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Bereich I Überblick – Bereich I 1 Lernen Überblick - Bereich I: : Diese Themen kommen sehr häufig im Staatsexamen dran. (…) : Diese Themen kommen gelegentlich im Staatsexamen dran. als Verhaltensänderung als Wissenserwerb Behavioristische Lerntheorien Klassisches Konditioniere Operantes Konditionieren Sozial – kognitive Lerntheorie Wissenserwerb Theorie des kognitiven Lernens (Problemlösen) (Transfer) Gedächtnis (Vergessenstheorien) Lernstrategien Erlernte Hilflosigkeit Gedächtnis- Modelle

Bereich I-1

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Bereich I Überblick – Bereich I 1

Lernen

Überblick - Bereich I: : Diese Themen kommen sehr häufig im Staatsexamen dran. (…) : Diese Themen kommen gelegentlich im Staatsexamen dran.

als Verhaltensänderung als Wissenserwerb

Behavioristische Lerntheorien

Klassisches Konditioniere

Operantes Konditionieren

Sozial – kognitive Lerntheorie

Wissenserwerb

Theorie des kognitiven Lernens

(Problemlösen) (Transfer) Gedächtnis

(Vergessenstheorien)

Lernstrategien

Erlernte Hilflosigkeit

Gedächtnis- Modelle

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Bereich I Inhaltsverzeichnis 2

Inhaltsverzeichnis: Übersicht - Lernen: 1) Lernen als Verhaltensänderung 2) Lernen als Wissenserwerb 3) Gegenüberstellung der Lerntheorien (wesentliche Unterschiede) Klassisches Konditionieren: 1)Verlauf des Klassischen Konditionierens 2) Basisphänomene 3) Anwendung des klassischen Konditionierens: Therapiemethoden 4) Klassisches Konditionieren in der Schule Operantes Konditionieren: 1) Grundprinzipien des operanten Konditionierens 2) Basisphänomene 3) Aspekte der Bestrafung - Alternativen 4) Anwendung des operanten Konditionierens 5) Operanten Konditionieren in der Schule Erlernte Hilflosigkeit: 1) Grundbegriffe der Theorie der erlernter Hilflosigkeit 2) Kognitive Erweiterung der Theorie durch Attribution 3) Bedeutung der erlernten Hilflosigkeit für pädagogische Situationen Sozial – Kognitive Lerntheorie: (Modelllernen) 1) Möglich Modelleffekte 2) Phasen des Modellernens 3) Modell- und Beobachtermerkmale 4) Anwendung des Modellernens in pädagogischen Situationen Wissenserwerb: 1) Speicherung und Repräsentation im Gedächtnis 2) Aufnahme und Erwerb 3) Abruf von Wissen 4) Förderung des Wissenserwerbs Problemlösen: 1) Begriff 2) Problemlöseprozess 3) Verschiedene Problemlöseverfahren (Heurismen) 4) Problemlösen in der Schule (Förderung des Problemlösens) Transfer: 1) Wann findet Transfer statt: (Neue Transferforschungen) 2) Förderung von Transfer im Unterricht Gedächtnis: 1) Mehrspeichermodell (Atkinson & Shiffrin, 1968) 2) Einspeichermodell (Craick & Lockhart, 1972) 3) Vergessenstheorien 4) Pädagogische Konsequenzen und Förderung des Behaltens/Merkfähigkeit Lernstrategien: 1) Lernstrategien: Unterscheidung nach Baumert 2) Ausgewählte Lernstrategien 3) Mnemotechniken und Metakognition

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Bereich I Übersicht - Lernen 3

Übersicht - Lernen: 1) Lernen als Verhaltensänderung: Klassische Definition: Lernen (Hildegard & Brown, 1970) Lernen ist der Vorgang, durch den eine Aktivität im Gefolge von Reaktionen des Organismus auf eine Umweltsituation entsteht oder verändert wird. Dies gilt jedoch nur, wenn sich die Art der Aktivitätsveränderung nicht auf der Grundlage angeborener Reaktionstendenzen, von Reifung oder von zeitweiligen organismischen Zuständen (z.B. Ermüdung oder Drogen-einfluss) erklären lässt. � Klassische Lerntheorien: • klassisches Konditionieren (Reiz(Umweltbedingungen) – Reaktion(Verhalten) - Lernen) • operantes Konditionieren (Lernen durch Konsequenzen) • Sozial – kognitive Lerntheorie (Modelllernen/Beobachtungslernen)) 2) Lernen als Wissenserwerb: Definition: Lernen (Lukesch) Lernen im Sinne des Wissenserwerbs ist ein bereichsspezifischer, komplexer und mehrstufiger Prozess, der die Teilprozesse des Verstehens, Speicherns und Abrufens einschließt und der unter der Voraussetzung, dass die drei genannten Prozesse erfolgreich verlaufen, auch zum Gebrauch (Transfer) des erworbenen Wissens führen kann. � Neue Lerntheorie: Theorie des kognitiven Lernens (Wissenserwerb, Problemlösen

und Transfer) 3) Gegenüberstellung der Lerntheorien (wesentliche Unterschiede): klassisches Konditionieren operantes Konditionieren Modellernen kognitives Lernen

Mittel zur Verhaltensänderung Mittel zum Wissenserwerb

Lerner = passiv Empfänger Lerner = aktiver Teilnehmer am Lernprozess (Aufnahme und Verarbeitung von Information)

nur äußere Bedingungen des Lernens (Beobachtbares, Messbares) = Behaviorismus

auch innere Vorgänge (Infoverarbeitung, etc.)

keine Kognition Prozess mit Kognition

aktive Reaktion wird gezeigt keine aktive Reaktion wird gezeigt

nur Umweltfaktoren (außerhalb) bestimmen Lernen (z.B. Reiz – Reaktion; Belohnung/Strafe)

Nicht nur Umwelt, auch/vor allem Merkmale und Fähigkeiten der Person (innerhalb) bestimmen Lernen

(z.B. Motivation, Einsicht, etc.) Kontrolle des Reizes durch Versuchleiter

Eigenkontrolle des Proband über Verstärker möglich

Reaktion durch Reiz (von außen)

Rektion vom Organismus (von innen)

Vorausgehender Reiz Nachfolgende Konsequenz

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Bereich I Klassisches Konditionieren 4

Klassisches Konditionieren: Klassisches Konditionieren: Erklärung: siehe Schema • mögliche Reaktionen: Reflexe (z.B. Pawlowscher Hund), Emotionen (z.B. Little Albert) • keine neue Reaktion sondern nur neue Reiz – Reaktions – Verbindungen (=

konditionierter/bedingter Reflex) wird gelernt! • nur bestimmte Reiz – Kombinationen funktionieren (visuell + auditiv ≠ innere Vorgänge

(z.B. Magen); Geschmack + Geruch ≠ äußere Vorgänge (z.B. Lidschluss)) • wichtige Personen des klassischen Konditionierens: I. P. Pawlow und J. Watson Einfluss auf die Konditionierung: • Anzahl der Durchgänge (mehrmaliges Wiederholen fördert) • zeitliche Abstand zwischen dem NS>CS und dem UCS (Kontinguität: zeitliche Nähe �

je zeitnaher, desto effektiver! Effektivstes Verfahren: vorwärtsgerichtete Konditionierung (NS vor UCS) und kurzes Intervall dazwischen!)

• Intensität oder Qualität der Reize (je intensiver NS, desto schneller k. K.) � Bei prägenden (vor allem Furcht) Erlebnissen kann Konditionierung bereits nach einem Durchgang erfolgreich sein (kann ein Leben lang bestehen bleiben)

Beispiel: Pawlowscher Hund (1928) UCS (Futter) � UCR (Speichel); CS (Glockenton) Beispiel: Little Albert (Watson & Rayner (1920)) UCS (Lärm) � UCR (Furcht); CS (Kaninchen/Ratte/etc.) • Albert: emotional stabil, 11 Monate • Ergebnis der Angstkonditionierung:

o nach mehreren Wdh. � Albert weint bereits beim Anblick einer Ratte o Angst - Generalisierung (weißes Kaninchen, weißem Mantel, Bart) o nach einem Monat Pause � gleiche Angstreaktionen (keine spontane Löschung)

1)Verlauf des Klassischen Konditionierens:

Vor der KonditionierungNur CS

KonditionierungCS + UCS

LöschungNur CS

Spontane ErholungNur CS

ErsparnisCS+ UCSSiehe 2.2.2

Schwach

Stark

ErholungsphaseZeit

Kon

dit

ioni

erte

Rea

kti

on

Phase I: Kontrolle der Voraussetzungen: Umgebungs(stör)reize einschränken UCS � UCR ? (folgt auf UCS wirkliche UCR?) NS � wirklich nur neutrale Reaktion?

UCS UCR UCS+NS UCR CS CR

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Bereich I Klassisches Konditionieren 5

Phase II: Akquisition (Erwerb): NS+UCS � UCR CS � CR Phase III: Extinktion (Löschung): • Zeit alleine reicht zur Löschung nicht aus! • CR wird schwächer, wenn CS alleine auftritt! (Vorsicht: Spontanerholung nach Pause!) • Löschung wesentlich schwieriger als Konditionieren! (hohe Vergessensresistenz!) • Ängste sehr löschwiderstandsfähig (�meist nur mit Gegenkonditionierung möglich) Phase IV: Spontanerholung: • gelöschte Reaktion tritt nach Ruhepause wieder schwach auf, wenn CS wieder allein

dargeboten wird (Spontanerholung nimmt mit der Zeit ab!) Phase V: Ersparnis: • Bei erneutem Konditionieren nach erfolgreichem Löschen gewinnt CR schneller an Stärke

als ursprünglich. (� schwieriger CR vollständig zu löschen als zu erwerben!) 2) Basisphänomene: Reizgeneralisierung: • Automatische Ausdehnung von konditionierter Reaktion auf Reize, die nie mit

unkonditionierten Reiz aufgetreten sind • Je ähnlicher neuer Reiz dem konditionierten Reiz, umso stärker wird Reaktion! Reizdiskriminierung: • Organismus lernt zwischen ähnlichen Reizen zu unterscheiden, d.h. unterschiedlich auf sie

zu reagieren � geht nicht automatisch! • Wenn Differenzierung zwischen Reizen nicht mehr möglich� Verhaltensstörungen Aversive Konditionierung: • UCS ist negativer Reiz vor dem das Individuum sich fürchtet • Aversive S-R-Verbindungen besonders schnell aufgebaut und sehr stabil (löschresistent) • Gegenteil: appetivische Konditionieren (Pawlow) Konditionierung höherer Ordnung: UCS� UCR CS1�CR ⇒ CS1�CR CS2 ⇒ CS2� CR • Konditionieren auf einer weiteren, „höheren“ Ebene: konditionierter Reiz wird mit

anderem neutralen Reiz gekoppelt • viele emotionale Reaktionen werden auf diese Weise erlernt (z.B. „Little Albert“) 3) Anwendung des klassischen Konditionierens: Therapiemethoden Extinktion: Versuchsperson wird aversivem CS ausgesetzt (ohne UCS) � Erschöpfung des von CS ausgehenden Reaktionspotentials für die CR (Aber: spontane Erholung berücksichtigen)

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Bereich I Klassisches Konditionieren 6

Gegenkonditionierung: (Jones) Funktioniert wie Konditionierung! (� Grundlage für systematisches Desensibilisieren!) Bsp.: „Peter“ natürliche Angst vor Kaninchen (CS) � Kaninchen und Lieblingsspeise (UCS), Kaninchen erst aus Entfernung und dann immer ein Stück näher � Freude wird neue CR und ersetzt Angst! Systematische Desensibilisierung: (J. Wolpe) • Mit CR (Angst) unvereinbare stärkere Reaktion (z.B. Entspannung) und Konfrontation

mit furchteinflößendem Reiz CS� reziproke Hemmung (Entspannung und Angst nicht gleichzeitig möglich!) � alte CR wird gehemmt, CS wird mit Entspannung verbunden!

• schrittweise Annäherung an Problemsituation durch Angsthierarchien Bsp.: Bewältigung von Prüfungsangst in einer Schulklasse (Marshall) Reizüberflutung: Überstrapazierung des Angstreflexes durch intensive und lange Darbietung des CS � Reflexbereitschaft des Probanden wird gehemmt � körperliche Erschlaffung � Folge ist Gewöhnungseffekt: nur noch minimales bis kein Angstempfinden möglich! (Wichtig: Vermeidung von Ausweichreaktionen!) Bsp.: Prüfungsangst (Malleston), Schlangenphobie (Wolpin & Rainer) Aversionstherapie: Systematische Ausbildung von Angstreflexen zur Blockade unerwünschter Verhaltensweisen � geringe Effektivität/niedrige Stabilität der Effekte, moralisch unvertretbar Bsp.: Alkoholikerentwöhnung �Stromschlag, Rauchertherapie, Homosexualität (Feldman) 4) Klassisches Konditionieren in der Schule: Schule: Viele Möglichkeiten für Schüler, Assoziationen zwischen bestimmten Ereignissen und emotionalen Reaktionen entstehen zu lassen: • Lehrer, Unterrichtsmaterial, Schule, etc. anfänglich NS • Schüler erlebt nach Wahrnehmung der NS häufig Maßnahmen (Lob oder Tadel,

Anerkennung oder Missbilligung von Leistungsergebnissen) � Reaktion des Schülers: Stolz, Freude, Unzufriedenheit oder Beschämung

• bei mehrfacher Wiederholung� NS wird zu CS (Auslöser von z.B. Freude, Angst) � Angst bindet Aufmerksamkeit und behindert konzentriertes Problemlösen! Beispiel: „Schulphobie“ (Therapie: systematisches Desensibilisierungsverfahren) UCS (Tadel/Strafe) � UCR (Scham/Furcht) CS1 (Lehrer) � CR (Scham/Furcht) Reizgeneralisierung: CS2(Unterrichtsfach), CS3 (Klassenzimmer), CS4(Schule), CS5(Schul- weg), etc. Beispiel: (Mietzel) Schüler in Mathe getadelt und Misserfolg � konditionierte Abneigung gegen Mathe! Konsequenz für Erzieher/Lehrer: • positives Klassenklima (Reizen im Klassenzimmer � positive Gefühle bei Schüler) • allgemeine Wertschätzung des Lehrers für alle Schüler (Schüler muss Misserfolge auf

konkrete Aufgaben beziehen, nicht als allgemeine Abwertung verstehen) • Angstauslösen vermeiden und Sicherheitsgefühle vermitteln!

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Bereich I Operantes Konditionieren 7

Operantes Konditionieren: Operantes Konditionieren: (operant = einen Eingriff (in die Umwelt) machen) Erklärung: siehe Schema • Organismus lernt, bestimmte Verhaltensweisen mit Konsequenzen zu verbinden! • Beeinflussung der Konsequenz durch Verhalten möglich • Kontrolle über Auftreten eines Verhaltens durch vorausgehende Reize (Hinweisreize) • wichtige Personen des operanten Konditionierens: E. Thorndike (instrumentelles

Konditionieren) und B.F. Skinner (opeantes Konditionieren) Einfluss auf die Konditionierung: • Kontingenz (= Regelmäßigkeit und Wahrscheinlichkeit, mit der auf ein

bestimmtes Verhalten immer wieder die gleiche Konsequenz folgt) • Anzahl der Durchgänge (siehe Verstärkerpläne) • Art und Höhe der Konsequenz (Belohnung/Bestrafung, etc.) • zeitliche Abstand zwischen dem Verhalten und Konsequenz (Kontinguität) � sehr effektive Methode der Verhaltensänderung: Shaping und dann Fading – Out (� Löschresistenz) durch partielle Verstärkung mit variabler Quote Instrumelles Konditionieren (im Unterschied zum operanten Konditionieren): = Verhalten ist das Instrument oder Mittel, das die entsprechende Konsequenz hervorruft! Ziel: Erforschung, unter welchen Bedingungen sich Verhalten verändert ( ↔ op. K.: Erforschung, unter welchen Bedingungen sich Verhalten verändert und welche äußere Bedingungen Verhalten wirksam beeinflussen � Kontrolle darüber, wann bestimmtes Verhalten gezeigt wird (Hinweisreize)) Experiment: Shuttle – Box (1898) (Katzen in Käfig, Hebel drücken, Käfig öffnet) Beispiel: Skinner – Box (1948) = äußerst reizarmer Käfig für ein Testtier bezeichnet, in dem es standardisiert und weitgehend automatisiert ein neuartiges Verhalten erlernen kann! • Training einer Tauben (Hungrige Taube soll lernen, auf weiße Karte mit schwarzen Punkt

zu picken; jeder Erfolg � Futterkörnern; nach einiger Zeit beherrscht Taube Verhalten) • Training einer Ratte: (Ratte soll lernen, Hebel zu drücken; Erfolg � Futterperle; mit

Shaping wird Verhalten sukzessive an Zielverhalten angenähert) 1) Grundprinzipien des operanten Konditionierens: Übersicht über die verschiedenen Konsequenzen:

Darbietung / positiv Entzug / negativ Angenehme Konsequenz (Reiz oder Zustand) z.B. Zuneigung, Fernsehen

Positive Verstärkung Darbietung eines angenehmen Reizes z.B. Futter, Lob, Geld

Negative Bestrafung Entzug eines angenehmen Reizes z.B. Fernsehverbot

Unangenehme Konsequenz (Reiz oder Zustand) z.B. Ohrfeige, Verweis

Positive Bestrafung Darbietung eines unangenehmen Reizes z.B. Bußgeld

Negative Verstärkung Entzug eines negativen Reizes z.B. Hausaufgaben weg

Keine Konsequenz z.B. keine Äußerung zu Verhalten

Löschung (zunächst Irritation und gesteigerte Aktivität um Konsequenz herbeizuführen)

Aufbau eines Verhaltens durch: • Darbietung einer angenehmen Konsequenz (positiv) • Entzug einer unangenehmen Konsequenz (negativ) Verstärkung

SD/ ∆S R S+/S-

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Bereich I Operantes Konditionieren 8

Abbau eines Verhaltens durch: • Darbietung einer unangenehmen Konsequenz (positiv) • Entzug einer angenehmen Konsequenz (negativ) Bestrafung • Löschung (Extinktion) Primäre und Sekundäre Verstärkung: • Primärverstärker: Verstärker, die ohne vorausgegangenen Lernprozess wirken

� befriedigen Grundbedürfnisse(z.B. Nahrung, Sex, Bewegung, Entzug von Lärm) • Sekundärverstärker: erhält Verstärkerfunktion erst durch Paarung mit Primärverstärker �

stellvertretende Verstärkung (z.B. Geld) Verstärkerpläne: (Skinner) Auf ein Verhalten folgt nicht immer ein Verstärker, trotzdem wird es wiederholt (z.B. Angler) • Kontinuierliche Verstärkungsprogramme: Verhalten wird immer (Verhaltensaufbau) oder

nie (Extinktion) verstärkt • Intermittierend/Partielle Verstärkungsprogramme: Nicht jede erwünschte Reaktion wird

verstärkt o Intervallverstärkung: (Nach Zeitspanne) festes/variables Intervall, bei denen nach

bestimmter Zeitspanne/nach variabler Zeitspanne mit festem Durchschnitt jeweils die erste Reaktion verstärkt wird (z.B. fest: Lernen immer vor Prüfungen, variabel: unangemeldeter Test)

� geringeres Verhaltensoutput, da Häufigkeit der Verstärkung nicht beeinflussbar o Quotenverstärkung: (Anzahl der Reaktion) feste/variable Quote, bei der

jede/durchschnittlich jede x-te Reaktion verstärkt wird (z.B. fest: Akkordarbeiter, variabel: quengelndes Kind beim Einkaufen)

� hohes Verhaltensoutput, da Häufigkeit der Verstärkung beeinflusst werden kann Hinweisreize: (Skinner) Gegebenheiten/Reize, die Verstärkungssituation vorausgehen � Hinweisfunktion • Diskriminativer Reiz (SD): zeigt an, dass bestimmter Verhaltensweise mit erhöhter

Wahrscheinlichkeit Verstärkung folgt � erhöht Auftretenswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens � Generalisierung durch SD möglich

• Negativer Hinweisreiz ( ∆S ): verweist auf Ausbleiben von Verstärkung 2) Basisphänomene: Shaping: (sukzessive Verhaltensformung) • Zuerst: alle Verhaltensweisen in Richtung des gewünschten Endverhaltens verstärken • Allmähliche stufenweise Veränderung des Kriterienverhaltens, auf das hin verstärkt wird

(= Prozess der sukzessiven Differenzierung/Verhaltensformung) • jeder Schritt nur so lange verstärkt, bis er gekonnt wird (Dann: nächste Stufe) • Erreichen des gewünschten Endverhaltens • Bsp.: Taube lernt Ping – Pong (Skinner), Spracherwerb für Kinder, Schnürsenkel binden Fading - Out: • Ausblend – Programm (= allmähliche Zurücknahme von Verstärkung) nach Erreichen

eines bestimmten Kriteriums des Verhaltens (z.B. durch Shaping) � Aufrechterhaltung (=Verhindern des Abbaus) des Verhaltens� Entwicklung von Löschresistenz!

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Bereich I Operantes Konditionieren 9

Chaining: (Kettenbildung) Aufbau einer Verhaltensfolge, bei der ausgehend von einer primär verstärkten Reaktion jede Reaktion als konditionierter Verstärker für die jeweils vorausgegangene Reaktion genutzt wird, die dabei zugleich zum diskriminativen Reiz für die nachfolgenden wird. � Kette kann nach und nach um Glieder erweitert werden (am Schluss primär verstärkt!) (z.B. Tigerdompteur, Sauberkeitserziehung eines Kindes) Generalisation und Diskrimination: • Generalisation: Verhalten wird auch außerhalb der ursprünglichen Situation gezeigt • Diskrimination: Organismen können trainiert werden, nur auf bestimmte Reize zu

reagieren � Stimulus Kontrolle (SD : R � S+, aber: ∆S : R � Nichts) 3) Aspekte der Bestrafung - Alternativen: Wirksamkeit von Bestrafung? • Verbesserung der Wirkung von Strafen unter Berücksichtigung folgender Aspekte:

o kein unerlaubtes Ausweichen möglich o Strafstimuli intensiv genug (der Situation angemessen) o unmittelbare Folge der Strafstimuli auf Reaktion (Kontingenz) o kurze Strafphase o Strafe darf nicht mit positiver Verstärkung assoziiert werden (Klassenclown) o intermittierende Bestrafung wirksamer als kontinuierliche Bestrafung o Information/Begründung zur Strafe und Beschreibung von alternativem Verhalten o Einbau von Warnstimuli (� Vermeidung von Bestrafung) o Variierung der aversiven Reize (sonst Gewöhnung)

Aber: • Bestrafung löscht Reaktionstendenz nicht, unterdrückt sie lediglich • Bestrafung steht mit den Hinweisreizen auf die Strafsituation enger in Zusammenhang als

mit der Reaktionstendenz selber • Strafe lenkt Aufmerksamkeit auf unerwünschtes Verhalten, ohne erwünschtes zu zeigen

(� Gefahr der ungewollten Verstärkerfunktion wegen Aufmerksamkeitszuwendung) • Strafe kann Personen verletzen (körperlich oder Selbstwertgefühl) • Akt der Bestrafung ist Modellverfahren mit hohem Aufmerksamkeitswert • Bestrafung führt zu ungünstigen Emotionen (Strafe � Angst) • Bestrafung beeinflusst Beziehung zwischen Strafendem und Bestraftem ungünstig Alternative Möglichkeiten zum Abbau unerwünschter Verhaltensweisen: • diejenigen Verstärker, die unerwünschtes Verhalten aufrechterhalten (z.B. erhöhte

Aufmerksamkeitszuwendung) entfernen � Löschung • konkurrierendes, erwünschtes Alternativverhalten aufbauen, das unerwünschte Verhalten

ablöst (Gegenkonditionierung/Systematische Desensibilisierung) 4) Anwendung des operanten Konditionierens: A) Möglichkeit zum Verhaltensaufbau: Verstärker durch Personen: (sozialer Verstärker) • Menschen, zu denen eine positive soziale Beziehung besteht • echtes Lob, Zuwendung einer anderen Person, Interesse an dem, was Person macht • freudiger Gesichtsausdruck, gemeinsame Zeit, gemeinsames Spielen

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Bereich I Operantes Konditionieren 10

• Studie von Tharp und Wetzel (1975): Junge: aggressiv und unaufmerksam in Schule, Spielzeit mit Vater als Verstärker bei positiver Verhaltensänderung (durch Brief von Lehrerin) � Junge bemüht sich um Brieferhalt, Aggressivität geht zurück

Verstärker durch Tätigkeiten/Premack – Prinzip: (David Premack, 1959) • ein mit hoher Wahrscheinlichkeit auftretendes Verhalten (selbst gewähltes Verhalten) als

Verstärker für mit geringer Wahrscheinlichkeit auftretendes Verhalten • Zu bedenken: Bedeutung des häufig gezeigten Verhaltens steigt noch weiter! • Studie von Homme et. al. (1963) Unbändige Schulklasse, Kontingenz zwischen ruhig

sitzen mit Tafelblick und dann (als Belohnung) tobend herumlaufen � Erfolg! Materielle Verstärker: (Token – Economy, Verstärkung durch Objekte) • Münzen, Marken, Striche als stellvertretende Verstärker/Sekundärverstärker (ausgegeben,

wenn erwünschtes Verhalten auftritt, können nach bestimmten Regeln in Primärverstärker (Aktivität, Bonbons, etc.) eingetauscht werden!)

• Einsatzmöglichkeiten: Lese-Rechtschreibtraining, Reduktion hyperaktiven Verhaltens, Intelligenz – Training, Waschverhalten, etc.

• Vorteile: universeller Einsatz, kaum Sättigung, leicht anwendbar, Kontiguität gegeben • Kritik/Nachteile: Reduktion zwischenmenschlicher Beziehung auf materielle Aspekte,

Entwicklung materieller Motivation, Steigerung des Konkurrenzverhaltens Informativer Verstärker: • Erkenntnisgewinn/Wissen wird verstärkt • Verstärkung liegt im Handeln selbst oder im Erfolgserlebnis nach Erreichen eines Ziels

(z.B. Lernen) � kein Verstärker von außen! • Bsp.: Skinner - Programmierte Unterricht (Belohnung durch Erreichen des Ziels) Kontingenzverstärker: (Kontingenz -Vertrag) • Übereinkommen zwischen zwei Vertragsparteien (schriftlich, von allen unterschrieben) �

werden von Person bestimmte Verhaltensweisen gezeigt folgt festgelegte Konsequenz • Einsatzmöglichkeiten: bei aversiven Interaktionen (z.B. Familienstreitigkeiten)! • Vorteile: zielt auf positive Verhaltensweisen, selbst ausgehandelt (höhere Verbundenheit) • Nachteil: „Bezahlung von Verhalten durch Verhalten � Tauschcharakter des Verhaltens B) Möglichkeit zum Verhaltensabbau: �Kombination mit Aufbau eines erwünschten Alternativverhaltens sinnvoll (siehe auch 3) Stimuluskontrolle: • Hinweisreize, die zu unangemessenen und störenden Verhaltensweisen führen vermeiden

(z.B. Lehrermonologe, Überforderung, erzwungene Aufmerksamkeit) � Löschung • Schaffung von Hinweisreizen, die bisher zu erwünschten Verhaltensweisen führten �

Aufbau von Alternativverhalten • Vorteile: Negative Nebenwirkungen nicht zu befürchten, relativ einfach einsetzbar • Kritik: Identifikation der Verstärker schwierig, konsequentes Vermeiden der Verstärker

schwierig, Ignorieren von Schüler in Schulklasse nur eingeschränkt durchführbar Positive Bestrafung: (Darbietung aversiver Reize) • Bestrafung als verhaltensändernde Maßnahme ist wenig sinnvoll (siehe auch 3) • manchmal muss sie aber eingesetzt werden (z.B. Selbst-/Fremdgefährdung,

Unwirksamkeit anderer Methoden, Überschreitung vereinbarter Verhaltensreglen) • Erhöhung der Wirksamkeit bei Bestrafung: siehe Punkt 3)

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Bereich I Operantes Konditionieren 11

Negative Bestrafung: (Entzug positiver Konsequenzen �“humane“ Bestrafung) • Verstärker- oder Privilegienentzug: (Response – Cost – Verfahren) o Abzug erworbener Tokens nach festen Regeln (Kontingenzvertrag) o Vorteil: Wirksamkeit der Methode, keine starken emotionalen Nebenwirkungen

• Sozialer Ausschluss: (Time – Out – Verfahren) o Verstärkerausschluss (Person wird aus sozial verstärkender Situation herausgenommen

(kein Tadel, keine Erklärung) und 5-15 min in verstärkungsarmen Raum gebracht) o vor allem einzusetzen bei Verhaltensweisen, die durch andere verstärkt werden

Verstärkung inkompatiblen Verhaltens: • Förderung erwünschten Verhaltens (z.B. ruhiges Zuhören verringert lautes Herumtoben) • Intensivierung durch Löschungsprozedur des unerwünschten Verhaltens • Vorteile: positive Kontrollmethode, gut mit anderen Möglichkeiten kombinierbar,

langanhaltende Reduktion, häufig vollständiger Abbau des Verhaltens, konstruktive Methode, keine schädigende oder belastende Wirkung

• Nachteil: oft keine kurzfristige Wirkung! 5) Operanten Konditionieren in der Schule: • Schule: oft Gebrauch von sekundären Verstärkern (Zensuren, Lob, etc.) • Wichtig: Schüler muss mit sek. Verstärker mit primärem Verstärker assoziieren! (Nicht

immer der Fall!) � Lehrer muss Schüler schulüblichen Verstärkerregeln erklären! • Beispiele für Verstärkung im Schulalltag:

o Prüfungsangst: Positive Verstärkung (Aufmerksamkeit, Fürsorge, die Kind sonst evtl. nicht bekommt); Negative Verstärkung (Wenn Kind Prüfungsangst zeigt, muss es Prüfung nicht mitschreiben)

o Aggression: Positive Verstärkung (Annerkennung, Erfolg bei Aggressivem Verhalten); Negative Verstärkung (Kind gehänselt – schlägt zu – Hänselei weg)

Das Lehrerlob als Verstärker: (O’Leary & O’Leary) Lob besitzt nur dann Verstärkerfunktion, wenn es folgende Voraussetzungen erfüllt: • im richtigen Maß geben • es muss klar sein, auf welche Verhaltensaspekte es sich bezieht • Glaubwürdigkeit der lobenden Person Zusätzlich sind Persönlichkeitsmerkmale des Empfängers zu berücksichtigen!

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Bereich I Erlernte Hilflosigkeit 12

Erlernte Hilflosigkeit: „Erlernte Hilflosigkeit“: (Martin Seligman, 1979) Menschen, die die Überzeugung entwickeln, dass sie Ereignisse und Ergebnisse ihrer Bemühungen in Leistungssituationen nicht mehr kontrollieren können, befinden sich im Zustand der erlernten Hilflosigkeit. Untersuchungsreihen/Experiment: (Seligman, 60er Jahre) • Klassisches Konditionieren von Angstsignalen: Hund + Pawlow Geschirr;

UCS(elektrischer Schlag) � UCR(Angstreaktion), CS(Ton); • Wichtig: Unvermeidlichkeit der Kontingenz (Hund hat keinen Einfluss auf elektr. Schlag) • Tiere in Shuttle – Box (Käfig mit zwei Abteilen und Barriere)� ein Abteil unter Strom • Verhalten von unkonditioniertem Hund (ohne Vorerfahrung): springt über Barriere • Verhalten von konditioniertem Hund (mit Vorerfahrung): herumlaufen, hinlegen, winseln,

schafft in der Regel Ausweg über Barriere nicht • Erfolgsrate: 95 % ohne Vorerfahrung, 35 % mit konditionierter Vorerfahrung 1) Grundbegriffe der Theorie der erlernter Hilflosigkeit: Kontrollierbarkeit vs. Hilflosigkeit: (Seligman) • Überzeugung der eigenen Unkontrollierbarkeit von Ereignissen � Hilflosigkeit • Falsche Ursachenzuschreibung (Attribution): Misserfolg � eigene Unfähigkeit • Prozess auch umkehrbar (Überwindung der erlernten Hilflosigkeit) Folgen von Hilflosigkeit: • motivationales Defizit: Erfahrung von Unkontrollierbarkeit bei bestimmten Bedingungen

� Motivationsverlust zum Handeln beim erneuten Auftreten der Bedingungen � Apathie, Resignation, Passivität

• kognitives Defizit: selbst wenn hilfloser Organismus aus Situation flieht, hat er Schwierigkeiten, dass auf seine Reaktion zurückzuführen

• affektive(gefühls-) Konsequenzen: Störung des emotionalen Gleichgewichts durch Zustand der Hilflosigkeit � Angst, Verstimmung, Depression, Tod durch Selbstaufgabe

Überwindung erlernter Hilflosigkeit: • Immunisierung gegen erlernte Hilflosigkeit: (Seligman, 1979) o durch inkompatible Erfahrungen (Erfolgserfahrungen = Erfahrung eigener

Kontrollmöglichkeiten und Bewältigungsstrategien) o durch diskriminative Kontrolle (Kontrollmöglichkeiten bereichsabhängig z.B.

Hilflosigkeit bei Arbeit ist nicht Hilflosigkeit zuhause) o durch Relative Bedeutung der Konsequenz (Hilflosigkeit kann sich von stark

traumatisierenden Ereignissen auf unbedeutendere übertragen, nicht umgekehrt) • Re- Attributierungstraining (Richard DeCharmes, 1984): Misserfolge nicht auf mangelnde

Fähigkeiten, sondern auf mangelnde Anstrengung zurückführen (� Leistungen und vor allem Erwartungen an zukünftige Erfolge werden gesteigert!)

2) Kognitive Erweiterung der Theorie durch Attribution: (Gorber & Seligman, 1980) Erlernte Hilflosigkeit: bestimmt durch S – R- Kontingenz und kognitive Einstellungen und Erwartungen (Attribution: Wahrnehmung der Nichtkontrolle � Erklärungsprozesse � Erwartung zukünftiger Nichtkontrolle � erlernte Hilflosigkeit)

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Bereich I Erlernte Hilflosigkeit 13

Aspekte der Ursachenzuschreibung: (siehe auch Bereich II – Kausalattribution) • Internale (Selbstwertverlust) ↔ Externale (kein Selbstwertverlust) Attribution • (Zeitlich) stabile(chronische Hilflosigkeit) ↔ Variable(keine c. H.) Attribution � stabile, internale Attribution führt zu stabiler Depression (externale, variable A. nicht!) 3) Bedeutung der erlernten Hilflosigkeit für pädagogische Situationen: • Neugeborenes Kind wesentlich hilfloser als andere Lebewesen � in ersten beiden

Lebensjahrzehnten erwirbt es Kompetenzen und Bewältigungsstrategien von Hilflosigkeit • Aber: Gravierende Unterschiede in den Lebensbedingungen zwischen einzelnen Personen

(ausgeprägtes Gefühl der Hilflosigkeit oder Immunisierung � abhängig davon, ob Kind erfährt, dass seine Handlung Wirkung auf die Umwelt hat)

• Bestimmte Lebensbedingungen können Hilflosigkeit hervorrufen (z.B. Überbevölkerung, Armut, allgemeine gesellschaftliche Umstände (z.B. DDR))

• Erlernte Hilflosigkeit in der Schule: o Schüler überzeugt, dass durch eigene Anstrengungen keine Lösung � evtl. Behinderung

des Erwerbs kognitiver Strategien � erlernte Hilflosigkeit o Bsp (O’Brien, 1967): Vorversuch: Gruppe (Schulkinder) durch unlösbare Objekt-

wahlaufgaben hilflos gemacht � Schlechtes Abschneiden bei lösbaren Aufgaben

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Bereich I Sozial – kognitive Lerntheorie 14

Sozial – Kognitive Lerntheorie: (Modelllernen) soziales Verhalten kognitive Prämisse (z.B. Aufmerksamkeit, Interpretation von Folgen, Informationsverarbeitung)

Definition: Beobachtungslernen(Modelllernen) (Tausch & Tausch, 1971) Unter Beobachtungslernen (Modelllernen) ist zu Verstehen, dass sich das Verhalten eines Individuums auf Grund der Wahrnehmung von Verhaltensweisen anderer Personen (so genannte Modelle) oder auf Grund verbaler Darstellung über das Verhalten anderer Personen ändert, und zwar in Richtung größerer Ähnlichkeit mit der beobachteten oder auf Grund verbaler Übermittlung vorgestellten Verhalten. • Einflüsse auf Lernprozess: Umwelt und Merkmale der Person, Umweltfaktoren,

Verhalten wirken als „verschachtelte Determinanten“ aufeinander • Mensch lernt nicht nur direkt (durch Verstärkung) sonder auch durch Beobachtung • Mensch aktiv am Lernprozess beteiligt(Infoaufnahme und Verarbeitung), bevor er reagiert • Modell real oder symbolisch (Film/Buch, etc.) � kein wesentlicher Wirkunterschied! • wichtige Person des Modellernens: A. Bandura (60er Jahre) Nachahmungseffekte für prosoziales oder aggressives Verhalten: (Pass, 1983) • Versuchspersonen: Kindergarten; zwei Geschichten auf Tonband (Prosozial: Kinder

helfen, geben Spielsachen ab; Aggressiv: Kinder streiten, nehmen Spielsachen weg) • Ergebnis: Kinder mit aggressiver Variante deutlich aggressiveres Verhalten als andere

Kinder; Kinder mit prosozialer Variante ähnlich, aber nicht so ausgeprägt! Experiment von Bandura, Ross & Ross (1963): • Versuchspersonen: Gruppe Vorschulkinder • Versuchsbedingungen: Gruppe 1 (Frau misshandelt Gummipuppe), Gruppe 2 (Puppen-

misshandlung in Film), Gruppe 3 (aggressive Katze in Zeichentrickfilm), Kontrollgruppe • Testphase: o Kinder in Raum mit attraktivem Spielzeug, dürfen es nicht benutzen; Erklärung:

Spielzeug für andere Kinder reserviert (� Zweck: Erzeugung von Frustration) o Kinder in Raum mit altem, unattraktiven Spielzeug (unter anderem Gummipuppe);

alleinlassen, unauffälliges Beobachten Kinderreaktion auf Situation • Ergebnis: Versuchsgruppe 1-3 reagieren aggressiver (attackieren Gummipuppe, etc.) als

Kontrollgruppe; kein Unterschied, ob Modell real oder symbolisch! Bobo – Doll Experiment (Bandura, 1965): Vorschulkinder: Filme, wo aggressives Verhalten versch. Konsequenzen für Modell hat: • Gruppe 1 (positiver Konsequenz), Gruppe 2 (Bestrafung), Gruppe 3 (keine Konsequenz) • Ergebnis: Gruppe 1 zeigt häufiger und ausgeprägter Nachahmung des Modellverhaltens

als Gruppe 2 und 3; Versprechen von Belohnung für gute Nachahmung � Kinder aller drei Gruppen sind in der Lage gezeigten Verhaltensweisen nachzuahmen

Experiment von Bandura und Menlove (1968): Kinder mit Angst vor Hund beobachteten Modell beim furchtlosen Umgang mit Hund � zeigten sich danach zunehmend bereiter, auf Hund zuzugehen und ihn anzufassen 1) Möglich Modelleffekte: Neuerwerb von Verhaltensweisen (Modellierender Effekt): Modell führt Verhaltensweisen vor, die Beobachter noch nicht beherrscht, aber mehr oder minder identisch reproduziert (keine reine Imitation, sondern Prozess mit Kognitionen). Bsp: Motorische Fähigkeiten, aus versch. Modellvorgaben etwas Neues kombinieren, etc.

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Bereich I Sozial – kognitive Lerntheorie 15

Hemmungseffekt: Reduktion der Häufigkeit früher erworbener Verhaltensweisen, abhängig von der Beobachtung aversiver Verhaltensfolgen einer Handlung (Bestrafung, etc). Enthemmungseffekt: Vorher gehemmte Verhaltensweisen treten wieder auf, nachdem Modell beobachtet wurde, das vorher verbotene/bedrohliche Handlungen ohne negative Folgen ausführt und/oder damit sogar Erfolg hat. Auslöseeffekt: Modelle können Verhalten auslösen, das der Beobachter schon voll und ganz beherrscht. Nullwirkung: Verhaltensweisen, die ein Modell vorführt, sind bereits bekannt (� keine Lernwirkung). 2) Phasen des Modellernens: 1) Aufmerksamkeitsprozesse: • Individuum nimmt aus gesamtem Reizangebot der Umwelt Auswahl für weitere

Verarbeitung vor (Reizselektion) • entscheidend dafür ob Modell Aufmerksamkeit des Beobachters erregt sind Modell-

merkmale/Modellreize und Beobachtermerkmale (siehe unten) 2) Gedächtnisprozesse/Behaltensphase: • Beobachtetes muss ins Gedächtnis transferiert werden • kann im Gedächtnis in bildlicher und sprachlicher Form repräsentiert sein (Kodierung) • bei diesen Prozessen spielen Beobachtermerkmale aktive Rolle (Einordnung in bestehende

kognitive Strukturen � kognitive Organisation) • Wiederholung (gedanklich oder körperlich) ist dabei wichtig 3) Reproduktionsphase: • vom Beobachter gespeichertes Verhalten läuft nach kodiertem Schema ab • Reproduktionsphase (gedanklich oder körperlich) bietet Möglichkeit zur kognitiven

Umorganisation � Vervollkommnung durch Selbstbeobachtung und Rückmeldung durch Außenstehende (z.B. Modell)

4) Motivationsphase: • Für Nachahmung gelernten Veraltens ist Motivation notwendig! • Drei Formen der Verstärkung zur Förderung der Motivation:

o Externe Verstärkung (durch reale dritte Person) o Stellvertretende Verstärkung (Modell wird verstärkt) o Selbstverstärkung (Übereinstimmung mit persönlicher Wertsetzung � Stufen der

Selbststeuerung (Bandura,1978): a) Selbstbeobachtung b) Selbstbewertung (nach bestimmtem Maßstab/Norm) c) Selbstreaktion (selbstbestimmte Konsequenz))

� Verstärker haben andere Funktion als beim op. Konditionieren: informieren Beobachter über Wert/ Angemessenheit bestimmten Verhaltens! � Je nachdem wie, Prozesse verlaufen, wird: • nur Kompetenz zu Verhalten erworben (z.B. falls Beobachter nicht nachahmungsfähig) • auch Nachbildungsleistung auf Verhaltensebene ausgeprägt • findet kein Lernprozess statt!

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Bereich I Sozial – kognitive Lerntheorie 16

3) Modell- und Beobachtermerkmale: Modellmerkmale (Modellreize) Beobachtermerkmale (Lernvoraussetzungen)

Fokus der Aufmerksamkeit; Verhalten sichtbar/auffällig

Wahrnehmungskapazität (ängstliche Personen neigen zur Reizselektion)

Affektive(Gefühls-) Valenz � Akzeptanz des Modells (z.B. hoher sozialer Status, Ausstrahlungskraft)

Erregungsniveau (beste Wahrnehmung bei mittlerem Erregungsniveau)

Funktionaler Wert Wahrnehmungshaltung zu Modell

Komplexität (Nachvollziehbarkeit) Lerngeschichte (erfahrene Verstärkung erhöht Aufmerksamkeitszuwendung)

Authentizität (Wort und Tat stimmen überein) Motivation Empfundene Ähnlichkeit (� Identifikation mit Modell)

� Alle Einflüsse auf Kompetenz des Beobachters beeinflussen Aufmerksamkeit!

4) Anwendung des Modellernens in pädagogischen Situationen: Hohes Beeinflussungspotential durch Lehrer, Eltern, professionelle Erzieher, denn: • höherer Status (Expertenwissen, Sanktionsmacht, legitime Macht) • emotional tragfähige Beziehung zu den Schülern (charismatische Macht) • Modell für soziales Verhalten (Verzicht auf Bloßstellung, etc.) • Modell für emotionales Verhalten (in Stresssituationen Gefühle kontrollieren) • Modell für angemessenes Arbeitsverhalten (Engagement, Klarheit im Denken) • verbringen viel Zeit mit Schülern; als Einzelperson gut beobachtbar • auch negative Verhalten (z.B. Rauchen, Aversion etc.) werden am Modell gelernt! � besondere Verantwortung! (Lehrer als angemessenes Modell für soziales, emotionales und angemessenes Arbeitsverhalten? - Kritische Hinterfragung (Tausch & Tausch, 1971)) Stellvertretendes klassisches Konditionieren: • Stellv. Desensibilisierung: Beispiel (Umsetzprogramm – Modifikation von Schulangst)

o Umsetzen hochängstlicher Schüler neben weniger ängstliche Schüler (Beobachtung weniger angstreicher Schüler führt zur Bewältigung eigener Angst� wenig aufwendige Maßnahme ohne negative Nebenwirkungen)

o Wirksamkeitsprüfung gezielten Umsetzens: (Immisch (1972)) � Deutliche Angst-verringerung der hoch-ängstlichen Schüler in Experimentiergruppe

o (Angst)bewältigendes Modell wirksamer als perfektes Modell (Selbstsicherheit) � besserer Identifikation mit Modell, Bereitstellen von Bewältigungstechniken, etc.

• Stellvertretende Sensitivierung: Ausbau von Hemmreaktionen durch Beobachtung aversiver Konsequenzen

Stellvertretendes operantes Konditionieren: • Stellvertretende Verstärkung/Bestrafung/Löschung (z.B. Stellvertretendes Lernen

inkompatibler Verhaltensweisen) • Verstärkung informiert Beobachter über Wert/Angemessenheit bestimmten Verhaltens • auch Schüler verfügt über Status, Kompetenz, etc. � können Modellrolle übernehmen Rollenspiel zum Erlernen sozialer Kompetenzen: • Erwerb neuer Kompetenzen durch „Problemhandeln“/ Bearbeitung von Konflikten unter

Schonbedingungen • Vorgehensweise: Erarbeiten von Thema und Skript, entsprechende Umsetzung, kognitive

Ausarbeitung (Reflexion) des Spiels, Generalisierung (vom Spiel aufs Allgemeine) • Funktionen des Rollenspiels: informierende Funktion, diagnostische Funktion,

heuristische Funktion (Brauchbarkeitsprüfung), therapeutische Funktion

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Bereich I Wissenserwerb 17

Wissenserwerb: Definition: Lernen als Wissenserwerb Wissenserwerb und Veränderung von Wissensstrukturen (siehe Übersicht – Lernen: Punkt 2)

Deklaratives Wissen (Sachverhalte, „Wissen, was...“)

Prozedurales Wissen (Fertigkeiten, „Wissen, wie...“)

Wissen über Fakten und komplexe Zusammenhänge Wissen um Operationen, Fertigkeiten und Prozeduren Semantisches Wissen

(Weltwissen, Konzept- und Objektwissen)

automatische Aktualisierung ohne große Anstrengung

Episodisches Wissen (autobiographisches/persönliches

Wissen) bewusste, anstrengende

Verarbeitung

Psychomotorische Fertigkeiten

(Radfahren, Sprechen, etc.)

Kognitive Fertigkeiten (Lesen, Matheaufgaben, etc.)

• Prozedurales Wissen in der Regel aus deklarativem Wissen gewonnen

• durch Übung wird prozedurales Wissen verbessert und automatisiert (= Handlung automatisch und unbewusst, keine Überlagerung mit anderen Fertigkeiten)

• Beschreibung prozeduraler Vorgänge oft schwieriger als Anwendung � Nicht bewusstseinsfähig!

• Gut geübte Fertigkeiten können bei Nichtausüben auch nach Jahren schnell wieder erworben werden!

1) Speicherung und Repräsentation im Gedächtnis:

• Wissen wird bedeutungs-, und nicht wahrnehmungsbezogen repräsentiert

• elementare Bausteine des Wissens und Denkens sind Begriffe(= Kategorie zum Einordnen von Gegenständen, Ereignissen, etc. mit Gemeinsamkeiten z.B. Tisch)

• Begriffe sind mit den jeweiligen Merkmalen in hierarchischer Struktur repräsentiert

• Begriffe stehen nicht isoliert sondern vernetzt � Unterschiedliche Ansätze der Wissensvernetzung: (Netzwerktheorien) Semantische Vernetzung (nach Bedeutungsinhalt) • Schema (= abstrakte Struktur für Gruppe von

Objekten oder Situationen) bildet begrifflichen Rahmen für Gegenstände, Menschen, Situationen

• Schema hat vielen Leerstellen (Einfügen neuer Infos möglich �ständige Aktualisierung!)

• mehrere Schemata bilden semantisches Netzwerk, wobei Schema einem aktivierten Teilbereich eines solchen Netzwerks entspricht

Propositionale Vernetzung (Anderson, 1990) • visuelle und verbale Gedächtnisinhalte werden als

Propositionen (= kleinste Bedeutung, Sinn oder Eigenschaft zuweisende Informationseinheit, die Urteil zulässt, ob eine Aussage richtig oder falsch ist) gespeichert

Fertigkeiten lassen sich mit Hilfe von Produktions-systemen beschreiben/speichern (Anderson, 1983) Produktion besteht aus: • Bedingungsteil/-komponente (WENN) ein oder mehrere Bedingungen • Aktionsteil (DANN) ein oder mehrere Aktionen Produktionssystem besteht aus: einer Reihe aufeinander bezogener Produktionsregeln (Produktionen) Bsp.: WENN Auto im ersten Gang und schneller als 20 km/h und es hat Schalthebel, Kupplung, etc. DANN drücke Kupplung, ziehe Schalhebel, etc.

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Bereich I Wissenserwerb 18

• Proposition stellt Beziehung zwischen versch. Begriffen her (Assoziation)

• Proposition = Relation (Beziehung) + ein/mehrere Argumente

• propositionales Netzwerk: unzählige Propositionen, die untereinander in Beziehungen stehen, d.h. vernetzt sind

• Behaltensleistung hängt nicht vom Umfang eines zu lernenden Sachverhaltes ab, sondern von der Anzahl enthaltener Propositionen

2) Aufnahme und Erwerb:

1) Elaboration: • Verknüpfung (Herstellung neuer Relationen) neuer

Wissensinhalte mit bereits bestehendem, d.h. im Gedächtnis repräsentiertem Wissen (Vorwissen)

� dadurch bekommt neue Information mehr Sinn • Elaboration auch wichtig für Behalten von Wissen

(Enkodieren eines Sachverhaltes durch Zufügen vieler Propositionen zum Netzwerk � bessere Erinnerung � Rekonstruktion kann auf mehr Anhaltspunkte zurückgreifen)

• Person mit geeignetem Vorwissen und unmittel-barem Zugriff lernt schneller, leichter, nachhaltiger

2) Organisation • Ordnen der Lerninhalte nach thematischen

Kategorien (Clustering) • Reduktion der Lerninhalte auf das Wesentliche

(Selektion oder Chunking/Zusammenfassen) � Entlastung des Arbeitsspeichers • Überführen des Wissens in übliche Darstellungs-

formen 3) Schemabildung • Bildung/Modifizierung von Schemata • Schemata wirken als Rahmen, welcher die

Integration neuen Wissens in bereits bestehende Wissenselemente erleichtert (Assimilation/Akko-modation)

Stufenmodell zum Fertigkeitserwerb von Anderson: (ACT – Theorie, 1983)

Stufe 1) Deklarative/kognitive Stufe: = Beschreibung der Prozedur • Lerner erwirbt Wissen über genauen Ablauf der

Fertigkeit und deren Ausführung (= Regel für Fertigkeitsausführung)

• Regel ist dann als Wissen über Sachverhalte in deklarativer Form im Gedächtnis präsent

Stufe 2) Wissenskompilierung: = Ausbildung einer Prozedur für die Fertigkeits-ausführung • deklarative Wissen wird in prozedurale Form

überführt: durch Übung wird spezielle Prozedur für Fertigkeitsausführung ausgebildet

• Handlungsausführung immer flüssiger � deklaratives Wissen noch verfügbar, aber prozedu-rales Wissen bestimmt Handlungsausführung

Stufe 3) Wissensoptimierung: = Automatisierung der Fertigkeit • Ausbildung der Prozedur für Fertigkeitsausführung

optimiert � schnelle und sichere Ausführung • kaum mehr Aufmerksamkeit nötig! � Ressourcen

werden frei • Verbalisieren der Regel verschwindet � unbewusst

� Deklaratives Wissen tritt vollständig zurück

3) Abruf von Wissen:

• bewusste Anstrengung um deklaratives Wissen abzurufen

• Abruf auf vielfältige Weise möglich

• Prozedurales Wissen ohne große Anstrengung abrufbar

• Richtung für Abruf vorgegeben (wenn Info im Arbeitsgedächtnis Bedingungsteil (WENN) einer Prozedur genügt, wird das Handlungswissen abgerufen �Aktionsteil (DANN)

• umgekehrt: Bedingungsteil (Wissen) kann in der Regel nicht ins Bewusstsein abgerufen werden

4) Förderung des Wissenserwerbs: Lernstrategien: (siehe später) • Kognitive Lernstrategien • Metakognitive Lernstrategien • Stützstrategien (interne/externe Ressourcen)

Instruktion: • Lenken von Aufmerksamkeitsprozessen • Vereinfachung des Fertigkeitsablaufs Ganz-Lernmethode vs. Teil-Lernmethode: • Abhängig von Schwierigkeit/Umfang der

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Bereich I Wissenserwerb 19

Förderung des Wissenserwerbs durch Lehrkraft: Förderung elaborativer Prozesse: (Infos verstehen, integrieren, Behalten verbessern) • Erzeugung kognitiver Konflikte • Verwendung von Beispielen • Fragenstellen/Lehrerfrage Förderung organisierender Prozesse: (Infos reduzieren, strukturieren, anschaulich präsentieren) • Mapping – Techniken • Organisation von Texten durch Lehrer (z.B.

gegenstandsorientierte vs. aspektweise Textorganisation)

� Problem der Wissenserwerbsförderung: verschiedene Lerntypen

Lernaufgabe und Lerner-Voraussetzungen • GL wenn Aufgabe ein integriertes Ganzes darstellt

(z.B. Klavierstück) • TL wenn Umfang zu groß • TL günstiger bei unorganisierten Lernaufgaben

hoher Komplexität • Am günstigsten Kombination: Etwa Lernaufgabe

im Ganzen durchgehen, dann Konzentration auf einzelne Teile

Verteiltes Lernen vs. massiertes Lernen: • VL (= Pausen beim Lernen)bei jüngeren und/oder

weniger befähigten Lernen und bei schwierigen Lernaufgaben

• ML(= Fehlen von Pausen) bei kurzen/leichten Aufgaben und fähigen Lernern

Feedback: • FB soll unmittelbar nach Handlungsausführung,

möglichst genau und konkret auf diese bezogen gegeben werden

• danach Möglichkeit zur erneuten Fertigkeits-ausübung

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Bereich I Problemlösen 20

Bekanntheitsgrad der M

ittel

Klarheit der Zielkriterien

Problemlösen: 1) Begriff: Drei Kennzeichen einer Problemsituation: • unerwünschter Anfangszustand (=aktuelle Situation) • erwünschter Endzustand (=angestrebte Situation/Ziel) • Barriere (steht Übergang des Anfangszustandes in den Endzustand im Weg)

Problemmerkmale: (Barrierentypen)

Hoch niedrig

hoch

Interpolationsbarriere (Ziel und Mittel klar; fehlt: richtige Kombination und zeitliche Abfolge; z.B. Schach)

Dialektische Barriere (Ziel nur vage bekannt, uneindeutig, Mittel bekannt; z.B. Wohnung soll „schöner“ werden, was heißt „schöner“?)

niedrig

Synthesebarriere (Mittel nicht bekannt (herstellen), aber Ziel klar; z.B. Blei in Gold verwandeln)

Dialektische und Synthesebarriere (z.B. politische Entscheidung, komplexe Problemsituation in der Gesellschaft)

Problemlösen beinhaltet drei Fähigkeiten: • Erfassung des Kerns eines Problems • optimalen Ansatz für Bearbeitung eines Problems finden • gute Entscheidung treffen Aspekte des Problemlösers: (spielen beim Problemlösen eine Rolle) • Prozedural (bei Verfahrenslösung): Verarbeitungsgeschwindigkeit, prozedurales Wissen • Deklarativ (bei gesuchter Erklärung): Arbeitsgedächtniskapazität, deklaratives Wissen Unterscheidung: Aufgabe – Problem: • Aufgabe: für Bewältigung schon zielführende Methoden bekannt (Regeln, Wissen, etc.) • Problem: für Bewältigung muss etwas neues geschaffen werden � Ob etwas Problem oder Aufgabe ist, hängt von Vorerfahrung eines Individuums ab! 2) Problemlöseprozess: 1) Problemraum: • beinhaltet innere Repräsentation der Problemsituation („Es geht nicht“) • Aufbau von Problemraum = subjektiver, kognitiver Strukturierungsprozess (Selektion,

Interpretation) � Wissen über Relationsbereich und Erleben der Barriere wichtig 2) Situationsanalyse: Problem definieren: Zielanalyse (Was ist gesucht?) und Konfliktanalyse (Warum geht es nicht? = Barriere) 3) Suchraum: (ursprünglicher Problemraum umstrukturiert) • Entstehung: Verbindung von Merkmalen der Problemsituation mit Handlungs-

möglichkeiten des Problemlösers (Materialanalyse) • Inhalt: Ausschnitte aus Problemsituation, die Problemlöser verändern kann � Entwicklung eines Lösungsmodells (je nach Problem und Problemlöserkompetenz sehr unterschiedliche Problemlösungsversuche (siehe Punkt 3) 4) Lösung und Evaluation: Lösung bewerten, evtl. Möglichkeiten für zukünftigen Transfer gefunden

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Bereich I Problemlösen 21

3) Verschiedene Problemlöseverfahren (Heurismen): Problemlösen durch Versuch und Irrtum: (Trial & Error) • besonders bei unübersichtlichen Problemsituationen � Informationsfülle behindert

kognitiv anspruchsvolle Lösung � sinnvoll, Problem zunächst auf diese Art anzugehen • Thorndike (1889): Katze im Käfig Problemlösen durch Umstrukturieren und Erkennen von Ordnungsprinzipien: • Elemente der Problemsituation in neuen Zusammenhängen sehen • Auch: Problemlösen durch plötzliche Einsicht („Aha“ – Erlebnis) Problemlösen durch Anwenden von Strategien: • Strategie = Planung und Durchführung eines Gesamtkonzepts • Zwei Bedeutungen von Strategie: o Algorithmus (= epistemische Regel/Wissen): legt Abfolge ganz bestimmter

Handlungsschritte fest; Lösung bei Einhalten garantiert! o Heuristik (=heuristische Regel/Problemlöseverfahren): Suchanweisung, die zu treffende

Entscheidung in gewissem Rahmen festlegt; keine LSG garantiert Problemlösen durch Kreativität: • Lösung wird durch scheinbar spontanen Einfall gefunden (originelle Nutzung einer

umfassenden Wissensbasis oder durch Inspiration gewonnen) Problemlösen durch systematisches Denken: • bei komplexen, stark vernetzten, eigendynamischen Problemen (z.B. soziale Systeme,

Ökosysteme) ist „komplexes“ Denken in Netzen nötig (alle komplexen Bedingungsgefüge in Überlegungen mit einbeziehen) � lineares Denken (Wenn – Dann) nicht ausreichend!

• Schwerpunktbildung: Zielpräzisierung, Strukturwissen sammeln, Schwerpunktbildung (Reihenfolge nach Wichtigkeit), Planung von Eingriffen (Wo maximaler Effekt?)

4) Problemlösen in der Schule (Förderung des Problemlösens): • Förderung des Verstehens einer Problemsituation (= Voraussetzung für Bewältigung) �

Ausgangssituation und angestrebtes Problemziel offen legen • Schaffung von Problemsituationen in natürlichem Kontext: wirklichkeitsnahe Situationen

(Alltagsbezug), Situationsbezug, Projektunterricht, Moderne Medien • Überprüfung des sprachlichen Verständnisses (Aufgabe verstanden?) • Problem klar und deutlich, ohne Nebensächlichkeiten, Sonderfälle präsentieren • Konkretisierung von Textaufgaben (z.B. graphisch darstellen) • Darstellung vollständiger Musterbeispiele • Förderung konzeptueller Veränderung des Problemlöseschemas und Aktionsschemas:

Aktivierung des Vorwissens, Assimilation (Einordnung), Kognitiver Konflikt durch neue Informationen (Keine Passung in altes Schema), Akkomodation (Anpassung des Schemas)

• Schüler bei Materialanalyse, Zielanalyse unterstützen, Hinweise auf erfolgreiche Lösungswege oder sinnvolle Hilfsmittel geben (Lösungsstrategien)

• in begrenztem Rahmen nicht erfolgreiche Problemlösungsstrategien zur Beschäftigung erlauben ( jeder muss aus eigenen Fehlern lernen)

• Automatisierungs- und Übungsphasen anschließen (Wdh., Anwenden auf andere Situationen, Modifikation der Strategie, Kontextänderung, mechanische Einübung)

• Förderung des Planens (für Alltag genauso wichtig wie komplexes Problemlösen) • nur Anregung zur Problemlösung geben – keine Lösung

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Bereich I Transfer 22

Transfer: Definition: Transfer Übertragung, von gelerntem Wissen auf neue Lernsituationen • Transferbildung nur möglich, wenn Elemente von Situation mit denen einer anderen

übereinstimmen (Transfereffekte am stärksten zwischen sehr ähnlichen Situationen) • Transfer positiv(= Bewältigung neuer Situation wird erleichtert) oder negativ(= Gelerntes

hat keinen Einfluss/erschwert neue Situation, z.B. konnte ich nicht � kann ich auch nicht) • Transfer abhängig von Merkmale des Lernenden (Wissen, Strategien, Verarbeitungs-

kapazität, Motivation, etc.) der gestellten Aufgabe (Ähnlichkeit, etc.) sowie des Kontext (zuvor geübte Aufgaben, etc.) in den Aufgabe eingebunden ist

• Transfer findet ohne Unterstützung von außen nicht statt • Erhoffter Lerntransfereffekt: Erhöhung der Problemlöseleichtigkeit, Zeitreduktion 1) Wann findet Transfer statt: (Neue Transferforschungen) Ähnlichkeit und Analogie zwischen zwei Aufgaben (Basisaufgabe und aktuelle Zielaufgaben), die im Transferprozess erkannt werden müssen, damit Zielaufgabe gelöst werden kann � Aufgaben müssen nicht unbedingt inhaltlich ähnlich sein, aber selbe Tiefenstruktur haben (z.B. Vergleich: Sonnensystem/Atom) � Vier Stufen: 1) Stufe des Kodierens der Aufgabenmerkmale 2) Stufe des Abrufens alter Informationen aus einer Basisaufgabe 3) Stufe des Auswählens und Abbildens von brauchbarem Wissen auf Zielaufgabe 4) Stufe des Abstrahierens beider Aufgaben gemeinsamer Strukturen (Wissensintegration) � Ob erworbenes Wissen auf neue Aufgabenstellungen/Lernsituationen transferiert wird, hängt auch stark mit der „Qualität der ursprünglichen Lernprozesse“ zusammen! 2) Förderung von Transfer im Unterricht: (siehe auch Förderung des Problemlösens) • Entstehen von trägem Wissen entgegenwirken (kein stures Auswendiglernen,

Anwendbarkeit zeigen), einer oberflächlichlichen Lernorientierung entgegenwirken • Intensives Üben von Grundfertigkeiten (z.B. Rechenoperationen, Lesen) • Problemorientierter und anwendungsbezogener Unterricht (nicht nur Theorie) • Gelerntes in verschiedenartigen Situationen anwenden (Aufgabenvielfalt) • Aufzeigen mehrerer Lösungswege für eine Situation • mit Modellen und Beispielen arbeiten • Alltagsbezüge aufzeigen, Schüler können selbst Anwendungsbeispiele finden • Lautes Denken der Schüler, Aktivieren der selbststeuernden und selbstüberprüfenden

Strategien in Richtung Selbstregulation (Zielsetzungen, Lernprozesskontrolle) • Fördern günstiger Kausalattributionen und Selbstwirksamkeit • Fördern der positiven emotionalen Einstellung zu Aufgabe

Page 23: Bereich I-1

Bereich I Gedächtnis 23

Gedächtnis: Definition: Gedächtnis (Zimbardo) Das Gedächtnis ist ein aktives kognitives System, das Informationen aufnimmt, enkodiert, modifiziert und wieder abruft. Daran beteiligt sind Prozesse der Enkodierung (erstmalige Verarbeitung der Information, die zur Repräsentation im Gedächtnis führt), Speicherung (Aufbewahren des enkodierten Materials über die Zeit hinweg) und des Abrufens (Wiederauffinden des gespeicherten Materials zu einem späteren Zeitpunkt). • Enkodierungsmodi: akustisch (verbale Items), visuell (nonverbale Items), semantisch

(nach Bedeutungsinhalt, stellt Übergang ins LZG sicher) • Qualität des Gedächtnisses und Erinnerungsfähigkeit abhängig von: Anzahl der

Wiederholungen, Zeitabstand, Konzentration, Aufmerksamkeit, Ermüdungsgrad, äußeren und inneren Umständen, Interesse am Lernstoff, individuelle Einstellung zum Lernen

• Abrufmöglichkeiten: Wiedererkennen (Abruf-/Hinweisreize vorhanden, passiver Abruf), Freie Wiedergabe (ohne Abrufreize, aktiver Abruf durch Person), etc.

1) Mehrspeichermodell (Atkinson & Shiffrin, 1968): Unterscheidung zwischen sensorischem Gedächtnis (Ultrakurzzeitgedächtnis), Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis (Gedächtnisarten kein Ort sondern als Prozess)

• Zentrum der Theorie: Unterschied zwischen Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis • Theorie gestützt durch seriellen Positionseffekt: (Glanzer & Cunitz,1966):

� Beleg für Existenz von KZG und LZG! (separate Gedächtnisstrukturen) o Merken einer Liste (ca. 30) sinnloser Silben o Sowohl ersten (Primacy – Effekt) als auch letzten Silben (Recency – Effekt) können im

vergleich zu mittleren Items besser erinnert werden!

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Bereich I Gedächtnis 24

o Erklärung: erste Items ins leere KZG � durch Wiederholen ins LZG; je voller KZG, desto geringer Chance der Überführung ins LZG; letzten im KZG eingetroffenen Items werden von dort erinnert

• Mechanismus des Modells: siehe Abbildung A) Sensorisches Gedächtnis (Ultrakurzzeitgedächtnis): = erste Stufe der Informationsverarbeitung und Schnittstelle zur Außenwelt (Sinnesorgane) • große Kapazität, kurze (visuell 0.5s, auditiv bis 2s) Speicherung (Form: direkte

Repräsentation) • keine Verarbeitung der Inhalte (nur Umwandlung ins Nervensystemsprache) • Kneifen in den Unterarm hinterlässt Nacheffekt � Existenznachweis für UKZG • Speicherung der Infos nur bis: (Filterfunktion: UKZG - KZG) o Teil zur Verarbeitung im KZG ausgewählt wurde (durch Aufmerksamkeit oder

Kontrollprozesse aus LZG) o Zeit verstreicht o Infos durch neues Material verdrängt werden

• Versuch von Sperling: UKZG speichert mehr Infos, als berichtet werden kann! • Aufbau des UKZG (Unterscheidung nach Sinnesorganen): Register für visuelle

(Ikonisches Gedächtnis), akustische (echoisches Gedächtnis), Tast-, Geruch-, Geschmacksinformationen (letztere noch wenig erforscht!)

B) Kurzzeitgedächtnis (KZG): = Arbeitsgedächtnis (aktive Verarbeitung vorliegender Informationen � Infos mit Wissen aus LZG verknüpfen); Zentrum des Bewusstseins • geringe Kapazität (Erwachsener: 7 +/- 2 Informationseinheiten), kurze (ohne Wdh. 15-

20s) Speicherung (Form: akustisch, visuell, semantisch) • eine Informationseinheit (Chunk) kann mehr oder weniger Einzelinfos umfassen (� z.B.

7 Ziffern, 7 Wörter oder 7 sinnvolle Sätze) • Zwischenspeicher und Puffer nach innen/außen (bei untersch. Infoverabeitungsgesch.) • Aufbau des KZG: besteht aus einer der Gedächtnisspanne entsprechenden Anzahl von

Halteplätzen (slots) � wenn Halteplätze voll, geht die am meisten memorierte und wiederholte Information ins LZG oder verloren (Atkinson & Shiffrin ,1968)

C) Langzeitgedächtnis (LZG): = Speicher für alle Erfahrungen, Informationen, Emotionen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wörter, Begriffsklassen, Regeln, Urteile die längere Zeit zur Verfügung stehen sollen • sehr hohe, theoretisch unbegrenzte Kapazität, sehr lange, evtl. lebenslange Speicherung

(Form: semantische Netze, struktiert, bedeutungstragend) • Hauptfunktion: zeitstabile, störungsfreie Einlagerung von Informationen • Organisationsgrad (Katalogisierung) der abgespeicherten Informationen bestimmt

Abrufgeschwindigkeit bzw. –möglichkeit • Misslingen des Abrufs aufgrund unangemessener Enkodierung, Interferenz,

Nichtzusammenpassen der Kontexte für Enkodierung und Abruf sowie durch Nichtzusammenpassen der Enkodierungs- und Abrufprozesse

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Bereich I Gedächtnis 25

Aufbau des Langzeitgedächntisses: Grobstrukturen: deklaratives und Non - deklaratives (implizites) Gedächtnis (Markowitsch (1994); Squire (1994)) Strukturen im Langzeitgedächtnis: (Repräsentation des Wissens im LZG) � siehe Wissenserwerb (deklaratives und prozedurales Wissen) 2) Einspeichermodell (Craick & Lockhart, 1972): Kritik am Mehrspeichermodell � Theorie der Verarbeitungstiefe (=Einspeichermodell) • bei größerer Tiefe der Informationsverarbeitung ist es wahrscheinlicher, dass Infos im

Gedächtnis eingeprägt sind • Ein Speicher, aber unterschiedliche Niveaus der Informationsverarbeitung • KZG = aktuell aktivierter Teil des LZG Drei Verarbeitungsebenen: • Strukturelle Ebene: visuell Oberfläche • Phonetische Ebene: akustisch • Semantische Ebene: semanitsch (Bedeutung) Tiefe � unterschiedliches Niveau der Verarbeitung Verarbeitung kontinuierlich von oberflächlichen Analyse physikalischer Eigenschaften über phonetische Analyse bis hin zur Interpretation des Bedeutungsgehalts eines bestimmten Items Kritik an Einspeichermodell: • fehlende Überprüfbarkeit der Theorie • Widerspruch zu seriellem Positionseffekt � KZG nicht Teil vom LZG sondern separat! 3) Vergessenstheorien: Vergessen = Info, die im LZG schon einmal nachgewiesen wurde, ist zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr abrufbar (� Experimente von Marigold Linton (1979)) Theorie des Spurenverfalls: • im Verlauf der Zeit werden Kräfte oder Einflüsse wirksam, die eine Wiedergabe von

früherem Gelerntem zunehmend erschweren • Zeitspanne, in der Gedächtnisinhalte spätestens verschwindet, bekannt, aber zugrunde

liegende physikalische und chemische Prozesse relativ unbekannt

Deklaratives Gedächtnis/Wissen (bewusstseinsfähig) � siehe Wissenserwerb

Non-deklaratives Gedächntis (nicht bewusstseinsfähig)

episodisches Wissen (autobiographi-sches Wissen)

semantisches Wissen (Weltwissen)

prozedurales Wissen (Fertigkeiten/ Gewohnheiten)� siehe Wissens-erwerb

Priming (perzeptuell/ semantisch) Assoziatives Gedächtnis Wahrnehmungs- und Behaltensvorteil durch Vorerfahrung mit dem Gedächtnis-material (= Priming – Effekt)

Dispositionen klassisches/ operantes Konditionieren Anordnung, Gliederung, Verfügung

Non-assoziatives Gedächtnis Habituation (=Gewöhnungsef-fekt, Adaption) Sensitivierung (= Besondere Wahrnehmung eines spezifischen Reizes)

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Bereich I Gedächtnis 26

Interferenztheorie: • frühere Lernarbeit beeinträchtigt späteres Lernen �(vor allem bei starker Ähnlichkeit) • Zwei Arten der Interferenz: proaktive Hemmung (= früher Gelerntes stört neu zu

Lernendes), retroaktive Hemmung (=später Erlerntes stört früher Gelerntes) Fehlen geeigneter Abrufreize: • Vergessen = Misslingen des Abrufs von Inhalten aus „diesem“ Speicher wegen fehlender

Abrufreize (� Findestörung - kein echtes Vergessen, z.B. mir liegt es auf der Zunge) • Blackout: nicht in der Lage, Informationen abzurufen trotz Vergegenwärtigung • Vorbeuge: lange und intensive Beschäftigung mit Prüfungsgebiet, enge Verknüpfung der

Inhalte erhöht Wahrscheinlichkeit für Abruf in Belastungssituationen 4) Pädagogische Konsequenzen und Förderung des Behaltens/Merkfähigkeit: Konsequenzen aus UKZG: Förderung des Behaltens: (bzgl. Aufmerksamkeit) • nicht zu viele Infos gleichzeitig (junge Kinder können Aufmerksamkeit nicht aufteilen) • nicht zu viele störende Reizquellen • Unterricht nicht zu monoton sondern abwechslungsreich � Aufmerksamkeit bündeln • Erholungspausen zur Entspannung und Auflockerung • Aufmerksamkeit der Schüler auf wichtige Infos lenken (z.B. Gesten, Stimme, etc.) • Schüler in Entscheidungsprozessen unterstützen(Hinweis auf Wichtiges oder Nebensache) • Automatisierung grundlegender Fertigkeiten (z.B. Lesen, Schreiben) Konsequenzen aus KZG: • Erhöhung der Speicherkapazität des KZG durch Chunking (= Zusammenfassen von

einzelnen Informationen zu Paketen höherer Ordnung) • Erhöhung der Behaltensdauer im KZG durch Wiederholung (erhaltende/einfache WDH.=

ständiges vor sich hersagen, aufarbeitende WDH., bloßes Lesen mit Selbstbezugseffekt) � höhere Behaltensdauer im KZG � höhere Übergangswahrscheinlichkeit ins LZG

• Ohne WDH: Erinnerung nimmt zügig und stetig ab! • Gedächtnis-/Lernhemmungen: (möglichst vermeiden!) o Ähnlichkeitshemmung (ähnliche Reize nicht sicher reproduzierbar) o Gleichzeitigkeitshemmung (gleichzeitig durchgeführte Tätigkeiten behindern sich) o Assoziative Hemmung (bestehende Assoziationen können bei neuer Verknüpfung der

Infos hinderlich sein) o affektive Hemmung (Angenehmes besser in Erinnerung als Unangenehmes)

Konsequenzen aus LZG: Förderung des Behaltens: • gute Übereinstimmung von Enkodierungs- und Abrufprozessen und Lern- und

Abrufsituation � beste Voraussetzung für Abrufprozess • je spezifischer Material hinsichtlich der zu erwartenden Abrufhinweise enkodiert, umso

effektiver ist späterer Abruf (= Enkodierungsspezifität) • Aufgabe des Unterrichts: Neue Infos mit dem in Beziehung zu setzen, was der Schüler

bereits weiß � viele Verbindungen mit bestehenden Netzwerken schaffen • je besser Elaboration (je vertrauter Infos) und Organisation (Inhalte strukturiert, geordnet)

umso effektiver ist Behalten � Lernstrategien! (vgl. Förderung des Wissenserwerbs) • Förderung aktiver Auseinandersetzung mit Wissen (� Integration von Infos in

Vorwissen� Netzwerke schaffen) durch z.B. Alltagsbezug des Unterrichts!

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Bereich I Lernstrategien 27

Lernstrategien: Definition: Lernstrategien (Klauer, 1996) Lernstrategien als „Plan für eine Handlungskonsequenz, die auf Erreichung eines Lehrzieles gerichtet ist“ � prozedurales Wissen zur Erreichung von Lernzielen 1) Lernstrategien: Unterscheidung nach Baumert:

2) Ausgewählte Lernstrategien: A) Elaborationsstrategien: Loci – Methode: (= mnemonische Technik) • verschiedene Gedächtnisinhalte werden mit bildhaften Vorstellungen verbunden � erzwungene Organisation und Herstellung von Verbindungen (Elaboration) • Vorgehensweise: 1) vertrauten Ort vorstellen 2) eindringliche, mentale Bilder für zu

merkende Infos 3) Begriff lernen und entsprechendes Bildsymbol mit Ort verknüpfen 4) bei Wiedergabe Ort in Gedanken abgehen, mentale Bilder dekodieren und Information so in richtiger Reihenfolge abrufen 5) selber Ort immer wieder nutzbar

• gut anwendbar für Lernstoff ohne interne Struktur (z.B. Einkaufsliste) Bildhafte Vorstellung: • Intensive und lebendige Vorstellungsbilder der bezeichnenden Sachverhalte bilden �

Schaffung bedeutungsvoller Assoziationen zwischen den Einheiten des Merkstoffs

Lernstrategien

Kognitive Lernstrategien � Infoaufnahme, Verarbeitung und Speicherung

1) Wiederholen/Memorierstrategien (Gelerntes im KZG behalten � Unterstützung des Übergangs ins LZG) 2) Elaboration (Sinnstrukturen herausarbeiten, Wiedergabe mit eigenen Worten, Integration in bekanntes Wissen, Transfer; z.B. Locitechnik, Schlüssel- wortmethode, Reime, Eselsbrücken, etc.) 3) Organisation (Inforeduktion, Infoauswahl, Strukturierung; z.B. Chunking, Mapping - Techniken) 4) Kritisches Prüfen/Kontrolle

Metakognitive Lernstrategien � exekutive und selbstregulierende Vorgehens-weisen, Kontrolle des Lernprozesses 1) Planung (Setzen von Zielen) 2) Selbstüberwachung (Formulierung von Kontrollfragen; Überprüfung, ob Gelesenes verstanden wurde) 3) Regulation (Anpassung des eigenen Lernens an die An- forderungen)

Ressourcenbezogene Lernstrategien � Stützstrategien

interne Ressourcen

� unterstützt eigentliches Lernen; schirmt von störenden Einflüssen ab

• Anstrengung/Selbstmotivierung • Aufmerksamkeitssteuerung • Zeitmanagement

externe Ressourcen � äußere Lerngegebenheiten

• geeignete Lernumgebung • Lernen mit Studienkollegen • Literatur

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Bereich I Lernstrategien 28

Schlüsselwortmethode: (Atkinson, 1975) • Wort der eigenen Sprache (Schlüsselwort), das gewisse Klangähnlichkeit mit Wort aus

anderer Sprache besitzt suchen � aus beiden Wörtern Bild formen • einsetzbar bei Vokabellernen � Reproduktion mit Hilfe des Vorstellungsbildes • Bsp: lateinisch Cubare (liegen) � Kuh liegt auf Bahre Rhythmus und Reim: (Eselsbrücken) • Sieben, fünf, drei – Rom schlüpft aus dem Ei (� Eselsbrücken) • Trenne nie st – denn es tut beiden weh (� äußere Strukturen erleichtern Rekonstruktion) Merkwörter (Akronyme): • Aus Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter gebildetes Merkwort • EDEKA : alle fettlöslichen Vitamine Kontextmethode (Zu lernende Wörter in Kontext einbauen und somit sinnvoll verknüpfen)

B) Organisationsstrategien: Hierarchisches Zusammenfassen, Rekonstruktion durch Lerner: • Gliederung von Merkstoffen, Kategorien bilden • Struktur in Überfülle von Informationen bringen • Text in Unterabschnitte gliedern, Überschriften bilden, immer wieder zusammenfassen Organisation von Texten durch Lehrer/Autor (Darbietung gut geordneter Lerninhalte) Vorwegnahme zentraler Aussagen durch vorausgehende Übersicht Mind Mapping (Effizienz durch Lernen eines kognitiven Netzes!) 3) Mnemotechniken und Metakognition: Mnemotechniken: (Förderung des Behaltens) = alle Verfahren, mit deren Hilfe Informationen verarbeitet und organisiert werden, um später leichter wieder verfügbar zu sein (z.B. Loci – Methode, Schlüsselwort – Methode, Kontextmethode, Reime, bildhafte Vorstellung) • Methoden zur Förderung des Behaltens, vor allem o Lernen völlig neuer Inhalte (kein Rückgriff auf Vorwissen/keine Vernetzung möglich) o Material nicht sinnvoll (keine interne Struktur) oder willkürlicher Reihenfolge

Metakognition: = der spezielle Teil des Weltwissens des Menschen, der sich auf seine Kognition und die Anwendung dieses Wissens bezieht (Flavell, 1984) �Kognition über Kognition • Lernstrategien und Mnemotechniken = Teil des metakognitiven Gedächtnisses

� Unterscheidung in fünf Bereiche: (nach Flavell) o Wissen über eigene Person (Metagedächtnis = über eigenes Gedächtnis und

dessen Funktion; Wissen über Begabungen, Fähigkeiten, etc.) o Wissen über Aufgabencharakteristika (unterschiedliche Anforderungen �

Lösungsstrategie für spezielle Anforderungen erarbeiten oder generelle Vorsätze) o Wissen über kognitive Strategien und deren sachgerechten Einsatz o Metakognitive Empfindungen (Einschätzung, dass etwas schwer wahrzunehmen,

zu verstehen sei � Hoffnung: entsprechende Reaktion des Lerners (mehr Aufmerksamkeit auf Problem))

o Metakognitive Kontrollprozesse (Ausführungskontrolle einer kognitiven Aktivität)