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1Profil
AusbildungWundspezialistinWundspezialist
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1. Profil der Wundspezialistin*
Einleitung
Die Versorgung von Menschen mit einer chronischen Wunde stellt für das
Gesundheitswesen eine grosse Herausforderung dar. Gründe dafür sind die
demographische Bevölkerungsentwicklung oder aber die Kostenentwick-
lung im Gesundheitswesen. Etwa 1-1.5% der Bevölkerung in industrialisier-
ten Ländern leiden unter einer chronischen Wunde (1). Die Kosten für die
Wundversorgung in der Europäischen Union belaufen sich auf 2-4% der
Gesamtgesundheitskosten (2). In der Schweiz gibt es keine Zahlen. Viele
Patienten mit Wundheilungsstörungen benötigen eine kompetente Unter-
stützung von Fachkräften (3). Diese Unterstützung erfordert vertiefte Kennt-
nisse in Bezug auf Wissen, Fertigkeiten und Verhalten bei der Betreuung
dieser Patientengruppe. Durch eine fachkompetente Betreuung kann zur
Verbesserung der Qualität der Versorgung von diesen Menschen beigetra-
gen werden (4). Um sowohl zweckmässige als auch wirtschaftliche Resul-
tate zu gewährleisten, benötigt es einerseits forschungsbasierte Leitlinien
zur Pflege und Behandlung von Menschen mit einer chronischen Wunde
und andererseits fundierte klinische Erfahrung im Fachbereich der Wund-
behandlung. Der Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft für Wund-
behandlung (SAfW) der deutschen Schweiz hat deshalb ein Profil für die
Wundspezialistin erarbeitet.
* Der Begriff Wundspezialistin
wird als Überbegriff verstanden.
In diesem Dokument wird die
weibliche Form verwendet.
Damit ist auch die Männliche
gemeint.
2. Berufliches Profil
In Anbetracht der Breite von Bildungsangeboten zum Thema Wundver-
sorgung soll darauf geachtet werden, dass die Weiterbildung im Bereich
«Wund» von der SAfW anerkannt wurde.
Die vorliegende Profildefinition richtet sich an diplomierte Pflegefachperso-
nen und Ärztinnen.
Diese können eine spezifische Fort- oder Weiterbildung absolviert haben. >
Ausbildungsniveaus
Universitäre / Hochschul-Ausbildung
* Universitäres Diplom mit Schwerpunkt Wundbehandlung (PhD, MSc)
* FH/HES mit Schwerpunkt Wund- behandlung (MSc, MAS)
Nicht-Universitäre Ausbildung
* Eidgenössische Höhere Fachprüfung in Wundpflege SAfW; Abklärungen dazu laufen Universitäre / Hochschul-Ausbildung
* Universitäres Diplom mit Schwerpunkt Wundbehandlung (BSc)
* FH/HES mit Schwerpunkt Wundbehandlung (BSc, DAS, CAS)
Nicht-Universitäre Ausbildung
* Zertifizierte Wundmanagerin ZWM
* Dipl. Wundexpertin SAfW D-CH / H+
Nicht-Universitäre Ausbildung
* WUN – Kurs SAfW D-CH / H+
* Wundkurs SSSCI-SAfW
* Oder vergleichbare Ausbildungen
Beschreibung der Kompetenzen (in Anlehnung an «Positionierung der eidgenössischen Prüfungen im Gesundheitsbereich in der Bildungssystematik (OdASanté, 2012)
* Komplexität: äusserst komplex
* Veränderung: sich stark verändernde Situationen
* Vorhersehbarkeit: nur gering vorhersehbar
* Selbständigkeit: selbständige Entscheidung
* Kreativität: neue Ziele und Lösungswege
* Verantwortung: Entscheidungsverantwortung
* Komplexität: sehr komplex
* Veränderung: sich verändernde Situation
* Vorhersehbarkeit: mittelmässig vorhersehbar
* Selbständigkeit: selbständige Problemlösung
* Kreativität: neue Lösungswege
* Verantwortung: für Korrektheit der Lösung
* Komplexität: komplex
* Veränderung: eher stabil
* Vorhersehbarkeit: in hohem Mass vorhersehbar
* Selbständigkeit: selbständige Ausführung
* Kreativität: teilweise neue Lösungswege
* Verantwortung: für konkrete Ausführung4
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3. Aufgaben und Funktion der Wundspezialistin
Diese werden im Einklang mit einem spezifischen Pflichtenheft/Funktions-
beschrieb für die Wundspezialistin festgelegt, welches mit dem Arbeitgeber,
auf der Basis der von der SAfW nachfolgend aufgeführten Empfehlungen,
ausgehandelt wird.
Die Wundspezialistin arbeitet in enger Zusammenarbeit mit der eigenen Di-
rektion, der Forschungsabteilung, den Wundspezialistinnen der Institution
und den bestehenden Netzwerken zusammen. Dabei ist sie in folgenden
Bereichen verantwortlich:
Pflege- und teambezogene Bereiche
* Begleiten der Patientin und/oder ihres Umfeldes während der
verschiedenen Phasen ihrer Erkrankung, beim Wiedererlangen ihrer
Autonomie oder beim Akzeptieren ihrer chronischen Problematik
* Durchführen von, oder Mithilfe bei Forschungsarbeiten
* Edukation von Patienten, ihrem Umfeld und der Bevölkerung
* Coaching des Behandlungsteams
* Koordinieren der Behandlung chronischer und akuter Wunden,
in Bezug auf die prophylaktischen und therapeutischen Prinzipien
* Weitergabe der eigenen Erfahrungen und des Wissens in
Lehrveranstaltungen oder in innerbetrieblichen oder
ausserbetrieblichen Weiter- und Fortbildungen
Obwohl diese Weiterbildungen naturgemäss nicht als auf dem gleichen Bil-
dungsniveau zu verstehen sind, handelt es sich um definierte und aner-
kannte Weiterbildungen, die zu einem vertieften Verständnis in der Wund-
versorgung führen. Allerdings reicht dieses Wissen alleine nicht aus, um eine
Expertise im praktischen beruflichen Alltag zu erreichen. Diese wird durch
die regelmässige Praxis und Reflexion im beruflichen Alltag erreicht.
Konkret heisst dies, dass von fundierten Kenntnissen ausgegangen werden
kann, wenn die Person während drei Jahren mindestens 20% praktische
Tätigkeit im klinischen Bereich Wundbehandlung tätig ist und sich kontinuier-
lich fortbildet.
Es wird ausdrücklich vermerkt, dass das alleinige Absolvieren von kurzen
punktuellen (auch wenn sie kumuliert werden und keine aufbauende Struk-
tur haben) Weiterbildungsveranstaltungen nicht zur Erlangung der Bezeich-
nung Wundspezialistin berechtigt. Hingegen sind solche Weiterbildungen
für den Erhalt der Kenntnisse unabdingbar (vgl. Punkt 4).
Da chronische Wundsituationen häufig in Zusammenhang mit chronischen
Erkrankungen stehen, können andere Weiterbildungen im Curriculum einer
Wundspezialistin vorteilhaft sein.
Zum Beispiel
* Stomatherapeutinnen
* Klinische Spezialistin (CNS, APN)
* Diabetesfachberaterin
* Onkologiepflege
* Lymphtherapeutin
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4. Kontinuierliche Fortbildung
Jede Spezialistin ist dafür verantwortlich, ihre Kenntnisse durch die Teilnah-
me an Kongressen und Weiterbildungen (mindestens 4 Tage à 5 bis 7 Stun-
den also 20 bis 28 Stunden pro Jahr) auf aktuellem Stand zu halten.
Hierfür stehen zur Verfügung
1. Nationale Kongresse wie SAfW (Zürich, Morges und Lugano respektive
gemeinsame Kongresse), ZWM Updates, etc.
2. Internationale Kongresse:
* European Wound Management Association (EWMA)
* World Union of Wound Healing Societies (WUWHS)
* Wund-DACH (Dachgesellschaft von AWA, ICW und SAfW)
* Jahreskongresse der Deutschen Wundfachgesellschaften
(ICW, DGfW)
* Jahreskongress der Österreichischen Wundfachgesellschaft (AWA)
* ZWM Update Kammerlander WFI
* Prévention, Education et Recherche en Soins d‘Escarres PERSE,
Société Française et Francophone des Plaies et Cicatrisations
SFFPC
* Andere Kongresse von Fachverbänden mit direkter (European
Pressure Ulcer Advisory Panel EPUAP, European Tissue Repair
Society ETRS, …) oder mit indirekter (European Council
of Enterostoma Therapists ECET, World Council of
Enterostoma Therapists WCET, …) Verbindung zur Wundheilung.
Diese Liste hat keine Ansprüche auf Vollständigkeit!
Institutions- und Öffentlichkeitsbereiche
* Erstellen und überprüfen der Behandlungspfade
* Evaluieren und verbessern der Präventionsschwerpunkte, der Behand-
lungsprotokolle, indem Normen und Standards entwickelt werden
* Durchführen von Produkte- und Materialevaluationen, um die
Bedürfnisse der Institution zu definieren
* Entwickeln von Qualitäts-, Forschung- und Epidemiologie-
(Prävalenz und Inzidenz) Projekten zum Thema Dekubitus und/oder
anderen Wunden
* Fördern einer Effizienz in Bezug auf die Qualität der Behandlungen
unter Berücksichtigung der Kosten
* Sicherstellen von Ausbildungsprogrammen, um eine Einheit in der
Verbreitung von Standards und aktuellem Wissen zu gewährleisten
* Stärken der Rolle der Wundspezialistin im interdisziplinären Team
durch aktive Mitgestaltung und Mitarbeit in den institutionellen
und nationalen Strategien
* An nationalen und/oder internationalen Aktivitäten teilnehmen, um
das Wissen und die Erfahrungen (Kongress, Seminare, …) zu teilen,
aufzufrischen und auszubauen
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Das Profil Wundspezialistin/Wundspezialist wurde erarbeitet
durch die Arbeitsgruppe Pflege der SAfW Sektion D-CH:
* Dr. Sebastian Probst, DClinPrac, RN
* Doris von Siebenthal, Pflegeexpertin APN
* Xavier Jordan, FMH Allg. Innere Medizin
* Patrick Bindschedler, Wundmanager zert. ZWM
* Maria Signer, Dipl. Wundexpertin SAfW, cand. MAS Wound Care
* Stefan Baum, Dipl. Wundexperte SAfW
* Elisabeth Kohler, Wundexpertin SAfW, cand. MAS Wound Care
Freies Mitglied der Arbeitsgruppe
* Sabine Egg-Luchsinger, Dipl. Pflegefachfrau HF und AZWM®
Dieses Dokument wurde verabschiedet von:
* Vorstand der SAfW Sektion D-CH
* Akademie ZWM® – Kammerlander WFI
* Der zu gründenden IG Wundpflege des SBK
Version 2014
Dieses Dokument wird alle 3 Jahre durch die Arbeitsgruppe Pflege der
SAfW Sektion D – CH überarbeitet. Bei essentiellen Rückmeldungen durch
die Mitglieder der SAfW auch früher.
Literatur
1. Posnett J, Gottrup F, Lundgren H, Saal G. The resource impact of
wounds on health-care providers in Europe. Journal of wound care.
2009;18(4):154-61.
2. Genet N, Boerma WG, Kringos DS, Bouman A, Francke AL,
Fagerstrom C, et al. Home care in Europe: a systematic literature review.
BMC health services research. 2011;11:207.
3. Bliss DZ, Westra BL, Savik K, Hou Y. Effectiveness of wound, ostomy
and continence-certified nurses on individual patient outcomes in
home health care. Journal of wound, ostomy, and continence nursing:
official publication of The Wound, Ostomy and Continence Nurses
Society / WOCN. 2013;40(2):135-42.
4. Eskes AM, Maaskant JM, Holloway S, van Dijk N, Alves P,
Legemate DA, et al. Competencies of specialised wound care nurses:
a European Delphi study. International wound journal. 2013.
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