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Chemische Kenntnisse von Studienanfängern: Mario Gerwig Hinweis Bei dieser Datei handelt es sich um eine Wissenschaftliche Hausarbeit (1. Staatsexamensarbeit), die am Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Marburg angefertigt wurde. Weitere Wissenschaftliche Hausarbeiten können auf der Seite http://www.chids.de/veranstaltungen/wiss_hausarbeit.html eingesehen und heruntergeladen werden. Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel und Experimentalvortäge bereit.
Dr. Ph. Reiß, im Juli 2009
Erste Staatsprüfung
für das Lehramt an Gymnasien
Wissenschaftliche Hausarbeit im Fach Chemie
vorgelegt von Mario Gerwig
Thema:
Chemische Kenntnisse von Studienanfängern
Schul- und Lehrplanwissen auf dem Prüfstand
Gutachter: Dr. Philipp Reiß Datum: 08. Dezember 2008
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort...................................................................................................................1
0 Einleitung .........................................................................................................6
1 Vorarbeit...........................................................................................................9 1.1 Konstruktion des Fragebogens......................................................................9
1.1.1 Allgemein...................................................................................................9
1.1.2 Teil A – allgemeine Fragen......................................................................10
1.1.3 Teil B – Aufgabenteil...............................................................................10
1.1.4 Teil C – sozialstatistische Daten ..............................................................15
1.2 Bewertung der Fragen im Teil B (Aufgabenteil) ........................................16
2 Expertenbefragung .........................................................................................32 2.1 Gründe für die Befragung ...........................................................................32
2.2 Durchführung und Rücklaufquote...............................................................33
2.3 Die Expertenkommentare – Bewertung und Folgen für den Fragebogen...34
3 Studentenbefragung........................................................................................36 3.1 Durchführung ..............................................................................................36
3.2 Aufbereitung der Daten...............................................................................37
4 Analyse...........................................................................................................39 4.1 Auswertung der Expertenumfrage ..............................................................39
4.1.1 Konstantenberechnung für den Schwierigkeitsgrad ................................39
4.1.1.1 Berechnung von Ki und Kib...................................................................39
4.1.1.2 Berechnung von Mi und Mib .................................................................41
4.1.1.3 Normierung der Punktzahlen ................................................................43
4.1.1.4 Zusammenfassung der Ergebnisse........................................................45
4.1.2 Streuung der Expertenmeinungen............................................................53
4.2 Auswertung der Studentenbefragung..........................................................55
4.2.1 Humanbiologie / Biomedical Science......................................................56
4.2.1.1 Allgemein..............................................................................................56
4.2.1.2 Fachlich.................................................................................................65
4.2.1.3 Fazit.......................................................................................................72
4.2.2 Biologie „Bachelor of Science (B. Sc.)“..................................................76
4.2.2.1 Allgemein..............................................................................................76
4.2.2.2 Fachlich.................................................................................................83
4.2.2.3 Fazit.......................................................................................................89
4.2.3 Biologie Lehramt .....................................................................................92
4.2.3.1 Allgemein..............................................................................................92
Inhaltsverzeichnis
4.2.3.2 Fachlich...............................................................................................100
4.2.3.3 Fazit.....................................................................................................105
4.2.4 Medizin ..................................................................................................108
4.2.4.1 Allgemein............................................................................................108
4.2.4.2 Fachlich...............................................................................................117
4.2.4.3 Fazit.....................................................................................................122
4.2.5 Pharmazie...............................................................................................124
4.2.5.1 Allgemein............................................................................................124
4.2.5.2 Fachlich...............................................................................................131
4.2.5.3 Fazit.....................................................................................................138
4.2.6 Evangelische Theologie .........................................................................139
4.2.6.1 Allgemein............................................................................................139
4.2.6.2 Fachlich...............................................................................................146
4.2.6.3 Fazit.....................................................................................................151
4.3 Vergleich der Gruppen..............................................................................153
4.3.1 Allgemeines ...........................................................................................153
4.3.2 Punkteverteilung ....................................................................................157
4.3.2.1 Übersicht .............................................................................................157
4.3.2.2 Aufteilung nach Bereichen der Chemie..............................................166
4.3.2.2.1 Allgemeine Chemie und übergreifende Aufgaben ..........................167
4.3.2.2.2 Anorganische Chemie......................................................................170
4.3.2.2.3 Organische Chemie und Biochemie ................................................173
4.3.2.3 Aufteilung nach fachspezifischen Inhalten.........................................177
4.3.3 Gründe für Ergebnisse und Korrelationen zwischen Variablen.............185
5 Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung..................190
6 Einhaltung der Gütekriterien........................................................................196 6.1 Objektivität................................................................................................197
6.2 Reliabilität .................................................................................................197
6.3 Validität.....................................................................................................198
7 Bilanz und Motivation..................................................................................202
Anhang ...............................................................................................................207
Literaturverzeichnis ............................................................................................208
Vorwort
1
Vorwort
2003 deckte eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte
Studie1 auf: 14 % aller Studenten2, die im Wintersemester 2000/2001 ihr Studium
abgebrochen haben, verfügten zu Beginn ihres Studiums nach eigenen Angaben
über ein nur unzureichendes naturwissenschaftliches Wissen.3 Die Studie der HIS-
GmbH Hannover, die 3.000 Studienabbrecher von 63 Fachhochschulen und Uni-
versitäten sowie 2.800 Absolventen und 1.000 Hochschulwechsler befragte, bringt
es auf den Punkt:
„[…] bestehen starke Defizite in Mathematik und Naturwissenschaf-
ten, so wird der Einstieg ins Studium erschwert oder gelingt über-
haupt nicht.“4
Auch für Studenten bestimmter Studienrichtungen legt die Studie Ergebnisse vor:
So brechen 23 % aller Universitäts-Studenten der Fächergruppe Mathema-
tik/Naturwissenschaften ihr Studium ab, 14 % von ihnen geben Leistungsproble-
me als entscheidenden Grund an. Ähnlich verhält es sich bei Biologiestudenten:
15 % beenden ihr Studium nicht, 14 % führen dies auf Leistungsprobleme zurück.
Bei Medizinstudenten liegt die Studienabbruchquote zwar bei nur 8 %, doch 35 %
halten Prüfungsversagen oder Leistungsprobleme für den entscheidenden Grund
zum Abbruch des Studiums.
„Vor allem die Zwischenprüfungen erweisen sich für einen Teil der
Studierenden als eine nicht zu überwindende Barriere.“5
Inwieweit chemische Kenntnisse bei den genannten Studienabbrechern eine Rolle
spielten, untersuchte die Studie nicht – doch eines fällt auf: Alle genannten Fach-
bereiche benötigen Chemie in einem nicht unerheblichen Maß, zuweilen muss
Chemie sogar als Nebenfach belegt werden. Eine fundierte chemische Grundla-
1 Heublein, Spangenberg, Sommer (2003) 2 Ab sofort wird der Einfachheit halber jeweils das männliche Genus geschlechtneutral und gleich-
bedeutend für Studentinnen und Studenten, Schülerinnen und Schüler etc. verwendet. Wenn also im Folgenden von diesen die Rede ist, sind immer ausdrücklich die Frauen und Mädchen mitge-meint.
3 vgl. Heublein, Spangenberg, Sommer (2003), S. 50 4 a. a. O., S. 51 5 a. a. O., S. 106
Vorwort
2
genbildung ist daher unverzichtbar. Fehlt diese, könnte das bei der Entscheidung
der Studenten das Studium abzubrechen, eine entscheidende Rolle spielen. Doch
woraus resultieren Leistungsprobleme und Überforderung? Ergeben sie sich aus
schulischen Defiziten? Bereitet die Schulchemie etwa nicht ausreichend auf ein
naturwissenschaftliches Studium vor?
Chemie gilt unter Schülern als sehr theoretisch, ihr haftet noch immer der Ruf
einer schwer zu erlernenden Wissenschaft an.6 Und das, obwohl Chemie allge-
genwärtig ist. An ein Leben ohne Chemie ist wahrlich nicht zu denken – der All-
tagsbezug ist unheimlich hoch. Auch in vielen Berufsfeldern ist Chemie in einem
nicht geringen Maß vertreten.
Was sollte die Schulchemie also schwerpunktmäßig vermitteln? Der hessische
G9-Lehrplan7 formuliert die Ziele des Chemieunterrichts folgendermaßen:
„Ein übergeordnetes Erziehungsziel des Unterrichts ist es, die Schüle-
rinnen und Schüler zur Bewältigung zukünftiger Lebenssituationen
und zur Teilnahme an demokratischen Entscheidungsprozessen zu
befähigen […]. Dieses Ziel beinhaltet auch, sie mit einer zeitgemäßen
naturwissenschaftlichen Grundbildung auszustatten. […] Dem Che-
mieunterricht fällt dabei die besondere Aufgabe zu, die materiale
Umwelt zu erschließen sowie Verständnis und Kompetenz im alltäg-
lichen Umgang mit Stoffen zu vermitteln. Er trägt mit dazu bei, die
Vorgänge in der Natur zu verstehen sowie der – auch durch die fort-
schreitende Technisierung verursachten – Naturentfremdung entge-
genzuwirken. […] Im gymnasialen Bildungsgang wird daneben ein
wesentlicher Schwerpunkt in der Vermittlung wissenschaftlicher Ar-
beitsmethoden und der vertiefenden Beschäftigung mit naturwissen-
schaftlichen Konzepten und Verfahren liegen. […] Insbesondere sol-
len Schülerexperimente […] den Wissensdurst der Schülerinnen und
Schüler fördern und Anregungen zu forschendem Lernen geben. […]
Durchgängiges Unterrichtsprinzip sollte deshalb die Einbeziehung
6 vgl. Kaufmann (2000), S. 36 7 Diese Arbeit bezieht sich nicht auf einen der hessischen G8-Lehrpläne aus den Jahren 2005 oder
2008, sondern auf den G9-Lehrplan aus dem Jahr 2003, da die im Rahmen der vorliegenden Ar-beit befragten Studenten nach diesem älteren Plan ihr Abitur erwarben.
Vorwort
3
der Alltagserfahrungen der Schülerinnen und Schüler und ihrer da-
durch entstandenen Vorstellungswelt sein.“8
In Bezug auf die gymnasiale Oberstufe heißt es weiter:
„Ziel des Chemieunterrichts in der gymnasialen Oberstufe ist es so-
mit, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, in Lebensbereichen, in
denen chemisches, naturwissenschaftliches und technisches Ver-
ständnis erforderlich sind, sachkompetent und verantwortungsbe-
wusst zu handeln und zu entscheiden.“9
Ein zentrales Ziel des Chemieunterrichts ist es also, den Jugendlichen möglichst
viele Phänomene aus Alltag und Lebenswelt nahe zu bringen und verständlich zu
machen: nicht nur der Lehrplan, auch Richtlinien und zahlreiche Schulbücher be-
mühen sich, Wege zu diesem Ziel aufzuzeigen. Des Weiteren regen lernpsycholo-
gische Grundprinzipien dazu an, Sachverhalte aufzugreifen, die Jugendliche aus
eigener Anschauung kennen. Es sind oftmals die einfachsten Naturphänomene,
die nicht zu durchschauen sind – zumindest nicht, ohne eine naturwissenschaftli-
che Modellvorstellung zu kennen: das Verdunsten einer Regenpfütze oder das
Verbrennen von Grillkohle – heute gültige und zutreffende Interpretationen sind
erst auf der Grundlage von Vorstellungen zum Aufbau der Materie aus Atomen,
Ionen oder Molekülen möglich. Und die Schulchemie ist – laut Lehrplan – dazu
da, um diese naturwissenschaftlichen Modellvorstellungen zu vermitteln.
Das ist wahrlich eine große Aufgabe. Wird ihr die Schulchemie gerecht? Bereitet
sie auf Leben, Studium und Arbeit vor? Für die Beantwortung dieser Fragen ver-
sucht die vorliegende Arbeit Beiträge zu liefern. Dabei unterstreichen nicht nur
die aktuellen Differenzen und Umbrüche in der Schulpolitik die Aktualität, auch
Kommentare von Chemie-Lehrern, die im Rahmen der für diese Arbeit durchge-
führten Expertenbefragung (vgl. KAPITEL 2) abgegeben wurden, betonen die Bri-
sanz und Zeitnähe des Themas [Orthographie und Grammatik wurden in den fol-
genden Expertenkommentaren stets wahrheitsgetreu angepasst, -mg-] 10:
8 Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 2 9 a. a. O., S. 3 10 Anmerkungen meinerseits werden stets kursiv in eckigen Klammern angeführt und jeweils mit
dem Kürzel „-mg-“ (Mario Gerwig) versehen.
Vorwort
4
„Ich unterrichte seit ungefähr 30 Jahren am Oberstufengymnasium.
Die Schüler kommen bei uns an und haben überwiegend keine Vor-
kenntnisse! In Klasse 11 fangen wir (fast) von vorne an! Inhalte in 12
und 13: Organische Chemie, chemisches Gleichgewicht, pKs- und
pH-Werte. Schüler, die in diesen Jahrgängen Chemie belegen, sollten
sich auf diesen Gebieten auskennen. […] Schüler, die Chemie nach
der 11 abwählen, sind die Chemie betreffend in der Regel so ah-
nungslos, wie man es sich kaum vorstellen kann.“11
Ein weiterer Kommentar drückt die Situation ähnlich hart aus:
„Schüler, die Chemie nach der 11 abwählen, finden das Fach furcht-
bar und haben nie einen Zugang bekommen. Diese überleben in der
Regel die Klasse 11 mit Müh und Not und wissen hinterher fast
nichts mehr.“12
Die vorliegende Arbeit will daher untersuchen, ob Abiturienten, die gerade erst
die Schule verlassen haben, mit einem chemischen Grundwissen ausgestattet wur-
den – so, wie es die Lehrpläne vorsehen – oder ob sie tatsächlich keine grundle-
genden chemischen Fragen beantworten können. Stimmt, was folgende ausge-
wählte Expertenkommentare behaupten?
„Es besteht grundsätzlich ein großer Unterschied zwischen dem, was
Schüler aus dem Unterricht können sollten und was sie tatsächlich
wissen.“13
„Schüler, die Chemie in der Jahrgangstufe 11 abgegeben haben, wis-
sen sehr, sehr wenig.“14
Oder stimmt eben dies nicht, und der Chemieunterricht wird seiner durch die
Lehrpläne festgelegten Aufgaben gerecht? Vielleicht starten Abiturienten ausges-
tattet mit einem chemischen Grundwissen und durchaus studierfähig in ihr Uni-
versitätsstudium. Genauso ist es aber auch möglich, dass Teile der angewandten
11 Gerwig (2008), ausgewählter Kommentar der Expertenbefragung zur vorliegenden Arbeit „Che-
misches Wissen von Studienanfängern“. 12 a. a. O. 13 a. a. O. 14 a. a. O.
Vorwort
5
Chemiemethodik und -didaktik zur Erreichung der im Lehrplan formulierten Ziele
und damit der gesamte Chemieunterricht überdacht werden müssen – dies ist zu
untersuchen.
* * *
Danken möchte ich im Besonderen Herrn Dr. Philipp Reiß für die Anregungen,
Hilfen und die in allen Phasen der Arbeit gewährte Unterstützung. Außerdem be-
danke ich mich bei den Professoren und Mitarbeitern der Philipps-Universität
Marburg, die mich bei der Planung und Durchführung der Umfrage für die einzel-
nen Fachbereiche unterstützt haben und mir einige Minuten ihrer Vorlesungszeit
geschenkt haben: Prof. Dr. Bernhard Neumüller (Fachbereich Chemie – Vorle-
sung „Anorganische Experimentalchemie für Studierende der Humanmedizin, der
Zahnheilkunde und der Biologie/Lehramt“), Prof. Dr. Andreas Greiner und PD
Dr. Seema Agarwal (Fachbereich Chemie – Vorlesung „Organische Chemie für
Biologen und Humanbiologen“), Dr. Astrid Brandis-Heep und Dr. Bettina Maier
(beide Fachbereich Biologie), Prof. Dr. Torsten Steinmetzer (Fachbereich Phar-
mazie), Prof. Dr. Angela Standhartinger und Prof. Dr. Wolfgang Nethöfel (beide
Fachbereich Evangelische Theologie) sowie Michael Boßhammer (Studierenden-
sekretariat der Universität) für die Bereitstellung von Informationen zu Einschrei-
bungszahlen und hochschulintern zulassungsbeschränkten Studiengängen. Zu gu-
ter Letzt geht der größte Dank an die wichtigste Personengruppe dieser Wissen-
schaftlichen Hausarbeit, ohne die es diese Studie nicht geben könnte: die 676 be-
fragten Studentinnen und Studenten, welche den – zugegebenermaßen recht um-
fangreichen – Fragebogen gewissenhaft und ehrlich beantwortet haben.
Vielen Dank!
Mario Gerwig Marburg, im November 2008
Einleitung
6
0 Einleitung
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine deskriptive Querschnittstudie.
Sie beschreibt die Beziehungen, die zwischen dem G9-Lehrplan „Chemie“ des
Bundeslandes Hessen aus dem Jahr 2003 und dem tatsächlichen Wissen von Stu-
dienanfängern ausgewählter Fachrichtungen, die nach diesem Lahrplan ihr Abitur
erworben haben, bestehen. Die Untersuchung lehnt sich dabei an eine 1986 am
Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Marburg durchgeführte Arbeit an.15
Diese überprüfte die Chemie-Kenntnisse der Studienanfänger aller Fachbereiche.
Von dieser Arbeit sind jedoch nur noch wenige Seiten erhalten – die meisten Ka-
pitel fehlen, genau wie die Auswertung der erhaltenen Ergebnisse, gänzlich. Le-
diglich die Fragen der Studentenbefragung sind noch vorhanden. Stellen, an denen
auf die 1986er-Arbeit intensiver Bezug genommen wird, sind besonders ausge-
zeichnet.
Als Stichprobe dieser Querschnittstudie dienen insgesamt 676 Erstsemesterstu-
denten, die im Wintersemester 2008/2009 ihr Studium an der Marburger Philipps-
Universität aufgenommen haben. 620 von ihnen haben eines gemeinsam: Chemie
spielt in ihrem Studium eine zentrale Rolle. Konkret: Insgesamt wurden 620 Stu-
denten der Fachrichtungen Humanbiologie, Biologie „Bachelor of Science (B.
Sc.)“ und Biologie Lehramt, Human- und Zahnmedizin sowie Pharmazie befragt.
Als Vergleichsstichprobe wurde ein weiterer, gänzlich „unchemischer“ und nicht
zulassungsbeschränkter Fachbereich, ausgewählt: Erstsemesterstudenten der E-
vangelischen Theologie (insgesamt 56 Studenten, die jeweils auf Lehramt oder
kirchliches Examen studieren).16 Dieser Auswahl liegt die Vermutung zu Grunde,
dass Schüler, die keinen Zugang und kein Interesse am Fach Chemie haben, später
auch kein Fachgebiet studieren, in welchem chemische Kenntnisse vonnöten sind.
Denn diese Fächer werden eher von Studenten belegt, die schon als Schüler ein
15 Da der genaue Titel dieser Arbeit unbekannt ist, wird sie im Folgenden schlicht als „1986er-
Arbeit“ bezeichnet. 16 Studenten der Fachrichtungen Human- und Zahnmedizin werden im Folgenden der Einfachheit
halber zusammengefasst und wertungsfrei schlicht als „Mediziner“ bezeichnet. Gleiches gilt für die Theologiestudenten (Lehramt und kirchliches Examen). Bei den Biologen wird hingegen stets zwischen Bachelor- und Lehramtsstudenten unterschieden, wobei die Bezeichnung „B. Sc.“ stets verdeutlichen soll, dass es sich um Biologiestudenten mit Abschluss „Bachelor of Science“ handelt. Humanbiologiestudenten, die zum Fachbereich Medizin gehören, werden getrennt be-handelt.
Einleitung
7
nicht geringes Interesse an Chemie hatten. Die Wahl eines nicht zulassungsbe-
schränkten Studiengangs wird damit begründet, dass es sich Studenten zulas-
sungsbeschränkter Studiengänge in der Regel nicht leisten können, in einem
Schulfach, also auch in Chemie, „nur“ durchschnittliche Leistungen zu erbrin-
gen.17 Gänzlich unberücksichtigt bei dieser Untersuchung bleibt hingegen der
Fachbereich Chemie. Diesen Studenten kann sicherlich ein nicht geringes Interes-
se am Fach Chemie unterstellt werden, weshalb sie sich bereits in der Schule ein
recht großes chemisches Wissen angeeignet haben dürften und die gestellten Auf-
gaben somit nahezu problemlos beantworten können sollten.
Um die Beziehungen zwischen Lehrplan und Wissen der Abiturienten untersu-
chen zu können, wurde in der ersten Semesterwoche des Wintersemesters
2008/2009 mit Hilfe eines sechsseitigen und aus drei Teilen bestehenden Frage-
bogens eine Umfrage unter den betreffenden Studenten durchgeführt. Um die Stu-
dentenumfrage möglichst objektiv und differenziert auswerten zu können, wurde
bereits einige Wochen zuvor eine schriftliche Expertenumfrage gestartet. Als Ex-
perten wurden dabei die Fachvorsteher des Faches Chemie aller 156 hessischen
Schulen mit gymnasialer Oberstufe angesehen. Basierend auf diesen Ergebnissen
wurde zum einen der Fragebogen für die Studentenumfrage abgeändert, zum an-
deren wurden Regeln für die Auswertung der Studentenbefragung aufgestellt.
Nach der Durchführung der Befragung und der Aufbereitung der daraus erhalte-
nen Ergebnisse wurden diese schließlich ausgewertet, analysiert und im Rahmen
dieser Arbeit dargestellt.
Die Arbeit ist chronologisch aufgebaut. So ging der Befragung der Erstsemester-
studenten einiges voraus. Ganz am Anfang standen die Auswahl der Fragen und
die Erstellung des Fragebogens, was Gegenstand des KAPITELS 1 ist. Anschlie-
ßend wurde zunächst die Expertenumfrage geplant und durchgeführt, was in KA-
PITEL 2 beschrieben wird. Daran schloss sich die Befragung der Erstsemesterstu-
denten an, deren Planung in KAPITEL 3 näher erläutert wird. Die Auswertung der
Experten- und der Studentenbefragung sowie die Dokumentation der daraus erhal-
tenen Ergebnisse sind Gegenstand des 4. KAPITELS. Dabei werden zunächst der A-
17 Der NC für das Fach „Psychologie“ lag bspw. im WS 2008/2009, abhängig vom Bundesland, in
dem das Abitur erworben wurde, zwischen 1,0 und 1,3. Um dieses Fach studieren zu können ist also ein sehr gutes Abitur Voraussetzung – also auch gute bis sehr gute Leistungen in Chemie.
Einleitung
8
und C-Teil der Fragebögen jeweils für alle sechs Fachbereiche ausgewertet, bevor
die Ergebnisse des B-Teils für jeden Fachbereich sehr ausführlich analysiert wer-
den. Die Unterkapitel dieses Abschnitts gleichen sich dabei im Aufbau, was je-
doch aus Vergleichbarkeitsgründen nicht anders möglich ist. Außerdem vergleicht
dieses Kapitel die Ergebnisse der Studentenbefragung untereinander in Abhängig-
keit der unterschiedlichen Fachrichtungen, so dass es für den geneigten Leser aus-
reichend ist, den entsprechenden Unterpunkt des vierten KAPITELS (4.2.1 bis
4.2.6) in Verbindung mit KAPITEL 4.3 (Vergleich der Gruppen) zu studieren. KA-
PITEL 5 beschreibt schließlich die Differenzen und Gemeinsamkeiten zwischen
den Einschätzungen der Experten und den Antworten der Studenten. Abschlie-
ßend wird im 6. KAPITEL die Einhaltung der drei Gütekriterien Objektivität, Vali-
dität und Reliabilität diskutiert. Nach einem kurzen Schlusswort (KAPITEL 7) folgt
der Anhang und das Literaturverzeichnis.
Vorarbeit
9
1 Vorarbeit
1.1 Konstruktion des Fragebogens
Als Grundlage für die vorliegende Studie dient eine im Wintersemester 2008/2009
an der Philipps-Universität Marburg durchgeführte Erhebung, welche das chemi-
sche Wissen von Studienanfängern dokumentiert. Als Messinstrument wurde, mit
Bezug auf die bereits im Vorwort erwähnte 1986er-Arbeit, ein sechsseitiger, aus
drei Teilen bestehender, teilstandardisierter Fragebogen erstellt.18 Über die Aus-
wahl der Fragen sowie die Erstellung des Fragebogens informieren die folgenden
Kapitel.
1.1.1 Allgemein
Der Fragebogen der Studierendenbefragung bestand aus insgesamt drei Teilen.
Durch die Anordnung dieser drei Teile (leicht-schwierig-leicht in der Beantwor-
tung) und der Reihenfolge der Fragen wird eine Spannungskurve aufgebaut, wel-
che die Motivation beim Ausfüllen des Bogens möglichst lange erhalten soll.
Im ersten Teil werden zehn allgemeine Fragen zum Chemieunterricht der Befrag-
ten gestellt. Dieser Teil, der lediglich einige subjektive Einschätzungen verlangt,
ist recht leicht zu beantworten und bietet einen schnellen Einstieg in den Fragebo-
gen. Etwas anspruchsvoller wird es im zweiten Abschnitt, in welchem den Befrag-
ten 21 Fragen aus verschiedenen Bereichen der Chemie und spezifischen Inhalten
des Chemieunterrichts gestellt werden. Den wiederum leicht zu beantwortenden
Abschluss bildet der dritte, aus sieben sozialstatistische Fragen bestehende Teil.
18 vgl. Anhang 2
Vorarbeit
10
1.1.2 Teil A – allgemeine Fragen
Die zehn Fragen des ersten Teils sollen klären, wie die Befragten ihren letzten
Chemieunterricht, ihre letzten Chemielehrer, die eigenen Schulnoten sowie einige
allgemeine Dinge den Chemieunterricht betreffend beurteilen. Zum Beantworten
dieser Fragen ist kein chemisches Wissen notwendig, sie verlangen lediglich eine
persönliche Einordnung allgemeiner Sachverhalte.
Die erste Frage, bei welcher der letzte Chemieunterricht der Befragten mit Hilfe
von insgesamt neun vorgegebenen Eigenschaftspaaren beurteilt werden soll, dient
als so genannte „Eisbrecherfrage“. Diese subjektive Charakterisierung soll einen
leichten Einstieg in den Fragebogen bieten und so auf die folgenden Teile vorbe-
reiten. Sie bleibt später unberücksichtigt und geht in die Auswertung nicht mit ein.
1.1.3 Teil B – Aufgabenteil
Bei der Erstellung des zweiten Fragebogenteils wurden die Fragen zu einem gro-
ßen Teil aus der 1986er-Arbeit übernommen. Hierfür gibt es mehrere Gründe:
Zum einen sind die Fragen bereits erprobt worden und haben mehrere Testläufe
durchlaufen, d.h. sie haben sich als valide erwiesen.
Die Teile A und C („Allgemeine Fragen“, „Sozialstatistische Fragen“) wurden
gänzlich aus der 1986er-Arbeit übernommen. Der Aufgabenteil hingegen durch-
lief einige Veränderungen, wobei jedoch immer darauf geachtet wurde, dass das
Kriterium „Vergleichbarkeit der Arbeiten“ erhalten bleibt und die Fragen bzgl. der
unterschiedlichen Kategorien („Allgemeine Chemie“, „Anorganische Chemie“,
„Organische Chemie“) möglichst breit gefächert sind.
Der Aufgabenteil des Fragebogens der 1986er Arbeit bestand aus 25 Fragen. Vier
dieser Fragen wurden für diese Arbeit ersatzlos gestrichen, so dass der aktuelle
Bogen nur noch aus 21 Aufgaben besteht. Einige dieser 21 Fragen wurden ergänzt
oder verkürzt, andere wurden auf Grundlage der im folgenden KAPITEL 2 genauer
betrachteten Expertenbefragung verändert. Die beiden folgenden Tabellen infor-
mieren über diese Änderungen.
Vorarbeit
11
Tab. 1: Auswahl und eigene Umformulierungen der Fragen aus der 1986er-Arbeit.
Gestrichene oder veränderte Frage Begründung
Frage 119:
gestrichen
Missverständliche Aufgabenstellung;
mehrere Antwortmöglichkeiten, je nach
Wahl des Kriteriums.
Frage 3 (2)20:
mit Zusatz „ohne Prozentangaben“
Aufgabenstellung ohne Zusatz leicht
missverständlich
Frage 4 (3):
ohne Stichwortbegründung
schwer zu beantworten und zu aufwen-
dig in der Auswertung
Frage 1721:
gestrichen
Die Frage ist die Antwort zu Frage 18
(16), welche nach der Bedeutung der
Zahl 6,023 · 1023 fragt.
Frage 2322:
gestrichen
Sehr komplexe Frage mit vielfältigen
Antwortmöglichkeiten. Eine eindeutige
Beurteilung der Antworten wäre nicht
möglich.
Frage 2423:
gestrichen
Auswertung kompliziert, da das Emp-
finden von Vor- und Nachteilen sehr
subjektiv ist.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
19 In der Chemie werden häufig Stoffe aufgrund Ihrer Eigenschaften zu Stoffgruppen zusammen-
gefaßt. Teilen Sie nachfolgende Stoffe/Gegenstände mit Hilfe eines von Ihnen zu wählenden Kriteriums in zwei Stoffgruppen ein, und schreiben Sie die jeweiligen Kennbuchstaben in die entsprechenden Felder. (A) Würfelzucker (B) Nagel (C) Salzkristall (D) Konservendose (E) Diamant (F) Geldstück (G) Zinnfigur“
20 Fragennummerierung in der alten Arbeit. Die entsprechende Fragennummer dieser Arbeit ist in Klammern angegeben.
21 „Was verstehen Sie unter dem Mol eines Stoffes?“ 22 „Welches Umweltproblem wird durch die übermäßige Anwendung dieser stickstoffhaltigen
Salze [Düngemittel, -mg-] verursacht?“ 23 „Kunststoffe sind inzwischen in alle Bereiche des täglichen Lebens eingedrungen. Nennen Sie
bitte einige Vorteile und einige Nachteile, die mit der Verwendung von Kunststoffen verknüpft sind.“
Vorarbeit
12
Tab. 2: Übernommene und auf Expertenkommentaren ruhende umformulierte Aufgaben
aus der 1986er-Arbeit.
Frage in der Schulversion 24 Umformulierte Frage, ruhend auf
den Meinungen der Experten
Frage 325:
Im Folgenden finden Sie einige Vor-
gänge aus dem Alltagsleben. Kreuzen
Sie bitte diejenigen an, von denen Sie
meinen, dass die Chemie dabei eine
Rolle spielt. […]
Frage 3:
Im Folgenden finden Sie einige Vor-
gänge aus dem Alltagsleben. Kreuzen
Sie bitte diejenigen an, von denen Sie
meinen, dass die Chemie dabei eine
Rolle spielt (d.h. entscheiden Sie, ob
es sich um einen chemischen Vorgang
handelt oder nicht). […]
Frage 6:
Nennen Sie bitte die Namen einiger
Laugen!
Frage 6:
Nennen Sie bitte die Namen einiger
Laugen / Basen!
Frage 8:
Die chemische Formel des Stoffes
Natriumhydroxid ist NaOH. Geben Sie
bitte die chemischen Formeln der fol-
genden Stoffe an! […]
Frage 8:
Die Summenformel des Stoffes Natri-
umhydroxid ist NaOH. Geben Sie bitte
die Summenformeln der folgenden
Stoffe an! […]
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Die so ausgewählten 21 Aufgaben26 fragen zum einen wesentliche Aspekte der
Schulchemie ab, werden aber zum anderen nie zu fachwissenschaftlich. Sie versu-
chen stets den Alltagsbezug herzustellen – ein äußerst wichtiger Aspekt, denn bei
den abgegebenen Expertenkommentaren taucht die Frage nach zentral wichtigen
24 Mit Schulversion ist die Version der Fragen gemeint, die in dem an die Schulen verschickten
Fragebogen der Expertenbefragung aufgeführt waren. 25 Nummerierungen dieser Tabelle beziehen sich auf den Fragebogen dieser Arbeit. 26 vgl. Fragebogen, Anhang 2
Vorarbeit
13
und langfristig benötigten Inhalten immer wieder auf. Diese ist sicherlich nicht
leicht zu beantworten. Der erstellte Fragebogen aber versucht genau diese Inhalte
abzufragen, indem er hauptsächlich allgemeinbildendes und alltagsrelevantes
Wissen prüft, dabei jedoch keinen der unterschiedlichen Bereiche der Schulche-
mie zu sehr vernachlässigen versucht. Alltagsphänomene sind allerdings oft viel
zu komplex, als das man ihre Erklärung in einer kurzen Befragung abprüfen könn-
te. Die hier ausgearbeiteten Fragen sind recht kurz gehalten, ihr Alltagsbezug of-
fenbart sich daher bisweilen erst auf den zweiten Blick.
Die Fragen des Aufgabenteils lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen.
Diese in den folgenden Tabellen aufgeführten Einteilungen sind für die spätere
differenzierte Auswertung besonders wichtig.
Tab. 3: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie.
Bereich Fragen Anzahl Fragen
1 Allgemeine Chemie und über-
greifende Aufgaben
3, 5, 6, 7, 12, 13, 14,
15, 16, 18, 19, 21 12
2 Anorganische Chemie 1, 2, 4, 8, 17 5
3 Organische Chemie und Bio-
chemie 9, 10, 11, 20 4
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Diese Einteilung zeigt, dass die beiden Bereiche Anorganische und Organische
Chemie – wie auch in der Schule – zu etwa gleichen Teilen behandelt werden.
Eine größere Bedeutung wird allerdings der Allgemeinen Chemie zugeschrieben,
da zum einen sehr viele Alltagsphänomene, zum anderen chemisches Grundwis-
sen, welches in der Schule in den ersten Jahren erworben wird, diesem Bereich
zugeschrieben werden können. Aus diesem Grund haben die diesen Bereich
betreffenden Fragen den größten Anteil im Fragebogen (57 %).
Eine weitere Einteilung der Fragen ist nach spezifischen Unterrichtsinhalten mög-
lich.
Vorarbeit
14
Tab. 4: Klassifikation der Aufgaben nach fachspezifischen Inhalten.
Inhalt Fragen Anzahl Fragen
1 Beispiele für Stoffgruppen 5, 6, 9 3
2 Elementsymbole, Formeln, Re-
aktionsgleichungen 4, 8, 11, 17 4
3 Definitionen, Gesetze, Konstan-
ten 12, 13, 14, 15, 16, 18 6
4 Allgemeine Probleme, Chemie
des Alltags27 1, 2, 3 3
5 Angewandte Chemie, Techno-
logie 7, 10, 19, 20 4
6 Geschichte der Chemie 21 1
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Diese Einteilung zeigt, dass die ausgewählten Fragen zu etwa gleichen Teilen fünf
prägnante und schwerwiegende Inhalte der Chemie behandeln und damit einen
Großteil wichtigen Schulstoffs abdecken. Allein die „Geschichte der Chemie“
wird nur mit einer einzigen Frage angesprochen. Aufgaben, die rein fachwissen-
schaftliche Themen abfragen, sind stark in der Minderheit. Dazu ein Auszug eines
Expertenkommentars:
„Wir vermissen Fragen zu übergeordneten chemischen Konzepten,
z.B. Elektronegativität, Zusammenhänge zwischen Atombau, Stel-
lung im PSE und Reaktionsverhalten von Elementen, […], Salz ↔
Ion, Moleküle ↔ Nichtmetalle, polare Bindungen, Dipol oder nicht
Dipol, Löslichkeitsverhalten, polar/unpolar […], zwischenmolekulare
Wechselwirkungen, Zusammenhänge zwischen sichtbarer Ebene und
Teilchenebene (Siedeverhalten). Diese Themen sind für Studenten
27 Die Grenzen zwischen den einzelnen Klassen, besonders zur Grenze „Chemie des Alltags“, sind
fließend. Fast alle Fragen haben einen gewissen Alltagsbezug.
Vorarbeit
15
der Naturwissenschaft mit Nebenfach Chemie von deutlich höherer
Bedeutung als der im Fragebogen angegebene Sachverhalt! […]“ 28
Fragen diesen Typs wurden allerdings absichtlich nicht in den Fragebogen mit
aufgenommen, denn die Überprüfung solch extremen fachspezifischen Wissens ist
nicht Gegenstand dieser Arbeit. Sie fragt eben nicht nur auswendig gelerntes Wis-
sen ab, daher finden sich nur wenige Fragen nach fachwissenschaftlichen und
fachspezifischen Fakten und Sachverhalten. Der Schwerpunkt liegt woanders: Es
soll untersucht werden, inwieweit alltagsrelevantes Wissen, also Stoff, mit dem
Alltagsphänomene erklärt werden können, bei den Abiturienten vorhanden ist.
Fachwissenschaftliche Inhalte treten dazu deutlich in den Hintergrund, das chemi-
sche Schulwissen der Abiturienten steht auf dem Prüfstand.
1.1.4 Teil C – sozialstatistische Daten
Den letzten Teil des sechsseitigen Fragebogens bilden die zur Auswertung nötigen
sozialstatistischen Daten. Dieser Teil ist der für die Befragten am leichtesten zu
beantwortende Teil. Hier werden neben dem Geschlecht und dem Alter u.a. auch
der Ort, wo die Hochschulreife erworben wurde, und die in der Oberstufe belegten
Leistungsfächer abgefragt. Diese Daten werden benötigt, um später Aussagen
bspw. über Herkunft und Alter der Befragten treffen zu können. Die Anonymität
bleibt dabei jedoch zu jeder Zeit erhalten. Fragebögen, die wegen bestimmter
Antworten einen Rückschluss auf die ausfüllende Person erlauben – bspw. wenn
das Abitur sehr lange zurückliegt oder wenn der ausfüllende Student die Hoch-
schulreife als einziger in einem bestimmten Land erworben hat – wurden aus der
Wertung heraus genommen.
28 Gerwig (2008), ausgewählter Kommentar der Expertenbefragung zur vorliegenden Arbeit „Che-
misches Wissen von Studienanfängern“.
Vorarbeit
16
1.2 Bewertung der Fragen im Teil B (Aufgabenteil)
Bei den im Fragebogen gestellten Fragen handelt es sich zum Teil um geschlosse-
ne Fragen, d.h. die Befragten müssen aus gegebenen Vorgaben die ihrer Meinung
nach richtigen Antworten auswählen oder ankreuzen, sowie um offene Fragen, bei
denen ein Sachverhalt oder ein Konzept mit eigenen Worten erklärt werden muss.
Um alle Fragebögen möglichst objektiv, einheitlich, vergleichbar und gerecht be-
werten zu können, ist es notwendig, Bewertungskriterien für jede einzelne Frage
des Aufgabenteils festzulegen.
Dazu werden die Fragen zunächst in vier Kategorien eingeteilt:
Tab. 5: Einteilung der Fragen des Aufgabenteils nach Typen
Typ Aufgaben Anzahl Aufgaben
1
Mit Antwortvorgabe –
Richtige Antworten aus
einer Menge vorgegebe-
ner Antworten identifizie-
ren
1, 3 2
2
Ohne Antwortvorgabe –
Konzept oder Begriff mit
eigenen Worten erläutern
12, 13, 14, 15, 16 5
3
Ohne Antwortvorgabe –
eine nicht limitierte Anzahl
von zutreffenden Ant-
wortmöglichkeiten nennen
5, 6, 7, 9, 10, 19, 20, 21 8
4
Ohne Antwortvorgabe –
es existiert eine eindeutig
beurteilbare Lösung, die
genannt werden muss
2, 4, 8, 11, 17, 18 6
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Vorarbeit
17
Für Fragen, bei denen es eine eindeutig zu beurteilende Lösung gibt oder bei de-
nen aus einer Menge von Antwortmöglichkeiten die richtigen herausgesucht wer-
den müssen (Typen 1 und 4), ist das Aufstellen solcher Bewertungsrichtlinien
recht unproblematisch. Komplizierter aber wird es, wenn Antworten selbst formu-
liert werden müssen und somit auch teilweise richtig oder falsch wiedergegeben
werden können, die Lösung also nicht eindeutig als richtig oder falsch klassifiziert
werden kann (Typen 2 und 3).
Hier (Typ 2) wird folgendermaßen vorgegangen: Für eine gänzlich richtige Ant-
wort wird eine maximal zu erreichende Punktzahl P festgelegt. Abweichende, d.h.
nicht ganz korrekte oder unvollständige Antworten, führen in der unten definier-
ten Weise zu einer geringeren Punktzahl.
Ähnlich wird bei Fragen vorgegangen, bei denen eine nicht festgelegte Anzahl an
Antworten gegeben werden soll (Typ 3). Hier wird für jede richtige Nennung eine
zu vergebende und ggf. eine abzuziehende Punktzahl für falsche Nennungen fest-
gelegt. Schwieriger festzulegen ist jedoch, ab welcher Anzahl von Nennungen
eine Frage als vollständig gelöst angesehen werden kann. Ein Beispiel: „Frage 10:
Nennen Sie bitte wichtige Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen!“ Wie
viele Antworten müssen nun gegeben werden, um die volle Punktzahl zu errei-
chen? Sicherlich hätte man schon in der Frage eine Anzahl vorgeben können – die
Auswertung der Frage würde so erheblich erleichtert – doch stellt dies eine
schwerwiegende Einschränkung dar. Denn weiß ein Befragter mehr Antworten als
gefordert sind, soll er sie auch nennen – das würde er bei einer vorgegebenen
Menge an erwarteten Antworten jedoch nicht tun.
Dennoch muss für die Auswertung der Frage eine Anzahl an Antworten, für die
später die maximal zu erreichende Punktzahl vergeben werden kann, festgelegt
werden – ein Problem. Wer soll diese Zahlen möglichst gerecht festlegen? Und
wie? Um dieses Problem leichter in den Griff zu bekommen, wurde – anders als in
der 1986er-Arbeit – bereits bei der Expertenbefragung (vgl. KAPITEL 2 und An-
hang 1) um eine zahlenmäßige Einschätzung der möglichen Antworten gebeten.
Diese Zahlen dienen als Orientierung zur Festlegung der erwarteten Anzahl an
Antworten.
Vorarbeit
18
Die weiteren Bewertungsrichtlinien sind mit denen der 1986er-Arbeit nahezu i-
dentisch:
„1. Richtig wiedergegebene „ältere“ Konzepte (z.B. Oxidation als
Aufnahme von/Reaktion mit Sauerstoff) werden niedriger bewer-
tet als richtig wiedergegebene „moderne“ Konzepte (z.B. Oxida-
tion als Abgabe von Elektronen).
2. Die Bewertung erfolgt in Form einer Punktebewertung.
3. Die Bewertungen werden so festgelegt, daß nur ganzzahlige
Punktergebnisse auftauchen.
4. Für Fehler, fehlende Komponenten oder unpräzise Begriffe gibt
es Punktabzüge; in Zweifelsfällen unterbleiben die Punktabzü-
ge.“29
Der folgende fünfte Punkt wurde jedoch ein wenig verändert. In der 1986er-
Arbeit heißt es:
„5. In den Fällen, in denen durch Ankreuzen aller Vorgaben automa-
tisch auch alle richtigen Vorgaben angekreuzt wurden, führte das
Ankreuzen der falschen Vorgaben zu Punktabzügen.“30
Ankreuzen einer falschen Lösung führte in der vorliegenden Befragung hingegen
immer zu Punktabzügen.
Diese konzipierten Bewertungslinien führen bei jeder Aufgabe zu einer maximal
erreichbaren Punktzahl, welche jedoch nicht bei allen Fragen gleich ist (bei Auf-
gabe 1 können bspw. neun, bei Aufgabe 2 hingegen acht Punkte erreicht werden).
Unter den Gesichtspunkten Vergleichbarkeit und Brauchbarkeit der Ergebnisse ist
es jedoch notwendig, dass alle Fragen mit dem gleichen Gewicht in die spätere
Gesamtauswertung eingehen. Dafür sorgt ein entsprechender Berechnungsschlüs-
sel, der auch den unterschiedlichen, anhand der Expertenbefragung ermittelten
Schwierigkeitsgrad der Aufgaben berücksichtigt (vgl. KAPITEL 4.1.1).
29 1986er-Arbeit, S. 20 30 a. a. O.
Vorarbeit
19
Im Folgenden ist der Bewertungsschlüssel für jede der 21 Fragen des Aufgaben-
teils grafisch komprimiert aufgeführt. Jeder ausformulierten Frage folgt entweder
die maximal zu erreichende Punktzahl P oder die, auf den Einschätzungen der
Experten ruhende, festgelegte maximale Punktzahl P*, sowie die zugrunde lie-
genden Erwartungen für das Erreichen dieser Punktzahl, die Regeln bzw. Bewer-
tungsrichtlinien und ggf. einige kurze Anmerkungen.
Rostet an der Luft �
Ist rötlich glänzend �
Ist sehr spröde �
Verbrennt mit grellem Licht �
Wird im Laufe der Zeit grün
�
1111
Sie sollen bestimmen, woran man Kupfer erkennt. Dazu finden Sie rechts eine Liste von Eigen-schaften. Kreuzen Sie bitte alle diejenigen an, die Ihrer Meinung nach für den Stoff Kupfer zutref-fen.
Färbt sich bei Reaktion mit Sauerstoff schwarz
�
PPPP = 9
Erwartungen: -
· Für jede Nennung von 2., 5. und 6. jeweils 3 Punkte Regeln:
· Für jede falsche Nennung jeweils
· Für jede fehlende Nennung
- 3 Punkte
- 1 Punkt
Anmerkung: Eine negative Gesamtpunktzahl wird auf 0 Punk-
te aufgerundet
Vorarbeit
20
2222 Aus welchen Bestandteilen ist Luft zusammengesetzt (ohne Prozentanga-ben)?
PPPP = 8
Erwartungen: -
Regel: · Für jede Angabe von Stickstoff, Sauerstoff,
Kohlendioxid und Edelgas jeweils 2 Punkte
Anmerkung: Angaben von Luftverunreinigungen werden nicht
als Fehler gewertet.
Getreide wird gemahlen �
Blei wird geschmolzen �
Ein Akku wird aufgeladen �
Ein Auto fährt mit Diesel-treibstoff
�
Milch wird sauer �
3333
Rechts finden Sie einige Vorgänge aus dem Alltagsleben. Kreuzen Sie bitte alle diejenigen an, von denen Sie meinen, dass die Chemie dabei eine Rolle spielt (d.h. entscheiden Sie, ob es sich um einen chemischen Vorgang handelt oder nicht).
Zucker und Mehl werden gemischt
�
PPPP = 9
Erwartungen: -
· Für jede Ankreuzung von 3., 4. und 5. jeweils 3 Punkte Regeln:
· Für jede falsche Ankreuzung jeweils
· Für jede fehlende Nennung
- 3 Punkte
- 1 Punkt
Anmerkungen: Eine negative Gesamtpunktzahl wird auf 0 Punk-
te aufgerundet
Vorarbeit
21
Sauerstoff
Chlor
Eisen
Stickstoff
Phosphor
4444
Die chemischen Elemente werden jeweils durch ein Elementsymbol gekennzeichnet. Geben Sie bitte die Elementsymbole für die folgenden Elemente an!
Blei
PPPP = 12
Erwartungen: -
· Für jede richtige Angabe des Symbols jeweils 2 Punkte Regeln:
· Für fehlerhafte Angaben, die nicht Symbol eines
anderen Elements sind (Cl2 statt Cl, Ph statt P)
· Für fehlerhafte Angaben, die Symbol eines an
deren Elements sind (F statt Fe, C statt Cl)
1 Punkt
0 Punkte
Anmerkungen: -
5555 Nennen Sie bitte die Namen einiger Säuren!
PPPP* = 10
Erwartungen: Nennung von fünf Säuren
Regeln: · Für jede genannte Säure (Name oder / und For-
mel) jeweils 2 Punkte
Anmerkungen: Fehlerhafter Name / Formel führt zu Punktabzug
Vorarbeit
22
6666 Nennen Sie bitte die Namen einiger Laugen / Basen!
PPPP* = 6
Erwartungen: Nennung von drei Laugen / Basen
Regeln: · Für jede genannte Lauge (Name oder / und For-
mel) jeweils 2 Punkte
Anmerkungen: Fehlerhafter Name / Formel führt zu Punktabzug
7777 Geben Sie bitte wichtige Verwen-dungszwecke von Salzen an!
PPPP* = 6
Erwartungen: Nennung von drei Verwendungszwecken
Regeln: · Für jeden genannten zutreffenden Verwen-
dungszweck jeweils 2 Punkte
Anmerkungen: Jeder zutreffende Verwendungszweck wird un-
abhängig vom Ausmaß seiner Bedeutung akzep-
tiert
Wasser
Kohlenmonoxid
Schwefeldioxid
Natriumchlorid
Natriumphosphat
Calciumcarbonat
Ammoniak
8888
Die Summenformel des Stoffes Natriumhydroxid ist NaOH. Geben Sie bitte die Summenformeln der folgenden Stoffe an!
Kupfersulfat
Vorarbeit
23
PPPP = 16
Erwartungen: -
· Für jede vollständig richtige Formel 2 Punkte
· Für Formeln mit allen Elementen aber einer fal-
schen Atomzahl (z.B. NaPO4 statt Na3PO4) 1 Punkt
Regeln:
· Für Formeln mit einem falschen oder fehlenden
Element und/oder zwei oder mehr falschen A-
tomzahlen
0 Punkte
Anmerkungen: Bei Kupfersulfat werden sowohl Kupfer(I)- als
auch Kupfer(II)sulfat korrekt gewertet.
9999
Nennen Sie bitte Namen von einigen Kohlenwasserstoffen (also Verbin-dungen, die nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen)!
PPPP* = 12
Erwartungen: Je zwei Nennungen aus drei unterschiedlichen
Bereichen (z.B. homologe Reihen)
· Für jede erste Nennung unterschiedlicher Art
(z.B. zu unterschiedlichen homologen Reihen
gehörend) jeweils
3 Punkte
· Für die zweite und dritte Nennung gleicher Art
(z.B. aus derselben homologen Reihe) jeweils 1 Punkt
Regeln:
· Für die vierte und jede weitere Nennung dersel
ben homologen Reihe 0 Punkte
Anmerkungen: -
Vorarbeit
24
10101010 Nennen Sie bitte wichtige Verwen-dungszwecke von Kohlenwasserstof-fen!
PPPP* = 9
Erwartungen: Nennung von drei Verwendungszwecken
Regeln: · Für jeden genannten zutreffenden Verwen
dungszweck jeweils 3 Punkte
Anmerkungen: Jeder zutreffende Verwendungszweck wird un-
abhängig vom Ausmaß seiner Bedeutung akzep-
tiert.
Ethanol
Benzol
Methan 11111111
Geben Sie bitte die chemischen Formeln, egal ob Summen- oder Strukturformel, der folgenden Stoffe an!
Glucose
PPPP = 12
Erwartungen: -
· Für jede vollständige richtige Formel jeweils 3 Punkte
· Für jede Summenformel, die bis auf eine Atom-
anzahl richtig ist sowie jede Strukturformel, die
bis auf einen Strukturfehler richtig ist
2 Punkte
· Für jede vollständige richtige Formel aus der in
der Vorgabe angesprochenen Stoffgruppe / ho-
mologen Reihe anstelle der zutreffenden Formel
(z.B. C2H6 statt CH4)
1 Punkt
Regeln:
· Formeln mit zwei oder mehr Fehlern 0 Punkte
Anmerkungen: Kleinere Mängel bei Strukturformeln (z.B. stereo-
spezifische Aspekte) bleiben unberücksichtigt
Vorarbeit
25
12121212 Was verstehen Sie unter einer Säu-re?
PPPP = 10
Erwartungen: -
· Brønsted-, Lewis- oder analoge Definition 10 Punkte
· pH < 7 5 Punkte
· Reaktionsprodukte von Nichtmetalloxid und H2O 5 Punkte
Regeln:
· Für jede zutreffende Einzeleigenschaft (bewertet
werden maximal fünf) nach einer funktionellen
oder substantiellen Säuredefinition jeweils
1 Punkt
Anmerkungen: · Fehler führen zu Punktabzügen
13131313 Was verstehen Sie unter einer Oxida-tion?
PPPP = 10
Erwartungen: -
· Abgabe von Elektronen 10 Punkte
· Reaktion / Umsetzung mit Sauerstoff 8 Punkte
· Verbrennungsvorgang, Verbrennungsvorgang
an der Luft, Elektronenübertragung 5 Punkte
· Erhöhung der Oxidationszahl 3 Punkte
Regeln:
· Sehr eng gefasste Verbrennungsvorgänge /
Oxidationen (z.B. „Rosten“) 1 Punkt
Anmerkungen: -
Vorarbeit
26
14141414 Was verstehen Sie unter einem Ion?
PPPP = 10
Erwartungen: -
· Positiv oder negativ geladene Atome oder A-
tomgruppen 10 Punkte
· Positiv oder negativ geladene Teilchen 8 Punkte
· Elektrisch geladene Teilchen, elektrische Teil-
chen, geladene Teilchen 6 Punkte
· Geladene Atome 5 Punkte
· Negativ geladene Teilchen / Atome / Atomgrup-
pen / Elemente 4 Punkte
Regeln:
· Positiv geladene Teilchen / Atome / Atomgrup-
pen / Elemente 4 Punkte
Anmerkungen: Fehler, auch falsche Zusätze wie „kleinste“, füh-
ren zu Punktabzug
Vorarbeit
27
15151515 Was verstehen Sie unter einer Atom-bindung?
PPPP = 10
Erwartungen: -
· Zwei einfach besetzte Atomorbitale zweier Ato-
me überlappen zu einem Molekülorbital 10 Punkte
· Verknüpfung zweier Atome (zu einem Molekül)
durch ein gemeinsames Elektronenpaar 8 Punkte
· Elektronenpaarbindung 7 Punkte
· Verknüpfung von Atomen zu Molekülen; Bin-
dung in Molekülen 4 Punkte
· Kovalente Bindung; unpolare Bindung, EN ≤
fester Wert, Verbindung zweier Nichtmetalle 2 Punkte
Regeln:
· Nennung eines zutreffenden Beispiels
· Wortumschreibungen wie „Bindung zwischen
Atomen“
1 Punkt
0 Punkte
Anmerkungen: Fehler führen zu Punktabzug
Vorarbeit
28
16161616 Was sagt Ihnen die Zahl 6,023 · 10 23?
PPPP = 10
Erwartungen: -
· Anzahl der Teilchen von 1 Mol eines Stoffes;
6,023 · 1023 Teilchen besitzen die molare Masse
eines Stoffes
10 Punkte
· Anzahl der Teilchen in 22,4 L eines Gases unter
Normalbedingungen 9 Punkte
· Teilchenzahl 4 Punkte
Regeln:
· Avogadro-Zahl, Loschmidt-Zahl 3 Punkte
Anmerkungen: Fehler führen zu Punktabzug
17171717
Ein bekannter Schulversuch zeigt: Elementares Natrium reagiert mit Wasser zu Natriumhydroxid und Wasserstoff. Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für diese Reak-tion!
PPPP = 10
Erwartungen: -
· Für jedes richtige Edukt und Produkt jeweils 2 Punkte Regeln:
· Für die Richtigkeit aller Koeffizienten 2 Punkte
Anmerkungen: Fehler führen zu Punktabzug
Vorarbeit
29
c (I2) · c (H2)
c2 (HI)
18181818
Das Massenwirkungsgesetz (MWG) macht eine Aussage über den Zu-sammenhang zwischen den Kon-zentrationen der Reaktionsteilneh-mer in einer Gleichgewichtsreaktion. Formulieren Sie bitte den MWG-Ausdruck für die folgende Gleichge-wichtsreaktion:
I2 + H2 ���� 2 HI (I2: Iod, H 2: Wasserstoff, HI: Iodwasserstoff)
PPPP = 10
Erwartungen: -
· richtige Lösung: K =
10 Punkte
· Zähler und Nenner vertauscht 8 Punkte
· Zählerexponent als Faktor 5 Punkte
· Nennerprodukt als Summe 5 Punkte
· Beschreibung als Gleichgewicht (ohne Formel) 5 Punkte
· Kehrwerte in Verbindung mit „Zählerexponent
als Faktor“ oder „Nennerprodukt als Summe“ 4 Punkte
· Zählerexponent als Faktor und Nenner als Sum-
me 2 Punkte
Regeln:
· Kehrwert in Verbindung mit „Zählerexponent als Faktor und Nenner als Summe“
1 Punkt
Anmerkungen: -
Vorarbeit
30
Name des Verfah-rens:
Hergestellter Stoff:
19191919
Nennen Sie bitte einige großtechni-sche Verfahren der chemischen In-dustrie zur Herstellung wichtiger Stoffe.
PPPP* = 9
Erwartungen: Nennung von drei Kombinationen
· Für jede richtig genannte Kombination jeweils 3 Punkte Regeln:
· Für die Nennung eines Verfahrens ohne Angabe
des hergestellten Stoffes 1 Punkt
Anmerkungen: Angabe eines Stoffes ohne zugehöriges Verfah-
ren führt zu 0 Punkten
20202020
Stickstoffhaltige Salze (Nitrate) wer-den in der Landwirtschaft in großem Umfang verwendet. Was wird damit bezweckt?
PPPP = 12
Erwartungen: -
· Düngung / Ertragssteigerung 4 Punkte
· Ersatz wichtiger Mineralien 4 Punkte
Regeln:
· Stickstoffzufuhr 4 Punkte
Anmerkungen: -
Vorarbeit
31
Namen berühmter Chemiker:
Gründe des Be-rühmtseins:
21212121
Nennen Sie bitte die Namen einiger berühmter Chemiker. Wenn möglich, geben Sie bei jedem Namen an, wa-rum der Genannte berühmt ist!
PPPP* = 12
Erwartungen: Nennung von drei Kombinationen
· Für jede richtige Kombination 4 Punkte
· Für zutreffende Namen ohne Angabe eines
Grundes oder mit Angabe eines falschen Grun-
des
2 Punkte
Regeln:
· Für jeden zweiten und jeden weiteren zutreffen-
den Grund in einer zutreffenden Kombination 1 Punkt
Anmerkungen: Namen von Physikern, Biologen, Medizinern,
Botanikern etc. bleiben unberücksichtigt
Expertenbefragung
32
2 Expertenbefragung
2.1 Gründe für die Befragung
Bei den für die Erhebung ausgewählten Aufgaben handelt es sich sowohl um of-
fene als auch um geschlossene Fragen. Einige von ihnen sind leicht und schnell zu
beantworten, andere bedürfen höherem Aufwand und beanspruchen zur Beant-
wortung mehr Zeit, womit sich die Fragen in unterschiedliche Schwierigkeitska-
tegorien einteilen lassen. Dies ist für die spätere Auswertung ein nicht zu vernach-
lässigender Sachverhalt, denn eine leicht zu beantwortende Frage muss später mit
größerem Gewicht in die individuelle Wertung eingehen als eine schwer zu be-
antwortende. Um jedoch die einzelnen Fragen als „leicht“ und „schwer“ kategori-
sieren zu können, ist ein gewisser Sachverstand vonnöten. Aus diesem Grund
wurde – wie schon in der 1986er-Arbeit – eine Expertenbefragung durchgeführt,
bei denen die Fachvorsteher des Faches Chemie aller hessischen Schulen mit
gymnasialer Oberstufe als „Experten“ angesehen wurden.
Neben der Einteilung der Fragen nach ihrem Schwierigkeitsgrad standen bei die-
ser Befragung noch weitere Aspekte, welche die möglichst genaue Einhaltung der
drei Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität gewährleisten sollen, im
Mittelpunkt31:
• Bei welchen Fragen ist die Einschätzung der Experten überwiegend gleich
bzw. sehr unterschiedlich? (vgl. KAPITEL 4.1.2)
• Stimmen die Einschätzungen der Experten mit den aus der Studierenden-
befragung erhaltenen Ergebnissen überein? (vgl. KAPITEL 5)
• Wie viele Antworten sollten für einen Schüler / Abiturienten bei den offe-
nen Fragen möglich sein? (vgl. KAPITEL 2)
Die letzte Frage wurde in der 1986er-Arbeit nicht berücksichtigt – dort wurden
die zahlenmäßigen Erwartungen für jede einzelne Frage schlicht festgelegt. Um
31 Zur Beurteilung der Gütekriterien s. KAPITEL 6.
Expertenbefragung
33
jedoch möglichst objektiv zu bleiben, wurden die Experten diesbezüglich um eine
Einschätzung gebeten.
Außerdem sollten die Fachvorsteher in einem am Ende des Fragebogens befindli-
chen Kommentarfeld die formulierten Fragen bewerten, kommentieren, bestätigen
oder verbessern und so auf Fehler, Ungenauigkeiten oder Unklarheiten aufmerk-
sam machen. Überraschenderweise wurde hiervon viel Gebrauch gemacht. Die
Ergebnisse dazu wurden in KAPITEL 2.3 berücksichtigt.
2.2 Durchführung und Rücklaufquote
Insgesamt konnten von 156 hessischen Schulen mit gymnasialer Oberstufe die
Adressen ermittelt werden. Die so ausgewählten Experten, d.h. die Fachvorsteher
des Faches Chemie, erhielten ein Anschreiben, welches zum einen über die Wis-
senschaftliche Hausarbeit, zum anderen über die Gründe der Expertenbefragung
informierte. Auf einem beiliegenden Fragebogen, der nach der Bearbeitung in
dem beiliegenden und bereits adressierten Rückumschlag zurückgeschickt werden
sollte, waren die einzelnen Fragen auf einer dreistufigen Likert-Skala ihrem
Schwierigkeitsgrad entsprechend einzustufen.32 Unterschieden wurde dabei in
folgende zwei Kategorien: „Müsste diese Frage/Aufgabe – Ihren Erfahrungen
nach – von Abiturienten, die Chemie in der Oberstufe belegt haben (Leistungs-
oder Grundkurs), sicher, vermutlich oder kaum beantwortet werden können?“ und
„Müsste diese Frage/Aufgabe – Ihren Erfahrungen nach – von Abiturienten, die
Chemie nicht in der Oberstufe belegt haben (weder Leistungs- noch Grundkurs),
sicher, vermutlich oder kaum beantwortet werden können?“.
Innerhalb der in dem Anschreiben festgelegten Antwortfrist reagierten 61 Lehrer
was eine Rücklaufquote von R = 0,39 = 39 % ergibt. Drei Antwortbögen konnten
jedoch nicht mit in die Wertung eingehen, da sie unzureichend, fehlerhaft oder
missverständlich ausgefüllt waren und Korrekturen der offensichtlichen Falschan-
gaben nicht eindeutig durchgeführt werden konnten.
32 vgl. Anhang 1
Expertenbefragung
34
„Wer einen Fragebogen samt freundlichem Anschreiben […] ver-
schickt, wird selten Rücklaufquoten über 20 % erzielen. Je nach Ziel-
gruppe sind häufig nur Rücklaufquoten um die 5 % zu erwarten.“33
Bei dieser Befragung handelte es sich jedoch um eine Expertenumfrage unter
Fachleuten, welche zum Thema eine fundierte und verlässliche Meinung besitzen.
Eine Rücklaufquote von mehr als 20 % war deshalb durchaus zu erwarten. Even-
tuell hätte man sogar noch mit einer deutlich höheren Rücklaufquote rechnen kön-
nen, doch wurde die Umfrage zu einem sehr ungünstigen, allerdings einzig mögli-
chen Zeitpunkt, nämlich im Mai 2008, also in den Wochen vor den Sommerferien,
durchgeführt.34 Aus diesem Grund wird die erhaltene Quote von R = 39 % als
überaus zufrieden stellend angesehen.
2.3 Die Expertenkommentare – Bewertung und Folgen für den Fragebogen
Besonders erfreulich bei der Expertenbefragung war, dass bei 30 der insgesamt 58
in die Auswertung eingehenden Antwortbögen, also bei 52 %, von dem Kommen-
tarfeld am Ende des Bogens Gebrauch gemacht wurde. Dies war sehr überra-
schend, zumal die Fragen bereits in der 1986er Arbeit verwendet wurden und
schon damals einige Kontrollen durchliefen. Dennoch gab es auch bei dieser Be-
fragung einige – zum Teil sehr ausführliche – Hinweise und Empfehlungen, die
später bei der Konstruktion des finalen Fragebogens berücksichtigt wurden. So
sorgten viele dieser Kommentare unter anderem dafür, dass einige Fragen kleine-
ren Änderungen unterzogen wurden. Diese Änderungen wurden in KAPITEL 1.1.3
(Tabelle 2) bereits ausführlich behandelt.
Konkret wurde in einigen Kommentaren darauf hingewiesen, dass Schüler, die
Chemie in der Oberstufe nicht belegt haben, mit der Aufgabe 18 des Fragebogens
große Probleme haben dürften, das dort angesprochene Massenwirkungsgesetz
(MWG) werde schließlich erst in der Oberstufe unterrichtet. Diese Anmerkung
33 Diekmann (1998), S. 441 34 Dazu ein Expertenkommentar aus einem sehr spät eingetroffenen Schreiben: „Im Übrigen ent-
schuldige ich mich für die verspätete Bearbeitung, aber der Termindruck ist in diesem – extrem kurzen – Schuljahr […] besonders hoch!“.
Expertenbefragung
35
stimmt auch mit den zu dieser Frage gegebenen Einschätzungen überein: alle 58
Lehrer gaben an, dass ihren Einschätzungen nach die entsprechenden Schüler die-
se Frage „kaum“ beantworten können. Diese Tatsache wurde allerdings als nicht
sonderlich tragisch aufgefasst, weshalb die Frage auch schließlich unverändert im
Fragebogen verblieb. Wäre sie außerdem entfernt worden, hätten auch die Schüler
mit Chemie in der Oberstufe sie nicht mehr beantworten können – und gerade
diese sollten dazu nach Einschätzung der Experten recht „sicher“ in der Lage sein.
Des Weiteren wurde einige Mal angemerkt, dass eine Unterscheidung der Schüler
mit Chemie in der Oberstufe in Grund- und Leistungskurs sinnvoll sei. Diesem
Hinweis wurde jedoch nicht gefolgt, da die Studenten zum einen auch in der Ex-
pertenbefragung nicht in Grund- und Leistungskurs unterteilt wurden, und zum
anderen eine solche Kategorisierung für die Auswertung einen enormen, im Rah-
men dieser Wissenschaftlichen Hausarbeit nicht zu bewältigenden Mehraufwand
bedeutet hätte. Außerdem fragt Aufgabe 7 des A-Teils nach der Klasse, in welcher
der Befragte zum letzten mal in Chemie unterrichtet wurde, und die Aufgabe 6
des C-Teils nach den in der Oberstufe belegten Leistungskursen. Aus diesen bei-
den Fragen kann also durchaus eine Einteilung in die drei geforderten Kategorien
erfolgen, was in der späteren Auswertung jedoch nur Ausnahmefällen geschah.
Die Einteilung in die zwei Kategorien, welche auch die Expertenbefragung be-
rücksichtigte (Studenten mit und ohne Chemie in der Oberstufe), wurde hingegen
durchweg vorgenommen. Ebenfalls wurde angemerkt, dass die Formulierung der
Fragen nach dem Typ „Nennen Sie einige…“ etwas ungeschickt sei. Vielmehr sei
die Vorgabe fester Größen hilfreich („Nennen Sie drei…“). Diese Anmerkung
findet in der finalen Version des Fragebogens jedoch keine Berücksichtigung,
denn eine feste Größe könnte den Befragten dazu „zwingen“, entweder auf noch
vorhandenes Wissen zu verzichten (da nicht mehr Antworten aufgeführt werden
„dürfen“ als angegeben) oder sich eine noch fehlende Antwort auszudenken (da
eine vorgegebene Anzahl angegeben werden „muss“). Eben dies soll verhindert
werden, indem bei den entsprechenden Fragen keine zahlenmäßige Erwartung
vorgegeben wurde. Weiß ein Befragter viele Antworten, so soll er sie auch nennen
dürfen. Das Risiko einer Flut von Antworten wird jedoch als nicht sonderlich
hoch angesehen. Außerdem wurde die Bewertung einer solchen bereits durch die
entsprechenden Bewertungsrichtlinien festgelegt.
Studentenbefragung
36
3 Studentenbefragung
3.1 Durchführung
Der Hauptteil dieser Wissenschaftlichen Hausarbeit, die Befragung der Erstsemes-
terstudenten, wurde in der ersten Woche des Wintersemesters 2008/2009 durchge-
führt. Befragt wurden dabei Studienanfänger der Fachrichtungen Humanbiologie,
Biologie (B. Sc.) und Biologie Lehramt, Human- und Zahnmedizin, Pharmazie
und, aus bereits in der Einleitung zu dieser Arbeit erläuterten Vergleichsgründen,
Studenten der Evangelische Theologie. Insgesamt wurden 676 Erstsemesterstu-
denten befragt. Sie verteilen sich wie folgt auf die verschiedenen Fachrichtungen:
Tab. 6: Anzahl der befragten Studenten, sortiert nach Studienrichtung.
Studiengang
Anzahl der befrag-
ten Studenten
Gültige Fragebö-
gen (Prozent)
1 Humanbiologie 49 49 (100 %)
2 Biologie B. Sc. 144 130 (90,2 %)
3 Biologie Lehramt 35 35 (100 %)
4 Medizin 300 283 (94,3 %)
5 Pharmazie 92 85 (92,4 %)
6 Evangelische Theologie 56 56 (100 %)
Σ Summe 676 638 (94,4 %)
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Für den Fall, dass die vorliegende Arbeit später zur Erhebung einer Längsschnitt-
studie dienen soll, werden im Folgenden einige genauere Informationen zur
Durchführung der Befragung aufgeführt.
Studentenbefragung
37
Um die einheitliche Vorstellung des Forschungsauftrags zu gewährleisten erhiel-
ten die Studenten zu Beginn einer Befragung einige allgemeine Informationen
(Hintergründe und Ziel der Befragung, Hinweis auf Anonymität, grober Zeitrah-
men von rund 20 Minuten) sowie kurze Instruktionsanweisungen zum Aufbau und
zum Ausfüllen des Fragebogens. Durch diese gleich bleibende Behandlung der
sechs Befragungsgruppen sollte der Pygmalioneffekt möglichst klein gehalten
werden. Zu diesem Effekt kann es unter anderem kommen, wenn in verschiedenen
Versuchsgruppen zu identischen Problemstellungen unterschiedlicher Termini
benutzt werden.
„ [Es kommt, -mg-] zu einem Versuchsleitereffekt, wenn der VL [Ver-
suchsleiter, -mg-] durch sein Verhalten oder Auftreten die Ergebnisse
unbeabsichtigt und evtl. unbewußt verfälscht. Das kann z.B. dadurch
geschehen, daß der VL in einer von ihm unterrichteten VG [Ver-
suchsgruppe, -mg-] […] unbewußt engagierter auftritt als in einer e-
benfalls von ihm betreuten VGG [Vergleichgruppe, -mg-].“35
Aus diesem Grund wurde stets streng darauf geachtet, dass alle Befragten zum
Ausfüllen des Fragebogens die identischen Bedingungen hatten.
3.2 Aufbereitung der Daten
676 befragte Studenten, entsprechend 676 auszuwertende, aus 4.056 Seiten beste-
hende Fragebögen mit insgesamt 25.688 zu bewertenden Antworten – eine beina-
he erschlagende Fülle an Informationen. Um diese Flut an Fragebögen bewältigen
zu können, wurden sie zunächst nach Studienfach sortiert, nummeriert, anschlie-
ßend ausgewertet und aufbereitet. Die Auswertungen des A- und C-Teils waren
dabei verhältnismäßig unkompliziert. Die Anzahl der Fragebögen, die schließlich
in die Bewertung eingehen konnten, reduzierte sich während dieser Auswertung
jedoch auf 638 (94,4 %); 38 Fragebögen mussten aussortiert werden, da sie im
sozialstatistischen C-Teil unzureichend oder mit offensichtlichen Falschangaben
35 Möller (1999), S. 223
Studentenbefragung
38
ausgefüllt worden waren, oder weil durch eine Aufnahme der Bögen in die Aus-
wertung die Anonymität der ausfüllenden Personen nicht mehr hätte gewährleistet
werden können.
Die Bewertung des größeren B-Teils war sehr komplex. Jede einzelne der fast
14.000 Aufgaben wurde zunächst nach den in KAPITEL 1.2 aufgeführten Bewer-
tungskriterien beurteilt. Die sich schließlich ergebenden Punktzahlen jeder einzel-
nen Aufgabe wurden dann, wie auch die Ergebnisse des allgemeinen A- und des
sozialstatistischen C-Teils, zunächst in unterschiedlichen Dateien des Statistik-
programms SPSS (Statistical Package for the Social Sciences) gespeichert. Aus
den sich so ergebenden jeweils 38 Aufgaben-Variablen konnten nun neue Variab-
len berechnet werden. Dabei wurden bspw. die Punktzahlen der Aufgabe i (i =
1,…,21) mit dem entsprechenden Normierungsparameter Ni und den Multiplikato-
ren Mi bzw. Mib multipliziert.36 Nach ähnlichem Muster wurden weitere für die
Auswertung relevante Variablen erzeugt. Am Ende ergaben sich so Dateien mit
bis zu 83 Variablen (Spalten) und 638 Fälle (Zeilen). Mit den daraus erhaltenen
Daten wurde schließlich die Auswertung der Befragung vorgenommen.
36 Zur genaueren Erläuterung siehe nachfolgendes KAPITEL 4.
Analyse
39
4 Analyse
4.1 Auswertung der Expertenumfrage
4.1.1 Konstantenberechnung für den Schwierigkeitsgrad
Die aus der Expertenumfrage erhaltenen Ergebnisse wurden zunächst binär in eine
Excel-Tabelle eingegeben, aus der man durch einfache Spaltensummation die
gewünschten Ergebnisse erhalten kann. Das modular aufgebaute Programmpaket
zur statistischen Analyse von Daten „SPSS“, mit dem später die Studentenbefra-
gung ausgewertet wurde, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung.
Ein wichtiges Ziel der Expertenbefragung war die Einstufung der Fragen nach
ihrem Schwierigkeitsgrad. Aus diesen Einschätzungen konnte schließlich für jede
Frage i (i = 1,…,21) eine Konstante Ki bzw. Kib berechnet werden.37 Daraus wurde
später ein Multiplikator Mi bzw. Mib berechnet, mit dem dann die von den Befrag-
ten erreichte Punktzahl der Aufgabe i multipliziert wurde. Auf diese Weise wurde
sichergestellt, dass jede Frage entsprechend ihrem Schwierigkeitsgrad in die
Auswertung eingeht, d.h. also dass schwierige Fragen mit geringerem Gewicht in
die spätere Gesamtauswertung eingehen als leichte. Im Folgenden werden die
Berechnungen jeweils an einem Beispiel erläutert, Tabelle 8 in KAPITEL 4.1.1.4
zeigt abschließend das Ergebnis Gesamtergebnis.
4.1.1.1 Berechnung von Ki und K ib
Für die Antwortmöglichkeiten der Expertenumfrage „s“ (sicher), „v“ (vermutlich)
und „k“ (kaum) wurden die Multiplikatoren s* = 3, v* = 2 und k* = 1 eingesetzt, so
dass Fragen, die mehrheitlich „sicher“ zu beantworten sind, mit dem dreifachen
Gewicht einer „kaum“ zu beantwortenden Frage in die Bewertung eingehen.38
37 Mit „b“ werden jeweils die Fragen für Schüler, die Chemie nicht in der Oberstufe belegt haben,
gekennzeichnet. Fragen ohne Kennzeichnung beziehen sich auf Schüler mit Chemie in der Ober-stufe. Dies gilt für die Konstanten Ki, Ki
b, Mi, Mib.
38 Diese Tatsache wird damit begründet, dass die „sicher“ zu beantwortenden Fragen als „Basis-fragen“ angesehen werden, mit deren korrekter Beantwortung ein Student bereits einen Großteil der möglichen Punkte erreichen können soll. Schwierigere Fragen werden eher als Zusatzfragen eingestuft. Sie sollen zum Erwerb einiger Extrapunkte dienen.
Analyse
40
Die bestimmten Multiplikatoren wurden mit den Anzahlen der jeweiligen Nen-
nungen multipliziert, anschließend addiert und durch die Gesamtzahl der aus der
Expertenbefragung erhaltenen gültigen Antwortbögen – also durch 58 – geteilt.
Für die sich so ergebende, auf zwei Nachkommastellen gerundete Konstante Ki ( i
= 1,…,21) gilt 1 ≤ Ki ≤ 3.
Je größer also die Konstante, desto leichter ist nach den Einschätzungen der Ex-
perten die Frage für die jeweiligen Schüler zu beantworten und desto höher ist das
Gewicht der Frage in der späteren Auswertung.
Beispielrechnung zu Frage 1 (Kupfererkennung):
Somit folgt:
K1 = (35 · s* + 22 · v* + 1 · k*) / 58 = (35 · 3 + 22 · 2 + 1 · 1) / 58
= (105 + 44 + 1) / 58 = 150 / 58 ≈ 2,59.
K1b = (12 · s* + 31 · v* + 15 · k*) / 58 = (12 · 3 + 31 · 2 + 15 · 1) / 58
= (36 + 62 + 15) / 58 = 113 / 58 ≈ 1,99.
Die erste Frage des Fragebogens müssten also – nach Meinung der Experten –
Schüler, die Chemie in der Oberstufe belegt haben, recht „sicher“ beantworten
können (K1 = 2,59). Schüler, die Chemie nicht in der Oberstufe belegt haben,
können die Frage „vermutlich“ beantworten (K1b = 1,99). Die genauen Werte aller
Konstanten sind in Tabelle 8 (KAPITEL 4.1.1.4) aufgeführt. Das folgende Dia-
gramm gibt einen qualitativen Eindruck dieser Berechnungen.
Es gilt: #s = 35 #v = 22 #k = 1
#sb = 12 #vb = 31 #kb = 15
s* = 3 v* = 2 k* = 1
#Antworten = 58
Analyse
41
Diagramm 1: Konstanten Ki und Kib (i = 1,…21).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Expertenbefragung).
Der Verlauf der beiden Kurven für die Konstanten Ki und Kib ähnelt sich auffal-
lend (der errechnete Pearson-Korrelationskoeffizient liegt bei 0,805, d.h. es gibt
einen hohen linearen Zusammenhang zwischen den Konstanten, vgl. dazu KAPI-
TEL 4.3.3). Dabei bleibt die Kib-Kurve stets unterhalb der Ki-Kurve, d.h. die Ex-
perten schätzten erwartungsgemäß alle Aufgaben für Schüler mit Chemie in der
Oberstufe als leichter lösbar als für Schüler ohne Chemie in der Oberstufe ein.
4.1.1.2 Berechnung von Mi und M ib
Die einzelnen Punkte, die ein Student bei einer Aufgabe erzielt, müssen, um ge-
recht und dem Schwierigkeitsgrad entsprechend bewertet werden zu können, mit
einem Multiplikator multipliziert werden. Die Konstanten Ki und Kib eignen sich
dafür jedoch nicht, da, wie das obige Diagramm 1 zeigt, Ki stets größer als Kib ist.
Eine leichte Aufgabe eines Studenten, der Chemie in der Oberstufe hatte, würde
also stets mit mehr Gewicht in die Gesamtbeurteilung eingehen, als die gleiche
Aufgabe eines Studenten, der Chemie nicht in der Oberstufe belegt hat. Dies darf
jedoch nur dann der Fall sein, wenn die Aufgabe für Schüler mit Chemie in der
Oberstufe „sicher“ und für Schüler ohne Chemie in der Oberstufe „kaum“ lösbar
ist, die Differenz zwischen Ki und Kib also besonders groß ist (≥ 1). Dennoch:
Analyse
42
Eine leichte Aufgabe soll mit mehr Gewicht in die Bewertung eingehen als eine
schwere. Aus den Konstanten Ki und Kib müssen also neue Multiplikatoren be-
rechnet werden. Dabei soll folgendes gelten: Der Multiplikator einer leichten
Aufgabe muss größer sein als der einer schweren, und Mi muss fast immer, d.h.
wenn die Differenz zwischen Ki und Kib nicht allzu groß ist, kleiner sein als Mi
b
(letzteres ist bei Ki und Kib eben nicht der Fall). Das folgende Beispiel erläutert
die Berechnung.
Die Umrechnung erfolgt nach folgender Formel:
Mi(b) = 21 · Ki
(b) / Σ Ki(b) , wobei Σ Ki = 55,40 und Σ Ki
b = 36,86 gilt.
Für M1 und M1b ergibt sich somit (gerundet auf zwei Dezimalstellen):
M1 = 21 · Ki / Σ Ki = 21 · 2,59 / 55,40 ≈ 0,98.
M1b = 21 · Ki
b / Σ Kib = 21 · 1,99 / 36,86 ≈ 1,13.
Die genauen Werte für die Konstanten sind ebenfalls in Tabelle 8 (KAPITEL
4.1.1.4) aufgeführt. Das folgende Diagramm gibt einen qualitativen Eindruck.
Diagramm 2: Konstanten Mi und Mib (i = 1,…21).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Expertenbefragung).
Analyse
43
Mit diesen Werten werden die von den Befragten erzielten Punktzahlen der jewei-
ligen Aufgabe später multipliziert. Im Übrigen gilt: Σ Mi = Σ Mib = 21.
4.1.1.3 Normierung der Punktzahlen
Bei der Erstellung des Fragebogens und der Festlegung des Beurteilungssystems
ist es nicht gelungen, bei jeder Aufgabe eine gleich bleibende Punktzahl zu verge-
ben. So können bspw. bei Aufgabe 7 sechs Punkte, bei Aufgabe 8 hingegen 16
Punkte erreicht werden. Jede Aufgabe wird allerdings als gleich wichtig – nicht
zwangsläufig als gleich schwer – angesehen. Damit also jede Aufgabe, unabhän-
gig von den Multiplikatoren Mi und Mib, mit gleichem Gewicht in die Auswertung
eingeht, müssen die zu erreichenden Punktzahlen auf eine festgesetzte Zahl Z nor-
miert werden. Da bei den meisten Aufgaben 10 Punkte erreicht werden können
und es sich mit dieser Zahl leicht rechnen lässt, erscheint es sinnvoll, für jede
Aufgabe Z = 10 zu setzen. Dies geschieht durch einfache Multiplikation der
Punktzahlen Pi und Pi* mit bestimmten Parametern Ni. Die Parameter berechnen
sich dabei wie folgt:
Z = 10 = P i(*) · Ni ↔ Ni =
Die folgende Tabelle enthält die entsprechenden Parameter.
Tabelle 7: Parameter Ni (i = 1,…21), gerundet auf drei Dezimalstellen.
Nr. Kurztext PPPP i bzw. PPPP i* Ni
1 Kupfererkennung 9 1,111
2 Luftbestandteile 8 1,250
3 Chemische Vorgänge im Alltag 9 1,111
4 Elementsymbole 12 0,833
5 Namen von Säuren 10 1,000
P i(*)
10
Analyse
44
6 Namen von Laugen / Basen 6 1,667
7 Verwendungszwecke von Salzen 6 1,667
8 Stoffformeln 16 0,625
9 Namen von Kohlenwasserstoffen (KW) 12 0,833
10 Verwendungszwecke von KW 9 1,111
11 Formeln von organischen Stoffen 12 0,833
12 Definition einer Säure 10 1,000
13 Definition einer Oxidation 10 1,000
14 Definition eines Ions 10 1,000
15 Definition einer Atombindung 10 1,000
16 Avogadro-Zahl 10 1,000
17 Reaktionsgleichung 10 1,000
18 MWG 10 1,000
19 Großtechnische Verfahren 9 1,111
20 Nitrate in der Landwirtschaft 12 0,833
21 Berühmte Chemiker 12 0,833
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Bei den so normierten Punktzahlen gilt stets: P i · Ni = Z = 10. Die maximal zu
erreichende (normierte) Gesamtpunktzahl beträgt somit P max = 210.
Analyse
45
4.1.1.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die folgende Tabelle 8 fasst die Ergebnisse der Berechnungen von Ki, Kib, Mi und
M ib zusammen. Der Kurztext erläutert dabei den Inhalt der jeweiligen Frage, die
Abkürzungen „s“, „v“ und „k“ stehen für „sicher“, „vermutlich“ und „kaum“ und
sind den Antwortmöglichkeiten des Fragebogens aus der Expertenbefragung ent-
nommen. Die folgenden beiden Spalten zeigen die absolute Anzahl der jeweiligen
Nennungen sowie die zugehörigen Prozentangabe. Des Weiteren sind die Kon-
stanten Ki, Kib, Mi und Mi
b aufgeführt.
Tab. 8: Schwierigkeitsgrad, Konstanten Ki und Kib, Multiplikatoren Mi und Mi
b.
Nr. Kurztext # Anzahl
absolut Prozent 39 K i bzw. K i
b Mi bzw. M ib
s 35 60,3
v 22 37,9 1
k 1 1,7
2,59 0,98
s 12 20,7
v 31 53,4 1b
Kupfererken-
nung
k 15 25,7
1,99 1,13
s 51 88,0
v 7 12,1 2
k 0 0,0
2,88 1,09
s 29 50,0
v 26 44,8 2b
Luftbestandtei-
le
k 3 5,2
2,45 1,40
39 Durch Rundungsfehler (gerundet wird auf eine Nachkommastelle) kann sich in der Summe ein
Wert von etwas mehr oder etwas weniger als 100 % ergeben.
Analyse
46
s 50 86,2
v 8 13,8 3
k 0 0
2,86 1,08
s 25 43,1
v 28 48,3 3b
Chemische
Vorgänge im
Alltag
k 5 8,6
2,34 1,33
s 46 79,3
v 12 20,7 4
k 0 0,0
2,79 1,06
s 8 13,8
v 35 60,3 4b
Elementsym-
bole
k 15 25,9
1,88 1,07
s 54 93,1
v 4 6,9 5
k 0 0,0
2,93 1,11
s 30 51,7
v 23 39,7 5b
Namen von
Säuren
k 5 8,6
2,43 1,38
s 51 87,9
v 6 10,3 6
k 1 1,7
2,86 1,08
s 18 31,0
v 32 55,1 6b
Namen von
Laugen / Ba-
sen
k 8 13,8
2,17 1,24
Analyse
47
s 21 36,2
v 32 55,2 7
k 5 8,6
2,28 0,86
s 4 6,9
v 24 41,4 7b
Verwendungs-
zwecke von
Salzen
k 30 51,7
1,55 0,88
s 31 53,5
v 24 41,4 8
k 3 5,2
2,48 0,94
s 3 5,2
v 16 27,6 8b
Stoffformeln
k 39 67,2
1,38 0,79
s 55 94,8
v 3 5,2 9
k 0 0,0
2,95 1,12
s 9 15,5
v 30 51,7 9b
Namen von
Kohlenwas-
serstoffen
k 19 32,8
1,83 1,04
s 42 72,4
v 14 24,1 10
k 2 3,5
2,69 1,02
s 13 22,4
v 22 37,9 10b
Verwendungs-
zwecke von
Kohlenwas-
serstoffen
k 23 39,7
1,83 1,04
Analyse
48
s 34 58,6
v 21 36,2 11
k 3 5,2
2,53 0,96
s 0 0,0
v 8 13,8 11b
Formeln von
organischen
Stoffen
k 50 86,2
1,14 0,65
s 50 86,2
v 7 12,1 12
k 1 1,7
2,84 1,08
s 10 17,2
v 33 56,9 12b
Definition ei-
ner Säure
k 15 25,9
1,91 1,09
s 52 89,7
v 6 10,3 13
k 0 0,0
2,90 1,10
s 21 36,2
v 27 46,6 13b
Definition ei-
ner Oxidation
k 10 17,2
2,19 1,25
s 54 93,1
v 4 6,9 14
k 0 0,0
2,93 1,11
s 17 29,3
v 27 46,6 14b
Definition ei-
nes Ions
k 14 24,1
2,05 1,17
Analyse
49
s 43 74,1
v 15 25,9 15
k 0 0,0
2,74 1,04
s 13 22,4
v 19 32,8 15b
Definition ei-
ner Atombin-
dung
k 26 44,8
1,78 1,01
s 30 51,7
v 27 46,6 16
k 1 1,7
2,50 0,95
s 6 10,3
v 19 32,8 16b
Avogadro-Zahl
k 33 56,9
1,53 0,87
s 40 69,0
v 16 27,6 17
k 2 3,4
2,66 1,01
s 8 13,8
v 16 27,6 17b
Reaktionsglei-
chung
k 34 58,6
1,55 0,88
s 29 50,0
v 27 46,6 18
k 2 3,4
2,47 0,94
s 0 0,0
v 0 0,0 18b
MWG
k 58 100,0
1,00 0,57
Analyse
50
s 18 31,0
v 30 51,7 19
k 10 17,2
2,14 0,81
s 0 0,0
v 7 12,1 19b
Großtechni-
sche Verfah-
ren
k 51 87,9
1,12 0,64
s 20 34,5
v 33 56,9 20
k 5 8,6
2,26 0,86
s 0 0,0
v 25 43,1 20b
Nitrate in der
Landwirtschaft
k 33 56,9
1,43 0,81
s 18 31,0
v 29 50,0 21
k 11 19,0
2,12 0,80
s 0 0,0
v 18 31,0 21b
Berühmte
Chemiker
k 40 69,0
1,31 0,75
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Expertenbefragung).
Einen graphischen Überblick über die Einschätzung des Schwierigkeitsgrads der
einzelnen Aufgaben, basierend auf den Ergebnissen der Expertenbefragung und
eingeteilt nach den beiden Kategorien Schüler mit Chemie in der Oberstufe und
Schüler ohne Chemie in der Oberstufe, geben die folgenden Diagramme. Sie er-
lauben jedoch lediglich einen qualitativen, keinen quantitativen Blick auf die Ver-
teilungen (bei diesen Einschätzungen ist stets zu beachten, dass diese subjektiv
Analyse
51
sind. Eine als „kaum“ zu beantworten eingestufte Frage heißt also nicht, dass das
betreffende Themengebiet im Unterricht nicht behandelt wurde):
Diagramm 3: Streuung der Experteneinschätzungen, sortiert nach dem Schwierigkeits-
grad für „Schüler mit Chemie in der Oberstufe“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Expertenbefragung).
Wie bereits in KAPITEL 1.1.3 erläutert behandeln die einzelnen Aufgaben des Fra-
gebogens die verschiedenen Gebiete der Schulchemie fast zu gleichen Teilen. Das
obige, auf den ersten Blick sehr komplex erscheinende Diagramm zeigt, dass –
zumindest nach Einschätzung der Experten – auch der Schwierigkeitsgrad der
Aufgaben variiert und es zu annähernd gleichen Teilen sowohl schwierige als
auch leichte Aufgaben gibt. Die Grafik zeigt: Je weiter rechts im Diagramm (d.h.
hoher Wert auf der „Sicher-Achse“) sich ein Eintrag befindet, desto „sicherer“ ist
die jeweilige Aufgabe nach Expertenmeinung für die entsprechenden Schüler zu
beantworten. Ist ein Eintrag im Diagramm sehr weit oben (hoher Wert auf der
„Vermutlich-Achse“) angesiedelt, so müsste die Frage „vermutlich“ zu beantwor-
ten sein. Eine sehr weit vorne (hoher Wert auf der „Kaum-Achse“) aufgelistete
Aufgabe ist hingegen „kaum“ lösbar. Die Beantwortung der Fragen 21 und 19, die
Analyse
52
sich vergleichsweise weit oben links befinden, müsste den Befragten also nach
Einschätzung der Experten recht schwer fallen. Die „mittleren“ Fragen 20, 7, 8,
18, 11 und 16 sollten vermutlich beantwortet werden können, bei den übrigen
Fragen (im Diagramm im hinteren Bereich unten rechts) ist eine richtige Antwort
recht sicher zu erwarten – eine Tatsache, die von den jeweiligen Konstanten Ki
bestätigt wird (vgl. KAPITEL 4.1.1.4).
Ähnlich verhält es sich bei den Aufgaben für Schüler, die Chemie nicht in der
Oberstufe belegten:
Diagramm 4: Streuung der Experteneinschätzungen, sortiert nach dem Schwierigkeits-
grad für „Schüler ohne Chemie in der Oberstufe“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Expertenbefragung).
Auch hier gibt es sowohl schwierige als auch leichte Aufgaben, doch sind diese –
wie durchaus zu erwarten war – anders verteilt. Schon an der Skalierung der Ach-
sen wird deutlich, dass die Experten für diese Schülerkategorie deutlich häufiger
„kaum“ und seltener „sicher“ angekreuzt haben.
Für Schüler ohne Chemie in der Oberstufe ist also insbesondere Aufgabe 18
„kaum“ lösbar.40 Ähnliches gilt für die Aufgaben 19 und 11. Die Aufgaben 2 und
40 Aufgabe 18 fragt nach dem Massenwirkungsgesetz, welches erst in der Jahrgangsstufe 12 be-
handelt wird und von Schülern, die Chemie zu diesem Zeitpunkt bereits abgewählt hatten, nach Einschätzung aller Experten deshalb „kaum“ beantwortet werden kann.
Analyse
53
5 hingegen sollten „sicher“ gelöst werden können – was die Konstanten K18b =
1,00; K19b = 1,12; K11
b = 1,14; K2b = 2,45 und K5
b = 2,43 bestätigen.
4.1.2 Streuung der Expertenmeinungen
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der mit der Expertenbefragung erarbeitet werden
sollte, war herauszufinden, bei welchen Fragen die Meinungen der Lehrer ausein-
ander gehen und wo sie eher übereinstimmen. Um genau hiervon einen Eindruck
zu erhalten wurden die obigen Diagramme 3 und 4 etwas abgewandelt: Zunächst
wurde jeweils ein zusätzlicher Punkt – der Punkt 22 – künstlich eingeführt. Hierzu
wurden die 58 aus der Expertenbefragung erhaltenen Antworten auf die drei Ant-
wortmöglichkeiten „sicher“, „vermutlich“ und „kaum“ gleichmäßig verteilt: Der
Punkt 22 trägt in den folgenden Diagrammen 5 und 6 jeweils die Koordinaten
(19,3; 19,3; 19,3) und ist somit der Punkt der größtmöglichen Streuung.41 Des
Weiteren wurden alle Einträge des Diagramms mit dem Zentroid verbunden. Die
Koordinaten des Zentroids sind die gewichteten Mittelwerte der einzelnen Ach-
sen. Ein qualitatives Maß für die Streuung erhält man nun wie folgt: Je weiter der
Punkt 22 vom Zentroid entfernt ist, desto weiter ist also der Punkt der größtmögli-
chen Streuung vom Mittelwert aller Einschätzungen entfernt, desto einheitlicher
sind somit die Einschätzungen der Experten. Je weiter die übrigen Punkte vom
Punkt 22 entfernt sind, desto verstreuter sind die einzelnen Einschätzungen der
Experten.
41 Die scheinbar unterschiedliche Lage des Punktes in den beiden Diagrammen ist auf die unter-
schiedlichen Achseneinteilungen zurückzuführen.
Analyse
54
Diagramm 5: Streuung der Experteneinschätzungen für „Schüler mit Chemie in der O-
berstufe“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Expertenbefragung).
Diagramm 6: Streuung der Experteneinschätzungen für „Schüler ohne Chemie in der
Oberstufe“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Expertenbefragung).
Analyse
55
Diese qualitativen Diagramme 5 und 6 zeigen nun, dass die Antworten der Exper-
ten bezüglich der Schüler ohne Chemie in der Oberstufe deutlich weiter auseinan-
der gehen, als die Antworten für die zweite Schülergruppe. Zum einen ist der
Punkt 22 bei Diagramm 5 weiter vom Zentroid entfernt, zum anderen sind aber
auch die übrigen Punkte weiter vom Punkt 22 entfernt, als dies bei Diagramm 6
der Fall ist. Die Lehrer waren sich also bei ihren Antworten für die Schüler mit
Chemie in der Oberstufe weitaus einiger, als bei Schülern, die Chemie nach der
Klasse 10 nicht weiter belegt haben. Es scheint, als könnten die Lehrer die Leis-
tungen der Schüler, die Chemie auch in der Oberstufe belegten, weitaus realisti-
scher einschätzen als die Fähigkeiten derer, die das Fach frühzeitig abgewählt
haben.
4.2 Auswertung der Studentenbefragung
Die Punktzahl, die ein Student bei der Aufgabe k (k = 1,…,21) erzielt hat, wurde,
wie in KAPITEL 4.1.1.3 beschrieben, zuerst mit dem Normierungsparameter Nk
und anschließend mit dem Multiplikator Mk bzw. Mkb multipliziert. Auf diese
Weise wird sichergestellt, dass jede Aufgabe mit der gleichen Gewichtung und
entsprechend dem jeweiligen aus der Expertenumfrage resultierenden Schwierig-
keitsgrad in die Gesamtauswertung eingeht. Durch diese Behandlung sind maxi-
mal 10 Punkte pro Aufgabe, d.h. insgesamt 210 Punkte zu erreichen, wobei in
einigen Fällen wegen der Berechnung mit den Multiplikatoren Mi bzw. Mib und
der zum Teil offenen Fragestellungen auch mehr Punkte zu erzielen sind. Die je-
weiligen Gesamtpunktzahlen, die schlussendlich für jeden Studenten errechnet
wurden und mit denen die vorliegende Auswertung vorgenommen wurde, sind
somit untereinander ohne Einschränkungen vergleichbar. Im Folgenden werden
zunächst die Befragungsergebnisse der einzelnen Fachrichtungen Humanbiologie,
Biologie (B. Sc.), Biologie Lehramt, Medizin, Pharmazie und Evangelische Theo-
logie dargestellt. Dabei werden die Ergebnisse jeweils erst allgemein und fachlich
beschrieben und anschließend in einem Fazit bewertet. Danach werden alle Er-
gebnisse untereinander und mit den Resultaten der Expertenbefragung verglichen.
Analyse
56
4.2.1 Humanbiologie / Biomedical Science
4.2.1.1 Allgemein
Bei der befragten Gruppe handelt es sich um Erstsemesterstudenten der Human-
biologie („Biomedical Science“). Diese Studenten gehören zwar dem Fachbereich
Medizin an, besuchen jedoch die Chemie-Vorlesung gemeinsam mit den Biolo-
giestudenten (B. Sc.). Das Studium der Humanbiologie unterscheidet sich jedoch
sowohl von dem der Humanmedizin als auch von dem der Biologie (B. Sc.). Des
Weiteren ist der Studiengang Humanbiologie hochschulintern zulassungsbe-
schränkt. Im für die vorliegende Arbeit relevanten Wintersemester 2008/2009 lag
der NC bei 1,5. Aus diesem Grund werden die Humanbiologiestudenten in dieser
Arbeit getrennt von den Studenten der durch die ZVS (Zentralstelle für die Ver-
gabe von Studienplätzen) zulassungsbeschränkten Studiengänge Medizin und
Biologie (B. Sc.) behandelt. Hier lagen die NC zwischen 1,0 und 1,3 bzw. 1,2 und
2,3.
Im Rahmen der durchgeführten Untersuchung wurden 34 weibliche und 15 männ-
liche Humanbiologiestudenten befragt. Der Großteil dieser insgesamt 49 Studen-
ten bestand die Hochschulreife in Hessen (12 Studenten, 24,5 %) und Nordrhein-
Westfalen (10 Studenten, 20,4 %).
Analyse
57
Diagramm 7: Herkunft der befragten Humanbiologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Bei der Befragung selbst schlossen die Humanbiologiestudenten, von denen rund
die Hälfte der Befragten (26 Studenten, 53,1 %) ihr Abitur 2008 machten, folgen-
dermaßen ab: Durch die Normierung der Punktzahlen sowie die Berücksichtigung
des jeweiligen Schwierigkeitsgrads pro Aufgabe waren insgesamt maximal 210
Punkte erreichbar. Durchschnittlich erreichte jeder Humanbiologie-Student 118,7
Punkte (56,5 % d. G.42). Die maximal erzielte Punktzahl liegt bei 192,3 Punkten
(91,6 % d. G.), das Minimum bei 37,3 Punkten (17,8 % d. G.).
Die Gesamtheit der erreichten Punkte verteilt sich wie folgt:
42 „d. G.“ heißt in diesem Zusammenhang „der Gesamtpunktzahl“. Die Abkürzung wird auch im
Folgenden verwendet um Verwechslungen auszuschließen und deutlich zu machen, dass es sich hier nicht um einen Prozentsatz der befragten Studenten, sondern um einen Prozentsatz der ma-ximal erreichbaren Punkte handelt.
Analyse
58
Diagramm 8: Punkteverteilung der befragten Humanbiologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Dieses Boxplot-Diagramm zeigt, dass die 38 Humanbiologiestudenten, die Che-
mie in der Oberstufe belegt haben, ein besseres Ergebnis erzielt haben als die elf
Studenten, die Chemie spätestens nach der 10. Klasse abgewählt haben. Der Me-
dian (schwarzer Balken innerhalb des Kastens) beschreibt die Punktzahl, welche
alle Werte in genau zwei Hälften teilt. Er liegt bei den Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe bei 94,2 Punkten (44,8 % d. G.). 50 % aller Befragten haben also
weniger, 50 % mehr als 94,2 Punkte erreicht. Der Median der befragten Human-
biologiestudenten mit Chemie in der Oberstufe liegt hingegen bei 126,4 Punkten
(60,2 % d. G.). Das 25%- und 75%-Perzentil (untere bzw. obere Kante des Kas-
tens) liegt bei den Studenten ohne Chemie bei 79,8 Punkten bzw. 118,5 Punkten
(38,0 % d. G. bzw. 56,4 % d. G.). Das bedeutet, dass 25 % der Befragten weniger
als 79,8 Punkte und 75 % weniger als 118,5 Punkte erreicht haben. Bei Studenten
mit Chemie in der Oberstufe liegt das 25%-Perzentil bei 100,4 Punkten und das
75%-Perzentil bei 148,3 Punkten (47,8 % d. G. bzw. 70,6 % d. G.). Ausreißer
oder Extremwerte werden in einem Boxplot-Diagramm durch Kreise bzw. Stern-
chen dargestellt. Eine Punktzahl wird dann als Ausreißer betrachtet, wenn sie
mindestens 1,5-mal größer (oder kleiner) als der Interquartilabstand ist, wobei der
Analyse
59
Interquartilabstand die Länge des Kastens beschreibt. Werte, die sogar mehr als
dreimal so groß sind, werden als Extremwerte betrachtet. Bei den Humanbiologie-
studenten gibt es jedoch beides nicht. Die zwei weiteren waagerechten Striche am
oberen und unteren Ende des senkrechten Strichs (der so genannte „Whisker“)
zeigen jeweils den größten und kleinsten Wert, welche noch nicht als Ausreißer
angesehen werden, an. Dies sind in diesem Fall 56,2 Punkte bzw. 141,1 Punkte
bei Studenten ohne Chemie in der Oberstufe (26,8 % d. G. bzw. 67,2 % d. G.)
sowie 37,3 Punkte und 192,3 Punkte bei Studenten mit Chemie in der Oberstufe
(17,8 % d. G. bzw. 91,6 % d. G.).
Die folgende Tabelle fasst die Werte noch einmal zusammen:
Tab. 9: Daten für Humanbiologiestudenten.
Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe
Studenten mit Chemie in
der Oberstufe
Median 94,2 Punkte (44,8 %) 126,4 Punkte (60,2 %)
25%-Perzentil 79,8 Punkte (38,0 %) 100,4 Punkte (47,8 %)
75%-Perzentil 118,5 Punkte (56,4 %) 148,3 Punkte (70,6 %)
Minimum 56,2 Punkte (26,8 %) 37,3 Punkte (17,8 %)
Maximum 141,1 Punkte (67,2 %) 192,3 Punkte (91,6 %)
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Humanbiologie ist ein sehr naturwissenschaftlich geprägtes Studium, was ein
Blick in das Vorlesungsverzeichnis bestätigt. Neben medizinischen Veranstaltun-
gen wie Physiologie, Anatomie, Immunologie oder Virologie erhalten die Studen-
ten auch eine Einführung in die Allgemeine und Anorganische Chemie und be-
kommen die Grundlagen der Organischen Chemie sowie der Strahlenkunde
(Grundlagen der Kernphysik, Radiochemie und Strahlenbiologie) vermittelt – eine
gute naturwissenschaftliche Vorbildung kann dabei nur vorteilhaft sein. Das fol-
Analyse
60
gende Diagramm zeigt, wie viele Studenten des naturwissenschaftlich geprägten
Humanbiologie-Studiums eine oder sogar zwei Naturwissenschaften (Chemie,
Biologie, Physik, Mathematik) im Leistungskurs belegten.
Diagramm 9: Anzahl der Humanbiologiestudenten mit Naturwissenschaften als Leis-
tungskurs.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Nur vier der befragten Humanbiologiestudenten (8,2 %) belegten demnach keine
Naturwissenschaft als Leistungskurs. 34 Studenten (69,4 %) belegten eine, elf
Studenten (22,4 %) sogar zwei naturwissenschaftliche Fächer. Einen Chemie-
Leistungskurs belegten insgesamt fünf Studenten (10,2 %).43
Bei der Beliebtheit des Schulfaches Chemie sieht es etwas anders aus.
43 Da jeder Schüler in der Oberstufe zwei Leistungskurse belegen musste wird jeder Student in
dieser Betrachtung auch zweimal erfasst. Die Summe der Prozentzahlen ergibt deshalb hier – und an den gleichen Stellen der folgenden Kapitel – jeweils einen Wert von mehr als 100 %.
Analyse
61
Diagramm 10: Beliebtheit des Faches Chemie bei den Humanbiologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
21 Studenten (42,9 %) kategorisierten Chemie als ein beliebtes Schulfach. Für 14
Studenten (28,6 %) war Chemie eher unbeliebt, ebenso viele konnten sich nicht
entscheiden. Ein ähnliches Ergebnis resultiert aus der subjektiven Einschätzung
des Schwierigkeitsgrads des Faches.
Diagramm 11: Subjektive Einschätzung des Schwierigkeitsgrads des Faches Chemie
durch die Humanbiologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
62
Danach empfand ein Drittel der Befragten (16 Studenten, 32,7 %) Chemie in der
Schule als leicht, für 20 Studenten (40,8 %) hatte Chemie eine durchschnittliche
Schwierigkeit. Nur 13 Studenten (26,5 %) hatten Probleme mit dem Fach.
Mit dieser Einschätzung geht auch die Tatsache einher, dass rund die Hälfte der
Befragten (24 Studenten, 49,0 %) Chemie bis zum Abitur belegte.
Diagramm 12: Letzter Chemieunterricht der Humanbiologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Die Beurteilungen, welche die Humanbiologiestudenten in ihrer Schullaufbahn in
Chemie erhielten, schätzten sie folgendermaßen ein. Sie unterstreichen die obigen
Ergebnisse eindrucksvoll.
Analyse
63
Diagramm 13: Einteilung der Humanbiologiestudenten in die der Gesamtheit ihrer Che-
mie-Zeugnisnoten entsprechenden Leistungsgruppe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Niemand der befragten Humanbiologiestudenten machte bei dieser Frage sein
Kreuzchen bei „ausreichend“ bzw. „mangelhaft oder schlechter“. Drei Viertel
gaben sogar an, sehr gute bis gute Leistungen in Chemie abgeliefert zu haben –
eine überwältigende Mehrheit.
Bei den Fragen 5 und 6 des A-Teils („Wie beurteilen Sie die Bedeutung der Che-
mie und Ihrer Forschungsergebnisse / Produkte für Ihren Alltag?“ und „Wie beur-
teilen Sie die Bedeutung der Chemie und Ihrer Forschungsergebnisse / Produkte
für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands?“) kreuzten
jeweils rund 80 % „eher wichtig“ an. Nur für jeweils einen Befragten ist die Che-
mie unwichtig.
Analyse
64
Diagramm 14: Beurteilung der Chemie für den persönlichen Alltag durch die Humanbio-
logiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Diagramm 15: Beurteilung der Chemie für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwick-
lung Deutschlands durch die Humanbiologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
65
4.2.1.2 Fachlich
In diesem Kapitel soll erarbeitet werden, bei welchen Aufgaben und bei welchen
Inhalten die befragten Humanbiologiestudenten Schwierigkeiten hatten. Dazu
werden zunächst die Punkteverteilungen der einzelnen Aufgaben untersucht. An-
schließend werden die Aufgaben in verschiedene, schulrelevante Kategorien ein-
geteilt, um herauszufinden, wo das meiste Wissen und wo die größten Lücken
vorhanden sind.
Die beiden folgenden Boxplot-Diagramme zeigen, welche Aufgaben von den Be-
fragten gut und welche weniger gut beantwortet wurden (Kreise markieren Aus-
reißer, Extremwerte werden durch Sterne markiert, vgl. auch KAPITEL 4.2.1.1).
Diagramm 16: Punkteverteilung der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Humanbiolo-
giestudenten ohne Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
66
Dieses Diagramm macht deutlich, dass die befragten Humanbiologiestudenten,
die Chemie in der Oberstufe nicht belegt hatten, vor allem mit den Aufgaben 10
(Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 13 (Definition einer Oxidation),
18 (MWG), 19 (Großtechnische Verfahren) und 21 (Berühmte Chemiker) Prob-
leme hatten – der Median liegt hier jeweils bei Null Punkten.
Die Humanbiologiestudenten, die Chemie in der Oberstufe belegt haben, schnitten
bei den einzelnen Aufgaben folgendermaßen ab.
Diagramm 17: Punkteverteilung der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Humanbiolo-
giestudenten mit Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Die meisten befragten Studenten gaben den Aufgaben 7 (Verwendungszwecke
von Salzen), 10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 18 (MWG), 19
(Großtechnische Verfahren), 20 (Nitrate in der Landwirtschaft) und 21 (Berühmte
Analyse
67
Chemiker) sehr wenige korrekte Antworten und bekamen aus diesem Grund ent-
sprechend wenige Punkte. Sehr gut hingegen fielen die Aufgaben 4 (Elementsym-
bole), 12 (Definition einer Säure), 13 (Definition einer Oxidation) und 17 (Reakti-
onsgleichung) aus. Mehr als die Hälfte der Befragten erreichte hier jeweils die
Maximalpunktzahl.
Um Wissen und Nicht-Wissen der befragten Studenten besser strukturieren zu
können, wurden bereits in KAPITEL 1.1.3 alle Aufgaben des Fragebogens nach
drei Bereichen der Chemie aufgeteilt.
Tab. 10: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie.
Bereich Fragen
Anzahl
Fragen
Zu erreichen-
de Punkte
1 Allgemeine Chemie und
übergreifende Aufgaben
3, 5, 6, 7, 12, 13, 14,
15, 16, 18, 19, 21 12 120
2 Anorganische Chemie 1, 2, 4, 8, 17 5 50
3 Organische Chemie und
Biochemie 9, 10, 11, 20 4 40
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Die Gesamtpunktzahlen, die in jeder Kategorie erreicht werden können, sind sehr
unterschiedlich. Um die Ergebnisse dennoch miteinander vergleichen zu können,
müssen alle Kategorien mit dem gleichen Gewicht in die Auswertung eingehen,
die jeweiligen Punktzahlen müssen also normiert werden. In diesem Fall werden
die Punktzahlen auf 70 erreichbare Punkte pro Kategorie normiert. Das geschieht,
indem die aufsummierten Punktzahlen des ersten Bereichs mit 70/120, die des
zweiten mit 70/50 und die des dritten Bereichs mit 70/40 multipliziert werden.
Insgesamt können also wieder 210 Punkte erreicht werden.
Bei den Bereichen der Chemie schnitten die befragten Humanbiologiestudenten
nun wie folgt ab:
Analyse
68
Diagramm 18: Erreichte Punktzahlen der Humanbiologiestudenten, aufgeteilt nach den
Bereichen der Chemie.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Dieses Boxplot-Diagramm macht deutlich, dass beide Studentengruppen im Be-
reich „Anorganische Chemie“ die meisten Punkte erreichten. Im Bereich „Organi-
sche Chemie“ schnitten die Befragten hingegen schlechter ab – auch wenn die
Studenten mit Chemie in der Oberstufe hier nur ein wenig schlechter als im Be-
reich „Allgemeine Chemie und übergreifende Aufgaben“ waren. Besonders die
Studenten, die in der Oberstufe Chemie nicht belegt hatten, erreichten im Bereich
„Organische Chemie“ nur sehr wenige Punkte.
Die folgende Tabelle verdeutlicht die Punkteverteilung:
Analyse
69
Tab. 11: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie (m. = Studenten, mit
Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe). Angaben in
(gewichteten) Punkten.
Allgemeine Che-
mie und übergrei-
fende Aufgaben
Anorganische
Chemie
Organische
Chemie und
Biochemie
m. 39,2 53,1 38,6 Median
o. 29,0 49,4 16,1
m. 30,7 46,3 20,8 25%-Perzentil
o. 18,7 44,8 7,6
m. 50,7 61,3 48,0 75%-Perzentil
o. 38,1 54,2 18,0
m. 4,9 33,6 0 Minimum
o. 15,0 36,3 4,72
m. 67,0 71,1 71,2 Maximum
o. 49,1 60,0 30,1
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Um Wissen und Nicht-Wissen der befragten Studenten noch genauer dokumentie-
ren und spezifischen Inhalten des Chemieunterrichts zuweisen zu können, kann
die Einteilung der Fragen – wie bereits in KAPITEL 1.1.3 geschehen – noch akku-
rater erfolgen.
Analyse
70
Tab. 12: Klassifikation der Aufgaben nach spezifischen Inhalten.
Inhalt Fragen Anzahl
Fragen
Zu erreichende
Punkte
1 Beispiele für Stoffgruppen 5, 6, 9 3 30
2 Elementsymbole, Formeln,
Reaktionsgleichungen 4, 8, 11, 17 4 40
3 Definitionen, Gesetze, Kon-
stanten
12, 13, 14,
15, 16, 18 6 60
4 Allgemeine Probleme, Che-
mie des Alltags 1, 2, 3 3 30
5 Angewandte Chemie, Tech-
nologie 7, 10, 19, 20 4 40
6 Geschichte der Chemie 21 1 10
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Auch nach dieser Einteilung sind die zu erreichenden Punktzahlen der einzelnen
Gruppen recht unterschiedlich. Einem Vergleich muss also zunächst wiederum
eine Normierung der Punktzahlen vorausgehen. Dies geschieht nach der bewähr-
ten Methode, mit dem Unterschied, dass in diesem Fall die Punktzahlen auf 35
erreichbare Punkte pro Bereich normiert werden, so dass sich in der Summe wie-
derum 210 Punkte ergeben. Um dies zu erreichen werden die Punktzahlen der
Kategorie 1 mit 35/30, die der Kategorie 2 mit 35/40, die der Kategorie 3 mit
35/60, die der Kategorie 4 mit 35/30, die der Kategorie 5 mit 35/40 und schließ-
lich die der Kategorie 6 mit 35/10 multipliziert.
Mit den so umgerechneten Punktzahlen ergibt sich bei dieser Einteilung nach den
fachspezifischen Inhalten für die Humanbiologiestudenten folgendes Bild:
Analyse
71
Diagramm 19: Erreichte Punktzahlen der Humanbiologiestudenten, aufgeteilt nach spe-
zifischen Inhalten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Auffallend ist, dass beide Studenten-Gruppen besonders in den Bereichen „An-
gewandte Chemie, Technologie“ und „Geschichte der Chemie“ verhältnismäßig
wenige Punkte erzielen konnten. Auch wenn es in beiden Gruppen keinen „ein-
deutig besten Bereich“ gibt, schnitten alle Studenten bei den übrigen vier fachspe-
zifischen Inhalten besser ab. Die große Streuung in der Kategorie „Stoffgruppen“
spiegelt bei den Studenten mit Chemie in der Oberstufe das breite Leistungsband
wider: Viele gaben bei den betreffenden Aufgaben (Nennen einiger Säuren / Lau-
gen / Kohlenwasserstoffe) eine ganze Reihe richtiger Antworten, andere nur eini-
ge wenige oder überhaupt keine.
Die folgende Tabelle fast die wichtigsten Werte der Boxplot-Diagramme zusam-
men:
Analyse
72
Tab. 13: Klassifikation der Aufgaben nach spezifischen Inhalten der Chemie (m. = Stu-
denten, mit Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe).
Angaben in (gewichteten) Punkten.
144 2 3 4 5 6
m. 27,9 29,3 20,8 22,5 7,8 9,3 Median
o. 20,9 20,6 16,4 20,7 4,9 0
m. 18,9 23,5 17,8 17,5 4,5 0 25%-
Perzentil o. 14,5 18,2 8,4 15,5 2,4 0
m. 38,8 33,0 27,8 28,7 11,0 18,7 75%-
Perzentil o. 22,8 25,9 22,2 27,9 8,4 8,7
m. 0 16,7 1,3 4,8 0 0 Minimum
o. 9,7 16,3 6,6 11,6 0 0
m. 53,2 34,7 35,1 36,8 18,4 37,3 Maximum
o. 35,4 27,0 27,9 30,7 12,6 17,5
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
4.2.1.3 Fazit
Alles in allem ist das Befragungsergebnis der Humanbiologiestudenten recht gut,
aber dennoch sehr breit gefächert. Jeder Humanbiologiestudent erreichte durch-
schnittlich 118,7 Punkte (56,5 % d. G.), der Median liegt – betrachtet man alle
Studenten unabhängig davon, ob sie Chemie in der Oberstufe belegten oder nicht
– bei 120,2 Punkten (57,2 % d. G.).
44 Die spezifischen Inhalte wurden aus Platzgründen durch die entsprechenden Nummerierungen
aus Tabelle 12 ersetzt.
Analyse
73
Eine These, die zu Beginn der Arbeit aufgestellt wurde, war, dass Abiturienten,
die schon in der Schule ein gesteigertes Interesse an Naturwissenschaften bzw. an
Chemie hatten, später auch eher ein naturwissenschaftliches Studium wählen.
Endgültig be- oder widerlegt werden kann diese These zwar erst nach der Aus-
wertung und dem Vergleich mit den anderen befragten Gruppen – insbesondere
mit den Studenten der Evangelischen Theologie – es bleibt jedoch festzuhalten,
dass 91,8 % der befragten Humanbiologiestudenten mindestens eine Naturwissen-
schaft als Leistungskurs und 49 % Chemie bis zum Abitur belegten. Für 42,9 %
gehörte Chemie zu den beliebten Fächern, für 32,7 % war es sogar ein leichtes
Fach.
Konkret hatten die Studenten ohne Chemie in der Oberstufe insbesondere mit der
Aufgabe 10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen) Probleme. 57 %
waren hier nicht in der Lage, eine Antwort zu geben – und das, obwohl Erdöl,
Erdgas, fraktionierte Destillation von Rohöl, Eigenschaften und Reaktionen gas-
förmiger und flüssiger Alkane sowie Bindungsverhältnisse und Strukturformeln
gesättigter Kohlenwasserstoffe bereits verbindlich in der Klasse 10.4, also in der
Mittelstufe, unterrichtet werden.45 Offensichtliche Probleme hatten diese Studen-
ten auch mit der Aufgabe 18 (MWG). 77,6 % konnten diese Frage nicht beantwor-
ten. Dies war jedoch durchaus zu erwarten, da das Massenwirkungsgesetz erst
Inhalt der Jahrgangsstufe 13 ist. Auch hatte mehr als die Hälfte der Befragten
Schwierigkeiten, Verwendungszwecke von Salzen (Aufgabe 7) zu nennen. Diese
werden jedoch bereits in der Klasse 9 angesprochen. Dort heißt es unter dem
Stichpunkt „Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben“:
„Halogene und ihre Verbindungen im Alltag, […] Salzbegriff“46
Kein Problem war es für die Studenten hingegen, die Elementsymbole in Aufgabe
4 zu bestimmen und einige Namen von Säuren in Aufgabe 5 anzugeben. Auch das
Aufstellen der Reaktionsgleichung in Aufgabe 17 stellte niemanden vor größere
Probleme, genauso wenig wie Definition eines Ions in Aufgabe 14 – ganz wie es
45 vgl. Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 26 46 Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 18
Analyse
74
der Lehrplan vorgibt. In der Auflistung der konkreten Fähigkeiten und Kenntnis-
sen heißt es:
„Säuren, Laugen, Salze […], Atome, Moleküle, Ionen und deren
Verbände […], Modelle chemischer Bindung, Verhältnis- und Mole-
külformeln […], sicherer Umgang mit der chemischen Symbolik
[…].“ 47
Auch mit der ein organisches Thema betreffenden Aufgabe 11 (Formeln von or-
ganischen Stoffen) hatten die meisten Studenten keine Schwierigkeiten, obwohl
sie in der Oberstufe kein Chemie belegten und damit nur sehr wenig in Organi-
scher Chemie unterrichtet wurden. Dieser Sachverhalt kann jedoch damit begrün-
det werden, dass in dieser Aufgabe u.a. nach der Summenformel des Stoffes Glu-
cose gefragt wurde. Den meisten der Studenten war diese bekannt, vermutlich
jedoch eher aus dem Biologieunterricht der Ober- als aus dem Chemieunterricht
der Mittelstufe – immerhin belegten neun der elf Studenten (81 %) einen Biolo-
gie-Leistungskurs.
Die Studenten mit Chemie in der Oberstufe schnitten erwartungsgemäß bei den
Aufgaben insgesamt besser ab. Dennoch gab es auch hier einige Probleme: Be-
sonders schlecht fielen die Aufgaben 18 (MWG) und 19 (Großtechnische Verfah-
ren) aus. Der Median liegt hier jeweils bei null Punkten. Überraschend, da zum
einen das Massenwirkungsgesetz verbindlicher Inhalt der Jahrgangsstufe 13 ist –
zumindest die 24 Studenten (49,0 %), die zu diesem Zeitpunkt Chemie noch nicht
abgewählt hatten, hätten hier also punkten müssen, tatsächlich erreichten aber nur
21 Studenten einige Punkte und nur acht Studenten die volle Punktzahl – und zum
anderen großtechnische Verfahren wie das Haber-Bosch-Verfahren zur Herstel-
lung von Ammoniak oder das Ostwald-Verfahren zur Herstellung von Salpeter-
säure ebenfalls in der Jahrgangsstufe 13, teilweise sogar schon in der Jahrgangs-
stufe 12 angesprochen werden.48 27 Studenten (71,1 %) konnten jedoch kein ein-
ziges Verfahren nennen.
Mit den „typischen Mittelstufenthemen“ wie Elementsymbole, Definition einer
Oxidation oder Definition einer Säure hatte der Großteil der befragten Studenten 47 Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 27 48 vgl. Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 42
Analyse
75
mit Chemie in der Oberstufe erfreulicherweise keinerlei Probleme. Bei letzterer
gaben 28 Studenten (73,7 %) die korrekte Lewis- oder Brønsted-Definition an.
Bei beiden Gruppen fielen die Fragen zur Anorganischen Chemie am besten aus.
Große Unterschiede im Ergebnis der beiden Gruppen gibt es nicht. Zurückzufüh-
ren ist das sicherlich auf die schwerpunktmäßige Behandlung der Anorganischen
Chemie in der Schule. Wegen der Behandlung der Kohlenstoffchemie in den
Jahrgangsstufen 11 und 12 konnten jedoch insbesondere die Studenten mit Che-
mie in der Oberstufe auch die Fragen zur Organischen Chemie recht gut beant-
worten.
In Bezug auf die spezifischen Inhalte ist das jedoch ein wenig anders. In den Be-
reichen „Stoffgruppen“, „Elementsymbole, Formeln, Reaktionsgleichungen“,
„Definitionen, Gesetze, Konstanten“ und „Allgemeine Probleme, Chemie des All-
tags“ wurden in beiden Gruppen relativ gleichmäßige Ergebnisse erzielt. Dennoch
könnte der letztgenannte Bereich „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“
besonders bei den Studenten mit Chemie in der Oberstufe etwas höher liegen. Die
Ergebnisse sind hier fast identisch mit denen der Vergleichsgruppe, in welcher
dieser Bereich der Alltagschemie der beste ist. Eine Tatsache, die wiederum für
den Chemieunterricht spricht: Chemie ist ein Fach mit einem enorm großen All-
tagsbezug, Chemieunterricht hat laut Lehrplan das zentrale Ziel, den Jugendlichen
möglichst viele Phänomene aus Alltag und Lebenswelt nahe zu bringen und ver-
ständlich zu machen. Zumindest bei den Humanbiologiestudenten scheint dieses
Ziel erreicht worden zu sein.
Analyse
76
4.2.2 Biologie „Bachelor of Science (B. Sc.)“
4.2.2.1 Allgemein
Die befragte Gruppe der Biologiestudenten (B. Sc.) unterteilt sich in 45 männliche
(34,6 %) und 85 weibliche Studenten. 68 dieser insgesamt 130 Studenten bestan-
den ihr Abitur im Jahr 2008 (52,3 %), 40 Studenten (30,8 %) schlossen die Schule
ein Jahr zuvor ab. Die meisten Studenten (41; 31,5 %) kommen aus Hessen. 29
(22,3 %) gingen in Nordrhein-Westfalen zur Schule. Die verbleibenden 60 Stu-
denten (46,2 %) verteilen sich auf zehn weitere Bundesländer.
Diagramm 20: Herkunft der Biologiestudenten (B. Sc.).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Die Befragung selbst verlief für die Biologiestudenten (B. Sc.) folgendermaßen:
Auch hier waren durch die Normierung der Punktzahlen sowie die Berücksichti-
Analyse
77
gung des jeweiligen Schwierigkeitsgrads pro Aufgabe insgesamt maximal 210
Punkte zu erreichen. Durchschnittlich erreichte jeder Biologie-Student 82,5 Punk-
te (39,3 % d. G.). Die maximal erzielte Punktzahl liegt bei 167,4 Punkten (79,7 %
d. G.), das Minimum bei 12,7 Punkten (6,0 % d. G.). Die Gesamtheit der erreich-
ten Punkte verteilt sich wie folgt:
Diagramm 21: Punkteverteilung der befragten Biologiestudenten (B. Sc.).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Erwartungsgemäß haben die 101 Biologiestudenten (B. Sc.) (77,7 %), die Chemie
in der Oberstufe belegt haben, ein besseres Ergebnis erzielt als die 29 Studenten,
die Chemie spätestens nach der 10. Klasse abgewählt haben. Die folgende Tabelle
enthält die wichtigsten Daten.
Analyse
78
Tab. 14: Daten für Biologiestudenten (B. Sc.).
Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe
Studenten mit Chemie in
der Oberstufe
Median 66,7 Punkte (31,8 %) 82,2 Punkte (93,1 %)
25%-Perzentil 48,4 Punkte (23,0 %) 61,4 Punkte (29,2 %)
75%-Perzentil 81,4 Punkte (38,8 %) 113,2 Punkte (53,9 %)
Minimum 14,5 Punkte (6,9 %) 12,7 Punkte (6,0 %)
Maximum 138,3 Punkte (65,9 %) 167,4 Punkte (79,7 %)
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Biologie ist eine der klassischen Naturwissenschaften. Ein Blick in das Vorle-
sungsverzeichnis macht deutlich, dass das Studium nicht nur durch biologische
Aspekte wie Pflanzenökologie, Mikrobiologie oder Tierphysiologie, sondern eben
auch durch die übrigen Naturwissenschaften Chemie, Physik und Mathematik
geprägt ist. So muss ein Biologie-Student unter anderem ein naturwissenschaft-
lich-mathematisches Kernmodul belegen. Zu diesem Modul gehören, ähnlich wie
es bei den Humanbiologiestudenten der Fall ist, eine Einführung in die Allgemei-
ne und Anorganische Chemie sowie Grundlagen der Organischen Chemie und die
Vorlesung „Experimentalphysik“ mit anschließendem Physik-Praktikum. Die
Ausbildung eines Biologiestudenten (B. Sc.) ist also naturwissenschaftlich breit
gefächert.
Im Folgenden sollen im gleichen Stil wie im vorhergehenden KAPITEL 4.2.1 eini-
ge Ergebnisse des A- und C-Teils des Fragebogens aufgeführt werden.
Bei den Biologiestudenten (B. Sc.) ist die Gruppe derer, die keine Naturwissen-
schaft als Leistungskurs belegten, mit 26,2 % wesentlich größer als es bei den
Humanbiologiestudenten der Fall war (dort waren es 8,2 %). Die Hälfte der Be-
Analyse
79
fragten belegte eine, gut ein Viertel (31 Studenten, 23,8 %) zwei Naturwissen-
schaften.
Diagramm 22: Anzahl der Biologiestudenten (B. Sc.) mit Naturwissenschaften als Leis-
tungskurs.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Bei der Beliebtheit des Faches sind die Einschätzungen mit denen der Humanbio-
logiestudenten nahezu identisch.
Diagramm 23: Beliebtheit des Faches Chemie bei den Biologiestudenten (B. Sc.).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
80
Für 54 Studenten (41,5 %) gehörte Chemie danach zu den beliebteren Schulfä-
chern, bei 41 Studenten (31,5 %) war das Fach eher unbeliebt.
Bei der subjektiven Einschätzung des Schwierigkeitsgrads des Faches gehen die
Meinungen jedoch etwas auseinander.
Diagramm 24: Subjektive Einschätzung des Schwierigkeitsgrads des Faches Chemie
durch die Biologiestudenten (B. Sc.).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Für mehr als die Hälfte der Befragten (70 Studenten, 53,8 %) hatte danach Che-
mie eine durchschnittliche Schwierigkeit, „leicht“ war Chemie nur für rund ein
Fünftel (28 Studenten, 21,5 %). Diese Einschätzung wird von der Tatsache bestä-
tigt, dass nur gut ein Drittel (48 Studenten, 36,9 %) Chemie bis zum Abitur beleg-
te.
Diagramm 25: Letzter Chemieunterricht der Biologiestudenten (B. Sc.).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
81
Der Anteil der Studenten, die in der Mittelstufe zum letzten Mal im Chemieunter-
richt saßen, ist mit 22,3 % (29 Studenten) relativ hoch. Fast die Hälfte (61; 46,9
%) hatte in den Jahrgangsstufen 12 und 13 keinen Chemieunterricht mehr. Zum
Vergleich: Einen Biologie-Leistungskurs belegten 85 Studenten (65,4 %), Chemie
nur elf (8,5 %).
Die Noten, welche die Biologiestudenten (B. Sc.) während Ihrer Schullaufbahn in
Chemie bekommen haben, gaben die Befragten folgendermaßen an:
Diagramm 26: Einteilung der Biologiestudenten (B. Sc.) in die der Gesamtheit ihrer Che-
mie-Zeugnisnoten entsprechenden Leistungsgruppe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Der Bereich „sehr gut – gut“ mit 40 % zwar recht groß, dennoch „nur“ halb so
groß wie es bei den Humanbiologiestudenten der Fall war. Der Bereich „ausrei-
chend“ oder schlechter fällt in dieser Gruppe sehr gering aus. Nur jeder Dreizehn-
te gab an, in diese Kategorie zu gehören.
Bei der Einschätzung der Wichtigkeit der Chemie für den persönlichen Alltag
bzw. die Wirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands gehen die
Meinungen der Biologie- und Humanbiologiestudenten wiederum kaum ausein-
ander. Mehr als drei Viertel (101 Studenten, 77,7 %) halten Chemie in ihrem per-
sönlichen Alltag für bedeutend. Für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Ent-
Analyse
82
wicklung Deutschlands schätzen sogar 118 Studenten (90,8 %) Chemie als wich-
tig ein.
Diagramm 27: Beurteilung der Chemie für den persönlichen Alltag durch die Biologiestu-
denten (B. Sc.).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Diagramm 28: Beurteilung der Chemie für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwick-
lung Deutschlands durch die Biologiestudenten (B. Sc.).
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
83
4.2.2.2 Fachlich
Um Stärken und Schwächen der Biologiestudenten (B. Sc.) ausmachen zu kön-
nen, werden im Folgenden nach dem gleichen Verfahren, welches schon bei den
Humanbiologiestudenten angewandt wurde, zunächst die Punkteverteilung jeder
einzelnen Aufgabe, dann die erreichten Punkte in den Bereiche der Chemie („All-
gemeine Chemie und übergreifende Aufgaben“, „Anorganische Chemie“, „Orga-
nische Chemie und Biochemie“) und abschließend die Antworten der Fragen ka-
tegorisiert nach den spezifischen Inhalten untersucht. Zur graphischen Darstellung
dienen wiederum Boxplot-Diagramme, von denen die beiden folgenden zeigen,
bei welchen Aufgaben die befragten Biologiestudenten (B. Sc.) Schwierigkeiten
hatten und wo die Beantwortung der Aufgaben relativ problemlos war.
Diagramm 29: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Biologiestuden-
ten (B. Sc.) ohne Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
84
Das Diagramm verdeutlicht eindrucksvoll, dass die befragten Biologiestudenten
(B. Sc.), die Chemie in der Oberstufe nicht belegt hatten, bei einigen Aufgaben
große Schwierigkeiten hatten. Bei vier Aufgaben (10, 18, 19, 21) liegt das 75%-
Perzentil bei null Punkten. Mindestens 75 % der Befragten (98 Studenten) gaben
hier also keine oder eine falsche Antwort. Der Median liegt sogar bei neun Auf-
gaben bei null Punkten. Nichtsdestotrotz gibt es auch einige Studenten, die vor
allem bei den Aufgaben 2, 3, 4 und 5 gute Leistungen erbrachten. Die übrigen
Aufgaben wurden durchschnittlich beantwortet.
Die Biologiestudenten (B. Sc.) mit Chemie in der Oberstufe schnitten bei den ein-
zelnen Aufgaben folgendermaßen ab.
Diagramm 30: Abschneiden bei den einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Biologiestu-
denten (B. Sc.) mit Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
85
Gute Ergebnisse erzielten die meisten Befragten vor allem bei Aufgabe 5 (Namen
von Säuren). Der Median liegt hier bei sechs Punkten. 50 % der Befragten nann-
ten also mehr als drei Säuren. Noch besser schnitten die Studenten bei den Aufga-
ben 2 (Luftbestandteile), 4 (Elementsymbole) und 13 (Definition einer Säure) ab.
Schlecht hingegen fielen die Aufgaben 18 (MWG) und 19 (Großtechnische Ver-
fahren) aus. Auch bei den Fragen nach Verwendungszwecken von Kohlenwasser-
stoffen und der Definition einer Atombindung (Aufgabe 10 und Aufgabe 15)
konnten viele Studenten keine richtige Antwort geben. Namen von Kohlenwasser-
stoffen waren hingegen kaum ein Problem – im Schnitt gab jeder Befragte im-
merhin zwei Verbindungen an.
Im Folgenden soll genau untersucht werden, in welchen Bereichen der Chemie
Stärken und Schwächen der Befragten liegen (vgl. dazu Tabellen 10 in KAPITEL
4.2.1.2). Um die Ergebnisse untereinander vergleichen zu können wurden die
Punktzahlen der zu den jeweiligen Bereichen gehörenden Aufgaben summiert
und, wie bereits in KAPITEL 4.2.1.2 beschrieben, normiert.
Diagramm 31: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach den Bereichen der Chemie.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Analyse
86
Beide Studentengruppen schnitten im Bereich „Anorganische Chemie“ am besten
ab. Im Bereich „Organische Chemie“ konnten bis auf wenige Ausnahmen die Stu-
denten ohne Chemie in der Oberstufe nur wenig punkten, bei den Studenten mit
Chemie in der Oberstufe sieht das ganze hingegen anders aus. Hier erreichten die
Befragten mehr Punkte als im Bereich „Allgemeine Chemie und übergreifende
Aufgaben“. In der folgenden Tabelle, welche die wichtigsten Daten des Dia-
gramms enthält, sind die entsprechende Werte markiert.
Tab. 15: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie (m. = Studenten, mit
Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe). Angaben in
(gewichteten) Punkten.
Allgemeine Che-
mie und übergrei-
fende Aufgaben
Anorganische
Chemie
Organische
Chemie und
Biochemie
m. 22,7 46,9 25,3 Median
o. 20,3 39,9 5,7
m. 14,1 40,3 9,2 25%-Perzentil
o. 11,9 28,4 3,8
m. 32,0 53,7 34,7 75%-Perzentil
o. 27,9 45,2 14,1
m. 1,4 14,4 0 Minimum
o. 3,2 10,3 0
m. 54,5 71,1 56,8 Maximum
o. 45,4 63,6 55,3
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
87
Um Wissen und Wissenslücken der befragten Studenten noch genauer ausmachen
zu können, werden nun die normierten Punktzahlen der nach spezifischen Inhalten
sortierten Aufgaben untersucht (vgl. Tabelle 10 in KAPITEL 4.2.1.2). Für die Bio-
logiestudenten (B. Sc.) ergibt sich nun folgendes Bild:
Diagramm 32: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach spezifischen Inhalten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Studenten ohne Chemie in der Oberstufe haben in den Kategorien „Ange-
wandte Chemie, Technologie“ und „Geschichte der Chemie“ verhältnismäßig
wenige Punkte erzielen können. Das Ergebnis für die Kategorie „Allgemeine
Probleme, Chemie des Alltags“ fällt hingegen recht gut aus und ist die beste der
sechs Kategorien – die Werte sind sogar höher als die in der gleichen Kategorie
der Studenten mit Chemie in der Oberstufe. In Tabelle 16 sind die entsprechenden
Zahlenwerte durch Fettdruck markiert.
Eher durchschnittlich lief es für beide Gruppen in den Kategorien „Stoffgruppen“
und „Definitionen, Gesetze, Konstanten“ – immerhin waren pro Kategorie 35
Punkte zu erreichen, jedoch liegt der Median in diesen Kategorien zum Teil deut-
lich unter 18 Punkten. Dass einige Studenten sogar bis zu 53,3 Punkte erreicht
haben ist damit zu erklären, dass bspw. bei Aufgabe 5 (Namen von Säuren, Be-
Analyse
88
reich „Stoffgruppen“) durch Nennen von vielen Säurenamen auch extrem viele
Punkte erreicht werden konnten. Eine Maximalpunktzahl war hier nicht vorgege-
ben.
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Werte des Boxplot-Diagramms zu-
sammen:
Tab. 16: Klassifikation der Aufgaben nach spezifischen Inhalten der Chemie (m. = Stu-
denten, mit Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe).
Angaben in Punkten.
1 2 3 4 5 6
m. 17,4 23,9 10,8 19,0 5,0 0 Median
o. 11,5 14,7 9,2 22,0 2,6 0
m. 10,5 18,2 6,1 15,9 2,5 0 25%-
Perzentil o. 6,4 10,6 7,1 15,9 2,4 0
m. 24,5 28,1 16,0 25,2 9,0 9,3 75%-
Perzentil o. 16,9 18,8 11,9 28,4 6,4 2,2
m. 0 6,7 0 0 0 0 Minimum
o. 0 2,3 0 0 0 0
m. 53,3 34,7 30,1 36,8 20,9 37,3 Maximum
o. 42,2 29,2 24,4 35,0 11,0 17,5
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
89
4.2.2.3 Fazit
Die zu Beginn der Arbeit aufgestellte These, dass die Abiturienten, welche schon
in der Schule ein gesteigertes Interesse an Naturwissenschaften bzw. am Fach
Chemie hatten, später auch eher ein naturwissenschaftliches Studium wählen,
wird – wenn auch nicht ganz so eindrucksvoll, wie es bei den Humanbiologiestu-
denten der Fall ist – von den Biologiestudenten (B. Sc.) bestätigt. 85 der 130 Stu-
denten (65,4 %) belegten in der Schule Biologie als Leistungskurs, einen Chemie-
LK wählten elf Studenten. 29 Studenten (22,3 %) wählten Chemie noch vor Be-
ginn der Oberstufe ab. Ein Grund für diese Zahlen liegt natürlich nicht nur in der
Beliebtheit des Faches (für 31,5 % war Chemie eher „unbeliebt“) oder in der Tat-
sache, dass in der Oberstufe nur eine Naturwissenschaft belegt werden muss – und
das ist bei Biologiestudenten (B. Sc.) offenbar meist Biologie – sondern auch in
der Gegebenheit, dass recht viele der Biologiestudenten (B. Sc.) (78; 60 %) „nur“
befriedigende oder schlechtere Beurteilungen in Chemie, und damit wahrschein-
lich auch schlechtere Beurteilungen als in Biologie, während ihrer Schullaufbahn
erhaltenen haben. Dennoch: Ein gesteigertes Interesse an Naturwissenschaften,
wenn auch nicht unbedingt an Chemie, kann mit diesen Ergebnissen auch den
Biologen unterstellt werden.
Die größten Schwierigkeiten hatten die befragten Biologiestudenten (B. Sc.) ohne
Chemie in der Oberstufe bei den Aufgaben 10 (Verwendungszwecke von Koh-
lenwasserstoffen), 18 (MWG), 19 (Großtechnische Verfahren) und 21 (Berühmte
Chemiker). Mindestens 75 % der Befragten konnten bei jeder dieser Aufgaben
keine korrekte Antwort geben, was auf der einen Seite, bspw. für die Aufgaben 18
und 19, sehr verständlich, auf der anderen Seite jedoch – aus den gleichen Grün-
den, die auch bei den Humanbiologiestudenten angeführt wurden – recht verwun-
derlich ist. So sind bspw. Kohlenwasserstoffe schon ein Unterrichtsthema in der
Klasse 10.49 Berühmte Chemiker werden im Unterricht zwar nicht explizit als ein
Themenblock behandelt, doch tauchen Namen wie Niels Bohr und John Dalton
(Atommodelle) oder Gilbert Newton Lewis und Johannes Nicolaus Brønsted
(Säuredefinitionen) oder Robert Wilhelm Bunsen und Justus von Liebig (Erfinder
des für seine Spektroskopieforschung benötigten Brenners bzw. Erfinder des Dün-
49 Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 26
Analyse
90
gers) immer wieder auf. Ebenfalls schlecht fielen die Aufgaben 6 (Namen von
Laugen / Basen), 12 (Definition einer Säure), 15 (Definition einer Atombindung)
und 16 (Avogadro-Zahl) aus, bei denen jeweils mindestens 50 % der Befragten
keinen Punkt bekamen. Diese Tatsache ist durchaus unverständlich. So konnten
17 der 29 Studenten (58,6 %) keinen Namen einer Lauge nennen – und das ob-
wohl „Säuren und Laugen“ ein zentraler und verbindlicher, mit 16 Schulstunden
ausführlich behandelter Unterrichtsinhalt der zehnten Klasse ist.50 Gleiches gilt
für die Frage nach einer Säuredefinition. Die Säure-Base-Theorie nach Brønsted
fällt ebenfalls in den in der zehnten Klasse behandelten Block „Säuren und Lau-
gen“. Das Thema „Atombindung“ wird sogar schon in der 8. Klasse – wenn auch
in stark vereinfachter Form – behandelt.51 Ähnliches gilt für die Avogadro-Zahl
(Aufgabe 16). Sie ist Thema der Klasse 9. Als verbindlicher Unterrichtsinhalt
heißt es unter der Überschrift „Einführung in die chemische Symbolsprache und
ihre Anwendung“ im zugehörigen Abschnitt des Lehrplans:
„Umgang mit dem Periodensystem, Größe und Masse von Atomen,
Masseneinheit (u, g) und Proportionalitätsfaktor (L = 6,023 · 1023),
Stoffmenge und ihre Einheit, molare Masse“52
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass ein nicht unerheblicher Teil
des in der Mittelstufe vermittelten Wissens bei den Biologiestudenten (B. Sc.)
ohne Chemie in der Oberstufe nicht oder nicht mehr vorhanden ist. Bei anderen,
ebenfalls in der Mittelstufe behandelten Sachverhalten wie der Zusammensetzung
der Luft (Aufgabe 2), den Elementsymbolen (Aufgabe 4) oder Namen von Säuren
(Aufgabe 5) bewiesen viele der betreffenden Studenten hingegen mehr Wissen.
Auch die 11. Aufgabe (Formeln von organischen Stoffen) wurde von vielen Stu-
denten zumindest zum Teil korrekt beantwortet; wie schon die Humanbiologie-
studenten kannten auch hier viele der Befragten – wahrscheinlich eher aus dem
Biologie- als aus dem Chemieunterricht – die Summenformel der Verbindung
„Glucose“.
Bei der Studentengruppe mit Chemie in der Oberstufe fällt das Ergebnis der Be-
fragung besser aus. Dennoch offenbarten sich auch bei vielen dieser Studenten 50 Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 10 51 a. a. O., S. 11 52 a. a. O., S. 16
Analyse
91
große Lücken in Bezug auf in der Mittelstufe behandelte Themen. So konnten die
Aufgaben 10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 15 (Definition
einer Atombindung) und 16 (Avogadro-Zahl) von jeweils mehr als 50 % der Be-
fragten nicht beantwortet werden. Ähnliche Probleme gab es bei den Oberstufen-
themen „MWG“, „Großtechnische Verfahren“ und „Berühmte Chemiker“ (Auf-
gaben 18, 19 und 21). Die übrigen Aufgaben fielen überwiegend gut aus, der Me-
dian liegt jeweils – teilweise wie in Aufgabe 13 (Definition einer Oxidation) sehr
deutlich – bei über 5 Punkten.
Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Bereiche der Chemie war wegen des
gesteigerten Interesses am Fach Biologie und dem damit verbundenen größeren
biologischen und biochemischen Vorwissen durchaus zu erwarten, dass die Bio-
logiestudenten (B. Sc.) im Bereich „Organische Chemie und Biochemie“ über-
durchschnittlich gut abschneiden. Diese Tatsache wurde nur einseitig, nämlich
von den 101 Studenten, die Chemie in der Oberstufe belegt haben, bestätigt. 67
von ihnen (66,3 %) belegten Biologie im Leistungskurs. Studenten ohne Chemie
in der Oberstufe schnitten in diesem Bereich trotz einer erhöhten „Biologie-
Leistungskurs-Dichte“ (18 der 29 Studenten ohne Chemie in der Oberstufe, also
62,1 %, belegten Biologie im Leistungskurs) sehr schlecht ab. Die die Aufgaben
des Fragebogens betreffende Biochemie wird also offensichtlich eher in der Ober-
stufenchemie als in der Oberstufenbiologie vermittelt.
Im Bezug auf die fachspezifischen Inhalte ist vor allem auffällig, dass der Median
der Studentengruppe ohne Chemie in der Oberstufe in der Kategorie 4 („Allge-
meine Probleme, Chemie des Alltags“) größer ist, als der Median der Studenten-
gruppe mit Chemie in der Oberstufe. Gleiches gilt für das 75%-Perzentil, das
25%-Perzentil liegt bei der gleichen Punktzahl. Die meisten Studenten ohne Che-
mie in der Oberstufe haben in dieser alltagsbezogenen Kategorie also besser abge-
schnitten, als der Großteil ihrer Kommilitonen mit Chemie in den Jahrgangsstufen
11, 12 und 13 – anscheinend eine Bestätigung der These, dass Alltagswissen of-
fenbar hauptsächlich in der Mittelstufe vermittelt wird. Dennoch muss dieses Er-
gebnis noch mit denen der übrigen Gruppen verglichen werden (vgl. KAPITEL
4.3).
Analyse
92
Bis auf den Bereich „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“ schnitten die
Biologiestudenten (B. Sc.) ohne Chemie in der Oberstufe jedoch relativ schlecht
ab, was die entsprechende Werte für Median und Perzentile bestätigen. Besser
lief es hingegen bei den Studenten mit Chemie nach Klasse 10, auch wenn die
Ergebnisse weit von der erreichbaren 35-Punkte-Marke pro Kategorie entfernt
sind.
Die Gründe hierfür wurden bereits erörtert: Das Interesse für Chemie ist bei eini-
gen Biologiestudenten (B. Sc.) zwar vorhanden, steht aber weit hinter dem für das
Fach Biologie zurück. Die entsprechenden Unterrichtsinhalte wurden, wie im vor-
hergehenden KAPITEL 4.2.1 beschrieben, in der Schule zwar vermittelt – und ein
nicht unerheblicher Teil der Biologiestudenten (B. Sc.) belegte Chemie in der O-
berstufe – doch wegen des geringen Interesses entwickelte sich bei einem Großteil
der Studenten zu Schulzeiten auch kein richtiges Verständnis für das Fach Che-
mie. Die schulischen Leistungen und die damit zusammenhängenden, von den
Befragten angegebenen Beurteilungen bzw. Noten bestätigen dies.
4.2.3 Biologie Lehramt
4.2.3.1 Allgemein
Die 35 befragten Biologie-Lehramtsstudenten haben ihr Studium nicht im Winter-
semester 2008/2009, sondern bereits ein Jahr zuvor begonnen. Diese Tatsache
wird allerdings nicht als sonderlich tragisch angesehen, da Biologie-
Lehramtsstudenten erst im dritten Semester die Chemie-Vorlesung hören müssen
und bis zum Zeitpunkt der Befragung noch keinerlei Chemie-Veranstaltungen
besucht haben.
Die 35-köpfige Gruppe besteht aus neun männlichen (25,7 %) und 26 weiblichen
Studenten. 15 Studenten (42,9 %) machten ihr Abitur im Jahr 2007, zwölf (34,3
%) beendeten die Schule bereits 2006. Die Studenten kamen aus neun Bundeslän-
dern nach Marburg. Der größte Anteil (acht Studenten, 22,9 %) kommt aus Hes-
Analyse
93
sen, sechs Studenten (17,1 %) kommen aus Rheinland-Pfalz, jeweils fünf aus
Thüringen und Nordrhein-Westfalen (14,3 %). Die übrigen 21 Studenten verteilen
sich wie folgt auf sieben weitere Bundesländer.
Diagramm 33: Herkunft der befragten Biologie-Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Die Befragung selbst verlief für die Biologie-Lehramtsstudenten folgendermaßen:
Durch die Normierung der Punktzahlen und die Berücksichtigung des jeweiligen
Schwierigkeitsgrads pro Aufgabe waren insgesamt maximal 210 Punkte erreich-
bar. Durchschnittlich erhielt jeder Biologie-Lehramtsstudent 79,9 Punkte (38,0 %
d. G.). Die maximal erzielte Punktzahl liegt bei 147,2 Punkten (70,1 % d. G.), das
Minimum bei 20,6 Punkten (9,8 % d. G.).
Die Gesamtheit der erreichten Punkte verteilt sich wie folgt:
Analyse
94
Diagramm 34: Punkteverteilung der befragten Biologie-Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
In dieser Personengruppe schnitten die 23 Biologie-Lehramtsstudenten (65,7 %),
die Chemie in der Oberstufe belegt haben, deutlich besser ab als die Studenten,
die in der Mittelstufe letztmalig Chemieunterricht hatten, was die Lage von Medi-
anen und Perzentilen zeigt: Der Median in der Studentengruppe mit Chemie in der
Oberstufe liegt bei 81,7 Punkten (38,9 %) und damit nur knapp unter dem 75%-
Perzentil der der Studentengruppe ohne Chemie in der Oberstufe, welches bei
83,0 Punkten (39,5 %) liegt.
Die folgende Tabelle enthält die Daten des Diagramms:
Analyse
95
Tab. 17: Daten für Biologie-Lehramtsstudenten.
Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe
Studenten mit Chemie in
der Oberstufe
Median 63,3 (30,1 %) 81,7 (38,9 %)
25%-Perzentil 54,7 (26,0 %) 67,1 (32,0 %)
75%-Perzentil 83,0 (39,5 %) 104,0 (49,5 %)
Minimum 20,6 (9,8 %) 45,4 (21,6 %)
Maximum 125,4 (59,7 %) 147,2 (70,1 %)
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Das Lehramtsstudium der Biologie ist – ähnlich wie der Bachelor-Studiengang –
im Besonderen durch Naturwissenschaften wie Chemie, Physik und Mathematik
geprägt. Auch Lehramtsstudenten müssen Veranstaltungen wie „Anorganische
Experimentalchemie“ und „Biochemie“ besuchen sowie ein „Chemisches Prakti-
kum“ absolvieren. Im Folgenden sollen in gewohnter Reihenfolge die Ergebnisse
des A- und C-Teils des Fragebogens zusammengetragen werden.
Das folgende Diagramm zeigt, dass auch die befragten Biologie-
Lehramtstudenten schon zu Schulzeiten ein gesteigertes Interesse an naturwissen-
schaftlichen Fächern hatten.
Analyse
96
Diagramm 35: Anzahl der Biologie-Lehramtsstudenten mit Naturwissenschaften als Leis-
tungskurs.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Drei Viertel aller Befragten (26 Studenten) belegte einen naturwissenschaftlichen
Leistungskurs in der Oberstufe, drei weitere Studenten (8,6 %) sogar zwei. Erwar-
tungsgemäß handelte es sich bei diesen naturwissenschaftlichen Leistungskursen
hauptsächlich um das Fach Biologie – 24 Studenten (68,6 %) wählten es als Leis-
tungskurs. Chemie wählte lediglich ein einziger Student.
In der Beliebtheit des Faches unterscheiden sich die Lehramtsstudenten deutlich
von den Humanbiologie- und den Bachelor-Biologiestudenten (B. Sc.).
Diagramm 36: Beliebtheit des Faches Chemie bei den Biologie-Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
97
Bei nur gut einem Viertel (8 Studenten, 22,9 %) war Chemie zu Schulzeiten
beliebt, für fast die Hälfte gehörte es sogar zu den unbeliebten Fächern – und das,
obwohl für mehr als die Hälfte aller Befragten (19 Studenten, 54,3 %) Chemie
„nur“ eine durchschnittliche Schwierigkeit hatte.
Diagramm 37: Subjektive Einschätzung des Schwierigkeitsgrads des Faches Chemie bei
den Biologie-Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Nur einer der 35 Biologie-Lehramtsstudenten belegte Chemie als Leistungskurs.
Als Grundkurs behielten jedoch insgesamt 13 Studenten (37,1 %) Chemie bis zum
Abitur. Dennoch belegte gut ein Drittel (12 Studenten; 34,3 %) in der Oberstufe
gar kein Chemie, weitere acht Studenten (22,9 %) wählten Chemie nach der 11.
Jahrgangsstufe ab.
Diagramm 38: Letzter Chemieunterricht der Biologie-Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
98
Mit diesen Daten stimmen die Einschätzungen der Beurteilungen, welche die Stu-
denten in ihrer Schullaufbahn in Chemie bekommen haben, überein: 15 Studenten
(42,9 %) erhielten nach eigenen Angaben sehr gute bis gute Leistungen – neun
von ihnen behielten Chemie bis zum Abitur.
Diagramm 39: Einteilung der Biologie-Lehramtsstudenten in die der Gesamtheit ihrer
Chemie-Zeugnisnoten entsprechenden Leistungsgruppe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Bei der Einschätzung der Wichtigkeit der Chemie für den persönlichen Alltag
bzw. die Wirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands gaben die Bio-
logie-Lehramtsstudenten folgende Einschätzungen ab:
Diagramm 40: Beurteilung der Chemie für den persönlichen Alltag durch die Biologie-
Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
99
Diagramm 41: Beurteilung der Chemie für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwick-
lung Deutschlands durch die Biologie-Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
57,1 % halten demnach Chemie für ihren persönlichen Alltag für wichtig. Bei der
Einschätzung der Wichtigkeit für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands
sind es 85,7 %.
Analyse
100
4.2.3.2 Fachlich
Das chemische Wissen der Biologie-Lehramtsstudenten weist verhältnismäßig
viele Lücken auf, was die folgenden Diagramme belegen:
Diagramm 42: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Biologie-
Lehramtsstudenten ohne Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Deutliche Probleme hatten danach die befragten Studenten bei den Aufgaben 6
(Namen von Laugen / Basen), 9 (Namen von Kohlenwasserstoffen), 10 (Verwen-
dungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 15 (Definition einer Atombindung), 16
(Avogadro-Zahl), 18 (MWG), 19 (Großtechnische Verfahren) und 21 (Berühmte
Chemiker). Bei jeder dieser acht Aufgaben liegt der Median bei null Punkten.
Ähnlich schlecht fiel das Ergebnisse der Aufgabe 11 (Formeln von organischen
Stoffen) aus. Drei der zwölf Befragten (25 %) wussten hier keine, acht Befragte
(66,6 %) nur eine richtige Antwort.
Analyse
101
Wesentlich besser lief es bei hingegen bei Aufgaben 2 (Luftbestandteile). Vier
Studenten (33,3 %) konnten immerhin zwei der vier geforderten Hauptbestandtei-
le angeben, vier weitere Studenten erreichten die volle Punktzahl. Auch bei der
vierten Aufgabe (Elementsymbole) gaben viele Studenten richtige Antworten. Bis
auf einen Befragten gaben hier alle Studenten (91,7 %) wenigstens drei der sechs
geforderten Elementsymbole richtig an. Gänzlich korrekt lösten die Aufgabe zwei
Studenten (16,7 %).
Die Biologiestudenten (B. Sc.), die Chemie in der Oberstufe belegt hatten, beant-
worteten die einzelnen Aufgaben folgendermaßen:
Diagramm 43: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Biologie-
Lehramtsstudenten mit Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Erwartungsgemäß schnitt dieser Teil der Biologie-Lehramtsstudenten insgesamt
besser ab als die zugehörige Vergleichsgruppe. Dennoch: Auch hier gibt es mit
Analyse
102
den Aufgaben 10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 15 (Definition
einer Atombindung), 16 (Avogadro-Zahl), 18 (MWG), 19 (Großtechnische Ver-
fahren) und 21 (Berühmte Chemiker) sechs Fragen, bei denen der Median bei null
Punkten liegt. Auffällig ist, dass dies die gleichen Aufgaben sind, die auch schon
vielen Studenten ohne Chemie in der Oberstufe gehörige Probleme machten – dort
waren zusätzlich die Aufgaben 6 (Namen von Laugen / Basen) und 9 (Namen von
Kohlenwasserstoffen) nur unzureichend gelöst worden. Überraschenderweise ga-
ben die Studenten mit Chemie in der Oberstufe aber deutlich mehr Laugen als
Säuren an. Sieben Studenten (30,4 %) notierten sogar zehn unterschiedliche Ba-
sen. Das Maximum an genannten Säuren hingegen liegt bei acht, ebenfalls von
insgesamt sieben Studenten notiert.
Im Folgenden werden Stärken und Schwächen der Befragten weiter eingegrenzt
und nach bekanntem Vorgehen den verschiedenen Bereichen der Chemie zuge-
ordnet (vgl. dazu Tabelle 10 in KAPITEL 4.2.1.2).
Diagramm 44: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach den Bereichen der Chemie.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Analyse
103
Auch die beiden Gruppen der Biologie-Lehramtsstudenten schnitten im Bereich
„Anorganische Chemie“ am besten ab. In diesem Bereich ist zwischen beiden
Studenten-Gruppen kaum ein Unterschied zu erkennen, in der Tabelle sind die
entsprechenden Werte mit Fettdruck hervorgehoben. Im Bereich „Organische
Chemie“ hingegen sind die Punkte für die Gruppe mit Chemie in der Oberstufe
sehr gleichmäßig verteilt, in der Gruppe ohne Chemie erzielten die meisten jedoch
nur sehr wenige Punkte. Der Bereich „Allgemeine Chemie und übergreifende
Aufgaben“ nimmt bei beiden Gruppen den Mittelfeldplatz ein.
Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Daten:
Tab. 18: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie (m. = Studenten, mit
Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe). Angaben in
(gewichteten) Punkten.
Allgemeine Che-
mie und übergrei-
fende Aufgaben
Anorganische
Chemie
Organische
Chemie und
Biochemie
m. 24,4 41,8 18,0 Median
o. 16,3 41,9 7,6
m. 20,1 34,4 9,2 25%-Perzentil
o. 13,2 33,7 7,6
m. 32,5 51,1 26,7 75%-Perzentil
o. 25,0 47,4 15,3
m. 10,9 28,4 0 Minimum
o. 2,5 22,9 0
m. 55,3 59,7 33,5 Maximum
o. 39,6 68,2 22,9
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
104
Eine ähnliche Analyse wird im Folgenden anhand spezifischer Inhalte des Frage-
bogens durchgeführt (vgl. Tabelle 12 in KAPITEL 4.2.1.2). Mit den normierten
Punktzahlen ergibt sich für die Biologie-Lehramtsstudenten folgendes Bild:
Diagramm 45: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach spezifischen Inhalten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Ist bei den Studenten mit Chemie in der Oberstufe noch der Bereich „Stoffgrup-
pen“ der stärkste, ist es bei den Studenten ohne Chemie der Bereich „Allgemeine
Probleme, Chemie des Alltags“ – jeder der in der Tabelle aufgeführten Werte liegt
hier höher als in der Vergleichsgruppe. Die Werte sind durch Fettdruck hervorge-
hoben. Die übrigen Bereiche bleiben hinter diesen lokalen „Spitzenwerten“ jedoch
weit zurück. Bedenkt man, dass durch die Umrechnung der Punktzahlen in jeder
Kategorie 35 Punkte erreicht werden konnten wird deutlich, dass die meisten Bio-
logie-Lehramtsstudenten durchweg Antworten gaben, welche nicht einmal die
Hälfte der zu vergebenden Punkte wert waren. In beiden Studentengruppen fielen
die Bereiche „Definitionen, Gesetze, Konstanten“, „Angewandte Chemie, Tech-
nologie“ und „Geschichte der Chemie“ besonders schlecht aus.
Analyse
105
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Werte des Boxplot-Diagramms zu-
sammen:
Tab. 19: Klassifikation der Aufgaben nach spezifischen Inhalten der Chemie (m. = Stu-
denten, mit Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe).
Angaben in Punkten.
1 2 3 4 5 6
m. 24,7 21,1 10,2 16,5 5,0 0 Median
o. 8,1 14,6 8,8 23,7 4,8 0
m. 19,0 18,5 8,2 13,6 2,5 0 25%-
Perzentil o. 4,0 9,1 7,0 16,1 2,4 0
m. 27,2 25,6 15,5 21,1 7,5 9,3 75%-
Perzentil o. 22,3 18,1 12,3 25,1 8,2 4,4
m. 6,8 10,0 0 2,5 0 0 Minimum
o. 0 5,5 0 11,7 0 0
m. 32,6 33,2 27,9 31,7 16,3 18,7 Maximum
o. 28,8 20,5 18,1 39,9 10,5 8,8
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
4.2.3.3 Fazit
Auch die Biologie-Lehramtsstudenten hatten zu Schulzeiten ein gesteigertes Inte-
resse an Naturwissenschaften, nicht jedoch am Fach Chemie. Die zu Beginn der
Arbeit aufgestellte These, dass eben genau solche naturwissenschaftlich interes-
sierten Abiturienten später auch eher ein naturwissenschaftliches Studium wählen,
Analyse
106
wurde bestätigt. Der größte Teil (29 Studenten, 82,9 %) belegte in der Schule we-
nigstens eine Naturwissenschaft als Leistungskurs, bei 24 Studenten (68,8 %)
handelte es sich dabei um Biologie. Ein gesteigertes Interesse an Chemie konnte
den Befragten hingegen nicht nachgewiesen werden. Für fast die Hälfte (17 Stu-
denten, 48,6 %) gehörte Chemie zu Schulzeiten zu den unbeliebten Fächern, leicht
fiel das Fach lediglich fünf Befragten (14,3 %). Mehr als ein Drittel (12 Studen-
ten, 34,3 %) wählte Chemie sogar vor Beginn der 11. Jahrgangsstufe ab. Dennoch
schätzte die deutliche Mehrheit der Biologie-Lehramtsstudenten die Bedeutung
der Chemie für Alltag und die wirtschaftliche Entwicklung Deutschland als
„wichtig“ ein.
Das auf die erreichten Punktzahlen bezogene Ergebnis der Biologie-
Lehramtsstudenten fällt verhältnismäßig überraschend aus. Insgesamt sind die
erzielten Punktzahlen recht gering: 75 % der Studenten mit Chemie in der Ober-
stufe konnte nicht einmal die Hälfte des Fragebogens korrekt beantworten (das
75%-Perzentil liegt bei 104,0 Punkten, also nur 49,5 % d. G.). Des Weiteren gibt
es eine ganze Reihe Aufgaben – auch Aufgaben zu Themen der Mittelstufe – die
von mehr als der Hälfte der Befragten nicht beantwortet werden konnten. Zu er-
warten war dies durchaus bei Aufgabe 18 (MWG), doch konnte bspw. auch fast
niemand der Befragten eine annähernd richtige Definition einer Atombindung
(Aufgabe 15) liefern.
Konkret: Neben den Aufgaben 10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstof-
fen), 18 (MWG), 19 (Großtechnische Verfahren) und 21 (Berühmte Chemiker),
die schon bei den Humanbiologie- und Biologiestudenten (B. Sc.) zu Problemen
führten und die an den entsprechenden Stellen bereits ausführlich diskutiert wur-
den, hatten die Lehramtsstudenten der Biologie, die in der Oberstufe Chemie be-
legten, vor allem Schwierigkeiten mit den Fragen 15 (Definition einer Atombin-
dung) und 16 (Avogadro-Zahl). Auch die Biologiestudenten (B. Sc.) gaben bei
diesen Aufgaben größtenteils keine oder falsche Antworten, obwohl sowohl A-
tombindungen als auch die Avogadro-Zahl verpflichtend in der Klasse 10 bzw. 9
durchgenommen werden.53
53 vgl. Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 16 - 21
Analyse
107
Den Studenten ohne Chemie in der Oberstufe fielen außerdem die Aufgaben 6
(Namen von Laugen / Basen) und 9 (Namen von Kohlenwasserstoffen) besonders
schwer. Auch hier gilt: Das Thema „Säuren und Laugen“ ist ein zentraler und
verbindlicher, ausführlich behandelter und 16 Schulstunden umfassender Unter-
richtsinhalt der zehnten Klasse.54 Die Einführung in die Chemie der Kohlenwas-
serstoffe wird ebenfalls bereits in der 10. Klasse durchgenommen, so dass einige
Verbindungen den Schülern wegen der dort behandelten Themen „Eigenschaften
und Reaktionen gasförmiger und flüssiger Alkane“, „Qualitative Elementaranaly-
se“ und „Bindungsverhältnisse und Strukturformlen“ bekannt sein.55 Viele Stu-
denten konnten jedoch, obwohl sie in der Oberstufe Chemie nicht belegten und
damit nur sehr wenig in Organischer Chemie unterrichtet wurden, Teile der elften
Aufgabe (Formeln von organischen Stoffen) lösen. Auch hier waren, möglicher-
weise eher wegen der Besprechung im Biologieunterricht, die Zahl der korrekten
Antworten zur Frage nach der Summenformel der Verbindung „Glucose“ beson-
ders hoch.
Die Anorganische Chemie ist auch bei den Biologie-Lehramtsstudenten der Be-
reich, in welchem die meisten korrekten Antworten gegeben wurden – und zwar
mit deutlichem Abstand. Der Bereich „Allgemeine Chemie und übergreifende
Aufgaben“ liegt weit dahinter zurück. Noch schlechter lief es für die Studenten im
Bereich „Organische Chemie und Biochemie“. Dieser Aspekt ist in sofern etwas
überraschend, da die Biologie-Bachelor- und insbesondere die Humanbiologiestu-
denten – zumindest die Studenten mit Chemie in der Oberstufe – ein recht großes
Vorwissen in Organischer Chemie bzw. in Biochemie bewiesen. Auch einige der
Biologie-Lehramtsstudenten gaben bei den organischen Aufgaben korrekte Ant-
worten, für den Großteil aber waren diese Aufgaben unlösbar. Das beweisen Me-
dian und 75%-Perzentil: Die Hälfte der Befragten ohne Chemie in der Oberstufe
gaben Antworten, die insgesamt weniger als 7,6 Punkte von möglichen 70 Punk-
ten wert waren (10,9 %). Ein wenig besser ist das Ergebnis der Vergleichsgruppe:
Hier liegt der Median bei 18 Punkten (25,7 %).
Erfreulicherweise fielen die Aufgaben zum Bereich „Allgemeine Probleme, Che-
mie des Alltags“ auch bei den Biologie-Lehramtsstudenten ohne Chemie in der
54 vgl. Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 10 55 a. a. O., S. 26
Analyse
108
Oberstufe am Besten aus – diese Tatsache konnte auch schon bei den Humanbio-
logie- und insbesondere den Biologiestudenten (B. Sc.) festgestellt werden. Auch
der Median liegt mit 23,7 Punkten (67,7 %) bei einem zufrieden stellenden Wert.
Weniger erfreulich hingegen ist das Abschneiden in den übrigen fünf Bereichen.
Der „zweithöchste“ Median liegt mit 14,6 Punkten (41,7 %, Bereich „Element-
symbole, Formeln, Reaktionsgleichungen“) weit hinter dem ersten zurück, der
dritte liegt bei gerade einmal 8,8 Punkten (25,1 %, „Definitionen, Gesetze, Kon-
stanten“). Nicht viel besser sieht das Ergebnis für Studenten mit Chemie in der
Oberstufe aus: Vergleichbar mit der anderen Studentengruppe sind die durchweg
schlechten Resultate in den Gebieten „Definitionen, Gesetzte, Konstanten“, „An-
gewandte Chemie, Technologie“ und „Geschichte der Chemie“. Etwas besser fie-
len die übrigen drei Bereiche aus. In den beiden Klassen „Stoffgruppen“ und „E-
lementsymbole, Formeln, Reaktionsgleichungen“ erzielten die Studenten das bes-
te Ergebnis (Median: 24,7 Punkte, 70,6 % bzw. 21,1 Punkte, 60,3 %). Der Bereich
„Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“ schnitt, bedenkt man, dass es sich
um Studenten mit Chemie in der Oberstufe handelt, nicht gut und insbesondere
deutlich schlechter als in der Gruppe „Studenten ohne Chemie in der Oberstufe“
ab (16,5 Punkte, 47,1 %). Doch auch hier gilt: Um die Schlussfolgerung, Alltags-
wissen werde offenbar hauptsächlich in der Mittelstufe vermittelt, herleiten zu
können, bedarf es zunächst noch einem Vergleich mit den Ergebnissen der übri-
gen Gruppen.
4.2.4 Medizin
4.2.4.1 Allgemein
Bei der größten im Rahmen dieser Wissenschaftlichen Hausarbeit befragten
Gruppe handelt es sich um Studenten der Human- und Zahnmedizin. Der Frauen-
anteil ist in dieser Befragungsgruppe mit 61,1 %, d.h. mit 173 von insgesamt 283
befragten Studenten, recht hoch. Die Studenten kommen aus dem gesamten Bun-
desgebiet, was auf das Auswahlverfahren der ZVS (Zentralstelle für die Vergabe
Analyse
109
von Studienplätzen) zum Medizinstudium zurückzuführen ist. Dennoch schloss
der Großteil der Studenten (73; 25,8 %) die Schule in Hessen ab.
Diagramm 46: Herkunft der befragten Medizinstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Da es für das Medizinstudium mehr Bewerber als Studienplätze gibt, ist der Stu-
diengang aufnahmebeschränkt. Dazu wird von der ZVS eine Note (Numerus clau-
sus, NC, in diesem Fall zwischen 1,0 und 1,3, abhängig vom Bundesland, in dem
die Hochschulreife erworben wurde) festgelegt, die entscheidet, mit welcher Zen-
sur ein Bewerber sein Abitur abgeschlossen haben muss, um sofort das Studium
der Human- oder Zahnmedizin beginnen zu dürfen. 20 % der verfügbaren Medi-
zinstudienplätze werden dann an die Abiturbesten eines Jahrgangs vergeben. Über
60 % der Studienplätze verfügen die jeweiligen Hochschulen selbstständig, die
verbleibenden 20 % werden, ebenfalls von der ZVS, über das Kriterium „Warte-
zeit“ besetzt. Abiturienten, deren Abiturdurchschnittsnote also nicht zu einem
Analyse
110
sofortigen Beginn des Studiums berechtigt, müssen, um ihr Studium dennoch be-
ginnen zu dürfen, einige Wartesemester vorweisen können. Dieser Sachverhalt
führt dazu, dass sich die Abiturjahrgänge der Medizinstudenten eines Semesters
extrem unterscheiden. Über die auch hier vorhandene Vielfalt soll deshalb an die-
ser Stelle ein Bakendiagramm informieren.
Diagramm 47: Abiturjahrgang der befragten Medizinstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Befragung der 283 Medizinstudenten verlief wie folgt: Hier waren ebenfalls
durch die Normierung der Punktzahlen und die Berücksichtigung des jeweiligen
Schwierigkeitsgrads pro Aufgabe insgesamt maximal 210 Punkte zu erreichen.
Durchschnittlich erhielt jeder Medizinstudent 90,1 Punkte (42,9 % d. G.). Die
maximal erzielte Punktzahl liegt bei 183,0 Punkten (87,1 % d. G.), das Minimum
bei 16,5 Punkten (7,8 % d. G.). Die Gesamtheit der erreichten Punkte verteilt sich
wie folgt:
Analyse
111
Diagramm 48: Punkteverteilung der befragten Medizinstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Auch in dieser Befragungsgruppe schnitten die 208 Medizinstudenten (73,5 %),
die Chemie in der Oberstufe belegt haben, besser ab als die Studenten, die letzt-
malig in der Mittelstufe in Chemie unterrichtet wurden. Der Unterschied zwischen
den Ergebnissen ist jedoch nicht allzu signifikant.
Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Daten:
Analyse
112
Tab. 20: Daten für Medizinstudenten.
Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe
Studenten mit Chemie in
der Oberstufe
Median 75,6 ( 36,0 %) 92,9 (44,2 %)
25%-Perzentil 57,6 (27,4 %) 73,4 (35,0 %)
75%-Perzentil 99,5 (47,4 %) 113,6 (54,1 %)
Minimum 16,5 (7,9 %) 19,7 (9,4 %)
Maximum 134,0 (63,8 %) 183,0 (87,1 %)
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Entgegen der Erwartungen vieler Medizinstudenten handelt es sich auch beim
Studium der Human- oder Zahnmedizin, gerade in den ersten Semestern, um ein
Studium mit vielen naturwissenschaftlichen Inhalten. Wegen des niedrigen Nume-
rus Clausus sind an den medizinischen Fakultäten hauptsächlich gute Schüler zu-
gegen. Die meisten sie sind es gewohnt, dass ihnen Dinge leicht von der Hand
gehen und dass sie für Prüfungserfolg nicht viel lernen müssen. Die riesige Stoff-
menge der ersten Semester und nicht zuletzt auch die chemischen Veranstaltun-
gen, welche – hatte man in der Schule keinen Chemie-Leistungskurs – mit einem
größtenteils völlig ungewohnten Stoff wie bspw. der Orbitaltheorie aufwarten,
erwischen viele eiskalt. Erfahrungsberichte zahlreicher Medizinstudenten, die im
Internet ganze Seiten füllen, belegen dies eindrucksvoll:
„Nach einem Abitur mit 1,0 hatte ich das Gefühl, ich kann die Welt
erobern. Die Ernüchterung kam aber schnell. Ich fand den Stunden-
plan furchtbar, und allein für zwei Chemie-Klausuren habe ich mehr
gelernt als für mein ganzes Abitur.“56
56 Erfahrungsbericht einer Medizinstudenten im vierten Semester, Quelle:
http://www.thieme.de/viamedici/medizinstudium/vorklinik/pruefungen.html
Analyse
113
Andere Erfahrungsberichte geben ein ganz ähnliches Bild ab. Interesse an den
Fächern Chemie, Biologie, Physik und Mathematik sollte, das lässt sich aus vielen
Berichten ableiten, unbedingt bei jedem Medizinstudenten vorhanden sein. Ob
dies auch bei den hier befragten Studenten der Fall ist, erläutert das folgende Dia-
gramm:
Diagramm 49: Anzahl der Medizinstudenten mit Naturwissenschaften als Leistungskurs.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Mehr als ein Drittel der 283 Befragten (97 Studenten, 34,3 %) belegte keinen na-
turwissenschaftlichen Leistungskurs in der Oberstufe. Die Hälfte (144 Studenten,
50,9 %) hatte eine Naturwissenschaft im LK, gut ein Sechstel (42 Studenten, 14,8
%) sogar zwei. Die am häufigsten angegeben naturwissenschaftlichen Leistungs-
kurse waren dabei Biologie (116 Studenten, 40,1 %) – kein anderes, auch kein
geisteswissenschaftliches oder linguales Fach wurde häufiger gewählt – und Ma-
the (72 Studenten, 25,4 %). Einen Chemie-LK belegten lediglich 7,8 % (22 Stu-
denten).
Mit diesen Zahlen geht die Tatsache einher, dass bei den meisten Studenten (120;
42,4 %) Chemie in der Oberstufe eher zu den unbeliebten Fächern gehörte.
Analyse
114
Diagramm 50: Beliebtheit des Faches Chemie bei den Medizinstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Nur gut 102 Studenten (36,0 %) zählten Chemie zu ihren beliebten Fächern. Mit
59 Studenten (20,8 %) ist die Zahl derer, denen Chemie in der Schule leicht fiel,
jedoch noch geringer, was das folgende Diagramm offenbart:
Diagramm 51: Subjektive Einschätzung des Schwierigkeitsgrads des Faches Chemie bei
den Medizinstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Für gut ein Drittel (97 Studenten, 34,3 %) zählte Chemie danach zu den schwieri-
gen Fächern, für die meisten Studenten (126; 44,5 %) war es ein Fach mit durch-
schnittlichem Schwierigkeitsgrad.
Dennoch belegte gut ein Drittel (93 Studenten, 32,9 %) Chemie bis zum Abitur,
115 Studenten (40,6 %) wählten Chemie am Ende der Jahrgangsstufen 11 bzw. 12
Analyse
115
ab. Nur rund ein Viertel (75 Studenten, 26,5 %) wählte Chemie nicht in den Stun-
denplan der Oberstufe.
Diagramm 52: Letzter Chemieunterricht der Medizinstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Anhand der eingeschätzten Gesamtbeurteilung der Schulleistungen steht die
Chemie wieder in einem recht guten Licht. Mehr als die Hälfte (155 Studenten,
54,8 %) gab an, in der Schule mit sehr guten oder guten Leistungen in Chemie
beurteilt worden zu sein. Befriedigende oder ausreichende Leistungen brachten
weitere 122 Studenten (43,1 %). Der Prozentsatz der Studenten mit mangelhaften
oder ungenügenden Leistungen ist mit 2,1 % (sechs Studenten) verschwindend
gering.
Diagramm 53: Einteilung der Medizinstudenten in die der Gesamtheit ihrer Chemie-
Zeugnisnoten entsprechenden Leistungsgruppe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
116
Bei der Beurteilung der Wichtigkeit der Chemie für den persönlichen Alltag bzw.
die Wirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands gaben die Medizin-
studenten folgende Einschätzungen ab:
Diagramm 54: Beurteilung der Chemie für den persönlichen Alltag durch die Medizinstu-
denten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Diagramm 55: Beurteilung der Chemie für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwick-
lung Deutschlands durch die Medizinstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
64,3 % (182 Studenten) halten Chemie danach für ihren persönlichen Alltag für
wichtig, für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands sind es sogar 82,0 %
(232 Studenten).
Analyse
117
4.2.4.2 Fachlich
Die Unterschiede der bei dieser Befragung angegebenen Leistungen einzelner
Medizinstudenten sind bisweilen auffallend groß. Die Mehrheit jedoch verfügt
über ein recht vergleichbares chemisches Wissen. Dies wird zum einen durch die
zahlreichen positiven und negativen Ausreißer, zum anderen durch die Lage der
Mediane und Perzentile in den folgenden Diagrammen bestätigt.
Diagramm 56: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Medizinstuden-
ten ohne Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Deutliche Probleme hatte mindestens die Hälfte der Studenten bei den Aufgaben
10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 11 (Formeln von organi-
schen Stoffen), 15 (Definition einer Atombindung), 18 (MWG), 19 (Großtechni-
sche Verfahren) und 21 (Berühmte Chemiker) – der Median, zum Teil sogar das
Analyse
118
75%-Perzentil, liegen hier jeweils bei null Punkten. Besser lief es bei hingegen bei
den Aufgaben 2 (Luftbestandteile), 4 (Elementsymbole), 5 (Namen von Säuren)
und 13 (Definition einer Oxidation), auch wenn eine „beste“ Aufgabe nicht identi-
fiziert werden kann.
Die Medizinstudenten, die Chemie in der Oberstufe belegt hatten, erzielten bei
den einzelnen Aufgaben folgendes Ergebnis.
Diagramm 57: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Medizinstuden-
ten mit Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Erwartungsgemäß schnitt dieser Teil der Medizinstudenten insgesamt besser ab
als ihre zugehörige Vergleichsgruppe. Dennoch gab es auch hier bei einigen Auf-
gaben große Probleme. Besonders die Aufgaben 18 (MWG) und 19 (Großtechni-
sche Verfahren) wurden von kaum einem Studenten korrekt beantwortet. Interes-
Analyse
119
sant ist jedoch, dass es gerade bei diesen beiden Aufgaben die meisten Ausreißer
gibt (57 bei der Aufgabe zum MWG, 41 bei der Frage nach Großtechnischen Ver-
fahren. Durch Überlagerungen sind nur wenige der zugehörigen Sterne zu sehen).
Im Folgenden werden die erreichten Punktzahlen in Bezug auf die verschiedenen
Bereiche der Chemie dargestellt (vgl. dazu Tabelle 10 in KAPITEL 4.2.1.2). Aus
Vergleichbarkeitsgründen wurden auch hier die Punktzahlen auf 70 erreichbare
Punkte pro Bereich normiert. Insgesamt können also 210 Punkte erreicht werden.
Diagramm 58: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach den Bereichen der Chemie.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Im Bereich Organische Chemie und Biochemie schnitten die Medizinstudenten,
die Chemie in der Oberstufe belegt haben, deutlich besser ab, als die Studenten
ohne Chemie in der Oberstufe. In den anderen Bereichen sind diese Unterschiede
jedoch wesentlich geringer. Besonders im Bereich Anorganische Chemie, einzel-
Analyse
120
ne Werte sind in der folgenden Tabelle durch Fettdruck hervorgehoben, erzielten
beide Studentengruppen nahezu die gleichen Ergebnisse.
Tab. 21: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie (m. = Studenten, mit
Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe). Angaben in
(gewichteten) Punkten.
Allgemeine Che-
mie und übergrei-
fende Aufgaben
Anorganische
Chemie
Organische
Chemie und
Biochemie
m. 27,3 47,8 21,6 Median
o. 25,3 44,1 4,7
m. 18,8 41,2 9,5 25%-Perzentil
o. 16,3 34,9 2,8
m. 37,0 54,2 31,9 75%-Perzentil
o. 31,7 50,7 15,0
m. 0 15,6 0 Minimum
o. 4,9 4,9 0
m. 65,2 69,9 62,8 Maximum
o. 48,1 72,1 37,5
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Eine ähnliche Analyse wird nun anhand spezifischer Inhalte des Fragebogens
durchgeführt (vgl. Tabelle 12 in KAPITEL 4.2.1.2). Mit den normierten Punktzah-
len ergibt sich für die Medizinstudenten folgendes Bild:
Analyse
121
Diagramm 59: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach spezifischen Inhalten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Medizinstudenten mit Chemie in der Oberstufe schnitten im Bereich „Ele-
mentsymbole, Formeln, Reaktionsgleichungen“ am besten ab. Der stärkste Be-
reich der Studenten ohne Chemie in der Oberstufe, der als einziger Bereich besser
ausfiel, als der entsprechende Bereich in der Vergleichsgruppe und deshalb in der
folgenden Tabelle durch Fettdruck hervorgehoben wird, ist hingegen erfreulicher
Weise der Bereich „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“. Allerdings
kommen in vier Bereichen – bei den Studenten ohne Chemie in der Oberstufe sind
es sogar fünf – je 75 % der Befragten beider Gruppen nicht oder nur sehr knapp
über 20 Punkte der maximal erreichbaren 35 Punkte heraus, so dass bei den meis-
ten Studenten waren in diesen Kategorien maximal 57,1 % der gegebenen Ant-
worten korrekt waren. Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Werte des
Boxplot-Diagramms:
Analyse
122
Tab. 22: Klassifikation der Aufgaben nach spezifischen Inhalten der Chemie (m. = Stu-
denten, mit Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe).
Angaben in Punkten.
1 2 3 4 5 6
m. 17,2 23,9 15,4 19,7 5,0 7,0 Median
o. 11,5 15,8 11,6 23,0 4,6 0
m. 12,0 19,1 9,5 14,9 2,5 0 25%-
Perzentil o. 6,4 12,0 7,8 17,2 0 0
m. 22,6 27,7 21,1 25,3 8,5 14,0 75%-
Perzentil o. 20,2 20,2 17,0 29,5 5,4 13,1
m. 0 3,0 0 3,2 0 0 Minimum
o. 0 0 0 5,0 0 0
m. 67,1 39,4 36,2 36,8 21,8 37,3 Maximum
o. 45,5 27,5 28,3 45,0 13,6 30,6
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
4.2.4.3 Fazit
Das Interesse an Naturwissenschaften der Medizinstudenten, gemessen an der
Wahl der Leistungskurse, ist recht hoch. 65,7 % (186 Studenten) wählten in der
Schule wenigstens eine Naturwissenschaft als Leistungskurs, 116 Studenten wähl-
ten dabei Biologie. Das Interesse am Fach Chemie ist für die Medizinstudenten
hingegen wesentlich geringer. Nur 22 Studenten belegten einen Chemie-
Leistungskurs, hinzukommt, dass das Fach für 120 Studenten (42,4 %) unbeliebt
Analyse
123
und für 97 Studenten (34,3 %) zu schwer war. Mehr als ein Viertel (75 Studenten,
26,5 %) wählte Chemie mit Beginn der Jahrgangsstufe elf ab.
Die problematischen Aufgaben der Medizinstudenten sind mit denen der Human-
biologie und Biologiestudenten (B. Sc.) nahezu identisch. Auch hier standen zum
Teil mehr als 50 % der Befragten ohne Chemie in der Oberstufe bei den Aufgaben
10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 11 (Formeln von organi-
schen Stoffen), 15 (Definition einer Atombindung), 18 (MWG), 19 (Großtechni-
sche Verfahren) und 21 (Berühmte Chemiker) vor schier unlösbaren Problemen.
Bei den Studenten mit Chemie in der Oberstufe beschränken sich die größten
Probleme auf die Aufgaben 18 (MWG) und 19 (Großtechnische Verfahren). Die
einzelnen Aufgaben und deren Einordnung im Lehrplan wurden bereits in den
vorhergehenden Kapiteln (jeweils im Fazit) ausführlich erörtert. Die Sachlage ist
identisch und soll aus diesem Grund an dieser Stelle nicht wiederholt werden.
Einzig Frage 11 (Formeln von organischen Stoffen) bedarf einer ausführlicheren
Behandlung.
Die Human- und Zahnmedizinstudenten, die Chemie nicht in der Oberstufe beleg-
ten, sind die erste Gruppe, die mit der Frage nach Formeln organischer Verbin-
dungen große Schwierigkeiten hatten. Gaben bei ihrer zugehörigen Vergleichs-
gruppe noch 40 der 208 Studenten (19,2 %), die Chemie in der Oberstufe belegt
hatten, zu keinem der angegebenen Stoffnamen (Ethanol, Benzol, Methan, Gluco-
se) eine korrekte Summen- oder Strukturformel an, waren es bei den 75 Studenten
ohne Chemie nach Klasse 10 schon 39 Studenten (52,0 %) – und das, obwohl zu-
mindest Ethanol („Lösen fester, flüssiger und gasförmiger Stoffe in verschiedenen
Lösungsmitteln (Wasser, Alkohol, Benzin)“57) und Methan („Gesättigte Kohlen-
wasserstoffe“58) aus dem Chemieunterricht der Mittelstufe, und Glucose aus dem
Biologieunterricht bekannt sein sollten. Doch auch elf der 24 Studenten (45,8 %),
die in der Oberstufe zwar kein Chemie mehr, dafür aber einen Biologie-
Leistungskurs belegten, konnten keine der geforderten Summen- oder Struktur-
formeln – auch nicht die der Glucose – angeben.
57 Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 11 58 a. a. O., S. 26
Analyse
124
Die organisch-chemischen Aufgaben des Fragebogens fielen den Befragten ohne-
hin nicht allzu leicht. Die Studenten ohne Chemie in der Oberstufe schnitten hier
äußerst schlecht ab, 50 % der Befragten erreichten nicht einmal 7 % der zu verge-
benden Punkte. 50 % der Studenten mit Chemie erreichten immerhin ein Drittel
der Punkte, was dennoch sehr wenig ist. Im Bereich der Anorganischen Chemie
sind die Werte beider Gruppen nahezu identisch, was jedoch nicht besonders ver-
wunderlich ist, wird doch Anorganische Chemie zum größten Teil schon vor Be-
ginn der Oberstufe vermittelt.
In Bezug auf die fachspezifischen Inhalte fällt das Ergebnis der Befragung relativ
enttäuschend aus. In fünf von sechs Bereichen („Stoffgruppen“, „Elementsymbo-
le, Formeln, Reaktionsgleichungen“, „Definitionen, Gesetze, Konstanten“, „An-
gewandte Chemie, Technologie“ und „Geschichte der Chemie“) erhielten jeweils
50 % der 75 Befragten ohne Chemie in der Oberstufe weniger als die Hälfte der
erreichbaren Punkte, in dreien dieser Bereiche („Definitionen, Gesetze, Konstan-
ten“, „Angewandte Chemie, Technologie“ und „Geschichte der Chemie“) sind es
sogar mehr als 75 % der Befragten, in einem weiteren („Angewandte Chemie,
Technologie“) erreichte gar niemand die 50%-Punktemarke. Einziger Lichtpunkt:
der Bereich „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“. Hier schnitten die Stu-
denten recht gut ab, der Median liegt bei 23,0 Punkten (65,7 %), das 75%-
Perzentil bei 29,5 Punkten (84,3 %). Mit diesem Ergebnis waren die Studenten
ohne Chemie nach Klasse 10 sogar besser als die Vergleichsgruppe mit Chemie in
der Oberstufe, die bis auf die Bereiche „Angewandte Chemie, Technologie“ und
„Geschichte der Chemie“, in denen der Median bei nur 5 bzw. 7 Punkten liegt
(14,3 % bzw. 20 %), zufrieden stellend aber keineswegs überragend abschnitten.
4.2.5 Pharmazie
4.2.5.1 Allgemein
Die Umfrage in der Gruppe der Pharmaziestudenten konnte aus organisatorischen
Gründen seitens des Fachbereichs Pharmazie erst in der zweiten Chemie-
Vorlesung durchgeführt werden. Der verantwortliche Hochschuldozent versicher-
Analyse
125
te jedoch, erst einige, kaum den Fragebogen betreffenden Grundlagen mit den
Studenten besprochen zu haben. Das bis zur Umfrage vermittelte Wissen dürfe
sich daher nur infinitesimal auf das Ergebnis der Befragung auswirken.
Insgesamt wurden 85, davon 61 weibliche (71,8 %) und 24 männliche Erstsemes-
terstudenten der Pharmazie befragt. Der Großteil der Studenten kommt aus Hes-
sen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen (61 Studenten, 71,8 %). Die übrigen
bestanden ihre Hochschulreife nahezu über das gesamte Bundesgebiet verteilt,
was das folgende Balkendiagramm verdeutlicht:
Diagramm 60: Herkunft der befragten Pharmaziestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Zur Befragung der Pharmaziestudenten: Auch hier waren durch die Normierung
der Punktzahlen und die Berücksichtigung des jeweiligen Schwierigkeitsgrads pro
Aufgabe insgesamt maximal 210 Punkte zu erreichen. Durchschnittlich erhielt
jeder Pharmaziestudent 120,8 Punkte (57,5 % d. G.). Die maximal erzielte Punkt-
Analyse
126
zahl liegt bei 206,1 Punkten (98,1 % d. G.), das Minimum bei 27,4 Punkten (13,1
% d. G.). Die Gesamtheit der erreichten Punkte verteilt sich wie folgt:
Diagramm 61: Punkteverteilung der befragten Pharmaziestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es bei beiden befragten Gruppen weder po-
sitive noch negative Ausreißer gibt. Zudem liegt der Median der Studentengruppe
ohne Chemie in der Oberstufe sehr dicht beim 75%-Perzentil, was allerdings dar-
auf zurückzuführen ist, dass nur neun Studenten in der Oberstufe kein Chemie
belegt haben und von diesen drei Befragte zwischen 84,3 Punkten (Median) und
94,4 Punkten (75%-Perzentil) erreichten. Die Streuung bei den 76 Studenten mit
Chemie in der Oberstufe (89,4 %) ist entsprechend größer. Die folgende Tabelle
enthält die wichtigsten Daten:
Analyse
127
Tab. 23: Daten für Pharmaziestudenten.
Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe
Studenten mit Chemie in
der Oberstufe
Median 84,3 (40,1%) 128,8 (61,3 %)
25%-Perzentil 43,2 (20,6 %) 100,4 (47,8 %)
75%-Perzentil 94,4 (45,0 %) 151,6 (72,2 %)
Minimum 27,4 (13,0 %) 31,2 (14,9 %)
Maximum 110,4 (52,6 %) 206,1 (98,1 %)
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Sind die chemischen Inhalte bei den Studiengängen der Human- und Zahnmedizin
zwar nur gering aber durchaus vorhanden, ist das Pharmazie-Studium deutlich
durch Chemie geprägt. Veranstaltungen wie „Chemie für Pharmazeuten“, „All-
gemeine und analytische Chemie der anorganischen Arznei-, Hilfs- und Schad-
stoffe“, „Organisch medizinische Chemie“, „Stereochemie“, „Arzneimittelanaly-
tik“ oder „Grundlagen der klinischen Chemie“ sowie entsprechende Seminare und
Praktika verdeutlichen dies beachtlich. Dieser Tatsache waren sich die Pharmazie-
studenten offenbar auch schon in der Schule bewusst, als sich viele für eine Na-
turwissenschaft entschieden, als es um die Wahl der Leistungskurse ging. Das
folgende Diagramm verdeutlicht dies:
Analyse
128
Diagramm 62: Anzahl der Pharmaziestudenten mit Naturwissenschaften als Leistungs-
kurs.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Nur ein Fünftel der Befragten belegte keinen naturwissenschaftlichen LK. Die am
häufigsten belegten Leistungskurse waren Chemie (35 Studenten, 41,2 %), Biolo-
gie (32 Studenten, 18,8 %) und Mathematik (28 Studenten, 33,0 %). Erst dann
folgen mit Englisch (22 Studenten, 25,9 %) und Deutsch (16 Studenten, 18,8 %)
die ersten nicht-naturwissenschaftlichen Fächer.
Ein ähnliches Ergebnis erzielt die Frage nach der Beliebtheit des Faches Chemie:
Diagramm 63: Beliebtheit des Faches Chemie bei den Pharmaziestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
129
Danach war für mehr als zwei Drittel der Befragten (57 Studenten, 67,1 %) Che-
mie ein beliebtes Schulfach. Für rund ein Drittel (26 Studenten, 30,6 %) gehörte
es sogar zu den leichten Fächern, für mehr als die Hälfte der Befragten (44 Stu-
denten, 51,8 %) hatte es eine durchschnittliche Schwierigkeit.
Diagramm 64: Subjektive Einschätzung des Schwierigkeitsgrads des Faches Chemie bei
den Pharmaziestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Dennoch belegte die deutliche Mehrheit von 62 Studenten (72,9 %) Chemie bis
zum Abitur – 35 Studenten, wie oben erwähnt, sogar als Leistungskurs.
Diagramm 65: Letzter Chemieunterricht der Pharmaziestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
130
Entsprechend fiel auch die Einschätzung nach den Schulleistungen in Chemie aus.
Niemand gab danach an, in Chemie „mangelhaft oder schlechter“ gewesen zu
sein. Die deutliche Mehrheit (47 Studenten, 55,3 %) brachte nach eigenen Ein-
schätzungen sogar sehr gut bis gute Leistungen, 32 Studenten (37,6 %) haben be-
friedigende Beurteilungen erhalten.
Diagramm 66: Einteilung der Medizinstudenten in die der Gesamtheit ihrer Chemie-
Zeugnisnoten entsprechenden Leistungsgruppe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Bei der Beurteilung der Wichtigkeit der Chemie für den persönlichen Alltag bzw.
die Wirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands gaben die Pharma-
ziestudenten folgende Einschätzungen ab:
Diagramm 67: Beurteilung der Chemie für den persönlichen Alltag durch die Pharmazie-
studenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
131
Diagramm 68: Beurteilung der Chemie für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwick-
lung Deutschlands durch die Biologie-Lehramtsstudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Danach halten gut zwei Drittel der Befragten (58 Studenten, 68,2 %) Chemie für
ihren persönlichen Alltag für wichtig, für die wirtschaftliche Entwicklung
Deutschlands sind es sogar über drei Viertel (67 Studenten, 78,8 %).
4.2.5.2 Fachlich
Die Pharmaziestudenten schnitten, wie den aufgeführten Daten in KAPITEL 4.2.5.1
entnehmbar ist, vergleichsweise gut ab. Die bei den neun Studenten ohne Chemie
in der Oberstufe auftretende große Streuung der erzielten Punkte ist auf die kleine
Anzahl der Studenten zurückzuführen.
Analyse
132
Diagramm 69: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Pharmaziestu-
denten ohne Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Die Aufgaben 4 (Elementsymbole) und 13 (Definition einer Oxidation) fielen sehr
gut aus, der Median liegt in beiden Fällen bei mehr als 10 Punkten. Mit den Fra-
gen 2 (Luftbestandteile) und 14 (Definition eines Ions) hatte keiner bzw. nur einer
der Befragten Probleme, was die Lage des jeweiligen Minimums bestätigt.
Schwierigkeiten hatten die Befragten hingegen bei den Aufgaben 7 (Verwen-
dungszwecke von Salzen), 9 (Namen von Kohlenwasserstoffen), 10 (Verwen-
dungszwecke von Kohlenwasserstoffen), 12 (Definition einer Säure), 15 (Defini-
tion einer Atombindung), 18 (MWG) und besonders bei Aufgabe 19 (Großtechni-
sche Verfahren), bei der niemand eine korrekte Antwort gab.
Die gute Leistung der Studenten mit Chemie in der Oberstufe bestätigt das fol-
gende Diagramm, in welchem gut erkennbar ist, dass der Median bei den meisten
Analyse
133
Aufgaben über der 5-Punkte-Marke liegt. Das heißt, dass bei diesen Aufgaben
jeweils mehr als 50 % der Befragten mehr als die Hälfte der maximal zehn er-
reichbaren Punkte erzielt haben. Wegen des extremen Ausreißers (43,2 Punkte) in
Aufgabe 6 (Namen von Laugen / Basen) ist der Höchstwert der y-Achse im Dia-
gramm sehr groß. In Folge dessen sind die einzelnen Boxen etwas gestaucht.
Diagramm 70: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Pharmaziestu-
denten mit Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Größere Probleme hatten die 76 Befragten nur bei den Aufgaben 18 (MWG) und
19 (Großtechnische Verfahren). Überraschenderweise wurden die deutlich meis-
ten Punkte bei Aufgabe 6 erzielt, bei welcher das 25%-Perzentil höher liegt als die
Maximalerte von nahezu allen anderen Aufgaben.
Analyse
134
Im Folgenden werden die erreichten Punktzahlen in Bezug auf die verschiedenen
Bereiche der Chemie dargestellt (vgl. dazu Tabelle 10 in KAPITEL 4.2.1.2). Aus
Vergleichbarkeitsgründen wurden auch hier die Punktzahlen auf 70 erreichbare
Punkte pro Bereich normiert. Insgesamt können also 210 Punkte erreicht werden.
:
Diagramm 71: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach den Bereichen der Chemie.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Auch bei den Pharmaziestudenten schnitten diejenigen, die Chemie in der Ober-
stufe belegt hatten, im Bereich Organische Chemie und Biochemie deutlich besser
ab, als ihre Kommilitonen ohne Chemie in den Jahrgangsstufen 11, 12 und 13.
Auch in den beiden anderen Bereichen sind Unterschiede, durchaus eindeutig aber
in wesentlich geringerem Ausmaß, zu erkennen. Die folgende Tabelle enthält die
wichtigsten Daten:
Analyse
135
Tab. 24: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie (m. = Studenten, mit
Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe). Angaben in
(gewichteten) Punkten.
Allgemeine Che-
mie und übergrei-
fende Aufgaben
Anorganische
Chemie
Organische
Chemie und
Biochemie
m. 42,7 52,3 35,3 Median
o. 27,2 39,8 10,2
m. 31,5 45,8 25,0 25%-Perzentil
o. 10,5 32,9 2,4
m. 49,2 58,7 43,7 75%-Perzentil
o. 30,3 47,6 14,3
m. 9,0 16,7 0 Minimum
o. 6,7 21,8 0
m. 79,2 68,6 62,5 Maximum
o. 43,1 51,0 18,8
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Eine ähnliche Analyse wird nun anhand spezifischer Inhalte des Fragebogens
durchgeführt (vgl. Tabelle 12 in KAPITEL 4.2.1.2). Mit den normierten Punktzah-
len ergibt sich hier für die Pharmaziestudenten folgendes Bild:
Analyse
136
Diagramm 72: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach spezifischen Inhalten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Im Bereich „Stoffgruppen“ schnitten die meisten der befragten Studenten mit
Chemie in der Oberstufe deutlich am besten ab. Nicht nur die extrem große Span-
ne zwischen 75%-Perzentil und Maximalwert, sondern auch der ungewöhnlich
hohe Median von 34 Punkten (zur Erinnerung: durch die Normierung der Punkt-
zahlen waren, ohne Berücksichtigung der Konstanten M i bzw. Mib und Ni, maxi-
mal 35 Punkte erreichbar) zeugen von einer sehr gute Bildung der Befragten auf
diesem Gebiet. Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Werte des Boxplot-
Diagramms:
Analyse
137
Tab. 25: Klassifikation der Aufgaben nach spezifischen Inhalten der Chemie (m. = Stu-
denten, mit Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe).
Angaben in Punkten.
1 2 3 4 5 6
m. 34,4 29,6 18,0 20,8 5,8 11,7 Median
o. 11,3 16,9 13,5 25,5 2,4 8,7
m. 28,3 25,7 12,0 16,0 2,5 4,7 25%-
Perzentil o. 1,6 10,3 5,3 14,2 0 2,2
m. 47,8 32,7 23,4 24,7 10,7 23,3 75%-
Perzentil o. 23,1 21,0 19,0 26,3 5,2 8,7
m. 0 5,7 1,7 6,4 0 0 Minimum
o. 0 6,4 1,5 11,1 0 0
m. 96,7 34,7 33,2 36,8 23,4 56,0 Maximum
o. 25,6 23,4 26,8 28,2 7,5 17,5
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Auch in dieser Gruppe haben die Pharmaziestudenten ohne Chemie in der Ober-
stufe in der vierten Kategorie „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“ besser
abgeschnitten als ihre Kommilitonen mit Chemie in der Oberstufe (in der Tabelle
fett hervorgehoben).
Analyse
138
4.2.5.3 Fazit
Unter Pharmaziestudenten ist Chemie unbestritten eines der beliebtesten Schulfä-
cher – das zeigen zumindest die Ergebnisse dieser Umfrage. Vier Fünftel (68 Stu-
denten) der befragten Pharmaziestudenten belegten in der Oberstufe mindestens
eine Naturwissenschaft als Leistungskurs, von denen Chemie am häufigsten ge-
wählt wurde (35 Studenten, 20,6 %). Außerdem war für mehr als zwei Drittel der
Befragten Chemie ein beliebtes Schulfach, welches für fast ein Drittel sogar zu
den leichteren Fächern gehörte und in welchem mehr als die Hälfte der Befragten
(47 Studenten, 55,3 %) durchweg sehr gute bis gute Beurteilungen erhielten. Und:
Nur neun Studenten (10,6 %) wählten Chemie nach der 10. Klasse ab, fast drei
Viertel (62 Studenten, 72,9 %) belegten es hingegen bis zum Abitur.
Schaut man sich diese beeindruckenden Werte an verwundert es nicht, dass die
Pharmaziestudenten bei der Befragung ein äußerst gutes Ergebnis ablieferten.
Durchaus gab es auch hier problematische Aufgaben – bei den Studenten ohne
Chemie in der Oberstufe waren es die Aufgaben 7 (Verwendungszwecke von Sal-
zen), 9 (Namen von Kohlenwasserstoffen), 10 (Verwendungszwecke von Koh-
lenwasserstoffen), 12 (Definition einer Säure), 15 (Definition einer Atombin-
dung), 18 (MWG) und besonders die Aufgabe 19 (Großtechnische Verfahren), bei
der zugehörigen Vergleichsgruppe beschränken sich die Probleme auf die Aufga-
ben 18 (MWG) und 19 (Großtechnische Verfahren) – der Großteil des Fragebo-
gens wurde aber von den meisten Befragten gut und ausführlich beantwortet. Die
problematischen Fragen wurden bereits in den vorangehenden Kapiteln jeweils im
Fazit behandelt. Auch der Bezug zum Hessischen G9-Lehrplan von 2003 wurde
dort hergestellt, so dass eine genauere Betrachtung an dieser Stelle entfällt.
Interessanter hingegen ist die Tatsache, dass besonders die Studenten mit Chemie
in der Oberstufe im Bereich Organische Chemie sehr gut abschnitten. Doch auch
die Studenten ohne Chemie in den Jahrgangsstufen 11, 12 und 13 erzielten hier
ein beachtliches Ergebnis. Immerhin erreichte die Hälfte der Befragten bei diesen,
hauptsächlich in der Oberstufe unterrichteten Themen, mehr als 10,2 Punkte (14,6
%). Die Anorganische Chemie ist hingegen auch bei den Pharmaziestudenten der
Analyse
139
Bereich, in welchem die Befragten die meisten Aufgaben lösen konnten. Die
Gründe hierfür wurden ebenfalls bereits erörtert.
Eine beeindruckende Leistung erbrachten die Pharmaziestudenten mit Chemie in
der Oberstufe in der Kategorie „Stoffgruppen“. Hier liegt der Median bei 34,4
Punkten – 35 Punkte waren maximal zu erreichen. Ein Viertel der Befragten er-
reicht sogar 47,8 Punkte. Wie ist das zu erklären? Zum Bereich Stoffgruppen ge-
hören die Aufgaben 5 (Namen von Säuren), 6 (Namen von Laugen / Basen) und 9
(Namen von Kohlenwasserstoffen). Bei jeder dieser Aufgaben handelt es sich um
eine offen formulierte Aufgabe, bei der eine bestimmte Anzahl an Nennungen
zwar durchaus erwartet, aber nicht vorgegeben wurde. Jede korrekte Nennung
wurde bewertet. Durch das Nennen von zahlreichen korrekten Antworten konnten
also auch zahlreiche Punkte erreicht werden (vgl. KAPITEL 1.2), und von dieser
Möglichkeit machten die Pharmaziestudenten reichlich Gebrauch. Auch in dem
Bereich „Elementsymbole, Formeln, Reaktionsgleichungen“ ist das Ergebnis her-
vorragend, der Median liegt bei fast 30 Punkten.
Die Studenten ohne Chemie in der Oberstufe erreichten, außer in den Kategorien
„Angewandte Chemie, Technologie“ und „Geschichte der Chemie“, ebenfalls ein
gutes Ergebnis. Besonders im Bereich „Allgemeine Probleme, Chemie des All-
tags“ – der beste Bereich dieser Befragungsgruppe – liegen die Werte für Median,
75%-Perzentil und Maximum über den Werten für die Gruppe mit Chemie nach
der 10. Klasse.
4.2.6 Evangelische Theologie
4.2.6.1 Allgemein
Bei der befragten Vergleichsgruppe handelt es sich um Erstsemesterstudenten der
Evangelischen Theologie (kirchliches Examen und Lehramt). Hier wurden 38
Studentinnen (67,9 %) und 18 Studenten befragt. Von diesen insgesamt 56 Stu-
denten machten 32 (57,1 %) ihr Abitur im Jahr 2008, 17 (30,4 %) legten es 2007
Analyse
140
ab. Die meisten Studenten kommen aus Hessen (26 Studenten, 46,4 %), es folgen
Niedersachsen (12 Studenten, 21,4 %) und Nordrhein-Westfalen (5 Studenten, 8,9
%).
Diagramm 73: Herkunft der befragten Theologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Bei der Befragung selbst schlossen die Theologiestudenten folgendermaßen ab:
Durch die Normierung der Punktzahlen sowie die Berücksichtigung des jeweili-
gen Schwierigkeitsgrads pro Aufgabe waren maximal 210 Punkte zu erreichen. Im
Schnitt erreichte jeder Theologie-Student 57,9 Punkte (27,6 % d. G.). Die maxi-
mal erzielte Punktzahl liegt bei 127,5 Punkten (60,7 % d. G.), das Minimum bei
9,49 Punkten (4,5 % d. G.). Die Gesamtheit der erreichten Punkte verteilt sich wie
folgt:
Analyse
141
Diagramm 74: Punkteverteilung der befragten Theologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Dieses Boxplot-Diagramm zeigt, dass die Theologiestudenten, die Chemie in der
Oberstufe belegt haben, ein etwas besseres Ergebnis erzielt haben als die Studen-
ten, die Chemie spätestens nach der 10. Klasse abgewählt haben, auch wenn der
Unterschied äußerst gering ist. Der Median liegt bei den Studenten ohne Chemie
in der Oberstufe bei 45,7 Punkten (21,8 % d. G.), bei der Vergleichsgruppe liegt
er bei 59,2 Punkten (28,2 % d. G.). Drei der vier Studenten, die Chemie in der
Oberstufe belegt haben und eine als „Ausreißer“ zu bezeichnende Leistung brach-
ten (die Kreise sind in der Grafik zum Teil überdeckt), belegten jeweils zwei Na-
turwissenschaften in der Oberstufe als Leistungskurs – eine davon war Chemie.
Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Daten:
Analyse
142
Tab. 26: Daten für Theologiestudenten.
Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe
Studenten mit Chemie in
der Oberstufe
Median 45,7 (21,8 %) 59,2 (28,2 %)
25%-Perzentil 38,8 (18,5 %) 43,7 (20,8 %)
75%-Perzentil 63,2 (30,1 %) 72,2 (34,4 %)
Minimum 17,6 (8,4 %) 9,5 (4,5 %)
Maximum 75,0 (35,7 %) 127,5 (60, 7 %)
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Das folgende Diagramm zeigt jedoch, dass Studenten mit dieser Leistungskurs-
konstellation in der evangelischen Theologie eher selten anzutreffen sind:
Diagramm 75: Anzahl der Studenten mit Naturwissenschaften als Leistungskurs
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
34 (60,7 %) der befragten Theologiestudenten belegten demnach keine einzige
Naturwissenschaft (Chemie, Biologie, Physik, Mathematik) als Leistungskurs.
Analyse
143
Nur 28,5 % belegten eine, 10,7 % sogar zwei. Biologie und Mathematik waren
dabei die Naturwissenschaften, die am häufigsten gewählt wurde (12 bzw. 11 Stu-
denten, 21,4 % bzw. 19,6 %). Einen Chemie-Leistungskurs belegten nur drei Stu-
denten (5,4 %), Physik wurde sogar nur von zwei Theologiestudenten (3,6 %)
gewählt. Bei der Beliebtheit des Schulfaches Chemie sieht es ähnlich aus: Für
mehr als die Hälfte der Studenten war Chemie ein unbeliebtes Fach.
Diagramm 76: Beliebtheit des Faches Chemie bei den Theologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Nur bei rund einem Fünftel gehörte Chemie zu den beliebten Fächern. Ähnliches
gilt für die geforderte Einschätzung des Schwierigkeitsgrads.
Diagramm 77: Subjektive Einschätzung des Schwierigkeitsgrads des Faches Chemie bei
den Theologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
144
Danach empfanden nur vier Studenten (7,1 %) Chemie in der Schule als leicht, für
fast die Hälfte (27 Studenten, 48,2 %) zählte es sogar zu den schwierigen Fächern
– vermutlich ein Grund, warum viele Schüler (38 Studenten, 67,8 %) spätestens
nach der 11. Jahrgangsstufe Chemie abwählten.
Diagramm 78: Letzter Chemieunterricht der Theologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Nur gut ein Drittel (18 Studenten, 32,2 %) der späteren Theologiestudenten beleg-
te Chemie auch in der Jahrgangsstufe 12, nur zehn (17,9 %) behielten das Fach bis
zum Abitur. Die Beurteilungen, welche die Theologiestudenten in ihrer Schul-
laufbahn in Chemie erhielten, schätzten sie folgendermaßen ein. Sie unterstrei-
chen die obigen Ergebnisse eindrucksvoll.
Diagramm 79: Einteilung der Theologiestudenten in die der Gesamtheit ihrer Chemie-
Zeugnisnoten entsprechenden Leistungsgruppe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
145
Mehr als ein Viertel der Befragten (28,6 %) gibt an, in der Schule durchschnittlich
nicht besser als „ausreichend“ gewesen zu sein. Sehr gute und gute Leistungen
erbrachten nach eigenen Einschätzungen gut ein Fünftel (19,6 %).
Das Ergebnis der Fragen fünf und sechs des A-Teils aus („Wie beurteilen Sie die
Bedeutung der Chemie und Ihrer Forschungsergebnisse / Produkte für Ihren All-
tag“ bzw. „für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwicklung Deutsch-
lands?“) fiel folgendermaßen aus:
Diagramm 80: Beurteilung der Chemie für den persönlichen Alltag durch die Theologie-
studenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Diagramm 81: Beurteilung der Chemie für die Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwick-
lung Deutschlands durch die Theologiestudenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
146
Nur 55,4 % beurteilen die Chemie trotz des enormen Alltagsbezug und der Allge-
genwärtigkeit danach als „wichtig“ für ihren Alltag. Für die wirtschaftliche Ent-
wicklung Deutschlands halten 75 % die Chemie als bedeutend.
4.2.6.2 Fachlich
Die Studenten der Evangelischen Theologie bewiesen bei dieser Umfrage, dass
ihre Stärken nicht in der Chemie liegen. Mit den meisten Aufgaben hatte der
Großteil der befragten Studenten enorme Probleme.
Diagramm 82: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Theologiestu-
denten mit Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Analyse
147
In der Vergleichsgruppe fällt das Ergebnis nur geringfügig besser aus. Die zahl-
reichen positiven Ausreißer zeigen jedoch, dass einigen Theologiestudenten die
Beantwortung mancher Fragen weniger Schwierigkeiten bereitete.
Diagramm 83: Abschneiden der einzelnen Aufgaben. Befragte Gruppe: Theologiestu-
denten mit Chemie in der Oberstufe.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008, Studentenbefragung).
Bei dieser Befragungsgruppe wurde jede Aufgabe von wenigstens einem Studen-
ten korrekt beantwortet – selbst Aufgabe 18 (MWG) gab ein Student eine gänzlich
richtige Lösung an. Das hat es bei den anderen Fachbereichen nicht gegeben.
Im Folgenden werden die Fragen anhand der drei Bereiche der Chemie ausgewer-
tet. Aus Vergleichbarkeitsgründen mussten auch hier die Punktzahlen auf 70 er-
reichbare Punkte pro Bereich normiert werden. Insgesamt können also wieder 210
Punkte erreicht werden.
Analyse
148
Bei diesen Aufgaben schnitten die befragten Theologiestudenten wie folgt ab:
Diagramm 84: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach den Bereichen der Chemie.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
An diesem Boxplot-Diagramm ist deutlich zu erkennen, dass bei beiden Studen-
tengruppen die meisten Punkte im Bereich „Anorganische Chemie“ erreicht wur-
den. Im Bereich „Organische Chemie“ schnitten die Befragten – besonders die
Studenten, die in der Oberstufe Chemie nicht belegt hatten – hingegen schlecht
ab. Bis auf wenige Ausreißer erreichten aber auch die Studenten der Vergleichs-
gruppe in diesem Bereich nur wenige Punkte, der Median liegt bei 5,0 Punkten.
Die folgende Tabelle verdeutlicht die Punkteverteilung:
Analyse
149
Tab. 27: Klassifikation der Aufgaben nach Bereichen der Chemie (m. = Studenten, mit
Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe). Angaben in
(gewichteten) Punkten.
Allgemeine Che-
mie und übergrei-
fende Aufgaben
Anorganische
Chemie
Organische
Chemie und
Biochemie
m. 15,46 39,8 5,0 Median
o. 12,4 33,2 4,7
m. 10,9 29,9 0 25%-Perzentil
o. 9,1 21,1 0
m. 20,1 44,9 12,5 75%-Perzentil
o. 22,3 40,1 4,7
m. 1,3 10,2 0 Minimum
o. 1,5 12,9 0
m. 38,4 61,7 40,5 Maximum
o. 24,1 45,2 7,6
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Diagramm 84 und Tabelle 27 zeigen, dass die Theologiestudenten vor allem in
den die Anorganische Chemie betreffenden Aufgaben Punkte sammelten. Große
Lücken hingegen weisen sie in der Organischen Chemie auf.
Um die Wissenslücken der befragten Studenten noch genauer auszumachen, wer-
den die Fragen nun anhand einiger fachspezifischer Inhalte ausgewertet. Das Er-
gebnis stellt sich wie folgt dar:
Analyse
150
Diagramm 85: Erreichte Punktzahlen, aufgeteilt nach spezifischen Inhalten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Auffällig ist, dass im Fragenbereich „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“
in beiden Gruppen die meisten Punkte erreicht wurden. Die Studenten mit Chemie
in der Oberstufe konnten vor allem im Bereich „Elementsymbole, Formeln, Reak-
tionsgleichungen“ viele richtige Antworten geben.
Die folgende Tabelle fasst abschließend die wichtigsten Werte des Boxplot-
Diagramms zusammen:
Analyse
151
Tab. 28: Klassifikation der Aufgaben nach spezifischen Inhalten der Chemie (m. = Stu-
denten, mit Chemie in der Oberstufe; o. = Studenten, ohne Chemie in der Oberstufe).
Angaben in (gewichteten) Punkten.
1 2 3 4 5 6
m. 9,9 15,4 7,4 16,0 2,5 0 Median
o. 6,4 9,5 5,8 18,9 2,4 0
m. 5,2 10,4 3,2 10,3 0 0 25%-
Perzentil o. 3,2 4,7 0,7 15,2 0 0
m. 13,0 19,3 11,9 22,0 7,5 7,0 75%-
Perzentil o. 14,5 11,1 9,2 23,0 7,5 4,4
m. 0 2,1 0 1,3 0 0 Minimum
o. 0 0,9 0 14,5 0 0
m. 25,8 32,0 24,1 32,9 21,5 32,7 Maximum
o. 20,9 15,7 11,7 36,8 10,0 13,1
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
4.2.6.3 Fazit
34 (60,7 %) der befragten Theologiestudenten belegten zu Schulzeiten keine ein-
zige Naturwissenschaft (Chemie, Biologie, Physik, Mathematik) als Leistungs-
kurs. Die am häufigsten gewählten Fächer waren Deutsch (28 Studenten, 50,0 %),
Englisch (18 Studenten, 32,1 %) und Geschichte (14 Studenten, 25,0 %). Erst
dann folgt mit Biologie die erste Naturwissenschaft (12 Studenten, 21,4 %). Ma-
thematik wählten immerhin noch 11 Studenten (19,6 %), Chemie wurde jedoch
Analyse
152
nur noch von drei Studenten (5,4 %) als LK belegt, in einem Physik-
Leistungskurs saßen sogar nur zwei der späteren Theologiestudenten (3,6 %).
Das Ergebnis für die Theologiestudenten ohne Chemie in der Oberstufe ist ver-
heerend. Bei 13 der 21 Aufgaben liegt der Median bei jeweils null Punkten, bei
den Aufgaben 9 (Namen von Kohlenwasserstoffen), 10 (Verwendungszwecke von
Kohlenwasserstoffen), 18 (MWG) und 19 (Großtechnische Verfahren) gab sogar
keiner der Befragten überhaupt eine Antwort. Gleiches gilt für die Aufgaben 11
(Formeln von organischen Stoffen), 15 (Definition einer Atombindung) und 16
(Avogadro-Zahl), bei denen jeweils nur ein bzw. zwei Studenten eine Antwort
wussten. Auch fehlt den Theologiestudenten das eigentlich grundlegende Ver-
ständnis einer Atombindung. 47 der 56 Befragten (83,9 %) gaben hier keine Ant-
wort. Ebenfalls große Lücken ergaben sich beim Aufstellen der Reaktionsglei-
chung in Aufgabe 17 und der Nennung einiger großtechnischer Verfahren in Auf-
gabe 19. Punkten konnten die Theologiestudenten hingegen bei Aufgabe 13
(„Was verstehen Sie unter einer Oxidation?“). 50 % gaben hier eine „Umsetzung
mit Sauerstoff an“ und erhielten so immerhin acht der zehn möglichen Punkte.
Die Frage nach anorganischen Stoffformeln (Aufgabe 8) wurde von 80,9 % zu-
mindest halb beantwortet, wobei auffiel, dass die Summenformel der vier einfa-
cheren Verbindungen Wasser, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid und Natriumchlo-
rid in der Regel richtig notiert wurden. Bei den komplexeren Verbindungen Natri-
umphosphat, Calciumcarbonat, Ammoniak und Kupfersulfat hatten hingegen alle
Befragten große Probleme.
Es wäre müßig an dieser Stelle anhand des hessischen G9-Lehrplans zu begrün-
den, welche Fragen die Studenten eigentlich hätten beantworten können sollen.
Zum einen wurde die Lehrplanrelevanz vieler Aufgaben bereits in den vorherge-
henden Kapiteln diskutiert, zum anderen änderte eine solche Auflistung nichts an
dem wenig überraschenden Fazit: Theologiestudenten hatten zu Schulzeiten, das
belegen die in KAPITEL 4.2.6.1 aufgeführten Ergebnisse des A- und C-Teils des
Fragebogens eindringlich, ein gesteigertes Interesse an geisteswissenschaftlichen
Fächern und Sprachen. Naturwissenschaften, insbesondere Chemie, standen bei
fast allen stets hinten an.
Analyse
153
„Kompetenz ist – in griffiger Kurzform – der Dreiklang aus: Wollen
und Können und Wissen.“59
Anders gesagt: Kein Interesse, keine Leistung, kein Wissen. Aber: Muss ein
Theologiestudent über ein großes chemisches Wissen verfügen? Sicher nicht. Er
sollte in Alltagssituationen zurechtkommen und sich, wie es der Lehrplan vorgibt,
Alltagsphänomene erklären können. Und genau das können die meisten der durch
diese Untersuchung erfassten Theologiestudenten. In beiden Befragungsgruppen
wurden im Bereich „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“ deutlich die
meisten Punkte erreicht. Konnte der Chemieunterricht diese Studenten auch nicht
besonders begeistern, so hat er wenigstens Alltagsphänomene erklären können –
und die Schüler von damals beherrschen einen Großteil der dazu notwendigen
Chemie bis heute.
4.3 Vergleich der Gruppen
In diesem Kapitel sollen die Ergebnisse der einzelnen Gruppen miteinander ver-
glichen werden. Dazu werden zunächst einige allgemeine Informationen heraus-
gearbeitet. Danach wird untersucht, wie die Fachbereiche in den drei Gebieten der
Chemie und den spezifischen Unterrichtsinhalten abgeschnitten haben. Abschlie-
ßend werden Gründe für diese Ergebnisse gesucht und Zusammenhänge zwischen
verschiedenen Variablen errechnet.
4.3.1 Allgemeines
Im Rahmen dieser Wissenschaftlichen Hausarbeit wurden in der ersten Woche des
Wintersemesters insgesamt 676 Erstsemesterstudenten unterschiedlicher Fachbe-
reiche befragt – 638 beantwortete Fragebögen gingen am Ende in die Auswertung
59 Miller: G8/G9 – eine schräge Debatte, Teil 5. (http://www.bildungswirt.de/2008/06/08/49)
Analyse
154
der Befragung mit ein. Diese 417 weiblichen und 221 männlichen Studenten
(Verhältnis von 65:35) gehören nicht nur sechs unterschiedlichen Studienrichtun-
gen an, sondern kamen zu ihrem Studium auch aus ganz Deutschland und z. T.
auch aus dem Ausland nach Marburg. Zusätzlich unterscheiden sich die Abitur-
jahrgänge der Befragten extrem, was die folgenden Tabellen und Diagramme be-
legen.
Diagramm 86: Herkunft der 638 befragten Studenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Auffällig ist, dass fast ein Drittel der Befragten (196 Studenten, 29,2 %) ihr Abitur
in Hessen gemacht haben.
„Einen zentralen Stellenwert nimmt aber auch nach wie vor die Nähe
der Hochschule zum Heimatort ein. Zwei von drei Erstimmatrikulier-
Analyse
155
ten richten ihre Hochschulwahl auch nach diesem Aspekt und für
18 % ist er sogar entscheidend.“60
Mit 144 Studenten (22,1 %) kommen außerdem sehr viele Studenten aus dem be-
nachbarten Nordrhein-Westfalen in die mittelhessische Universitätsstadt, was si-
cherlich genauso wie der hohe Zulauf aus Niedersachsen und Baden-Württemberg
auf die dort erhobenen (Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen: WS 2006/2007,
Baden-Württemberg: SS 2007) und seit dem für diese Arbeit relevanten Winter-
semester 2008/2009 in Hessen wieder abgeschafften Studiengebühren zurückzu-
führen ist.61
„Keine Studiengebühren zahlen zu müssen, war für ein knappes Drit-
tel ein (sehr) wichtiges Wahlmotiv […]; für 7 Prozent der Erstsemes-
ter ist es sogar das letztlich ausschlaggebende […].“62
Ähnliches gilt – neben der teilweise ungünstigen geografischen Lage – für die
niedrigen Studentenzahlen aus Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-
Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Schleswig-Holstein
und Thüringen – auch in diesen Bundesländern mussten Studenten im Winterse-
mester 2008/2009 keine Studiengebühren bezahlen.63
60 HIS-Pressemitteilung vom 31. Oktober 2008 in
http://www.his.de/presse/news/ganze_pm?pm_nr=388 61 Diese Argumentation gilt nicht für die Biologie-Lehramtsstudenten, da diese zum Zeitpunkt der
Befragung bereits im 3. Fachsemester waren. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine kleine Gruppe von 35 Studenten, also rund 5,5 % aller Befragten.
62 HIS-Pressemitteilung vom 31. Oktober 2008 in http://www.his.de/presse/news/ganze_pm?pm_nr=388
63 vgl. Iost (2008), in http://www.studis-online.de/StudInfo/Gebuehren/
Analyse
156
Diagramm 87: Abiturjahrgänge der 638 befragten Studenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Vielfalt der Abiturjahrgänge unter den Erstsemesterstudenten ist recht hoch.
Eine eindeutige Begründung dafür kann an dieser Stelle nicht geliefert werden, da
die Gründe für einen verspäteten Einstieg in das Studium vielfältig sind: Wehr-
und Zivildienst, Wechsel des Studiengangs, Ansammeln von Wartesemestern aber
auch das Erwerben der allgemeinen Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg
begründen ein verspäteten Studienbeginn. So haben bspw. 42 der 638 Studenten
(6,6 %) ihr Abitur nicht auf dem ersten Bildungsweg erworben.
Analyse
157
4.3.2 Punkteverteilung
4.3.2.1 Übersicht
Im Folgenden sollen die von den einzelnen Studentengruppen erzielten Leistun-
gen miteinander verglichen werden. Die Unterscheidung zwischen Studenten mit
und Studenten ohne Chemie in der Oberstufe, welche in den einzelnen Kapiteln
vorgenommen wurde, wird dabei nicht mehr getroffen. Hierzu gibt es zwei Grün-
de: Zum einen ist der Aufwand einer solchen Unterscheidung um ein Vielfaches
höher und im Rahmen der für die vorliegende Arbeit gegebenen Zeit nicht zu be-
wältigen, zum anderen wurde diese Unterscheidung bereits getroffen. Die Ergeb-
nisse können in KAPITEL 4.2 genau studiert werden. Die dort getroffenen Schluss-
folgerungen für die einzelnen Fachrichtungen ähneln sich sehr. Aus diesem Grund
wird im Folgenden nur noch im Ausnahmefall zwischen den beiden Studenten-
gruppen mit und ohne Chemie in der Oberstufe unterschieden.
Das folgende Boxplot-Diagramm zeigt und vergleicht die Leistungen, welche die
Studenten der einzelnen Fachrichtungen bei der Befragung erzielt haben:
Analyse
158
Diagramm 88: Abiturjahrgänge der 638 befragten Studenten.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die 638 befragten Studenten lassen sich leistungsmäßig offenbar in drei Gruppen
einteilen. Zur ersten Gruppe gehören die Fachrichtungen Pharmazie und Human-
biologie, die bei dieser Erhebung das deutlich beste Ergebnis erzielt haben. Grup-
pe zwei besteht aus den Fachrichtungen Biologie (B. Sc.), Biologie Lehramt so-
wie Medizin. Diese Studenten lieferten ein durchschnittliches, recht durchwach-
senes Ergebnis ab. Die dritte Gruppe besteht aus dem Fachbereich Evangelische
Theologie, der zumindest von der Punkteverteilung ausgehend weit hinter den
übrigen Bereichen zurückliegt. Die folgende Tabelle – ausnahmsweise beginnend
mit dem Mittelwert – enthält die wichtigsten Daten des obigen Diagramms und
begründet damit die hier vorgenommene Einteilung. Um innerhalb der Gruppen
besser vergleichen zu können, wurde der Fachbereich Pharmazie als zweites auf-
geführt. Die Anordnung der Studienfächer innerhalb der Tabelle entspricht damit
nicht mehr gänzlich der Anordnung im Diagramm 88.
Analyse
159
Tab. 29: Einteilung der Studiengänge in drei Gruppen in Abhängigkeit der Lage von Me-
dianen und Perzentilen.
Gruppe 1 Gruppe 2
Gruppe
3
Hum
an-
biol
ogie
Pha
rmaz
ie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Ev.
The
olog
ie
Mittelwert 118,7 120,8 82,5 79,9 90,1 57,9
Median 120,2 124,5 77,3 77,9 88,8 57,8
25%-Perzentil 91,8 97,0 56,9 62,3 16,5 42,4
75%-Perzentil 146,1 145,4 105,3 89,2 109,7 71,1
Minimum 37,3 27,4 12,7 20,6 16,5 9,5
Maximum 192,3 206,1 167,4 147,2 183,0 127,5
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Studenten der Fachrichtungen Humanbiologie und Pharmazie (die Studien-
richtungen in der Gruppe 1) schnitten bei der Befragung deutlich am besten ab.
Die Studenten der Biologie (B. Sc.), Biologie-Lehramt und Medizin (Gruppe 2)
erreichten durchschnittliches Ergebnis, hinter dem die dritte Gruppe, die Studen-
ten der Evangelischen Theologie, jedoch deutlich zurück liegt.
Die Begründungen für das gute Ergebnis der Humanbiologen liegt nah: Human-
biologie ist ein aufnahmebeschränkter Studiengang mit sehr niedrigem Numerus
Clausus. Humanbiologie studieren somit nur die Besten eines Abiturjahrgangs,
die es sich eben wegen des niedrigen NC nicht leisten können, in einem Fach, also
auch in Chemie, „nur“ durchschnittliche Leistungen zu erbringen. Dieses Argu-
ment gilt jedoch auch für die Medizin- und Pharmaziestudenten. Auch hier be-
Analyse
160
schränkt ein NC die Aufnahme von Studenten, so dass auch Medizin und Pharma-
zie nur sehr gute Abiturienten studieren dürfen – wenn noch keine Wartesemester
angesammelt wurden, was in dieser Betrachtung jedoch auf Grund der Tatsache,
dass über 70 % der Medizin- und sogar über 85 % der Pharmaziestudenten im
Jahr 2007 oder 2008 ihr Abitur machten, vernachlässigt wird. Trotz des niedrigen
NCs erzielten zumindest die Medizinstudenten ein eher durchschnittliches Ergeb-
nis – das Ergebnis der Pharmaziestudenten ähnelt dem der Humanbiologiestuden-
ten sehr. Es muss also noch einen weiteren Grund für die enorm gute Leistung der
Humanbiologiestudenten geben – und der heißt „Interesse an Naturwissenschaften
und am Fach Chemie“ (vgl. Diagramme 9 und 10 in KAPITEL 4.2.1.1 sowie Dia-
gramme 49 und 50 in KAPITEL 4.2.4.1). Danach war für 42,9 % der Humanbiolo-
giestudenten Chemie ein beliebtes Fach, unbeliebt war es für nur 28,6 % der Be-
fragten. Bei Medizinern war Chemie eher unbeliebt: 42,2 % gingen nicht gerne in
den Chemieunterricht, der bei nur 36 % beliebt war. Auch die Chemie-
Leistungskurs-Dichte ist bei den Humanbiologiestudenten leicht höher: 10,2 %
belegten einen Chemie-LK, bei den Medizinstudenten waren es nur 7,7 %, womit
insgesamt auch das durchschnittliche Ergebnis der Medizinstudenten erklärt ist.
Bei der Beantwortung der Fragen paarte sich offenbar das naturwissenschaftlich-
chemische Interesse der Humanbiologiestudenten mit den guten schulischen Leis-
tungen, was zu dem insgesamt sehr guten Ergebnis führte. Bei den Medizinstu-
denten fehlte es hingegen am nötigen Interesse für das Fach.
Für das sehr gute Ergebnis der Pharmaziestudenten, welches mit dem Ergebnis
der Humanbiologiestudenten nahezu identisch ist – Median und Mittelwert liegen
bei den Pharmaziestudenten sogar noch ein wenig höher – sind ebenfalls mehrere
Gründe verantwortlich. Zum einen ist Pharmazie auch ein aufnahmebeschränkter
Studiengang – der NC lag im Wintersemester 2008/2009 zwischen 1,1 und 1,9
und damit vergleichsweise niedrig. Und auch hier gilt: Das Interesse am Fach
Chemie ist bei den Pharmaziestudenten extrem groß. Für nur rund jeden Sechsten
(17,6 %) war Chemie ein unbeliebtes Schulfach. 41,2 % der 85 befragten Studen-
ten belegten Chemie sogar als Leistungskurs, weitere 31,7 % als Grundkurs. Die
Bedeutung der Chemie im Pharmazie-Studiengang wurde bereits in KAPITEL
4.2.5.1 erläutert – und offenbar war den Studenten diese Bedeutung schon zu
Schulzeiten bewusst. Anders formuliert: Abiturienten, denen Chemie in der Schu-
Analyse
161
le Spaß gemacht hat, wählen häufig ein Pharmaziestudium, bei dem auch für Lai-
en die chemische Bedeutung für die Ausbildung wesentlich evidenter erscheint,
als bspw. bei einem Medizinstudium.
Sehr viel schlechter hingegen fällt das Ergebnis der Biologiestudenten (B. Sc.)
sowie der Biologie-Lehramtsstudenten aus. Auch hier sind die Resultate gut mit-
einander vergleichbar, die Mediane liegen auf dem gleichen Niveau. Der Inter-
quartilabstand ist bei den Lehramtstudenten hingegen weniger ausgeprägt, was auf
die geringere Anzahl von Studenten (130 Biologiestudenten (B. Sc.) gegenüber 35
Lehramtsstudenten) zurückzuführen ist. Das eher unerfreuliche Gesamtergebnis
beider Gruppen könnte auf das relativ geringe Interesse an Chemie zurückzufüh-
ren sein: Zwar gehörte für immerhin 41,5 % der befragten Bachelorstudenten
Chemie zu den beliebten Fächern, bei den Lehramtsstudenten waren es hingegen
gerade einmal 22,9 %. In beiden Gruppen behielt nur gut ein Drittel Chemie bis
zum Abitur, einen Chemie-Leistungskurs belegten allerdings nur sehr wenige (elf
Bachelor- und ein Lehramtsstudent, d.h. 8,5 % bzw. 2,9 %) – die Biologie-LK-
Dichte ist mit 65,4 % unter den Bachelor- und 68,6 % unter den Lehramtsstuden-
ten deutlich höher.
Die Studierenden der Evangelischen Theologie erzielten im Vergleich zu den an-
deren Gruppen das schlechteste Ergebnis. Bedenkt man jedoch, dass die meisten
Theologie-Studenten weder großes Interesse am Fach Chemie hatten, noch dass es
bei ihnen übermäßig beliebt gewesen ist – das war es nämlich nur für jeden Fünf-
ten – und dass nur 17,9 % Chemie überhaupt bis zum Abitur belegten, ist das Er-
gebnis wenig überraschend. Allerdings ist ein großes Wissen in Chemie für einen
Theologiestudenten auch sicherlich von sehr geringer Relevanz. Das Ergebnis
dieser Befragung zeigt jedoch deutlich: Die Theologiestudenten hatten in der
Schule kein großes Interesse am Fach Chemie. Für den Großteil (57,1 %) war es
unbeliebt, die meisten wählten es spätestens nach der Jahrgangsstufe 11 oder so-
gar schon früher ab (67,8 %). Entsprechend fiel die Wahl dieser Abiturienten auch
auf einen nicht naturwissenschaftlichen Studiengang. Die zu Beginn der Arbeit
aufgestellte These, dass Abiturienten mit einem geringen naturwissenschaftlichen
Interesse später auch kein naturwissenschaftliches Fach studieren, wurde damit
Analyse
162
bestätigt, zumal das Interesse für Naturwissenschaften der anderen im Rahmen
dieser Arbeit befragten Studenten wesentlich größer war.
Um zu untersuchen, ob die von den Studenten erbrachten Leistungen innerhalb
ihrer jeweiligen Gruppe normalverteilt sind, oder ob außergewöhnliche Häufun-
gen im oberen oder unteren Punktebereich auftreten, werden die folgenden
Histogramme betrachtet:
Diagramm 89: Punkte- und Normalverteilung der einzelnen Studiengänge.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die einzelnen Balken geben an, wie oft eine bestimmte Punktzahl bei den befrag-
ten Studenten erzielt wurde. Die schwarze Kurve zeigt eine Normalverteilung,
eine theoretisch hergeleitete Verteilungsform, an, welche den gleichen Mittelwert
und die gleiche Standardabweichung wie die Variable hat. Sie zeigt, wie die Wer-
te verteilt sein müssten, wenn sie normalverteilt wären. Je größer also die Abwei-
chung der Balken von dieser Kurve ist, desto weniger normalverteilt ist die ent-
Analyse
163
sprechende Variable. Es genügt jedoch nicht, nur anhand der obigen Diagramme
zu entscheiden, ob die erreichten Punkte eines Fachbereichs normalverteilt sind.
Dazu sind statistische Tests nötig. Um dies beurteilen zu können, wurde der Sha-
piro-Wilk-Test durchgeführt. Dieser lieferte für die einzelnen Studiengänge die
folgenden Werte (bei einer perfekten Normalverteilung ergibt der Shapiro-Wilk-
Test eine Signifikanz von 100 %):
Tab. 30: Ergebnisse des Shapiro-Wilk-Tests.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Signifikanz 77 % 39 % 44 % 44 % 84 % 17 %
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Ergebnisse der Fachbereiche Humanbiologie und Pharmazie, also nach obiger
Einteilung die Studenten der Gruppe 1, sind danach in der Grundgesamtheit recht
gut normalverteilt. Die Gruppe 2, also die Studiengänge Biologie (B. Sc.), Biolo-
gie Lehramt und Medizin, weichen von einer Normalverteilung schon recht signi-
fikant ab, und der Studiengang Evangelische Theologie, die dritte Gruppe, ist nur
noch zu 17 % normalverteilt.
Wie sind diese Ergebnisse zu erklären? Zunächst fällt bei der Betrachtung der
Histogramme mit Normalverteilung die unterschiedliche Lage der Maxima, also
der Mittelwerte der Verteilungen auf (vgl. dazu Tabelle 29). Die Studiengänge
Humanbiologie und Pharmazie weisen danach die beiden größten Mittelwerte auf
(118,7 bzw. 120,8 Punkte). Zusätzlich sind die Ergebnisse der Studierenden recht
normalverteilt. Das bedeutet also, dass die Studierenden dieser Studiengänge sich
in ihren Leistungen nicht übermäßig unterscheiden, das Leistungsniveau also ei-
ner Gauß-Verteilung entspricht: Es gab bei der Befragung sowohl Studenten, die
ein sehr gutes Ergebnis erzielt haben, als auch Studenten, die nur wenige Punkte
bekamen. Dennoch bleibt das Niveau durch den sehr großen Mittelwert sehr hoch.
Analyse
164
Das Wissen der Humanbiologie- und Pharmaziestudenten ist also nicht nur sehr
groß, die Anzahl an sehr guten und weniger guten Studenten ist sogar fast nor-
malverteilt.
In der Gruppe 2 verhält es sich etwas anders. Einerseits sind die Mittelwerte deut-
lich niedriger als in der Gruppe 1 (Biologie (B. Sc.): 82,5 Punkte, Biologie Lehr-
amt: 79,9 Punkte, Medizin: 90,1 Punkte). Zum anderen weichen die Ergebnisse
von einer Normalverteilung ab. Stellt sich also die Frage, ob die Resultate nach
oben oder nach unten abweichen, d.h. ob es übermäßig viele Studenten gibt, die
über oder unter dem Mittelwert der erreichten Punkte liegen. Entsprechendes gilt
für die Studenten der Evangelischen Theologie. Hier weicht die Variable noch
deutliche von der zugehörigen Normalverteilung ab.
Diese Frage nach der Richtung der Abweichung beantwortet, neben der optischen
Analyse der Histogramme, die Schiefe bzw. die Symmetrie und die Steilheit (Kur-
tosis) der Verteilung.
Tab. 31: Schiefe und Kurtosis.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Schiefe - 0,154 0,412 0, 499 0,340 - 0,216 0,737
Kurtosis - 0,555 - 0,321 0, 695 0,003 - 0,209 0,806
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Allgemein gilt für die Schiefe und die Kurtosis: Ein positiver Wert der Schiefe
bedeutet, dass die Verteilung bei den hohen Werten stärker streut als bei den nied-
rigen, niedrige Werte also häufiger vorkommen als hohe; bei einem negativen
Wert ist es genau umgekehrt. Bei der Kurtosis ist es ähnlich. Sie misst die Steil-
heit der Wölbung im Vergleich zur Normalverteilung. Ein positiver Wert zeigt an,
dass die Werteverteilung steiler ist als die der Normalverteilung, bei einem nega-
tiven Wert ist die Verteilung entsprechend flacher.
Analyse
165
Die in Tabelle 31 aufgeführten Ergebnisse zeigen also, dass die Werteverteilung
der Humanbiologiestudenten im Vergleich zur Normalverteilung zum einen fla-
cher ist (negative Kurtosis), und dass zum anderen mehr große als kleine Werte
vorkommen (negative Schiefe). So kann nun die Abweichung zur Normalvertei-
lung erklärt werden: Es gibt einige Werte, die gleichmäßig links vom Mittelwert
fehlen und entsprechend gleichmäßig nach rechts verschoben worden sind, es also
überdurchschnittlich viele „gute“ und unterdurchschnittlich wenige „schlechte“
Humanbiologiestudenten gibt. Für die Pharmaziestudenten ist es sogar noch ein
wenig extremer: Die Verteilung ist – wenn auch nicht in dem Ausmaß wie bei den
Humanbiologiestudenten – ebenfalls flacher als die Normalverteilung, allerdings
auf Grund des im Vergleich zu den Humanbiologiestudenten kleineren Wertes der
Schiefe noch asymmetrischer. Die großen Werte kommen hier also deutlich häu-
figer vor als die kleinen, es gibt also auch im Bereich Pharmazie mehr, sogar deut-
lich mehr „gute“ als „schlechte“ Studenten.
In der Gruppe 2 verhält es sich mit der Schiefe und der Kurtosis genau entgegen-
gesetzt. In allen drei Fachbereichen hat die Schiefe einen positiven Wert, d.h. also,
dass bei den kleineren Werten eine positive, bei den größeren Werten hingegen
eine negative Häufung auftritt. Es gibt also überdurchschnittlich viele Studenten,
die im Vergleich zum Mittelwert weniger Punkte erzielt haben. Diese Tatsache ist
in dieser Gruppe 2 bei den Biologie-Lehramtsstudenten am deutlichsten, bei den
Medizinstudenten am wenigsten ausgeprägt.
Sehr deutlich fällt das Ergebnis für die Studenten der Evangelischen Theologie
aus. Hier weicht sowohl die Steilheit der Wölbung deutlich von der der Normal-
verteilung ab, als auch das Verhältnis der großen und kleinen Werte, die sich ü-
bermäßig häufen. Ein Blick auf das entsprechende Histogramm im Diagramm 89
bestätigt dies: Werte im Bereich um 100 Punkte gibt es nur sehr wenig, hingegen
häufen sich die Punktzahlen im Bereich 50 extrem.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Pharmazie- und Humanbiologie-
studenten ein in jeder Hinsicht gutes Ergebnis erzielt haben. Mittelwert und Medi-
an liegen sehr hoch und zusätzlich gibt es überdurchschnittlich viele Studenten,
die sehr viele Punkte erreicht haben. Das Ergebnis der Medizin-, Biologie- und
Analyse
166
Biologie-Lehramtsstudenten ist hingegen deutlich weniger gut. Sowohl Mittelwer-
te als auch Mediane liegen relativ niedrig, hinzu kommt, dass sich die Punktzah-
len im Bereich unterhalb des Mittelwerts häufen und es entsprechend weniger
Studenten gibt, die ein sehr gutes Ergebnis erzielt haben. Für die Studenten der
Evangelischen Theologie fällt das Ergebnis noch drastischer aus: Mittelwert und
Median liegen weit im niedrigen Bereich und zusätzlich sind viele Punktzahlen
der befragten Studenten unterhalb des Mittelwerts verschoben. Wollte man also
eine Platzierung der Fachbereiche vornehmen, müsste diese wie folgt aussehen:
1. Pharmazie, 2. Humanbiologie, 3. Medizin, 4. Biologie (B. Sc.), 5. Biologie
Lehramt, 6. Evangelische Theologie.
Im Folgenden sollen nun untersucht werden, ob alle Befragten über ein bestimm-
tes chemisches Grundwissen verfügen, oder ob sich Wissen und Wissenslücken
voneinander unterscheiden.
4.3.2.2 Aufteilung nach Bereichen der Chemie
In diesem Kapitel sollen die Leistungen der einzelnen Fachbereiche aufgegliedert
nach den drei diese Arbeit betreffenden Bereichen der Chemie (Allgemeine Che-
mie und übergreifende Aufgaben, Anorganische Chemie, Organische Chemie und
Biochemie) untersucht werden. Dazu dienen wiederum Boxplot-Diagramme, de-
ren genauen Daten in Tabellen zusammengefasst werden.
Bei dieser vorgenommenen Einteilung wurden die Punktzahlen der einem Bereich
zugehörigen Aufgaben nach der gleichen Vorgehensweise wie in Kapitel 4.2 nor-
miert. Dadurch sind maximal 70 Punkte pro Bereich erreichbar – abgesehen von
der Möglichkeit, durch die Nennung von sehr vielen korrekten Antworten bei of-
fen formulierten Aufgaben mehr Punkte als erwartet bekommen zu können.
Analyse
167
4.3.2.2.1 Allgemeine Chemie und übergreifende Aufgaben
Die so genannte „Allgemeine Chemie“ bezeichnet die chemischen Grundlagen,
welche in fast allen chemischen Teilgebieten von Bedeutung sind und stellt somit
das begriffliche Fundament der Chemie dar. Ohne dieses Mindestverständnis ist
es praktisch unmöglich, sich in chemische Spezialgebiete einzuarbeiten. Folge-
richtig nimmt die Allgemeine Chemie einen Großteil des Lehrplans ein. Der Auf-
bau eines Atoms, das Periodensystem der Elemente, Arten von chemischen Bin-
dungen oder Grundlagen der Stöchiometrie gehören zu diesem Basiswissen. In der
Schule werden diese Grundlagen in den ersten Jahren, in denen Chemie unterrich-
tet wird, behandelt. Der Lehrplan formuliert die Ziele folgendermaßen:
„[…] sollen die Schülerinnen und Schüler ein sicheres Fundament an
Einsichten, Erkenntnissen und Fähigkeiten erhalten, um Phänomene,
Fragen und Probleme aus dem Bereich der Chemie zu verstehen […].
Die Auswahl der Inhalte geschieht unter Beachtung mehrerer Katego-
rien, unter denen zunächst die Orientierung an der Fachwissenschaft
zu nennen ist.“64
Folgende fachliche Leitlinien sollen dabei berücksichtigt werden:
„Arbeitsweisen in der Chemie; Stoffe, Stoffgruppen und ihre Eigen-
schaften; Struktur und Eigenschaften; Teilchen und ihre Bindungen
(Atom- und Bindungsmodelle); chemische Fachsprache (einschl. E-
tymologie) und chemische Formelsprache; energetischer und zeitli-
cher Verlauf chemischer Reaktionen; Ordnungsprinzipien für Stoffe
und chemische Reaktionen; Veränderungen auf Stoff- und Teilchen-
ebene in chemischen Reaktionen.“65
Konkret wird dieses chemische Basiswissen hauptsächlich in den Klassen acht
und neun, zum Teil auch noch in der neunten Klasse vermittelt – hier werden je-
doch auch schon Aspekte der Anorganischen Chemie behandelt. In diesen Klassen
werden erstmalig Stoffe unterschieden, isoliert und verändert, chemisches Verhal-
64 Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 3 65 a. a. O.
Analyse
168
ten vorhergesagt und beschrieben sowie der Umgang mit dem Periodensystem,
der Aufbau von Atomen und Salzen und auch Eigenschaften von Säuren und Lau-
gen behandelt.66
Der für die vorliegende Arbeit erstellte Fragebogen behandelt die Allgemeine
Chemie besonders in den Aufgaben 3 (Chemische Vorgänge im Alltag), 5 (Na-
men von Säuren), 6 (Namen von Laugen / Basen), 7 (Verwendungszwecke von
Salzen), 12 (Definition einer Säure), 13 (Definition einer Oxidation), 14 (Definiti-
on eines Ions), 15 (Definition einer Atombindung), 16 (Avogadro-Zahl) und 18
(MWG). In diesen Themenblock fallen zusätzlich einige übergreifende Aufgaben,
wie die Aufgaben 19 (Großtechnische Verfahren) und 21 (Berühmte Chemiker),
welche die Definition eines in der Allgemeinen Chemie behandelten Themas nicht
erfüllen. Sie werden jedoch durchaus im Verlauf des Unterrichts, aber nicht expli-
zit im Lehrplan angesprochen.
Die Punkteverteilung im Bereich „Allgemeine Chemie und übergreifende Aufga-
ben“ sieht für die befragten Fachbereiche folgendermaßen aus:
66 vgl. Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 10
Analyse
169
Diagramm 90: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Bereich „Allgemei-
ne Chemie und übergreifende Aufgaben“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Diese Punkteverteilung spiegelt die in KAPITEL 4.3.2.1 vorgenommene Gruppen-
einteilung wider. Auch hier erreichten die Studenten der Humanbiologie und der
Pharmazie vor den Studenten der Biologie (B. Sc.), Medizin und Biologie Lehr-
amt die meisten Punkte. Die Theologiestudenten rangieren recht deutlich darunter.
Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Daten des Diagramms:
Analyse
170
Tab. 32: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge im Bereich „Allgemeine Chemie
und übergreifende Aufgaben“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 38,5 21,5 22,8 26,7 39,5 15,3
25%-Perzentil 26,8 14,0 16,6 17,8 29,2 9,8
75%-Perzentil 47,3 30,5 29,1 35,9 48,8 20,4
Minimum 4,9 1,4 2,5 0 6,7 1,3
Maximum 67,0 54,5 55,3 65,2 79,2 38,4
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Bedenkt man, dass in dieser Kategorie 70 Punkte erreicht werden konnten, fällt
das Ergebnis nicht allzu gut aus. Jeweils die Hälfte der Humanbiologie- und
Pharmaziestudenten haben zwar über 55 % der Punkte erreicht, die Mediane der
Medizin- (38,1 %), Biologie-Lehramts- (32,6 %) und Biologiestudenten (B. Sc.)
(30,7 %) liegt jedoch deutlich unterhalb der Hälfte. Ein Grund für diese Tatsache
könnte sein, dass die betreffende Chemie, wie oben erwähnt, Inhalt der Mittelstufe
ist. Diese liegt für die Studenten bereits einige Jahre zurück. Studenten, die auch
in der Oberstufe Chemie belegt haben, benötige dieses Wissen in anderen Zu-
sammenhängen zwar immer wieder, doch die genauen Definitionen einzelner As-
pekte sind vielen offenbar nicht mehr im Gedächtnis.
4.3.2.2.2 Anorganische Chemie
Historisch definierte man die Anorganische Chemie als das Teilgebiet der Che-
mie, welches sich mit dem chemischen Verhalten der Elemente und derjenigen
Verbindungen befasst, die überwiegend dem Bereich der unbelebten Natur zuzu-
rechnen sind. Im Gegensatz dazu behandelte die Organische Chemie die Verbin-
Analyse
171
dungen des Kohlenstoffs, die überwiegend in Organismen zu finden sind und nach
ursprünglichem Verständnis eine gewisse „Lebenskraft“ enthielten. 1828 gelang
jedoch dem Göttinger Chemiker Friedrich Wöhler mit seiner Harnstoffsynthese,
eine körpereigene, organische Verbindung aus anorganischen Ausgangsprodukten
herzustellen – die Theorie der „Lebenskraft“ war widerlegt und die klar formulier-
te Grenze zwischen der Anorganischen und der Organischen Chemie ließ sich
nicht mehr scharf aufrechterhalten. Es entwickelte sich das heutige Verständnis
der Anorganik: die Chemie aller Elemente mit Ausnahme des Kohlenstoffs. Eine
klare Definition ist durch die vielfältigen Überschneidungen der beiden Gebiete
jedoch nicht möglich, denn bspw. werden durchaus einige Kohlenstoffverbindun-
gen, wie die Salze der Kohlensäure, der Anorganischen Chemie zugeschrieben.
Eine Unterscheidung in diese beiden Gebiete ist dennoch sinnvoll, da sich Reakti-
onsmechanismen und Stoffstrukturen vielfach unterscheiden.
In der Schule hat die Anorganische Chemie eine große Bedeutung. Sie taucht ne-
ben der Allgemeinen Chemie schon in den Klassen acht und neun auf und wird in
der zehnten Klasse schließlich zum zentralen Unterrichtsthema.67 Im Anschluss-
profil der Jahrgangsstufe 10 in die gymnasiale Oberstufe heißt es:
„Kenntnisse über […] charakteristische Eigenschaften von salzartigen
Stoffen, Metallen, flüchtigen Stoffe; charakteristische Eigenschaften
und Reaktionen von Alkalimetallen und Halogenen; Bedeutung, Ge-
winnung und Verarbeitung wichtiger Rohstoffe (Metallgewinnung,
Salzgewinnung, Wasseraufbereitung, Brennstoffe) […].“68
Der für diese Arbeit entwickelte Fragebogen enthält fünf Fragen, die dem Gebiet
der Anorganischen Chemie zuzuschreiben sind. Dabei handelt es sich um die
Aufgaben 1 (Kupfererkennung), 2 (Luftbestandteile), 4 (Elementsymbole), 8
(Stoffformeln) und 17 (Reaktionsgleichung). Die Punkte verteilen sich für diesen
Bereich folgendermaßen:
67 vgl. Hessischer G9-Lehrplan Chemie (2003), S. 10 68 a. a. O., S. 27
Analyse
172
Diagramm 91: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Bereich „Anorgani-
sche Chemie“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Auch in hier ist die oben vorgenommene Einteilung der Fachrichtungen in Grup-
pen wieder möglich, die Unterschiede sind jedoch deutlich geringer. Des Weiteren
sind die sehr hohen Punktzahlen auffällig. Auch in diesem Bereich gab es auf
Grund der vorgenommenen Normierung der Punktzahlen 70 Punkte zu erreichen.
Die folgende Tabelle zeigt, dass viele der Befragten von dieser Obergrenze nicht
weit entfernt sind.
Analyse
173
Tab. 33: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge im Bereich „Anorganische Che-
mie“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 52,0 44,6 41,8 47,3 51,0 38,6
25%-Perzentil 46,3 38,2 34,4 39,2 44,1 29,5
75%-Perzentil 59,7 52,6 49,2 53,1 58,1 44,2
Minimum 33,6 10,3 22,9 4,9 16,7 10,2
Maximum 71,1 71,1 68,2 72,0 68,7 61,7
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Anorganische Chemie ist der Bereich, bei dem alle befragten Fachrichtungen
die deutlich meisten korrekten Antworten gaben. Die entsprechenden Fragen zu
beantworten war für die meisten Studenten kein Problem. Eine strukturierte Wis-
sensbasis in Anorgansicher Chemie wurde bei den Befragten offenbar aufgebaut.
4.3.2.2.3 Organische Chemie und Biochemie
Die Organische Chemie ist der Teilbereich der Chemie, der sich mit der Chemie
der Kohlenstoff-Verbindungen beschäftigt. Die Bedeutung des Begriffs „orga-
nisch“ hat sich im Laufe der Jahrhunderte jedoch verändert. Im 16. und 17. Jahr-
hundert unterschied man noch zwischen mineralischen, pflanzlichen und tieri-
schen Stoffen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde es dann üblich,
die mineralischen Stoffe als „unorganisierte Körper“ von den „organisierten Kör-
pern“ pflanzlichen und tierischen Ursprungs zu separieren. Erst im 19. Jahrhun-
Analyse
174
dert wurde der Begriff „Körper“ auf chemische Substanzen beschränkt. Jetzt be-
nutzte man auch den Ausdruck „organische Chemie“.69
Schüler kommen erstmals in der Klasse 10 mit der organischen Chemie in Kon-
takt. Dort wird die Organik zum zentralen Unterrichtsthema. In der Begründung
heißt es:
„Die Thematik bietet Möglichkeiten, die Bedeutung der Chemie im
Kontext technischer und wirtschaftlicher Aspekte sowie von Um-
weltbezügen exemplarisch aufzuzeigen.“70
Mit den Unterthemen „Erdöl und Erdgas als Energieträger und Rohstoffe“ sowie
„Gesättigte Kohlenwasserstoffe“ erfolgt somit ein erster Einblick in die Kohlen-
stoffchemie. Am Beispiel einfacher Kohlenwasserstoffe oder einfacher Alkanole
werden viele erforderliche Grundlagen zum Verständnis der organischen Chemie
gelegt.71
Alle organisch-chemischen Inhalte des für diese Arbeit entwickelten Fragebogens
sind schulrelevant und werden in der Jahrgangsstufe 10 bzw. in der Oberstufe
behandelt. Konkret handelt es sich bei diesen Aufgaben um die Fragen 9 (Namen
von Kohlenwasserstoffen), 10 (Verwendungszwecke von Kohlenwasserstoffen),
11 (Formeln von organischen Stoffen) und 20 (Nitrate in der Landwirtschaft).
Besonders Aufgabe 20 ist weniger der Organik und mehr dem Gebiet der Bio-
chemie zuzuschreiben, welches in dieser Arbeit allerdings gemeinsam mit der
Organik zu einer Kategorie zusammengefasst wurde.
Die befragten Studenten schnitten in dieser Gruppe folgendermaßen ab:
69 vgl. Latscha / Kazmeier / Klein (2002), S. 3 70 Hessischer G9-Lehrplan (2003), S. 26 71 a. a. O.
Analyse
175
Diagramm 92: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Bereich „Organi-
sche Chemie und Biochemie“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Für diesen Bereich sind die Einteilungen der Fachrichtungen in die drei Gruppen
wiederum eindeutiger möglich, als es im Bereich „Anorganische Chemie“ der Fall
war. Jedoch fallen hier die recht niedrigen erreichten Punktzahlen auf, was auch
die folgende Tabelle zeigt:
Analyse
176
Tab. 34: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge im Bereich „Organische Chemie
und Biochemie“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 30,1 20,5 13,4 16,8 32,0 5,0
25%-Perzentil 16,4 5,0 7,6 4,9 17,6 0
75%-Perzentil 44,1 31,1 22,9 28,9 43,0 10,7
Minimum 0 0 0 0 0 0
Maximum 71,2 56,8 33,5 62,8 62,5 40,5
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Der Bereich „Organische Chemie und Biochemie“ ist in fast allen befragten Fach-
gruppen der Bereich, in denen die Studenten die wenigsten korrekten Antworten
gaben. Dies liegt daran, dass die Organische Chemie erstmalig in der Klasse 10
und schwerpunktmäßig in der gymnasialen Oberstufe behandelt wird – also zu
einem Zeitpunkt, zu dem 147 der 638 hier befragten Studenten (23,0 %) Chemie
bereits abgewählt hatten. Weitere 152 Studenten belegten letztmalig in der Jahr-
gangsstufe 11 Chemie. Nur gut die Hälfte der Befragten (53,1 %) belegte Chemie
also auch in der Oberstufe. Diesen Zusammenhang bestätigt auch der berechnete
Kendall-Tau-b-Korrelationskoeffizient, der mit einem Wert von 0,393 angibt, dass
die Variablen „Chemie in der Oberstufe belegt“ und „Erreichte Punkte im Bereich
Organische Chemie und Biochemie“ zu fast 40 % miteinander positiv korrelieren.
Das bedeutet, dass die Studenten mit Chemie in der Oberstufe in diesem Bereich
mehr Punkte erreicht haben, als Studenten ohne Chemie in der Oberstufe. Dass
diese Korrelation nicht deutlicher ausfällt ist darauf zurückzuführen, dass die im
Fragebogen aufgeführten Aufgaben zum Teil auch mit Mittelstufenwissen beant-
wortet werden können.
Analyse
177
4.3.2.3 Aufteilung nach fachspezifischen Inhalten
Im Folgenden werden die erreichten Punktzahlen der einzelnen Fachbereiche
bzgl. der im Fragebogen behandelten fachspezifischen Inhalte untersucht. Dabei
werden die Punktzahlen für jeden Inhalt zunächst in einem übersichtlichen Box-
plot-Diagramm dargestellt. Eine Tabelle informiert anschließend über die wich-
tigsten Punktzahlen.
Eine Einteilung des Schulstoffs nach „fachspezifischen Inhalten“ ist nicht deter-
miniert, d.h. es sind grundsätzlich unterschiedliche Einteilungen und differenzierte
Benennungen der Inhalte möglich. In dieser Arbeit wurden die einzelnen Aufga-
ben des B-Teils des Fragebogens in Kategorien eingeteilt.
Analyse
178
Diagramm 93: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Stoffgrup-
pen“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Tab. 35: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Stoffgruppen“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 24,2 15,8 20,4 16,2 33,4 9,8
25%-Perzentil 17,8 9,6 13,6 10,4 25,8 5,2
75%-Perzentil 37,0 23,5 25,8 22,5 32,5 13,1
Minimum 0 0 0 0 0 0
Maximum 53,2 53,3 32,6 67,1 96,7 25,8
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
179
Diagramm 94: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Element-
symbole, Formeln, Reaktionsgleichungen“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Tab. 36: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Elementsymbole,
Formeln, Reaktionsgleichungen“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 27,2 21,3 19,0 21,4 28,4 14,6
25%-Perzentil 21,7 15,0 14,7 15,9 24,4 7,3
75%-Perzentil 31,6 27,0 22,6 26,6 32,5 18,2
Minimum 16,3 2,3 5,5 0 5,7 0,9
Maximum 34,7 34,7 33,2 39,4 34,7 32,0
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
180
Diagramm 95: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Definitionen,
Gesetze, Konstanten“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Tab. 37: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Definitionen, Ge-
setze, Konstanten“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 20,8 10,5 9,6 14,3 17,7 6,4
25%-Perzentil 15,3 6,4 8,2 8,9 11,3 3,2
75%-Perzentil 27,0 15,2 12,5 20,1 22,7 11,2
Minimum 1,3 0 0 0 1,5 0
Maximum 35,0 30,1 27,9 36,2 33,2 24,1
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
181
Diagramm 96: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Allgemeine
Probleme, Chemie des Alltags“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Tab. 38: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Allgemeine Prob-
leme, Chemie des Alltags“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 21,5 19,7 17,9 21,0 21,1 16,5
25%-Perzentil 16,3 15,9 14,8 14,9 16,1 12,1
75%-Perzentil 28,2 25,9 23,7 26,6 25,3 22,0
Minimum 4,8 0 2,5 3,2 6,4 1,3
Maximum 36,8 36,8 39,9 45,0 36,8 36,9
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
182
Diagramm 97: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Angewandte
Chemie, Technologie“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Tab. 39: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Angewandte Che-
mie, Technologie“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 5,5 4,9 5,0 4,9 5,5 2,5
25%-Perzentil 2,9 2,5 2,5 2,5 2,5 0
75%-Perzentil 10,4 8,1 7,5 8,0 10,4 7,5
Minimum 0 0 0 0 0 0
Maximum 18,4 20,9 16,3 21,8 23,4 21,5
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
183
Diagramm 98: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Geschichte
der Chemie“.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Tab. 40: Punkteverteilung der einzelnen Studiengänge für den Inhalt „Geschichte der
Chemie“.
Hum
an-
biol
ogie
Bio
logi
e
(B. S
c.)
Bio
logi
e
Lehr
amt
Med
izin
Pha
rmaz
ie
Ev.
The
olog
ie
Median 8,7 0 0 4,7 9,3 0
25%-Perzentil 0 0 0 0 4,7 0
75%-Perzentil 18,7 9.3 8,7 13,1 18,7 4,7
Minimum 0 0 0 0 0 0
Maximum 37,3 37,3 18,7 37,3 56,0 32,7
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Analyse
184
Die Diagramme und Wertetabellen zeigen, dass eine Einteilung der Fachrichtun-
gen in die oben genannten Gruppen – Gruppe 1: Humanbiologie und Pharmazie;
Gruppe 2: Biologie (B. Sc.), Biologie (Lehramt) und Medizin; Gruppe 3: Evange-
lische Theologie – bei den fachspezifischen Inhalten „Stoffgruppen“, „Element-
symbole, Formeln, Reaktionsgleichungen“ und „Geschichte der Chemie“ prob-
lemlos möglich ist. Auch im Bereich „Definitionen, Gesetze, Konstanten“ ist die-
se Einteilung möglich, jedoch ist hier der Unterschied zwischen Pharmazie- und
Medizinstudenten schon recht gering. Nicht vorgenommen werden kann diese
Gruppenbildung jedoch bei den Inhalten „Allgemeine Probleme, Chemie des All-
tags“ und „Angewandte Chemie, Technologie“.
Dass eine Gruppeneinteilung nicht möglich ist zeigt, dass es zwischen den Ergeb-
nissen aller Befragten in dieser Kategorie nur geringe Unterschiede gibt. Der Me-
dian im Bereich „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“ variiert nur zwi-
schen den Werten 16,5 Punkte (Ev. Theologie) und 21,5 Punkte (Humanbiologie).
Mit diesen Werten liegt der Median außerdem ungefähr bei der Hälfte der er-
reichbaren 35 Punkte – und das in allen sechs Fachbereichen.
In der Kategorie „Angewandte Chemie, Technologie“ verhält es sich ähnlich:
Auch hier ist eine Einteilung der Fachbereiche in die bekannten Gruppen nicht
möglich, da sich auch hier die Ergebnisse sehr ähneln und der Median nur äußerst
gering streut – allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau, nämlich von 2,5 Punk-
ten (Ev. Theologie) und 5,5 Punkten (Humanbiologie bzw. Pharmazie).
Es ist erfreulich, dass alle Befragten bei den Aufgaben, welche Chemie im Alltag
zum Inhalt haben, unabhängig von der zugehörigen Studienrichtung ein sehr gutes
Ergebnis erzielt haben. Mit Alltagschemie scheinen die meisten der Befragten
sehr gut zurechtzukommen – die Lücken in anderen Kategorien sind hingegen
entsprechend größer. Die Gründe hierfür wurden bereits in den Unterpunkten des
KAPITELS 4.2 erläutert.
Analyse
185
4.3.3 Gründe für Ergebnisse und Korrelationen zwischen Variablen
Wie lassen sich diese Ergebnisse erklären? Gibt es einen Zusammenhang zwi-
schen den erzielten Punktzahlen und anderen, nicht auf den ersten Blick ersichtli-
chen Tatsachen? Solche Fragen sollen in diesem Kapitel untersucht werden. Dabei
werden stets die von den Befragten erzielten Gesamtpunktzahlen zu Grunde ge-
legt. Zur Beantwortung der Fragen dient der Kendall-Tau-b-
Korrelationskoeffizient, dessen Werte ein Maß für Stärke und Richtung der Asso-
ziation zwischen zwei ordinalskalierten Variablen darstellen. Der Koeffizient hat
immer einen Wert zwischen -1 und 1. Ein Wert von -1 zeigt eine perfekte negative
Korrelation an. Das heißt, dass hohe Werte einer Variablen (in diesem Fall: hohe
Gesamtpunktzahl) vermehrt mit niedrigen Werten der anderen Variablen (hier
abhängig von den zugehörige in SPSS definierten Wertelabels) auftreten. In einem
Streudiagramm liegen die Punkte dann auf einer Geraden von oben links nach
unten rechts. Entsprechendes gilt für den Wert 1. Er zeigt eine perfekte positive
Korrelation an. Hohe Werte einer Variablen treten dann vermehrt mit hohen Wer-
ten der anderen Variablen auf. Die Punkte liegen in einem Streudiagramm dann
auf einer von unten links nach oben rechts verlaufenden Geraden. Nimmt der Ko-
effizient den Wert 0 an, so besteht keine Korrelation. Die Koeffizienten können
folgendermaßen interpretiert werden:
„Bis 0,2: sehr geringe Korrelation – bis 0,5: geringe Korrelation – bis
0,7: mittlere Korrelation – bis 0,9: hohe Korrelation – über 0,9: sehr
hohe Korrelation.“ 72
Das Kapitel ist durch ausformulierte Fragestellungen, die mit den Ergebnissen des
A- und C-Teils des Fragebogens beantwortet werden können und jeweils mit ei-
nem großen Fragezeichen markiert sind, gegliedert.
Bei den folgenden Untersuchungen ist stets zu beachten, dass eine Korrelation
zwischen zwei Variablen nicht mit einer direkten Kausalität in Verbindung ge-
bracht werden kann und höchstens auf eine solche hinweist.
72 Raithel (2006), S. 152
Analyse
186
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der erzielten Punktzahl und
dem Bundesland, in welchem ein Student die Hochschulreife erworben
hat?
Nein, den gibt es nicht, wie das folgende Streudiagramm bestätigt:
Diagramm 99: Korrelation zwischen der erzielten Punktzahl und dem Bundesland, dar-
gestellt auf der X-Achse durch Zahlen von 1 bis 16.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Die Werte streuen für jedes Bundesland über das gesamte Diagramm und sind an
keiner Stelle konzentriert. Zur Überprüfung dieser aufgestellten Nullhypothese
(„Es gibt keinen systematischen Zusammenhang zwischen den beiden Variablen“)
wird die folgende Berechnung angestellt: Da es sich bei der Variablen „Bundes-
land“ um eine nominalskalierte Variable handelt (es gibt keine Ordnungsrelation
um die Werte 1 – 16 in eine sinnvolle oder metrische Reihenfolge zu bringen), ist
die Berechnung eines Korrelationskoeffizienten nutzlos – dieser benötigt inter-
vall- oder zumindest ordinalskalierte Variablen. Um dennoch einen evtl. Zusam-
menhang aufdecken zu können, wird der Chi-Quadrat-Test für nominalskalierte
Analyse
187
Variablen angewandt. Dieser liefert bei 10.829 Freiheitsgraden einen Wert von
1,085 · 104 mit einer Signifikanz von 0,452 bzw. 45,2 % Irrtumswahrscheinlich-
keit. Der Richtwert von maximal 5 % Irrtumswahrscheinlichkeit ist damit deutlich
überschritten, die Nullhypothese wird also beibehalten. Es besteht kein systemati-
scher Zusammenhang zwischen den beiden Variablen.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der erzielten Punktzahl und
der Beliebtheit des Faches Chemie bzw. der Beliebtheit der Lehrer?
Ja, den gibt es – wenn auch nicht sonderlich stark ausgeprägt. Der Wert des Ken-
dall-Tau-b-Korrelationskoeffizienten liegt im Vergleich mit der Beliebtheit des
Faches Chemie bei -0,313. Es besteht also eine geringe negative Korrelation zwi-
schen den beiden Variablen. Das heißt, dass mit steigender Beliebtheit des Faches
zu Schulzeiten auch die Wahrscheinlichkeit einer bei diesem Test erzielten hohen
Punktzahl steigt. Dieser Zusammenhang war durchaus zu erwarten. Im Vergleich
zwischen der Gesamtpunktzahl und der Beliebtheit der Lehrer besteht nur eine
sehr geringe Korrelation. Hier liegt der Korrelationskoeffizient bei -0,116. Stu-
denten, für welche die Chemie-Lehrer also eher zu den beliebteren gehörten, er-
zielten leicht vermehrt höhere Punktzahlen.
Im Übrigen hängt die Beliebtheit des Faches nicht unerheblich von der Beliebtheit
des Lehrers ab: Der Korrelationskoeffizient liegt hier bei 0,342. Ist das Fach
Chemie für einen Schüler also unbeliebt, so ist das nicht selten auf die Beliebtheit
des Lehrers zurückzuführen.
Haben Studenten, denen das Fach in der Schule leicht fiel, höhere
Punktzahlen erzielt als solche, bei denen Chemie zu den schwierigeren
Fächern gehörte?
Erwartungsgemäß ja. Doch auch hier ist die Korrelation mit einem Wert des ent-
sprechenden Koeffizienten von -0,212 nur gering ausgeprägt. Dennoch gilt simpel
Analyse
188
formuliert: Je beliebter das Fach, desto höher die erreichte Punktzahl – eine direk-
te Kausalität ist dadurch jedoch nicht bestätigt.
Hängt die erreichte Gesamtpunktzahl eines Studenten mit der
Einschätzung nach der Bedeutung der Chemie und ihrer
Forschungsergebnisse für den persönlichen Alltag bzw. die Wirtschaft und
die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zusammen?
Nein, das ist eher weniger der Fall. Die Werte des Korrelationskoeffizienten
liegen hier bei -0,162 bzw. -0,099. Allenfalls im Vergleich mit der Bedeutung der
Chemie für den persönlichen Alltag kann von einem sehr geringen
Zusammenhang die die Rede sein.
Besteht ein Zusammenhang zwischen der erreichten Gesamtpunktzahl
eines Studenten und der Klasse, in welcher er zum letzten Mal
Chemieunterricht in der Schule gehabt hat?
Ja, dieser Zusammenhang besteht mit einem Kendall-Tau-b-Wert von 0,335
durchaus. Je später ein Student also Chemie in der Schule abgewählt hat, desto
höher ist die Wahrscheinlichkeit bei dieser Befragung eine hohe Punktzahl er-
reicht zu haben.
Besteht ein Zusammenhang zwischen der erreichten Gesamtpunktzahl
eines Studenten und der von ihm abgegebenen Beurteilung der
Gesamtheit seiner Zeugnisnoten?
Ja, auch dieser Zusammenhang besteht, was jedoch nicht anders zu erwarten war.
Die negative Korrelation – der Wert des Koeffizienten liegt bei -0,304 – belegt,
Analyse
189
dass Studenten, welche die Bewertungen ihrer schulischen Leistungen in Chemie
als „sehr gut – gut“ einschätzten, vermehrt höhere Punktzahlen erzielten.
Mit was steht die Leistung eines Studenten in der Kategorie
„Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“ in Korrelation?
Um diese Frage zu beantworten wurde eine ganze Reihe von Korrelationskoeffi-
zienten berechnet. Entgegen der Erwartung besteht zwischen dem Abschneiden in
dieser Kategorie und der letzten Klasse, in der ein Student Chemieunterricht hatte,
jedoch kein Zusammenhang (der Wert des Kendall-Tau-b-
Korrelationskoeffizienten liegt bei 0,009). Es ist zudem nicht nur unerheblich, wie
lange ein Student Chemie in der Oberstufe belegt hat (Kendall-Tau-b-Wert bei
0,014), es besteht sogar kein linearer Zusammenhang zwischen der erzielten
Punktzahl und der Frage, ob Chemie überhaupt nach der 10. Klasse belegt wurde
(Kendall-Tau-b-Wert bei -0,085). Offenbar stimmt, was in den vorhergehenden
Kapiteln schon vermutet wurde: Alltagswissen wird hauptsächlich in der Mittel-
stufe vermittelt. Doch die Tatsache, dass keine Zusammenhänge zwischen dem
guten Abschneiden in der Kategorie „Allgemeine Probleme, Chemie des Alltags“
und einer anderen Variablen hergestellt werden können, ist recht verwunderlich.
Das Wissen der befragten Studenten ist in diesem Bereich verglichen mit den an-
deren fachspezifischen Inhalten am größten. Ein zentrales Ziel des Lehrplans,
Alltagswissen zu vermitteln, ist somit offensichtlich erreicht worden. Alle Studen-
ten, unabhängig von ihrem Hauptfach (der Kendall-Tau-b-Wert liegt bei -0,054),
beantworteten die Fragen zur Alltagschemie gut. Wovon genau dieser Erfolg letzt-
lich jedoch abhängt, ist mit den in dieser Erhebung erzielten Ergebnissen nicht
eindeutig beantwortbar.
Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung
190
5 Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung
In diesem Kapitel soll untersucht werden, wie die Einschätzungen der Experten
mit den Ergebnissen der befragten Studenten zusammenhängen. Dazu werden die
Studenten wieder in die beiden Gruppen „mit“ und „ohne Chemie in der Oberstu-
fe“ eingeteilt. Die Konstanten Ki und Kib werden im Folgenden für jede der 21
Aufgaben zuerst mit den Medianen und dann mit den Mittelwerten der Punktzah-
len verglichen. Dazu dienen die tatsächlich erreichten Punktzahlen der Studenten,
d.h. die Auswertung wird mit den Werten vorgenommen, die weder normiert,
noch mit den Multiplikatoren Mi oder Mib verrechnet wurden – das ist auch der
Grund, warum alle im Folgenden aufgeführten Mediane ganzzahlig sind. Ab-
schließend werden Korrelationskoeffizienten bestimmt, um Aussagen über den
Zusammenhang zwischen den beiden Befragungen treffen zu können.
Die folgende Tabelle fasst die für die folgenden Berechnungen wichtigsten Werte
zusammen. Zur Erinnerung: Die Konstanten Ki und Kib nehmen immer Werte
zwischen 1,00 und 3,00 an. Je größer der Wert, desto sicherer müssten Studenten
nach Einschätzung der Experten die entsprechende Frage beantworten können.
Tab. 41: Konstanten, Mediane und Mittelwerte aller Aufgaben, aufgeteilt für „Studenten
mit Chemie in der Oberstufe“ und „Studenten ohne Chemie in der Oberstufe“ (markiert
durch ein hochgestelltes „b“).
Aufgabe K i Median Mittel-
wert K i
b Median b Mittel-
wert b
1 2,59 5 3,99 1,99 5 3,50
2 2,88 6 5,54 2,45 5 5,16
3 2,86 5 4,32 2,34 3 3,80
4 2,79 11 10,34 1,88 10 9,40
5 2,93 6 7,26 2,34 6 5,40
Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung
191
6 2,86 2 2,36 2,17 0 1,40
7 2,28 2 1,64 1,55 2 1,53
8 2,48 10 10,11 1,38 8 7,41
9 2,95 5 4,43 1,83 0 1,73
10 2,69 0 1,85 1,83 0 0,66
11 2,53 7 6,56 1,14 3 2,79
12 2,84 5 5,28 1,91 1 3,52
13 2,90 8 5,84 2,19 8 5,01
14 2,93 4 4,79 2,05 4 4,62
15 2,74 0 1,99 1,78 0 1,23
16 2,50 3 4,00 1,53 0 3,08
17 2,66 7 6,46 1,55 5 4,56
18 2,47 0 1,66 1,00 0 0,71
19 2,14 0 0,56 1,12 0 0,03
20 2,26 4 2,70 1,43 4 2,50
21 2,12 2 3,60 1,31 0 2,11
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Um den Zusammenhang zwischen den Variablen Ki bzw. Kib sowie den zugehöri-
gen Medianen und Mittelwerten beurteilen zu können, werden im Folgenden so-
wohl Streudiagramme als auch berechnete Korrelationskoeffizienten benutzt. Der
in Kapitel 4.3.3 verwendete Kendall-Tau-b-Korrelationskoeffizient ist hierzu je-
doch ungeeignet, da es sich jetzt nicht mehr um ordinal-, sondern um intervallska-
lierte Variablen handelt. Aus diesem Grund werden die Berechnungen mit dem
Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung
192
Pearson-Korrelationskoeffizienten, der genau wie der Kendall-Tau-b-
Korrelationskoeffizient interpretiert wird, durchgeführt.
Das folgende Matrix-Streudiagramm zeigt, ob die Variablen für die 147 befragten
Studenten ohne Chemie in der Oberstufe miteinander korrelieren:
Diagramm 100: Korrelation zwischen den Konstanten Kib und den zugehörigen Mittel-
werten und Medianen.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Das obige Diagramm ist symmetrisch aufgebaut, jedes Variablenpaar wird also
einmal oberhalb und einmal unterhalb der Hauptdiagonalen – einmal mit ver-
tauschten Achsen, d.h. an der Hauptdiagonalen eines Kästchens gespiegelt – auf-
geführt. Das zweite Kästchen in der ersten Zeile zeigt die Korrelation zwischen
den Konstanten Kib und den entsprechenden Medianen an, das dritte Kästchen der
ersten Zeile die Korrelation zwischen den Konstanten Kib und den Mittelwerten,
Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung
193
das dritte Kästchen der zweiten Zeile entsprechend für die Mediane und die Mit-
telwerte. Die lineare Ausgleichsgerade innerhalb jedes Kästchens gibt einen Ein-
druck, ob die Werte miteinander korrelieren oder nicht – je deutlicher die einzel-
nen Punkte auf dieser Geraden liegen, desto größer ist die Korrelation. In diesem
Fall korrelieren alle Variablen miteinander unterschiedlich stark. Da jedoch die
Gerade in allen Fällen von unten links nach oben rechts verläuft, liegt jeweils eine
positive Korrelation vor. Große Werte der einen Variablen treten also vermehrt
mit großen Werten der anderen Variablen auf. Besonders groß ist die Korrelation
erwartungsgemäß zwischen den Mittelwerten und den Medianen. Interessanter
aber ist die Frage nach den Zusammenhängen zwischen den Konstanten Kib und
den zugehörigen Medianen bzw. Mittelwerten. Dass diese Beziehungen jeweils
schwächer sind als zwischen Medianen und Mittelwerten zeigt schon das Matrix-
Streudiagramm: die Werte streuen recht weit um die Gerade. Um die Stärke der
Korrelation jedoch auch zahlenmäßig beschreiben und somit besser beurteilen zu
können, wurde der Pearson-Korrelationskoeffizient berechnet. Die Werte enthält
die folgende Tabelle:
Tab. 42: Korrelationen zwischen den einzelnen Variablen für Studenten ohne Chemie in
der Oberstufe.
Variable 1 Variable 2 Pearson-Korrelationskoeffizient
Kib Medianb 0,326
Kib Mittelwertb 0,374
Medianb Mittelwertb 0,903
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Die Koeffizienten bestätigen den Eindruck des Streudiagramms: Bei allen Kom-
binationen liegt eine positive Korrelation vor. Die Korrelation zwischen Medianen
und Mittelwerten ist sehr hoch, zwischen den Konstanten Kib und den Mittelwer-
ten bzw. Medianen jeweils nur gering. Dennoch kann festgehalten werden, dass
hohe Werte der ersten Variablen vermehrt mit hohen Werten der zweiten Variab-
len auftreten. Die Studenten haben also bei den Aufgaben, welche sie nach Mei-
Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung
194
nung der Experten recht sicher hätten lösen können müssen, auch vermehrt hohe
Punktzahlen erreicht.
Für die 491 Studenten mit Chemie in der Oberstufe stellt sich das Ergebnis fol-
gendermaßen dar:
Diagramm 101: Korrelation zwischen den Konstanten Ki und den zugehörigen Mittelwer-
ten und Medianen.
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008).
Für die Interpretation des Diagramms gilt, was zuvor beschrieben wurde. Auch in
der Kategorie „Studenten mit Chemie in der Oberstufe“ ist die Korrelation zwi-
schen Mittelwerten und Medianen erwartungsgemäß hoch. Doch auch die Variab-
len Ki korrelieren positiv mit Medianen und Mittelwerten, wenn auch deutlich
geringer. Über die Stärke der einzelnen Korrelationen informiert die folgende Ta-
belle:
Zusammenhänge zwischen Experten- und Studentenbefragung
195
Tab. 43: Korrelationen zwischen den einzelnen Variablen für Studenten mit Chemie in
der Oberstufe.
Variable 1 Variable 2 Pearson-Korrelationskoeffizient
Ki Median 0,358
Ki Mittelwert 0,370
Median Mittelwert 0,944
Gerwig: Chemische Kenntnisse von Studienanfängern (2008)
Auch in diesem Fall bestätigen die Koeffizienten den Eindruck des Streudia-
gramms: Bei jeder Kombinationen liegt eine positive Korrelation vor. Die Korre-
lation zwischen Medianen und Mittelwerten ist wiederum sehr hoch und sogar
noch höher, als in der Kategorie Studenten ohne Chemie nach Klasse 10. Das
heißt, dass die Mediane und Mittelwerte der Studenten mit Chemie in der Ober-
stufe näher zusammenliegen, als in der Vergleichsgruppe, die Antworten bzw. die
erzielten Punktzahlen nicht allzu stark streuen. Diesen Eindruck bestätigt auch
Tabelle 41.
Zwischen den Konstanten Ki und den Mittelwerten bzw. Medianen besteht jeweils
eine geringe Korrelation, d.h. die Einschätzungen der Experten stimmen mit den
tatsächlich erzielten Ergebnissen der Studenten nur bedingt überein. Dennoch
kann auch hier festgehalten werden, dass hohe Werte der ersten Variablen ver-
mehrt mit hohen Werten der zweiten Variablen auftreten, die Wahrscheinlichkeit,
dass ein Student eine Aufgabe lösen kann also steigt, je mehr die Experten diese
Aufgabe als „sicher lösbar“ beurteilt haben.
Einhaltung der Gütekriterien
196
6 Einhaltung der Gütekriterien
Das Ziel eines Messvorgangs – also auch das Ziel der vorliegenden Arbeit – be-
steht in der Erhebung möglichst exakter und fehlerfreier Messwerte. Dieses Ziel
wird jedoch bei kaum einer Messung vollständig erreicht, da jede Untersuchung
zwangsläufig auch Messfehler enthält. Um jedoch trotz dieser Messfehler die er-
hobenen Daten sinnvoll interpretieren zu können, wird in der Theorie die mög-
lichst genaue Einhaltung von drei Gütekriterien gefordert.
„Die Idee der Gütekriterien wurzelt in der klassischen Mess- und
Testtheorie der Psychologie und damit in der quantitativen For-
schung.“73
Auch die vorliegende Arbeit gehört zum Gebiet der „Quantitativen Forschung“,
denn:
„Einer quantitativ orientierten Forschung geht es vor allem darum,
Hypothesen über Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen
an der Realität zu überprüfen. Die forschungsleitenden – aus Theorie
gespeisten – Hypothesen müssen operationalisiert werden, d.h. in
messbare Dimensionen überführt werden, um sie dann in Form von
Zahlen einer weiteren mathematischen Analyse zuzuführen.“74
Genau das ist in dieser Arbeit geschehen: Die aus den Vorgaben des Lehrplans
gespeisten Hypothesen, darunter die Haupthypothese, dass Abiturienten im schu-
lischen Chemieunterricht mit einem großen alltagsbezogenen Wissen ausgestattet
wurden, sind mit Hilfe eines Fragebogens und der anschließenden Überführung
der Ergebnisse in messbare, mathematische Modelle überprüft worden. Also gilt:
„Methoden der Datenerhebung, aber auch ganze Untersuchungen
müssen den Kriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität ge-
recht werden.“75
Eine Überprüfung dieser drei Gütekriterien darf in dieser Arbeit also nicht fehlen.
73 Mayer (2006), S. 54 74 Raithel (2006), S. 8 75 Krause, Balz, Müller (1997), S. 693
Einhaltung der Gütekriterien
197
6.1 Objektivität
Der Grad der Objektivität gibt an, inwieweit die erhaltenen Befunde unabhängig
von der jeweiligen Person, welche die Erhebung durchgeführt hat, sind. In diesem
Fall bereitet die Einhaltung der drei Unterpunkte Durchführungsobjektivität, Aus-
wertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität keine allzu großen Schwierig-
keiten. Es wurde bereits dokumentiert, dass bei dieser Erhebung streng darauf
geachtet wurde, verzerrend wirkende Formen interpersoneller Kommunikation
(Pygmalioneffekt, vgl. KAPITEL 3.1) möglichst zu vermeiden: der Rahmen der
Befragung war stets derselbe, die Durchführung kann also durchaus als objektiv
angesehen werden. Des Weiteren war an der Auswertung, die anhand strenger
Bewertungsrichtlinien durchgeführt wurde (vgl. KAPITEL 1.2), nur eine Person
beteiligt, so dass bei gleichen Antworten nie unterschiedliche Messergebnisse
zustande kommen konnten. Entsprechendes gilt für die Interpretationsobjektivität.
Die Objektivität ist für eine Arbeit wie der vorliegenden jedoch auch wichtig, um
Folge- oder Replikationsstudien zu ermöglichen. Voraussetzung dafür ist eine
umfassende Dokumentation der Datenerhebung sowie die eindeutige Darstellung
der Schlussfolgerungen. In den KAPITELN 2 und 3 wurden die Planung und Durch-
führung der Experten- und Studentenbefragung bereits ausführlich beschrieben, so
dass die Durchführung einer sich an diese Arbeit anschließenden Längsschnittstu-
die problemlos möglich sein sollte.
6.2 Reliabilität
Unter der Reliabilität versteht man die Verlässlichkeit der Messung. Eine Mess-
wiederholung unter identischen Bedingungen sollte bei einer reliablen Untersu-
chung zu stabilen Resultaten führen. Der Grad der Reproduzierbarkeit kann durch
einen Korrelationskoeffizienten ausgedrückt werden. Zu dessen Berechnung oder
Abschätzung stehen eine ganze Reihe umfangreicher Tests zur Verfügung (Test-
Retest-Methode, Paralleltest-Methode, Methode der Testhalbierung oder Split-
half-Reliabilität, Cronbachs-Alpha-Modell), deren Durchführung jedoch größten-
teils im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich ist. So wird bei der Test-
Einhaltung der Gütekriterien
198
Retest-Methode die Befragung nach einem bestimmten Zeitintervall wiederholt,
was in diesem Fall aus unterschiedlichen Gründen – die Studenten sollten in der
Zwischenzeit einiges in Chemie gelernt haben und somit die Aufgaben des Frage-
bogens besser beantworten können – sinnlos wäre. Auch die Paralleltest-Methode
ist nicht möglich, da dazu ein zweites, möglichst ähnliches Messinstrument nötig
wäre. Die einzige durchführbare Methode für die vorliegende Arbeit ist das Cron-
bachs-Alpha-Modell. Der von SPSS automatisch berechnete Cronbachs-Alpha-
Koeffizient kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen und stellt heute die gängige
Methode zur Schätzung der Reliabilität dar. Bei der Überprüfung wird das Mess-
instrument in so viele Untertests zerlegt, wie es besitzt. Der Koeffizient liefert
dann eine genaue Schätzung, wenn die Mittelwerte der überprüften Items gleich
sind. Ist diese Voraussetzung – wie in diesem Fall – nicht erfüllt, stellt der Cron-
bachs-Alpha-Koeffizient eine untere Grenze der Reliabilität dar, d.h. die wahre
Reliabilität ist mindestens so hoch wie der Wert, wahrscheinlich aber noch hö-
her.76 Die Berechnung des Koeffizienten ergab einen Wert von α = 0,884, der
nach als sehr gut zu bezeichnen ist.77 Die Studie kann somit als durchaus reliabel
beurteilt werden, d.h. bei einer wiederholten Messung unter gleichen Bedingun-
gen würde höchstwahrscheinlich das gleiche Ergebnis erzielt werden.
6.3 Validität
Unter der Validität (Gültigkeit) versteht man den Grad der Genauigkeit, mit dem
eine bestimmte Methode dasjenige Merkmal erfasst, das es der Erwartung nach
erfassen soll. 1974 unterschied die „American Psychological Association“ drei
Formen der Validität. Diese Unterscheidung nach Inhaltsvalidität, Kriteriumsva-
lidität und Konstruktvalidität ist in der Literatur bis heute allgemein verbreitet.78
Die Inhaltsvalidität bezieht sich darauf, dass möglichst alle Aspekte der Dimensi-
on, die gemessen werden sollte, berücksichtigt werden. Eine gültige Messung
kann also nur erfolgen, wenn jeder Aspekt des theoretischen Begriffs in den Ope-
76 vgl. Raithel (2006), S. 114 f 77 vgl. Eichenberg (2007), S. 149 78 vgl. Rohwer, Pötter (2002), S. 125
Einhaltung der Gütekriterien
199
rationalisierungen berücksichtigt wird. Für den Begriff Inhaltsvalidität existieren
jedoch keinerlei objektive Kriterien, weshalb sie auch nicht als „volles“ Validi-
tätskriterium aufgefasst werden, sondern eher als Idee, die bei der Konstruktion
eines Instruments nützlich sein kann, angesehen werden sollte. Das ist bei der
Konstruktion des für diese Arbeit erstellten Fragebogens geschehen: Die 21 Fra-
gen des B-Teils wurden so ausgewählt, dass die drei wichtigsten Gebiete der
Schulchemie (Allgemeine Chemie, Anorganische Chemie, Organische Chemie
bzw. Biochemie) größtmöglich abgedeckt wurden (vgl. Tabelle 3, KAPITEL 1.1.3).
Des Weiteren werden durch die Fragen zusätzlich fachspezifische Inhalte des
schulischen Chemieunterrichts abgedeckt (vgl. Tabelle 4, KAPITEL 1.1.3). Es wur-
de also bei der Auswahl der Fragen ein großer Wert darauf gelegt, das chemische
Gesamtwissen zu messen und nicht nur kleine Ausschnitte der Studenten zu be-
rücksichtigen.
Die Kriteriumsvalidität bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen den empi-
risch gemessenen Ergebnissen des Messinstruments und einem anders gemesse-
nen empirischen („externen“) Kriterium. Allgemein werden dabei zwei weitere
Formen der Kriteriumsvalidität unterschieden: die „predictive validity“ und die
„concurrent validity“. Prädiktive Validität besitzt ein Instrument dann, wenn Vor-
aussagen, die auf einer ersten Messung mit dem Instrument beruhen, durch spätere
Messungen mit einem anderen Instrument bestätigt werden können. Eine Form
der Bestimmung der „concurrent validity“ besteht in der „Methode der bekannten
Gruppen“. Sind zwei Gruppen bekannt, die auf der interessierenden Dimension
Unterschiede aufweisen, so muss ein Messinstrument diese beiden Gruppen deut-
lich unterscheiden können, um „concurrent validity“ zu besitzen. Weitergehend
sollen diese beiden Validitätsformen an dieser Stelle jedoch nicht betrachtet wer-
den, denn zum einen sind so in der Regel nur sehr schwache Zusammenhänge
zwischen Kriterium und dem Messinstrument nachweisbar, zum anderen gilt fol-
gendes ohnehin:
„Es gibt sehr häufig keine hinreichend genau gemessene Kriteriums-
variable für die Validierung einer Messung […].“79
79 Schnell, Hill, Esser (2008), S. 156
Einhaltung der Gütekriterien
200
Von weitaus größerer Bedeutung im Vergleich zu den oben beschriebenen For-
men der Inhalts- und Kriteriumsvalidität ist die dritte existierende Form, die Kon-
struktvalidität.
Konstruktvalidität liegt dann vor, wenn aus dem Konstrukt, also aus den erstellten
Variablen, empirisch überprüfbare Aussagen über Zusammenhänge mit anderen
Konstrukten theoretisch hergeleitet werden können und sich diese Zusammenhän-
ge empirisch nachweisen lassen. Der Nachweis der Konstruktvalidität ist jedoch
ein komplexer Prozess, der häufig verschiedene Studien und unterschiedliche An-
sätze erforderlich macht.80 Im Rahmen dieser Arbeit ist eine solch aufwendige
Überprüfung nicht möglich.
In jedem Fall bezeichnet die Konstruktvalidität den Grad, mit dem ein Test ein
theoretisches Konstrukt oder Merkmal misst – in diesem Fall beschreibt sie also
den Grad, mit dem die Erhebung das chemische Wissen der befragten Studenten
gemessen hat. Und dieser Grad kann auch ohne komplexe Folgestudien zumindest
grob eingeschätzt werden: Die vorliegende Erhebung sollte einen Überblick über
das chemische Schulwissen eines Abiturienten geben und mit dem Lehrplanwis-
sen eines Abiturienten – also mit dem, was ein Abiturient theoretisch können
müsste – verglichen werden. Das Messinstrument (der Fragebogen der Studenten-
befragung) wurde dabei so konstruiert, dass möglichst viele Gebiete und Bereiche
der Schulchemie abgefragt werden konnten. Um den Fragebogen dennoch in ei-
nem angemessenen Rahmen zu halten, mussten die Fragen für jedes Gebiet auf
einige wenige, zum Teil recht schwer zu beantwortende Aufgaben beschränkt
werden – darunter leidet die Validität natürlich. Die Gültigkeit einer Aussage ein
bestimmtes Gebiet betreffend, die sich auf die Antworten aus nur drei oder vier
Aufgaben stützt, ist offenkundig weniger gültig, als eine entsprechende Aussage,
die sich aus der Gesamtheit von einem Dutzend oder mehr Fragen ergibt. Doch es
war – das sei noch einmal nachdrücklich erwähnt – auch nicht das Ziel dieser Stu-
die, einzelne Gebiete zu überprüfen. Der Überblick über das chemische Gesamt-
wissen eines Abiturienten stand zu jeder Zeit im Mittelpunkt. Betrachtet man die
Studie unter diesem Aspekt, lässt sie sich durchaus als valide einschätzen – im-
80 vgl. LoBiondo-Wood (2005), S. 503
Einhaltung der Gütekriterien
201
merhin umfasst der Fragebogen dann 21 Aufgaben zu einem Thema. Die Validität
wäre jedoch abschließend mit der oben angeführten Berechnung zu überprüfen.
Bilanz und Motivation
202
7 Bilanz und Motivation
Was bleibt am Ende einer solchen Erhebung? Es kann sicherlich festgehalten
werden, dass es eine Menge (hauptsächlich naturwissenschaftlich interessierter)
Abiturienten gibt, die mit einem großen chemischen Wissen die Schule verlassen.
Danach stehen jedem die Türen Europas und der gesamten Welt offen. Viele nut-
zen diese Gelegenheit und gehen ins Ausland, zur Bundeswehr, leisten Ersatz-
dienst oder nutzen die neu gewonnene Freiheit bspw. mit einem Engagement im
sozialen Bereich schlicht zur Orientierung. In dieser Zeit geht Wissen – nicht nur
chemisches Wissen – unweigerlich verloren. Hängen bleibt, was nicht zu abstrakt
ist und im Kontext mit alltäglichen Phänomenen steht. Das unterstreichen zahlrei-
che, auf dem Fragebogen der Studentenbefragung notierte Kommentare, die alle-
samt die Zeitspanne zwischen letztem Schulunterricht und dem Zeitpunkt der Um-
frage beinhalteten. Diese Tatsache führt zu Einschätzungen wie der folgenden:
„Es ist bekannt, aber noch nicht systematisch erfasst, dass die chemi-
schen Kenntnisse der Studienanfänger minimal sind.“81
Als Indiz dieser Feststellung werden oftmals Gründe wie „das Fach Chemie wird
häufig abgewählt“ oder „Leistungskurse in Chemie werden immer seltener ange-
boten, da sich nicht genügend Gymnasiasten dafür interessieren“ angeführt.82 Ar-
gumente, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gänzlich und für alle Abi-
turienten gültig überprüft werden können.83 Die Ergebnisse dieser Arbeit bestäti-
gen aber die obigen Feststellungen nicht – zumindest für die Gruppe der hier be-
fragten Abiturienten, die ein „chemielastiges“ Studium wählten (Theologiestuden-
ten ausgenommen). Bei diesen Studenten ist das Interesse an Naturwissenschaften
und Chemie durchaus groß, was neben den dort erbrachten Leistungen auch die
Wahl der Leistungs- und Grundkurse bestätigt. Diese Studenten hatten infolge
dessen auch keine größeren Probleme, den Großteil der im Fragebogen gestellten
81 Szagun (2001), S.78 82 vgl. Szagung (2001) S. 78 f 83 Die in dieser Arbeit befragte Studentengruppe stellt keineswegs eine repräsentative Stichprobe
aller Abiturienten dar – es wurden schließlich aus bekannten Gründen fast ausnahmslos, nämlich bis auf die Theologiestudenten, nur solche Abiturienten befragt, die ein mehr oder weniger von Chemie geprägtes Studium wählten. Aus demselben Grund gelten die Ergebnisse auch nicht für alle Studienanfänger an der Philipps-Universität geschweige denn in Hessen oder Deutschland.
Bilanz und Motivation
203
Aufgaben zu lösen. Und für die befragten Abiturienten, die Chemie entweder früh
abwählten, oder aber ohne großes Interesse in der Oberstufe belegten, gilt, dass sie
gerade die Alltagschemie betreffenden Fragen beantworten konnten. Das ist es,
was der Lehrplan verlangt. Neben einer zeitgemäßen naturwissenschaftlichen
Grundausbildung, welche die Schüler bereits in der Sekundarstufe I erwerben sol-
len, stehen vor allem die Entwicklung der Studierfähigkeit, die bei den meisten
Studenten aus chemischer Sicht sicherlich vorhanden ist, und immer wieder das
Bewältigen von Alltagssituationen im Mittelpunkt der im hessischen Lehrplan
formulierten Ziele des Faches Chemie.
„Ziel des Chemieunterrichts in der gymnasialen Oberstufe ist es so-
mit, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, in Lebensbereichen, in
denen chemisches, naturwissenschaftliches und technisches Wissen
erforderlich sind, sachkompetent und verantwortungsbewusst zu han-
deln und zu entscheiden.“84
Diese Erhebung bestätigt, dass viele Abiturienten – insbesondere solche, die sich
für das Fach interessieren – dazu durchaus in der Lage sind. Schüler, denen das
Interesse an der Chemie fehlt, entwickeln in ihrer Schullaufbahn hingegen nur ein
sehr geringes chemisches Verständnis.
Ob diese Folgerung in gewisser oder indirekter Weise von dem Bundesland, in
welchem das Abitur erworben wurde, abhängig ist, vermag diese Arbeit nicht zu
klären – auch wenn die nötigen Informationen diesbezüglich durchaus vorhanden
sind, jedoch genau wie sehr viele weitere Inhalte aus Zeitgründen nicht weiter
ausgewertet werden konnten. Es liegt nun mal in der Kulturhoheit der Länder, die
Schulausbildung nach eigenen Vorstellungen zu regeln. Die vorliegende Studie
bezieht sich deshalb ausschließlich auf den hessischen G9-Lehrplan aus dem Jahr
2003, da die meisten der Studenten ihr Abitur nach diesem Programm erworben
haben. Die Gruppe der Befragten nach den Bundesländern aufzuteilen, um die
Ergebnisse anschließend mit den dort gültigen Lehrplänen zu vergleichen, ist ein
durchaus interessanter Ansatz für eine weiterführende Studie, hätte den Rahmen
dieser Arbeit allerdings endgültig gesprengt.
84 Hessischer G9-Lehrplan (2003), S. 2
Bilanz und Motivation
204
Die neuesten Ergebnisse der PISA-Studie („Programme for International Student
Assessment“ bzw. „Programm zur internationalen Schülerbewertung“) würden
eine solche Arbeit durchaus rechtfertigen. In dem am 18. November 2008 veröf-
fentlichten Bericht heißt es, dass die ersten Bundesländer (Sachsen, Bayern, Thü-
ringen und Baden-Württemberg) an internationales Spitzenniveau aufschließen
konnten. Ziel müsse es aber weiterhin sein, die zum Teil sehr großen Leistungsun-
terschiede zwischen den Bundesländern anzugleichen. Dabei könnte man, gerade
was den naturwissenschaftlichen Unterricht betrifft, durchaus von Spitzenländern
lernen, teilte Bundesbildungsministerin Annette Schavan noch am Tag der Veröf-
fentlichung in einer Pressemitteilung mit.85 Trotzdem: Immerhin 13 der 16 deut-
schen Bundesländer liegen in den Naturwissenschaften über dem Durchschnitt der
OECD-Länder (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung).
Auch könnten in einer solchen Studie Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwi-
schen den Lehrplänen der Länder herausgearbeitet und, in Korrelation mit den
Ergebnissen der befragten Erstsemesterstudenten, Kriterien erstellt werden, die für
einen Lehrplan unverzichtbar bzw. überflüssig erscheinen. Dass diese entrümpelt
und verschlankt werden müssen, ist noch immer ein aktuelles Thema, welches
sich hartnäckig in Presse und Medien hält. Der emeritierte Pädagogik-Professor
der Universitäten Tübingen und Ulm, Ulrich Herrmann, forderte im April diesen
Jahres in einem in der Süddeutschen Zeitung erschienen Artikel sogar, alle Lehr-
pläne gänzlich „in den Müll“86 zu werfen – und er stellt darin nicht nur das zum
Teil bereits umgesetzte Vorhaben, sondern sogar die Diskussion um das Verkür-
zen der Schulzeit auf zwölf Jahre in Frage.
„Die Debatte über die Lehrpläne in der verkürzten Gymnasialzeit
geht von drei irrigen Voraussetzungen aus: Erstens sind die heutigen
Lehrpläne keine Lehr-, sondern Stoffverteilungspläne. Zweitens sind
sie keine Pläne, sondern Vorschriften und insofern sind sie ein zentra-
les Instrument der bürokratischen Verregelung der Schule. Drittens
85 Pressemitteilung der Bundesregierung vom 18. November 2008, in:
http://www.bundesregierung.de/nn_1264/Content/DE/Artikel/2008/11/2008-11-18-pisa-ergebnisse.html
86 Ulrich Herrmann, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 81 vom 7. April 2008; vgl. Anhang Nr. 3
Bilanz und Motivation
205
sind Lehrpläne keine Lerngänge; denn sie sagen ja nicht, wie die
Schüler praktisch vorgehen sollen. Und weil das so ist, ergibt es kei-
nen Sinn, sie wieder einmal nach neuester politischer oder pädagogi-
scher Mode umzufrisieren, sondern sie gehören in den Papierkorb
und müssen durch Arbeitspläne für die Schüler ersetzt werden.“87
Aus schulpädagogischer Sicht sei diese Argumentation zwar durchaus nicht neu,
werde aber offenbar von Politikern, die zur Erstellung und Umgestaltung der
Lehrpläne oftmals Politikerkollegen und Wissenschaftler, statt Schulleute beauf-
tragen, immer wieder vergessen.
„Man kann es sich auch so klarmachen: Der Fahrplan der Bahn ergibt
für die Reisenden nur Sinn, wenn er auch zugleich als Arbeitsplan für
die Lokführer funktioniert.“88
Dennoch: Immerhin setze sich mittlerweile mehr und mehr durch, in Zukunft we-
niger darauf zu achten, was Lehrer unterrichten, sondern was Schüler tatsächlich
können.
Ob es nun auf reformierte oder gänzlich neue Lehrpläne hinausläuft: Fest steht,
dass auch die Chemieausbildung an der Schulen effektiver gestaltet werden muss.
Immerhin bleiben recht viele Schüler, auch solche, die Interesse an dem Fach zei-
gen, auf der Strecke – die große Spanne zwischen „guten“ und „schlechten“ Abi-
turienten ist in dieser Arbeit besonders im Studiengang Medizin auffällig. Einen
größeren Lernerfolg erreicht man bspw. – das ist die einvernehmliche Meinung
der Wissenschaft – durch den Alltagsbezug bzw. die Verknüpfung des Lernstoffs
mit der Umwelt der Schüler; vielleicht ein durch Lehrer noch nicht allzu oft prak-
tizierter Lehrweg. Man sollte schon in der Schule beginnen, Beziehungen zwi-
schen Chemie und anderen Wissenschaften wie Biologie, Medizin oder Pharmazie
stärker herauszuarbeiten – nicht nur wegen des kurzfristigen Prüfungserfolgs,
sondern auch und gerade, um die Schüler in ihren naturwissenschaftlichen Denk-
prozessen zu unterstützen; und das ist nun mal das Ziel der Lehrpläne.
87 Ulrich Herrmann, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 81 vom 7. April 2008; vgl. Anhang Nr. 3 88 a. a. O.
Bilanz und Motivation
206
Nichts desto trotz: Bei allen Reformen, Diskussionen, Gesprächen und Gesetzen
kann fehlender Lernerfolg nicht nur mit mangelhaft ausgearbeiteten Lehrplänen
begründet werden.
„Denn es ist wie alles: abhängig von Lehrer, Schülern, Ausstattung
der Fachräume, Klassengröße. Wie soll ein Experimentalunterricht
mit 33 Schülern gelingen?“89
89 Gerwig (2008), ausgewählter Kommentar der Expertenbefragung zur vorliegenden Arbeit „Che-
misches Wissen von Studienanfängern“.
Anhang
207
Anhang
Anhang 1: Material der Expertenbefragung. Bestehend aus Anschreiben (1.1), Informationsblatt (1.2) und Fra-gebogen (1.3).
Anhang 2: Fragebogen der Studentenbefragung. Anhang 3: Ulrich Herrmann (2008): Entsorgt die Lehrpläne, in: Süddeutsche
Zeitung, Nr. 81 vom 7. April 2008. Anhang 4: CD-ROM mit einer elektronischen pdf-Version der vorliegenden
Arbeit sowie den aus den Umfragen resultierenden numerischen Ergebnissen als SPSS- bzw. Excel-Dateien (im hinteren Einband).
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208
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Die Orthographie in den Zitaten entspricht den Quellen – lediglich aus den Exper-
tenkommentaren wurden evtl. vorhandene Fehler entfernt, dem Sinn nach jedoch
nicht verändert.
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Lizenzerwerb am 23. September 2008.
Sonstiges:
1986er-Arbeit: Die (unvollständige) Arbeit ist nicht öffentlich zugänglich. Eine Kopie befindet sich in meinem Besitz.
Erklärung
Ich versichere hiermit, dass die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst, keine
anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet und sämtliche Stellen, die den
benutzten Werken dem Wortlaut oder dem Sinne nach entnommen sind, mit Quel-
lenangaben kenntlich gemacht sind. Alle wörtlich entnommenen Stellen sind als
Zitate kenntlich gemacht. Die Festplatte, auf der der Text gespeichert wurde, be-
findet sich in meinem Besitz.
Mario Gerwig
Marburg, den 08. Dezember 2008