5
430 Carl Schuberth: Wert der Erythrocy~enreaktion. -- H. v. Haberer: genaueste klinische un4 Laboratoriumsuntersuchung kein Krankheits- befund feststellen 1/~Bt, die aber mit zahlreichen un4 gut geschilderte~l Krankheitssymptomen den Eindruck eines vorhandenen Leidens beim untersuchenden Arzte erwecken wollen. Bei diesen F~llen gibt die ESR. ein wertvolles Mittel ab, das uns gestattet, den wirklich Kranken yon dem eingebildet Kranken zu unterscheiden. Wir habea in solchen FMlen die- jenigen Umsts zu erw~gen, die zu einer VerzSgerung der Erythrocyten- sedimentieruag fiihren kSnnen, n~mlich Eindickung des Blutes, gewisse psychische StSrungea uad u. U. stattgefundene RSntgenbestrahlungen; vermissen wir diese drei Faktoren un4 kSnnen wir weder klinisch noch radiologisch eine fiir die Art der geschilderten Beschwerden verantwort- licho Ursache vorfinden, dana diirfea wir auf Grund eines normalen SMW. das Vorhandensein einer Organerkrankung im Zweifel ziehon. Zusammen/assung. Der Ausfall der ESR. h~ngt ab in erster Linie yon 4er Organismus- erkrankmlg, in zweiter Linie vom lokalen Krankheitsbefund. -- Die ESR. erlaubt unter gewissen Bedingungen iImerhalb enger Grenzen die Stellung einer Differentialdiagnose. -- Die ESR. erlaubt bei einzelnen FMlen eine Prognosestellung; hierzu ist eine Reihenuntersuchung nicht immer n6tig. (Aus der Chir. Universit~tsklinik K6ln-Lindenburg [Hofrat Prof. v. Haberer].) Beitrag zu den Erfahrungen mit der Krukenberg-Hand. Yon H. v. Haberer. Mit einer Handschriftabbitdung. (Eingegangen am 4. VII. 1931.) Krukenberg 1, dessen 1917 yon ibm mitgeteilte Vorderarmamputa~ions. plast.ik yon vielen Seiten mi~ besonderer Wertschi~$zung aufgenommen, andererseits aber bis zur vSlligen Ablehnung bek~mpf~ ~-arde, ha~ es je~zt unternommen, die bisher vorliegenden Erfahrungen einer kritischen Durchsich~ zu unterziehen. Das Ergebnis muB als ausgezeichne~ empflmden werden, wenngleich Krukenberg am Ende seiner Zusammen- stellung selbs~ mit Rech~ hervorheb~, dal~ naturgem~B gerade die gu~crl 1 Arch. kiln. Chir. 165, 2 (1931).

Beitrag zu den erfahrungen mit der Krukenberg-Hand

Embed Size (px)

Citation preview

430 Carl Schuberth: Wert der Erythrocy~enreaktion. -- H. v. Haberer:

genaueste klinische un4 Laboratoriumsuntersuchung kein Krankheits- befund feststellen 1/~Bt, die aber mit zahlreichen un4 gut geschilderte~l Krankheitssymptomen den Eindruck eines vorhandenen Leidens beim untersuchenden Arzte erwecken wollen. Bei diesen F~llen gibt die ESR. ein wertvolles Mittel ab, das uns gestattet, den wirklich Kranken yon dem eingebildet Kranken zu unterscheiden. Wir habea in solchen FMlen die- jenigen Umsts zu erw~gen, die zu einer VerzSgerung der Erythrocyten- sedimentieruag fiihren kSnnen, n~mlich Eindickung des Blutes, gewisse psychische StSrungea uad u. U. stattgefundene RSntgenbestrahlungen; vermissen wir diese drei Faktoren un4 kSnnen wir weder klinisch noch radiologisch eine fiir die Art der geschilderten Beschwerden verantwort- licho Ursache vorfinden, dana diirfea wir auf Grund eines normalen SMW. das Vorhandensein einer Organerkrankung im Zweifel ziehon.

Zusammen/assung.

Der Ausfall der ESR. h~ngt ab in erster Linie yon 4er Organismus- erkrankmlg, in zweiter Linie vom lokalen Krankheitsbefund. - - Die ESR. erlaubt unter gewissen Bedingungen iImerhalb enger Grenzen die Stellung einer Differentialdiagnose. - - Die ESR. erlaubt bei einzelnen FMlen eine Prognosestellung; hierzu ist eine Reihenuntersuchung nicht immer n6tig.

(Aus der Chir. Universit~tsklinik K6ln-Lindenburg [Hofrat Prof. v. Haberer].)

Beitrag zu den Erfahrungen mit der Krukenberg-Hand.

Yon

H. v. Haberer.

Mit einer Handschriftabbitdung.

(Eingegangen am 4. VII. 1931.)

Krukenberg 1, dessen 1917 yon ibm mitgeteilte Vorderarmamputa~ions. plast.ik yon vielen Seiten mi~ besonderer Wertschi~$zung aufgenommen, andererseits aber bis zur vSlligen Ablehnung bek~mpf~ ~-arde, ha~ es je~zt unternommen, die bisher vorliegenden Erfahrungen einer kritischen Durchsich~ zu unterziehen. Das Ergebnis muB als ausgezeichne~ empflmden werden, wenngleich Krukenberg am Ende seiner Zusammen- stellung selbs~ mit Rech~ hervorheb~, dal~ naturgem~B gerade die gu~crl

1 Arch. kiln. Chir. 165, 2 (1931).

Erfahrungen mit der Krukenberg-ttand. 481

Resultate vorwiegend ver6ffentlicht werden. Er erw~hn~ aueh meinen l~amen, indem er sich auf eine ihm miindlich yon mir gegebene Mitteilung bezieht. W/~hrend n/~mlich Krukenberg eine gewisse Vorderarml/~nge ftir die Plastik als nnentbehrlich bezeichne~ und bei S~umpfl/~ngen yon wertiger als 12 cm kaum zur Operation raten will, habe ich in einem Falle auch bei einem ktirzeren Stumpf yon kaum 10 em L~nge ein sehr gutes Resultat erzielt.

Ich babe dem Vortrage Krukenbergs und seinen Demonstrationen auf tier Kriegschirurgentagung in Brtissel 1918 beigewohnt, und das yon ibm angegebene Verfahren erschien mir so wer~voll, dab ich besehloB, es sofort in den Innsbrueker Heimlazaretten zur Anwendung zu bringen. Die Tatsaehe, da6 dm'ch Trennung yon Radius und Ulna mit ihren umgebenden Weichteilen aus dem Vorderarmstumpf eia Greiforgan nach Ar~ einer Krebsschere formiert werden kann, das night nut Kraft zu entfal~en imstande ist, sondern normale Tastempfindung besi~zt, erschien mir als ungeheurer Vorteil ~or allen empfindungslosea Pro- thesen, m6gen dieselben noch so vorziiglich fmxktionieren. Dazu die Unabh/~ngigkei~ yon der Maschine, als die doch jede Prothese aufzufassen ist mit alien jeder Maschine anhaftenden M~ngeln.

Wenn ich nun trotzdem fin ganze~ nut ftinfmal bisher in die Lage gekommen bin, die Operation nach Krukenberg ausznfiihren, so hat das seinen Grund in der Abweisung, die der kosmetisehe Endeffek~ der Operation yon seiten der zu behandetnden Kranken erf/~hrt. Gegen Vornrteile dieser Art 1/~Bt sigh sehwer ank~mpfen. Ieh habe kS doch immer wieder, trotz eingehender Sehilderung der Vorteile eines prothesen- losen Greiforganes, erfahren miissen, dab die Leute lieber zur toten Prothese griffen. Gerade wenn ein gegliiekter Fall zm" Demonstration herangezogen wurde, mochte er noch so deutlieh beweisen, his zu welcher Vollkommenheit Verrichtungen mit dem krebsscherenartigen Greiforgan m6glieh sind, verfehlten wir damit den erstrebten Zweek; denn gerade der Anblick der Krebssehere schreckte dig Leute ab.

In der grol3en Unfallstation meiner ])tisseldorfer Klinik war es mir in den 21/~ Jahren meiner dortigen Tgtigkei~ nicht m6glich, auch nut einen einzigen seiner Hand verlustig gegangenen Verungliickten zu der vorgesehlagenen Operation zu bewegen. Hier m6gen, was auch Kruken- berg annimmt, andere Griinde maBgebend skin. Viele Unfallversicherte ftirchten Verlust oder Kiirzung ihrer Rente, wenn nach der Operation Arbeitsf~higkei~ eintritt, und ziehen daher die siehere Versorgung einem unsicheren Arbeitsverdienst, namen~lich in der jetzigen Zeit, vor.

Und so fallen yon den yon mir naeh Krukenberg Operierten noeh 4 in meine Innsbrucker Zeit, w/~hrend ieh den letzten Fall w/~hrend meiner T/~tigkeit in Graz operiert habe. In 4 der operierten Fglle habe ieh tin

432 H.v. Haberer:

sehr gutes Ergebnis erzielt. Nur bei dem 5. Falle, einem Kriegs- beseh~dig~en, der die reehte Hand verloren hatte, war der Erfolg insofern m~Big, als der Mann mit seinem Greiforgan zwar alles anfassen, daher aueh damit gug sehreiben konnte, aber es niehg zu einer nennenswerten Kraftentfaltung braehte. Der Mann hatte einen besonders langen Vorderarm, daher naeh dem Eingriff aueh ein besonders langes Greif- organ. Ieh habe damals die geringe Kraftentfaltungsm6gliehkeig gerade mig der besonders langen Sehere in Zusammenhang gebraeht, bin aber durch die legzte Miggeilung Krukenbergs naeh dieser Riehgung eines Besseren belehrt worden. Die Ursaehe des weniger befriedigenden Erfolges in dem einen Fall meiner Beobaehtungen muB demnaeh wohl an@re Griinde gehabg haben, die fesgzustellen ieh heuge niehg mehr in der Lage bin.

Immerhin hag mir die Meghode in allen Fallen, bei denen ieh sie zur Anwendung bringen konnte, das gehalten, was mit ihr erreiehg werden sollte, und somit in keinem Fall versagt. Ieh habe reich, vom ersten Fall abgesehen, sgreng in allen Einzelheiten an die Teehnik, wie sie uns Krulcenberg gelehig hag, gehalten, brauehe daher dariiber kein Worg zu verlieren. Ieh mSchte nun an Hand des ersten yon mir operiergen Falles zeigen, dag selbsg dann, wenn man gezwungen ist, zum ersten Male, also als Anf~nger, den Eingriff bei einem reehg ungiinstig liegenden Fall zu versuchen, ein ansgezeiehnetes Resultat erreiehg werden kann. Ieh mSehte daher das Wesentliehe der Krankengesehiehte mitteflen:

A.L., 12j. Knabe, am 19. VII. 17 mit Starkstromleitung in Berfihrung gekommen. Dabei sehwere Verbrennungen der r. Hand und der untersten Pattie des Vorder- armes sowie leiehtere beider Ftige. Seither dauernd in Behandlung, zweimal operiert; u. a. 3., 4., 5. r. Finger abgenommen, aueh Teile der MetakarpMknoehen entfernt. Daumen und Zeigefinger wurden belassen. Zeigefinger in Beugestellung, Daumen in Streekstellung unbeweglieh kontrakt, Weiehteile und Ilaut gesehrumpft, dgl. die der restliehen Hand. Derselbe Zustand, der an das Bild der iseh~misehen Kontraktur erinnert, aueh in I-Iaut und Weiehteilen oberhalb des unbew@iehen Handgelenkes. Die ganze Vorderarmmuskulatur atrophiseh. Beugung im Ellen- bogengelenk in vollem AusmaB, Streekung nur his 160 o m6glieh, Pro- und Su- pination des Vorderarmes weder aktiv noeh passiv m6glieh. -- 18. VI. 18 Amputation des Vorderarmes oberhalb der narbigen Ver~nderungen fiber dem llandgelenk, dann sofort ansehliegend Spaltbildung naeh Krukenberg. ~ber dem Radius mit der an ihm stehengelassenen Muskelmasse I/~gt sieh die I-Iaut glatt n~hen, steht aber teilweise unter erheblieher Spannung. Uber der Ulna li~gt sieh die Hang nut unter so starker Spannung n~hen, dab zwisehen einzelnen N~hten offene Stellen bestehen bleiben. -- In der Folgezeit trat denn aueh Nekrose im Bereiehe der ganzen Hautnaht fiber der Ulna auf, und es war aueh ein kleines Stfiek des distalen kn6ehernen Ulnaendes nekrotiseh geworden. Daher am 13. VII. naeh Abtragen der Nekrosen Deekung der Ulna und der ihr anhaftenden Muskulatur mit einem seitliehen Bauchhautlappen naeh Krukenberg. Narbige Sehrumpfung am oberen Ende der Vorderarmknoehensehere maehte dann am 22. VIII. noeh eine Korrektur notwendig, die darin bestand, da6 ieh die Narben zwisehen Ulna und Radius im Bereiehe des Ellenbogengelenkes durehtrennte und das Lig. annulare radii

Erfahrungan mit der Krukenberg.H~nd. 433

sp~ltate. Nlm mu/]~e das obere Ends des Radius und saiuar Muskulatur wieder dureh eir~en seitliahen Bauchhau~p]?en naeh Krukenber9 gedeckt warden, w/~hrend der im Uln~rbareiche entstandelle H~utdefekt gut <lurch dan s. Z. sehr raiehlich gebilder Hautlappen, der die Uin~ zu decken hutte, zu versehiiei~en war. Jetzt ersr trar wirk|~ch Heilung ein and konnte mi~ der Nachbehandlung begonnen

d/ t (/ ~ / / ~ ,

-s / / / . y ,

~kbb, 1. Schriftprobe 1 3, nach der letzben Operation.

werden, die sich bei dem jungan Pat., der sich auBerordentlieh geschiekt anstellte, sehr leicht un4 mit iibarr~schend gutem Ergebnis durchfiihren lieB. Er erreiehte mit dar Krukenbergsehere bald eine betr~chtlieha ]~ra~t und konnte aueh feine Verr/ehtungea sehr volIkoramen durchfiihren. Etw~ 1 J. naeh Spit~lsentlassung schrieb er mir einen Brief, yon dam ieh ainen Tell als Sehriftprobe vorlege (Abb. 1).

I ch babe ~bsichtlieh die Krankengeschichte dieses Falles mRgeteitt , well ich hierbei woh[ erst a, uf Ura- bzw. Irrwegeu, die ich besehritt, zum Ziele kam. Zweifellos habe ich bei diesem ersten Falle, den ich nnch

434 H.v. Haberer: Erfahrungen mit der Krukenberg-Hand. -- W. Schosserer.

Krukenberg operiert babe, Fehler gemach$. Es war unrich~ig, beim ersten Eingriff den Hautverschlul~ fiber der Ulna zu erzwingen; ich hittte reich gleich der Deckung dm'ch den Bauchhautlappen bedienen sollen. Das Zellersche L/ippchen im oberen Wundwinkel der Spalthan4 war unge- nfigend gebildet; daher kam es im oberen Wundwinkel sp/~ter zur Ver- narbung, so dal3 die zweite der beiden, in der Krankengeschichte kurz skizzierten Nachoperationen notwendig wurde. Zudem lagen die Er- n/itrrungsverh/~ltnisse infolge der schweren Schitdigung des ganzen Vorderarmes durch die Starks~romverle~zung sehr ungfinstig. Wenn trotz aUedem das Endresulta~ dennoch ein ausgezeichnetes wurde, so scheint mir der Fall einmal die hohe Leistungsf/ihigkeit der Krukenberg- schen Operation zu beweisen, zum anderen auch darzuSun, dab selbst ein Anf/~nger schlieBlich ein gules Resul~at damit erzielen kann, daB also der Eingriff kein schwieriger is~. In den fibrigen Fi~llen ist mir dann auch jedesmal die Operation auf den ersten Anhieb geglfickt, und das Resultat war immer befriedigend, wiewohl in dem letzten Falle, den ich in Graz operiert babe, eine langwierige Eiterung zun/~chst beffirchten lieB, dab die Sache rricht in Ordnung k/ime.

Diese Eiterung war offenbar bedingt dadurch, da$ das Grundleiden in einem seit Jahren bestehenden, schon vergeblich mit Resektion behandelten, mischinfizierten, geradezu scheui31ichen Fungus der Hand bestand, und dab ich dabei Amputation und Bildung der Krukenbergschere in einem Akt ausgeffihrt habe. Die Eiterung konnte aber doch schlieBlich vOllig beherrscht werden, und dann wurde das End- ergebnis ebenfalls ein gutes.

Zusammen/assend kann ich sagen, dab sich mir die Vorderarm- amputationsplastik Krukenbergs in allen 5 F~llen bew~hr~ hat, und ich babe es daher vielfach bedauert, dab sich aus den eingangs angegebenen Grfinden so selten Menschen dazu entschlieBen, die Operation durch- ffihren zu lassen.

(Aus dem Unfallkrankenhaus und orthopgdischen Spital in Graz [Prof. A. Wittek].)

Uber primiire Plastiken bei Hand- und Fingerverletzungen.

Von Dr. Wolfgang Schosserer.

Mit 7 Textabbildungen.

(Eingegangen am 2. VII. 1931.)

In einer Zeit wirtschaftlicher ~qotlage ist es doppelt nStig, Verletzungen Beachtung zu schenken, die in erster Linie den Verletzten selbst dureh