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711 (Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universit~tt.) Beitr~ge zur Kenntniss der Milchsecretionl). Von L. Miehaelis, Dr. meal. Hierzu Tafel XX und XXI. ttistorische Einleitung. Die Anschauungen, welche vor Begrfindung der Zellentheorie fiber den Bau der Milehdrtise herrschten, finden wir zusammen- gestellt in J o h. M ti 11 e r's bertihmtem Werke: de g'landularum secernentium structura penitiori-(1). Es wird hier mitgetheilt, dass M a s e a g n i und C r u i k s h a n k dutch Quecksilbefinjeetio- hen zuerst festgestellt haben, dass die Drtisengiinge der Milch- drtisen blind endigen. J o h. M fi 11 e r selber bildet die ausffihren- den G~tnge und ihre alveolliren Ausbuchtungen auf's Deutliehste ab. Die Frage, wie in diesen Giingen die Milch bereitet werde, wirft er gar nicht auf, obwohl die mikroskopische Zusammen- setzung der Milch -- wenigstens das Vorhandensein der Milch- ktigelehen -- llingst bekannt war; L e e u w e n h o e k hatte sie schon im Jahre 1744 gesehen. Die ersten genaueren Angaben fiber die Herkunft der Milch hat L a n g e r (13) gemacht. Er sah in den Alveolen freie Kerne liegen mit gr6sseren oder kleineren, den Kernk6rperchen i~hn- lichen Gebilden im Innern, welehe er fur F.ett hielt. Dutch Verfettung und Zerfall dieser Kerne liess er die Milch entstehen. Reinhardt (11), der Ausflihrliches fiber die Bildung der Colostrumki~rper mittheilt, ~var zu keinem positiven Resultat fiber die Bildung der Milch gekommen, nur so viel stellte er fest, dass die Milchkiigelchen nicht dureh Zerfall der Colostrumk6rper- 1) Vorliegende Abhandlung wurde bei der medicinischen Facul- tat der Berliner Universit}tt zur Beantwortung einer yon ihr gestellteu Preisauf~'abe eingereicht und nfit dem vollen Preis gekrSnt. Archly L mikrosk. Anat. Bd. 51 47

Beiträge zur Kenntniss der Milchsecretion

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711

(Aus dem anatomisch-biologischen Institut der Berliner Universit~tt.)

Beitr~ge zur Kenntniss der Milchsecretionl).

V o n

L. M i e h a e l i s , Dr. meal.

Hierzu Tafel XX und XXI.

t t i s t o r i s c h e E in l e i t u n g .

Die Anschauungen, welche vor Begrfindung der Zellentheorie fiber den Bau der Milehdrtise herrschten, finden wir zusammen- gestellt in J o h. M ti 11 e r ' s bertihmtem Werke: de g'landularum secernentium structura penitiori-(1). Es wird hier mitgetheilt, dass M a s e a g n i und C r u i k s h a n k dutch Quecksilbefinjeetio- hen zuerst festgestellt haben, dass die Drtisengiinge der Milch- drtisen blind endigen. J o h. M fi 11 e r selber bildet die ausffihren- den G~tnge und ihre alveolliren Ausbuchtungen auf's Deutliehste ab. Die Frage, wie in diesen Giingen die Milch bereitet werde, wirft er gar nicht auf, obwohl die mikroskopische Zusammen- setzung der Milch - - wenigstens das Vorhandensein der Milch- ktigelehen - - llingst bekannt war; L e e u w e n h o e k hatte sie schon im Jahre 1744 gesehen.

Die ersten genaueren Angaben fiber die Herkunft der Milch hat L a n g e r (13) gemacht. Er sah in den Alveolen freie Kerne liegen mit gr6sseren oder kleineren, den Kernk6rperchen i~hn- lichen Gebilden im Innern, welehe er fur F.ett hielt. Dutch Verfettung und Zerfall dieser Kerne liess er d ie Milch entstehen. R e i n h a r d t (11), der Ausflihrliches fiber die Bildung der Colostrumki~rper mittheilt, ~var zu keinem positiven Resultat fiber die Bildung der Milch gekommen, nur so viel stellte er fest, dass die Milchkiigelchen nicht dureh Zerfall der Colostrumk6rper-

1) Vorliegende Abhandlung wurde bei der medicinischen Facul- tat der Berliner Universit}tt zur Beantwortung einer yon ihr gestellteu Preisauf~'abe eingereicht und nfit dem vollen Preis gekrSnt.

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chen entstehen, sondern naeh Ausstossung der letzteren aus den Drtisenblii.schen yore Epithel secernirt werden. Ebenso wenig klar meint K 5 11 i k e 1" 1854 (14), dass ,,die Milchsecretion auf einer Bildung yon Fltissigkeit und yon fetthaltig-en Zellen in den Drtisenbllischen beruhe ~'. Anders dagegen Vi r c h o w (15). Er fasst die Bildung der Milch als ein physiologisches Vorbild fiir die fettige Deg'eneration auf: in den Epithelzellen der Milch- drtise entstehen Fetttropfen, die Zelle selber geht durch :Nekro- biose zu Grunde, die Fetttropfen warden frei und stellen die Milchktigelchen dar. Im Anfang" der Lactation geht diesel" Process noeh nicht immer regelmassig vor sich, sondern es liisen sieh verfettete Zellcn vom Epithel ab, behalten ihre Continuitiit und stellen die Colostrumk0rper dal': Die Milchktigelchen sind also Zerfallsproducte der Epithelzellen. Die Voraussetzung" fill' eine derartige Annahme ist, dass das Epithel der Milchdrtise mehrschichtig sei, wie in der Talg'driise. Und in der That stellt V i r c ho w die Secretion des Talges auf gleiche Stufe mit der der Milch. Die der Membrana propria unmittelbar anlieg'ende Zellsehieht ist die Matrix ftir die mehr naeh dem Lumen zu ge- legenen, allmahlich der Verfettung entgeg'en gehenden Zellen. Mit dem Nachweis, dass das Epithel der Milehdrtise einschichtig' ist, f~tllt aueh die V i r c h o w 'sche Theorie der Milchbildung (nicht jedoeh der Talgbildung). Dieser Nachweis konnte aber erst spater, mit Vervollkommnung der histologischen Untersu- cbungsmethoden geftihrt werden, und wenn auch noch lange Zeit tiber die Einschichtigkeit des Epithels g'estritten wurde, - - e i n einziger 5 ~ dicker Mikrotomschnitt beweist sic ohne Weiteres. Die V i r c h o w'sche Theorie hat sich sehr lange be- hauptet, man findet sic noch in neueren Lehrbtichern der Anato- mic und Geburtshtilfe; sic konnte nieht verdri~ngt werden dutch mehrere abweichende Resultate anderer Forscher.

Im Jahre 1866 machte S t r i e k e r (16) die bedeutsame Beobachtung, dass die Colostrumkiirperchen, auf K(irpertemperatur erwarmt, ameboid beweglich sind und dass sie im Stande seien, ihre Fetttropfen auszustossen. Er nahm deshalb an, dass tiber- haupt die Milchkiigelchen yon Colostrumk6rperehen ausgestossen wtirden; die letzteren hielt er ftir Epithelzellen der Milchdrtise oder abgeRiste Theile yon solehen. Die wesentliche Abweichung yon der V i r c how'schen Lehre ist also das Ableugnen einer

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fettigen D e g e n e 1" a t i o n d e r Ze|len ; denn er sehreibt den mit Fett beladenen Col0strumkSrpern noeh active Bewegliehkeit zu.

Die n~,tchsten Untersueher der Milehdrtise, K e h r e r und L a n g e r , erkannten die Einschichtigkeit des Epithels. K e h r e r (17) fand im Lumen der Alveolen kSrnige Gerinnsel, in denen Fettktigelchen und K e r n e suspendirt waren. Er hielt den Inhalt des Lumens ftir ein Zerfallsproduct der Drtisenzellen. Trotz der Einsehichtigkeit soll doch eine Nekrobiose der Zellen ein treten.

L a n g e r (18) sehloss ein Zugrundeg'ehen der Epithelzellen bei der Lactation nieht geradezu aus, neigte abet mehr der An- sieht zu, dass die Milch ein wirkliehes S e e r e t der Epithelzellen sei. Er land oft in den Epithelzelleu grosse Fetttropfen liegen und i~ussert sieh tiber diesen Befund folgendermaassen: ,Offenbar bersten die ausgedehnten Epithelzellen und lassen den Fetttropfen austreten. Fraglieh ist, ob die Epithelzelle dabei zu Grunde geht und gleieh dureh eine andere ersetzt wird, oder wiederholt mehrere Milehktigelehen zu p r o d u e i r e n im Stande ist. Letzte- res dtirfte das Riehtige sein." Zum ersten Mal wird hier die Vermuthung ausgesproehen, dass die Milehbildung night ein passiver, mit dem Tode verbundener Vorgang in der Epithelzelle sei, sondern auf einer a c t i v e n, p r o d u e t i v e n Th~ttigkeit des Epithels beruhe. Zu einem ~thnliehen Resultat kam S e h m i d t (20) in einer Dissertation. Naeh ihm ist eine Epithelzelle im Stande, eine Zeit laug fortw~thrend neues Fett zu produciren, sehliesslieh abet geht sie doeh dureh Nekrobiose zu Grmade und wird dureh eine neue ersetzt.

Die Vi r e h o w 'sehe Lehre war so bedeutend modificirt worden. Da entstand dureh R a u be r eine ganz neue Theorie, welehe den Epithelzellen tiberhaupt jeden Antheil an der Milch- bildung abspraeh; gleiehzeitig wurde yon P a r t s e h mad He iden - ha in die Lehre yon der aetiven Betheiligung des Epithels weiter ausgebildet, ja man kann sagen, Uberhaupt zum ersten Male in aller Seh~trfe ausgesprochen. -Diese beiden Theorieen stehen sieh diametral gegentiber mad verdienen eine eingehendere Bespreehung.

R a u b e r (24, 25), dessert Idee sehon vorher einmal yon W i n k l e r (19) ausgesproehen wurde, nahm an, dass Lymph- kSrperehen dutch das Epithel hindurehwanderten, zu Fett zer- fielen und die Milch. lieferten. Er besehrieb zuerst~ dass beim

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Meersehweinchen in der secernirenden Milehdrase das Bindege- webe mit Lymphzellen infiltrirt sei, dass man die LymphkSrper- chen zwischen den Epithelzellen finde, und dass ebenso Lymph- k0rperchen in grosset Anzahl in den Endblaschen der Drtise vor- handen seien, theils unvcrandert, theils mit geschwollenem Zell- k~rper, erst mit feineren, dann mit grSberen Fetttropfen, dass sie schliesslich zerfallen und die Milch darstellen.

Eine Statze erhielt die R a u b e r ' sche Lehrc noch dadurch, dass B o n n e t (29) tier U t e r i n m i l c h der Wiederkauer eine ganz ~hnliche Entstehung zuschrieb. Aber B o n n e t land auch in den Epithelzellen der Uterusschleimhaut Fetttropfen, unab- hangig yon den Leukocytcn, und ohne dass die Zellen Zeichen des Zerfalls zeigten. Er nahm an, dass d i e s e s Fett yon den Epithelzellen aus dem Blutplasma n i e d e r g e s c h I a g e n sei. Das Fet t der Uterinmilch hat also nach B o n n e t einen doppel- ten Ursprung, durch S e c r e t i o n veto Epithel und durch D e g e - n e r a t i o n der Leukocyten.

Im Gegensatz zu R a u b e r's Lehre steht d ie yon P a r t s ch (26) and H e i d e n h a i n (31) begrtifldete. Sie leugnet ganzlich die Betheiligung der Leukocyten bei der Milchbildung- und stellt die Milch als ein echtes Secret der Epithelzelle dar. Die Epithel- zellen machen wahrend ihrer That igkei t F o r m v e r a n d e r u n g e n durch; sic wachsen zu sehr hohen Cylinderzellen a u s , deren kuppenf0rmig abgerundete Enden weit in das Lumen der Alveolen vorspringen. ,Bei der Secretion wird der vordere Theil der Zelle sammt dem in ihm enthaltenen Fet t abgestossen. Die zerfallende Substanz der Zelle 15st sich in der Milch, die Fett tropfen werden frei; oft h~ngt ihnen noch auf einer Seite ein Stack des Zellen- leibes kappenartig an, das aber allm/ihlich auch gelOst wird. S i n d i n d e m s i c h a b s t o s s e n d e n T h e i l e d e r Z e l l e K e r n e , s o g e h e n a u c h d i e s e i n d a s S e c r e t a b e r . Man findet sie nicht selten in dem Alveolarinhalt, dagegen sehr selten in der entleerten Milch. Daraus folgt, dass a u c h s i c a 11 m ~ h 1 i c h z e r f a 11 e n - - eine Erklarung far den Nnclein- gehalt der Milch." Der Ersatz der verlorenen Kerne findet nicht auf mitotischem Wege statt; b e o b a c h t e t hat er aber auch directe Thcilungen der Kerne nicht. Dem Einwande, dass die v e r s e h i e d e n e H � 9 e d e r E p i t h e l z e l l e n veto Fttllungs- grade der Alveolen abh/~ngig sei - - wie das Epithel der Harn-

Bcitr:~tge zur Kenntniss der Milchsecretion. 715

blase yon ihrer Ftillung -- beugt er dureh die Angabe vor~ er habe ebenso gut enge, w ie ausgedehnte Alveolen mit hohen, und andererseits auch mit flachen Epithelzellen gesehen.

Genauer beschiiftigt hat sich mit dem Zerfall der Kerne N i s s e n (33) unter H e i d e n h a i n ' s Leitung. Er beschreibt die Veriinderungen, welche die in's Secret tlbergehenden Kerne bis zu ihrem Zerfall durchmaehen und findet, dass sie mit der gleichzeitig yon F 1 e m m i n g (41) far die Kerne der atretischen G r a a f'schen Follikel beschriebenen , C h r o m a t o I y s e" iden- tisch sei. Sie besteht im Wesentlichen darin, dass sieh das ge- sammte Chromatin des Kernes in Form yon mehreren starker farbbaren Kltimpchen an der Peripherie des Kernes gruppirt und dann aus einander fitllt. Betreffs des Ersatzes dieser Kerne be- merkt er, dass er in Hunderten yon Pri~paraten keine einzige Mitose habe sehen kCinnen.

Gerade dieser Umstand ist es, welcher B i z z o z e r o und V a s s a 1 e (32) bestimmen, den Zerfall yon Kernen wi~hrend der Lactation tlberhaupt abzuleugnen. Auch sie beschreiben die hohen, kuppelartig in das Lumen hineinragenden Epithelzellen, meinen aber, dass die HShe des Epithels nur yon dem Druck des in den Alveolen befindlichen Secretes abh~ngig sei. ,Die Ktigel- chen, welche hT i s s e n als Kernfragmente deutet, sind Ktigel- chen, welche im P r o t o p 1 a s m a auftreten und etwas chroma- tische Substanz aufnehmen. [Eine Analogie mit den xNebenkernen des Panereas ?] l). J e d e n f a l l s w i r d d e r K e r n n i e h t z e r s t 6 r t . "

Etwas in Widerspruch mit der t t e i d e n h a i n 'sehen Lehre steht C o e n (34), denn bei ihm taueht die Lehre yon tier Mehr- schichtigkeit des Epithels wieder in Wort und Bild auf. Er scheint mit zu dicken Schnitten gearbeitet zu haben. Im Secret fand er aueh freie ,zum Theil verfettete ~ Kerne.

K a d k i n (35), dessen Arbeit mir nur im Referat zugi~ng- lich war, nimmt einen Degenerationsprocess der Epithelzellen an, weleher auf einer Biidung yon ,Gerinnseln ~ (?) im Protoplasma und einem Zerfall tier Kerne beruhe. Den Leukocyten sp~Scht

1) Diese Analog'ie fiillt tibrigens fort, wenn man mit O g a t a annimm~, dass die Nebenkerne des Pancreas ausgewanderte Nucleo- len sind.

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er eine Bedeutung an der Bildung dcr v o n C o 1 o s t r u m k 6 r- p e r n f r e i e n Milch ab.

F r o m m e 1 (36) unterscheidet bei der Lactation die Bil- dung tier Fetttropfen und den Zerfall tier Kerne. Das Fett entsteht nach ihm durch eine Umwandlung des Protoplasma der Drtisenzellen; dieser Vorgang findct schon in betrachtlichem Maasse vor der Niederkunft statt; wahrend der Lactationsperiode wird dieses schon gebildete Fett allmahlich ausgestossen und immer neues gebildet. Auch er beschreibt die hohen, h~igelartigen Epithelzellen und nimmt einen Kernzerfall an. Wie die Kerne crsetzt werden, dartiber ist er in einiger Verlegenheit; ,wie diese Kerntheilung vor sich geht, ist bisher v611ig dunkel; weder andc- ren Forschern noch mir ist es jemals gelungen, die ablichen Kerntheilungsfiguren in den Epithelien der Milchdrase nachzu- weisen".

Auch S t e i n h a u s (37) sah beim Meerschweinchen wahrend der Lactation die eigenthamlichcn, hohen Epithelzellen und den Kernzerfall. Er glaubt eine Erklarung far den Naehwuchs der zerfallenden Kerne gefunden zu haben. Nach ihm finden vor wie auch wahrend der Lactationsperiode Mitosen start; v o r dieser Periode steht die Langsachse der Kernspindel tangential zum Alveolus, und es entstehen zwei n e b e n einander ]iegendc Kerne bezw. Zellen. Hierdurch wird die Zahl der Epithelzellen vermehrt. W a h r e n d der Lactation aber beschreibt er Mitoscn, deren Langsachse r a d i a r steht. Durch sic sollen zwei Kerne entstehen, welche in e i n e r Zelle hinter einander liegen und zu keiner Zelltheilung fahren. Der vordere der beiden Kerne wird in's Lumen ausgestossen und zerfallt. Im Uebrigen hat S t e i n h a u s das Verhalten der A l t m a n n ' s c h e n Granula in den verschiedenen Stadien der Lactation studirt; er fand sie kugelf6rmig wahrend des Ruhestadiums, zu langeren Faden ,aus- gewachsen" oder spirillenf'6rmig wahrend der Thatigkeit der Drlise. Bezaglich der Fettbildung neigt er der Ansicht zu, dass das Fett durch eine directe Verfettung der A 1 t m a n n'schen Granula entstiinde; wer nun die Existenz der A 1 t m a n n 'schen Granula in tier lebenden Zelle far durchaus unbewiesen halt, wird ihm natarlich hierin nicht beipflichten kSnnen. Aber auch die Kerne lasst er sich direct verfetten.

.~llen den zuletzt genannten Autoren, yon P a r t s c h an,

Beitr~tg'e zur Kenntniss der Milchsecretion. 717

steht B e n d a (38) gegentiber. Er leugnet aberhaupt jeden Kern- zerfall. Kerne im Secret h~tlt er far zufgllig', auch fand er hie- reals Chromatolyscn, ebenso wenig aber Leukocyten, ausgenommen zu Anfang and zu Ende der Lactationsperiode (nut bei einer im Puerperium verstorbenen Frau fand er sie). Jede Gestaltsver- ~tnderung der Epithetzelleu> mit Ausnahme einer geringen Ab- flaehung oder Erh(ihung, h~tlt er ftir postmortale Erscheinung'en. Und aueh dieses Platter- oder H8herwerden der Epithelzellen ist, wie er dureh einen Versuch gezeigt zu haben glaubt, nur yon dem Fttllungsgrade der Alveolen abh~tngig. Eine eig'enthtimliche Anschauung hat er in Bezug auf die Einschichtigkeit des Epithels. In friiheren Entwiekelungszusti~nden sei das Epithel deutlieh zwei- sehichtig; die ~tussere Schicht bilde spiiterhin jene platten Zellen, welehe naeh anderen Autoren a u s s e r h a l b der Membrana propria liegen nnd den H e i d e n h a i n'sehen ~Korbzellen" der Speieheldrtisen entsprechen; nur die innere Sehicht sei die secer- nirende.

Ganz neuerdings hat S z a b 6 (40) angegeben, dass die An- ordnung, der 7Nucleolen im Kern wi~hrend der Lactation in charak- teristischer Weise ver~,tndert sei gegen die wahrend der Ruhe. Wie ieh vorweg bemerken will~ hat sieh in der That bestgtigt, dass ein durch seine Grfsse hervortretendes, mitten im Kern (d. h. nicht wandsti~ndig) gelegenes KernkSrperchen nur w~thrend der Lactationsperiode erscheint. S z a b 6 zeichnet auch freie Kerne im Secret.

Wenn man aus. den neueren Arbeiten ein R6sum6 zieht, so er- geben sich yon den wichtigeren Punkten folgende als sicher gestellt:

1. Das secernirende Epithel der Milchdrtise ist einschichtig. Wi~hrend der Lactation finden keine oder verschwindend wenige Mitosen statt.

(Nur S t e in h a u s hat sie in grSsserer Zahl beobaehtet.) 2. Die Fetttropfen werden in den Epithetzellen gebildet

and in das Lumen der Alveolen hinein ausgestossen. Die noch zweifelhaften Punkte, um deren Entscheidung es

sich jetzt handelt, mSchte ich in folgenden Fragcn formuliren: 1. I s t d i e F o r m v e r ~ t n d e r u n g d e r E p i t h e l -

z e l l e n y o n d e r S e c r e t i o n s t h i ~ t i g k e i t a b h i i n g i g o d e r i s t s i e m e e h a n i s e h d u r c h d a n F t i l l u n g ' s z a - s t a n d d e s A l v e o l u - s b e d i n g t ?

718 L. M i c h a e l i s :

2. F i n d c t e i n Z c r f a l l y o n E p i t h e l k e r n c n s t a t t , u n d , w c n n d a s d e r F a l l i s t , a u f w e l c h c W c i s e w c r d e n d i e s e K e r n e e r s e t z t ?

3. W e l c h e n k n t h e i l a n d e r M i l c h b i l d u n g h a b e n d i e L e u k o c y t e n ?

4. I s t d a s i n d e r E p i t h e l z e l l e a u f t r e t e n d e F c t t e i n D e g e n e r a t i o n s p r o d u c t o d o r S e c r e t i o n s - p r o d u c t d e r Z e l l e ?

Material und Methode.

Ich babe die Milchdriise des Meerschweinchcns, der Maus und der Kuh untersucht, am Gcnauesten, an 9 verschiedencn Thicren, die des Meerschweinchens. Die Thiere wurden, um einc etwaige Rcizung' der Drtise zu vermeiden, nicht vergiftet, sondcrn stets durch den Halsschnitt get(itet und das hfaterial s o f o r t eingelcgt. Als Fixationsmittel benutzte ich vor allem die con- centrirte Sublimatltisung und das t t e r m a n n 'schc Gemisch yon Platinchlorid, 0smiumsiiure und Essigsaurc. Danebcn wandte ich zur Kontrolle Pikrinsiiare-Sublimat-Essigsiiurc (conc. Ltisungcn 1 : 1 : 0,02 : 2 Wasser), und dus F 1 c m m i n g'sche Chrom-Os- miumgemisch an. Um die Rcsultate yon S t e i n h a u s nachzu- prtifcn, benutzte ich auch die A 1 t m a n n 'sche Fliissigkeit. Das Sublimat wandtc ich an, um die Farbenreactionen der Gewebs- clemente zu crhalten; da bei seiner Anwendung das Fett bei den zur Einbettung nothwendigen Procedurcn geltist wii'd, so brauchte ich als Ergiinzung die 0smiumgemische. Von den Fttrbemitteln lcistct auch hier das B ti h m c r 'sche Hiimatoxylin im Verein mit den sauren Anilinfarben (Orang'c, Eosin) die besten Dicnste. Doch habe ich danebcn noch viele andere Fiirbemethoden angewandt. Ucbrigens hat das Protoplasma der secernirenden Drtise eine zicmlich grosse Neigunff, sich mit Htimatoxylin zu ftirben, so dass man-cs, wenn man einc Gegenftirbung nachher anwenden will, mtiglichst schwach cinwirken Iassen muss. Nach den Osmiumgemischen fiirbte ich besonders mit Safranin und mit dem H e i d c n h a i n'schen Eisenhiimatoxylinlack.

Neben den fixirten Schnitten habe ich aber auch die Unter- suchung des f r i s c h e n IVl a t e r i a 1 s nicht versiiumt, obwohl gerade die secernirende Milchdrtise zu den schwierigstcn Objckten fiir die frische Untersuchung gehtirt, weft die Alveolen mit Milch-

Beitr~tge zur Kcnntniss der Milchsecrction. 719

ktigelchen vollgestopft stud, welehe sich kaum absptilen lassen. Die Schnittconsistsnz der frisehsn Milchdrtisc ist nicht gar so schlecht; umt nut an fl'ischen Pr~tparaten ist es mOglich, mit Sicherheit dis 5Iembrana propria der Alveolsn zu erkennen, da- gegen sieht man yon dsr Form tier Epithelzsllen nut hin und wieder stwas, in einigermaassen leeren Alveolen und in grOsseren Milchgangen. Es ist ksin Wundsr, dass bet diesel" Uutersuehungs- methode dis Einschichtigkeit des Epithels auch an den dttnnsten Schnitten nicht erkannt wurde.

Der grfbere Bau der Milehdrfise. H e i d e n h a i n schildert (31) dell Bau der Milchdrtise fol-

gendermaassen: ~Nicht ganz mit Recht wird die Milchdrtise in der Regel schlechthin zu den acin6sen Drtisen gestellt. Denn das Verh~tltniss ihrer secernirenden Endr~ume zu den G~ngen ist ein anderes als z. B. das Verhaltniss der Acini der Speichel- driisen zu den ableitenden We_g'en. Die Alvsolen derMilshdrttse bilden laterals und tsrmmale Ausbuchtungen tier Gange~ welchs sich weder im Durchmesser, noch dutch ihr Epithel wessntlich yon den Gangen untsrscheiden, in wslche sie ttbergehsn. Dis Anordnung hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der Lagsrung der Lungenalvcolen; hier wie dort werden die benachbarten Alveolen durch dttnne, beiderseits mit Epithel beklsidete Septen yon einan- dsr geschieden und mtinden in gr6ssere Hohlr~tume sin, welche sich in die (Luft-, resp. Milch-)G~tnge fortsetzen." In tier That hat ein Schnitt durch die MilchdriJse w~hrend des HShepunktes der Lactation ungemeine Aehnlichkeit mit einem Schnitt durch die Lunge; anders dagegen dis Drttse vor und nach.der Lacta- tionsperiode. Die Aehnlichkeit wird dursh die Weits der Alvso- len und das sp~trlichs Vorhandenscin yon intsl'stitisllem Binds- gswebs hervorgerufsn. Die Drtise w~thrend der Graviditat, eben- so dis involvirte Drtise nach vollendetem S~ugegesehaft dagegen hat grt~ssere Mengen interalvsolaren Gewebes und dsm entsprschsnd viel engers Alveolen.

Besonders mSchte ich noch einmal hervorheben, dass das Epithel dsr k l e i n e r s n Milchg~tnge sich in nichts yon dem der Alveolen unterscheidet, und dass an bsiden w~hrsnd der Secre- tion diesslben Ver~tnderungen vor sich gehen.

7"20 L. M i c h a e l i s :

Der feinere Bau der Milchdriise und die Secret ion der Milch.

A. Beim Meersehweinehen.

Auf einem Schnitte durch die Milchdrtise eines 6 Wochen alten Meerschweinchens sieht man vel'einzelte)[i]chg~tnge, welche noch nicht Lit Alveolen besetzt sind. Ihr Epithel ist kubisch oder etwas cylindrisch und ist einsehichtig. Die Kerne sind, je naeh der Form der Zelle, fund oder etwas l~tnglich, ziemlich gross und daher sehr dicht gedri~ngt. Eine ,~tussere Epithel- schicht", wie sie B e n d a beschreibt, ist, wenigstens als eine zu- sammenhangende Schicht/ nicht vorhanden, wenn auch hin und wieder einmal ein Kern der Membrana propria naher liegt als die umgebenden und wohl auch etwas fiaeher ist.

Ein ganz ver~tndertes Bild bot ein tri~chtiges Meerschwein- chen, dessen Embryonen etwa 11/~ cm in die Lange maassen. Durch Druek auf die Zitze des noeh lebenden Thieres liess sich ein Tropfen milchigw~tssriger Fltissigkeit entleeren. Die mikros- kopische Untersuchung ergab darin freie Fetttropfen yon sehr versehiedener Gr6sse in nicht sehr bedeutender Zahl und zahl- reiche Colostrumk(irperehen.

Auf S c h n i t t e n zeigt sich die Milchdriise schon roll ent- wickelt, nut sind die Alveolen noeh etwas eng" und das inter- stitielle Gewebe noch ziemlieh bedeutend. Die Epithelzellen sind kubisch oder etwas fiacher, ganz deutlich stets einschichfig. Ihre Kerne sind rund~ oder, je naeh dem Grade der Abplattung der Zelle, oval. Die Kerne zeigen ziemlich bedeutende Grsssenunterschiede (Fig. 1), sind bisweilen unregelm~tssig geformt~ mit kleinen Ein- schntirungen oder Eindriicken, worauf wir SPi~ter noch ausfiihr- lieh zurtickkommen werden. Mitosen sind nieht vorhanden. Aueh B i z z o z e r o und V a s s a l e (32) ist es aufgefallen, dass man oft in der ~[ilchdrfise des traehtigen ~[eersehweins keine einzige Mitose findet, obwohl man hier gerade eine lebhafte Vermehrung der Drtisenzellen voraussetzen sollte. B i z z o z e r o erkl~trt das sehr plausibel daraus, dass ein solches Meerschweinehen unmit- telbar naeh beendetem Saugegeseh~tft wieder belegt worden ist und sich die Milchdrtise gar nicht erst wieder riickgebildet hat.

Sehr auffallend ist folgender Befund. Im Lumen der Alveo- len finden sich sehr zahlreiehe isolirte Zellen, deren Kern rund- lieh oder ufiregelm~,tssig gelappt, oft kleiner als ein Epithelkern,

Beitr~g'e zur Kenntniss der Milchsecretiom 721

oft aber auch bedentend gr6sser ist, haufig auch aus mehreren kleinen runden Chromatinsttickchen besteht, wie in einem mehr- kernigen farblosen Blutk0rperehen (Fig. 1 u. 10). Der Zellk6rper bildet bisweilen einen sehmalen Saum um den Kern, 6fter aber ist er bedeutend grosset und hat fhst stets unregelm~tssige aben- teuerliche Contouren. Er variirt ganz bedeutend in der Gr6sse. Manehmal ftillt eine einzige solehe Zelle einen g'rossen Theil eines Alveolus aus~ sehr h~ufig aber lieg'en sie ganz dicht g'e- drAngt in einem Alveolus zusammen. Diese Zellen haben auch B i z z o z e r o und V a s s a l e beschrieben, ohne NAheres tiber ihre Herkunft anzug'eben. Man kann sieh beim ersten Anbliek des Gedankens nieht erwehren, dass man die unregelmAssig'en Forts~ttze des Zellk5rpers fiir Pseudopodien, die ganzen Zellen ftir Leukocyten, in am0boider Bewegung begriffen, halt. Um reich aber zu verg'ewissern, ob wirklieh die Leukocyten dureh das angewandte Fixationsmittel in ihrer aug'enbliekliehen Gestalt und nieht etwa in Kugelfol:m fixirt werden, beobaehtete ich mensehliehe Leukocyten unter dem auf 390 erwArmten Mikroskop und setzte dann einen Tropfen SublimatlSsung- an den Rand des Deekglases. Die Leukoeyten starben in ihrer aug'enbliekliehen, noeh so eomplieirten Form ab.

Im Zellk0rper jener g'rossen Zellen fanden sieh an Subli- matpr~tparaten hAufig ein oder mehrere, wie mit einem Loeheisen ausgestanzte L0eher und entspreehend an OsmiumprAparaten ge- schwArzte Stellen~ deneu also im Leben Fetttropfen entsproehen haben. Di~ser wichtig'e Befund wird uns spAterhin noch ein- gehend beschAftigen.

Mit der Deutung' der in Frage stehenden Zellen als Leuko- eyten steht in Uebereinstimmung, dass das interstitielle Gewebe massenhaft LymphkOrperehen enth~tlt, mit einem runden Kern und einem sehmalen Protoplasmasaum. Aber auch z w i s eh e n d e n e i n z e l n e n E p i t h e l z e I l e n findet man sie sehr hAufig (Fig. 3). Man erkennt dann nat[irlieh nur ihre Kerne. Diese unterseheiden sieh yon den Epithelkernen dureh ihre Kleinheit und vor allem (lurch ihre g'leiehm~ssigere, stArkere FArbung. Eine Verweehslung ist kaum m0glieh. Nieht immer sind die im Epithel liegenden Leukocytenkerne rund, sondern 5fters vielge- staltig, in a m ~ b o i d e r Bewegung. begriffen.

Im interstitiellen Bindegewebe finden sieh ferner eine grosse

722 L. M i c h a e l i s :

Menge e o s i n o p h i 1 e r Z e 11 e n (Fig. 4) mit meist 2 oder 3 kleinen runden Kernen. Aueh C o ~ n und S t e i n h a u s haben sie beim Meerschweinchen beobachtet~ bezeichnen sic abet beide als ,Mast- zellen". C o e n hat, wie es scheint, nur in Osmiumgemischen fixirt; wie e r d a festgestellt hat, ob es sicb um die acidophilen (eosinophilen) oder die basophilen (Mast-)Zellen handelt, giebt er nicht an. S t e i n h a u s dagegen z e i c h n e t auf's Deutlichste eosinophile ZeUen und spricht yon ,Mastzellen mit eosinophilen Granula ~, eine Contradictio in adjecto, denn nach E h r l i c h (42, 43, 44) versteht man unter ,Mastzelle" eine Zelle mit b a s o p h i 1 e n Granulationen. Um festzustellen, ob es sieh hier um die yon E h r l i c h sog. a-Granulationen handelt, f~trbte ich Schnitte in dem Glyceringemiseh yon Eosin, Aul'antia und Indulin; die Gra- nula nahmen lebhaft das Eosin an. In tier Bi o n di'schen Farb- mischung nehmen sic auf's Lebhafteste das S/~urefuchsin an (Fig. 17), dagegen keine Spur irgend eines basischen Farbstoffes (Thionin, Dahlia: Methylenblau, Methylgrtin). Um die sonst ftir dieses Ob- jekt ziemlich ungeeignete B i o n d i-Farbung zu vermeiden, wandte ich folgende

M e t h o d e z u r F a r b u n g d e r e o s i n o p h i l e n G r a n u l a a u f S c h n i t t e n

an: nach beendeter Hamatoxylinfiirbung und Auswaschung werden die aufgeklebten Schnitte 1/4--1/~ Stunde in starker, wiissriger L~snng yon O r a n g e gefitrbt, dann mit Wasser abgesptilt, bis sie, mit dem blossem Auge betrachtet, alles Orange wieder ab- gegeben haben. Dann sind nur noch die eosinophilen Granula orange gef/trbt. Zum Schluss kann man noch kurz in schwacher Eosinl(isung gegenfi~rben. Der Erfolg ist: die Kerne werden blau, das Protoplasma rosa, die eosinophilen Granula leuchtend orange, schon bei schwacher VergrSsserung auffallend.

Dieses l~tngere Verweilen bei den eosinophilen Granula hat seine Berechtigung in spiiter zu erwahnenden Befunden.

G e n a u e r e U n t e r s u c h u n g e n d e s S e c r e t e s t r a c h - t i g e r M e e r s c h w e i n c h e n .

An mehreren Meerschweinchen unternahm ieh tiiglich oder einen Tag um den anderen Untersuchungen des Secretes, das man durch leichten Druck auf die Mamma erh~tlt. Es zeigte sich

Beitr~g'e zur Kenntniss der Milchsecretion. 723

da, dass die Besehaffenheit desselben sehr weehselnd :st; manch- mal :st es rein milch:g, andere Male gelbtich-weiss, wieder andere Male nur leicht milchig getrtlbt oderauch fast gan:z wasserig-kl~r. Um ein Bild yon dem wechselnden mikroskopischen Befund zu geben, will ich einen AUSZUg- aus dem Protokoll dieser Unter- suchungen wiedergeben:

5. J a n u a r 1897. Meerschweinehen Q. Es lasst sich ein kleiner Tropfen rein milehigen Secretes entleeren. Er enth~lt:

1) Kolossale Mengen yon unzweifelhaften Leukocyten; auf Zusatz yon verdtinnte~" Essigsaure treten in jedem 4--5 kleine Kerne hervor, oder ein gelappter Kern.

2) Nicht sehr zahlreiche Milchktigelchen. 6. J a n u a r. Derselbe Befund. 8. J a n u or. Das Secret :st etwas reichlicher und enthMt 1) Milchktlgelchen in massiger Anzahl. 2) Gr(Jssere und kleinere ColostrumkSrperehen. In der g'~nzen Fltissigkeit sind suspendirt allerfeinste KSrn-

chen, welche sieh in verdtinnter KOH 15sen und mit l Tropfen 2% OsO~ sich n i e h t braunen, also einen u n g e l S s t e n E i - w e i s s k 5 r p e r darstellen. Gew0hnliehe Leukocyten sind nicht vorhanden.

9. J a n u ar. Secret bedeutend reichlicher, enthMt 1) Milchktigelehen in grosser Menge. 2) Grosse, wenig kleine Colostrumk5rper. Ausserdem dieselben Eiweissk(Jrnchen wie am 8. Januar. 11. J a n u a r . Das Secret :st wieder sehr sparlich. Ent-

halt fast nur Milehktigglchen~ einige kleine, wenig grosse Colo- strumk6rperchcn.

13. J a n u a r . Secret sparlich. K e i n e M i l c h k t i g e l - chen, keine ColostrumkSrper, aber z a h 1 r e i c h e L e u k o c y t e n m i t 1 g r o s s e n r u n d e n K e r n :

14. J a n u ar. Secret sehr sparlich, fast wasserklar. Ent- halt Leukocyten, me:st mit mehreren Kernen, in a l l e n m 6 g- 1 i c h e n G r 6 s s e n. Sehr viele enthalten einen oder mehrere FetttrSpfchen, a.ndere, besonders die gr6sseren, enthalten meh- rere und zahlreiche Fetttr6pfehen und stellen alle mSglichen U e b e r g a n g e zu d e n a u s g e b i l d e t e n , m a u l b e e r - f 6 r m i g e n C o l o s t r u m k 6 r p e r e h e n dar (Fig. 8).

16. J a n u a r . Das Secret :st ziemlich reichlich, es enthKlt

7.o4 L. M i c h a e l i s . :

wieder Milchktigelchen, ferner eine Menge sehr grosset Colostrum- kSrperchen. Eiweissk6rnchen.

19. J a n u a r. Milchktigelchen verschiedener Gr0sse, wenige nut kleine Colbstrumk(irperchen, Eiweisskfrnchen.

23. J a n u a r . Milchktigelchen, Colostrumk0rper yon den kleinsten bis zu den gr6ssten, mit wenigen Fetttropfen, bis zu den mit Fett vollgestopften, maulbeerf6rmigen. Einkernige Leukocyten.

25. J a n u a r. Secret fast wasserklar. Enthiilt nur Leuko- cyten verschiedener GrSsse, mit wenigen Fetttropfen im Innern.

26. J a n u a r. Wenig Milchktigelchen, sonst wie am 25. Januar.

Das Auffallendste an diesem Protokoll ist das h/tufig alter- nirende Auftreten yon Leukocyten und Colostrumk6rperchen; wenn beide zusammen vorhanden sind (14. Jan.), so-sind zwisehen ihnen alle mOglichen Uebergitnge nachzuweisen. Das ftihrt uns wieder auf die Frage nach der Entstebung der Colostrumk6rperchen.

Die Colostrumk6rperchen wurden yon D o n n ~ (2) 1837 entdeckt, bald darauf yon Sire o n (4) wieder abgeleagnet, abet gleich darauf yon G u e t e r b o c k und 5'[ a n d I (6, 8i wieder be- stiitigt. N a s s e (8) untersehied im Colostrum eine gr6sserc Reihc yon Formbestandtheilen. Die Entstehung der Colostrumk6rper wurde in ausftihrlichcr Weise zucrst yon R e i n h a r d t (11) un- tersucht. Nach ihm sind cs Fettk6rnchenkugeln, d. h. fettig de- generirte Zellen, welche aus den Epithelzellen dcr Milchdrtise hervorgegangen sind. Er kam zu der Ansicht, dass die Epithel- zcllen der Milchdrtise des tr~tchtigen Thieres alle auf diese Weise in Colostrumk6rper verwandclt und entleert werden, and dass sieh das secernirende Epithel der Drtise ganz neu bildct. Vir- c h o w (14) ging noch weiter als R e i n h a r d t ; er meinte, dass tiberhaupt die Milchkiigelchen durch Zerfall solcher FettkSrnchen- kugeln entsttinden; die ColostrumkSrper halt er fur frtihzeitig in illrcr Gesammtheit losgel(iste, fettig degenirte Drtisenzellen. ,Am meisten stimmt mit der gcw6hnlichen Art der Schmersccretion die friiheste Zeit der Lactation tiberein, welche das sog. Colo- strum liefert. Das Colostrumkfrperchen ist die noch zusammen- haltende Kugel, welche aus der fettigen Degeneration einer Epi- thelzelle hervorgeht. Die Colostrum und die Schmerbildung un- terscheiden sich nur dadurch~ dass die Fettk6rner bei der crsteren

Beitrage zur Kenntniss der Milchseeretion. 7.95

kleiner bleiben, und dass, w~hrend beim Sehmer sehr bald grosse Tropfen auftreten, beim Colostrum die letzten Zellen, welche noeh bemerkt werden, gewShnlich nut feine FettkSrnchen, ganz dicht gedrang't, enthalten. Hierdurch bekommt das ganze Ele- ment ein etwas br~tunliehes Aussehen, obwohl das Fett keine reehte Farbe hat. Das ist das k 6 r n i g e K 6 r p e r c h e n (Corps gra- nuleux) yon D o n n ~ , die F e t t k 6 r n e h e n k u g e l . "

Diese Lehre wurde auf's Tiefste ersehtittert durch eine Be- Dbaehtung yon S t r i c k e 1" (15), weleher fand, dass die Colostrum- kSrper, unter dem geheizten Mikroskop betrachtet, amSboid be- wegtieh sind. Eine Fettk6rnchenkugel, also eine todte Zelle, kann keine Eigenbewegung haben. Ueber die Art der Bewegung" be- richtet S t r i c k e r, dass sie im Vergleich zu der eines weissen BlutkSrperehens sehr tr~ige sei; auch will er beobachtet haben, dass von den ColostrumkSrperchen Fetttropfen ausgestossen wilr- den. Darauf grtindete er seine Theorie der Milchbildung, welche zum ersten Mal die fettige Degeneration verwirft: ,Die Annahme, dass die Zellen in der Brustdrase zerfaUen, konnte nur so lange geduldet werden, als man keine andere Erkl~rung hatte ftlr das Freiwerden der Milchk~gelchen."

Ueber den U r s p r u n g der Colostrmnk6rperehen ist er sich nieht klar geworden, ,entweder sind es abgestossene En- chymzellgn der Drtise, oder Theilprodukte soleher Zellen." Ausser den ColostrumkSrperchen fand S t r i e k e r i m Colostrmn noch ,,kleine, i~usserst zart eontourirte~ farblose K6rperchen, welche manches Mal eine Andeutung yon einem Kern zeigen, manches Mal rein granulirt sind, und manches Mal endlich vollstandig. homogen el'sehienen. Die Masse eines solehen K6rperehens d~irfte durchschnittlich der eines menschlichen roten BlutkSrperehens gleiehkommen. Bei einer Temperatur yon 40 o C. zeigen nun diese K6rperchen relativ sehr lebhafte Form- und Orts~eranderungen r Jeder unbefangene Beobachter warde aus dieser Beschreibung die Diagnose auf Leukoeyten stellen. St r i c k er that dies nicht.

10 Jahre sparer waren wohl S t r i c k e r ' s Untersuchungen vergessen. B u e h h o lz (22) hielt die Colostrnmk6rper wieder ftir verfettete Epithetzellen. Neu ist seine Beobaehtung., dass die ColostrumkSrperchen regelm~ssig dann auftreten, wenn bei secer- nirender Milehdrtise die Saugnng unterlassen wird, oder kurz bei der M i l c h s t a u u n g .

726 L. M i c h a e l i s :

R a u b e r (24) braehte die ColostrumkSrper wieder mit den Lcukocyten in Zusammenhang. Sic entstehen naeh ihm dadurch, dass tier ZellkSrper eines LymphkSrperchens schwillt, Fetttropfcn in seinem Innern auftreten, der oder die Kerne zu Grunde gehen: das Colostrumk~rperchen ist also wieder eine F e t t k S r n e h e n - k ugel , nur nicht aus einer Epithelzelle, sondern aus eincm Leu- kocyten entstanden.

Auch S a e f f t i g e n (28) hielt die ColostrumkSrperchen ftir fettig degenerirte Zellen, welche wahrscheinlich LymphkSrper- ehen seien.

H e i d e n h a i n (31), der die Betheiligung tier Leukocyten an der Milchbildung ganz leugnete, hatte einen schwierigen Stand in der Colostrumfrage. Er giebt an~ unter den Epithelzellen hin und Wieder einmal eine auffallend helle gesehen zu haben und bringt diese in genetischen Zusammenhang mit den Colostrum- kSrperchen.

Bizzozero und V a s s a l e (32) fanden im Lumen der A1- veolen einer nicht mehr secemirenden Drtise grosse Zellen (20-- 30~), mit dtinnen Forts~itzen und granulirtem Protoplasma, einem ovalen Kern und Fetttropfen. Sie fanden die am~boide Beweg- lichkeit dieser Zellen wieder. Ueber ihre Herkunft geben sie nichts N~heres an, halten sie aber nicht, wie S t r i c k e r , ftir die Ursprungszellen der Milchktigelehen, sondern ftir ,einzellige Re- sorptionsorgane ~ derselben.

Die ausftihrlichste Arbeit tiber das Colostrum rtihrt yon C z e r n y (39) her. Zun~chst fand er, wie B u c h h o l z , dass die ColostrumkSrper zu jeder Zeit der Lactation auftreten, sobald die S~ugung unterlassen wird. 24--48 Stunden nach einem sol- chert Termin land er unverkennbare Leukocyten in der Milch, am 3. Tage ebensolche mit Fetttropfen im Innern, am 4. bis 5. Tage typische Colostrumk~rperchen. Diese Befunde veranlassten ihn, folgende Versuehe zu machen:

1) Er injicirte einem Frosch Milch in den Rtickenlymph- sack. Nach einiger Zeit sahen die Leukocyten des Frosches den ColostrumkSrperchen tauschend ~hnlich.

2) Er injieirte einem Kaninchen Milch unter die Rtickenhaut. Nach 24 Stunden land er in den Lungengefassen Fett ftihrende Leukocyten.

3) Er injicirte einer Maus Tuschc subcutan, und er fand

Beltr~tg'e zur Kenntni~s der Milchsecretion. 7.o7

die TuschekOrnchen in den Colostrumktirperchen wieder, ohne dass freie Tuschek(irnchen im Secret waren, woraus er schloss, dass die ColostrumkOrperchen ihren Inhalt nicht ausstossen.

4) Er injieirte einem Kaninchen Tusehe in die Milchgi~nge und land nachher in den Lymphdrtisen des Thieres Leukocyten, welehe Tusche und Fett ftihrten.

Seine Resultate fasst er zusammen: ,Die ColostrumkSrper- chen sind,Leukocyten, welche in die Brustdrtisenrliumc einwam dern, sobald in diesen Milch gebildet, aber nieht durch dieAus- ftihrungsgiing'e entleert" wird, welehe dann daselbst die unver- brauchten Milchkiigelehen aufnehmen, zertheilen und behufs wei- terer Rtickbildung in die Lymphbahnen aus der Drtise abftlhren."

Nach C z e r n y findet sich in der Litteratur nur eine, voll- kommen unbegrtindete Bemerkung yon S t e in h a u s (37), welcher meint, dass die ColostrumkOrperehen ,verfettete Mastzellen" seien. Die Angabeu yon S z a b 6 (40) tiber das Colostrum kann ich ftiglich tibergehen.

C z e r n y hat gewiss sehr viel Neues gebraeht und sich ein grosses Verdienst um die Au!kl~trung der Bedeutuug der Colo- strumkfrperchen erworben, allein ich m(ichte doch wagen, einen Einwand gegen seine Theorie zu erheben. Wenn es auch nicht zweifelhaft ist, dass die kleinen LymphkSrperchen durch das Epithel hindurchwandern k6nnen und es aueh thud, wie ieh selber bestiitigen kann, so ist es doch schon a priori vollstiindig a~usgeschlossen, dass die grossen, beim Meersehweinchen oft fiber 25 ~ im Durchmesser messenden, beim Menschen aber, wie ich mich tiberzeugt, habe, noch ganz bedeutend grSsseren ColostrumkSrperchen sich wieder durch das Epithel zurfick- zwlingen. Er ist ebenso wie ihre Gr(isse, aueh ihre Ueberladung mit Fett, welche dagegen spricht, abgesehen davon, dass die mit Fett vollstandig beladenen Colostrumk0rper, wenn tiber- haupt, so jedenfalls eine i~usserst geringe Beweglichkeit besitzen. Wer einmal auf einem Sehnitt so ein Riesencolostrumk0rperchen ge- sehen hat, welches so gross ist, dass neben ihm in demselben Alveolus tin zweites nicht mehr Platz hatte, der wird gewiss nicht glauben~ dass ein solelies Gebilde durch das Epithel in die Lymphbahnen wandern kSnne Auch ist C z e r n y ' s 4. Versuch durchaus nicht einwandsfrei, denn er selber gesteht zu, dass mad mit Leichtigkeit die i~usserst feinen Milchg~tnge durchstechen

A r c h i v f. m ik rosk . An~.t. Bd. 51 4 8

728 L. l~Iich a e l i s :

kann und dann start der Alveolen einfaeh die Lymphspalten des Bindegewebes injicirt.

Meine eigenen Untersuehungen betreften das Colostrum des Meersehweinehens. Dieses Thier neigt ganz ausserordentlich zur Colostrumbildung. Fast wahrend der ganzen Graviditiit, in den ersten Tagen derLaetation undbeim Aufh~iren des Siiugens findet man massenhaft Colostrumk6rperehen. Aus der oben gegebenen Tabelle - welche nut e in Beispiel ist - - ersieht man, dass die Form der Colostrumktirper und ihre Gr6sse sehr wechselnd ist. Die typische, in den ersten Tagen der Lactation h~tufigste Form ist die Maulbeerform; sie erseheint als ein Conglomerat yon etwa 50--100 Milehkiig'elehen. Welter sieht man yon vorne herein niehts. Die erste Frage ist naturgemiiss die naeh dem Vorhandensein eines Kernes. Zusatz yon Essigsaure ist wegen des Fettreichthums erfolglos, aber die F~trbemethoden leisten hier gute Dienste. Man kann sie auf mehrere Weise an- wenden. Am schwierigsten ist die Untersuehunff des h~isehen Praparates. Setzt man einen Tropfen Triacid-L6sung an den Rand des Deckglases und, betrachtet mit dem A bb6 ' s chen Beleuehtungsapparat und ganz oftener Blende, so dass die Con- touren der Fetttrtipfchen verschwinden, so sieht man e i n e n grossen, runden, sich blaugrtin farbenden Kern. Zieht man die Blende ein wenig zu, so verdecken ihn die Fetttr6pfehen wieder.

0der man maeht sieh auf dem Deekglase ein Trocken- priiparat des Secretes. Die meisten ColostrumkCirperehen schwim- men weg, aber die haften gebliebenen zeigen aueh bier bei be- liebiger Fi~rbung e i n e n grossen, runde.n Kern.

Am elegantesten ist die Methode der Schnittuntersuchung. Man sucht auf Schnitten durch die Milchdrtise, welche vor dem Tode Colostrum secernirt hat, nach Colostrumk(irperchen., Ein solches stellt Fig. 9 a dar. Die Fetttropfen sind gel6st, man sieht nur ein Netzwerk oftenbar protoplasmatischer Substanz. Wiederum zeigt sieh e in grosser, runder Kern.

Leichter noch sind diejenigen Colostrumk6rperehen zu unter- suchen, welche nieht so stark mit Fett beladen sind. Hier ge- nilgt oft schon Zusatz yon Essig'siiure, um wieder e i n e n grossen, runden Kern nachzuweisen. Die neben den Colostrumk(irperchen vorkommenden Leukocyten sind theils ein-, theils mehrkernig, wie die Tabelle zeigt. Die mehrkernigen Leukocyten erreicheu

Beitr~ffe zur Kenn tn i s s der Milchsecretion. 7_99

manehmal auch eine etwas ansehnliehere Gr~sse und enthalten wohl auch wenige Fetttropfen, w e r d e n a b e r n i e z u t y p i- s e h e n C o l o s t r u m k 6 r p e r c h e n .

Die a m ~ b o i d e B e w e g 1 i dlh k e i t der Colostrumk~rper babe ich unter dem heizbaren Mikroskop beobaehtet; an den grossen, maulbeerf6rmigen babe ich keine Bewegung gesehen, dagegen zeigeu die zwar grossen, aber noeh nicht mit Fett tiber- ladenen Colostrumk5rper eine sehr eigenthtimliche Bewegung. Sic besteht im Ausstreeken sehr feiner, fadenfSrmiger Pseudopodien. Ich sah yore Rande eines Colostrumk6rpers mit ziemlieher Ge- sehwindigkeit feine Faden ausstrahlen, welche einen Bogen be- schrieben und mit ihrem freien Ende sieh wieder an die Ober- flache des K6rperehens befestigten, so dass an der Peripherie des ColostrumkSrpers eine buekelartig hervorragende Vacuole entstand, etwa wie sic bei Aetinosphae~ium vorkommt.

Die ColostrumkSrperehen haben mit den Leukocyten nieht n u r die am~boide Bewegung gemein, sondern es finden sigh zu gewissen Zeiten, wie ieh sehr haufig an mehreren Meerschwein- chert feststellen konnte, alle m6gliehen Uebergange zwisehen diesen beiden Gebilden, so dass es wohl tiber jeden Zweifel er- haben ist, d a s s d i e C o l o s t r u m k ~ r p e r a u s L e u k o - c y t e n e n t s t e h e n , u n d z w a r a u s d e n e i n k e r n i g e n L y m p h k ~ r p e r e h e n , in~lem s i e M i l e h k t i g e l c h e n in i h r I n n e r e s a u f n e h m e n. Auf keinen Fall entstehen abet die Colostrumk~rperehen durch fettige Degeneration der Leuko- eyten, wie R a u b e r will, denn erstens haben sic stets einen Kern, zweitens zeigen sic am6boidc Be.wegungen.

Was wird abet aus den m e h r k e r n i g e n Leukoeyten, da sic nicht zu Colostrumk6rperchen werden? Die Antwort darauf giebt der Befund yon Zellen, wie sie in Fig. 9 b abge- bildet sind, und wie man sic in Colostrumdrt~sen in grossen Mengen finder. $Ian kann solehe Zellen nieht mehr als mehr- kernige Leukoeyten bezeiehnen, denn das Chromatin ist in ihnen in Form yon kleinen Ptinktchen, in ganz wechselnder Anordrmng enthalten, i n Z e r f a 11 b e g r i f f e n. Man finder alle m~gliehen Uebergangsstadien yon den drei- oder vierkernigen Leukoeyten zu jenen Zellen mit vielen feinsten Chromatinsttiekehen. Ferner findet man nieht selten in grossen Col0strumk~rperchen auf Schnitten ausser dem einen, grossen Kern noeh einzelne winzige

730 L. M i c h a e l i s :

Chromatinsttickchen, welche hSehst wahrscheinlich yon solchen zerfallenen Leukocytenkernen herstammen und, wie die Milch- kfigelchen, yon den ColostrumkCirpern durch Phagocytose auf- genonimen worden sind (Fig. 9 e).

Die mehrkernigen Leukocyten unterliegen also einem Zer- fall. Unter diesen Umsti~nden scheint es h6chst wahrseheinlieh, dass die Theilung des Kernes des Lymphk6rperchens selbst schon als der Beg'inn des Zerfalles zu deuten ist. Damit stimmt auch fiberein, dass diese Theilung direkt, e ine einfache Zer- schnfirung istl). Dazu kommt noch, dass die Leukocyten, welche in Mengen im interstitiellen Gewebe der Colostrumdrfise liegen, alle einkernig sind.

Das Schicksal eines Lymphk(irperehens, welches durch das Epithel der Milchdrtlse gewandert ist, ist also:

en t we d e r wiichst es bedeutend~ nimmt Fetttropfen auf und wird zum ColostrumkOrperchen,

o d e r , nachdem es ein wenig' gewachsen ist, zerfi~llt erst der Kern, dann der Zellkth'per.

Ueber das weitere Schicksal der Colostrumk6rperehen bin ich, abgesehen yon jenem negativen Resultat, dass eine Rtick- wanderung derselben in die Lymphbahnen zum Mindesten sehr unwahrscheinlich ist, zu keiner festen Anschauung- gelangt. Und ich will auch keine theoretischen Betraehtungen fiber diese Frage anstellen. Denn was hilft es, Theorien fiber eine Frage auf- zustellen, die sicherlich durch direkte Beobachtung noch gel6st werden wird.

Zum Schluss der 13etrachtungen fiber das Colostrum sei noch einmal auf. den aus dem oben gegebenen Protokoll hervor- gehenden Befund hingewiesen, dass im Colostrum des Meer- schweinchens hi~ufig ein k6miger, also ungel6ster Eiweissk6rper vorkommt, der in Kalilauge leicht 15slich ist und sich mit Os- miumsi~ure nicht schwi~rzt.

Wir wenden uns jetzt an die Untersuehung" der Milchdrfisen dreier Meerschweinchen, welche einige Stunden bis einen Tag nach dem Wurf get6dtet wurden, ohne jemals ges~tugt zu haben. Bei einem derselben zeigte sich hin und wieder eine Mitose in

1) Ein einziges Mal land ich in einem im Lumen liegenden Leukocyten eine Mitose (Fig. 9, d.).

BeitrP~ge zur Kenntniss der Milchsecretion. 731

den Epithelzellen, das einzige Mal, wo ieh tiberhaupt Mitosen in der Mamma des Meersehweinehens gesehen habe (Fig. 2). Mit Bezug auf die Angaben yon S t e i n h a u s (37) aehtete ich be- sonders auf die Richtung der Spin~ielaxe, und ieh kann die Be- hauptung yon S t e i n h a u s durehaus night bestatigen. Die Spin- deln lagen in allen m~glichen Riehtungen, sic drehen sich often- bar sehr leicht, und wenn S t e i n h a u s meint, dass die radiar stehenden Mitosen nut zur Vermehrung der bet der Lactation redueirten K e r n e dienten, ohne Zelltheilungen herbeizuftihren, so steht dem doch gegentiber, dass P a r t s c h (26), H e i d e n- h a i n (31), B i z z o z e r o und V a s s a l e (32), N i s s e n (33), C o e n (34), F r o m m e 1 (36), B e n d a (38) in der seeernirenden Drtlse einige Zeit n a e h dem Wurf tlberhaupt niemals mehr Mitosen sahen, welchem Ergebnisse ich mich roll anschliessen muss.

Auf diesem Stadium treten auch zum ersten Mal in den Epithelzellen reichliehere Mengen yon Fetttropfen auf, welehe in Sublimatpraparaten als L~eher (Fig'. 7) erseheinen, an Osmium- praparaten geschwarzt sind. Sic erreichen oft eine GrSsse, die die eines Kernes betraehtlich tibertriftt. In e i n e r Zelle ist ge- w~hnlich nut e i n grosser, ~fter daneben mehrere kleine Fett- tropfen; sic liegGn niemals dieht an der Memhrana propria, son- dern in dem yon dieser abgewandten Theil der Zelle; d i e ganz grossen sogar stets dight unter dem freien Rande der Zelle. Aus alle dem folgt sehon, dass dieses Fett nieht als ein Degene- rationsprodukt aufzufassen ist.

Das P r o t o p I a s m a hat eine sehr eharakteristische Struc- tur; es enthalt n~mlich dight gedrangt grobe, vGrschieden grosse, durchschnittlich 3 ~ im Durchmesser messende, racist night ganz regelmassig kugelf6rmig geformte Granula, welche sich durch eine etwas starkere Farbung in sauren Anilinfarben hervorheben (Fig. 6, 7). Man k6nnte sic anfangs wohI fttr Kunstprodukte halten; sic zeigen sich aber ebenso deutlich an Sublimat-, wie an Osminmpraparaten. In letzteren treten sic, nach H e i d e n h a i n gefarbt, sogar sehr scharf hervor und erscheinen wieder zusam- mengesetzt aus einzelnen, feinstcn KSrnchen. Andere Zellen, be- sonders an tangential angeschnittenen Alveolen, zeigen, nach dieser Methode behandelt, ein sehr zierliches Netzwerk, welches wohl an das einer Talgzelle elinnert (Fig. 14a).

Die K e r n e variiren stark in Gr6sse und Gestalt. bTeben

732 L. M i c h a e l i s :

ganz regelmitssigen, runden oder ovalen Kernen findet man solehe mit unregelmassigen Ausbuchtungen (Fig. 5) und bedeutend gr6ssere, welche sich ganz blass fiirben. Auf diese Veranderun- gen werden wir spater noeh zuriickkommen.

Ira L u m e n der Alveolen liegt das vom Fixirungsmittel ausgefallte Casein; in ihm erkennt man die Fetttropfen auch an Sublimatpraparaten als runde L(icher (Fig. 5). Ausserdem aber wimmelt es f0rmlieh yon Leukocyten jeder Form und Gr0sse, mit einem und mit mehreren Kel'nen, mit cinem oder einzelnen kleinen Fetttriipfchen, bis zu den grossen, ausgebildeten Colo- strumk0rpern, deren Protoplasma au[ Schnitten als tin die Fett- tropfen umgebendes Netz erseheint (Fig. 9).

In vielen Leukocyten, besonders in den kleineren, liege n im Protoplasma dieselben starker gefiirbten Ktigelchen wie in den Epithelzellen (Fig. 9 e), was ich nicht nur an Schnitten, sondern aueh an frischen Praparaten gesehen babe. Doeh will ieh mich betreffs der Deutung dieser Ktigelchen nieht in unge- wisse Spekulationen verlicren.

Im interstitiellen Bindegewebe ist bemerkenswerth die herd- weise Infiltration mit Lymphk(irperchen und das zahlreiehe Vor- handensein der aeidophilen Zellen, nicht nut im interalveoliiren Gewebe, sondern auch in dem bindegewebigen Ueberzug der Drtise.

Bisher war immer yon der Milchdrttse wahrend des Colo- strumstadiums die Rede, wir kommen jetzt zu der Drtise, welche yon ColostrumkCirpern freie Milch secernirt.

Untersucht man die Drtise eines mehrere Tage lang saugen- den Thieres, so erh~tlt man ein total verlindertes Bfld gegen frtlher. Das interstitielle Bindegewebe ist auf ein ]~[inimum redu- cirt und bestcht eigentlich nur noch aus einzelnen spindelF6rmigen Bindegewebszellen, 'wclche sieh zwisehen die Alveolen hinein- zwangen. A c i d . o p h i l e Z e l l e n f i n d e t m a n n u r g a n z a u s n a h m s w e i s e, auch in .dem gr(iberen, die Drttsenlappchen umgebende Bindegewebe, das sie frtiher so massenhaft enthielt. Bei einem Thief, welches auf dem H0hepunkt der Lactation stand (10. Tag naeh dem Wurf) fand ich auf vielen Sehnitten kaum eine einzige eosinophile Zelle. Auch die L y m p h k 0 r p e r- c h e n sind aus dem Bindegewcbe gesehwunden.

Ebenso veriindert ist der Inhalt der Alveolen and Milch-

Beitr~ge zur Kenntniss der Milchsecretion. 733

gange. Es ist kaum ein einziger Leukoeyt zu sehen, daftir aber haufenweise f r e i e K c r n e , welche genau den Kernen der Epithelzellen gleichen (Fig. 12).

Man wird mir mit Reeht einwerfen, dass es sehwierig ist, ein einkerniges Lymphk0rperchen mit einem schmalen Protoplasma- saum yon einem freien Kern zu unterscheiden. Ich habe langer Zeit bedurft, um mir in dieser Beziehung klar zu werden. Das einzige Mittel, sich vor Verwechselung zu httten, ist eine starkc Protoplasmafarbung, welche aueh den schmalsten Saum um den Kern hervortreten liisst. Ferner babe ich, um die verschiedenen Formen der Leukocyten kennen zu lernen und vor Verweehse- lungen gesiehert zu sein, Lymphdrtlsen des Meersehweinehens auf genau dieselbe Weise behandelt und ihre verschiedenartigen Leukocyten auf's Genaueste mit jenen Kernen verghchen, beson- ders mit denjenigen, welche frei, nieht rings yon geronnenem CaseYn umgeben, lagen, und ich bin zu dem Resultat gelangt, dass die Kerne in den Alveolen wirklich v o n d e n E p i t h e 1- z e I l e n a u s g e s t o s s e n e , f r e i e K c r n e sind. Man kann dieses Ausstossen mitunter fOrmlich beobaehten, denn man findet Kerne, die den Epithelzellen noeh anhaf ten , aber schon rings yon Secretgerinnsel umgeben sind, so dass man nicht sagen kann, ob sic der Zelle angehOren, oder ob sic frei im Secret liegen.

Freie Kerne im Secret der Milehdrtise sind sehon yon L a n g e r (14), P a r t s c h (26)~ H e i d e n h a i n (31), K a d k i n (35), N i s s e n (33), C o ~ n (34), F r o m m e l (36), S t e i n h a u s (37), S z a b 5 (40) besehrieben worden. Sic werden abgeleugnet v o n B i z z o z e r o u n d V a s s a l e ( 3 2 ) u n d B e n d a ( 3 8 ) , weleher ihr etwaiges Vorkommen ftir zufallig halt. Ein Blick auf Fig. 12 wird gentigen, um starke Zweifel an dieser Zufalligkeit auf- kommen zu lassen, wenn ich hinzuftlge, dass ieh ahnliche Stellen massenweise abbilden kiinnte.

Es handelt sich jetzt datum, nachzuweisen, woher diese Kerne stammen, da Mitosen bei der secernirenden Driise nicht vorkommen. Ieh habe sehon in der historisehen Einleitung darauf aufmerksam gemaeht, dass dieser Punkt den Autoren als der schwierigste beim Verstandnis der Milchsecretion ersehienen ist. N i s s e n v e r m u t h e t eine direkte Kerntheilung in den Epithel- zellen; F r o m m e 1 stellt die Vermehrung der Kerne geradezu als ein Rathsel hin; S t e i n h a u s hilft sich mit der Annahme yon

734 L. M i c h a e l i s :

Mitosen, welche er beobachtet haben will, die aber einige Tage nach der Geburt sicherlich nicht mehr vorkommen.

Alle Autoren ~ bis auf B e n d a - - sind sich darin einig, dass die secernirende Milchdrtisc bedeutend mehr Kerne enth~tlt a|s die nieht secernirende. Gerade dass man in einer Zelle zwei Kerne in unmittelbarer Nachbarschaff, einer den anderen bertih- rend, findet (Fig. 11 und 14b), weist auf. den gcmeinsamen Ursprung zweier soleher Kcrne bin. Auf diese Lagebeziehung der Kerne zu einander, welche das Verst~tndniss ihrer Herkunft bedeutend erleiehtert, hat, so auff~tllig sie ist, noch keiner der genannten Autoren aufmerksam gemaeht; s ie deutet auf eine direkte Kerntheilung bin, und in der That kann man die cinzel- n e n S t a d i e n d e r d i r e k t e n K e r n t h e i l u n g v e r f o l g e n . Schon gleieh nach dem Wurf fanden wir jene sonderbaren Kernformen in den Epithelzellen. In noch starkerem Maasse ist das bei der Drtise des saugenden Thieres der Fall. E s w e c h s c 1 n g a n z g r o s s c m i t k l e i n e n K e r n e n a b , r u n d e m i t l a n g - l i c h e n , mi t a l l e r l e i A u s b u c h t u n g e n u n d Einschnt t - r u n g e n (Fig. 12, 13, 14). Man k6nnte das far Kunstprodukte halten, far postmortale Veranderungen oder Schrumpfungen bei der Einbettung. Das erste ist deshalb ausgeschlossen, weil zwi- schen dem Tode der Thiere und dem Einlegen der Sttleke nur Secunden vergangen sind, auch das zweite ist auszuschliessen, denn wenn eine Schrumpfung stattgeflmden hatte, so mfisste in- folge der Retraction des Protoplasma zwischen ihm und dem Kerne eine Lticke liegen, was nicht der Fall ist. Ganz dicht neben einander liegen grosse, runde und eckige, ausgebuchtete Kerne. Viele haben ein auffallend grosses Kernk6rperchen (Fig. 15), viele ovale Kerne haben 2 symmetrisch liegende h;ucleolen. Die ovalen Kerne haben bald (Fig. 13, 14) in ihrer Mitre eine Einschnttrung, bald ist die Einschntirung unsymmetrisch und es knospt sich gleichsam yon einem Mutterkern sin kleiner Tochterkern ab, - - kurz, es ist gar nicht m6glich, alle die verschiedenen Kern- formen aufzuzahlen oder abzuzeichnen, die man an einem einzigen Praparat auffindet. Um so mehr muss es Wunder nehmen, class diese Kernveranderungen noch gar nicht beobachtet sind.

Wir kommen jetzt zu der Frage, auf welche Weise die in das Lumen ausgestossenen Kerne zu Grunde gehen - - denn in der Milch sind sie nieht mehr vorhanden. Da muss ich zuerst

Beitriig'e zur Kenntniss tier Milchsecretion. 735

hervorheben, was schon N i s s e n gethan hat, dass ein Theil tier Kerne schon vor der Ausstossung in's Lumen Zerfalls- verlinderungen zeigt~ und zwar typische C h r o m a t o 1 y s e n, welche zuerst gleichzeitig yon F 1 e m m i n g (41) in den Zellen atretischer G r a a f ' s e h e r Follikel und N i s s e n (33) in der Milchdrtise beobachtet worden sind. Die C h r o m a t o 1 y s e besteht darin, dass der Kern sich umwandelt in ein rundes, ho- mogenes Gebilde aus achromatischer Substanz, in dessen Innern das Chromatin in mehrcren St(ickchen~ bisweilen als ein zusammen- h~tngendes Sttiekehen vertheilt ist (Fig: 16 b). Die einzelnen Chromatinsttickchen sind meist etwas eekig, aueh halbmondfOrmig (Fig. 16 c), und liegen unregelmassig vertheilt in dem ganzen Gebilde, bisweilen an die Peripherie' angeheftet. Solehe chroma- tolytischen Figuren i m E p i t h e 1 land ich bei einem Thier in ziemlicher Menge, bei einem andern dagegen gar nicht. Auch B i z zo z e r o und V a s s a l e haben sie gesehen und bilden sie auch ab, nur bestreiten sie, dass es veranderte Kerne seien~ und meinen, es seien Gebilde, die im Protoplasma auftreten und ,,etwas chromatische Substanz in sich aufnehmen". Mir'scheint j das un- haltbar zu sein gegentiber der viel eintaeheren Erkli~rung N i s s e n's, besonders well man im Lumen der Alveolen dieht neben ein- ander freie Ken'he, solehe chromatolytischen Figureu und Ueber- gi~nge yon beidea findet.

Jedenfalls erleidet aber nur ein Bruehtheil tier Kerne sehon i n d e n E p i t h e 1 z e 11 e n diese Veriinderung; bei Weitem die grSsste Menge kommt als ein ganz reguli~rer, runder Kern (Fig. 12 u. 16 a), meist mit einem grossen KernkSrperchen und ganz normaler Kel-nstruetur in die Alveolen. Es scheint sogar, class auch hier noeh einige Kerne sich weiter zersehntiren, denn man beobachtet bisweilen an den freien Kernen iihnliche Zerschntirungs- formen wie im Epithel.

Will man die Zerfallsvcu-i~nderungen der freien Kerne ver- folgen~ so thut man gut, sie in den gr(isseren Milehgiingen auf- zusuchen, die im Schnitt getroffen sind, denu in den Alveolen zeigen sic meist noch gar keine Ver~tnderung. Dann finder man ebenfalls alle Stadien der Chromatolyse (Fig. 16b), und als Ausgangsproduct derselben ganz kleine, unregelmiissig geformte Chromatinsttickchen, welche bisweilen noch gruppenweise zusam- menhalten~ andere Male schon ganz auseinander gefallen sind.

736 L. M i e h a e l i s :

Noeh einer anderen Ver~tnderung der Kerne will ieh ge- denken. Wie namlich besonders S t e i n h a u s hervorhebt, findet man nicht selten in den Kernen der Epithelzellen eine runde Vacuole, welche sieh an Osmiumpr~tparaten als ein Fetttropfen erweist. S t e i n h a u s meint nun, dass dies ein Zeichen dafttr sei, dass der Kern ,verfette"; es seheint mir abet viel annehm- barer, dass ein im Protoplasma entstandener Fetttropfen den Kern nur e indr t i cke . Daftir spricht auch, dass man an gtinstig getroffenen Schnitten solches Vorkommniss direct beobachten kann, und dass in den im Lumen liegenden Kernen niemals Fetttropfen zu sehen sind, nur hin und wieder ein kleines Fetttr6pfehen in einer chromatolytisehen Figur.

An den F o r m e n der E p i t h e l z e l l e n kann man zwei Typen unterseheiden, welche durch Ueberg~tnge mit ein- ander verbunden sind: 1) mehr oder minder abgeplattet kubi- sche Zellen, 2) sehr hohe Zellen, welehe in ganz eigenartiger Weise, wie sonst wohl nirffends im thierischen K6rper, papillen- artig in das Lumen hineinragen (Fig. 11). Man kann an einer solchen Zelle die B a s i s unterscheiden, welche seitlich unmittelbar an andere Zellen grenzt, mit meist sehr wenig deut- licher Grenze, und den in's Lumen ragenden, k u p p e l f 6 r m i g e n Thei l , der yon den Nachbarzellen durch einen weiten Zwischen- raum seharf getrennt ist. Diese hohen Zellen haben sehr h~tufig, wohl in tier Mehrzahl der F~tlle, zwei Kerne, welehe h i n t e r ein- ander liegen, d. h. der eine in der Zellbasis, der andere in der Kuppe. Aber auch die flacheren Zellen haben h~tufig zwei Kerne, welche dann schr~tg oder neben einander in tier Zelle liegen.

Fetttropfen kommen sowohl in flachen, wie in hohen Zellen vor. Bei den kuppelf6rmigen Zellen liegen die grt~sseren Fett- tropfen stets in der Zellkuppe, yore Lumen oft nar durch einen ganz feinen Protoplasmasaum getrennt.

Die verschiedene HShe der Zellen haben P a r t s e h (26) und t t e i d e n h a i n (31) zuerst beobachtet und in ihrer Bedeutung ftir die Secretion gewtlrdigt. In neuester Zeit hat B e n d a (38) die verschiedene H6he erkl~tren wollen einfach durch den ver- schiedenen Ftillungsgrad der Alveolen und den mechanischen Druck des Inhalts auf die Zellen. Er band einem s~tugenden Thier eine Zitze ab und land in der entsprechenden Drtise nur flache Zellen. Wenn auch gegen B e n d a ' s Auffassung, dass der

Beitr~ge zur Kenntniss der Milchsecretion. 737

Druck einen Einfluss auf die H6he der Zelle habe, gar nichts einzuwenden ist, so erklart sie doch nicht das Zustandekommen der papillenfSrmigen Zellen, welehe B e n d a tiberhaupt nicht ge- sehen zu haben scheint; und ferner, wenn der intraalveolare Druck steigt, so mtisste er auf die papillenf~rmigen Zellen ganz anders wirken, als sie nur abplatten, er mtisste sie im Gegentheil noch mehr aus einander keilen, da er auch seitlich auf sie wirkt. Das ist aber nicht der Fall. Ferner ware es nach B e n d a nieht m6glich, dass in demselben Alveolus gleichzeitig hohe und flache Zellen neben einandei" vorkommen. U m das zu widerlegen, ge- ntigt ein Blick auf Fig. 12. Die papillenf6rmigen Zellen sind also sieherlich Zellen, welche erst wahrend der Lactation ihre Form erhalten, und sie auch noch wahrend der Lactation, wahr- scheinlich naehdem sie sich durch eine langere Secretion erschSpft haben, verlieren und wieder kubisch werden, indem sie gleieh- zeitig durch den Druck des Secretes platt gedrttckt werden. Wird das Secret entleert, so dehnen sie sich erst wieder zu kubischen oder flach cylindrischen Zellen und wachsen dann wieder zu papillenfSrmigen Zellen aus. D i e A u f e i n a n d e r- f o l g e d e r v e r s c h i e d e n e n Z e l l f o r m e n w a h r e n d d e r L a c t a t i o n w a r e a l s o d e m n a e h : k u b i s c h , pa- p i l l e n f 6 r m i g , k u b i s c h , p l a t t u. s. f.

H e i d e n h a i n dachte sich das Verschwinden der Zell. kuppen etwas anders, er meint.namlich, dass sie mitsammt den in ihnen liegenden Fetttropfen oder Kernen einfach abgestossen wtirden. Nun kann man ja in tier That an dtinnen Sehnitten solche abgeschnittenen Zellkuppen sehen~ aber es ist viel wahr- scheinlicher, dass sie durch das Messer yon den tiber oder unter der Schnittebene gelegenen Zellen abgeschnitten sind. Es mag sein, class die Eiweissk6rper der Milch ein U m w a n d 1 u n g s- p r o d u k t gerade dieser Kuppen sind, aber als solche werden die Kuppen jedenfalls nicht abgestossen.

Dureh diese Betrachtung werden wit auf die Frage nach der A r t d e r M i I c h s e c r e t i o n iiberhaupt geftihrt. Zunachst sei die Frage aufgeworfen, w i e e n t s t e h t d a s F e t t i n d e n E p i t h e l z e l l e n ?

Die alte Anschauung ist, dass es das Produkt der fettigen Degeneration der Epithelzelle ist. Davon kann nattirlich auf Grund aller neueren Untersuchungen nicht die Rede sein.

738 L. M i c h a e l i s :

Es giebt noch eine andere Art und Weise, wie Fett in Epithelzel]en, besonders in Leberzellen auftritt, das ist die F e t t- i n f i l t r a t i o n . Sie unterscheidet sich yon der ersten Art dadurch, class das Fett nicht a n d i e S t e l l e des lebenden Protoplasma tritt, sondern dass das Protoplasma aus den Nahr- siiften das Fett n i e d c r s c h l i ~ g t . Diesem Process ist die in der Milchdrtise vorkommende F e t t s e c r e t i o n bedeutend i~hnlicher. Dabei geht die Zelle nicht zu Grunde, sondern das N i e d e r s c h 1 a g e n des Fettes aus den zug'eft~hrten Siiften (aus Seifen?) ist sogar eine Beth~ttigung "der h(ichsten Lebens- I~higkeit der Zelle.

Beruht nun aber das Auftreten yon Fet t hier wirklich auf dem N i e d e r s c h l a g e n eines gel(isten KSrpers? Es ist in letzter Zeit ein Fall bekannt geworden, wo ein fettartiger Ktirper schon a I s s o 1 c h e r die Mcmbrana propria einer Drtise durch- bricht und nachher in den Drtisenzellen erscheint. Das hat P 1 a t o (47) am H o d e n nachgewiesen. ' Hier werden die Fett- tropfen gebildet in den interstitiellen Zellen und str~men yon hier aus in die Tubuli hinein. In dieser Beziehung bin ich zu dem Resultat gekommen, dass ein derartiger Vorgang bei tier Milchdrtise v(illig ausgeschlossen ist. Die Fettropfen liegen fast niemals, die grSsseren iiberhaupt hie in der NiChe der Membrana propria, sondern mehr nach dem Lumen zu - - geschweige denn in oder ausserhalb der Membraaa propria. D a s E p i t h e 1 s e- c e r n i r t a l s o d a s F e t t s e l b e r .

Hier ist auch der Ort, auf die Frage nach der M e m b r a n d e r M i I c h k ii g e I c h e n einzugehen. Zum ersten Mal wurde ihr Vorhandensein behauptet yon R a s p a i 1 (3); diese Behaup- tung erhielt ihre wesentliche Sttitze dadurch, dass H e n 1 e (5) sich zu ihr bekannte. A s c h e r s o n (9) glaubte sogar, sie aus theoretischen Grtinden annehmen zu mtissen, well sich um jeden Fetttropfen in einer ~iweisshaltigen Fltissigkeit eine ~Haptogen- membran" niederschlage. Die Litteratur 11ber diesen Gegenstand ist ausserordent]ich gross und yon K e h r e r (17) zusammengc- stellt. Dieser stellte 1871 durch umfangreiche Versuche fest, dass die Milchkiigelchen keine Membran haben, doch sind seine Ergebnisse sclbst in den neucrcn Lehrbiichern noch nicht mit Entschiedenheit anerkannt. Eine einfache Weise, diese Frage zu entscheiden, ist die Untersuchung yon Schnitten, in denen das

BeitrKge zur Kenntniss der Milchsecretion. 739

Fett gel/Sst ist. Man findet in dem geronnenen CaseYn, das das Lumen tier Alveolen zum Theil erft~llt (Fig. 5), runde L6cher. Die mitten im Gerinnsel liegenden Fettl6cher sind zur Beantwor- tung dieser Frage nicht geeignet, sondern nur die, welehe am Rande des Gerinnsels liegen trod nur zur I-I/~lfte in dasselbe hin- einragen (a). Es ist an der frei liegenden H/~lfte der Fetttropfen keine Spur einer Membran zu erkennen, und es sollte endlich die Fabel yon der Membran der Milehktigelehen ganz verschwinden.

Wie werden nun die anderen festen Bestandtheile der Milch, tier Z u c k e r und das C a s e i n gebildet?

Ueber die Secretion des M i l e h z u c k e r s , da er kein morphologisehes Element der Milch darstellt, wird man, bevor die Mikroehemie keinen festeren Boden gewonnen hat, nichts aussagen k6nnen.

Etwas mehr wissen wir yon der Seeretion des Case'fns. Es setzt .sieh offenbar zusammen aus einem yon den Zellen seeernir- ten (viel]eieht dureh die Umwandlung der Zellkuppen entstande- hen) und einem durch dan Zerfall der Kerne gebildeten Eiweiss- k(irper. Das letztere erklart, wie H e i d e n h a i n und N i s s e n ausgefahrt haben, den Nueleingehalt der Milch.

Da wahrend der Colostrumperiode so gut wie gar keine Kerne yon Epithelzellen zerfalIen, so ist dadureh der bekannte ehemische Unterschied zwischen Milch und Colostrum, dass die erstere mehr CaseYn, letzteres mehr Albumin enthi~lt, verstandlieh.

D i e I n v o l u t i o n s p e r i o d e .

Entfernt man die Jungen yon der Mutter oder fressen die Jungen gentigend allein, so bildet sich die Milchdrtise sehr bald zurtick, and zwar besteht dieser Vorgang darin, dass die Alveolen sieh bedeutend verkleinern (ohne dass dabei die Zellen hSher werden ! vgl. B e n da) und das interstitielle Bindegewebe bedeutend zunimmt. Der Anfang des Involutionsstadiums bildet wiederum die Secretion yon C o 1 o s t r um. Das Secret eines hochtrachtigen Meerschweinehens ist yon dem eines einen Tag lang nicht mehr sau- genden Thieres nicht zu unterscheiden. Auch finden sich im inter- stiellen Bindegewebe ganz pl6tzlieh die e o s i n o p h i 1 e n Z e 11 e n wieder, Leukocyten wandern haufenweise durch das Epithel, zer- fallen in den Alveolen oder werden zu Colostrumk/Jrperchen. Dabei ist es ganz gleich, wie lange Zeit nach dem Wurf ver-

740 L. M i c h a e l i s :

flossen ist. Ein Meersehweinchen, welches regelmiissig seine Jungen siiugte, secernirte am 10. Tag nach dem Wurf noch ganz reine Milch ohne Colostrumk~irperchen~ ein anderes, welches mit dem 5. Tage nach dem Wurf yon seinen Jungen getrennt was producirte bald darauf typisches Colostrum, am 9. Tage ver- siegte die Secretion tiberhaupt. Am 13. Tage wurde das Thier get(idtet. Das interstitielle Gewebe wimmelt f(h'mlich yon eosino- philen Zellen (Fig. 17), in den Alveolen finden sich noch reich- lieh Leukocyten, meistens gr~issere, einkernige~ mit Fetttropfen. In den Milehglingen finden sich auch vereinzelte eosinophile Zellen. Die Epithelzellen sind, obwohl gar kein Secret in den Alveolen liegt und diese ganz eng sind, platt, dementsprechend auch die Kerne.

Die Ergebnisse der Untersuchungen des Meersehweinchens in Bezug auf die in der Einleitung aufgeworfenen Fragen (p. 717) ist also folgendes:

a d I . D i e F t i I l u n g d e r A l ~ e o l e n m i t S e c r e t h a t

i n s o f e r n E i n f l u s s a u f d i e F o r m d e r E p i t h e l - z e l l e n , a l s s i c k u b i s c h e Z e l l e n zu f l a c h e n zm s a m m e n d r t i e k e n k a n n . D i e Z e l l e n in d e r ~ I i l c h - d r i i s e s i n d a b e r zu g e w i s s e n Z e i t e n p a p i l l e n - f S r m i g , w a s n i c h t v o m F i i l l u n g s z u s t a n d e d e s L u m e n s a b h a n g i g i s t , s o n d e r n e i n e s e l b s t s t i i n - d ' i g e F o r m v e r ~ t n d e r u n g d e r E p i t h e l z e l l e n w~th- r e n d d e r L a c t a t i o n b e d e u t e t .

a d I I . W i i h r e n d d e r L a c t a t i o n f i n d e n s i c h m a s s e n -

h a f t f r e i e E p i t h e l k e r n e im L u m e n d e r A l v e o l e n , w e l c h e d u r c h C h r o m a t o l y s e zu G r u n d e g e h e n a n d e i n e n i n t e g r i r e n d e n B e s t a n d t h e i l d e r M i l c h l i e f e r n , w e l c h e r in V e r b i n d u n g m i t d e m y o n d e n E p i t h e l z e l l e n g e l i e f e r t e n E i w e i s s - k t i r p e r d a s C a s e i n d a r s t e l l t .

D e r E r s a t z d i e s e r zu G r u n d e g e h e n d e n K e r n e f i n d e t d a r c h e i n e d i r e k t e Z e r s c h n t i r u n g d e r E p i t h e l k e r n e s t a t t .

ad I I I . D i e L e u k o e y t e n h a b e n a n d e r JBildung d e r

Beitr~ig'e zur Kenntniss der Milchsecretion. 741

M i l c h k e i n e n A n t h e i l , d a g e g e n w a n d e r n s i c in g r o s s e n M e n g e n d u r c h d a s E p i t h e l h i n d u r c h , s o b a l d e i n e M i l c h s t a u u n g e i n t r i t t t , d.i. w a h r e n d d e r G r a v i d i t ~ t u n d u n m i t t e l b a r n a c h d e m W u r f , a n d e i n i g e Z e i t n a c h A b s e t z u n g d e r J u n g e n . D i e L e u k o e y t e n w a c h s e n in d e n A l v e o l e n u n d h a b e n e i n d o p p e l t e s S e h i c k s a l : e n t w e d e r zer- f a l l e n s i e o d e r s i c n e h m e n F e t t t r o p f e n i n i h r e n Z e l l k 6 r p e r a u f u n d w e r d e n zu C o l o s t r u m k 6 r - p e r e h e n .

a d IV. D a s F e t t d e r M i l c h i s t e i n e c h t e s S e e r e -

t i o n s p r o d u c t , e in P r o d u c t d e r L e b e n s t h a t i g - k e i t d e r E p i t h e l z e l l e n , a n d n i c h t e i n Z e r f a l l s - p r o d u c t y o n Z e l l e n .

Ausserdem ergi.ebt sich: B e i m M e e r s e h w e i n c h e n e n t h a l t b e i M i l c h -

s t a u u n g d a s i n t e r s t i t i e l l e B i n d e g e w e b e t i e r M i l c h d r t l s e m a s s e n h a f t e o s i n o p h i l e Z e l l e n , z u r Z e i t d e r e i g e n t l i c h e n L a c t a t i o n d a g e g e n n i c h t .

B. Die Lactation bei der Maus.

Der Grund, warum ich bisher nur auf das Meerschweinchen Rticksicht genoininen habe, liegt nicht nur darin, dass ich yon diesein Thief die genauesten Untersuchungen geinacht habe, sondern vor allcin darin, dass ich iin Laufe der Untersuchung zu der Erkenntniss gekoininen bin, dass man die Resultate, die man bei einer Thierspecies gewonnen hat, nicht ohne Weiteres auf eine andere tlbertragen kann. Bei der Maus seheint die Secretion in vielen Einzelheiten anders zu verlaufen als beim Meerschweinchen, doch betrachte ich Ineine Untersuchungen an diesein Thier fiir noch nicht abgeschlossen, und ich kann Inich deshalb klirzer fassen.

W~ihrend der Lactationszeit kominen bei der Maus eben- falls zwei extreme, dutch Uebergangsformen verbundene Zell- formen vor, die hohen ' und die ganz flachen Zellen (Fig. 19 a, e). Ueber die Abhangigkeit der Zellenh~he yon intraalveol~h'en Druck gilt wohl dasselbe, wie beiin Meersehweinchen.

742 L. M i c h a e l l s :

Die h o h e n Zellen sah ich bisher nie in so sehSner, regel- massiger Form wie beim Meersehweinehen, sondern immer mit ausgefranzten~ verwaschenen Randern (Fig. 19 a). B e n da halt solehe far postmortale Erseheinungen oder Folffen einer sehleehten Conservirung. Das halte ieh bier far ausgesehlossen, weil oft dieht neben einem Alveolus mit derartigen Zellen ein anderer mit flaeheren und ganz ~eharf eontourirten Zellen liegt.

Andererseits, bei starker Ftillung der Alveolen, nehmen die Zellen eine ausserordentlieh platte Gestalt an (Fig. 19 e).

Die Milch der 3[aus seheint viel reieher an Fett zu sein als die des Meersehweinchens, wenigstens sind solehe Alveolen, in denen das Casein nut sehmale Septa zwisehen den Fetttropfen bildet, sehr haufig'; aueh sind die Epithelzellen viel regelmassig.er mit Fetttropfen besetzt als beim ~[eersehweinchen (Fig'. 18). Man findet Alveolen, wo eine Zelle neben tier anderen in gleieher Weise dicht unter ihrem freien Rande einen grossen Fetttropfen enthalt (Fig'. 19b), haufiger noch solehe, bei denen die Fett- tropfen ausgestossen sind und in tier Zelle einen halbkreisf~rmig'en Defekt hinterlassen haben. Oft liegen solehe defekten Zellen so regelmassig nebeneinander, class auf weite Streeken hin die Epitheiien wie ein Briefmarkenrand aussehen (Fig)21).

Die Fetttropfen platzen nieht einfaeh aus den Epithelzellen heraus, sondern ihnen bleibt an einer Seite eine protoplasmatisehe Kappe anhaften. Oft sieht man sie als siehelfSrmige Gebilde den in den Alveolen liegenden Fetttropfen anhaften (Fig-. 20), bisweilen auch, bei anderer Sehnittriehtung-; als Ring-e.

Ueber das Verhalten tier K e r n e bin ieh mir nieht klar geworden. Freie Kerne findet man zwar in den Alveolen, aber auffallend selten; nut bin und wieder lieg't einmal ein Haufchen s01eher Kerne im Secret; jedoeh zeigen die Kerne auch bei der Maus oft gelappte Formen, welehe auf eine direkte Theilung. sehliessen lassen. Typisehe Chromatolysen habe ieh niemals g.e- sehen, dageg.en sind ziemlieh haufig im Epithel unter g'anz nor- malen Kernen eigenthtimlieh g.esehrumpfte, starker gefai'bte (Fig.. 19 d); vielleieht g.ehen bei der Maus die Kerne sehon in den Epithelzellen zu Grunde.

Betreffs des interstitiellen Bindegewebes ist bei der ]gaus das zeitweise Auftreten yon eosinophilen Zellen n i e h t zu eon- statiren. Ich babe tiberhaupt niemals eine eosinophile Zelle in

Beitri~ge zur Kenntniss der Milchsecretion. 743

der Mamma der Maus gesehen, sondern nnr basophile, eehte E h r 1 i e h'sehe M a s t z e 11 e n, in ziemlieher Menge, ohne merk- lichen Unterschied in den versehiedenen Stadien der Lactation (Fig. 22).

C. Die Lactation bet der Kuh.

Die Untersuchung bietet bet der Kuh deshalb Schw!erig.- keit, weil man selten gentigend frisches Material erh~tlt. Von ether Kuh bekam ich die Milchdriise noch wi~hrend des Schlach- tens, und sie zeigte sieh sehr gut erhalten. Die Alveolen sind durch ziemlich viel Bindegewebe g'etrennt~ das mit Leukocyten infiltlirt ist (Fig'. 24). Leukocyten finden sich auch im Epithel. Die Epithelzellen sind cylindriseh mit langlichen Kernen, aber ohne hervorragende Kuppen. In den Alveolen ist sehr wenig Inha]t~ bin und wieder eine C h r o m a t o l y s e . Es maeht den Eindruck, als ob diese Driise im Beginn der Involution steht.

Interessanter ist eine zweite Drtise, welche ich leider erst 5 Stunden naeh dem Tode erhielt, der beim Einschneiden reich- lich Milch entquoll. Das Protoplasma ist nicht mehr ganz tadel- los, die Kerne noch ganz gut erhalten. Die Alveolen sind stark ausgeweitet und prall mit Milch geftillt. Im Secretgerinnsel sind FettlScher und vor allem massenhaft fr e i e K e r n e , bin und wieder C h r o m a t o ly s e n. Ein Bild yon der Massenhaftigkeit der Kerne giebt Fig'. 23 und 25.

Die Epithelzel]en sind stark abg'eplattet, offenbar dm'ch den Druek des Secretes. Kuppelf~rmige Zellen babe ich nicht beobachtet~ woraus nattirlich gar nichts auf ihr Vorkommen in der frischen Drtise zu schliessen ist. Osmiumpr~tparate zeigcn in den Epithelzellen die Fetttropfen.

Das wiehtigste Resultat bet der Kuh ist also, (lass wi~hrend d e r L a c t a t i o n m a s s e n h a f t f r e i e K e l : n e im S c c r c t zu f i n d e n s i n d .

Ich ftihle reich verpflichtet, Herrn Geh.-Rat Prof. Dr. 0. H e r t w i g flit die mannigfachen Anregungen und das lcb- hafte Interesse fiir diese Arbeit meinen ergebensten Dank aus- zusprechen.

Archly f. mikrosk. Anat. Bd. 51 49

744 L. M i c h a e l i s :

L i t e r a t u r - V e r z e i c h n i s s .

Von den mit * bezeichneten Arbeiten habe ich nur Referate er- halten kSnnen. 1. J o h a n n e s Mfi l ler , De glandularum secernentium structura peni-

tiori. 1830. 2. D o n n ~ , A., Die Milch, insbesondere die Milch der Ammen. Aus d.

Franz5s. yon H e i l b r o n m 1838. 3. R a s p a i l , Chimie organique. 1838. 4. S i m o n , J. F r a n z , Ueber die Corps g'ranuleux yon D o n n ~ .

Mi~ l l e r ' s Archly 1839. ,5. H e n l e , Ueber dieHilllen derMilchkiigelchen. F r o r i e r p ' s N o t i z e n

149, S. 104. 1839. 6. M a n dl, Ueber die KSrperchen des Colostrum. M ~il 1 e r ' s Archly 1839. 7. G u e t e r b o c k , Ueber die D o n u ~ ' s c h e n Corps granuleux des

Colostrum. Mf i l l e r ' s Archly 1839. 8. Nas se, Ueber die mikroskopischen Bestandtheile der Milch.

Mfi l le r ' s Archly 1840. 9. A s c h e r s o n , Ueber den physiologischen Nutzen der Fettstoffe

und fiber eine neue auf deren Mitwirkung begriindete und durch mehrere neue Thatsachen unterstiitzte Theorie der Zellenbilduug'. M i i l l e r ' s Archly 1840.

10. H e n l e , Allgemeine Anatomie. 1841. 11. R e i n h a r d t , B., Ueber die Entstehung der K~rnchenzellen. Vir ,

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bei beiden Geschlechtern. Denkschriften der k. Akademie der Wiss. Math.-phys. K1. III, 1852.

14. K S l l i k e r , Mikroskopische Anatomie, 1854. 15. V i r c h o w , Cellularpathologie, 3. Aufiage. 1862. 16. S t r i c k e r , Ueber contractile KSrper in der Milch der WSchne-

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Gynaekologie II, 1871. 18. L a n g e r , C., Die Mflchdriise, in S t r i c k e r ' s Handbuch der Lehre

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und Heilkunde in Dresden, 27. Marz 1874, und Archly fiir Gynae- kologie, 11, 1877.

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the Mammary Function. Journal of Anatomy and Phys. 11. 1877. �9 22. B u e h h o l z , Ueber das Colostrum bei unterlassener Si~ugung.

Diss. GSttingen 1877.

Beitr~ge zur Kenntniss der Milchsecretion. 745

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Archly ffir mikr. Anat. 20, 1882. 31. I I e i d e n h a i n , R., Die Milchabsonderung, in H e r m a n n ' s Hand-

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Regenerat ion der Driisenzellen bei den Saugethieren. V i r c h o w ' s Archly 110, 1887.

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37. S t e f n h a u s , J u l i u s , Die Morpholog ie -der Milchabsonderung. Archiv ffir Anat. und 15hysiol. Supplement 1893.

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39. C z e r n y , A d a l b e r t , Ueber das Colostrum. P r a t e r medicinische Wochenschrift, XV, 1890, Nr. 32.

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746 L. M i c h a r

43. D e r s e l b c, Beitr:,tg'e zur Kenntniss der granul ir ten Bindegewebs- zellen und der eosinophilen Leukocyten. Arch. fiir Anat. und Physiol , Physiol. Abth., 1879.

44. D e r s e l b e , Ueber die speeifischen Granulat ionen des Blutes, ebenda.

45.. P l a t o , Die interstitiellen Zellea des Hodens u n d ihre physiol. Bedeutung. Arch. f. mikrosk. Anatomie, 1896.

Erkli~rung der Abbildungen auf Tafel XX u. XXI.

Fig. 9.

Fig. 3.

Fig. 4.

Fig. 5.

Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9.

Fig. 10.

Fig. 11.

Fig. 19. Fig. 13.

Fig'. 14.

Fig. 15.

Fig. 16.

Fig. 17.

Die VergrSsserung" ist, wo nichts hinzugeftigt ist, Leitz hom. Imm. 1/13, Oc. I. Fig'. 1. Ein Alveolus aus der Milchdriise eines trilchtigen Meerschwein-

chens. Im Lumen veritnderte Leukocyten. Sublimat. ttitma- toxylin, Eosin. Meerschweinchen g'leich nach dem Wurfi Mitosen aus der Milchdriise ; ebenso. Tritchtiges Meerschweinchen. Leukocytenkerne im Epithel; ebenso. Meerschweinchen gleich nach dem Wurf. Eosinophile Zellen. Sublimat, Hiimatoxylin, Orange, Eosin. Meerschweinchen gleich nach dem Wurf. Eine Alveole der Milehdrtise. Sublimat, Httmatoxylia, Eosin. Ebenso. Zellen mit FettlSchern. Ebenso. Elemente des Colostrums, frisch, vom 14. Januar (s. Tabelle). Elemente des Colostrums, wie man sic auf Schnitten sieht. Sublimat, Htimatoxylin, Eosin. Verschiedene Formen yon Leukocyten aus den Alveolen eines trttchtigen Meerschweinchens. Sublimat, H~tmatoxylin, Eosin. Aus einem Schnitt durch die Milchdriise eines 10 Tage lang sttug'endea Meerschweinchens. Sublimat, Httmatoxylin, Eosin. Ebenso. Einzelne Epithelzellen eines 10 Tage lung' stiugenden Meer- schweiuchens. Ebenso. Einzelne Epithelzellen eines 7 Tage lang" sttugenden Meer- schweinchens. Ebenso. Ein Alveolus aus der Milchdriise clues 7 Tage lung- sttugenden Meerschweinchens, ebenso, nur a H e r m a n n ' s c h e Fliissigkeit, H e i d e n h a i n 'sche Fttrbung. b C h r o m a t o l y s e n aus den Alveolen eines 7 Tage sttugenden Meerschweinchens. a) normaler, freier Kern. c) Chromatolysen im Epithel. Sublimat, Httmatoxylin~ Eosin. Eosinophile Zellen aus der Milchdriise eines Meerschweinchens, welches seit 5 Tagen nicht mehr s~tugt.

Fig; 18.

Fig. 19.

Fig. 20. Fig. 21.

Fig. 22.

Fig. 23.

Fig. 24.

Fig. 25.

Beitr~ge zur Kenntniss der Milehsecretion. 747

Schnit~ durch die Milehdriise einer 2 Tag'e lang' s~tug'enden Maus. Leitz Obj. 4, Oc. I. t t e r m a n n ' s c h e Fliissig'keit, un- gef~rbt. Epithelzellen aus der Milchdrfise derselben Maus. Sublimat, H~matoxylin. Ein Alveolus yon derselben Maus. Ebenso. Alveolen aus der Milchdrfise einer 8 Tag'e lang s~tug'enden Maus. Sublimat, H~matoxylin, Eosin. Leitz Obj. 6, Oc. I. Mastzellen aus der Milchdrfise einer 2 Tag'e lang" s~ugenden Maus. Sublimat, Thionin. Aus einem Schnitt durch die Milchdriise einer Kuh. Sublimat, HiimaLoxylin, Eosin. Leitz Obj. 4, Oc. 1. Aus einem Schnitt durch die Milchdriise einer anderen Kuh. Ebenso. Ein einzelner Alv.eolus yon derselben Kuh wie Fig. 23. Leitz 6, 1.

Helminthologische Beobachtungen. Z u r E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e y o n G o r d i u s

a q u a t i c u s G r u e l .

Von

D r . v . L i n s t o w in GSttingen.

Hierzu Tafel XXII.

Gordius aquaticus ist seit Hunderten yon Jahren bekannt, D i e s i n g citirt T h o m a s C a n t a p r a t e n s i s u n d A l b e r t u s M a g n u s , der ihn im Jahre 1517 beschrieb, und doch sind die Acten ~ber seine Entwicklung noch nicht geschlossen.

Mit der Entwicklung der Gordien tlberhaupt haben sieh G r u b e l ) , M e i s s n e r 2 ) , L e i d y S ) , L e y d i g 4 ) , v. Siebold '~) ,

1) Archly fiir Naturgesctfichte Jahrg. XV, Berlin 1849, p. 374, tab. XII, Fig. 1--10.

2) Zeitschr. fiir wiss. Zool. Bd. VII, Leipzig 1855, pag'. 1--144, tab. I--VII.

3) Proceed. Acad. nat. sc. Philadelphia, tab. V, 1852. p. 98--100. 4) Zeitschr. fiir wiss. Zool. Bd. IV, Leipzig" 1853, pag. 385--387,

tab. XIV, Fig. 7--8. 5) S. bei Dies ing ' , Syst. helm. II.