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D E M E N Z und Palliative Geriatrie in der Praxis Marina Kojer 2012 1

D E M E N Z und Palliative Geriatrie · Marina Kojer 2012 2 hochbetagt, schwach und müde fortgeschritten multimorbid verloren, unsicher, sprachlos schmerzgepeinigt verängstigt,

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D E M E N Z und Palliative Geriatrie

in der Praxis

Marina Kojer 2012 1

Marina Kojer 2012 2

hochbetagt, schwach und müde fortgeschritten multimorbid

verloren, unsicher, sprachlos schmerzgepeinigt

verängstigt, orientierungslos unverstanden, hilflos, wehrlos

von rezidivierenden Infekten gequält ruhelos, schlaflos.....

„Nur“ dement?

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„Nicht nur am Leben sein sondern ein Leben haben!“

Erich Loewy

LEBENSQUALITÄT

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Erfolgreiche Linderung setzt das frühzeitige und sorgfältige

Wahrnehmen und Berücksichtigen der Kernbedürfnisse und Kernprobleme

der Betroffenen voraus.

Auszug aus der WHO-Definition 2002

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Fortgeschritten Demenzkranke sind in allen Belangen desorientiert. Sie können ihre Eindrücke nicht

zuordnen, ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht formulieren...

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...sie können ihre Schmerzen und quälenden Beschwerden weder

orten („wo tut es mir weh?�), noch benennen („was ist das,

was mich quält?)...

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...daher werden ihre Leiden oft übersehen, nicht ernst

genommen, falsch gedeutet und falsch behandelt.

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Seit zwanzig Jahren belegen Studien, dass die Schmerzen

fortgeschritten Demenzkranker sehr häufig nicht adäquat

behandelt werden.

Exemplarisch.: Mobily et al.,1994; Morrison und Siu, 2000; Reynolds et al., 2002; Horgas und Elliot, 2004; Shega et al 2006; Smalbrigge et al 2007

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Alles Fachwissen bleibt vergeblich, wenn Schmerzen,

andere quälende Beschwerden, Wünsche und Bedürfnisse nicht

erkannt werden!

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Fehlt es nur an noch besseren Assessmentinstrumenten?

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Kommunikation ist die einzige Brücke vom Ich zum Du!

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Der Ausdrucksbehinderung der Kranken steht eine Verstehens-

behinderung der Helfenden gegenüber.

Klaus Dörner

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Solange es uns nicht gelingt in Beziehung zu treten und den

Kranken so weit es geht in ihre Welt zu folgen bleiben sie für

uns unzugänglich.

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Mit der sprachlichen Distanz geht auch die ethische Distanz einher, die die Flucht aus der Wirklichkeit des Leidens des

anderen ermöglicht. Maximilian Gottschlich

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Auf das anhaltende Fehlen von Beziehung, auf Respektlosigkeit

und fehlende Wertschätzung reagieren sie indem sie sich immer mehr zurückziehen.

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Endstadium der Demenz?

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Demenzkranke haben ein Recht auf

kommunikative Grundversorgung!

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Die Kunst auch mit schwer kontaktierbaren Menschen in Beziehung zu treten, bildet

einen entscheidenden Teil der Professionalität aller in die Betreuung eingebundenen

Berufsgruppen!

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Fortgeschritten Demenzkranke erleben die Welt ausschließlich auf der Gefühlsebene. Nur dort

können wir versuchen ihnen zu begegnen.

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Solange wir ihre Signale als demenztypisch „normal“ ansehen,

gehen ihre Beschwerden in der Regel hinter ihrem „störenden“

„herausfordernden Verhalten“ unter.

Häufige körperliche Ursachen für herausforderndes Verhalten

•  Schmerzen •  Flüssigkeitsmangel •  Sauerstoffmangel •  Blutdruck •  Blutzucker •  Med. Nebenwirkung •  Med. Überdosierung •  Subdurales Haematom...

•  Hunger, Durst •  Harndrang •  Stuhldrang •  Obstipation •  Harnverhaltung •  Beginnender Infekt •  Juckreiz •  Schlechte Lage...

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Umweltfaktoren, die häufig Verhaltensauffälligkeiten auslösen

•  Angstauslösende Faktoren •  Eingesperrt sein •  Licht- und Reizmangel •  Reizüberflutung •  Mangel an Zuwendung •  Respektloses Verhalten •  Lieblose, gleichgültige Behandlung...

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Demenzkranke fordern uns nicht nur als Fachleute sondern auch –

und vor allem – als Menschen!

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Fachkompetenz alleine genügt nicht!

Gefragt ist das mitfühlende und beseelte Beobachten des

Anderen, um sein „Anderssein“ besser zu verstehen.

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Palliative Haltung im Kontext Demenz

•  Innere Zustimmung zur Gleichwertigkeit und Gleichwürdigkeit aller Menschen

•  Respekt und Wertschätzung

•  Zuwendung, Geduld, Verständnis, Taktgefühl

•  Entschleunigung im Miteinander

•  Bereitschaft sich zu den Zielen der anderen führen zu lassen

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Unsere Denkbrillen bestimmen, was für uns selbstverständlich ist. Sie sind es, die verhindern, dass wir Demenzkranke als Personen, als bedeutsame Andere sehen.

„Wir brauchen neue Denkbrillen!� (Marion Bär)

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Wir müssen die Kunst des sich Einlassens

wieder erlernen!

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Sich einlassen heißt sich von fremdem Leid

berühren lassen.

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Das Grundwort Ich – Du kann nur mit dem ganzen Wesen gesprochen werden. Wer Du spricht, hat kein Etwas zum

Gegenstand.

Martin Buber