsten Bühnenautoren Deutschlandszählte. Dauerbrenner waren vor allem aber die Komödien von Iffland und Kotzebue. Daneben etablierten sich zahllose „Theater-dichter zweiten und dritten Ranges“, deren Namen heute kaumeiner mehr kennt, ganz zu schweigen von der weit größeren Zahlvon „Uebersetzungs-Fabrikanten“, die mittelmäßige französischeKomödien ins Deutsche übertrugen.

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Ein Dauerbrenner – die Akustik und die liebe Konkurrenz

Das größte Problem im Nationaltheater war jedoch die Akustik.Schon nach kurzer Zeit war klar, daß die große Bühne sich nicht fürdas Sprechtheater eignete. Ludwig Tieck war in seinen „Dramatur-gischen Blättern“ zwar von der Pracht des Hoftheaters angetan,bemängelte aber, „daß das Theaterspiel, Scherz, Witz und Ausdruckder Miene und Gebärde völlig verloren und zugrunde gehenmüßte.“ Bereits 1841 hatte Intendant Küstner den Bau eines neuenSchauspielhauses beantragt, der Antrag wurde aber aus Kosten-gründen abgelehnt.

Das Sprechtheater hatte außerdem harte Konkurrenz: die Vorstadt-bühnen erfreuten sich bei den Münchnern großer Beliebtheit.Im Gegensatz zum Nationaltheater waren die Eintrittspreisedort auch für niedrige Einkommensschichten erschwinglich. Außer-dem wurde gespielt, was gefiel – und das waren keine vaterländi-schen Stücke! Hoch im Kurs standen dort vor allem Münchner undWiener Possen.

Spektakelkünstler: Magische Zitronen und die Kunst der Stenographie

Die Intendanten der zwanziger Jahre vermieteten das Haus dannzeitweise an sogenannte Spektakelkünstler. Damit hofften sie, neuePublikumsschichten zu gewinnen und die marode Theaterkasse auf-zubessern. Die Vorstellungen von Akrobaten, Magiern und Zauber-künstlern paßten natürlich so gar nicht ins Bild vom hehren Kunst-tempel, und zur Bildung eines bayrischen Nationalbewußtseinswaren sie gänzlich untauglich. Der Chronist des Nationaltheaters,Franz Grandaur, zeigte sich über das Angebot sichtlich entsetzt undsparte nicht mit Häme: „Im November gab Nicolo Paganini dreiConcerte. Außer ihm producirten sich auf dem Hoftheater Virtuo-sen, Wunderkinder, Naturfänger, ein Athlet, ein Taschenspieler undein Fechtmeister. So entwickelte die Intendanz eine Vielseitigkeit, diemit jedem Stadttheater dritten Ranges kühn in die Schranken tretendurfte.“ Grandaur ringt um eine Erklärung: „München war damalsnoch keine große Stadt, hatte aber ein sehr großes Theater, und somag das Auftreten dieser Celebritäten durch Rücksichten auf dieKasse allenfalls entschuldigt werden.“

En vogue waren in den zwanziger/dreißiger Jahren vor allem „physikalische Experimente“. Der „Professor für Physik und natür-liche Magie L. von Linski“ zeigte am 7. März 1829 „mystische Vasen“und „magische Citronen“, was immer darunter zu verstehen war.Besonderes Aufsehen erregte jedoch am 19. Juli 1830 der Auftritt desImprovisators Maximilian Leopold Langenschwarz, dessen Vorstel-lung von Franz Xaver Gabelsberger mit Hilfe der von ihm ent -wickelten Schnellschrift aufgezeichnet wurde. Aus dem Stegreif entwarf der Improvisator fünf Reden zu Themen, die ihm vom

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Publikum zufällig gestellt wurden. Auf dem Theaterzettel wird dieVorstellung genau erläutert: „Während der Improvisation wird einAbschreiber zugegen seyn, zum Beweise, daß die Dichtung nichtlänger daure, als die Copie derselben.“ Gabelsberger nutzte die Vor-stellung, um für sein Kurzschriftsystem zu werben. Und er hattedamit Erfolg: Schon wenige Jahre später hielt seine Schnellschrift in der bayrischen Verwaltung Einzug. Gabelsberger wurde schließ-lich sogar zum ersten Parlamentsstenographen des Bayrischen Land-tags ernannt.

Populär waren in den dreißiger und vierziger Jahren auch die sogenannten „optischen Nebelbilder“ (Dissolving Views): Mittelszweier Laternae magicae wurden Bilder auf Leinwände projiziertund so die Illusion bewegter Bilder erzeugt – eine Vorform desKinos. Ludwig Döbler versetzte am 8. März 1845 die Münchnerdamit in Staunen.

Die Posse hält Einzug: Nestroy hat alle sogleich beim Bandl

In den dreißiger Jahren versuchte Intendant Karl Theodor von Küstner sein Glück. Er setzte neue Akzente im Programm. Der erfah-rene Theatermann, wegen seines ökonomischen Sachverstandesgerühmt, holte die Posse auf die Bühne des Nationaltheaters. SeineWahl fiel nicht ohne Grund auf die Stücke Johann Nestroys, denndie hatten sich auf den Bühnen der Münchner Vorstadttheater bereitsbestens bewährt und für volle Kassen gesorgt. Küstner machte sichmit dieser Entscheidung zwar keine Freunde, doch seine Rechnungging auf.

Wie die Theaterzettel zeigen, bestimmten die Nestroy-Possen mehrals ein ganzes Jahrzehnt das Repertoire des Sprechtheaters. Darun-ter waren auch jede Menge Münchner Erstaufführungen. Meistkamen sie nur wenige Monate nach der Wiener Premiere zur Auf-führung. Den Anfang machte die Zauberposse „Der böse Geist Lumpacivagabundus“, sie wurde am 12. Juni 1834 im National -theater aufgeführt. Wie zu erwarten, äußerte sich die zeitgenössischePresse abfällig. Sie sorgte sich um den Niedergang des National-theaters und fürchtete um eine zu große Nähe zu den Vorstadtbüh-nen. Nach der Aufführung von Nestroys Posse „Zu ebener Erde underster Stock“ schrieb das „Münchner Tagblatt“ am 6. Februar 1836:„Die erste Aufführung dieser Wiener Lokalposse hatte ein vollesHaus gemacht – von dieser Seite läßt sich also nichts erinnern. Dochkönnen wir nicht umhin, das Stück für eine ziemlich gemeine Possezu erklären. Als Fasnachtsspaß mag so ein Stück gelten; außerdemmüßten wir in der öfteren Darstellung solcher Stücke eine Ent -weihung des Kunsttempels finden, deren Folge keine andere seynkönnte, als das gänzliche Herabsinken unserer Theateranstalt.“ Nurlangsam nahmen die gehässigen Rezensionen ab. Das MünchnerPublikum liebte Nestroy nämlich, und die Vorstellungen waren zumBersten voll.

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Den Höhepunkt erreichte die Nestroy-Euphorie, als der Künstlerselbst für mehrere Tage zu einem Gastspiel nach München kam. Am2., 4. und 5. September 1845 kündigen die Theaterzettel den WienerStar in Rollen seiner eigenen Stücke an. Die Presse überschlug sichförmlich vor Begeisterung: „Mit einem Worte und mit den Wienernzu sprechen: Er hatte uns sogleich beim Bandl.“ Die Originalität seinerschauspielerischen Leistung, seine Virtuosität im Umgang mit Spracheund der Vortrag seiner Couplets wurden in den höchsten Tönengelobt. Die Zuschauer dankten es ihm mit frenetischem Applaus.

Der Umzug des Sprechtheaters

Doch es half alles nichts. Dem Grundübel war nicht beizukommen,die Akustik blieb weiterhin ein Problem. Erst die Renovierungdes alten Residenztheaters auf Veranlassung von Max II. schaffteAbhilfe. 1857 wurde das alte Residenztheater wiedereröffnet unddamit ein Platz für Kammerspiele oder Stücke mit geringem Per -sonal geschaffen. 1871 zog das Sprechtheater dann endgültig ins Residenztheater um. Ausnahmen blieben personenreiche Stücke undInszenierungen mit großem Bühnenbild. Und für die beliebten Possen wurde 1865 sogar eigens ein neues Haus gebaut: das „Actien-Volks-Theater“ (heute Gärtnerplatz-Theater).

Musiktheater – Die Kunst gehört der ganzen zivilisierten Welt

Die Geschichte des Musiktheaters ist im Gegensatz zum Sprech-theater eine Erfolgsgeschichte. Hier stimmte die Akustik, und Kon-kurrenz gab es auch keine. – Zumindest nicht ab 1831, da ließ Lud-wig I. nämlich das alte Residenztheater (heute Cuvilliés-Theater)schließen, das lange Zeit Heimstatt der italienischen Oper war.

Auch im Musiktheater gab man sich Mühe, dem Bildungsauftraggerecht zu werden. So standen pflichtgemäß nur deutsche Opernund Singspiele auf dem Programm. Die Theaterzettel verzeichnendie großen Opern von Mozart, Gluck, Weber, Lortzing und Beet -hoven. Die Liebe der Münchner zur italienischen Oper war aller-dings so groß, daß die Intendanz nicht umhinkam, auch italienischeOpern ins Repertoire aufzunehmen. So hieß es in der zeitgenössi-schen Presse: „Die Kunst gehört der ganzen civilisirten Welt, undwir würden viel entbehren, wenn wir die großen Arbeiten berühm-ter Tonsetzer des Auslandes von unserer Bühne ausschlössen.“ DieFolge war wie schon beim Sprechtheater, daß sämtliche italienischeOpern übersetzt und in deutscher Sprache aufgeführt wurden. Daßdabei manche Libretti an Esprit und Qualität verloren, nahm manbilligend in Kauf.

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Der Übersetzungswahn: Aus Gioacchino wird Joachim Rossini

Von dem Übersetzungswahn blieben auch Rossinis Opern nicht ver-schont. Der Meister des Belcantos war erklärter Liebling des Publi-kums. Zeitweise herrschte in München sogar eine wahre Rossini-Mode. Feste und Hauskonzerte, Kleidung und auch Kochkunststanden ganz im Zeichen des italienischen Komponisten. Der Maestro hatte sich mit seiner Oper „Tancredi“ in die erste Riege derOpernkomponisten Europas gespielt. In München gehörte „Tank-red“, wie die Oper nun in deutscher Übersetzung hieß, zum festenRepertoire des Hauses. Der Eifer, alles ins Deutsche zu übersetzen,machte nicht einmal vor den Künstlernamen halt: auf dem Theater-zettel vom 22. Juli 1827 wurde aus „Gioacchino Rossini“ einfach„Joachim Rossini“. Die Theaterzettel belegen, daß es aber durchausAusnahmen von der Regel gab: in den dreißiger Jahren wurden Rossini-Opern auch in der Originalsprache aufgeführt. Bei den beiOpern von Bellini, Cherubini und Donizetti machte man jedochkeine Kompromisse: Ihre Werke wurden ausschließlich in deutscherSprache aufgeführt.

Die Münchner Oper ist auf einem beneidenswert hohen Niveau

Das Opern-Programm wurde Jahr um Jahr um ein oder zwei Neu-inszenierungen erweitert, so daß innerhalb weniger Jahrzehnte eingewaltiges Repertoire entstand. Der Theaterwissenschaftler JürgenSchläder faßt die ersten Jahrzehnte der Musikgeschichte des Hausesso zusammen: „München partizipierte mit herausragenden Insze-nierungen an der modernen europäischen Operngeschichte. Oftmalsnur wenige Monate nach der Uraufführung, meist im Abstand vonwenigen Jahren sah man in München alle wichtigen Novitäten ausden übrigen europäischen Opernzentren, in zumeist vorbildlicherInszenierung und auf einem beneidenswert musikalisch-künstleri-schen Niveau.“ In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts steigertesich die Qualität der Operninszenierungen durch den Gewinn neuerSpitzenkräfte und technischer Verbesserungen noch einmal gewal-tig. Den Gipfel der Operngeschichte erreichte das Haus schließlich inden sechziger Jahren – mit den epochemachenden Aufführungen derOpern Wagners.

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Musterhafte Aufführungen – Ludwig II. und Wagner

Nach der Thronbesteigung Ludwigs II. kamen innerhalb von nursechs Jahren sieben Wagner-Opern zur Aufführung, darunter gleichvier Premieren. Von den sogenannten Musteraufführungen liegenalle Theaterzettel vor.

Eine der ersten Amtshandlungen des 18jährigen Monarchen Lud-wig war es, den Komponisten nach München zu holen. Mit seinerVorliebe für Wagner-Opern bescherte Ludwig II. „der MünchnerHofoper ein halbes Jahrzehnt absoluter musiktheatraler Moderne.Mit den Uraufführungen reihte sich die Hofbühne in die vordersteFront des europäischen Musiktheaters ein und entwickelte aus die-ser kurzen, aber intensiven Phase das Lebenselixir und die Maßstäbefür die folgenden achtzig Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkrie-ges“, so der Theaterwissenschaftler Jürgen Schläder.

Der Reigen der Musteraufführungen wurde am 4. Dezember 1864mit der Neuinszenierung von Wagners Oper „Der fliegende Hol-länder“ eröffnet. Wie der Theaterzettel zeigt, stand der Komponistan diesem Abend selbst am Pult. Kritik erntete die Aufführung ledig-lich wegen des Bühnenbildes: „Dem Maschinisten scheint theilweiseUnmögliches zugemuthet worden zu sein. Die Schiffe, die er fertigte,waren klein unansehnlich: es machte lachen zu sehen, wie der Steuermann das Sprachrohr anlegte, um Leute anzurufen, die er fastmit der Hand erreichen konnte.“

Gleich zwei Theaterzettel kündigen die Uraufführung von „Tristanund Isolde“ an. Die Aufführung war für den 15. Mai 1865 vorgese-hen, wurde dann aber plötzlich verschoben wegen der sogenannten„Schweinehund-Affäre“. Der Hintergrund: Dirigent Hans vonBülow hatte bei der Probe 30 Sperrsitze entfernen lassen, um denOrchestergraben zu erweitern, und seine Entscheidung lapidarmit den Worten kommentiert: „Nun ja, was liegt denn daran, ob30 Schweinehunde mehr oder weniger hineingehen.“ Durch dieseunbedachte Äußerung war der Dirigent Zielscheibe der Pressegeworden. Bülow litt damals unter der Affäre seiner Frau Cosimamit Richard Wagner, dennoch gelang ihm am 10. Juni 1865 eine weitüber München hinaus beachtete Aufführung. Für die Titelpartienwurden aus Dresden extra Ludwig Schnorr von Carolsfeld und seineFrau Malwina engagiert. Nach Meinung des MusikwissenschaftlerRobert Münster zählt „der denkwürdige Abend zu den bedeut-samsten Ereignissen der Operngeschichte.“ Ludwig II. war über-wältigt und schrieb noch am selben Abend völlig verzückt an Wag-ner: „Einziger! – Heiliger! – Wie wonnevoll. – Ertrinken … versinken– unbewußt – höchste Lust. – Göttliches Werk.“ Die Presse zeigtesich allerdings nicht ganz so euphorisch und bemerkte spöttisch:„Musik ein Tollsinn, Text ein Unsinn, das Ganze ein Irrsinn, nirgendsein Sinn, aber desto mehr Sinnlichkeit.“

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Bülow, mittlerweile zum Hofkapellmeister ernannt, bat 1866 wegenseiner privaten Probleme um Entlassung. Auf Wunsch des Königskam er ein Jahr später allerdings schon wieder zurück: Am 16. Juni1867 kündet der Theaterzettel die Neuinszenierung von „Lohen-grin“ an, die Oper, die Ludwig erstmals im Alter von fünfzehn Jahren gehört und seine Leidenschaft für Wagner entfacht hatte.Wie der Besetzungsliste des Theaterzettels zu entnehmen ist, sang„Herr Vogl“ die Titelpartie und „Fräulein Thoma“ die Ortrud. Wag-ner hatte in der Titelrolle eigentlich seinen alten Dresdner Weg -gefährten Joseph Tichatschek vorgesehen, doch Ludwig ließ den„Ritter von der traurigen Gestalt“ kurzerhand durch seinen eigenenWunschkandidaten ersetzen. Ebenso brüsk entließ Ludwig auch dievon Wagner ausgewählte Darstellerin der Ortrud.

Wenige Monate später, am 1. August 1867, dirigierte Bülow die Neu-inszenierung von „Tannhäuser“. Ludwig wußte die Arbeit Bülowszu schätzen und reiste zu jedem seiner Auftritte mit dem Zug nachMünchen. Bülow schwärmte: „Dieser wunderbare König! Zu jederAufführung Extrazug, hin und zurück von Starnberg.“ Doch die Mit-sprache, ja Einmischung des Königs bei Besetzungsfragen, in derBeurteilung der Sänger und ihrer Leistungen, der Bühnenbild gestal-tung machten Bülow das Leben schwer.

Wagner in der Königsloge: Der Verstoßene wird rehabilitiert

Und was war mit dem „Einzigen, Heiligen“? Wagner wohnte seitEnde September 1864 in einer luxuriösen Villa in der Brienner Straßein München auf Kosten des Königs. Seine aufwendige Lebensfüh-rung und sein Auftreten als politischer Berater des Königs warenZiel öffentlicher Angriffe gewesen. Die Zuwendungen an Wagnerwurden aus der Hofkasse gezahlt, und das Kabinett drohte des -wegen gar mit Rücktritt. Um die angespannte Lage zu entschärfen,verließ Wagner im Dezember 1865 das Land. Der Beziehung zu Lud-wig tat das jedoch keinen Abbruch. Im Schweizer Exil komponierteWagner die „Meistersinger“, die am 21. Juni 1868 in München urauf-geführt wurden. Wie der Theaterzettel zeigt, stand Hans von Bülow– der sich zeitweise als „persönlicher Dirigentenstab“ Wagners ver-stand – erneut am Pult. Wagner kam zur Premiere und Ludwig ludihn – ein unerhörter Verstoß gegen die Hofetikette – zu sich in dieLoge, wo er die Ovationen des Publikums entgegennahm. Der Ver-stoßene war somit rehabilitiert.

Zu seinen Geburtstagen schenkte Wagner dem König die Partitur-reinschriften der beiden ersten Teile seines „Rings des Nibelungen“:„Das Rheingold“ und „Die Walküre“. Doch die Fertigstellung derganzen Tetralogie wollte Ludwig nicht abwarten – und ließ die bei-den ersten Teile gegen den Willen Wagners aufführen. Die Theater-zettel kündigen am 22. September 1869 die Premiere des „Rhein-gold“ an und am 26. Juni 1870 die der „Walküre“. Am Dirigentenpult

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stand in beiden Fällen Franz Wüllner, sehr zum Zorn Wagners –denn Wüllner war bis dahin nur Leiter der königlichen Vokalkapelleund hatte noch nie zuvor dirigiert. Bülow jedoch stand nicht mehrzur Verfügung, er hatte nach seiner Scheidung 1869 München end-gültig verlassen. Auch das Ensemble bestand nur noch aus Sängernder Hofoper. Franz Liszt, der der Uraufführung beiwohnte, wartrotzdem voll des Lobes. Vor allem die „Walküre“ wurde vom Publi-kum mit großem Beifall aufgenommen. Von maskierten Reitknech-ten auf Rossen des königlichen Marstalls dargestellt, machte beson-ders der Walkürenritt großen Eindruck.

Wie sehr sich König Ludwig II. mit der Kunstform Oper identi -fizierte, zeigt sich auch an den 209 Vorstellungen, die seit 1872 aus-schließlich für ihn veranstaltet wurden. Keine anderen Zuschauerwaren bei diesen Separatvorstellungen erlaubt – deshalb erschienendazu natürlich auch keine Theaterzettel.

Epilog – das Ende des Theaterzettels

Bald sollte auch das endgültige Aus folgen: Natürlich nicht fürdas Münchner Nationaltheater, sondern für die Zettel. Nach fast10.000 Zetteln, 50 Jahren Theater und Oper – und 4 Königen – kün-digt die Hoftheater-Intendanz am 2. November 1873 an, künftig„tritt an die Stelle der bisher veröffentlichten Theaterzettel“ einAnzeiger mit dem Programm für mehrere Tage. – Mit dem Ver-schwinden der Zettel versinkt eine ganze Welt: Es verschwindetall das Unvorhergesehene, die Spannung, der Zauber des Noch-nicht-Wissens-was-gespielt-wird, kurz: das Überraschungsmoment,wenn es schellt und der Theaterzettelträger das Programm desAbends überbringt. Und damit stirbt ein ganzer Beruf – der des Zettelträgers.

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Schweiger-Theater

„Heit geh i zum Schani und morgen zum Max!“ – Die Münchner hatten Mitte des 19. Jahrhunderts die Möglichkeit, zwischen derBühne von Johann und Max Schweiger zu wählen, beide Sprößlingeeiner traditionsreichen Theaterfamilie. Die Theater der FamilieSchweiger stellten eine echte Konkurrenz zum National- und Hof-theater dar. Fast ein ganzes Jahrhundert lang bestimmten sie dasUnterhaltungsprogramm der unteren Einkommensschichten. In derVorstadt von München betrieb die Familie von 1808 bis 1865 mehrereTheaterbühnen. Sie erfreuten sich bei Tagelöhnern, Bediensteten undHandwerkern größter Beliebtheit. Gespielt wurde auf Wirtshaus-bühnen und in Holztheatern. Die Eintrittspreise waren im Gegen-satz zu den Hofbühnen auch für das kleine Portemonnaie er -schwinglich.

Der Lipperl – ein Phlegma zum Küssen!

Begründer der Schauspieler-Dynastie war Franz Maria Schweiger,der von 1808 bis 1814 sein Theater „vor dem neuen Maxthor“betrieb. Dort wurde er zunächst mit Stegreifkomödien beim breitenPublikum bekannt. Berühmtheit erlangte er aber als erster MünchnerLipperl in Lorenzonis Sommertheater. Die Figur des Lipperl war eineMünchner Variante des Kasperl. Er trug einen gelben Knappen -anzug, eine breite Halskrause und ein kleines graues Hütchen. Egal,wer oder was ihn drangsalierte, der Lipperl wußte sich immer zubehaupten. Dabei blieb er in seiner Rolle stets ungerührt und völligleidenschaftslos. Der zeitgenössische Publizist August Lewaldschwärmte in den höchsten Tönen von Schweigers Lipperl-Darstel-lung: „Hatte Schweiger, ganz trocken und theilnahmslos, einen tref-fenden Witz gemacht, eine grelle Zote gerissen, und sah dann mitweit aufgerissenen Augen wie ein Automat, dessen Räderwerk abge-laufen ist, sein Publicum eine Weile an, so war dies unwiderstehlich.Alles lachte, Alles applaudierte. Es war wirklich ein Phlegma zumKüssen!“ Nach dem Tod des großen Mimen traten die Söhne Josefund Johann in dessen Fußstapfen.

Josef übernahm 1817 das Theater und die Truppe des mittlerweileverstorbenen Lorenzoni und eröffnete das „Schweigersche Som-mertheater vor dem Karlsthor“. Dort blieb er bis 1830, dann mußteer dem Bau der Matthäuskirche weichen und zog in die Vorstadt Au.Sein Theater befand sich neben dem Gasthaus „Rad(e)lwirt“ in derLilienstr. 66 (heute 42). Im Jahr 1845 folgte der endgültige Umzug indie Müllerstraße (heute Kolosseumstr. 4) in der Isar-Vorstadt. SeinemHaus gab er den Namen „Isar-Vorstadt-Theater“. Das Holztheaterverfügte über ein Parkett und eine Galerie mit einer Loge. Bis zu500 Zuschauer hatten darin Platz. Die technischen Möglichkeitenwaren aber bescheiden, die Ausstattung spärlich: Eine schlichteKulissenbühne mit gemalten Dekorationen mußte genügen.

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Staberliaden – lebendig-todt

Nach dem Tod von Josef Schweiger übernahm dessen Sohn Max dieLeitung der Bühne und benannte sie in „Volks-Theater in der Mül-lerstraße“ um. Wie die Theaterzettel zeigen, gehörten zu seinemRepertoire Lustspiele, Parodien, komische Opern und Operetten.Fester Bestandteil des Programms waren vor allem die allseits belieb-ten Possen Nestroys. „Der böse Geist Lumpacivagabundus“ hatte1834 sogar bei Max Schweiger seine Münchner Erstaufführungerlebt, ehe er auf der Bühne des Hoftheaters gespielt wurde. Zau-ber- und Ritterspiele mit Schauerdramatik fanden sich ebenfalls imRepertoire. Besonders beliebt waren aber die Staberliaden mit soskurrilen Titeln wie „Staberl, lebendig-todt oder: der Freund in derNoth“ und „Staberl und sein Sohn im Glaspalast oder: Wie kannman die traurigen Münch’ner wieder lustig machen“. Der Staberlwar ursprünglich eine komische Figur des Alt-Wiener Theaters, dieauch auf den Münchner Bühnen Einzug hielt. Staberl war ein Para-pluiemacher (Schirmmacher), der einen steifen, abstehenden Zopftrug. Zum großen Gaudium der Zuschauer benahm er sich in fremd-artigen Verhältnissen tollpatschig und ungelenk, wußte sich aber mitMutterwitz immer zu helfen. August Lewald berichtet in seinen„Aquarellen“ begeistert von der Münchner Variante des Staberl, diedem Wiener Original weit überlegen gewesen sein soll: „Man denke!ich sollte meinen Staberl dort finden, den echten, nicht zu verken-nenden, nicht zu verläugnenden Narren, in seinem barockenAnzuge, mit der unvergleichlichen Miene, worin Dummheit undList, Guthmütigkeit und Bosheit zu ganz gleichen Theilen den selt-samen Contrast bildeten, mit der grotesken, hölzernen Beweglich-keit eines echten Polcinell und den lustigen Scherzen, die von seineranstoßenden Zunge gleich einer Cascade sprudelten .“

Sittenzerrüttende Wirkung: Wir werden uns bessern!

Oft genug wurde den Schweigerschen Bühnen eine sittenzerrüttendeWirkung auf das Publikum unterstellt. Aus diesem Grund nahmensie auch ernste Stücke ins Repertoire. Auf den Theaterzetteln hobMax Schweiger sein Bemühen um Seriosität ausdrücklich hervor:„Zu dieser Vorstellung ladet der Unterzeichnete ein hochgeehrtesPublikum geziemend ein, und erlaubt sich die Versicherung hinzu-zufügen, daß von ihm Alles aufgeboten wurde, dieses Stück würdigvorzuführen.“ (25. 10. 1854) Mit diesem Versprechen rang die Bühneum die Gunst des Königs und die Bewilligung der Theater-Konzes-sion. Nicht ohne Grund veranstalteten die Schweigers also auchAbende zu Ehren von Mitgliedern der Königsfamilie, meist bei„ganz erleuchtetem Hause“. Die Hoheiten scheuten den Kontakt zuden Volksbühnen nicht: König Maximilian II. und Prinz Adalbertsollen häufig zu Gast bei den Schweigerschen Bühnen gewesen sein.

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Fensterln und Busserln auf der Bühne

Das zweite Vorstadttheater gehörte Johann, dem zweiten Sohn vonFranz Maria Schweiger. Er betrieb das „Neue Vorstadt-Theater in derAu“ in der Lilienstr. 87 in der Gaststätte zum „Kaiserwirt“. SeinTheater soll noch schlichter gewesen sein als das seines Neffen inder Isarvorstadt. Wie Max führte er Staberliaden sowie Ritter- undSchauerstücke auf, gelegentlich brachte er auch Nestroy-Possen aufdie Bühne. Schwerpunkt seines Angebotes war allerdings das bay-rische Volksstück, ein neues dramatisches Genre, das beim Publi-kum großen Anklang fand. Die Theaterzettel geben davon beredtZeugnis. Die Titel der bayrischen Lokalpossen lauten: „‘S letzti Fens-terln“, „Der boarische Hiesel“, „S’erschti Busserl“ und „A Bua unda Dirndl aus’m Oberland“.

Bitte Nachsicht: Das Debüt von Frau Schwartenmagen

Die Bühne des Johann Schweiger wie auch die seines Neffen Maxwaren weitgehend Familienunternehmen. Die beiden Schweigerswaren nicht nur Direktoren, sondern arbeiteten sowohl als Regis-seure wie auch als Schauspieler. An beiden Bühnen wirkten außer-dem Familienmitglieder mit. Sie erfüllten Aufgaben hinter derBühne oder traten als Akteure in Erscheinung. So erfreute FannySchweiger mit einem „Pas de deux“, und Lina Schweiger erheitertedas Publikum zwischendurch mit einer „Polka-Mazurka“ oder einer„Tarantella“. „Frau Direktrice Schweiger“ entwarf nicht nur die Kos-tüme und sorgte für die Requisiten, sie war auch für die Choreogra-phie zuständig.

Auf den Theaterzetteln bei Max Schweiger heißt es: „Billets fürLogen und Sperrsitze sind in meiner Wohnung (Müllerstr. 19,1. Stock) zu haben“. Der Kontakt zwischen Publikum und Theater-personal war demnach sehr eng. So wirbt Direktor Max Schweigerdenn auch für Verständnis beim Debüt des neuen Ensemble -mitglieds: „Frau Schwartenmagen wagt heute ihren ersten thea -tralischen Versuch, und bittet um gütige Nachsicht“. Ein durchgän-giger Hinweis auf den Theaterzetteln ist – auf Grund der Brand gefahr– das Rauchverbot „so wie das Mitbringen von Hunden“.

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Doch Restriktionen und Vorschriften der Obrigkeit machten denSchweigers das Leben schwer. So wurde versucht, den Bühnen zweiVorstellungen am Tag zu verbieten. Zynisch hieß es: „Schon ausHumanitätsrücksichten auf die Mitglieder derselben.“ Dahintersteckte die Hoftheater-Intendanz – ihr war der Erfolg der Schwei-gers ein Dorn im Auge. Hoftheater-Intendant Franz von Dingelstedtgelang es sogar, den Schweigerbühnen die Aufführung von klassi-schen Stücken zu verbieten. Auch durch Einschränkungen bei denAufführungszeiten versuchte er, ihnen das Publikum abspenstig zumachen. Sein Einfluß reichte so weit, daß die beliebten Spielstättenvon der Kritik einfach nicht mehr erwähnt wurden. Nach 60 JahrenTheatergeschichte wurden die Schweigerbühnen zugunsten desneuen „Actien-Volks-Theaters“ (heute Gärtnerplatz-Theater) ge -schlossen, die Schweigers mit einer Leibrente bedacht. Ironie desSchicksals: der Verwaltungsrat des „Actien-Volks-Theaters“ sah sichschon bald gezwungen, auf das Können der Schweigers zurückzu-kommen. Um die marode Theaterkasse wieder zum Klingen zu brin-gen, berief man Johann Schweiger zum Direktor des neuen Hauses.

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Gärtnerplatztheater

Eigentlich wäre es Stoff für ein Drama gewesen: mit einer Intrige wares der Hoftheater-Intendanz gelungen, die erfolgreichen Volks -bühnen der Schweigers auszuschalten und die Inhaber zur Aufgabezu zwingen. Damit wurde Platz für ein Volkstheater nach bürgerli-chem Zuschnitt geschaffen. Das neue Theater sollte ein „würdigerWohnsitz der heiteren Muse“ werden, wie der Volksdichter Her-mann Schmid es später in seiner Festrede zur Grundsteinlegung formulierte.

Maximilian II. hatte das finanziell recht waghalsige Unternehmen inweiser Voraussicht noch kurz vor seinem Tod abgelehnt – auf Grundwirtschaftlicher Bedenken. Der junge König Ludwig II. erteilte am10. Mai 1864 hingegen begeistert die Zustimmung zum Neubau. Mitder Planung wurde Franz Michael Reifenstuel beauftragt. Finanziertwurde das Vorhaben durch eine Aktiengesellschaft theater- und spekulationsbegeisterter Münchner, darunter angesehene Kaufleute,wohlhabende Bürger, höhere Beamte und bekannte Künstler. Denbürgerlichen Initiatoren lag an der Schaffung einer Institution, diesich neben dem königlichen Hof- und Nationaltheater gleichberech-tigt behaupten konnte. Die neue Bühne sollte dem „gehobenen Bür-gertum als Stätte von Unterhaltung und Erbauung“ dienen.

Standort des neuen Theaters wurde der Eichthalanger (heute: Gärtnerplatzviertel). Mit der planmäßigen Stadterweiterung nachSüden waren dort mehrstöckige Wohnhäuser für Besserverdienendeentstanden. Das Volkstheater sollte zur Aufwertung des Wohn -gebietes beitragen und repräsentativer Mittelpunkt des neuen Vier-tels werden.

Hochkultur? Nicht erlaubt!

Nach der Grundsteinlegung am 25. August 1864, dem 19. Geburts-tag des Königs, begannen bald die Bauarbeiten. Am 4. November1865 wurde die neue Bühne unter dem Namen „Münchener Actien-Volkstheater“ eröffnet – „bei festlich beleuchtetem Hause“ mit demallegorischen Festspiel „Was wir wollen“ von Hermann Schmid.Schon drei Wochen später fand die erste Uraufführung mit ArthurMüllers „Ein Haberfeldtreiben“ statt.

Das Actien-Volkstheater erhielt zwar die offizielle Erlaubnis für alleArten von Lustspielen, Volksstücken, Märchen und Singspielen.Doch die große Oper, das Ballett sowie das klassische Drama blie-ben mittels ministerieller Direktive vom Spielplan ausgenommenund einzig dem Hof- und Nationaltheater vorbehalten.

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Zum festen Bestandteil des Programms gehörten insbesondere Lust-spiele deutscher Komödiendichter. Dabei waren die Grenzen zwi-schen Lustspiel, musikalischem Schwank und Posse oft fließend. Anzahlreichen Abenden wurden auch einfach nur Schauspiel- undOperetteneinakter aneinandergereiht und mit kleinen Ballett- Ein -lagen aufgelockert. Größter Beliebtheit erfreuten sich vor allem jeneStücke, die über Jahrzehnte hinweg bei den Schweiger-Bühnen fürvolle Kassen gesorgt hatten. Die Staberliaden und Nestroy-Possenlockten – wie erwartet – das Publikum an. Richtige Publikumsrennerwurden „Der böse Geist Lumpacivagabundus“ und „Zu ebener Erdeund erster Stock“. Gut besucht waren auch die oberbayerischenVolksstücke von Hermann Schmid, Ludwig Ganghofer und LudwigAnzengruber. Die Stücke trugen Titel wie: „Der Tatzelwurm oderdas Glöckl von Birkenstein“, „Münchner Kindl“, „Almenrausch undEdelweiß“.

Bald schon wurden auch erste Operetten ins Repertoire genommen.Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“, „Die Fledermaus“und „Der Bettelstudent“ fanden großen Anklang. Mit dem sich all-mählich etablierenden Genre der Operette deutete sich erstmals eineneue Ausrichtung des Hauses an (wovon sich die zeitgenössischePresse nicht begeistert zeigte und heftig gegen „das moderne Kunst-furunkel“ wetterte).

Fasching im Ballanzug

Natürlich wurden auch im Actien-Volks-Theater die allseits belieb-ten Faschingsbälle ausgerichtet. Die Maskenbälle fanden „untergefälliger Mitwirkung des gesammten Theater-Personals“ statt. DerTheaterzettel schreibt genau vor, wie die Gäste zu erscheinen haben:„Herren und Damen in Charaktermasken, Domino’s, VenetianerMänteln oder Ballanzug mit Maskenzeichen“. Zunehmend gastie-ren im Haus auch Zauberkünstler und Akrobaten wie die „arabischeKünstler-Gesellschaft Beni-Zoug-Zoug aus der Wüste Sahara“. Kinder werden im Spielplan ebenfalls berücksichtigt. Das Augsbur-ger Theater der „Frau Bernhardine Reichel“ gibt für die Kleinen„Schneewittchen und die Zwerge“.

Actien-Volkstheater: Die Aktie spielt die erste Geige

Trotz des vielseitigen Spielplans erwies sich das Theater allerdingsals nicht rentabel. Es zeichnete sich ein Konflikt ab, der bereits imNamen des Hauses anklang. „Die Hoffnungen, die man auf dasAktien-Volkstheater gesetzt hatte, erwiesen sich als trügerisch; nichtdas ‚Volk‘, sondern die ‚Aktie‘ spielte darin die erste Violine.“ Finan-zielle Interessen kollidierten mit künstlerischen Ansprüchen. Da sich

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die künstlerische Leitung gegenüber dem Verwaltungsrat nichtdurchsetzen konnte, kam es zu häufigen Wechseln im Direktorium.Erschwerend war überdies, daß das Publikum der SchweigerschenBühnen nicht gänzlich für das Haus gewonnen werden konnte. Das bürgerliche Publikum wiederum blieb aus, da es durch die Pro-grammgestaltung eine zu große Nähe zum Volks- und Vorstadt -mäßigen fürchtete. „Die Aktiengesellschaft hatte sich also zwischenzwei Stühle gesetzt.“

„Verehrliche Theaterfreunde“ – keine Vorstellung wegen Kriegs

Zeitweise mußte das Haus auf Grund der prekären Finanzlage ein-fach geschlossen bleiben. Und auch politische Ereignisse machtenbisweilen eine kurzfristige Schließung notwendig. Am 26. Juli 1866fand die letzte Schlacht des Deutschen Krieges statt, bei der Preußendie bayerische Armee erfolgreich besiegte. Am selben Tag kam eszum Vorfrieden von Nikolsburg. So heißt es auf dem Theaterzettelvom 28. Juli 1866: „Der unglückselige Krieg hat den Verwaltungs-Rath des Actien-Volks-Theaters veranlaßt, die Vorstellung bis aufWeiteres einzustellen. Nachdem nunmehr der Abschluß des Waf-fenstillstandes in Aussicht steht und hierdurch wir uns bald der Segnungen des Friedens wieder erfreuen können, glaubt der Ver-waltungs-Rath, sowohl im Interesse der Anstalt, als in dem derActionäre, mit der Wieder-Eröffnung der Bühne nicht länger zögernzu wollen und ladet die verehrlichen Theaterfreunde zu recht zahl-reichen Besuchen ein.“ Schon wenige Tage später, am 29. Juli 1866,nahm das Theater den Spielbetrieb wieder auf. Theaterzettel spie-geln eben auch immer die Zeitgeschichte.

Als Ludwig II. von seiner einzigen Reise durch das Königreich am11. Dezember 1866 nach München zurückkehrt, wird im Actien-Volks-Theater „zur glücklichen Rückkehr seiner Majestät“ in dessenBeisein eine „Festvorstellung bei beleuchtetem Hause“ gegeben.Auch der „Einzug der siegreichen bayerischen Krieger“ nach Endedes Deutsch-Französischen Krieges wird am 18. Juli 1871 mit einer„Fest-Ouvertüre“ und einem „vaterländischen Stück“ gewürdigt.

Ludwig der Retter

Nach mehreren Rettungsversuchen wurde das Haus am 10. März1870 zur Versteigerung angeboten. Der Versuch, ein größeres Volks-theater ohne staatliche Unterstützung zu betreiben, war damit end-gültig gescheitert. König Ludwig II. pachtete es zunächst und ver-hinderte damit die Schließung. Unter dem Namen „Münchner Volkstheater“ wurde es am 1. Oktober 1870 mit der Ouvertüre zu

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Mozarts „La Clemenza di Tito“ wiedereröffnet. Am 20. März 1872 kaufte der König das Haus schließlich und wendete den gefürchte-ten Bankrott ab. Der Theaterzettel vom 15. Oktober 1873 gibt schließ-lich die Umbenennung des Actien-Volks-Theaters bekannt: „Ver-möge Allerhöchster Entschließung Se. Maj. Der König zu verfügengeruht, daß das Volks-Theater nunmehr die Benennung KöniglichesTheater am Gärtnerplatz führe.“ Das Gärtnerplatz-Theater wurde,neben Hof- und Nationaltheater sowie Residenztheater, damit zurdritten Hofbühne erhoben.

Volkstheater ohne Volk

Langsam erholte sich das Theater wieder. Das lag vor allem an demEngagement neuer Schauspieler. Es wurde ein eigenes Ensemble fürdie Volksstücke geschaffen. „Die Münchner“ spielten sich in die Her-zen des Publikums und eroberten auf ihren Tourneen mit oberbaye-rischen Stücken von Ludwig Ganghofer und Hermann Schmid auchandere Städte. Doch irgendwann hatte sich das Münchner Publikuman solcher Art Stücke sattgesehen. Die Szenerie wiederholte sichimmer wieder: Vor „Felsblöcken, Sennhütten, Tannenbäumen, Berg-spitzen, Alpenglühen“ traten „hartherzige Bauern, treue Liebes-paare, komische Holzknechte und Mägde“ auf. Mit der Zeit hattendie Zuschauer vom „Pechlerlehnl, Wurzersepp, Loisl“ und der„Moni, Loni, Resi, Rosel“ einfach genug.

Dagegen erlebte die Operette, die schon in der Anfangszeit beim bürgerlichen Publikum hoch im Kurs stand, einen großen Auf-schwung. Der König zeigte sich angesichts der Operetten- Begeis -terung beunruhigt. Er meinte beim Publikum eine gefährliche „Neigung zum Pikanten“ zu bemerken, und auch bei den Kritikernmachte die abfällige Bemerkung von der „Bourgeois- Amüsier -anstalt“ bald die Runde. Doch dem Publikum war das egal. DasGärtnerplatz-Theater entwickelte sich zu einer der führenden Ope-rettenbühnen Deutschlands. Damit stabilisierten sich endlich auchdie finanziellen Verhältnisse. Das Volksstück verschwand allerdingsfast ganz aus dem Programm und mit ihm sein Publikum. Es kehrtedorthin zurück, woraus es einstmals vertrieben wurde: in die Sing-spielhallen und Volksbühnen der Wirtshäuser in den Vorstädten.

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Residenztheater/Cuvilliés-Theater

Es eine wechselvolle Geschichte zu nennen, wäre fast eine Unter-treibung: Das Münchner Residenztheater hat so ziemlich alles erlebt,was einem Schauspiel- und Opernhaus widerfahren kann. Auch dieNamensgebung bedarf der Klärung: Was die Münchner heute alsResidenztheater kennen, ist ein Neubau aus dem Jahr 1951. Dasursprüngliche Residenztheater – oder das was davon übrig blieb –heißt seit 1958 Cuvilliés-Theater.

Und was erzählen uns die Theaterzettel von all den Umwälzungen?Auf den ersten Blick nicht viel. Brav kündigen sie eine seichte Komö-die nach der anderen an, vereinzelt auch mal Stücke von Rang. Dochein Zettel ragt heraus – mit einer Ankündigung wie ein Pauken-schlag. Die Hoftheaterintendanz gibt offiziell bekannt, daß ihr Hausnicht für das Sprechtheater geeignet ist – und künftig auf der Bühnedes Residenztheaters stattfindet. Zwar wurde das Residenztheaterschon ab 1857 aus Ausweichspielstätte genutzt, doch nun soll es einkompletter und endgültiger Umzug sein.

In der Bekanntmachung vom September 1871 legt die Intendanz dieGründe für ihre Entscheidung wortreich dar: „Langjährige Erfah-rungen haben für Zuschauer und Darsteller bis zur Evidenz dar -gethan, daß alle diejenigen Schauspiele, welche sich innerhalb derGrenzen des Conversations-Tones bewegen, in den Räumen desKöniglichen Hof- und National-Theaters ihren vorzüglichsten Reiz,die Leichtigkeit und natürliche Bewegtheit der Darstellung verlie-ren.“ Kurz gesagt: Auf der großen Bühne des Nationaltheaters gin-gen Mimik und Stimme der Schauspieler verloren. „Dem Zuschauerwird durch die große Entfernung vom Darsteller und die oft nicht zuvermeidende Undeutlichkeit jener behagliche Sinn geraubt, der zujedem Kunstgenusse unerläßlich ist. Der Darsteller hingegen siehtsich durch den Drang, jene Uebelstände zu überwinden, nur zu oftgenöthigt, mit Stimme, Miene und Bewegung über die Grenzen derWahrheit und Natur hinaus zu gehen und sich so die ächt künstle-rische Gestaltung seiner Aufgabe häufig selbst zu verderben.“ DieZuschauer in den vorderen Reihen litten also unter der Übertrei-bung, und die in den oberen Rängen konnten „ohne ein gutes Glas“kaum etwas sehen und schon gar nichts hören.

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Bereits 1841 hatte der Intendant des Nationaltheaters, Karl Theodorvon Küstner, einen Neubau für das Sprechtheater seiner Bühnegefordert. Er rannte damit zwar offene Türen ein, doch allein – esfehlten die finanziellen Mittel. Sein Nachfolger Franz von Dingel-stedt brachte in den fünfziger Jahren dann das stillgelegte Resi-denztheater ins Gespräch. Diese Bühne hatte König Ludwig I. beiAmtsantritt 1831 aus Kostengründen kurzerhand schließen lassen.Mit den Jahren war sie dann zum Kulissendepot des Nationalthea-ters verkommen. Die kostbare Rokoko-Ausstattung hatte Ludwig I.aber vorsichtshalber entfernen und auslagern lassen.

Übertreiben nicht mehr nötig: Neuer Conversations-Ton im Cuvilliés-Theater

König Max II. gab dem Drängen Dingelstedts schließlich nach, undso wurde das Haus nach aufwendigen Restaurierungsarbeiten 1857endlich wiedereröffnet. Das Meisterwerk des bayrischen Rokoko mitseinem reichen figuralen, floralen und ornamentalen Dekor imRocaille-Stil erstrahlte in neuem Glanz.

Das Residenztheater erwies sich als ideale Spielstätte für das Sprech-theater. Der intime Raum des Hauses machte das langersehnte nuan-cenreiche Spiel der Darsteller möglich und den Theaterbesuch wie-der zum Kunstgenuß. So heißt es am Ende der Bekanntmachungdann, die Königliche Hof-Theater-Intendanz habe „die AllerhöchsteGenehmigung erhalten, daß im Königlichen Hof- und National-Theater nur mehr jene großen Schau- und Trauerspiele zur Auffüh-rung gelangen, welche durch den in diesen Werken gebotenen vol-leren Redevortrag der großen Räumlichkeit entsprechen und fürSzenirung und Comparserie eine Bühne verlangen, daß hingegenalle übrigen Schau-, Lust- und Trauerspiele ausschließlich im König-lichen Residenztheater dargestellt werden.“

Das Juwel des Rokoko – ein Blick zurück

Was das Residenztheater 1871 zur perfekten Bühne für das Schau-spiel machte, war nicht immer als Vorteil empfunden worden. Ganzim Gegenteil: gerade der Mangel an Größe war einer der Gründe,warum das Haus 1831 geschlossen wurde.

Erbaut wurde das Residenztheater in ungewöhnlich kurzer Zeit vonFrancois Cuvilliés d. Ä. von 1751 bis 1753. Cuvilliés, auf Grund sei-ner kleinen Statur am bayerischen Hof als Kammerzwerg engagiert,hatte mit Förderung des Kurfürsten Max Emanuel in Paris Archi-tektur studiert. Nach seiner Rückkehr nach München hatte er sichbald einen Namen als Künstler und Baumeister von Rang gemacht.

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Max III. Joseph hatte ihn mit der Ausstattung eines neuen Opern-hauses beauftragt. Es „übertraf an Geschmack, Bequemlichkeit undLuxus alle bisherigen Theater in München.“ Hier wurden MozartsOpern „La Finta Giardiniera“ (1775) und „Idomeneo“ (1781) urauf-geführt. Es galt als das prachtvollste Theater des deutschen Rokoko.

Ab 1795 bespielten gleich zwei Ensembles die Bühne des Residenz-theaters: die deutsche Nationalschaubühne und die italienische Hof-oper. Es diente dem Hof zudem als Repräsentationsort für Festver-anstaltungen. Denn ein einzigartiges Hebelwerk im Kellergeschoßmachte es möglich, den Boden des Parketts mit dem Bühnenbodenin einen Ballsaal zu verwandeln. Zu dieser Zeit war das Theater aus-schließlich dem höfischen Publikum vorbehalten, das keinen Eintrittzu zahlen brauchte.

Frierende Künstler und Zuschauer: Zähneklappern im Takt

Doch das Residenztheater schien für die Bedürfnisse der zuneh-menden Zahl an Stadtbewohnern nicht mehr ausreichend. Zudemmachte das veraltete Heizsystem den Besuchern zu schaffen. DerKorrespondent des „Journal des Luxus und der Moden“ klagte, daß„die Kälte äußerst lästig war, die Tänzer hätten mit ihrem Zähne-klappern wie Kastagnetten im Takt schlagen können.“ Die Kälte imHaus war jahrelang Gegenstand der Presse. Wenig später hieß es im„Journal“: „Das Theater soll endlich beheizbar gemacht werden, dasEnsemble ist schon weitgehend erkältet.“

Die Forderungen nach einem neuen Theaterbau wurden immer lau-ter. Ein Umbau wäre durchaus möglich gewesen, der Zuschauer-raum hätte sich um 300 Plätze vergrößern lassen. Die dadurch ins-gesamt 1200 geschaffenen Plätze hätten für das damalige Publikumausgereicht. Doch Max I. genügte es offensichtlich nicht, das Haus zumodernisieren und in ein „Hof- und Nationaltheater“ umzuwidmen.Seine Idee von einem bayrischen Nationalbewußtsein sollte in einemgrandiosen Repräsentationsbau gipfeln. Außerdem entsprach derStil des Haus nicht mehr dem Geschmack der Zeit. Die als „Juweldes Rokoko“ gefeierte Bühne geriet aus der Mode.

Nach Eröffnung des Hof- und Nationaltheaters wurde ab 1818 imResidenztheater nur noch die italienische Oper gegeben. Die deut-sche Oper fand nun im neugebauten Nationaltheater statt. Das Ver-hältnis der Häuser zueinander war äußerst angespannt: Streitigkei-ten, Kompetenzgerangel und unterschiedliche Etats vergifteten dasArbeitsverhältnis. Die Entwicklung der deutschen Oper wurdedadurch nachhaltig beeinträchtigt. Sie war gegenüber der italieni-

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schen Oper nicht wirklich konkurrenzfähig. Tatsächlich erhielt dasResidenztheater einen weitaus größeren Etat als die Hofoper. So tra-ten im Residenztheater denn auch hochdotierte Künstler der Wienerund italienischen Opernhäuser auf. Die Gründe, warum Max I. trotzder hohen Kosten am Residenztheater festhielt, sind nicht bekannt.Möglicherweise ist die Fortführung des Hauses seiner Vorliebe fürdie italienische Oper geschuldet. Sein Sohn Ludwig I. machte demGanzen nach seinem Amtsantritt, wie erwähnt, denn auch ein Ende.

Das Residenztheater zieht ein letztes Mal um

Jahrzehntelang hatte sich das Residenztheater als Schauspielhausbewährt, bis es am 18. März 1944 den Bomben zum Opfer fiel. Zuvorwar der Zuschauerraum jedoch mit den Logenrängen ausgelagertworden – eine Sicherheitsmaßnahme im Kalkül der Kriegsjahre. Aufden Grundmauern des zerstörten Theaters wurde 1951 ein neuesSchauspielhaus erbaut, das neue Residenztheater.

Und auch das, was vom alten Residenztheater übrig war, die präch-tigen in Holz geschnitzten und farbig gefaßten Rangeinbauten, fanden eine neue Heimat: Sie wurden nach erneuten Restaurierungs -arbeiten unweit des alten Standortes im sogenannten Apotheken-Stock der Residenz eingebaut. Dort erstrahlt das Juwel des Rokokoseit 1958 in neuem Glanz. Seinem Architekten zu Ehren wurde esschließlich Cuvilliés-Theater genannt.

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Bamberg

Herzog Max in Bayern führte in München nicht nur ein eigenesTheater, er war auch häufig zu Gast in den Konzert- und Theater -sälen von Bamberg. Die Geburtsstadt des Herzogs hatte eine Viel-falt von Spielstätten zu bieten: vom angesehenen Stadttheater, indem einst E. T. A. Hoffmann Musikdirektor war, bis zur kleinen Privatbühne in Schloß Unterwittelsbach. Schon früh verfiel HerzogMax dem Zauber der Bühne. Nach ersten Schuljahren unter der Leitung eines strengen Erziehers kam Max mit neun Jahren auf An -regung von König Maximilian I. ins „Königliche Erziehungs-Insti-tut“ nach München. Der „verschüchterte Knabe“ wurde „in der fröh-lichen Gemeinschaft Gleichaltriger und unter der Obhut des klugen,gütigen Institutsleiters, des Benediktiners Benedikt Holland bald einaufgeweckter, eifriger Schüler.“ Holland unterrichtete die Zöglingenicht nur in Pflichtfächern wie Latein und Naturwissenschaften, son-dern wußte auch ihr Interesse für Musik und Literatur zu wecken.Mit Hilfe von König Maximilian I. wurde im Institut ein kleinesHaustheater eingerichtet, in dem die Knaben selbst Theaterstückeaufführten. Früh trat die Neigung des Prinzen für die Literatur unddie Bühne hervor. Max war Feuer und Flamme und inszenierte zumFasching 1822 eine Pantomime-Aufführung, bei der sogar sein Groß-vater mit königlicher Familie anwesend war. Auch seine Leiden-schaft für die Welt des Zirkus wurde im „Hollandeum“ geweckt.Benedikt Holland nahm den Knaben oft zu seinem Bruder mit nachHause, dort konnte er das bunte Treiben der Schausteller und Kunst-reiter auf dem Münchner Dultplatz (heute: Maximiliansplatz) vomFenster aus beobachten.

Das Theater ließ den Herzog sein Leben lang nicht los. Er war eineifriger Theatergänger, wie die Bamberger Theaterzettel zeigen, undprobierte sich auch selbst in Novellen, Gedichten, blutrünstigen Rit-terromanen und historischen Dramen. Im Bamberger Stadttheaterkam am 12. Februar 1837 seine Nachdichtung von Viktor Hugos„Lukrezia Borgia“ unter dem Pseudonym Phantasus zur Auffüh-rung. In der Titelrolle glänzte die Schriftstellerin und SchauspielerinCharlotte Birch-Pfeiffer. Der Theaterzettel des Stadttheaters ist dennauch auf kostbare Seide gedruckt. Max dürfte bei der Premiere zuge-gen gewesen sein.

Auf die poetische Ader des Herzogs spielt auch ein Gedicht zu des-sen Geburtstag am 4. Dezember 1836 an. Auf einem Doppelblatt ausweißblauer Seide heißt es da: „Läßt rein und froh der Saiten Lyraklingen, / Die Musen salbten ihren Fantasus, – / Sie gaben Brustund Stirn den Weihekuss.“ Unterzeichnet hat das kostbare Tuch einenicht näher bezeichnete „Auguste“ – vielleicht Auguste von Bayern,die älteste Tochter von König Maximilian I.

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Zithern vor Kamelen

Die Theaterzettel der städtischen Bühne künden Possen und Lust-spiele sowie einige komische Opern an. Natürlich fanden aber auchin Bamberg Aufführungen anläßlich von Geburtstagen, Namens -festen und besonderen Feierlichkeiten der Wittelsbacher statt. Die„höchsterfreuliche Ankunft“ von Herzog Max in der Residenzstadtwird „bei beleuchtetem Haus“ 1837 ebenso gefeiert wie dessenGeburtstag im Jahr 1838. Seiner Königlichen Hoheit galten wohlauch die Theaterzettel auf blauer Seide, die zum Lustspiel „Der Reh-bock“ einluden, sowie zwei in Gold und Kupfer gedruckte Theater-zettel zum Gastspiel der „k. k. Hof-Opern-Sängerin Antonie Vial“(27. 4. und 4. 5. 1837).

Das Stadttheater hatte auch Musikalisches nach dem Geschmack desHerzogs zu bieten. So traten „auf hohes Verlangen“ die „Alpensän-ger Kugler“ (11. 11. 1830) auf. Am 22. Februar 1837 kam es schließ-lich im Stadttheater zu der denkwürdigen Begegnung zwischen demHerzog und Johann Petzmayer. Mit seiner Zither hatte der Musikerbereits in Österreich konzertiert und 1827 sogar vor Kaiser Franz vonÖsterreich in dessen Privatgemächern gespielt. Auch dem Ruf despreußischen Königs war er nach Berlin gefolgt. Auf seinen Konzert-reisen wurde er überall frenetisch empfangen. Herzog Max fand amSpiel Petzmayers derart großen Gefallen, daß er ihn zum Lehrernahm und ihn 1838 zum Kammervirtuosen ernannte. Petzmayerbegleitete fortan den Herzog auf all seinen Reisen, sogar bis in denOrient. Selbst am Fuße der Pyramiden erklang sein Zitherspiel. Her-zog Max kommentierte die Reaktion auf das Konzert in Ägyptenlakonisch: „Die Ägypter verstehen sicher was von Kamelen, abernichts vom Zitherspiel.“ Der Herzog lernte sehr schnell und trat baldschon mit Petzmayer im Duett auf. Durch ihr Spiel machten sie dasInstrument hoffähig und schrieben zahlreiche Kompositionen.

Zettel de luxe

Doch Max war nicht nur gern gesehener Gast im Stadttheater, son-dern auch in den Bürgervereinen der „Concordia“ und „Harmonie“.So druckte die „Concordia“ anläßlich der „glücklichen WiederkehrSeiner Hoheit des Herrn Herzog Maximilian in Bayern“ nach des-sen Rückkehr aus dem Orient ihr Programm ebenfalls auf Seide.

Auch die übrigen Theaterzettel des Vereins können sich sehen lassen.Keine Seltenheit sind Programme auf Seide in Gold und Kupfer mitfarbigen Bordüren. Die Vereinigung „Harmonie“ scheute ebenfallskeine Kosten. Die Mitglieder luden am 27. Februar 1837 zu einer„Vorstellung von Mitgliedern der Gesellschaft“. Die Einladung istauf festem rosafarbenen Papier gedruckt und mit einer goldgepräg-ten Bordüre gesäumt. Die „Harmonie“ war für das Bamberger Theaterleben von großer Bedeutung. Gründer des Vereins war derliberale und aufgeklärte Arzt Friedrich Adalbert Marcus. Mit Gleich-

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gesinnten traf sich Marcus zu Ausflügen, Spielen, Hausmusik- undTanzabenden. Aus den losen Zusammenkünften wurden bald regel-mäßige Veranstaltungen, weshalb sich die Teilnehmer 1791 zu einemVerein zusammenschlossen. Anfangs bestand die Gesellschaft nuraus kulturell engagierten Bürgern. Doch bald gehörten auch Adligewie Herzog Wilhelm in Bayern und dessen Sohn Pius der Gesell-schaft an.

Auf vielfachen Wunsch gründete Marcus mit Hilfe von Julius Grafvon Soden ein Liebhabertheater. Die erste öffentliche Aufführungfand 1797 zugunsten karitativer Einrichtungen statt. Zunächstwurde in der Aula der alten Schule gespielt, dann erwarb von Sodenein „Gesellschaftshaus“: das „Fexersche Anwesen im Zinkenwörth“(heute Schillerplatz). Nach einer wechselvollen Geschichte verkaufteGraf von Soden das „Fexersche Anwesen“ 1808 an Anna Maria(Nanette) Kauer. Sie betraute wenig später Ferdinand von Hohen-hausen mit dem Umbau des Gebäudekomplexes. Es entstanden eineBühne für personenreiche Stücke und ein Zuschauerraum für940 Personen. Außerdem wurde die technische Ausstattung erneu-ert, ferner Rollenbücher und Kostüme angeschafft. Damit war dieGrundlage für das spätere Bamberger Stadttheater gelegt. Die übri-gen Räume wurden an den Bürgerverein vermietet und von NanetteKauer für Bälle, Kasinos und Konzerte genutzt. Beliebter Treffpunktfür Literaten und Theaterliebhaber wurde auch ihre Gastwirtschaft„Theaterrose“, in der mancher Künstler die eine oder andere Nachtdurchzechte.

Fasching! Polonaise! Und ein weinerlicher Abgesang

Im Kauerschen Saal wurden neben vielen Konzerten zur Faschings-saison auch die beliebten Bälle veranstaltet. In Bamberg ging es wäh-rend der närrischen Tage hoch her. Am Faschingsmontag fandzunächst ein Umzug durch die Gassen von Bamberg statt. DenZug führte der „Faschingsnarr“ an, ihm folgen der „Stadtfähnrich Zebedäus Rumpelpuff, nebst Staberl“, „Zechmeister Larifari“ und„Proviantmeister Bastel Kuttelfleck“. Den Schluß bildeten „derAschenmann“ und das „personifizierte Fasten“. Für die Ordnungdes Zuges sorgt „Oberceremonienmeister Hanstwurstansky“.

Am Faschingsdienstag folgte ein „großer brillanter Maskenball“ imKauerschen Saal. Die Bühne wurde dabei in eine „Schweizergegendmit einem lebendigen Wasserfall“ verwandelt. Wie immens die Pro-bleme beim Heizen solch großer Säle waren, macht der Hinweis vonTheaterdirektor Lorenz deutlich. Er verspricht ausdrücklich, daß der„Raum bestmöglichst geheizt und beleuchtet“ sein wird. Der Ballwird mit einer Polonaise eröffnet, dann folgen Walzer von Straussund Lanner sowie „altbayrische Dreher“. „Schlag 12 Uhr“ wird „Dasfeierliche Begräbnis des Monsieur Fasching“ begangen. „Ein bis zuThränen rührendes Trauerspiel mit Gesang wird auf das Weiner-lichste dargestellt“ und damit das Ende des Faschings eingeläutet.

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Max hatte ein Faible für die närrische Zeit. In seinem MünchnerPalais lud er im Fasching zu glanzvollen Bällen. Siebenhundert Tänzer und Tänzerinnen tanzten dort ausgelassen bis in die frühenMorgenstunden hinein. Er selbst führte eine Quadrille von ungari-schen Bauern und Bäuerinnen an. Ein anderes Mal wurden großePappschachteln in Form von Tassen, Zuckerdosen, Kaffeekannen inden Saal gebracht, denen als Porzellanfiguren verkleidete Rokoko-damen und Herren entstiegen und Tänze ihrer Zeit tanzten.

Ein weiteres Vergnügen bot in Bamberg das Theresien-Volksfest. EinDoppelblatt gibt die „Anordnung und Aufstellung des großen Fest-zuges“ zum ersten Theresien-Volksfest am 8. Juli 1833 bekannt. Beider Eröffnung der Feierlichkeiten waren die Namensgeberin KöniginTherese und ihr Gatte Ludwig I. anwesend. Auf einem hübschenkleinen Blatt ist der Text zu dem Volkslied abgedruckt, das anläßlichdes Festes eigens gedichtet worden war. Es sollte zur Melodie von„God save the King“ gesungen werden. Teil des Spektakels auf derTheresienwiese waren auch die „natürlich belebten Panoramen“.

Glück mit Gymnastik – und eine Kaiserin mit dem Klingelbeutel

Die Begeisterung von Max für den Zirkus und die Welt der Akroba-ten ist bekannt. Auf dem Bamberger Theaterplatz trat am 14. August1832 der Artist Rudolph Knie mit dem „Großen Schauplatz derGymnastik“ auf. Am Rand des Ankündigungszettels hat HerzogMaximilian eigenhändig vermerkt: „Hat viel Glück gemacht“. Seineigenes „Theater der Reitkunst“ gab im Dezember 1836 und im März1837 auch Gastspiele. Die Bamberger konnten dann den „komischenRitt“ des Clowns Louis Flerx und das „Ringelstechen“ von sechs Rei-tern bestaunen.

Nicht aus Bamberg, sondern aus Aichach stammen drei handge-schriebene Theaterzettel. Die im „Theater in Aichach“ gastierendeSchauspielerin Nanette Koller und die „Noderer’sche Schauspieler-gesellschaft“ laden mit den kalligraphisch gestalteten Zetteln HerzogMax zu Vorstellungen ein: „Eure Hoheit!“, heißt es da, „in der tiefs-ten Ehrfurcht wag ich es, zu meiner Benefice Vorstellung meinerunterthänigste gehorsamste Einladung zu machen.“

Herzog Max erwarb 1838 in Unterwittelsbach bei Aichach ein Was-serschloß. Umgeben von großen Ländereien, ging Max dort auf dieJagd. Anekdoten überliefern, er sei in Bauerntracht in den Wirts-häusern von Aichach mit seiner Zither aufgetreten. Seine kleineTochter Sis(s)i, die spätere Kaiserin von Österreich, habe ihn auf sei-nen Wirtshausbesuchen begleitet und in einem Hut den Lohn fürden unbekannten „Musikanten“ eingesammelt. Einer ihrer Kam-merzofen soll sie später einmal ein Portemonnaie mit ein paar Kreu-zern gezeigt haben, das einzige Geld, so die Kaiserin, das sie jemalsselbst verdient habe.

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Frankfurter Theater

Theaterzettel erzählen oft nur die halbe Wahrheit. Das zeigt sich ganzbesonders an den Zetteln des Frankfurter Theaters. Ob eine Auffüh-rung beim Publikum durchfiel oder für Furore sorgte, ob die Kassenvoll oder das Budget klein war – all das bleibt ein Geheimnis.

Schauspiel und Oper fanden im Frankfurter Stadttheater auf einerBühne statt. In beiden Sparten probierte man den schwierigen Spa-gat zwischen Hehrem und Trivialem. In der heiteren Oper unterhieltman mit Auber, Flotow, Halévy, Lortzing, Offenbach und Suppé. Zuden großen Opern zählten die der italienischen Meister wie Bellini,Donizetti, Rossini und Verdi sowie deutscher Komponisten wieMendelssohn Bartholdy, Meyerbeer, Mozart, Wagner und Weber.Epochemachende Aufführungen standen zwar nicht auf dem Pro-gramm – aber es gab Glanzpunkte. Vielbeachtet war etwa die szeni-sche Uraufführung von Franz Schuberts Singspiel mit dem Zen -surtitel „Der häusliche Krieg“ („Die Verschworenen“, D 787) am29. August 1861. Für großen Jubel sorgte auch Richard Wagners Auf-tritt am Dirigentenpult. Am 17. September 1862 dirigierte er seineromantische Oper „Lohengrin“ in Frankfurt zum ersten Mal selbst.

Im Repertoire: Schrullenhafte Jungfern und bemooste Häupter

Auch die allseits beliebten Lustspiele und Komödien gehörten inFrankfurt zum festen Repertoire. Elisabeth Mentzel, die Chronistindes Stadttheaters, beschreibt treffend den Charakter jener Stücke:„Die von Kotzebue und seinen Nachfolgern geschaffenen schrul-lenhaften alten Jungfern, die schüchternen und unverzagten Tantenund Tantchen, die komischen Onkel, die verdrehten und gutmüthi-gen alten Magister und bemoosten Häupter, die rührend naiven undneckischen Mädchen, die verliebten Vormünder, die wunderlichenHagestoltze, absonderlichen Hofräthe und verblendeten Väter, dieintriganten Salonschlangen und edlen Gouvernanten, die lustigenPächter und galanten Lebemänner, sowie die große Sippe der ge müth- lichen und aufgeblasenen Kleinstädter beherrschten neben den Gestal-ten des französischen Intriguenstückes die Frankfurter Bühnen.“

Wie in München waren auch in Frankfurt die scharfzüngigen Possenvon Nestroy und Raimund sehr beliebt. Ebenso sorgten Volksstückemit Lokalkolorit und in hessischer Mundart auf den FrankfurterBrettern für Heiterkeit, so zum Beispiel „Ein Glas Eppelwein“ vonHallenstein(7. 5. 1863), „Börsenglück, oder: Einmal hunderttausendThaler“ von Kalisch (30. 10. 1859) oder „Herrn Hampelmann’s Land-parthie nach Königstein“ (31. 1. 1864).

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Die Werke der Dichter des Jungen Deutschland verschwanden nachden unruhigen Revolutionsjahren fast ganz vom Spielplan. Goethefehlte zwar nicht im Programm, man ehrte den berühmten Sohnder Stadt zu festlichen Anlässen; erklärter Liebling der FrankfurterZuschauer war aber Schiller. Sein hundertster Geburtstag am10. November 1859 wurde mit zahlreichen Feierlichkeiten zelebriert.Neben den Dramen von Schiller wurden häufig Shakespeare-Stückeaufgeführt.

Es gastierten auch viele ausländische Schauspiel- und Gesangstrup-pen im Frankfurter Stadttheater, so zum Beispiel die Künstler desOpernhauses Drury Lane in London. Die Opernsängerinnen „MissesAngelina & Lucy Rafter“ glänzten am 11. April 1859 mit zwei für sievon Herzog Maximilian in Bayern komponierten Duetten: „Whenwill you think of me dear friends“ und „Auf Wiedersehen“. Derhohe Herr war an diesem Abend höchstwahrscheinlich Gast imTheater. Dementsprechend ist der dazugehörige Theaterzettel dennauch aus Seide. Zugegen war seine königliche Hoheit vermutlichauch, als der von ihm zum „Kammervirtuosen“ erhobene Zither-spieler Johann Petzmayer am 9. November 1854 im FrankfurterStadttheater sein Gastspiel gab.

Insgesamt ist das Programm traditionell ausgerichtet und bestichtnicht gerade durch Innovation. Es wird auf Altbewährtes gesetztund fehlt an künstlerischer Experimentierfreude. Ein Blick hinter dieKulissen zeigt die Gründe dafür: Die Abonnentenzahlen waren deut-lich zurückgegangen, die Kassen des Theaters leer. Zudem warendie Folgen der Revolution von 1848 noch zu spüren. Die Tagungendes Vorparlaments und die Wahlen zum deutschen Parlament hattendie Aufmerksamkeit der Zeitgenossen vom Theatergeschehen abge-lenkt. Außerdem war es während der revolutionären Monate imTheater häufig zu Ruhestörungen und zum Absingen patriotischerLieder gekommen. Das Publikum war der Politik überdrüssig undblieb dem Theater fern. Erschwerend kam ein starker Rückgang derMessebesucher hinzu. So rang die Bühne nach einer Lösung, um fürZuschauer attraktiv zu bleiben und nicht auf das Niveau einer Pro-vinzbühne herabzusinken.

Mit einem neuen Intendanten hoffte die Stadt, das Publikum wie-derzugewinnen und dem angeschlagenen Unternehmen neuenGlanz zu verleihen. Johann Hoffmann, erfolgreicher österreichischerTheaterdirektor am böhmischen und deutschen Theater in Prag,wurde 1853 engagiert. Ein wenig zu selbstbewußt übernahm er dieLeitung des Hauses. Er trat das Amt in der Überzeugung an, daß„das Geld im reichen Frankfurt nur auf den Gassen lag, und mansich nur bücken brauchte, um es aufzuheben.“ Anton Bing, Chronistdes Frankfurter Theaters, charakterisiert ihn 1896 mit folgendenWorten: „Hoffmann war von imponierendem Aueßeren, früherTenorist mit bedeutenden Stilmitteln, als ächter Wiener immer ele-gant in der Erscheinung, sorgsam frisiert, stets gelb behandschuht,

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mit Brillant-Nadeln und Ringen, goldenen Ketten und Berlockenreich geschmückt, dabei Lebemann und auch Andere gerne lebenlassend.“ Doch bald mußte Hoffmann erkennen, daß er ohne städti-sche Zuschüsse den Spielbetrieb nicht mehr aufrechterhalten konnte.Nach einigem Ringen bewilligte der Senat die geforderten Subven-tionen – was aber bei der Presse einen Sturm der Entrüstung aus-löste. In der Folge wurde Hoffmann am 20. März 1855 seines Amtesenthoben.

Harte Konkurrenz – das Geld liegt auch im reichen Frankfurt nicht auf den Gassen

Nach einem kurzen Interim, in dem das Bühnenpersonal in eigenerRegie das Haus erfolgreich weiterführte, gründete ein engagiertesKomitee der Bürgerschaft eine Aktiengesellschaft und übernahmeinstweilen die Leitung des Theaters. Der Senat stockte noch einmaldie Subventionen auf und bewilligte sogar den Umbau des Hauses.

Mit der Wiedereröffnung des Theaters trat ein halbes Jahr später einneuer Intendant sein Amt an. Der Lustspieldichter Roderich Benedixwar in Bühnenkreisen kein Unbekannter, er hatte bereits in Düssel-dorf und Köln erfolgreich Regie geführt. Benedix fand bei Über-nahme des Hauses zwar eine solide Finanzlage vor, aber das alleinehalf nichts. Mittlerweile waren die Spitzenkräfte des Hauses näm-lich abgewandert. Damit war Benedix in der Spielplangestaltungstark eingeschränkt. Er beklagte öffentlich die Misere: „Ungeachtetaller Bemühungen ist es dem Unterzeichneten noch nicht gelungeneinen Sänger für erste und Helden-Tenorpartien zu gewinnen. Esbleibt nun nichts übrig, als den Sachverhalt dem verehrlichen Publi-kum hiermit offen vorzulegen und bei Opernaufführungen für dieLücke um Nachsicht zu bitten.“ Der neue Direktor hatte also keinenleichten Stand. Außerdem mischten sich Aktionäre derart in diekünstlerische Tätigkeit des Direktors ein, daß der schon nach dreiJahren wieder seinen Hut nahm.

Die Aktiengesellschaft beschloß daraufhin, die Leitung einem Mannaus ihrer Mitte zu übertragen. Damit trat endlich die langersehnteStabilität ein. Zum neuen Leiter wurde 1858 Carl von Guaita be -stimmt, Sproß einer angesehenen Frankfurter Familie, sowohl Mit-glied des Senats als auch Präsident der Aktiengesellschaft. Das Urteilder Theaterhistorikerin Elisabeth Mentzel über Guaitas Amtszeit fälltallerdings harsch aus: „Da in Dr. von Guaita der große Sparmeisterden Bühnenlenker vollständig beherrschte, schloß die von ihmgeübte, oft bis zur Engherzigkeit gehende Einschränkung selbst -verständlich ideale Wagnisse und künstlerische Großthaten aus.“Guaita ging kein künstlerisches Risiko ein, sondern sorgte fürBeständigkeit in finanziell schwierigen Zeiten. Der Erfolg gab ihmrecht. Nahezu ein Jahrzehnt (1858-1867) leitete er die Geschicke desHauses und konnte sich erfolgreich gegenüber den privaten Bühnenund Wandertruppen behaupten, die sich beim Frankfurter Publikumgroßer Beliebtheit erfreuten.

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Seidene Theaterzettel, surreale Szenen – und ein Konzertsaal von Weltruhm

Zur Konkurrenz zählte das „Hôtel d’Union“ (vormals „Hotel Wei-denbusch“). Der große Speisesaal des eleganten Hauses diente mittausend Sitzplätzen der Frankfurter Museumsgesellschaft von 1832bis 1860 als Konzertsaal. Mit Aufkommen des Virtuosentums gabensich dort die Stars der Musikszene die Klinke in die Hand. Auf Seidegedruckt ist das Anzeigenblatt zur „Grand Soiree musicale et phy-sicale“ des Zauberkünstlers und Musikers Anton Kratky-Baschik.Mit seinem selbst entworfenen „Hornmelodicon und dem Physl’Harmonicor“ trat er 1862 zur Ostermesse im großen Salon desHotels auf. Der Ankündigungszettel ist aufwendig hergestellt undmit teils surrealen Szenen illustriert.

Daß es in Frankfurt kein eigenes Konzerthaus gab, war der bürger-lichen Schicht ein Dorn im Auge. Mit deren zunehmendem wirt-schaftlichen Erfolg und dem wachsenden kulturellen und politi-schen Selbstvertrauen wurde der Ruf nach einem repräsentativenVeranstaltungsort laut. So gründeten 1859 engagierte FrankfurterBürger die „Saalbau-Actiengesellschaft“ und gaben den Bau einesFest- und Konzertsaals in der Junghofstraße in Auftrag. Der Frank-furter Saalbau wurde 1861 eröffnet. Die Eintrittspreise warenerschwinglich, der neue Veranstaltungsort wurde von den Frank-furtern begeistert aufgenommen. Bald schon erlangten die Konzertedes Hauses Weltruhm, weil die Akustik als mustergültig galt. Legen-där waren auch die Maskenbälle im Saalbau. Über die GrenzenFrankfurts hinaus bekannt, waren sie besonders beliebt als ersteBegegnungsstätte für junge Leute im heiratsfähigen Alter (23.1.1864).

Weniger prominent sind zwei weitere Theater bei und in Frankfurt:Das „Sommer-Theater in Bockenheim“ und das „Vaudeville-Thea-ter“ in der Frankfurter Innenstadt. Beide Häuser boten eher seichteUnterhaltung.

Das Bockenheimer Sommertheater war, wie der Name schon sagt,nur auf den Sommer begrenzt. Bockenheim lag damals noch außer-halb der Tore Frankfurts und sollte erst 1895 eingemeindet werden.Vermutlich fanden die Aufführungen in einem Wirtshausgartenstatt. Regelmäßig zogen die Frankfurter am späten Nachmittag zuVorstellungen in den angrenzenden Ort. Gespielt wurde bei Windund Wetter. So heißt es auf einigen Ankündigungszetteln: „Die Vor-stellung findet auch bei ungünstiger Witterung statt.“ (15. 9. 1855).Gespielt wurde an vier Tagen in der Woche, meist Einakter, Panto-mimen, aber auch equilibristische Kunststücke „bei strömendemFeuerregen“ und Parodien auf Kunstreiterübungen. Auch Münch-ner Künstler gastieren in Bockenheim (4. 9. 1858). Am Ende der Saison verabschiedet sich Theaterdirektor Eduard Geyser mit denWorten: „Für die meinem Sommertheater freundlich geschenkteTheilnahme, spreche ich hiermit am Schlusse der Saison meinenherzlichsten Dank aus“. (30. 9. 1855) Die Annahmestelle für Be -

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stellungen der Theaterzettel lag in der Innenstadt Frankfurts:„Bestellungen für den Zettel werden bei Herrn Andreas Speeth imTürkenschuß (Zeil), und im Friseurladen des Herrn A. Boch derHauptwache gegenüber angenommen.“

„Überhäufter Besuch“: Das Publikum liebt Dippegucker und Affen-Theater

Inmitten der Stadt, am Wolfseck (Große Eschenheimer Straße, EckeSchillerplatz), stand das „Frankfurter Vaudeville-Theater“. Das Bou-levardtheater hatte seichte Komödien im Programm. An gemischtenAbenden wurden Einakter gegeben wie „Der Dippegucker“ und„Erdbeeren und Küsse“ (10. 10. 1855). Der Kritiker der „Didaskalia“,einer Beilage des „Frankfurter Journals“, urteilt über das Haus: „DasTheater hat sich fortwährend eines sehr zahlreichen und nicht sel-ten sogar überhäuften Besuches und einer im Ganzen recht beifälli-gen Aufnahme zu erfreuen. Ist auch ein Teil dieses Erfolges in demin jeder größeren Stadt vorhandenen Bedürfniß von Unterhaltungund Zerstreuung nach der Arbeit und Mühen des Tages zu suchen“.(19. 10. 1855). Die Zettel beider Häuser stammen aus der Zeit, in dersich das Frankfurter Stadttheater in der Krise befand und zweitweiseaufgrund des Umbaus nicht bespielt wurde.

Kurzweiliges Vergnügen versprachen auch die Gaukler und Wan-dertruppen. Im Frühjahr und Herbst strömten regelmäßig zahlrei-che Besucher in die Messestadt. Für Zerstreuung sorgten währendder Messetage Schausteller und Akrobaten in Budentheatern aufdem Liebfrauenberg und dem Roßmarkt. Gespielt werden „Affen-Komödien“. Die Affentheater erfreuten sich in der zweiten Hälftedes 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit. Affen und andere Tieregaben Kunststücke zum besten und imitierten Menschen. ZumRepertoire gehörte „der Spaziergang der Pompadour“, bei der einAffe die französische Mätresse darstellte und ein zweiter Affe in derRolle ihres Lakaien auftrat. Zum Personal zählten auch Hunde undHasen, darunter ein „Feldhase, der auf Befehl eine Pistole ladet undabfeuert, so wie nach dem Takte der Musik die Trommel schlägt“.Die Ankündigungszettel für die Spektakel sind mit hübschen Holz-schnitten illustriert und zeigen verkleidete Affen bei diversen Vor-führungen. Die heute noch gebräuchliche Redewendung „So einAffentheater!“ hat in diesen Affenkomödien ihren Ursprung.

Dem Bedürfnis nach leichter Unterhaltung wollten auch die Kon-zerte in der „neuen Anlage“ (4. 6. 1859) und die Dioramen auf dem„Gallusfelde“ nachkommen. Gezeigt wurden „Taormina und derBerg Aetna“ sowie die „Marcus-Kirche in Venedig“ (1863). Wem dasan Vergnügungsstätten noch nicht genug war, der konnte in denbenachbarten Kurbädern seiner Leidenschaft frönen. Davon kündeneinige Theaterzettel aus Bad Schwalbach und Wiesbaden. Auch ausdem nicht weit entfernten Würzburg gibt es Zettel – teils prächtigauf Seide gedruckt und mit goldgeprägten Zierleisten versehen.

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Literatur zum Theaterzettel

EinleitungTheater – Zettel – Sammlungen: Erschließung, Digitalisierung, Forschung. Hrsg. von Matthias J. Pernerstorfer. Wien 2012.

Theater der ReitkunstHolland, Hyacinth: Maximilian, Herzog in Bayern. In: Allgemeinedeutsche Biographie. Bd. LII. Leipzig 1906. S. 258-270.

Witzleben, Hermann von, und Ilka von Vignau: Die Herzöge in Bayern. München 1976.

Gesellschaft des FrohsinnsJubiläums-Feier der Gesellschaft des Frohsinns in München. München 1838.

Hof- und NationaltheaterGrandaur, Franz: Chronik des königlichen Hof- und National- Theaters in München. München 1878.

Münster, Robert: König Ludwig II. und die Musik. Rosenheim 1980.

Nationaltheater. Die Bayerische Staatsoper. Hrsg. von Jürgen Schlä-der u. a. München 1992.

Pargner, Birgit, und W. Edgar Yates: Nestroy in München. Wien 2001.

Ulrich, Claudia: Das königliche Hof- und Nationaltheater unterMax I. Joseph von Bayern. München 2000.

Schweigersche BühnenLewald, August: Aquarelle aus dem Leben. 4 Bde. Mannheim 1836-37.

Lewald, August: Panorama von München. 2 Bde. Stuttgart 1835.

Pargner, Birgit, und W. Edgar Yates: Nestroy in München. Wien 2001.

Gärtnerplatz-TheaterCromme, Rasmus: Thaliens Vermächtnis am Gärtnerplatz. Nürnberg2013.

Residenztheater / Cuvilliés-TheaterUlrich, Claudia: Das königliche Hof- und Nationaltheater unterMax I. Joseph von Bayern. München 2000.

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BambergDengler-Schreiber, Karin: So ein Theater. Bamberg 2003.

Holland, Hyacinth: Maximilian, Herzog in Bayern. In: Allgemeinedeutsche Biographie. Bd. LII. Leipzig 1906. S. 258-270.

Holland, Hyacinth: Petzmayer, Johann. In: Allgemeine deutsche Biographie. Bd. XXV. Leipzig 1887. S. 547-551.

Witzleben, Hermann von, und Ilka von Vignau: Die Herzöge in Bayern. München 1976.

Frankfurter TheaterBing, Anton: Rückblicke auf die Geschichte des Frankfurter Stadt-theaters, Frankfurt 1896.

Mentzel, Elisabeth: Das alte Frankfurter Schauspielhaus und seineVorgeschichte, Frankfurt, 1902.

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Das Odeon

Die „Konzertzettel“ des Münchener Odeons liegen in unsererSammlung aus dem besonders interessanten ersten Jahrzehnt (1828-39) und den musikgeschichtlich entwicklungsreichen Jahren derGründerzeit (1870-76) vor. Die drei Jahrzehnte dazwischen fehlenbis auf wenige Zettel der frühen 1850er Jahre. Umso deutlicher wirdder Kontrast zwischen der frühen und der späteren Phase: War das1828 eröffnete Odeon am Anfang noch ein Ort gehobener gesell-schaftlicher Unterhaltung, in dem Bälle und Konzerte im Wechsel,gelegentlich auch Veranstaltungen schaustellerischer Art stattfan-den, so hatte es sich in der Gründerzeit längst zu einem reinen Kon-zertsaal, einem „Musentempel“ hoher Kunst, gewandelt. Sein Publi-kum war zu dieser Zeit bereits vom Bildungsbürgertum dominiert,das einen klassischen bewährten Konzertkanon erwartete. Die Pro-gramme erscheinen uns von daher vertraut: neben den obligatori-schen Klassikern, darunter vor allem Beethoven, Mozart, Weber,Schubert und Mendelssohn, hatten auch ältere Komponisten vonOrlando di Lasso bis Händel und Bach ihren festen Platz erhalten,und die konservative Schule des 19. Jahrhunderts von Schumann bisBrahms überwiegt neben den Progressiven um Liszt und Wagner.Berlioz und Tschaikowsky waren dagegen nur gelegentlich anzu-treffende Außenseiter.

Ganz anders die Frühzeit. Hier gleichen die Programme meist einemPotpourri aus diesem und jenem, populäres Allerlei, das schnell wie-der in Vergessenheit geriet, stand neben einigen wenigen bedeuten-den „klassischen“ Werken des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Diegehobene Unterhaltung für den Adel rangierte noch vor dem erha-benen Kunstgenuß und dem Ziel musikalischer Bildung, wenn auchdas Streben nach Anspruch von Anfang an eine nicht unerheblicheRolle bei der Programmgestaltung ausgemacht hatte. War doch dieGründung des Odeons durch König Ludwig I. in erster Linie in Hin-blick auf die Pflege musikalischer Bildung erfolgt. In einer Bekannt-machung des Konzertveranstalters, der „Musikalischen Akademie“,vom 30. November 1831 wird dies bekräftigt: „Die unterzeichneteDirektion hat sich im Vertrauen auf den bewährten Kunstsinn der Bewoh-ner Münchens veranlaßt gefunden, in den heurigen Concerten solche Ton-dichtungen zur Aufführung zu bringen, welche durch den Namen der Ver-fasser ihre Classicität beurkunden. Es war schon früher der innigsteWunsch der Direktion in Aufführung solch‘ großartiger Werke anderenStädten, wie Wien, Berlin etc. nicht nachstehen zu müssen; allein bisherfehlten die Mittel, welche zur Ausführung eines solchen Unternehmenserforderlich sind.“ Die angekündigten Werke waren das Oratorium

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„Alexanderfest“ von Händel, Beethovens Neunte Sinfonie sowieGesangsensembles von Mozart und Cherubini. Damit sind in der Tatgewisse Programmschwerpunkte benannt, die in der Geschichte desOdeons immer wiederkehren sollten, die großen Oratorien Händels(einsetzend mit dem „Messias“ am 30. März 1828 als viertem Kon-zert der ersten Abonnementreihe), Beethovens sinfonisches Werkund Opernarien sowie Vokalensembles von Mozart und anderenbedeutenden deutschen, italienischen und französischen Opern-komponisten. Händels Vokalwerke erfreuten sich im Odeon immergroßer Beliebtheit, was sich in vielen Aufführungen wiederspiegelt,im Gegensatz zu den Werken Bachs, die nur zögerlich ins Programmaufgenommen worden sind. Auch Haydns Schöpfung wurde mehr-fach zur Aufführung gebracht, ebenso wie Mendelssohns „Paulus“,der am Weihnachtsfest 1839 erklang.

Höhepunkte des Konzertlebens im Odeon dürften aber die vielenGastkonzerte dargestellt haben, darunter Auftritte von Felix Men-delssohn Bartholdy (17. Oktober 1831), Henri Vieuxtemps (6. No vem- ber 1833, als Dreizehnjähriger), Frédéric Chopin (28. August 1837),Johann Strauss Sohn (9. Oktober 1837), Anton Rubinstein (2. März1870), Johannes Brahms (13. März 1874), Pablo de Sarasate (26. No -vem ber 1876) und Camille Saint-Saëns (5. Dezember 1876). Sänger-stars und Instrumentalvirtuosen, die auf ihren Tourneen in MünchenStation machten, bereicherten das reguläre, in abonnierten Reihenangelegte Konzertleben erheblich (zuerst am 28. März 1828 mit demAuftritt der Sopranistin Madame Passerini); unter diesen gab es auchKuriositäten zu erleben, wie den Auftritt des Terpodion-ErfindersBuschmann auf seinem Instrument am 10. November 1833 und desMandola-Virtuosen Pietro Vimercati am 27. Oktober 1834.

Das spezifisch bayerische Musikleben war immer ein gewisser Pro-grammbestandteil, zur Aufführung – und nicht selten sogar Urauf-führung – kamen Werke des Hofkapellmeisters Joseph HartmannStuntz, des Hofklarinettisten Heinrich Joseph Baermann und seinesSohnes Carl sowie insonderheit des Hofkapellmeisters Franz Lach-ner, der von 1836-68 in München wirkte. Lachner konnte ganze Kon-zertabende mit seinen Werken bestreiten, darunter das große Orato-rium „Moses“, im Odeon aufgeführt am Weihnachtstag 1836. Auchfinden sich viele Werke zu Ehren des Wittelsbachischen Herrscher-hauses sowie Vertonungen von Gedichten König Ludwigs I. in Formvon Liedern und Kantaten. In der Spätzeit ist es natürlich vor allemRichard Wagner, dessen musikalische Huldigungen für Ludwig II.gelegentlich zur Aufführung kamen.

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Durchgeführt wurden die Konzerte von der 1811 gegründeten „Musi-kalischen Akademie“, deren erstes Konzert im Odeon am 10. März1828 stattfand, unter anderem mit einer Kantate von Stuntz. Die Kon-zerte hatten in den Anfangsjahren jedoch nur eine geringe Resonanzbei dem in dieser Zeit wohl noch vornehmlich adeligen Publikum,was sich selbst unter Franz Lachners Direktion nicht wesentlich ver-besserte. Daher gab er die Leitung des Orchesters 1837 wieder ab.Erst als er sich gewinnen ließ, am 1. November 1839 mit großemErfolg Haydns „Schöpfung“ aufzuführen, nahmen die Konzerte derAkademie einen erheblichen Aufschwung. Mit diesem Neuanfangendet allerdings der erste Teil der vorhandenen Sammlung.

Was in dieser frühen Periode besonders auffällt, sind die zahlreichen,in viel kleinerem Format gedruckten Zettel der sonntäglichen Mit-tagskonzerte des 1831 gegründeten „Philharmonischen Vereins“ miteinem exquisiten, vornehmlich kammermusikalisch ausgerichtetenProgramm, das sich an Liebhaber und Kenner gerichtet haben muß.Diese intimeren Konzerte verzeichneten offenbar ein kontinuier -licheres Interesse als die großen Abendveranstaltungen. In seinerFrühzeit ist das Odeon noch zu einem wesentlichen Teil eine Ört-lichkeit für Hofbälle gewesen, mit einem „Bal paré“ wurde es am7. Januar 1828 eröffnet. Hierfür galten strenge Kleiderordnungen. Esfolgten „maskierte Akademien“, in denen Pantomimen zur Auffüh-rung kamen. Weitere Bälle schlossen sich an, etwa der erste „Jugend-Ball“ am 18. Februar 1828. Erst nach dieser Ballsaison begannen dieKonzerte. Im ersten Jahrgang unserer Sammlung für das Jahr 1828stehen den etwa 40 Konzerten immerhin 24 Bälle gegenüber, alsomehr als ein Drittel der Veranstaltungen, in den Jahren 1836-39 liegtdas Verhältnis nur mehr bei etwa einem Zehntel – Bälle wurden alsozur Ausnahme, der Konzertbetrieb setzte sich durch. Kuriositätenam Rande blieben Auftritte von Schaustellern, wie die „Kunst-Pro-ductionen“ des Ferdinand Becker, der im April des Jahres 1836 imkleinen Saal des Odeons das Publikum mit einer „Enthauptung“sowie „natürlicher Magie und ägyptischer Zauberei“ beglückte. Indieser Zeit wurden auch besondere Arten von Konzerten gepflegt:„Musikalisch-declamatorische Abend-Unterhaltungen“ (die erste am22. Februar 1836), bei denen Kammermusik, Lieder und Gedicht-vorträge intime musikalisch-literarische Programme bildeten, wiesie dem bürgerlichen Biedermeier entsprachen. Selbst reine literari-sche Vorlesungen in französischer Sprache ohne Musik wurden gele-gentlich durchgeführt.

In der späten Phase gehören derartige Abweichungen vom Kon-zertleben längst der Vergangenheit an. Hier bestanden die Beson-derheiten allenfalls in Benefizkonzerten, etwa zugunsten der Errich-tung des Bach-Denkmals in Eisenach mit der Aufführung derh-Moll-Messe am 15. Mai 1874 oder Veranstaltungen von theatrali-schem Charakter wie dem „Friedens-Einzug“ des PhilharmonischenVereins am 11. Februar 1872, einem „Kinderfest mit lebenden Bildern“.

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Ergänzend zu den Konzerten im Odeon finden sich in den Bändender Jahre 1874/75 auch die Ankündigungszettel zu Veranstaltungenin „Kil’s Colosseum“, dem größten in der Gründerzeit errichtetenVergnügungslokal Münchens (seit 1874 in der Müllerstraße). Zumin-dest in der Anfangszeit des „Colosseums“ hat der Chor des Hof-theaters hier noch Konzerte in der Reihe „Abendunterhaltungen“abgehalten, die erste am 26. August 1874.

Die vorliegenden Programmzettel geben damit eindrucksvoll Zeug-nis vom Reichtum, der Vielgestaltigkeit und dem Wandel im Mün-chener Konzertleben des mittleren bis späten Jahrhunderts. Ihre gra-phische Gestaltung ist in der Regel schlicht, bei besonderen Anlässenaber auch aufwendiger. Zu einem Ball anläßlich der Namensfeiervon Königin Therese am 15. Oktober 1838 hat man sogar in Farbegedruckt – das einzige Mal in unserer Sammlung.

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16 KONZERT- UND BALLANZEIGEN – Ca. 490 Ankündigungs zettelfür Veranstaltungen im Münchener Odeon. Gebunden in 10 Bdn.(einzelne Zettel lose). München 1828-40, 1852-55 und 1870-76. Fol.(die Zettel in verschied. Formaten, größere gefaltet). Verschied. Ein-bände d. Zt. (mäßige Gebrauchsspuren). (6) 3.000,-

Augenscheinlich komplette Sammlung aller Ankündigungs- und Programm-zettel für Konzerte, Bälle und sonstige Veranstaltungen im Münchener Odeonfür die Jahre 1828-39 und 1870-76. Aus der Zwischenzeit sind dagegen nur einzelne Zettel vorhanden. Enthalten sind die Ankündigungen der Konzerteverschiedener Veranstalter, in erster Linie aber der „Musikalischen Akademie“und des „Philharmonischen Vereins“. Aus dem ersten Jahrzehnt sind auch ca.50 Ballzettel enthalten, in den Jahren 1836-39 finden sich ferner Ankündigun-gen von „Kunstvorstellungen“ wie Vorführungen von Zauberkunststücken,physikalischen Phänomenen und Geräten (darunter ein „Sonnen-Mikroskop“).Diese Zettel sind teils auch mit Holzschnitt-Illustrationen versehen. – Nebenden bereits im Einführungstext erwähnten herausragenden Konzertereignissenund Veranstaltungen sei hier außerdem besonders auf die Zettel der Auffüh-rungen der Matthäus-Passion von Bach am 18. April 1872, die Münchener Erst-aufführung der ersten Sinfonie von Johannes Brahms am 15. November 1876 –noch aus dem Manuskript, wenige Tage nach der Uraufführung in Kassel – undeine Aufführung von Verdis Requiem am 7. Dezember 1875 hingewiesen. Unterden ungebundenen Zetteln der Jahre 1840 und 1852-55 findet sich zudem der-jenige zur Aufführung von Beethovens „Missa solemnis“ am 1. November 1853,einem der größten Konzerte des Odeons in der Jahrhundertmitte. – Stellenw.etw. gebräunt und fleckig, vereinzelte Einrisse, meist nur leichte Gebrauchs-spuren. – Siehe Abbildungen S. 66, 72 und 73.

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„Es fällt auf, dass hinsichtlich einer Hierarchie der Künste Auffüh-rungen einer Künstler-Gesellschaft in der Manege und Inszenierun-gen auf der Bühne des königlichen Hoftheaters von der Presse alsebenbürtig angesehen wurden.“(Helmut Bauer, Non plus ultra! Circus-Kunst München. Ausstellung desMünchner Stadtmuseums vom 30. Oktober 2009 bis 21. März 2010, S. 162).

Daß im 19. Jahrhundert zwischen den verschiedenen Medien derUnterhaltung und Belehrung der Massen keine grundsätzliche Kluftbestand, zeigt sich auch in unseren etwa 50 Bänden mit zusammenmehr als 4000 Ankündigungszetteln, Programmzetteln und Plaka-ten von Kunstreitern, Artisten, Zirkusgesellschaften und Schaustel-lern. Zwar bilden die Gastspiele einzelner Gesellschaften das Haupt-kriterium der Ordnung, dennoch sind in den großformatigen Papp-und Halbleinwandbroschuren vielfach Theater- oder Konzertzettelmit eingebunden.

Zeitlich umspannt die Sammlung nahezu das gesamte 19. Jahrhun-dert, so daß die Entwicklung des Zirkuswesens von den Vorführun-gen der Kunstreiter und Pferdedressuren zu großen Zirkusgesell-schaften mit reichhaltigem Programm bis hin zum Varieté und vonden Auftritten auf offener Straße über Schaubuden aus Holz bis hinzu den transportablen Zirkuszelten deutlich wird. Geographischliegt der Schwerpunkt eindeutig auf München. Von großer Bedeu-tung für die Stadtgeschichte sind insbesondere über 600 Zettel ausdem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Neben anderen bayeri-schen Städten (Augsburg, Nürnberg, Regensburg und Würzburg)sind darüber hinaus Zettel aus Frankfurt, Hanau, Wiesbaden, Mainz,Köln, Leipzig und Hamburg sowie einige Plakate aus Wien undAmsterdam vertreten. Ein eigener Band ist den italienischen Zettelnmit Ankündigungen des berühmten Kunstreiters Alessandro Guerragewidmet, und auch die Gastspiele der amerikanischen Zirkusge-sellschaften Belling, Myers und Merkel in München sind in eigenenBänden dokumentiert.

Eindrucksvoll führen die Zettel und Plakate in Wort und Bild diegrößeren und kleineren Attraktionen und Sensationen vor Augen.Zwischen zahlreichen berühmten Namen von Carré bis Wulff fin-den sich auch unbekannte, in der Literatur kaum nachweisbareGesellschaften wie der „Circus en miniature“ von Franz Liphard.Eine reiche Fundgrube bietet das Material zweifellos auch als Quellezu den Karrierestationen einzelner Künstler. Angekündigt werdenArtisten von internationalem Rang wie die Hochseilartisten Blondin

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und Wainratta oder der als „Kanonenkönig“ bekannte KraftartistHoltum ebenso wie lokale Größen, etwa der Steyrer Hans. In großerBandbreite enthält die Sammlung auch Werbezettel von Menagerien,Panoramen, Wachsfigurenkabinetten, Zurschaustellungen von„Naturwundern“ und exotischen Völkern, mechanischen Theaternund Zauberkünstlern.

Ablesbar ist anhand unseres reichen Materials auch die Entwicklungvon den Ankündigungszetteln in der Tradition von Einblattdruckenund Bilderbogen des 16. und 17. Jahrhunderts bis hin zu großfor-matigen modernen Plakaten. Bis etwa zur Jahrhundertmitte beste-hen die Zettel aus kräftigem Hadernpapier, geeignet zum Anschla-gen an Bretterbuden oder Hauswänden. Oft sind die großenHolzschnitt-Illustrationen separat gedruckt, so daß sie mit den ver-schiedenen typographischen Plakaten kombiniert werden konnten.Die Druckstöcke, die jede Gesellschaft von Stadt zu Stadt mit sichführte und dort dem lokalen Drucker übergab, weisen oft sichtlicheAbnutzungserscheinungen oder gar Bruchstellen auf. Mit dem Auf-kommen der Litfaßsäulen in der zweiten Jahrhunderthälfte wandeltsich auch das Erscheinungsbild der Zettel. Sie werden nun auf dün-nem, aber reißfestem und zum Ankleben mit Kleister geeignetemPapier gedruckt, häufig nicht mehr auf Weiß, sondern in zartemGelb, Blau, Grün oder Rosé. Auch erreichen die nun manchmal ausmehreren Teilen zusammengesetzten Plakate beachtliche Ausmaße.

Charakteristisch für die Zirkus- und Schaustellerzettel ist eine deko-rative graphische Gestaltung, oft mit Handhinweisen, wie sie unsaus mittelalterlichen Handschriften und Inkunabeln bekannt sind,sowie einer bunten Vielfalt verschiedener Schriftarten und -größen.Dabei gelingt es einigen Gesellschaften bereits, ein typisches Designmit Wiedererkennungswert im Sinne eines Markenzeichens zu ent-wickeln. Vereinzelt kommt auch die kostspieligere Lithographie-technik zum Einsatz. Bis heute entfalten die plakativen Illustra tionender artistischen Kunststücke und zur Schau gestellten Attraktionenihre Anziehungskraft.

Beachtlich ist aber nicht nur der Umfang der Sammlung, vielmehr istder sorgfältigen Verwahrung schon bald nach dem aktuellen Anlaßder außergewöhnlich gute Erhaltungszustand zu verdanken. Zwarmußten viele Zettel für die Bindung gefaltet und beschnitten werden,doch weisen sie meist bis auf kleine Einrisse und einzelne Fleckenkaum Beschädigungen auf.

Und nun: Manege frei für eine historische Zirkusrevue in 24 Nummern!

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17 KUNSTREITER – Ca. 350 Ankündigungszettel für meist in Mün-chen stattfindende Vorstellungen verschiedener Kunstreiter- undAkrobatengesellschaften sowie von Schaustellern. In 3 Bdn. 1825-39.Meist ca. 56 x 43 cm. 40.000,-

Stadtgeschichtlich bedeutende Sammlung zum Zirkus- und Schaustellerwesenmit Zetteln von international bekannten Kunstreiter- und Artistengesellschaftenund von über 20 verschiedenen kleineren Menagerien, Zaubertheatern undSchaustellern. – Enthalten sind Zettel u. a. von Christoph de Bach mit derAnkündigung des Kunstreiters Alessandro Guerra, von Laura de Bach, Blondin,Garnier, Gauthier (teils verdeutscht als Gotieh), Knie, Liebhardt und Golz, Longuemare, Tourniaire (auch Tourniaire und Ghelia) und Wolff (mit verschie-denen Gesellschaftern). – Eine Annonce der Seiltänzergesellschaft von RudolphKnie ist auf Seide gedruckt, einige Zettel sind mit Holzschnitten illustriert,darunter zwei beikoloriert.

Bemerkenswert sind insbesondere: Eine separate Lithographie (Blattgröße:ca. 35 x 44 cm) mit dem Aufstieg von Rudolph Knie auf dem Schrägseil vor derKulisse des Münchner Karlstors, datiert 1831.

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Eine Lithographie (Blattgröße: ca. 54 x 41 cm) mit dem Porträt des Artisten CarlKoppal, der mit der Vossianischen Antonomasie „der Wiener Klischnigg“ unddurch die Umrahmung seiner akrobatischen Kunststücke mit Affen, die in Palmen turnen, stilistisch sowohl sprachlich wie sachlich zu Eduard Klischnigg(1813-1877) in Beziehung gesetzt wird; der Artist Klischnigg hatte sich mit seinen Affenimitationen in Wien einen Namen gemacht, Nestroy schrieb für ihndie Posse „Der Affe und der Bräutigam“.

Eine separate beikolorierte Lithographie (Blattgröße: ca. 42 x 57 cm) mit einerclownesken Pantomime zu Pferde.

Mit Illustrationen in Holzschnitt versehen sind die Werbezettel für Ballonfahr-ten, organisiert von Joseph Liebhardt, M. Berra und Gustav Price.

Die Schaulust befriedigten auch die Menagerie Koppler mit dem „lebenden Crocodil aus der königlichen Menagerie aus London“ oder „höchst vollkom-men dressierten Hunden“, ebenso Paul Schwarzenberg, der „Feuer-König ausTaganrog in Rußland“ oder das „Große physikalische Kunst-Theater“ desMechanikus Weiß aus Paris. – Umfangreiche Sammlung in ungewöhnlich guterErhaltung.

Eingebunden sind ferner fünf Federzeichnungen im Querfolioformat. – Anato-misch korrekt sind mit sicherem Strich die artistischen Darbietungen einerGruppe männlicher Artisten skizziert. – Siehe Abbildungen S. 79-89.

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18 KUNSTREITER – ITALIEN – GUERRA – 15 Ankündigungszettelfür Vorstellungen in Florenz, Neapel und Rom. In einem Bd. 1831-32.Je ca. 55 x 38 cm und 56 x 44 cm. 8.000,-

Alessandro Guerra (1782-1862), wegen seiner kühnen Voltigierkunst „Il furioso“zubenannt, war zunächst im Wiener „Circus Gymnasticus“ von Christoph deBach beschäftigt und heiratete dessen Tochter Adelaide. Seine eigene Gesell-schaft gründete er 1826 zusammen mit dem Seiltänzer Gabriel Ravel. – EinzelneZettel mit handschriftlichen Vermerken wohl von Herzog Max in Bayern, etwa„Florenz, von wo ich am 28ten Nachmittags um 4 Uhr abends nach Venedigüber Bologna abreiste“.

Ferner enthalten sind ca. zehn Ankündigungszettel für Opernaufführungen inFlorenz, Mailand, Neapel und Rom. – Siehe Abbildung.

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19 KUNSTREITER – Ca. 120 Ankündigungszettel von verschiedenenKunstreitern, Akrobaten und Schaustellern für Vorstellungen inMünchen und Würzburg. Tls. in einem Band, tls. lose. 1834-40. Ver-schied. Formate. 10.000,-

Vorhanden: Ca. 35 Zettel der Kunstreitergesellschaft Laura de Bach, meist fürVorstellungen in München, „dem Karlstore gerade gegenüber“, vom 26. Juli bis22. August 1834. Teils mit großem Holzschnitt.

Ca. 70 Zettel der Kunstreitergesellschaft der Gebrüder Tourniaire bzw. Tour-niaire und Ghelia für Gastspiele in München 1834 und Würzburg 1836.

13 Zettel des „Cirque Royal de France“ von M. Franconi für Vorstellungen inMünchen 1840.

Sechs Zettel (je ca. 56 x 42 cm) des „Wiener Affen-Theaters“ von HeinrichSchreyer für Vorstellungen in München 1840, teils mit großem Holzschnitt.

Ferner Zettel für ein „Großes Kampfspiel“ von Quirin Müller und Jean Dupuis,ein Programmzettel des 15. Nationalfestes in Nürnberg 1840 und die Einladungzu einem Pferderennen in Harlaching 1841. – Siehe Abbildungen.

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20 KUNSTREITER – Ca. 130 Ankündigungszettel verschiedener Kunst- reiter, Akro baten und Schausteller für Vorstellungen in Münchenund Augsburg. In 5 Bdn. 1839-45. Verschied. Formate. 10.000,-

Vorhanden: Ca. 50 Zettel (je ca. 41 x 24 cm) der Kunstreitergesellschaft Gheliaund Tourniaire, die im Winter 1839/1840 im Amphitheater auf dem MünchnerKarlsplatz gastierte. – Laut dem auf Seide gedruckten Verzeichnis umfaßte dieTruppe 36 Reitpferde und etwa ebenso viele Kunstreiter, Tänzer und Mimen.

Ca. 30 Zettel (je ca. 37 x 23 cm) der Kunstreitergesellschaft von Franz Xaver Wolfffür Vorstellungen vom 23. Juli bis 11. September 1843 „in der neuerbauten Budevis à vis dem botanischen Garten“. – Vor ihrer Abreise nach Wien veranstaltetedie Truppe „ein großes Pferde-Rennen“ in Neuberghausen, heute im Münch-ner Stadtteil Bogenhausen gelegen.

Ca. 25 Zettel (je ca. 37 x 23 cm) der Kunstreitergesellschaft von AlexanderGuerra, die vom 25. Juli bis 24. August 1844 Vorstellungen am Karlsplatz inMünchen gab.

Sieben Zettel (je ca. 65 x 43 cm) der Kunst- und Schulbereiter-Gesellschaft vonElisabetha Schmidt, jeweils mit Holzschnitt, darunter einer auf Seide gedruckt.– Vom 24. April bis 9. Mai 1842 gastierte die Truppe mit 22 Personen und 20 Pfer-den in der Münchner Vorstadt Au.

Ferner enthalten: Ein Zettel (ca. 56 x 40 cm) der Akrobatengesellschaft von CarlStark mit der Ankündigung einer Vorstellung in Augsburg „in dem dazu erbau-ten Circus im Schießgraben“. Der große Holzschnitt zeigt die Truppe auf demSchrägseil vor einer Kirchenfassade, deren Türme an das Augsburger Rathauserinnern.

Eine Lithographie (ca. 43 x 52 cm) der Athleten „Schöpfer und Steinrigler ausWien“ mit deren Porträts, umrahmt von ihren „Kunst-Vorstellungen“.

Außerdem ca. 15 teils mit Holzschnitten illustrierte Zettel von Schaustellern, da -runter das „Große Wiener Affentheater“ von Heinrich Schreyer, das „Weltthea-ter“ von Lorgie & Loew, das „Zauber-Theater“ von Friedrich Ferdinand Beckerund der Bauchredner und „Dialekten-Nachahmer“ Friedrich Schulz aus Wien.

Ferner sind enthalten Zettel zu Volksfesten in Bamberg, Nürnberg und Augs-burg sowie Theater- und Konzertzettel. – Siehe Abbildungen S. 95 und 96.

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21 KUNSTREITER – 17 Holzschnitte, meist Kunstreiter, auf 14 Blät-tern. Um 1830. Verschied. Formate. Lose. 6.000,-

Separate Holzschnitte mit Illustrationen zu artistischen Darbietungen (teils zweiauf einem Blatt); in Verbindung mit typographischen Zetteln, die Name, Terminund Ort der Aufführungen enthalten, dienten sie der Ankündigung von Vor-stellungen verschiedener Kunstreitergesellschaften. – Einige Holzschnitte sindnach teils lesbaren Textabklatschen wohl dem „Cirque Olympique“ von Laurade Bach zuzuordnen: ein Voltigeur mit Fahnen (doppelt vorhanden), eine voltigierende Frau, ein voltigierendes Mädchen, bezeichnet als „Käthchen Gärtner“ (doppelt vorhanden) sowie „Anna Gärtner“, auf dem Pferd an einemTisch speisend. – Enthalten sind ferner u. a. die Darstellung eines rechnendenPferdes, eines Pferderennens, römischer Gladiatorenkämpfe sowie ein Holz-schnitt mit den Figuren der Commedia dell'arte als Voltigeuren.

Beiliegen zwei Lithographien, um 1830: I. „Giorgio Cocchi Allievo di A. Guerra“, 23,5 x 21 cm (Blattgr.: 43,5 x 38 cm),zeigt ein Hüftbild des jugendlichen Kunstreiters über einer Darstellung seinerVoltigierkunst. II. „Die zwei und drei Herkules ausgeführt von der Gesellschaft des Herrn Tour-niaire und Ghelia“, Blattgr.: 43,5 x 56 cm, mit vier kleinen Darstellungen in denEcken. – Siehe Abbildungen S. 98-101.

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22 AGOSTON UND BELLACHINI – Zusammen ca. 25 Ankün di -gungs zettel des Salons Agoston und von Samuel Bellachini für Vor-stellungen in München. In 2 Bdn. 1868-72. Verschied. Formate. –Siehe Abbildungen S. 103 und 104. 6.000,-

Chevalier Agoston (1826-1897), als Gustav Böhm im ungarischen Oedenburg(heute Sopron) geboren, feierte in den 1860er Jahren Erfolge mit seinem Zaubertheater. – Enthalten sind 16 großformatige Zettel (ca. 86 x 60) seines Gast-spieles während der Münchner Jakobi-Dult 1868, oft mit Holzschnitten illus-triert. Ein Programmzettel führt 100 Attraktionen auf, von denen in jeder Vor-stellung „12 der interessantesten Piecen“ vorgeführt wurden. Nach Nummernwie „Der lebende und sprechende Kopf eines Enthaupteten“ oder „Agostonfährt selbst durch die Luft“ bildeten „15 Minuten in der Unterwelt oder:Die Hölle und ihre Bewohner“ den krönenden Abschluß der Vorstellungen.

Samuel Bellachini (1828-1885), als Samuel Berlach in Polen geboren, erfreutesich mit seinen volkstümlichen Spektakeln vor allem in Deutschland großerBeliebtheit. Nicht zuletzt mag dazu seine humoristische Redeweise in rade -brechendem Deutsch beigetragen haben. Selbst Kaiser Wilhelm I. war von sei-nen Kunststücken begeistert. Bei seinem Münchner Gastspiel im großen Saaldes Königlichen Odeon 1872 konnte sich Bellachini bereits mit dem Ehrentiteleines „Hofkünstlers Sr. Majestät des Königs von Preußen“ schmücken. – Enthal tensind neun Zettel in verschiedenen Formaten, teils mit Holzschnitten illustriert.

Eingebunden sind ferner drei Schaustellerzettel mit Werbung für eine Fuß-künstlerin, das „Automaten-, Metamorphosen- und Welt-Theater, verbundenmit den weltberühmten Geister- und Gespenster-Erscheinungen“, von IgnazScheibel sowie für den „Panorama-Cyclus durch 120 Gläser“ von August Bauer.– Siehe Abbildungen S. 103 und 104.

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23 CARRÉ – Ca. 180 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Frank-furt, München und Nürnberg. In 5 Bdn. 1864-81. Verschied. For-mate. 2.000,-

William Carré (1817-1873) gründete seinen Circus 1854 in Belgrad. Nach seinemTod übernahm sein Sohn Oscar (1846-1911) die Leitung. Vor allem in der höheren Reitkunst und Pferdedressur vollbrachte die Truppe außerordentlicheLeistungen. Bei der Pantomime „Graf Polovsky oder Verbannung Mazeppa's indie Ukraine“ wirkten das gesamte Zirkuspersonal und 30 zügellose Pferde mit.Ebenso ungewöhnlich war die englische Parforce-Jagd mit „Cascaden-Sprün-gen von 20 Fuss Höhe“ und der Verfolgung eines lebenden Hirsches. Im Januar1864 bezog die 100 Personen und 80 Pferde umfassende Gesellschaft auf demKarlsplatz in München einen „neu erbauten, gut heizbaren, mit Gas erleuchte-ten, gedeckten und vor jedem Unwetter geschützten Circus“. Im folgenden Jahrwurde ein winterfester Zirkusbau in Amsterdam errichtet.

Enthalten sind ca. 150 Zettel für Vorstellungen in München aus den Jahren 1864,1871, 1876 und 1881, ca. 25 Zettel für Vorstellungen in Frankfurt aus dem Jahr1864 und zehn Ankündigungen von Vorstellungen auf dem Plärrer in Nürnbergaus dem Jahr 1871. – Meist illustrieren Holzschnitte die Voltigierkünste, oft meh-rere Vignetten in jeweils variierter Anordnung. Eingebunden ist auch ein großer,separat gedruckter Holzschnitt, wie er jeweils mit verschiedenen typographi-schen Zetteln kombiniert werden konnte.

Beiliegen sechs Bände mit Programmzetteln, teils zu den genannten Vorstel-lungen gehörend, aber auch zu Gastspielen während der Leipziger Ostermesse1871 sowie in Utrecht und Anvers 1875.

Ferner enthalten sind u. a. Ankündigungen eines „Griechischen Zauber-Salons“der Gebrüder Matula und von F. Bayers „Volks-Museum der Neuzeit“ miteinem Holzschnittporträt von „Thomas, dem Massenmörder“. – Siehe Abbil-dung S. 106.

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24 CINISELLI – Ca. 40 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Mün-chen. In einem Bd. 1873. Verschied. Formate. 1.000,-

Gaetano Ciniselli (1815-1881) konnte zunächst als Mitglied der Gesellschaft vonAlessandro Guerra in Sankt Petersburg Erfolge feiern. In seiner HeimatstadtMailand hatte er 1864 bereits einen eigenen Zirkus gegründet, ehe er 1869 aufEinladung seines Schwagers Charles Magnus Hinné nach Rußland zurück-kehrte. Etwa ab 1872 übernahm er alleine die Leitung der zunächst gemeinsamgeführten Kunstreitergesellschaft. Bei seinem Gastspiel auf dem Isartorplatz inMünchen 1873 wurden u. a. die Indianer Sandjo und Radjo mit ihren „unüber-trefflichen Luftexercitien“ angekündigt. – Nur einzelne Zettel sind mit Holz-schnitten versehen, da in der Regel wohl separate Illustrationen beigefügt wur-den. So enthält der Band zwei Holzschnitte und eine Lithographie, die mitverschiedenen typographischen Ankündigungen kombiniert werden konnten.– Zugehörige Progamme sind beigebunden.

Beiliegen zwei Bände mit zusammen ca. 15 Ankündigungs- und Programm zettelnderselben Gesellschaft in italienischer Sprache. – Siehe Abbildungen S. 108.

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25 CORTY – Ca. 80 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Münchenund Regensburg. In 2 Bdn. 1874-82. Verschied. Formate. 1.000,-

Pierre Corty (gest. 1888) gründete nach seiner Mitarbeit im Französischen Staats-zirkus von Louis Dejean 1853 eine kleine Zirkusgesellschaft mit nur vier Pferden. Die Situation verbesserte sich langsam, vor allem seit der Zusammen- arbeit mit Dominik Althoff. Tochter Adele, seit 1866 mit Althoff verheiratet,übernahm nach dem Tod des Vaters die Leitung des Zirkus, dessen Bestand aufüber 80 Pferde angewachsen war. – Enthalten sind ca. 30 Zettel des Gastspielsim Jahr 1874 in Stadtamhof (heute ein Stadtteil von Regensburg) und ca. 50 Zettel des ersten Aufenthalts in München im Jahr 1882. – Die Zettel sind meistmit Holzschnitten oder Vignetten ausgestattet; angekündigt werden unter anderem ein „großes chinesisches Fest“ und der Drahtseilkünstler Wainratta(Thomas S. Leander; 1849-1890), der als „King of the Wire“ berühmt war. – SieheAbbildungen S. 110.

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26 HERZOG – Ca. 300 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Mün-chen. In 4 Bdn. 1879-87. Meist Schm.-Fol. 4.000,-

Heinrich Herzog (1827-1893) erhielt seine Ausbildung als Kunstreiter bei EduardWollschläger. Seine Gattin Ernestine lernte er bei seiner Anstellung im ZirkusRenz kennen. Zusammen mit Gotthold Schumann gründete er 1871 eine Zirkus -gesellschaft, von 1878 bis 1891 hatte Herzog die alleinige Leitung inne. Er kamhäufig nach München und konnte mit dem Ehrentitel „Ehrenstallmeister SeinerKöniglichen Hoheit des Prinzregenten Luitpold von Bayern“ werben. – DieAnkündigung der „Vorstellung zum Besten der Hinterbliebenen der in Kil's Collosseum verunglückten Künstler“ am 12. März 1881 wirft ein Schlaglicht aufdie Schattenseiten des Artistendaseins. – Die Kopfholzschnitte der schmalenWerbezettel der Jahre 1879 und 1881 illustrieren die sensationellen Voltigier-künste der Truppe. Ein zweiter Holzschnitt kündigt oft Gastauftritte an, etwaden Kraftakrobaten Hans Steyrer, der seine Bekanntheit besonders seinen Auf-tritten beim Circus Herzog verdankt. – Die Zettel der Jahre 1884 und 1887 sindselten mit Holzschnitten versehen, gezeigt werden etwa die dressierten Ochsen„Bill und Dick“.

Ferner eingebunden ist ein Ankündigungszettel der ersten Vorführung von„Jean Baese's Affentheater“ in München, in vier Teilen in zwei Farben gedruckt(ca. 120 x 81 cm), mit zwei Illustrationen in Holzschnitt. – Siehe AbbildungenS. 112 und 113.

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27 HINNÉ – Ca. 80 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Frank-furt, München und Würzburg. In 2 Bdn. 1863. Verschied. Formate.

6.000,-

Charles Magnus Hinné (1819-1890) gründete 1859 einen Zirkus in Frankfurt,nachdem sein Warschauer Zirkusbau durch Feuer zerstört worden war. Seine1868 in Moskau und Sankt Petersburg errichteten Zirkusbauten überließ er spä-ter der Leitung seines Schwagers Gaetano Ciniselli. – Enthalten sind vier Ankün-digungszettel für Vorstellungen auf dem Krahnenplatz während der Würz -burger Juli-Messe und ca. 20 Zettel für Vorstellungen in München, außerdemdie Ankündigung für das Hippodrom Charles Hinné mit einem Kunst-Wett-rennen auf dem Marsfeld und ein auf Seide gedruckter Programmzettel derBenefiz-Vorstellung für die beiden amerikanischen Clowns Gebrüder Daniels.– Die beiden Einladungen für die Benefiz-Vorstellungen für Friederike Hinné inMünchen und Frankfurt sind jeweils mit einem breiten figürlichen Holz-schnittrahmen versehen. Von den ca. 50 Frankfurter Ankündigungszetteln sindmehrere mit großen Holzschnitten oder Vignetten illustriert, außerdem findensich in dem Frankfurter Band neun große separate Holzschnitte mit sechs ver-schiedenen Motiven.

Ferner eingebunden ist ein großes Plakat (ca. 80 x 60 cm) mit der Ankündigungdes Auftritts der „Beduinen- und Kabylen-Künstlergesellschaft unter Direktionihres Häuptlings Bene-Zoug-Zoug“ auf dem Krahnenplatz in Würzburg, mitmontierter Lithographie (ca. 24 x 32 cm) von Clerbaut in Mons.

Außerdem jeweils ein illustrierter Zettel der Menagerie Renz, der „Physiqueamusante“ von Ernst Basch und des „Théâtre phantastique“ von Bergheerund Strassburger sowie des berühmten Zauberkünstlers Anton Kratky-Baschik,„Virtuos und Physiker ihrer Majestät der Königin von England“. – Siehe Ab -bildungen S. 115-117.

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28 LIPHARD – Ca. 40 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Mün-chen. In einem Bd. (1872). Verschied. Formate. 1.000,-

Franz Liphard (Lebensdaten von uns nicht ermittelbar) vermerkt auf seinenAnschlagzetteln seine Herkunft aus Hamburg und bezeichnet sich stolz als„ehemaliges Mitglied des 'Circus Renz'“. Mit seinem „Circus en miniature“ aus„40 vierfüßigen Künstlern, und zwar aus schottischen Ponnys, von der kleins-ten Race Europas, Affen, Hunden und Ziegen“, gastierte er am Karlsplatz. – Diedurchgehend großformatigen Ankündigungszettel (meist ca. 80 x 60 cm) sind oftmit einem oder mehreren Holzschnitten illustriert. Enthalten sind auch Ankün-digungen eines Gastauftritts von Franz Rappo, Kraftjongleur und Arrangeurlebender Bilder. – Siehe Abbildung.

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29 LOISSET – Ca. 60 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Mün-chen. In einem Bd. 1875. Verschied. Formate. 6.000,-

François Loisset (1821-1878) leitete die bereits von seinem Vater begründete Zirkusgesellschaft. – Die besondere Attraktion des Programms auf dem Münch-ner Isartorplatz bildete im Jahr 1875 der Kraftakrobat und „Kanonenkönig“ JohnHoltum (1845-1919), der mit der Hand eine aus einer Kanone abgefeuerte Kugelauffangen konnte. Bei der ersten Vorführung des Tricks 1872 im Londoner Holborn-Theater hatte er einen Finger seiner linken Hand eingebüßt. – An dieAnkündigung des ersten Auftritts Holtums bei Loisset ist oben ein farbig litho-graphiertes Plakat (ca. 80 x 59 cm) von Jules Chéret angesetzt, das Holtum beider Ausführung des Tricks zeigt; die französische Legende ist mit einer Text-montage mit dem Namen des Zirkus verdeckt.

Eingebunden sind auch die Einladung Holtums in die Frauenstraße mit demGebot von 1500 Mark an jeden, der es ihm nachtun kann (mit montiertem Holzschnitt), sowie seine Aufforderung an die „Pferdebesitzer Münchens“, zwei Pferde zu stellen, die ihn von einer Leiter wegziehen könnten (mit separater Lithographie; es fehlt der untere Teil des Zettels). – Siehe Abbildun-gen S. 121 und 122.

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30 RAPPO-THEATER – Ca. 25 Ankündigungszettel für Vorstellungenin München. In einem Bd. 1872. Verschied. Formate. 6.000,-

François Rappo (1826-1874) war in der Kupferstecherkunst und Kostümkundebewandert. Berühmt wurde er als Arrangeur von lebenden Bildern und Panto-mimen. Zweimal, 1868 in Straßburg und 1873 in Kopenhagen, mußte er denBrand seines Theaters erleben. – Im Jahr 1872 umfaßte seine „Damen- undKünstlergesellschaft“ 36 Personen. – Die Ankündigunszettel des Gastspiels imSaal des Bürgervereins im Augsburger Hof vom 15. Februar bis 11. März sindgroßformatig (ca. 85 x 62 cm bis 124 x 82 cm). Einige sind illustriert, manchmalist ein separat gedruckter Holzschnitt (ca. 44 x 57 cm) oben an den typogra -phischen Zettel angesetzt, einmal auf ein großes Plakat eine Lithographiemit „kämpfenden Amazonen“ (ca. 46 x 42 cm) montiert. – Siehe AbbildungenS. 124 und 125.

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31 RENZ – Ca. 200 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Mün-chen, Frankfurt und Leipzig. In 7 Bdn. 1854-72. Verschied. Formate.

4.000,-

Ernst Jacob Renz (1815-1892), zunächst bei seinem Vater als Seiltänzer und dannim Wiener „Circus Gymnasticus“ bei Christoph de Bach als Kunstreiter aus -gebildet, gründete 1842 seine eigene Zirkusgesellschaft. Trotz finanzieller undpersoneller Engpässe und der Abwerbung und Konkurrenz größerer Truppengelang es dem vielseitigen Zirkusdirektor, bei seinem ersten Gastspiel in Mün-chen das Publikum mit einem Programm zu überzeugen, in dem er selbst insechs verschiedenen Disziplinen auftrat. „Die Gesellschaft bin ich!“ war dabeisein Motto, so ist es der beiliegenden seltenen Schrift „E. Renz und dessen Circus“ (Halle, um 1855) zu entnehmen.

Enthalten sind ca. 40 Zettel aus dem Jahr 1854 für Vorstellungen in München inder „mit brillanter Gasbeleuchtung versehenen neu erbauten großen Arena vordem Karlsthore“, ca. 60 Zettel von Vorstellungen auf dem Münchner Isartor-platz (ohne Jahr), zusammen ca. 100 Zettel von Gastspielen in Frankfurt in denJahren 1855, 1859 und 1864 sowie zwölf Zettel aus dem Jahr 1872 von Vorstel-lungen bei der Leipziger Ostermesse.

Enthalten ist eine Lithographie in großem Querfolioformat (ca. 57 x 80 cm) mitder „Quadrille des Mittelalters“, mehrere Zettel sind mit großen Holzschnittenillustriert, etwa dem „Thierbändiger Delmonico“ oder dem „studirten Esel“. –Meist sind die zugehörigen Programmzettel beigebunden, beiliegen zwei Bändemit separat gebundenen Programmzetteln.

Ferner eingebunden sind u. a. vier Ankündigungszettel der „Physikalischen Soirée von Herrn und Madame Robin aus Paris, Physiker Ihrer Majestät derKönigin von England“, sowie verschiedene kleine Schaustellerzettel mit Ankün-digungen eines „Türkischen Carawan-Salons“, von „Iphigenia, der holdseligenDioskuren-Braut“, der „Riesin Flora“ und der „kleinsten Menschen der Welt“.– Siehe Abbildungen S. 127 und 128.

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32 SUHR & HÜTTEMANN – Ca. 60 Ankündigungszettel für Vorstel-lungen in Frankfurt und München. In einem Bd. 1862. Verschied.Formate. 6.000,-

Der Circus Suhr und Hüttemann gehörte in den 1860er Jahren zu den renom-miertesten Kunstreitergesellschaften. Mit etwa 30 Reitern in Heroldstracht mitWappenschilden beteiligte er sich 1862 am ersten deutschen Schützenfest inFrankfurt. – Enthalten sind jeweils ca. 30 Ankündigungen von Vorstellungenin Frankfurt und München, meist mit Holzschnitten illustriert (teils verso),sowie zugehörige Programme, darunter das Programm für die Benefizvorstel-lung für Herrn und Madame Glasenapp, auf Seide gedruckt.

Ferner eingebunden u. a.: Fünf Zettel der anglo-amerikanischen Akrobaten -gesellschaft „The Rocky Mountain Wonders“ unter Direktor Henderson, fünfZettel der Menagerie Kreutzberg, fünf Zettel des Zauberkünstlers Anton Kratky-Baschik, Annoncen von Frankfurter Maskenbällen und Karnevalszügensowie eine Reihe von Schaustellerzetteln, u. a. mit Panoramen, einem „weib -lichen Koloss“ und dem „Schweizer Riesenochsen Bruno“. – Siehe Abbildun-gen S. 130 und 131.

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33 WEITZMANN – Ca. 25 Ankündigungszettel für Vorstellungen derArena Weitzmann in Frankfurt. In einem Bd. 1857. Verschied. For-mate. 6.000,-

Heinrich Weitzmann (1811-1893) begann seine Karriere als Seiltänzer in derKunstreitergesellschaft seines Vaters. Mit seiner eigenen Zirkusgesellschaft warer nicht dauerhaft erfolgreich, so daß er im Alter als Musiklehrer und Klavier-stimmer arbeiten mußte. – Die Zettel der Arena Weitzmann sind meist mit klei-nen Holzschnitten in variierter Zusammenstellung oder großen Holzschnittenmit verschiedenen Motiven illustriert.

Außerdem eingebunden: Zwei Zettel der Zirkusgesellschaft Knie, darunter einin Rot und Grün gedrucktes Plakat (ca. 64 x 43 cm), dessen breiter Holzschnitt-rahmen verschiedene Attraktionen zeigt.

Drei Zettel mit der Ankündigung eines Orang-Utans, „genannt Mstr. Jessi“,durch Stieglitz aus Anvers, davon einer mit großem Holzschnitt.

Ferner eine Ankündigung des Zauberers Adolf Bils aus Athen, vier Zettel des„Niederländischen Affen-Theaters“ von Louis Broekman sowie einige Annon-cen von Schaustellern und Frankfurter Theaterzettel. – Siehe AbbildungenS. 133-135.

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34 WOLLSCHLÄGER – Ca. 50 Ankündigungszettel für Vorstellungenin Frankfurt sowie ein Plakat mit Ankündigung der Ankunft in Ams-terdam. In 2 Bdn. 1858-59. Verschied. Formate. 6.000,-

Eduard Wollschläger (1811-1875) war als Kunstreiter überaus erfolgreich undinsbesondere für seine poetischen Inszenierungen berühmt. Seine Truppe, zuder 60 dressierte Pferde gehörten, schlug ihr Quartier auf dem Amstelveld imZentrum Amsterdams auf. – Das Plakat (ca. 226 x 80 cm), in den Farben Rot,Grün und Blau gedruckt, ist aus drei Teilen zusammengesetzt, von einem Rahmen in gotischen Maßwerkformen umgeben und zeigt einen Pegasus inHolzschnitt von F. Seidler, Berlin.

Jeweils ca. 25 Ankündigungszettel aus den Jahren 1858 und 1859 betreffen Vorstellungen in Frankfurt „in der neu erbauten Arena auf dem Paradeplatz“,meist mit den zugehörigen Programmzetteln.

Außerdem eingebunden: GRANDSART-COURTOIS. „Brillante Soirée Pari sienne“in Amsterdam am 13. 9. 1858. Farb. typographisches Plakat (ca. 150 x 110 cm).Aus 4 Teilen zusammengesetzt. Mit oben angesetzter Lithographie (ca. 72 x110 cm) und mont. Lithographie (ca. 25 x 38 cm). – Seit den 1840er Jahrenwaren die Mitglieder der Familie Grandsart-Courtois als Prestidigitateure mit Illusionskunst erfolgreich. Hier kündigt das Ehepaar seinen ersten Auftritt inAmsterdam an. – Mit einigen angeränderten oder hinterlegten Fehlstellen (kleiner Bildverlust).

ORCHESTER EDUARD STUMPFF. Soirée Champêtre in Amsterdam am 12. 9. 1858. Farb. typographisches Plakat (ca. 120 x 82 cm) mit angesetztem Rahmen. – Neben der Sonntagsvorstellung werden Konzerte an jedem Abendwährend der Kirmes im Amsterdamer Frascati-Theater angekündigt.

CIRQUE LOISSET. Vorstellung in Amsterdam am 15. 9. 1858. TypographischesPlakat (ca. 267 x 59 cm) aus 6 Teilen, mit oben angesetztem, separaten Holz-schnitt (ca. 44 x 59 cm). – Das kräftig orangerote Plakat wirbt für eine Vorstellungauf dem Amsterdamer Nieuwmarkt, u. a. mit einem Auftritt der amerikanischenArtistenfamilie Lavater Lee.

Ferner enthalten sind sieben Ankündigungszettel des „Niederländischen Affen-Theaters“ von Louis Broekmann sowie Schaustellerzettel, unter denen beson-ders beieindruckt die Präsentation der „Hyppolita [ca. 100 x 55 cm], bewun-dernswürdigste Erscheinung aus dem Reiche der Damenwelt, 19 Jahre alt, gegen600 Pfund schwer“, durch H. Sieber; auf dem großen Holzschnitt posiert Hyppolita in weitem Kleid (leider mit kleiner Fehlstelle am Auge) zwischenzwei Gewichten und einem Blumentisch; ein oben angesetzter schmaler Zettelvermerkt den Ort der Schaustellung, nämlich den Saal zur Harmonie in derFrankfurter Großen Bockenheimergasse. – Siehe Abbildungen S. 137 und 138.

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35 WULFF – Ca. 700 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Mün-chen. In 11 Bdn. 1867-88. Verschied. Formate. 6.000,-

Lorenz Wulff (Lebensdaten von uns nicht ermittelbar) gründete nach seinerTätigkeit beim Circus Renz 1861 seine eigene erfolgreiche Zirkusgesellschaft.Unsere Zettel dokumentieren Gastspiele in München in den Jahren 1867-70,1872, 1875, im Winter 1877/78, 1885, 1886 und 1888. – Die Ankündigungszettelhaben oft sehr große Formate, teils sind sie auf Papier in zwei oder drei Farbengedruckt und öfter mit mehreren Holzschnittvignetten versehen.

Enthalten sind außerdem ca. 20 separate Holzschnitte (ca. 48 x 58 cm), teils mitwiederholten Motiven; eine separate Lithographie (ca. 53 x 59 cm) mit Druck-vermerk von Wedtstein in Chemnitz zeigt eine Dressur von vier Trakehner-hengsten. – Oft sind die zugehörigen Programmzettel beigebunden, darunterdas Programm der Benefiz-Vorstellung für den Kunstreiter Felix Capité, aufSeide gedruckt.

Ferner eingebunden sind ein großes Plakat und zwei verschiedene Programmedes großen Varieté-Theaters Kil's Colosseum in der Isarvorstadt aus dem Jahr1886, eine Ankündigung von Bergheers Theater am Karlsplatz mit „Geister- undGespenstererscheinungen“, eine „Soirée mysterieuse et phantastique“ von Pro-fessor Hermann im königlichen Odeon 1869 sowie ca. 25 Schaustellerzettel,darunter für ein französisches Automatenkabinett, eine Mundkünstlerin, einenjungen Walfisch, Siamesische Zwillinge usw. – Siehe Abbildungen S. 140 und 141.

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36 VERSCHIEDENE GESELLSCHAFTEN – AMERIKA – Ca. 40 An -kündigungszettel der amerikanischen Zirkusgesellschaften Belling,Myers und Merkel für Vorstellungen in München. In 3 Bdn. 1853-73.Verschied. Formate. 12.000,-

Die amerikanische Zirkusgesellschaft von Fred Belling aus Philadelphia gastierte vom 26. Oktober bis 4. Dezember 1853 auf dem Karlsplatz in Mün-chen. – Enthalten sind zwei große Plakate, fünf kleine Programmzettel und15 Ankündigungszettel, meist mit Holzschnitt. Eine Benefiz-Vorstellung galtdem „kleinen achtjährigen Tommy Belling“, dem später berühmten Clown(1843-1900), auf den die Figur des Dummen August in seiner modernen Formzurückgeht (die Anfänge dieses Artisten in spaßig-unterhaltender Funktion reichen bis in die Antike zurück).

Die amerikanische Gymnastiker-Gesellschaft von C. Merkel gastierte 1871 imMünchner Zoologischen Garten, damals am Rande des Englischen Gartens gelegen. In der Abschlußvorstellung war der Hochseilakrobat Blondin (eigent-lich Jean François Gravelet; 1824-1897) mit seinem „Seilgang mit einem Sacküber dem Kopf“ zu sehen. Durch die erste Überquerung der Niagarafälle aufeinem Seil 1859 war er weltberühmt geworden; 1863 hatte er schon einmal inMünchen gastiert. – Vorhanden sind zwölf große Plakate und drei separatgedruckte Lithographien mit Illustrationen der Hauptattraktionen der Truppe,den „Fliegenden Menschen“ und der „Velocipedfahrt in der Luft“ (je ca. 63 x87 cm; die Velozipedfahrt zweimal vorhanden, davon einmal beikoloriert).

Jim Myers (1823-1892) war der erste Zirkus, der bei seinen Gastspielen in Europaeine ganze Elefantenherde mitführte; 1875 etablierte er ein festes Quartier ineinem hölzernen Zirkusbau in Paris. Sein „Great American Circus“ reiste 1873durch Deutschland und Österreich. Die Gesellschaft umfaßte damals 150 Per-sonen, 200 Pferde und neun Elefanten. – Enthalten sind zehn Plakate, meistin großem Querformat (ca. 62 x 83 cm); als besondere Attraktion werden u. a.„5 Original-Beduinen in ihren orientalischen Exercitien und Riesensprüngen“angekündigt. Auf der mit einem Holzschnitt geschmückten Ankündigung derAnkunft sind die Daten des Aufenthalts in München vom 20. bis 26 Augusthandschriftlich eingetragen.

Beiliegend der obere Teil eines Holzschnitt-Plakates (ca. 60 x 82 cm) einer für uns nicht näher bestimmbaren „English Company“. – Siehe Abbildungen S. 143 und 144.

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37 VERSCHIEDENE GESELLSCHAFTEN – WEINER – Drei Plakateund 2 Lithographien von Jakob Weiner in Wien zum Zirkuswesen.In einem Bd. Ca. 1875/76. Fol. 8.000,-

Enthalten in der Reihe der Bindung: (BUFFALO BILL). Farb. Lithographie. 24,5 x 27 cm.

(RINGER UND ATHLETEN). Lithographie. 41,5 x 51,5 cm.

MYER'S. Eröffnungs-Vorstellung im Wiener Prater am 28. 6. (1875). Litho -graphie. Ca. 180 x 88 cm. Aus 3 Teilen zusammengesetzt, mit farb. lithogr. Textmontage (Grand American Circus, 30 x 74 cm). – Die Vorstellung im transportablen Zirkuszelt auf der Feuerwerkswiese umfaßte 170 Pferde, neun dressierte Elefanten, den Tierbändiger John Cooper sowie „Orientalishe Gym-nastik von Arabern und Japanesen“.

VOLKSTHÜMLICHE VORSTELLUNG im Wiener Stadt-Theater am 12. 3. 1876.„Die Ahnfrau“ von F. Grillparzer. Farb. Lithographie. Ca. 95 x 60 cm.

CIRCUS CARRÉ. Gala- und Benefiz-Vorstellung im Wiener Prater am 30. 5. 1876.Ca. 180 x 117 cm. Aus 4 Teilen zusammengesetzt. Mit mont. Lithographie vonCasten & Suhling, Bremen (ca. 50 x 53 cm) sowie 2 Textmontagen (Zirkusnameund Ankündigung des Auftrittes des Lipizzanerhengstes Ben-Azet). – Kräftigorangerotes Plakat mit Schrift und Ornamentrahmen in Schwarz. – Die Litho-graphie zeigt die „Angot-Quadrille, geritten von 4 Damen und 4 Herren in Original Costümen“. – Am Beginn des Bandes eingebunden sind der zugehörigeProgrammzettel, auf Seide gedruckt, sowie ein Programmzettel für eine Vor-stellung desselben Zirkus ebenfalls im Wiener Prater am 18. 6. 1876.

Ferner enthalten: Lithographie (ohne Druckvermerk). Ca. 48 x 31 cm. „Miss LillieWright. Artiste for English song and grotesk dance“. – Siehe Abbildungen S. 146-148.

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38 VERSCHIEDENE GESELLSCHAFTEN UND SCHAUSTELLER –Ca. 80 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Frankfurt, Leipzigund Köln. In einem Bd. 1862-63. Verschied. Formate. 6.000,-

Enthalten sind Zettel der Zirkusgesellschaften Hinné (22), Godfroy (20), Blennow (8), Carré (3), Renz (1), Suhr und Hüttemann (1).

Ferner zwei Zettel der arabischen Artistengesellschaft Beni Zoug-Zoug, davoneiner verso mit Lithographie (37 x 30 cm).

Vier Zettel des „Salons der Experimentalphysik und Magie“ von Adolf Bils, derals „Kaiserlich russischer Hofkünstler“ firmiert, darunter ein Plakat mit breitemfigürlichen Holzschnittrahmen in Rot und Schwarz (ca. 76 x 50 cm).

Zwei Zettel mit lithographierten Illustrationen von Frankfurter Narrenzügen,jeweils mit Programm.

Ca. 15 Schaustellerzettel, darunter eine Steinkohlengrube, das „NiederländischeAffentheater“ von Bernhardt, „Justina Virago, die rühmlich bekannte bärtigeDame“, von F. Taege, die „Riesendame Isabella“ von Harry Berghoer, die Mena-gerie von Heinrich Boese, dessen „sämmtliche wilde Thiere sind gut dressiertund abgerichtet von einem Kinde von 4 Jahren“, die „Große geologische Vor-stellung“ von Paul Hoffmann aus Wien und die „Nebelbilder“ von Forster,„vom polytechnischen Institut zu London“. – Siehe Abbildungen S. 150 und 151.

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39 VERSCHIEDENE GESELLSCHAFTEN UND SCHAUSTELLER –Ca. 20 Ankündigungszettel für Vorstellungen von Zirkusgesell-schaften und Schaustellern, vorwiegend in Augsburg, Hamburg,Leipzig und Mainz. In einem Bd. 1857. Verschied. Formate. 6.000,-

Enthalten u. a.: Eine Lithographie des Kraftathleten „Mr. Charles Rousselledu Nord“ (ca. 51 x 70 cm; mit handschriftlichem Vermerk „Mainzer Messe,10. August 1857“).

Drei Zettel eines Gastspiels des Circus Hüttemann während der LeipzigerHerbstmesse, jeweils mit Holzschnitt.

Eine Ankündigung (ca. 67 x 46 cm) der Menagerie Scholz und Liphard mit großem Holzschnitt (laut handschriftlichem Vermerk ebenfalls während derLeipziger Messe).

Ca. zehn Schaustellerzettel, darunter „Alle Menschenraçen und ihre Abartender ganzen Erde“, präsentiert von A. Bührlen, der „Gothische Kunst-Palast“von M. Hirsch, ein Zauber-Theater von Georg Fritz aus Mainz, „Die Reise durchdie Schweiz in naturgetreuen Bildern“ von Friedrich Kind, „Das nackte ara -bische Vollblutpferd“ von Stieglitz aus Anvers und „Ein wilder Eber, genanntPorzel“, von Heinrich Kahle, außerdem einige Theaterzettel aus Augsburgund Mainz. – Siehe Abbildungen.

Zirkus und Varieté152

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Nr. 39

Nr. 39 Nr. 39

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40 VERSCHIEDENE GESELLSCHAFTEN UND SCHAUSTELLER –Ca. 50 Ankündigungszettel für Vorstellungen in Frankfurt, Hanauund Wiesbaden. In einem Bd. 1860. Verschied. Formate. 4.000,-

Enthalten sind Zettel der Gastspiele von Blennow während der Hanauer Messe(18), Loisset in Wiesbaden (24) und der Artistengesellschaft von J. B. Schneiderin Frankfurt (8).

Ferner ca. 15 Schaustellerzettel, u. a. eine Lithographie (ca. 49 x 41 cm) des Zoologischen Cabinetts von Carl Schneider, das „Niederländische Affen theater“von Louis Broekman (5), die Menagerie von Christian Renz, das „MechanischeTheater“ von Tschuggmall & Bergheer aus Tirol, die „Kunst-Ausstellung“ vonFriedrich Wilhelm Crombach, außerdem das „Programm der großen Kappen-fahrt“ in Frankfurt, aus vier Teilen zusammengesetzt (zusammen ca. 118 x 33 cm).

Beiliegend ein Band mit über 200 Theater- und Konzertzetteln aus Berlin,Coburg, Frankfurt, Leipzig, Wien und Würzburg aus dem Jahr 1856, darunterdrei auf Seide gedruckte Zettel.

Außerdem enthalten: Ca. 30 Ankündigungszettel für Vorstellungen des CircusRenz in Leipzig und Wien, darunter ein separater Holzschnitt (ca. 44 x 64 cm),der ein Straußenrennen zeigt.

Drei Zettel des „Arabischen Zirkus“ von Rudolph Knie, laut handschriftlicherNotiz „Leipzig, in der Herbstmesse 1856“, darunter ein Zettel (ca. 43 x 25 cm)mit der Ansicht des Zeltes in Holzschnitt.

Zwei Zettel des Circus Roßmayer, jeweils mit Holzschnitt, sowie ca. zehn Zettelvon Schaustellern und Zauberern, darunter der „Egyptische Zauberpalast“ vonAlbert Machotka, „Mechanikus aus Berlin“, das „Théâtre Académique derrühmlich bekannten Italienischen Künstlergesellschaft des Signor Felix Napoli“und das „Théâtre Akademique der rühmlichst bekannten Geschwister Bäse“. –Siehe Abbildungen S. 155 und 156.

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Zirkus und Varieté 155

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Abb. . . . . . . . . . . . . Abbildung(en) - illustration(s)Abt. . . . . . . . . . . . . Abteilung - sectionAnm. . . . . . . . . . . . Anmerkung(en) - note(s)Aufl. . . . . . . . . . . . . Auflage - editionAusg. . . . . . . . . . . . Ausgabe - edition, issueBd(e). . . . . . . . . . . . Band (Bände) - volume(s)bearb. . . . . . . . . . . . bearbeitet - compiledbeigeb. . . . . . . . . . . beigebunden - bound withbeschäd. . . . . . . . . beschädigt - damagedBibl. . . . . . . . . . . . . Bibliothek - libraryBl. . . . . . . . . . . . . . . Blatt (Blätter) - leaf(-ves)blattgr. . . . . . . . . . . blattgroß - full-pageblindgepr. . . . . . . . blindgeprägt - blind-tooledBlindpr. . . . . . . . . . Blindprägung - blind-toolingBrosch. . . . . . . . . . . Broschur - wrappersDass. . . . . . . . . . . . Dasselbe - the sameDers. . . . . . . . . . . . Derselbe - the sameDies. . . . . . . . . . . . Dieselbe - the sameDr. . . . . . . . . . . . . . Drucker - printerdreiseit. . . . . . . . . . dreiseitig - (three) edges, marginsd. Zt. . . . . . . . . . . . . der Zeit - contemporarye. . . . . . . . . . . . . . . . eigenhändig - autographEA . . . . . . . . . . . . . erste Ausgabe - first editionEbda. . . . . . . . . . . . Ebenda - same placeeingeb. . . . . . . . . . . eingebunden - bound-inetw. . . . . . . . . . . . . etwas - somewhat, slightlyEx. . . . . . . . . . . . . . . Exemplar - copyFaks. . . . . . . . . . . . Faksimile(s) - facsimilefarb. . . . . . . . . . . . . farbig – in coloursfl. . . . . . . . . . . . . . . fleckig - spotted, (water-)stained, foxed . . . . . . . . . . . . . . . . (fingerfl., braunfl., wasserfl. etc)flex. . . . . . . . . . . . . flexibel- limpFrontisp. . . . . . . . . Frontispiz - frontispieceganzseit. . . . . . . . . ganzseitig - full-pagegeb. . . . . . . . . . . . . . gebunden - boundgefalt. . . . . . . . . . . gefaltet - foldedgestoch. . . . . . . . . . gestochen - engravedgoldgepr. . . . . . . . goldgeprägt - gilt-stampedGoldpr. . . . . . . . . . Goldprägung - gilt-stampedHrsg. . . . . . . . . . . . Herausgeber - editorhrsg. . . . . . . . . . . . . herausgegeben - editedHldr. . . . . . . . . . . . Halbleder - half leatherHlwd. . . . . . . . . . . Halbleinen - half clothHmaroquin . . . . . . Halbmaroquin - half moroccoHpgt. . . . . . . . . . . . Halbpergament - half vellumhs. . . . . . . . . . . . . . . handschriftlich - manuscriptIllustr. . . . . . . . . . . . Illustration(en) - illustration(s)illustr. . . . . . . . . . . illustriert - illustratedImp.-Fol. . . . . . . . . Imperial-Folio - imperial folioJg(e). . . . . . . . . . . . . Jahrgang (-gänge) - volume(s)Jhdt. . . . . . . . . . . . . Jahrhundert - centuryKart. . . . . . . . . . . . . Kartonage - boardsKat. . . . . . . . . . . . . Katalog - cataloguekl. . . . . . . . . . . . . . . klein - smallkolor. . . . . . . . . . . . koloriert - (hand-)colouredkplt. . . . . . . . . . . . . komplett - completeläd. . . . . . . . . . . . . . lädiert - damagedLdr. . . . . . . . . . . . . Leder - leatherLief. . . . . . . . . . . . . Lieferung(en) - (serial) part(s)Lithogr. . . . . . . . . . Lithographie(n) - lithograph(s)Lwd. . . . . . . . . . . . Leinen (Leinwand) - cloth

mehrf. . . . . . . . . . . mehrfach - several timesmod. . . . . . . . . . . . modernMonogr. . . . . . . . . Monogramm - monogrammonogr. . . . . . . . . . monogrammiert - with monogrammont. . . . . . . . . . . . montiert - pastet, mountedMs. . . . . . . . . . . . . . Manuskript - manuscriptnachgeb. . . . . . . . . nachgebunden - bound withnn. . . . . . . . . . . . . . nicht numeriert - unnumberedNr(n). . . . . . . . . . . Nummer(n) - number(s)num. . . . . . . . . . . . . numeriert - numberedo. Dr. . . . . . . . . . . . ohne Drucker - no printerOHldr. . . . . . . . . . . Original-Halbleder - original half leatherOHlwd. . . . . . . . . . Original-Halbleinen - original half clothOHpgt. . . . . . . . . . Original-Halbpergament - . . . . . . . . . . . . . . . . original half vellumOKart. . . . . . . . . . . Original-Kartonage - original boardsOLdr. . . . . . . . . . . . Original-Leder - original leatherOLwd. . . . . . . . . . . Original-Leinen (Leinwand) - originalclothO. O. . . . . . . . . . . . ohne Ort - no placeO. O. u. J. . . . . . . . ohne Ort und Jahr - no place, no dateOPgt. . . . . . . . . . . . Original-Pergament - original vellumOPp. . . . . . . . . . . . Original-Pappe - original boardsorig. . . . . . . . . . . . . originalOrig.-Brosch. . . . . Originalbroschur - original wrappersOrig.-Umschl. . . . Originalumschlag - original coverPag. . . . . . . . . . . . . Paginierung - paginationpag. . . . . . . . . . . . . paginiert - paginatedPgt. . . . . . . . . . . . . Pergament - vellumPortr(s). . . . . . . . . . Porträt(s) - portrait(s)Pp. . . . . . . . . . . . . . Pappband - boardsRsch. . . . . . . . . . . . Rückenschild - lettering-piece on spineRtit. . . . . . . . . . . . . Rückentitel - title on spineRvg. . . . . . . . . . . . . Rückenvergoldung - gilt spine(s)S. . . . . . . . . . . . . . . Seite(n) - page(s)sign. . . . . . . . . . . . . signiert - signedSlg. . . . . . . . . . . . . . Sammlung - collectionSp. . . . . . . . . . . . . . Spalte(n) - column(s)spät. . . . . . . . . . . . . später(er) - late(r)stellenw. . . . . . . . . stellenweise – partlystockfl. . . . . . . . . . stockfleckig - foxedteilw. . . . . . . . . . . . . teilweise - partlyTl(e). . . . . . . . . . . . Teil(e) - part(s), section(s)tls. . . . . . . . . . . . . . . teils - partlyTsd. . . . . . . . . . . . . Tausend - thousandU. . . . . . . . . . . . . . . Unterschrift - signatureübers. . . . . . . . . . . . übersetzt - translatedUmschl. . . . . . . . . . Umschlag - coververb. . . . . . . . . . . . . verbessert - improvedverm. . . . . . . . . . . . vermehrt - enlargedverschied. . . . . . . . verschieden(e) - variousVg. . . . . . . . . . . . . . Vergoldung - giltvgl. . . . . . . . . . . . . vergleiche - see, compareVign. . . . . . . . . . . . Vignette - vignetteVlg. . . . . . . . . . . . . Verlag - publishervorgeb. . . . . . . . . . . vorgebunden - bound-inwdh. . . . . . . . . . . . wiederholt - repeatedzahlr. . . . . . . . . . . . zahlreich(e) - numerousZl. . . . . . . . . . . . . . Zeile(n) - line(s)zus. . . . . . . . . . . . . . zusammen - together

Abkürzungen – Abbrevations

Page 164: Auktion 65 - November 2015 - Sonderkatalog

Versteigerungsbedingungen

1. Das Auktionshaus handelt als Kommissionär im eigenen Namenund für Rechnung seiner Auftraggeber (Kommittenten), die un-benannt bleiben. Zugrunde liegen die Aufträge der Einlieferer.Die Auftragsverhältnisse ergeben sich durch Angabe einer Kenn-zahl (Einlieferer-Nummer), die in Klammern der Katalogauf-nahme jeweils angefügt ist. Eigenware ist gesondert gekenn-zeichnet (1). Die Versteigerung ist freiwillig.

2. Die angegebenen Preise sind Schätzpreise, keine Limite.

3. Der Versteigerer behält sich das Recht vor, Nummern des Kata-loges zu vereinen, zu trennen, außerhalb der Reihenfolge anzu-bieten und zurückzuziehen. Er ist berechtigt, Gebote zurück-zuweisen, wenn nicht vor der Versteigerung geeignete Sicherhei-ten geleistet oder Referenzen angegeben wurden.

4. Sämtliche zur Versteigerung gelangenden Gegenstände könnenvor der Versteigerung besichtigt und geprüft werden. Die Sachensind gebraucht und haben einen ihrem Alter, ihrem Gebrauchund ihrer Provenienz entsprechenden Erhaltungszustand. Dieserwird im Katalog nicht durchgängig erwähnt. Die Katalogbe-schreibungen sind keine Garantien im Rechtssinne. Der Verstei-gerer übernimmt keine Haftung für Mängel, soweit er die ihmobliegenden Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Er verpflichtet sich je-doch, wegen rechtzeitig vorgetragener, begründeter Mängelrügeninnerhalb der Verjährungsfrist von zwölf Monaten seine Gewähr-leistungsansprüche gegenüber dem Einlieferer gerichtlich geltendzu machen. Der Erwerber soll Beanstandungen unverzüglich,spätestens aber innerhalb von drei Wochen nach der Auktion,dem Versteigerer anzeigen. Im Falle erfolgreicher Inanspruch-nahme des Einlieferers erstattet der Versteigerer dem Erwerberden gezahlten Kaufpreis (einschließlich Aufgeld) zurück; ein da-rüber hinausgehender Anspruch ist ausgeschlossen. Einzelstückeaus Konvoluten, größere Zeitschriftenreihen, Serienwerke, mehr-bändige Gesamtausgaben und Objekte, die den Vermerk „nichtkollationiert“ oder „ohne Rückgaberecht“ tragen, sind vom Re-klamationsrecht ausgeschlossen.

5. Hinweis im Sinne der §§ 86, 184b StGB. Das Auktionshaus bietetGegenstände, die zur Verbreitung nazistischen oder kinderpor-nographischen Gedankenguts mißbraucht werden könnten, nurunter der Bedingung an, daß sich Bieter auf diese Gegenständemit ihrer Gebotsabgabe automatisch verpflichten, diese Gegen-stände im Falle des Ersteigerns ausschließlich für strafrechtlichunbedenkliche wissenschaftliche Zwecke zu erwerben.

6. Der Ausruf erfolgt in Euro und beginnt in der Regel mit derHälfte des Schätzpreises. Gesteigert wird jeweils um ca. 5 – 10 %.Der Zuschlag erfolgt nach dreimaligem Aufruf an den Höchst-bietenden. Der Versteigerer kann den Zuschlag verweigern oderunter Vorbehalt erteilen. Wenn mehrere Personen das gleicheGebot abgeben und nach dreimaligem Aufruf kein höheres Geboterfolgt, entscheidet das Los. Der Versteigerer kann den Zuschlagzurücknehmen und die Sachen erneut anbieten, wenn irrtümlichein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot übersehen worden ist,oder wenn der Höchstbietende sein Gebot nicht gelten lasen willoder sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen.

7. Kommissionäre haften für ihre Auftraggeber. Aufträge per Tele-fon oder E-Mail bedürfen der schriftlichen Bestätigung spätestens48 Stunden vor Beginn der Auktion. Bestehen bei Abgabe einesGebotes Differenzen zwischen der Katalognummer und demKennwort, so ist das Kennwort maßgebend. Folgen aus einer un-richtigen Übermittlung gehen zu Lasten des Auftraggebers. BeiNichterteilung des Zuschlags trotz Gebots haftet der Versteigererdem Bieter nur bis zur Höhe des Schätzpreises, wenn ihm Vorsatzoder grobe Fahrlässigkeit angelastet werden kann. Aufträge, diespäter als einen Tag vor oder erst während der Versteigerung ein-gehen, sind von jeder Haftung ausgeschlossen. Die in den Verträ-gen genannten Preise gelten als Zuschlagspreise, das Aufgeld unddie Mehrwertsteuer werden zusätzlich erhoben.

8. Mit der Erteilung des Zuschlags geht die Gefahr für nicht zu ver-tretende Verluste und Beschädigungen auf den Ersteigerer über.Das Eigentum an den ersteigerten Sachen erwirbt der Ersteigerer

erst mit dem vollständigen Zahlungseingang beim Auktionshaus.

9. Auf den Zuschlag wird ein Aufgeld von 25 % berechnet, in demdie Umsatzsteuer enthalten ist und nicht separat ausgewiesenwird (Differenzbesteuerung). Für Katalognummern, vor derenSchätzpreisen der Vermerk *R steht, ist auf den Zuschlag einAufgeld von 20 % und auf die Summe von Zuschlag und Aufgelddie gesetzliche Mehrwertsteuer von 19 % (bei Katalognummern,deren Schätzpreisen der Vermerk ** vorangestellt steht) bzw. derermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 % (bei allen übrigen Kata-lognummern) zu entrichten (Regelbesteuerung). Für steuerinlän-dische Unternehmer, die zum Vorsteuerabzug bei demKatalogangebot berechtigt sind, kann die Gesamtrechnung überdie von einem solchen ersteigerten Positionen auf Wunsch wiebisher nach der Regelbesteuerung ausgestellt werden. Die Mehr-wertsteuer entfällt für Kunden aus Nicht-EU-Ländern, wenn derVersand der ersteigerten Ware durch uns in das Nicht-EU-Landerfolgt, oder der amtliche Nachweis der Ausfuhr innerhalb vonvier Wochen erbracht wird. Händlern aus EU-Ländern kann dieMehrwertsteuer nur dann erstattet werden, wenn sie ihre euro-päische USt-IdNr. bei Auftragserteilung bekanntgeben. Bei Aus-zahlungen erfolgt die Umrechnung des Rechnungsbetrages zumam Tag der Auszahlung geltenden Devisenkurs. Die Kosten fürPorto, Verpackung, Versicherung und Bankspesen gehen zu Las-ten des Käufers.

10. Auf alle Originalwerke der Bildenden Kunst seit Entstehungszeit1900 leistet das Auktionshaus eine Abgabe an die Ausgleichsver-einigung Kunst, die damit die gesetzlichen Ansprüche des Folge-rechts aus § 26 UrhG ausgleicht. Der Ersteigerer trägt von dieserAbgabe einen Anteil in Höhe eines Drittels (z.Zt. 1 % des Zu-schlagspreises).

11. Der Gesamtbetrag ist mit dem Zuschlag fällig und zahlbar in baroder durch bankbestätigten Scheck. Zahlungen auswärtiger Er-steigerer, die schriftlich oder telefonisch geboten haben, sind bin-nen vierzehn Tagen nach Rechnungsstellung fällig.

12. Bei Zahlungsverzug werden Verzugszinsen in Höhe von 1 % perMonat berechnet. Im übrigen kann das Auktionshaus bei Zah-lungsverzug wahlweise Erfüllung des Kaufvertrages oder nachFristsetzung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen;der Schadensersatz kann in diesem Falle auch so berechnet wer-den, daß die Sache in einer neuen Auktion nochmals versteigertwird und der säumige Käufer für einen Mindererlös gegenüberder vorangegangenen Versteigerung und für die Kosten der wie-derholten Versteigerung einschließlich der Gebühren des Aukti-onshauses aufzukommen hat.

13. Der Erwerber ist verpflichtet, die Gegenstände sofort nach derAuktion in Empfang zu nehmen. Falls er Versendung wünscht,erfolgt diese auf eigene Gefahr. Bei Versand von Graphiken wer-den vorhandene Passepartouts und Rahmen entfernt, es sei denn,das Haus wurde vom Erwerber bei Abgabe seines Gebots aus-drücklich zur Mitlieferung desselben im Ersteigerungsfall beauf-tragt.

14. Mit Erteilung eines schriftlichen Auftrages oder Abgabe eines Ge-botes erkennt der Ersteigerer diese Bedingungen ausdrücklich an.Dies gilt auch für Verkäufe aus den Rückgängen.

15. Erfüllungsort und Gerichtsstand für den vollkaufmännischenVerkehr ist München. Es gilt ausschließlich deutsches Recht. DasUN-Abkommen über Verträge des internationalen Warenkaufs(CISG) findet keine Anwendung.

16. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen ganz oder teilweiseunwirksam sein, so bleibt die Gültigkeit der übrigen davon un-berührt (Salvatorische Klausel).

17. Die Versteigerungsbedingungen haben eine deutsche und eineenglische Version. In allen Streit- und Zweifelsfällen ist die deut-sche Fassung maßgebend; das gilt insbesondere für die Ausle-gung von Rechtsbegriffen und Katalogangaben.

Zisska & Lacher GmbH & Co. KG

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Conditions of Sale

1. Zisska & Lacher GmbH & Co. KG (hereinafter referred to as ‘theAuctioneer’) acts as commission agent, in its own name and forthe account of its clients (sellers), whose identity is not disclosed.The instructions of consignors, who are numbered in brackets(consignor number) at the end of each catalogue description, formthe basis of sales. The Auctioneer’s property is indicated separa-tely (1). The sale is voluntary.

2. The prices given after each lot are estimates, not reserves.

3. The Auctioneer reserves the right to combine any two or morelots, to divide any lot, to offer any lot for sale in an order differentfrom that given in the catalogue or to withdraw any lot or lotsfrom the sale. The Auctioneer shall be entitled to refuse bids un-less suitable proof of identity, security or references shall havebeen provided by the bidder prior to the auction.

4. All lots put up for sale may be viewed and inspected prior to theauction. Lots auctioned are used goods and their condition iscommensurate with their age, usage and provenance althoughthis condition is not always mentioned in the catalogue. The des-criptions in the catalogue, which are given to the best of TheAuctioneer’s knowledge and belief, do not constitute guaranteesin the legal sense. The Auctioneer assumes no liability for faultsor defects, in so far as he has fulfilled his duty of care, but willundertake to make judicial claim on behalf of the Buyer in respectof justified complaints within the statutory warranty period oftwelve months against the seller who consigned the respectiveitem or items for sale. The Buyer is required to give the Auctioneerwritten notice of all complaints without delay; at the latest, ho-wever, within three weeks of the date of the auction. Should thedemands be successful, the Auctioneer will reimburse the Buyerwith the full purchase price (including buyer’s premium); all furt-her claims are excluded. There is no right of complaint in the caseof individual items from combined or mixed lots [Konvolute], pe-riodicals, serial publications, complete editions in several volu-mes and any lots with the indication nicht kollationiert [notcollated] or ohne Rückgaberecht [not subject to return].

5. Legal note within the meaning of Sections 86 and 184 of the Ger-man Criminal Code/StGB: Where the Auctioneer offers goods forsale that are liable to be abused for the dissemination of NationalSocialist-related ideology and/or material relating to child por-nography, such goods are offered on the absolute condition thateach and every bidder undertakes, on submitting a bid or bidsfor any such goods, to acquire and/or employ these goods purelyand solely for purposes of an unobjectionable scientific and/orresearch nature within the terms of the German Criminal Code,should a bid be successful.

6. Bids are executed in Euros and bidding generally starts at 50% ofthe estimate unless competing bids have been received. Bids areraised by increments of 5 % to 10 %. A lot will be knocked downto the highest bidder after three calls. The Auctioneer may refuseany bids, or knock down a lot subject to reservation. If two ormore persons bid the same amount simultaneously and no over-bid has been made after three calls, the successful bidder shall bedrawn by lot. The Auctioneer may rescind a decision and put thelot up again for sale if a higher bid made in time has been inad-vertently overlooked, or if the highest bidder wishes to revokehis bid, or if the decision is open to other doubt.

7. Agents acting on behalf of a third party assume full liability forthe fulfilment of contract on behalf of their principals. All absen-tee bids submitted by email or telephone are to be confirmed inwriting not less than 48 hours before the auction opens. If the ca-talogue number and the author/short title or reference for iden-tification differ, the short title will stand for the bid. All damagesand losses incurred by unclear bidding instructions are the bid-der’s responsibility. For bids duly received and not executed dueto obvious negligence on the Auctioneer’s part, the Auctioneer’sliability is limited to the estimate amount. The Auctioneer acceptsno liability for the execution of absentee bids sent in less than 24hours before the auction opens or during the auction itself. All

bids are regarded as the maximum hammer price. The buyer’spremium and statutory VAT are added to these prices separately.

8. From the fall of the hammer, every lot shall become the full re-sponsibility of and be at the sole risk of the Buyer, while owner-ship of the lot or lots shall not pass to the Buyer until full paymenthas been received by the Auctioneer.

9. A buyer’s premium of 25 % including statutory VAT is levied onthe hammer price (margin scheme), without separate indicationof the VAT amount. Where estimates of lots are preceded by theletter ‘R’, a premium of 20 % is levied on the hammer price, plusstatutory VAT on the sum of the hammer price and the buyer’spremium (standard taxation) at the current rate of 19 % (whereestimates are marked **) and otherwise, at the lower rate of 7 %.Dealers tax-resident in Germany who are entitled to deduct VATon lots offered in the catalogue may request that standard taxationis applied to their auction purchases. Buyers resident in third (i.e.non-European Union) countries are exempted from VAT if pur-chases are dispatched by the auction house to their registered ad-dress or if official proof of export is received by the Auctioneerwithin a period of four weeks. Dealers whose businesses are re-gistered in the EU are exempted from VAT provided that theyquote their verifiable VAT Registration Number (BTW, IVA; TVA)when submitting absentee or online bids, or when registering tobid. Payments in foreign currency will be converted at the rate ofexchange prevailing on the day of payment. Costs of shipping,packing, insurance and bank charges are at the Buyer’s expense.

10. In order to satisfy all Droit de Suite [Artists’ Resale Right] claims(Article 26, German Copyright Law/UrhG), the Auctioneer shallpay a resale royalty to the Ausgleichsvereinigung Kunst, thecopyright collecting society, on all original works of art createdafter 1 January 1900. This is based on a percentage of the hammerprice. The Buyer shall bear one third of this payment which cur-rently amounts to 1% of the hammer price.

11. Immediately upon purchase the Buyer shall pay the final price incash or by authorized bank cheque. Payments by Buyers whohave submitted absentee bids or who have bid by telephone shallbe due within 14 days of the date of the invoice.

12. In default of payment, the Auctioneer will charge interest on theoutstanding amount at the rate of 1% per month or part month.Furthermore, if the Buyer defaults in payment, the Auctioneermay, at his discretion, insist on performance of the contract or, ifthe Buyer has not paid by the date set, claim damages for non-performance; in the latter case, the Auctioneer may claim the da-mages by putting the lot or lots up again for auction and chargingthe defaulting Buyer with the difference between the price bid byhim/her and the price realized on the resale, if this is lower, plusthe cost of the resale, including the Auctioneer’s costs.

13. Buyers shall take charge of their lots immediately after theauction. Shipping instructions shall be given in writing. Shipping,if required, will be effected at the sole expense and risk of theBuyer. Prints will be shipped unmatted and unframed, unlessspecifically requested by the Buyer when submitting his/her bid.

14. By placing a bid either in writing or in person, the Buyer agreesto be bound by these Conditions of Sale. This shall also apply toafter-auction purchases.

15. Place of performance and jurisdiction for registered trade dealingsis Munich. German law applies exclusively; the UN-Treaty (CISG)is explicitly excluded.

16. Should any provision herein be wholly or partly ineffective, thisshall not affect the validity of the remaining provisions.

17. These Conditions of Sale are available in both German and Eng-lish. The German-language version shall without exception be theauthoritative version, in particular with regard to the interpreta-tion of statutory terms and catalogue descriptions.

Zisska & Lacher GmbH & Co. KG

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