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Beitrhge zur Anatomic des N. opticus. Von Dr. A. Vossius, Privatdoeont und Assistenzarzt d~r kSnigl. U~liversithits-Aug(~nklinik in KSnigsb~rg, Hierzu Tafet IIi. Eintrittsstelle der Centralgef~sse nnd Lage der= selben auf dem Quersehnitt des Sehnerven; Torsion des Opticus und Bulbus. insertion des Opticus am Bulbus. Die Anregung zu den Studien, deren Resultate ich in den folgenden Zeilen mittheilen will, erhielt ich bei Gelegenheit meiner Untersuchungen tiber den Verlauf der Maeulafasern in einem Fall von centralem Seotom, den ieh im 28. Bande, des Arehivs ver6ffentlicht habe, als ieh an die Eintrittsstelle der Centralgefi~sse kam. Ich fand bier bekannt~lich eine Formver~tnderung des atrophisehen Herdes: w~thrend derselbe vorher eiuen Keil darstellte, dessen Spitze an dem ~usseren Rande, dessert Basis in der Mitte des Querschnitts lag, hatte sich nach d~m Eintritt der Centralgefiisse das Verh~tltniss umgekehrt; die Basis des Keils lag nunmehr an dem lateralen Rande, die Spitze an der Stelle der Centralgef~sse. Dieser keilf0rmige Herd nahm den ganzen unteren i~usseren Quadranten des Quer-

Beiträge zur Anatomie des N. opticus

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Beitrhge zur Anatomic des N. opticus.

Von

Dr. A. Vossius, Privatdoeont und Assistenzarzt d~r kSnigl. U~liversithits-Aug(~nklinik

in KSnigsb~rg,

Hierzu Tafet IIi.

Ein t r i t t s s t e l l e der Cent ra lgef~sse nnd Lage der= selben auf dem Quersehni t t des Sehnerven; Torsion des Opticus und Bulbus . inser t ion des

Opticus am Bulbus.

Die Anregung zu den Studien, deren Resultate ich in den folgenden Zeilen mittheilen will, erhielt ich bei Gelegenheit meiner Untersuchungen tiber den Verlauf der Maeulafasern in einem Fall von centralem Seotom, den ieh im 28. Bande, des Arehivs ver6ffentlicht habe, als ieh an die Eintrittsstelle der Centralgefi~sse kam. Ich fand bier bekannt~lich eine Formver~tnderung des atrophisehen Herdes: w~thrend derselbe vorher eiuen Keil darstellte, dessen Spitze an dem ~usseren Rande, dessert Basis in der Mitte des Querschnitts lag, hatte sich nach d~m Eintritt der Centralgefiisse das Verh~tltniss umgekehrt; die Basis des Keils lag nunmehr an dem lateralen Rande, die Spitze an der Stelle der Centralgef~sse. Dieser keilf0rmige Herd nahm den ganzen unteren i~usseren Quadranten des Quer-

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schnit~s ein und behielt diese Lage bis zum Bulbus und durch den ganzen intrascleralen hbschnitt des Sehnerven. Sumelsohn (1) hatte in seinem Fall ithnliche Beob- achtungen gemaeht, gleiehfalls eine Formverttnderung des atrophisehen Herdes an Quersehnitten vet und hinter dem Eintritt der Netzhautgefiisse constatirt und daraus geschlossen, dass die Gefasse die vorher am Rande gelegenen Bfindel gewissermassen vor sieh herschieben, so dass sie sparer in der Mitte, die zuvor centralen Bfindel abet dem Rande des Querschnittes nigher zu liegen kfimen. Die Gruppirung der atrophischen Maculabfindel um die Centralgef~sse war in meinem Falle auch derartig, dass ieh mich dieser hnsehauung Samelsohn 's yon der Aufrollung der Nervenbfindel vollstiindig ansehliessen kann. Schon damals dri~ngte sich mir bei meinen mikroskopischen Untersuehungen tier ~ Gedanke auf, ob die Eintrittsstelle der Gefiisse nieht eine cons~ante sei und dadureh wie zur Lagebestimmung tier Maculafasern, so aueh fiber- haupt far die Besehreibung anderer pathologisch ver~n- derter Nervenbfindel und ffir deren Ortsbestimmung auf Querscbnit~en durch den Sehnerven verwendet werden k(/nnte, falls man nut Theile des Optieus zur Untersuchung bekommt, welche mit dem Bulbus ausser Zusammenhang sind und dadureh ihr wesentliehstes Merkmal fttr die Orientirung fiber ttussere, innere, obere oder untere Flttche eingebfisst haben. Diese Frage schien mir nun aber~ ab- gesehen yon dem praktischen Interesse far mikroskopisehe Zweeke, aueh noch yon wissenschaftlicher Bedeutung zu sein, wie ich weiterhin auseinandersetzen werde, so dass ich ihr naher zu treten wfinschte, um so mehr, als mir Herr Professor Leber damals, als ich meine Unter- suehungen bei ibm begann, keine Angaben fiber die Lage der Eintrittsstelle machen konnte, und eine Durehforschung der verschiedensten Lehrbfieher mir fiber diesen Punkt aueh keinen befriecligenden Aufschluss gewi~hrte.

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SSmmering (2) berichtet hinsichtlich tier Art. centralis retinae, dass sie entweder vom Stature der Augenarterie odor einer Ciliararterie odor veto untern Muskelast entspringe, bisweilen doppelt odor dreifaeh sei, dass die hauptsaehlichste ohngefiihr in der ~litte der L~nge des Sehnerven oder spiiter dutch die Seheide desselben in sein Mark trete und in seiner Axe weiter laufe. Von der Vene sagt er, dass sie sich, nachdem die Aestchen zu einem St~mmchen zusammengetreten, an die Centralarterie anlege und mit ihr schri~g dutch den Sehnerven yon innen nach aussen und yon vorn naeh hinten dringe und gew(ihnlieh in den zelligen Blutleiter, bisweilen in die Him- augenvene sich ergiesse.

M e c kel (3) driickt sich noch unbestimmter aus. Er giebt an, dass die Arterie einen versehiedenen Ursprung aus der Ophthalmica, Etbmoidalis posterior oder Lacrymalis resp. einem Muskelast haben kSnne, in den Sehnerv eindringe und in seiner Axe nach vorn laufe.

In dem Handbuch yon W e b e r - t t i l d e b r a n d t (4) heisst es, dass die Arterie aus der 0phthalmica, odor einem Ciliarast oder dem untern Muskelast entspringe, an die Scheide Aeste abgebend, schief vorw~rts in den Sehnerven bis in dessen Mitre eindringe und eben in demselben vorwiirts verlaufe. Von der Vene wird gesagt, dass sie nahe dem Bulbus in der Mitre des 0pticus liege, welter hinten aus der Mitre unter seine Scheide trete, an der 0berfli~ehe des Nerven eine Strecke fortlaufe und dureh die Fissura orbitalis superior in den Sinus cavernosus gelange.

Genauer bespricht I-Iusehke (5) in seiner Bearbeitung des Handbuchs yon S0mmering die Gefassverhaltnisse des Sehnerven. Nach ihm dringt die Art. central, retinae gewShn- lieh 1 Zoll yore Bulbus entfernt yon der u n t e r n Fl~ehe in den Opticus und liiuft nun in dessen Axe weiter. Die Central- vene begleitet die Arterie.

A r l t (6) giebt in seinem Lehrbueh an, die Centralarterie dringe 5--6 Linien hinter dem Bulbus yon der i n n e r e n SeRe in den Sehnerv.

Naeh L u s e h k a (7) durchbohrt dieser ,,dfinnste Zweig der 0phthalmica" die Soheiden des 0pticus am i~ussern Umfang bald naeh dera Eintritt des Nerven in die Augenh(ihle ohngef~hr 2 Cm. yore Bulbus entfernt, um in seiner Axe allein in einem Canal odor gemeinsam mit tier Vene seinen Verlauf zu nehmen.

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Henle (8) erwalmt nut, dass 15--20 Mm. vom Bulbus entfernt die 0,28 Mm. starke Art. centr, ret. in den Nerv ein- tritt und yon der entsprechenden Vene begleitet in der Axe des Opticus nach dem Bulbus zu verlauft, dass beide meist in einer yon lockerem Bindegewebe erfiillten gemeinsamen Spalte liegen, ausnahmsweise abet jedes Gefass yon einem besonderen Bindegewebsring umgeben ski. Ueber den Ort des Eintritts in den Sehnerv konnte ich keine directen Angaben finden, da- gegen ersah ich auf einer Abbildung, dass ein Gefgss, welches auf der obern Flgche des Nervenstammes verlauft und in der entspechenden Entfernung vom Bulbus endigt, als Art. centr. ret. bezeiebnet ist. Ich nehme daher an, dass t tenle hier die Eintrittsstelle gesehen haben will.

Nack Krause (9) durchbohrt die Art. centralis 0,3 Mm. dick die l a t e ra le oder untere Wand der Sehnervenscheide.

Bei H y r t l (10), Merkel (11), Meyer (12), Schwalbe (13), S te l lwag (14) finden sieh keine genaueren Angaben fiber die Eintrittsstelle der Gefiisse, ebenso habe ich in Leber 's (15) Abhandlung fiber die Circulations- und Ern~hrungsverh/~ltnisse des Anges keine andere Notiz als die Mittheilung gefunden, dass die Centralarterie gew0hnlich in derselben bindegewebigen Halle mit tier Yene innerhatb des Sehnerven verli~uft, nachdem sie in schrliger Richtung 15--20 Mm. vom Auge entfernt in den Nervenstamm eingedrungen ist.

Kuhn t (16) schliesslich beschrankt sich, ohne genau ,,auf die mannigfaehen Variationen des Orts des Eintritts sowohl der Arterie wit der Vene oder beider zusammen" einzugehen, auf die Angabe, dass sich die Arterie gew~hnlich etwas welter yen dem Auge entfernt als die Vent an den Sehnerv anlegt, selbst his zu 7 l~m. Abstand, class sich aber auch hi~ufig beide vereint in den Opticus einsenken, oder class in seltenen Fallen die Vene weiter vom Bulbus eintritt als die Arterie.

Aus dieser Uebersicht erhellt, dass die meisteu

Autoren die Eintrittsstelle der Centralgefasse in den Seh- ne~ven vollstandig unbeachtet gelassen, wenige andere aber ganz entgegengesetzte Angaben fiber dieselbe gemacht

haben. Ich uaternahm es daher diesen Punk~ einer genaueren Untersuehung zu unterwerfen. Herr Professor S e h w a l b e stellte mir zu dem Zwecke die Raume und das

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Material des anatomischen Instituts in liebenswfirdigster Weise zur Disposition; ich unterlasse es nicht, ihm bier- far aueh noeh an dieser Stelle besonders meinen Dank auszusprechen, desgleiehen Herrn Collegen Zander, dem Prosector des Instituts, der reich bet den Injectionen bereitwillig nnterstiitzte.

Ich ermittelte zun~chst an 4 Sehnerven, deren Gefasse ich yon der Carotis arts mit Carminleim injicirt hatte, in ihrem Zusammenhange mit Chiasma und Bulbus und in ihrer normalen Lage innerhalb der Orbita, deren Daeh ieh entfernt hatte, indem ich vorsichtig mit feiner Pinee~te and Zerzupfungsnade] das Orbitalfettzellgewebe fortnahm, makroskopisch die Eintrittsstelle der Centralgefltsse und controlirte diese Resulte weiterhin durch die mikro= skopische Untersuchung. Zu derselben pri~parirte ich mir jeden Sehnerv mit der zugeh6rigen Chiasmahlilfte, den umgebenden meningealen Ueberziigen, den Scheiden, der Carotis und Ophthalmiea, sowie den langen hinteren Ciliar= arterien his zum Bulbus heraus, hartete ihn in absolutem A]kohol und bettete ihn in Celloidin]Osung ein. Naehdem die Masse sehnittgerecht geworden, zerlegte ich die Optici vom Bulbus bis zum Chiasma in Serienschnitte; zur Orientirung dienten mir dabei die langen Ciliargef~sse und die ophthalmiea,, deren Verlauf ich mir zuvor notirt und genau gemerkt hatte. Auserdem untersuchte ieh noch seehs nicht injieirte Sehnerven auf die EintrittssteUe un(l fand meine Beobachtungen an den Injectionspr~paraten vollstandig best/~tigt, so dass ich wohl annehmen darf, dass meine Resultate allgemeine Giltigkeit beanspruehen- wenigstens mt~sste ein komiseher Zufall mitgespielt haben, wenn ich unter den ohne besondere Auswahl untersuchten Leiehen gerade die Ausnahmefiille getroffen h/itte. Die Gef~sse senkten sich in allen Praparaten am untern Umfang des Sehnerven in den Stature ein und zwar im untern aussern Quadranten. Die Stelle markirte sieh

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schon fiusserlich an dem Opticus dureh eine papillenartige Erhebung der Duralscheide. Die Arterie trat gewOhnlich vor tier Vene, also etwas welter vom Bulbus entfernt in den b~erv, nur einmal fand ich das umgekehrte Verhalt- hiss; im AUgemeinen senkten sich beide Gefi~sse unmittel- bar hinter einander ein. Auf der Oberfi~ehe des Nerven lag die Vene an der inneren Seite der Arterie. Auf dem Querschnitt markirte sich der die Gefasse ftihrende Binde- gewebsstrang sehon makroskopisch deutlich und verlief gew(ihnlich nicht in der Richtung eines langen geraden Radius des Kreises vom Rande zur Axe, sondern mehr in Form eines Bogens (Fig. 2) oder leicht S f0rmig gewunden (Fig. 3) im untern aussern Quadranten. Nur einmal fiel er beinahe mit dem untern Ende des verticalen Meridians zusammen (Fig. 1), lag abet immer noeh mehr im untern i~ussern Quadranten; gewCihnlich wurde der letztere duroh die Gefi~sse halbirt.*) Nahe dem Bulbus land ieh die Gefassquerschnitte durchschnittlich dicht an einander liegend in ein und demselben bindegewebigen Centralstrang eingeschlossen, die Vene zur iiusseren Seite der Ar~erie - - es hatto also eine Ueberkreuzung beider bei dem Eintritt stattgehabt, die sich auf den Serienschnitten deutlich nach- weisen liess. - - Nur einmal lag die Vene in einem be- sonderen Canal dutch mehrere Nervenbt~ndel yon der hrterie getrennt an ihrer ausseren Seite, und in diesem Fall traten die Gefiisse nieht gen,~u in derselben Richtung, aber beide im untern ~tussern Quadranten ein, die Arterie tier ttorizontalen etwas naher als die Vene. - - In Ueber- einstimmung mit Kuhnt land ich, dass die eindringenden Geffisse die ganze piale Scheide an der Eintrittsstelle vor sieh hersehieben.- Die Einsenkung erfolgte in einem nahezu rechten Winkel zum Li~ngsverlauf des Nerven, ebenso die Umbiegung in den axialen Bindegewebsstrang.

*) In den drei Figuren sind die beiden Yarianten des Ein- tritts dargestellt.

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Die Entfernung der Eintrittsstelle der Gefasse vom Aug- apfel schwankte in meinen Fallen zwischen 10 and 12 Mm. Fast alle Autoren (hrl t , Luschka, Henle, Leber, M erkel, Kuhnt) gaben einen gr~sseren kbstand an, 15--20 Mm., wahrend Schwalbe bereits beton~e, dass er diese Entfer- hung haufig viel geringer, einmal sogar nur 7 Mm. fand.

Eine vergleichende Untersuchung verschiedener S~tuge- thieraugen, bei denen bekanntlich die Gefiisse sehr haufig dicht am Bulbus in den Sehnerv eindringen und ihren Eintritt schon makroskopisch sehr deutlich kennzeichnen, konnte ich die Eintrittsstelle ebenfalls im untern aussern Quadranten constatiren, so beim Kalb, Hammel und bei der Ka~ze *), beim Kaninchen fast genau senkrecht yon unten nach der Mitre; in den folgenden Schematen be- deutet die Einbuchtung die Eintrittsstelle.

Um nun die Bedeutung der Lage der Eintrittsstelle im untern aussern Quadranteu ins rechte Licht stellen zu k(~nnen, muss ich auf die EntwickeIung tier Centralgefasse und die embryologische Bedeutung der Macula lutea zu- rlickkommen. Bekanntlich haben zuerst v. Baer und Huschke die Ansicht vertreten, class die Macula resp. Fovea centralis ein Rest der f0talen Augenspalte sei. Wenngleich auch sparer die meisten Autoren dieser hn- sicht beigetreten waren, so liess sich schwer mit derselben die Lage der Macula nach aussen yon dcm Sehnerv ver- einigen. Die Gegner stiitzten sieh denn auch hauptsitchlich auf diesen Punkt, der den embryologischen Ve~haltnissen, unter denen die f~tale Augenspalte unten und medial gelegen ist, keineswegs entspricht. Andere Forscher haben ausserdem noch das Fehlen des gelbea Flecks bei h[eugeborenen gegen jene Annahme ins Feld geflihrt. Manz (17) suchte zuerst diese Einwande zu entkraften und die Hypothese, dass die Fovea der Rest einer f0talen

*) Beim Schwein fand ich nachtr~glich dieselben Yerh~ltnisse.

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Lllcke in der Retina sei zur vollen Geltung zu bringen und bewies dieselbe besonders durch die anatomischen Eigenthl~mlichkeiten dieses Netzbautbezirks bei Erwachsenen, namentlich dutch die Verdiinnung, die uum(iglich in el- net schon vollkommen entwickelten Retina nachtri~glich entstehen oder auf einem Zurllckbleiben des Wachsthums

S c h e m a 1.*)

O ~ g

K a l b .

0 :@i H a m m e l .

@ K a t z e . K a n i n c h e n .

a - o - i - u aussen, oben, innen, unten. E Eintrittsstelle, S Scheide.

beruhen k~nnen, ferner durch den bogenfOrmigen Verlauf der Nervenfasern und Blutgefasse um die Macula herum. Die Annahme einer yon der i0talen hugeuspalte geson- derten L~cke iu der Retinaanlage wies Manz ebenfalls

*) Schema yon Kalb und Hammel sind aus Versehen vom S~tzer etwas zu sehr gedreht, der Spalt E, weleher die Eintri t ts- stelle darstellt, l iegt zu welt nach aussen; er miisste ohngefBhr dieseibe Lage haben wie im Schema yon der Katze.

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zurt~ck. Er stellt sich den weiteren Entwickelungsvorgang so vor, class aus dem vordern Abschnitt tier fStalen Augenspalte die Fovea sieh bilde, und dass dieser Theil ti~nger often bleibe, als der hintere, in welchen sich die Mesodermaanlage ffir die Centralgefiisse und den GlaskOrper einstt~lpe. Bei weiterem Waehsthum ziehen die Nerven- fasern nicht fiber den noeh offenen Spalt hinweg in die Retina, sondern umkreisen denselben. Diese Hypothese stt~tzte er dann noch weiter dutch den Fund einer naeh aussen yon dem Optieus zu verlaufenden Spalte bei einem menschlieben Embryo, die nicht mit kilnstlichen Brtichen der Retina zu verweehse]n war, w~hrend tier Opticusantheil tier f0talen Augenspalte bereits geschlossen war. Manz hielt demnaeh die alte Ansicht tiber die embryologische Bedeutung der Macula und Fovea centralis aufreeht. Auch KSl l i ke r (18) zeigt sich in seiliem Lehrbuch der Entwiekelungsgeschichte keineswegs abgeneigt dieser Annahme zu huldigen, spricbt abet die Sehwierigkeit die la~erale Lage der Fovea zu erklSren unumwunden aus, wenn nmn nich~ etwt~ zur Sttitze hierfiir eine Gesammtdrehung des Bulbus annehmen wolle, die noch nicht bewiesen sei.

Was nun diesen letzten 1)unkt anlangt, so beweist nleiner Ansicht nach die yon mir constant im untern 5ussern Quadranten geihndene Lage der Eintrittsstelle der Gefi~sse gegeniiber der beim Embryo unten innen beob- ~ehteten f6talen Augenspalte schon eo ipso zum mindesten eine Drehung des Sehnerven um seine L~ngsaxe im Ver- lauf tier Entwickelung, die meistens wenigstens einem Winkel von 900 entspricht und yon unten naeh aussen statthat. Ich untersuehte nun den Opticus in seinem Yerlauf yore Chiasma bis zum Bulbus darauf, ob sich etwa eine solche Torsion an ihm makroskopisch nachweisen lasse und zwar bei Embryonen, Neugeborenen, Erwachsenen und weiterhin auch vergleichend anatomisch bei denselben

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Siiugethieren, bei denen ich die Eintrittsstelle der Central- gefasse auf ihre Lage beobachtet hatte. Die menschlichen Embryonen, welche mir Herr Professor S c h w a l b e zur

Verft~gung stellte, waren aus dem 5., 6., und 8. Monat. Das OrbRaldach, welches in diesen Entwickelungsstadien mit einer Scheere leicht zu entfernen geht, wurde abge-

tragea und mit Pincette und Zerzupfungsnadel der ganze Verlauf des Opticus zur Anschauung gebracht. Das Or- bitalfettzellgewebe wurde wieder i~usserst schonend aus- einandergezogen, um eine kfinstliche Lageverfinderung des Sehnerven zu vermeiden. Der Opticus wurde bis zum

Chiasma bless gelegt und mR einem Zirkel in seiaer physiologischen Lage gemessen. Im Folgenden gebe ich eine Uebersieht fiber die an Embryonen gefundenen Resul- tate, die sich auf beide Sehnerven jedes Schadels beziehen.

No. 1. Menschlicher Embryo, hSchstens 1. Hiilfte des 5. Monats.

Liinge des Sehnerven vom vordern Winkel des Chiasma an . . . . . . . . 101/~ Mm.

Liinge des Sehnerven vom Chiasma bis Foramen optieum . . . . . . . . 21/~ ,,

Lange des Sehnerven veto For. opticum bis bulbus . . . . . . . . . . 8

Dicht hinter dem For. opt. ein flacher Bogen mit der Convexit•t naeh unten aussen und eine Andeutung yon Torsion yon unten nach aussen.

Lange der Orbitalaxe . . . . . . . 13 Mm. Der Antheil des Bulbus an derselben . 61/~ ,~ Der Antheil des Opticus an derselben . 61/~ ,,

Diese 6]/~ Mm. entspraehen einer wirkliehen Li~nge des Nerven yon 8 ~Im., die 11/~ •m. plus dem Bogen und der Drehung des Opticus. Die Bulbi stehen noch relativ sehr lateral.

No. 2. ~enschlicher Embryo, etwa 2. ttalfte des 5. Monats. Lange des Sehnerven vom vordern Winkel des Chiasma

1ll/~ Mm., Torsion yon unten nach aussen um die Li~ngsaxe 61/~ Mm. veto vordern Chiasmawinkel entfernt siehtbar.

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¥om Chiasma bis For. opticum . . . . 3 1Vim. Vom For. opticum bis zur Torsionsstelle . 31/2 ,, ¥on hier his zum Bulbus L~nge des Opticus 5 ,.

Abgesehen yon tier Torsion war noch ein flacher Bogen dicht hinter dem For. opt. nachweisbar mit tier Convexit~tt n,~ch unten aussen.

Die Lfinge der Orbitalaxe betrug 131/2 Mm. Antheil des Bulbus . . . . . . . . 61/2 ,, Antheil des Sehnerven . . . . . . . 7 ~y

Diesen 7 Mm. entspraeh eine wirkliche Lange yon 81/2 Mm. zu der Ausgleichnng der 1'/2 Mm. plns war jener Bogen und Torsion nothwendig.

No. 3. Embryo yon 6 Monaten. Lttnge des Sehnerven vom Chiasma bis Bulbus 12'/2 Mm.

Torsion desselben fast genau in der Mitre zwischen Chiasma und Bulbus yon unten nach aussen schr deutlich sichtbar. An der Stelle der Torsion beschrieb der Optieus gleichzeitig einen flaehen Bogen mit der Convexit~t nach aussen unten.

Vom Chiasma bis For. opticum . . . . 3 Mm. ¥on hier bis zum Bulbus . . . . . . 91/~ ,,

Drehnug ca. 11/2 I~[m. hinter deln For. optiaum in dot Orbita.

LSnge der Orbitalaxe . . . . . . . . 15 i~1m. Antheil des Bulbus . . . . . . . . 7 ,, Antheil des Sehnerven . . . . . . . 8

Den 11/.~ Mm. plus entspr~eh die Torsion und der Bogen.

No. 4. Embryo von 6 Monarch. L~tnge des Sehnerven veto Chiasma his zum Bulbus

13'/2 Mm. 5 Mm. hinter dem Chiasma Beginn eines flaehen Bogens uncl Torsion. Orbitalmasse wic zuvor. Veto Foramen opticum bis zum Bulbns betrug die L~inge des Sehnerven 10 Mm., dem Opticusantheil an der Orbit,~laxe yon 8 Mm. entsprach also ein plus yon 2 Mm. wirklicher L~nge, welches dureh einen Bogen und Torsion ausgegliehen wurde.

No. 5. Embryo yon 34 Woehen. L~nge des Sehnerven veto Chiasma bis

Bulbns . . . . . . . . . . . . 19 Mm. Li~nge des Sehnerven vom Chiasma his

For. opt. . . . . . . . . . . . 6 ,, v. G~raefe's Archly flir Ophthalmologle~ XXIX. 4. 9

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3 Mm. hinter dem For. opt. Torsion und Bogen nach unten aussen. LSngo der Orbitalaxe 19 Mm., Antheil des Bulbus 9 Mm., Antheil des Opticus 10 Mm., denen eine wirk- lithe L~nge yon 13 ~Im. entsprach, zu dem Ausgleieh des plus yon 3 Mm. machte er jenen Bogen und die Torsion.

No. 6. Nengeborenes. L~nge des Optieus vom Chiasma his Bulbus 22 Mm. Yore Chiasma bis For. opticnm . . . . 7 ,, 4 Mm. hinter dem ]~or. opt. Torsion nnd Bogen. Li~nge tier Orbitalaxe . . . . . . . 22 Mm. Antheil des Bulbus . . . . . • 11 , Antheil des Sohnerven . . . . . . . 11

denen 15 Mm. wirkliche Lange entspraehen. Eintrittsstelle der Centralgefgsse 5 Mm. yore Bulbus entfernt, im untern t~ussern Quadranten, raarkirte sieh 5usserlich schon darch einen kleinen Buckel tier Seheide.

Nachdem ich so yore 5. Monat an bet Embryonen einen Bogen und den Beginn einer Torsion des Sehnerven im orbitalen Abschnitte constatirt hatte, untersuchte ieh

mehrere Schi~del Erwachsener. Bet denselben land ich die Torsion erheblich deutlicher ausgesprochen und besonders schSn zu sehen an den Injectionsprfiparaten, bet denen

einzelne kleine Seheidengefasse die Drehung auf der Ober- fiache f0rmlieh vorzeichneten; sicher entsprieht dieser Torsion aueh der grosse Bogen, mit dem sieh die Art,.

ophthalmica yon der Unterflaehe um den lateralen Rand des Nerven auf dessert obere Fl~che schlggt. Ausser der Torsion war stets der yon allen fraheren Autoren beobach- tete Bogen in der Spitze der Orbitalpyramide mit tier Convexit'~t nach unten aussen ausgesprochen, der, wie schon

M e r k e l H e n l e gegenilber betont hat, keineswegs als Leichenerscheinung zu betrachten ist und dem Verlauf des Nerven die S-formige Gestalt giebt. Ich unterlasse es hier genaue Zahlenangaben tier Masse yon den verschie- denen Pri~paraten zu machen, die Torsion fiel immer mit

dem Beginn des Bogens zusammen, den der Opticus gleich

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nach seinem Eintritt in die Orbita beschreibt, und lag 22--24 mm vom Bulbus entfernt.

Auch bei S~ugethieren (Kalb, ttammel, Katze, Kaninehen) untersuchte ieh die Sehnerven auf diese Torsion und vermisste dieselbe in keinem tier yon mir beobaehteten Falle. Die Torsionsstelle liegt bier dem Bulbus be- deutend n~her als beim Mensehen; der Sehnerv besehreibt innerhulb der AugenhUhle mehrere B6gen and immer, ehe er sich zum Bulbus begiebt, neben dem letzten Bogen noch eine Torsion. Die BSgen und die Torsion kommen siehtlieh durch das Missverh~ltniss zwischen L~nge der Orbitalaxe und des Sehnerven zu 8tande. So betrug bei einem jungen Kalbe die Lange der Orbita 32 mm, der- selben gegeniiber stand eine L~nge des Sdmerven yon 50 ram, bei einem jungen Kaninehen betrug die Lange der Orbita 15 ram, davon entfielen auf den Bulbusantheil 91/2 ram, der Rest auf dmJ Opticus, der in Wirklichkeit 10 mm lang war. Bei einem Hammel land ieh eine Orbital- axe yon 49 mm L~tnge, der Bulbusantheil betrug 17 ram, die 32 mm Rest kamen anf eine wirkliehe L~inge des Seh- nerven yon 40 mm - - der Unterschied war hier nieht so bedeutend wie z.B. beim Kalb, deshalb anch die Zahl der BOgen geringer, eine Torsion aber 71/.., mm veto Bulbus entfernt. Bei einer Katze lag (tie Torsion 4 mm veto Augapfd ab, die Orbitalaxe mass 181/e ram, auf den Bul- busantheil kameu 10~/~ ram, die 8 ram. Rest entspraehen einer wirkliehen Nervenl'ange *) yon 12 ram.

Die an sieh sehon aus der ver~tnderten Lage der Ein- tri t tsstdle tier CentralgefCsse beim Erwachsenen gegen(iber dem Embryo gefolgerte Torsion des Optieus war sonaeh dutch meine Beobachtungen fiir den Mensehen und die versehiedenen Sfiugethiere noch direct erwiesen. Die Seh-

*) Unter wirklicher Nervenl~nge ist hierbei stets die Lgnge des orbitaten Sehnervenstttcks verstanden.

9*

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herren gehen also beim Menschen veto Chiasma aus als mehr oder minder platte Strange unter einem Winkel yon 45 Grad gegen die Mittellinie seitwarts veto Tfirkensattel schrag naeh vorn, aus- und aufwarts zum Canalis opticus, an ihrem unteren ausseren Umfang yon der Carotis interna begleitet; die letztere lieg~ in einer mehr oder minder tiefen Impression der ausseren Halfte der Unterflaehe des Nerven. In tier Mitre des intracraniellen Abschnitts be- ginnt die Arteria ophthalmica ebenfalls in einer flachen Furehe des Nervenstammes an dessen Unter- fiaehe zu verlaufen. Unmittelbar naeh dem Eintritt des Opticus in den kn(~ehernen Canal, der bekanntlieh erst beim Erwachsenen als eine ca 10 mm lange RUhre, beim Neugeborenea als ein einfaehes Loch existirt, verandert der Nerv seine Form entspreehend der des Canals. Wie letzterer allm~hlig an Breite ab-, an Htihe zunimmt, schliesslich sich nach vorn zu triehterfSrmig erweiternd, ein rundes Lumen zeigt, so wird auch der Sehnerv auf dem Qnerschnitt allm~hlig h~)her und verliert gleiehzeitig an Breite, bis er yon der Mitre des Canals an drehrund ist und einen Durchmesser yon 4 mm hat. ¥on der Mitte des Canalis opticus an geht er wie dieser schrag nach ab- warts, erhalt d.adurch eine leicht S-f(irmige Krilmmung und tritt dabei in die Augenh(ihle, dem geraden lateralen Augenmuske] ziemlich dieht anliegend, besehreibt einen fiachen Bogen naeh unten aussen und vor der Uebergangs- stelle veto hinteren zum mittleren Drittel seines erbitalen Abschnitts die oben besproehene Torsion, kommt dabei in die Mitte des Muskeltriehters, um nun in ziemlieh ge- fader Richtung naeh dem hinteren t)ol des Auges zu ziehen, we er sieh nach unten yon der medialen tti~lf~e des horizontalen und naeh innen veto unteren Ende des verticalen Meridians, also im unterea inneren Quadran¢en, inserirt. Bereits ia der vorderen Halfte des knSehernen Canals hat sich die Art. ophthalmica an den lateralen

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Umfang des Nerven gelegt, die Duralscheide durchbrochen und nach dem Eintritt des Opticus in die Augenh(ihle am dessen laterale Fliiehe nach dem oberen Umfang geschl~n- gelS, wo sie ihre Haul)taste abgiebt.

Interessante Resultate ergab die vergleichende ana~o- mische Untersuehung der Insertion des Optieus am Bulbus bei den oben genannten SSugethieren; ich theile dieselben bier mit, weil sie gelegentlich den Fachgenossen zur Orientirung gute Dienste leisten k(innen. Zuerst ist, so- welt mir bekannt, L e u c k a r t (19) nigher auf diesen ana- tomiseh- und physiologisch sehr interessanten Punkt ein- gegangen und hat hervorgehoben, dass ein eentraler Ein- tritt ausser bei Fisehen und einzelnen Sfiugethieren selten is~, dass die Insertionsstelle des Optieus vielmehr entweder naeh der medialen oder lateralen Seite versehoben ist. Beim Kalb, Hamme] und der Katze legt sich der Sehnerv vor seinem Eintritt in die Selera der ttinterflfiche des Bulbus dieht an und perforirt dieselbe unter einem naeh oben offenen, sehr spitzeu Winkel, beim Kaninehen ist der letztere ebenfalls sehr spitz, aber nach unten zu often. Was den Quadranten anlangt, in dam der Opticus in dc~l Augapfel eintritt, so ist dies beim Kaib und Hammel der untere ~ussere, beim Kalb liegt die Stelle ca. 4 mm nach unten vom horizontalen und ebenso weir nach aussen yore verticalen Meridian, beim tfammel ca. 7 mm nach unten vom horizontalen, 4 mm naeh aussen vom vertic.alen. Bei der Katze land ich die Insertion entspreehend Ganser (20) unten innen dicht neben dem vertiealen und 4 mm unter- halb des horizontalen Meridians. Beim Kaninchen dringt der 0ptieus dureh die Selera im oberen ~usseren Qua- dranten 3 mm oberhalb des horizontalen, 1 mm naeh aussen vom vertica]en Meridian. Wf~hr~nd bekanntlich beim Menschen die hinteren langen Ciliararterien zu jeder Seite des Optieus ziemlich genau horizontal in die Sclera eindringcn und in derselben Riehtung schrifg durch die-

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selbe weiter naeh vorn als dunkle Streifen ziehen und da- dutch ftir die Orientirung einen wesentlichen Anhalt bieten, ist die Verlaufsriehtung dieser Gefiisse und ihr Yerhiiltniss zum Sehnerv bei jenen Thieren etwas anders, kann aber aueh zur Bestimmung des horizontalen Meridians ver- werthet werden; sie liegen nun bei der Katze in letzterem,

Schema 2. o o

c.z. I. op

K a l b . H a m m e l .

O O

Katze. Kaninohen.

a - i - o - - u aussen, innen, oben, unten. op -- Opticus-Insertion, a.c. 1. -- Art. ciliaris post. long.

sonst unterhalb. Besser als jede Beschreibung schildern die in Rede stehenden Verhaltnisse obige schematische Zeichnungen der Hinterflache des Bnlbus dieser Thiere.

I~achdem ich bei Mensch und Thieren die Torsion des Sehnerven sicher erwiesen, suehte ich noch andere Anhaltspunkte daftir zu gewinnen, dass sich auch der

Bulbus an der Drehung betheilige. Far obige Thiere

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schien mir dieselbe durch die Lage der Gef'assspalte dicht am Bulbus sicher bewiesen und auch beim Menschen hielt ieh es nicht far wahrscheinlieh, dass sich die Drehung bloss auf den Nervenstamm bis an den Bulbus bin be- schri~nken sollte, zumal Nerv und Augapfel im embryo- nalen und spateren Leben so innig mit einander verbunden sind. Um abet auch far den Menscheu diese Frage noeh sicherer entscheiden zu k0nnen, untersuchte ich wieder die Lageverhiiltnisse des Bulbus bei Embryonen und leukte dabei racine Aufmerksamkeit natttrlich in erster Linie auf die Lage der Augenmuskeln, speeiell des Rectus superior. Ich faud denselben bei Embryonen im 5. und 6. Monat ganz unter der lateralen H~tlfte des Orbitaldaches, seinen medialen Rand mit dem latera]en des ziemlich genau in der Mitre des Orbitatdaches verhmfeltdeu Levator palpe- brae in naher Bertihrung. Beim Neugebornen liegt er bereits weiter nach der Mitre zu unter dem Levator und beim Erwachsenen finden wir ihn bekanntlich zielnlich genau in der Mitre, den medialen Rand des Levator nacb innen zu aberragend. Der Rectus supcric)r r~ickt demnach mit der Entwickelung des Embryo uud Neugeborenen entsprechend der Zun~hme der Torsion 'dlln~th]ig yon ausseu nach innen, schliesslich unter den Levator, um sich naeh innen yore vertiealen Meridian ,~m Bu]bus zu inseriren, wo wir ihn ja zur Teno~omie aufsuchen miissen. Diese Lagever- anderung des Rectus superior beweist also, dass sich der Bulbus in demselben Sinne wie tier Sehnerv dreht.

Dass die Mnskcln bei Embryonen im Verlauf ihrer Entwicklung ihre Lage weehseln, wie ich es hier beim Rectus superior beobacbtet habe, ist yon KOlliker an mchreren BeispMen gezeigt; ich erw'~hne yon denselbeu bier nur, class nach seiner Besehreibm~g die hinteren vertebralen Muskeln, so lunge die WirbelbiSgen sich noch nicht geschlossen haben, weiter yon der Mittellinie ab- liogen und dieselbe bei menschlichen Embryonen erst im

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3. resp. 4. Mortar erreichen, dass die visceralen Bauch- und Brustmuskeln im hnfange tier Entwiekelung ganz seitlich und erst mit dem Schluss der RippenbSgen nach der Vorderfl~tche der Baueh- resp. Brusthiihle rficken.

Wenn ieh nun noeh einen Erklarungsversuch ftlr diese Drehung des Opticus und Bulbus zu geben gedenke, muss ieh, da die Torsion des Sehnerven unmittelbar nach seinem Eintritt in die Orbita stattfindet, zuniiehst aueh auf die Verhi~ltnisse tier letzteren selbst recurriren. In erster Linie giebt uns wieder die Entwickehngsge- sehichte einige Aufschltisse. Bekanntlieh befindet sieh die Anlage der Augen an der Hirnblase ganz seitlieh, unter einem reohten Winkel zur Sagittalebene des Embryo. Im weiteren Wachsthum rtiekt die Augenblase immer mehr nach vorn; ihr Stil muss dabei natfirlieh einen Bogen besehreiben. Zu dieser Verschiebung der hugen- blase trligt besonders die Entwiekelung der seitliehen AugenhOhlenwand aus der Ala magna des Keilbeins bei. Diese Verhaltnisse sind sehr gut ersichtlich an KOlliker's Fig. 266 S. 435.

Zweitens ist das Missverhaltniss zwisehen Lange der Orbitalaxe und wirklicher Lange des orbitalen Sehnerven- absehnitts zu bedicksiehtigen. Der Bulbus ist naeh vorn dureh die Lider fixirt und kann beim Liingenwaehsthum des Sehnerven nicht weiter vorwarts rfieken. Der Optieus wird deshalb, ~hnlich wie ich es s. Z. zur Erkliirung der spiraligen Drehungen tier langen Faserzellen in meinen Myxosarkomeu angenommen habe, eine Drehung um seine Liingsaxe machen miissen, an der sich der Bulbus bei seinem innigen Zusammenhang mit dem Nerv bethefligen muss. Die Torsion des letzteren finder dann natlirlich ausserhalb des Canalis opticus, in dem er fixirt ist, start und bier wieder unmittelbar nach dem Eintritt in die Orbita. Je grosset das Missverhiiltniss zwisehen Lange des Opticus und seinem Antheil an der Orbital-

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axe ist, um so ausgiebiger wird die Torsion, um so gr~isser die Zahl tier B6gen sein, die er beschreiben muss. Das gr~sste Missverh~ltniss in diesem Sinne bestand unter meinen Untersuchungsthieren beim Kalbe; daher zeigte hier der Sehnerv 3 - -4 B6gen und eine starke T o r s i o n - am kleinsten war es bei tier Katze, wo dem entsprechend in der Orbita nut ein flacher Bogen ausser der Torsion des Nerven bestand. In der Mitre steht der erwachsene Mensch; bei ihm ist das Missverh~ltniss wieder gr6sser als beim F~itus und Neugeborenen, deshalb ist der S-f6rmige Verlauf und die Torsion bei ihm auch stt~rker ausgesprochen, beim Embryo nur angedeutet.

II.

Die Gef~sse des Sehnervens tammes nebs~ Bemer- kungen aber die re t robulbhre Neuritis.

Die Angaben aber die Ern~hrungsverh~ltnisse des N. optieus speciell in seinem hintern Abschnitt sind bis- her in den Lehrbfichern nut ganz aUgemein gehalten; die fr~lheren Autoren erwahnen dieselben entweder gar nicht oder beschranken sich nur auf die Mittheilung, dass der intracranielle Theil yon den pialen Geg~ssen resp. der Art. corporis callosi versorg~ werde. L eber's epochemachenden Arbeiten verdanken wir wie abet die Ern~hrungs- und Circulationsverh';~ltnisse des Auges im Allgemeinen, so auch aber die Gei'fissversorgung des Sehnerven ~m Speciellen, grSssere Klarhei~ und Genauigkeit. Seinen Untersuchungen nach bilden die Gef~sse des pialen Ueber- zugs im intracraniellen Abschnitt des Opticus auf dessen Oberfl~che ein Gef~ssnetz, yon dem aus zablreiche Zweigchen in den Nerveustamm abgehen. Der intra- orbitale Theil des Nerven wird ebenfalls yon den Gef~ssen der Scheiden aus versorgt, die aus der Olohthalmica und deren Aesten stammen. Dieses oberfi~chliche Gefhssnetz

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anastomosirt mit dem des intracraniellen Theils im Canalis opticus. Von dem Eintritt der Centralgefitsse an betheiligen sich auch letztere an der Ern'Shmng des Seh- nerven, geben aber im Verh~ltniss zu den Scheidengef~tssen nur wenig Aeste fitr den Stature ab. Nach Leber und Schwalbe finden sich ferner an der Umbiegungsstelle der Art. und V. centralis in dem centralen Bindegewebs- strang neben den grossen Querschnitten dieser Haupt- geffisse sehr h'~ufig noeh Durchschnitte kleinerer Aeste, die ira Centralcanal vorw:~rts verlaufen und vor dem Eintritt des Nerven in die Sclera ihr Ende erreiehen.

Im Sommer 1881 kamen auf dem Heidelberger Oph- thalmologencongress (21) bet Gelegenheit tines Vortrags yon Berlin ttber 1 Fall yon Verletzung des Sehnerven bet Fractur des Canalis opticus die Gefi~ssverh~ltnisse des Nerven zur Sprache. K u h n t berichtete in der an den Vortrag sich anschliessenden Discussion, dass er inner- halb des Canalis opticus mehrfach auf Querschnitten das Lumen einer grSsseren Vene angetroffen, die dutch Con- fluiren zahlreicher Aestchen des intracraniellen Theils des Nerven, sobald er in den kn(~chernen Canal eintritt, her- vorgehe, fast genau in der Axe des Nerven verlaufe, am en~gegengesetzten orbitalen Ende des Canals zum Rande des Sehnerven biege und nun in eine grSssere Vene der pialen Scheide sich ergiesse. Gelegentlich set die Verlaufs- richtung und Anordnung der Velle, far clie er den Namen Vena centralis posterior vorschlug, umgekehrt; sie sammele sich dann aus Aestcben des orbitalen Abschnitts und verlasse erst intra cranium den Nervenstamm. hn weiteren Verlauf der Debatte, an der sich in erster Linie Becker betheiligte, wurden yon demselben diese Angaben Kuhnt ' s fiber wiederholt gefundene gr(issere Gefassquerschnitte in dem hinter der Eintrittsstelle der Centralgefasse gelegenen Stfick des Sehnerven besti~tigt; fiber die tterkunft dieser Gefi~sse hatte Becket in der

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Literatur keine Notizen finden k6nnen. Er stellte deshalb die Untersuchung und Besehreibung der Gefasse des intra- canalicul~ren und intraeraniellen Abschnitts des Sehnerven an Injectionspraparaten als eine zu l~sende Aufgabe hin. Samelsohn schloss sieh seinen Ausfahrungen an und betonte namentlich die Wiehtigkeit der Gef'~sse far die retrobulbare Neuritis.

An meinen wohlgelungenen Injeetionspraparaten hoffte ich etwas zur L0sung dieser Aufgabe beitragen zu kSnnen; die arteriellen Gefasse des Hirns und seiner Haute, sowie des Sehnerven und seiner Scheiden waren his in die haarfeinsten Aestehen hinein mit der Carminleimmasse injicirt und die Venen zeigten sieh in ihren gr~beren und feineren Verzweigungen sehr stark mit Blur erfiillt und waren dadureh als fief dunkelblaue Linien yon den hellrosa Arterien vollstandig zu trennen. Die makroskopische und mikroskopische Untersuchung meiner 4 Pr~parate ergab folgende iibereinstimmenden Resultate:

a) In t r ac ran ie l l e r Abschn i t t des Sehnerven.

Ueber seine obere F15ehe zieht yon dem ~ussern zum innem Rande die Art. corp. callosi als strohhalmdicker Ast tier carotis interna, welch' letztere an dem later:alert Rande des Optiousstammes neben dem Sinus eavernosus verl~uft. Von der Unterfl~ehe der Art. corp. call. dringt schr~g in den Nerv dicht vet dora Chiasma ziemlich genau in der Mitte der obern Fl~che ein Ast ein, den ich bereits in meiner Arbeit t~ber das centrale Scotom (cfr. Fig. 7 jener Abbildungen) gezeiehnet habe; derselbe ver- breitet sich in tier Mitre des Querschnitts in den hier noeh sp~rliohen, fiieherfOrmig sioh ver~s~elnden Forts~tzen tier Pin. An der Stelle, we die Art. corp call in tier HOhe des innern Sehnervenrandes nach oben in den Sulcus longitudinalis des Grosshirns umsehl~gt, giebt sic einen st~rkeren Ast ab, der sieh in ein diehtes Gef~ssnetz

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auflSst, welches auf der medialen und oberen Flfi~che des Opticus die piale Seheide durchzieht und mehrere feinere, fast capillfire Aestchen in die Substanz des Nerven ent- sender. Einzelne kleinere Aeste versorgen auch den medialen Abschnitt der Unterfiliche des Nerven, wahrend der laterale Theil der letzteren sein arterielles Blur dutch ein feines, direct aus der Carotis stammendes Aestchen erhi~lt; dieses letztere dringt an tier i~usseren, das der Art. corp. caHosi in seiner netzf0rmigen Ausbreitung an der inneren Seite des Nerven in den Canalis opticus, wi~hrend sich auf tier 0berfli~ehe des Nerven in dessen Mitre nur ein feiner Ast bis zum knSchernen Canal verbreitete und vorher endete. Auf der Unterfiaehe liegt die Ophthalmica, welche ohngefi~hr in tier Mitre des intraeraniellen hbschnitts vonder Carotis abgeht und als ein 2 )/Ira. im Lumen haltendes Gefi~ss in einer flachen Impression des hierven nach dem Canalis opticus zu verli~uft. Abgesehen yon feineren Veneni~stchen tier Pialscheide, die regellos in derselben sieh verbeiteten, zeichnet sich ein grOsseres dutch seine constante Lage aus; es kommt yon unten aussen aus dem Foramen opticum, verlauft welter am lateralen Umfang des Nerven und senkt sieh dicht neben tier Carotis in den.Sinus cavernosus. Ein anderes kleineres Aestehen zog yon dem innern Umfang in das loeke~e Zellgewebe, welches sich zwischen beiden Sehnerven vor dem Chiasma befindet und seine arterielle Blutzufuhr aus der Art. corp. call. erh~tlt.

Um nun noch auf die biudegewebigen Septen in dem intracraniellen Abschnitt des Nervenstammes mi~ wenigen Worteu einzugehen, so finden sieh dieselben auf dem fast rechteckigen Querschnitt in ihren ersten Anfiingen dicht vor dem Chiasma,als mehr f~eherartige Ausbreitungen vereinzelter Piaforts~tze; sie sind re]ativ sp~rlich, verhalt- nissmassig breit und bilden ein ganz unregelm~tssiges Netzwerk mit theils eckigen, ~heils querovalen Maschen-

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r~tumen, die sich weiter abwarts vermehren, an Grusse verringern. Das Verhaltniss tier Septen in der Mitte des intraeranielien Abschnitts schildert die sehr naturgetreue Abbfldung Fig. 7. Man sieht noch relativ grosse und wenige Balkennetze, die bereits eine gewisse Regelmassigkeit, zu zeigen anfangen, breiter als hoeh sin4 entsprechend dem ganzen Bilde des Querschnitts. In den 8eptenzt~gen ver- breiteten sich meist feinere Gef~sse resp. Capillaren nfit soleher Regelm~ssigkeit, wie es im Orbital-Abschnitt der Fall ist, wo die Septen nach L e b e r's Aussprueh gewisser- massen Abdrt~cke des Capillarnetzes darstellen. Der intracranielle Abschnitt des Sehnerven ist demnaeh blut- ~rmer.

b) In t racana l i cu lSre r Theil des Sehnerven.

Je usher die Quersehnitte dem For. opticum liegen, mn so reiehlicher wird die Zahl der Maschenr'aume und Nerven- btlndel, um so regelmSssiger die Form und Anordnung der Querschnitte dieser Btindel. Am oberen Umfang des Nervenstammes, dessen Seheiden hier innerhalb des knOchernen Canals fest verwachsen sind und bedeutend sehm~tler wie am tibrigen Umfang des Querschnitts, be- finden sich keine gr6sseren Seheidengef~tsse, nut vereinzelte eapill~re Aeste, die yon den Seiten ringfUrmig hinaufreiehen; am unteren Umfang und zu den Seiten hingegen sind sehon im Anfang des Canalis opticus mehrere grUssere Seheiden~ste thetis im Quersehnitte, theils iln L~tngsschnitt getroffen, die Aestchen in die 8ubstanz des Nervenstammes hinein abgeben. Nach tier Mitre des Canals zu vermehrt sich die Zahl tier Scheiden~ste, die bereits ein relaLiv grosses Lumen haben und s~mmtlich Aeste der Ophthal- mica oder tier grUsseren Muskel~ste far den Rectus medialis und lateralis darstellen. Solche Scheidenaste babe ieh auf Fig. 5 abgebildet; sic kamen direct aus der Ophthal- mica, liessen sich dutch die nach tier Mitre des Canals

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zu verlaufenden Serienschnitte mit grosser Regelmiissig- keit verfolgen, traten schliesslich in grossem Bogen in die piale Seheide und umgaben dann am unteren Umfang jederseits die eigenfliehe Nervenmasse, in welehe sie 3--4 grSssere Gefassehen abgaben. Andere stammten yon den Aesten far die genannten Muske]n ab, deren sehniger Ur- sprung im Canal. opticus mit grosser Deutlichkeit kenntlieh ist und zur Verdiekung der Seheidenmasse, speciell der Duralseheide wesentlich beitri~gt. Die Zahl der kleineren vagina]en Gefi~sschen wurde, wie gesagt, yon der Mitre des Canals an erheblieh gr0sser, der iNerv selbst zeigte sich bier auch bedeutend gef~ssreicher, als in den frtiheren Abschnitten, und innerhalb seiner Septen fanden sich regelmi~ssig mehr. oder minder capillare Gebflde. Die Zahl und Anordnung der Septen, die auf Fig. 4, 5, 6 ersiehtlich ist, zeigte keinen wesentlichen Untersehied gegen~iber den Querschnittsbildern des Nerven weiter naeh dem Bulbus zu. Die Zahl der Scheidengefi~sse betrug 6--8, ihre Hauptstamme lagen in der Nahe der O2hthalmica am unteren resp. seitlichen Umfange. - - Gr0ssere venSse Scheidengeflisse waren an Zahl erheblich geringer, ich sub deren h(~chstens 4--5. D~hingegen fund ieh ganz im An- fang des Canalis opticus bereits auf den ersten Sehnitten das Lumen einer gr(Isseren Vene, die zie~nlich genau cen- tral lag und an der unteren Fli~che des Nerven gerade dort, wo sich der Quersehnitt der Ophthalmica in der Duralscheide befindet, den Nerven, begleitet yon einem relativ breiten Bindegewebszug, einer Fortsetzung der Pia, verliess, sich um den iiusseren Rand des Stammes herumschlug und ohngefahr dort, wo die Ophthalmica yon der Carotis abging, sieh in den sinus cavernosus ergdss. Es ist dies dieselbe Vene, die ich in der Pialseheide des intracraniellea Abschnitts am iiusseren Umfange des Nerven bereits oben beschrieben babe. Diese yon Kuhn t zuerst erw'~hnte Vena centralis posterior war in allen meinen

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Pr~paraten und immer an derselben Ste]le des Nerven vorhanden, verliess den letzteren auch stets an dem gleichen Orte, sic zeigte aber nicht immer die gleiehe GrSsse ihres Lumens. Dasselbe bering in meinen Figuren 4, 5, 6 1/s ram im Dm'ehmesser, entsprach beinahe dem der vor- deren Centralvene. Die Vene entstand dutch Confluiren namentlieh yon 2 grSsseren Aestehen, die ohngef~hr den Brennpunkten des elliptischeu Quersehnittes hinsiehtlieh ihrer Lage entspraehen und aus dem orbitalen Theil des Sehnerven ihr Blur sammelten; vereinzel~e kleinere Aestchen des intrueraniellen Absehnitts ergossen abet auch ihr Blnt in diese hintere Centralvene.

In dem vorderen triehterf~rmigen Theile des Canalis options nimmt der Nerv seine drehrunde Gestalt an. Form, Zahl und Anordnung der Septen bleiben nunmehr his zmn Bulbus bin unver~tndert, ebenso die Dieke der Scheiden, aus deren Gefftssen, die theils Aeste der Ophthal- mica, theils der Muskel- and Ciliararterien sind, sich in unregelln:&sigen Intervallen ldeine Zweige in den Nerien- stature einsenken und inncrhalb tier Sepgen verbreiten.

Zu der GeNssbesehreibung des Opticus in der Orbita, wie sic Leber und Sehwalbe gegeben haben, kann ich nur wenig hinzuf~igen. Unerw'~hnt fand ieh in beiden Ab- handhmgen, ebenso bei I(uhnt, dass sowohl yon der Arteria wie Vena centralis retinae an ihrer Umbiegungs- stelle in die Axe des Nerven je ein relativ grosset Ast abgeht, der sick naeh r~iekwfirts zu in dem hinteren Absehnitt des Sehnerven verbreitet, fast genau central auf den Quersehnitten liegt, sich weiterhin dichotomisch theilt, e h e e r sieh ill Capillaren aufl6st und ein Lumen hat, welches dem jener Aeste der Centralgef~sse gleieht, welche 8chwalbe und Lebe r far den vorderen: dem Bulbus zugekehrten Absehnitt in dem centralen Bindegewebsstrang neben den Hauptgef'Sssen beschrieben, resp. abgebildet haben. ,]ene rfiekwgrts verlaufenden Aeste versorgen also

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den hinteren Abschnitt des orbitalen Optieusstammes bis ohngefahr zum Foramen optieum; die Arterie war auf 17, die Vene auf 25 Sehnitten yon der Eintrittsstelle der Centralgef~sse an mit einem injieirten Lumen nacb- weisbar.

Nach dieser etwas genaueren Schilderung der Circu- lations- und Erni~hrungsverhaltnisse des N. opticus in seiner ganzen Ausdehnung veto Chiasma bis zum Bulbus will ich noeh einige Bemerkungen an den intraeanalicu- li~ren Abschnitt des Nerven anknfipfen, die sich besonders auf die Wichtigkeit der yon mir hier beobaehteten ana- tomischen Ver~nderungen ftir die retrobulbiire Neuritis be- ziehen. Die ehronische Form derselben, die sich nament= lich unter dem Einfluss yon verschiedeneu Intoxications- mitteln, wie Tabak und Alkohol, aber aucb ohne diese auf rheumatischer Basis entwickelt, setzt, wie zuerst Leber ausspraeh und weiterhin durch anatomische Unter- suchungen bestatigt ist, in der Gegend des Canalis Opti- cus ein und fahrt bier, so in den Fiillen yon Samelsohn und mir, zu einer Atrophie der centralen Partien des Quersehnitts, in denen die Maeulafasern gelegen sind. Die gleiehzeitige Erkrankung beider Sehnerven an dieser Stelle hatte bisher etwas Befremdendes, doch liess sich yon vornherein vermuthen, dass dies kein Spiel des Zufalls sei, sondern seinen Grund in den anatomischen Verhlilt- nissen des Sehnerven in dieser Region babe. Abgesehen davon, dass der Nerv hier erst seine normale run@ Form annimmt, einen gr0sseren Reichthum yon Gefassen nicht nut in seinen Scheiden, sondern aueh in seiner Substanz zeigt, die an der Unterflache gelegen sind und yon bier in den Nerv eindringen, ferner eine sti~rkere interstitielle Bindegewebsentwiekelung und eine besondere Centralvene, die in einem breiten Bindegewebsstrang an die untere Flache des Nerven heraustritt, wird zur Erklaruug dieser gleichzeitigen Affection beider Stiimme die Nahe derselben

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in dieser Oegend zu bert~cksichtigen sein - - ihr Abstand betr~gt an der intracraniellen Oeffnung des Canals kamn 1 C m . - ferner ihre innige Verbindung durch den Dural- iiberzug, welcher vom einen Canal direct zum andern hin- t~berl~uft, und die Ausfallung des zwischen beiden bTerven gelegenen hier sehr schmalen Raumes dutch ziemlich lockeres, den Meningen entstammendes Gewebe, welches ffir die Weiterverbreitung einer Entzandung yon einem Opticus auf den andern, an der Sch~del~ffnung des Canals ~usserst ganstig ist, ohne dass tier Process dutch den ganzen intraeraniellen Abschnitt bis art's Chiasma zu propa- giren braucht.

Die hintere Centralvene wird schliesslich, wie schon Berlin hervorgehoben hat, die gelegentlich bei Fracturen des Canalis opticus in dem Nervenstamm beobachteten Blutungen erkl~ren, yon denen v. HOlder und Demme ein Beispiel ver6ffentlicht haben.

Zum Schluss rage ich noch eine kurze Uebersicht der Resultate meiner Studien aber den N. opticus an.

1. Die Eintrittsstelle der Centralgefasse in den Seh- nerven liegt 10--12 Mm. yore Bulbus entfernt am untern Umfang desselben, in dessert uaterem ~'msseren Quadranten. Dieses eonstante Verhalten der Eintrittsstelle der Central- gel%sse kann uns bei den sonst mannigfachen Variationen innerhalb des Oef~ssapparates nicht Wunder nehmen, zumal beim Embryo die f(~tale Augenspalte immer unten gelegen ist und auch bei andern Organen die ernfihrenden Gef~tsse an ein und derselben Stelle eiutreten, so bei Leber, Milz und Niere, selbst bei vielen langen R6hrenknochen.

2. Bei gewissen Thieren (Hammel, Kalb, Katze, Sehwein, Kaninchen) senken sich die Centralgef~sse eben- falls am untern Umfang in den hTerv und zwar mehr in der ~usseren Hfilfte.

3. Es hat also eine Lagever~tnderung der Eintritts- stelle gegent~ber den Verh~ltnissen beim Embryo sLatt-

v, Graefe~s Archly ffir Ophthalmologle, XXIX. 4. 10

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gefunden, bei dem naeh den iibereinstimmenden Angaben der Autoren (Lieberkahn, Arnold, Kessler , K(illiker) die ft~tale Augenspalte unten innen gelegen ist. Die Drehung des Sehnerven, dutch welche dieser Wechsel tier Lage her- beigefahrt ist, entspricht wenigstens einem Winkel yon 90 o

4. Diese Lageveranderung der Gefi~sse ist insbesondere eine wichtige Statze fiir die alte, neuerdings wieder yon Man z vertre~ene Ansicht, dass die Macula ein Rest der f6talen Augenspalte sei, und beseitigt die einzige Schwierig- keit, namlich die laterale Lage der Macula, welche bisher mit dieser Annahme nicht ganz zu vereinigen war.

5. Ausser dem Sehnerv macht auch der Bulbus eine Drehung, die ihrerseits noch besonders am Rectus superior nac, hweisbar ist, welcher beim Embryo lateral, beim Er- waehsenen mehr unter der Mitre des Orbitaldaehes gelegen ist. Ursaehe tier Torsion ist die Versebiebung tier Augen- blase yon der Seite naeh vorn in die Parallelsteilung der Augenaxe, ausserdem das Missverhaltniss zwisehen Langen- wachsthum des Sehnerven und dem Antheil, der auf ihn an der Li~nge der Orbitalaxe kommt. Bei Rackwi~rtsdrehung des Opticus kommt die Macula und Gei~asseintrittsstelle wieder in ihre fOtale Lage, d. h. nach unten innen.

"6. Wi~hrend beim Menschen die Insertion des Opticus am hinteren Pol des Bulbus in dessen unterem inneren Quadranten stattfindet und die hinteren langen Ciliar- arterien ziemlich genau im horizontalen Meridian verlaufen, inserirt sich der Sehnerv bei den obengenannten Si~uge- thieren ausser bei tier Katze naeh aussen yore verticalen Meridian, bei letzterer naeh i n n e n - bei Kalb, Katze, Schwein und Itammel unterhalb der Horizontalebene des Bulbus, beim Kanincben oberhalb. Bei tier Katze liegen die hinteren langen Ciliararterien im horizontalen Meridian, bei den anderen Thieren unterhalb desselben.

7. Der Nerv erhi~lt im intmcraniellen Abschnitt seine arteriellen Gefasse haupts~tchlich aus tier Art. corporis

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callosi. Im Canalis opticus eniwickelt sich ein besonderer Gefiiss- und interstitieller Bindegewebsreichthum. Die arteriellen Gefasse enstammen der Ophthalmica resp. deren Muskeli~sten; ihre Stamme liegen auf der Unterfiiiehe des hlerven. Das ven(ise Blur ffihrt die Vena centralis posterior in den Sinus cavernosus, sie verlasst den Nerv dicht am Eintritt desselben in den Canalis optieus.

8. An der Erni~hrung des hinteren orbitalen Abschnitts des Nerven nimlnt die Art. centralis retinae mit einem ziemlich grossen rackl'~ufigen Aste Theil, derselbe wird begleitet yon einem Venenaste, welcher sich in die Vena centralis retinae ergiesst.

9. Die Circulations- und Erni~hrungsverhiiltnisse des Nerven im Canalis opticus, der hier sich erst entwickelnde Septenreichthum, die Niihe der Nervenst~tmme und ihre Verbindung dutch das lockere meningeale Ze]lgewebe be- gihlstigen das Zustandekommen einer Entzfindung an dieser Stelle, einer retrobulbfiren Neuritis, die sich in beiden Nervenst~mmen gleichzeitig resp. sehnell hinter einander etabliren und yon einem Nerv auf den anderen mit Um- gehung des Chiasma fibertragen kann. Dass der Ent- zfindungsprocess gerade in dem centralen Bezirke des Querschnitts, in dem die Maculafasern liegen, seine H(~he errcicht und dadureh die hier betroffenen Nervenbtindel sti~rker in ihrer Function beintr~tchtigt, als die peripheren, wird, wie ich mit Samelsohn nach meinen Befunden an- nehmen kann, haupts~chlich daraus zu erkli~ren sein, dass an der Peripherie tier Optici sieh die Sti~mme der ein- dringenden Gef~tsse befinden, in der Mitte hingegen ihre capillaren Ausbreitungen. *)

K~inigsberg, den 16. Juni 1883.

*) Die I-Iaul)tresultate hat Herr Professor Sehwalbe in seiner ,Anatomie tier Sinueswerkzeuge", die inzwischen ersehienen ist, kurz wiedergegeben.

10"

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B e n u t z t e L i t e r a t u r .

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S. 597 und 679. 10. H y r t l , Anatomie des l~ensehen. XII. Anti. 1873. 11. Merkel , in Graefe und Samisch. Bd. I. 12. E. Meyer , Handbueh der Augenheilkunde. I. Auflage. 13. S c h w a l b e , in Graefe und Samiseh. Band L 14. C. S te l lwag v. Cation, Lehrbueh der Augenheilkunde.

5. Auflage und Erganzungen zu dem Lehrbuch der ±ugenheilkunde. 1882.

15. Th. L eber , Circulations- und Erni~hrungsverhaltnisse des Auges in Graefe und S~misch. Band II.

16. H. Kuhn t , Zur Kenntniss des Sehnerven und der Netz- haut in Graefe's Archiv. Bd. XXV, Heft 3.

17. Manz, Entwickelungsgesehichte des Auges in Graefe und S~miseh. Band IL

18. K (~ l l ike r , Entwicklungsgeschichte des Menschen. 1879. 19. L e u k a r t , Organologie des Auges in Graefe und

Samiseh. Band IL 20. Ganser , Ueber die peril)here nnd eentrale Anordnung

der Sehnervenfasern im Archiv ftir Psychiatrie. Bd. XIII. Heft 2.

21. Sitzungsberichte des Heidelberger Ol)hthalmol.-Conga'esses, Jahrg. 1881. Beilageheft zu Zehender's klin. l~Ionats-B1.

Page 31: Beiträge zur Anatomie des N. opticus

E r k l h r u n g d e r h b b i l d u n g e n .

Fig . 1.

F ig . 2.

F ig . 3.

Fig. 4.

Injectionspriiparat No. 1, rechter Optieus, Schnitt 10 Mra, vom Bulbus entfernt, der 4. nach dora Eintri t t tier Central- arterie vom Augapfel aus gereehnet, Ansicht yon vorn. VergrSsserung 9 faeh.

o oberer 1 a ~usserer i innerer Rand des Quersehnitts

u unterer p sichtbare papilli~re Erhebung der Duralseheide an

der Eintrittsstelle der Gefi~sse. ae Art. eentr, ret. an ihrera Eintritt getroffen. Die

Eintrittsstelle liegt ira untern iiussern Quadranten dicht neben dera untern Ende des verticalen Meridians.

vc Ven. central, ret. im Querschnitt innerhaib tier Scheide getroffen.

Injectionspr~parat No. I, linker Opticus, Schnitt 12 ]~[ra. vom Bulbus entfernt, der 8. nach dera Eintri t t tier Cen- tralarterie; Ansicht yon vorn. Vcrgrtisserung und Be- zeichnung wie zuvor. Die Centralarterie trat zieralieh genau in tier hIitte des untern [iussern Quadranten ein. Injectionspr~parat No. II, linker Optieus. Schnitt 10)Ira. vora Bulbus entfernt~ der 3. nach Beginn des Eintritts, yon vorn gesehen. VergrSsserung und Bezeiehnung wie zuvor. Form des Eintritts im untern i~ussern Quadranten leicht SfSrmig gewunden. Die Vene ist aufdera Schnitt getroffen. injectionspr~parat No. I, rechter Opticus. Szhnitt aus der ~Iitte des Canalis opticus. Am untern Urafang des- selben die Duralseheide rait dem Querschnitt der Art. ophthalraiea (a. o.) and zur Seite zwei Querschnitte yon Scheidengefiissen (s). Fast genau central befindet sieh der Querschnitt einer Vene (v. e. p.), deren Lumen ~h ~Ira. betri~gt, ein Ast der Vena centralis posterior. VergrSsserung 8fach. o a i u wie zuvor.

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F ig . 5.

Fig. 6.

Fig . 7.

Injectionspr~parat No. I, rechter Opticus. 8. Schnitt, weiter cerebralwiirts als der vorige. VergrSsserung und Bezeichnung wie zuvor. Hier sind zwei gleich grosse Veuen~ste getroffen ira Centrum des Querschnitts. Injectionspr@arat No. I, rechter Opticus, zwei Schnitte welter cerebralw~rts als der vorige. Vergr(isserung und Bezeichnung wie zuvor. Hier ist die hintere Central- vene (v c p), durch Confluxion je~er bei(ten Haupt~ste entstanden, an ihrer Austrittsstelle aus dem Nerven ge- troffen. Injectionspri@arat 1%. II, rechter Oloticus. Schnitt aus tier l i i t t e des intracraniellen Abschnitts, Form nahezu rechteckig. Septen unregelm~ssig, an Zahl geringer als weiter orbitalwitrts.