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Bei der Reparatur zuschauen · Beton überhaupt entstehen.“ Frü-hestens in zwei bis drei Jahren kön-ne der selbstheilende Beton auf den Markt kommen. Laut Große wird er 1,2 bis

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ähnlich wie bei einer Straßenreini-gung (Abbildung 4).

Eine gewöhnliche Asphaltdecke hält etwa 15 bis 20 Jahre, bevor sie erneuert werden muss. Erik Schlangen von der TU Delft schätzt, dass sein Stahlwollen-Asphalt gut 30 Jahre schafft. In den Niederlanden ist seit dem Jahr 2010 ein 400 Meter langes Teil-stück der A58 nahe Vlissingen mit dem Induktionsasphalt ausgestat-tet. Erik Schlangen und sein Team berichten über die Erfahrungen in einem Internetblog.4)

Andere Versuche, Asphalt selbst-heilend zu machen, basieren auf Verbindungen, die das im Alter ausgehärtete Bitumen wieder ge-schmeidig machen. Solche Verjün-gungsagenzien bestehen aus katio-nischen Emulsionen, die öliges Malten enthalten, und sind bei-spielsweise unter den Markenna-men Reclamite, Paxole 1009 und Cyclepave auf dem Markt. Sie wer-den in Mikrokapseln eingeschlos-sen dem Asphalt zugegeben. Bei ei-nem Riss öffnen sich die Kapseln und geben die Verbindung frei. Diese heilt den Riss gemeinsam mit dem umgebenden Bitumen, das nun wieder flüssiger wird. Vielver-sprechende Kapselmaterialien sind

Präpolymere von Melamin-Formal-dehyd, die zuvor mit Methanol mo-difiziert wurden.3)

Bei der Reparatur zuschauen

b Selbstheilende Materialien zu entwickeln, ist eine Sache – aber man braucht auch zerstörungsfreie Methoden, um die Selbstheilung zu untersuchen. Solche Verfahren ent-wickelt Christian Große. Er horcht beispielsweise mit Schallsensoren in den Beton hinein (Abbildung 5). „Wenn Beton reißt, entstehen in

seinem Inneren Schallwellen, so ähnlich wie bei einem Miniaturerd-beben“, erklärt er.

Große erzeugt mit der Drei-punktbiegung – einem Standard-verfahren in der Werkstoffprüfung – an einem Betonblock kontrollier-te Risse und misst die entstehenden Schallwellen im Inneren. Dann wartet er die Selbstheilung ab und führt das Experiment erneut durch. War die Heilung nicht erfolgreich, gibt es kaum neue Schallwellen, da die Risse nach wie vor vorhanden sind. Sind sie geheilt, kommt es wieder zu Brüchen, allerdings an anderer Stelle. „Die Lokalisierung der Rissgeräusche zeigt uns also sehr deutlich, ob ein Heilmittel funktioniert“, sagt Große. Sogar das Brechen der polymergefüllten Mikrokapseln lässt sich damit er-horchen (Abbildung 6).

Die Schallemissionsanalyse ist al-lerdings nur fürs Labor geeignet, da der Riss bewusst herbeizuführen ist. Reale Bauteile vor Ort untersucht Große mit Ultraschall: Er schickt ihn in das Bauteil und fängt die Sig-nale an anderer Stelle wieder auf. Risse im Material behindern das Sig-nal, es benötigt mehr Zeit, um das Material zu durchdringen. So ziehen Große und sein Team Rückschlüsse auf den inneren Zustand des Bau-teils vor und nach der Heilung.

Auch Radar und Mikrowellen eignen sich für die Untersuchung. Diese Techniken detektieren be-

Abb. 4. Induktion repariert die Asphaltdecke. Grafik: TU Delft

Abb. 5. Wenn Beton reißt, erzeugt dies Schallwellen, die sich mit Sensoren messen lassen.

Foto: Werner Bachmeier, TU München

Nachrichten aus der Chemie| 64 | September 2016 | www.gdch.de/nachrichten

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sonders gut Feuchte und zeigen, wo ein Riss aufgegangen ist. Metal-lische Strukturen im Beton stören allerdings.

Raus auf die Straße

b Vielleicht schon Ende dieses Jahres, spätestens Mitte 2017 sei der selbstheilende Beton fertig ent-wickelt, sagt Christian Große. Dann gehe es in die Praxistests: Das Deutsche Institut für Bautechnik wird die neuen Materialien prüfen und über eine Zulassung entschei-den; das dauert ein bis zwei Jahre. Die Verarbeitbarkeit des Betons än-dert sich durch die zugefügten Hei-lungsmechanismen komplett, da-her muss, so sagt Große, die neue Betonrezeptur gut geprüft werden. Schließlich soll „das Haus nicht schon einstürzen, bevor Risse im Beton überhaupt entstehen.“ Frü-hestens in zwei bis drei Jahren kön-ne der selbstheilende Beton auf den Markt kommen. Laut Große wird er 1,2 bis 1,5 mal so teuer sein wie ge-wöhnlicher Beton.

Die Healcon-Forscher suchen jetzt nach einem passenden großen Testobjekt: Dieses soll teilweise mit dem neuen Beton entstehen. Der Teilabschnitt soll dann über die

kommenden Jahrzehnte kontinu-ierlich untersucht werden. „Nicht ich, aber andere können dann in 100 Jahren schauen, ob das Materi-al noch funktioniert“, sagt Große.

Für den Brennerbasistunnel sei-en sie zu spät dran, fügt er hinzu. Dieser Eisenbahntunnel entsteht gerade als österreichisch-italieni-sches Gemeinschaftsprojekt unter dem Brennerpass in den Alpen. Die Betonforscher hoffen nun auf einen Tunnelabschnitt des Fehmarnbelt-tunnels, der demnächst zwischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland entstehen soll.

Literatur

1) C. K. Edvardsen, „Wasserdurchlässigkeit

und Selbstheilung von Trennrissen in

Beton“, Deutscher Ausschuss für Stahl-

beton, Band 455, Hrsg.: Deutscher Aus-

schuss für Stahlbeton e.V. -DAfStb-,

Beuth-Verlag Berlin, 1996.

2) E. Tziviloglou, K. Van Tittelboom, D. Palin,

Adv. Polym. Sci. 2016, 1–41.

3) A. Tabakovic, E. Schlangen, Adv. Polym.

Sci. 2015, 1–22.

4) http://www.selfhealingasphalt.blog

spot.de/

Die promovierte Chemikerin Brigitte Osterath

ist Wissenschaftsjournalistin in Bonn.

www. writingscience.de

Abb. 6. Christian Große und sein Doktorand Manuel Raith (links) analysieren die Schallwel-

len, die beim Reißen von Beton entstehen. Foto: Werner Bachmeier, TU München

Nachrichten aus der Chemie| 64 | September 2016 | www.gdch.de/nachrichten

863BIndustrie & TechnikV

Sartorius kauft Bioanalytik

b Der Pharma- und Laborzuliefe-rer Sartorius kauft die in Albuquer-que, USA, angesiedelte Intellicyt für 90 Mio. US-Dollar. Der Ent-wickler einer Zellscreening-Platt-form beschäftigt 55 Mitarbeiter und setzte im vergangenen Jahr 13,4 Mio. US-Dollar um.

Zudem erwirbt Sartorius die auf Virenquantifizierung spezialisierte Virocyt. Das Start-up mit Sitz in Broomfield, USA, erwartet für das laufende Jahr 3 Mio. US-Dollar Umsatz. Sartorius übernimmt für etwa 16 Mio. US-Dollar.

Markus Seidl, Frankfurt am Main

Abrechnung Deepwater Horizon

b Die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im April 2010 kostete den britischen Energiekon-zern BP nach eigenen Angaben knapp 62 Mrd. US-Dollar. Steuerli-che Effekte reduzierten dies auf 44 Mrd. US-Dollar. Bei dem Unfall im Golf von Mexiko waren elf Menschen ums Leben gekommen. Eine Stahlglocke schloss das Leck erst nach 87 Tagen. 3,2 Mio. Barrel Öl waren ins Meer gelaufen und hatten mehr als 2000 Kilometer Küste verschmutzt. BP musste ho-he Strafen und Renaturierungs-Projekte bezahlen. CS

Substitution von Formaldehyd

b Das Zuger Biotechunternehmen AVA-CO2 hat ein Forschungspro-jekt gestartet, um Formaldehyd durch 5-Hydroxymethylfurfural (5-HMF) zu ersetzen. Das Unter-nehmen gewinnt 5-HMF durch chemische Dehydrierung von He-xosen. Die Schweizer Kommission für Technologie und Innovation unterstützt das Projekt finanziell. Die Substitution betrifft vor allem die holzverarbeitende Industrie, da dort Formaldehyd in Klebstoffen und Bindemitteln auftaucht [Nachr. Chem. 2016, 64, 417].

Helena Rimmer, Frankfurt am Main

Kurz notiert