Daniel, Analyse Der Autostadt Anhand Bourdieus Kapitaltransformation Fall 2010

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Daniel Ebert 10200264 [email protected] Management of Communication Karen Vey Fall 2010 Zeppelin University

Analyse der Autostadt anhand Bourdieus Kapitaltransformation

InhaltAbstract.........................................................S. 2 Persnlicher Hintergrund.............................. S. 2 Die Autostadt................................................ S. 3 Kapitaltransformationsanalyse..................... S. 5 Ausblick........................................................ S. 8 Anhang..........................................................S. 9 Abbildungen......................................S. 9 Abbildungsverzeichnis......................S.12 Literaturverzeichnis...........................S.13 Internetquellen.................................. S.13

AbstractAuf Basis meines Vortrages im Fach Management of Communication bei Frau Vey, im Herbstsemester 2010, an der Zeppelin University ber die VW Autostadt als Kommunikationsplattform erarbeite ich in der schriftlichen Auseinandersetzung eine Marketinganalyse der Autostadt mit Hilfe von Bourdieus Kapitaltransformation. Ich zeige wie VW rund um die Autostadt in Kunst und Kultur investierte um anhand dieses kulturellen Kapitals seine Marke aufzuwerten und mit den Veranstaltungen und im Schein der Kunstnhe soziales Kapital in Form von Kundenbindung und Neukundengewinnung erhht, um letztlich konomischen Gewinn aus der Kapitaltransformation zu ziehen. So entsteht eine Spirale von konomischer Investition (Kapital) ber kulturelles Kapital zu sozialem Kapital und zurck zu (der Hoffnung nach erhhtem) konomischen Kapital.

Persnlicher HintergrundIch habe in der nheren VW Region, genauer gesagt Fallersleben und Gifhorn meine gesamte Schulzeit verbracht. Viele meiner Verwandten, Bekannten, Eltern von Freunden arbeiteten fr VW. Als grter Arbeitgeber und Identifikationsikone der Region hatte VW einen unbestreitbaren Einfluss auf mein Leben. Ich besuchte die Autostadt mehrmals (ca. 7 Mal), zuletzt zur Weihnachtszeit 2010 fr diese Arbeit. Ich bin fasziniert von der berdimensionalen Inszenierung und dem weiten Angebot, allerdings wirkt beides manchmal auch bertrieben, sogar

grenwahnsinnig, was negative Konnotationen zur Folge haben kann. Um die Autostadt besser zu verstehen, mchte ich sie mit Hilfe von Bourdieus Kapitaltransformation betrachten. In einer so kurzen Arbeit wie dieser kann das nur auszugsweise geschehen. Es ist quasi ein erster Versuch, bei dem Ich selbst gespannt bin, was die Kapitalanalyse zum Vorschein bringen wird.

Die AutostadtUm die Autostadt besser zu verstehen, blicken wir kurz in die Geschichte des Volkswagen-Werkes und der Stadt Wolfsburg. Polemisch pointiert entwickelte sich Wolfsburg von der Barackenstadt ber die Werkssiedlung zur Wirtschaftswunderstadt und durch die VW-Krise angestoen zur Autostadt.1 Von der Barackenstadt (1938 - 1945) zur quasi Werkssiedlung (1945 - 1950): Die Verknpfung zwischen VW (damals Kraft durch Freude-Werk) und Wolfsburg (damals Stadt des Wagens Kraft durch Freude bei Fallersleben) liegt bereits in der Grndung. Im Mai 1938 wurde das Werk unter Hitler erffnet, kurz darauf am ersten Juli 1938 wurde die entsprechende Stadt herum neu gegrndet. Kriegsbedingt waren die Stadtentwicklung und Unterknfte mangelhaft, in unzhligen Baracken wurden viele Gefangene, Zwangsarbeiter und KZ-Hftlinge fr die Rstungsproduktion im Kraft durch Freude-Werk angesiedelt. Nach Kriegsende wurde die Stadt 1945 in Wolfsburg umbenannt. Historisch und begrifflich zwar ungenau, doch den Stadtcharakter passend beschreibend, wurde und wird Wolfsburg oft als Werkssiedlung bezeichnet, also als Siedlung zur reinen Unterbringung von industriellen Arbeitskrften. Die negative Konnotation spielt auf den industriefeudalen Charakter an, bei dem sich eine regionale Entwicklung wie das ffentliche und teils private Leben nach einem Grobetrieb, hier VW, richtet. Von der Wirtschaftswunderstadt (1950 - 1960) zur VW-Krise (1990): Im Laufe der Nachkriegs-Jahre entwickelte sich VW sehr gut. Der Millionste verkaufte VW Kfer war das Symbol des deutschen Wirtschaftswunders. Die gesamte Region profitierte vom Werk bis Anfang der '90 die VW-Krise ausbrach. Der Verkauf und damit die Produktion sank dramatisch mit Folgen fr Belegschaft und Region, Zukunftsngste machten sich breit. Teil der Krise war das volkstmliche Image, welches dem Verkauf teurer Modelle hinderlich war. Eine Neugestaltung musste her, das Image sollte aufgepeppt werden.

1 Vgl. im folgenden mit Hartha u.a. 2010, S.22 ff.

Die Autostadt (seit 2000): Initialzndung und bedeutender Auftakt der erlebnisorientierten Groprojektreihe in Wolfsburg war die Autostadt auf dem VW-Werksgelnde, die einen Tag vor der Expo 2000 in Hannover am 31. Mai 2000 erffnet wurde.2 Nicht nur VW, sondern ganz Wolfsburg initiierte nach der Krise eine komplette Neuausrichtung auf erlebnisorientierte Groprojekte. Dazu gehren neben der Autostadt, das Kunstmuseum, das Science Center phaeno, die Volkswagen Arena, das Badeland und andere. Beeinflusst wurde die allgemeine Erlebnisorientierung vor allem durch Gerhard Schulzes Publikation zur Erlebnisgesellschaft.3 Die Autostadt wurde in nur drei Jahren fr 850 Millionen DM (~425 Millionen ) auf 25 Hektar (ca. 35 Fuballfelder oder die Flche der kleinsten Schweizer Gemeinde Ponte Tresa) aus dem Boden gestampft, think big und nicht kleckern, sondern klotzen4 lautete dabei die Devise. Die Autostadt ist sinnbildlich als VWs Disneyland zu verstehen. Unter dem Leitspruch Menschen, Autos und was sie bewegt vereint sie Werbung, Kommunikation und Unterhaltung in einer Plattform, an einem Ort in berdimensionalem Ausma. Sie ist sowohl Kundencenter, Abholstelle fr Neukunden, Museum, Industrieerlebniswelt5, in der vor allem in sieben Pavillons die Konzernmarken6 erlebbar gemacht werden, zudem ist die Autostadt Kulturveranstaltungsort, Touristenattraktion, Identifikationsikone fr Stadt und Bevlkerung und sogar ein vom Niederschsischen Ministerium anerkannter auerschulischer Lernort. Um die immense Gre zu illustrieren mchte ich ein paar Statistiken aus dem Jahr 20087 nennen: In dem Jahr kamen 1.93 Millionen Besucher (zum Vergleich: In den grten norddeutschen Vergngungpark, dem Heide-Park Soltau, kamen 1,36 Millionen Besucher8). Es gab 157.000 AutoAbholungen, das waren tglich ca. 430, statistisch waren das ca. 35 pro Stunde, ber 125.000 Schler nutzten das Bildungsangebot (zumeist im Klassenverband) und zur grten Kulturveranstaltung, der Movimento Tanzfestivalwoche, kamen 43.500 Besucher. Die Autostadt zeichnet sich durch hochwertigen Service aus, so bekommt jeder Autoabholer einen persnlichen Autostadtfhrer zur Verfgung gestellt. Ebenso zeichnet sie sich durch Kunst, Design & Architektur zur Inszenierung aus. Auch ein gewisser Luxusstandard spielt eine wichtige PrestigeRolle, vor allem das Ritz-Carlton Luxushotel auf dem Gelnde. Die Autostadt funktioniert als vielfltige Kommunikationsplattform und wertet die Marke VW auf.2 3 4 5 Hartha u.a., 2010, S.45 Gerhard Schulze, Die Erlebnisgesellschaft, 1992 Hartha u.a., 2010, S.41 Mehr hierzu: Frank Roost, Branding Center. Der Einfluss globaler Markenkonzerne auf die Innenstdte am Beispiel von Projekten des Sony-Konzerns, 2008 6 Lamborghini, Audi, Seat, Skoda, VW Nutzfahrzeug, Volkswagen, Bugatti + Bentley sind in einem Pavillon, dem Premium Clubhouse vereint. 7 Vgl. .destinet, Autostadt mit guter Bilanz 2008, http://www.destinet.de/index.php?option=com_content&task=view&id=6244&Itemid=276, Aufruf: 17.12.2010 8 Angaben des Veranstalters: http://www.heide-park-world.de/index.php/historie/statistik/besucher, Aufruf: 17.12.2010

KapitaltransformationsanalyseAnhand von Bourdieus Kapitalbegriffen werde ich aufzeigen, wie die Kommunikationsplattform Autostadt Mithilfe von Kunst und Kultur die Marke VW aufwertet und konomisches Wachstum anstrebt. Bourdieu unterscheidet drei Kapitalbegriffe: Das konomische, das soziale und das kulturelle Kapital, alle drei kann man in einander transformieren. Das konomische Kapital entspricht dem gngigen Kapitalbegriff von Geld oder anderen monetren Werten. Mit dem sozialen und dem kulturellen Kapital erweitert Bourdieu den Kapitalbegriff entscheidend. Dabei ist das soziale Kapital als Netzwerk zu verstehen auf das man Zugriff hat und mit dem man verbunden ist. Das kulturelle Kapital ist vor allem Bildungskapital, aber auch eng verbunden mit dem Habitus, einer Art Verhaltenskodex. Das kulturelle Kapital tritt im inkorporiertem Zustand als Wissen auf, im institutionalisiertem Zustand als Titel und im objektiviertem Zustand als kulturelle Gter. Auf diese letzte Form werde ich im Besonderen eingehen. Der Besitz und die Auseinandersetzung mit kulturellen Gtern stellt sich nach Wolfgang Ullrich9 (hier: moderne Kunst) als Machtsymbol dar und spricht dem Kulturkonsumenten so einen hohen Status zu. In der Autostadt wurde dieses als Branding-Tool genutzt, denn "Statussymbole zahlen sich freilich aus, sobald sie einen ImageGewinn verschaffen und damit etwa zur Kundenwerbung beitragen." 10 Zum 10 Jhrigen Jubilum prsentiert die Autostadt online ihre Kunstgter gesondert und hebt somit deren Bedeutung zur Selbstdarstellung nochmals hervor. Schon auf der Piazza im KonzernForum, also der Eingangshalle der Autostadt findet sich eine exorbitante Doppelinstallation von Ingo Gnther. Es handelt sich um World Processor Globenfeld, bei der unter einer Bodenglasplatte 80 verschieden gestaltete Globen unterschiedliche Weltdaten prsentieren, darber befindet sich die Exophre, ein 12 Meter umfassendes Alugerst, welches die Welt im Mastab 1:1Millionen reprsentieren soll und die Koordinaten der Autostadt ins Zentrum stellt (Abb.1, die Abbildungen befinden sich im Anhang). Der Knstler bezeichnet seine Globenkunst als knstlerische Navigationshilfen beim intellektuellen und emotionalen Erfassen unserer Welt.11 Beide Kunstwerke zeigen die globale Ausrichtung des Volkswagenkonzerns an. Die Autostadt und damit VW entspringt so von Anfang an dem Provinziellen Wolfsburgs und prsentiert sich als global denkende Weltmarke. VW verwandelt sich auf der Schwelle zum Eingang in die Autostadt vom Volkstmlichen zum Globalplayer. Des Weiteren ist die Eingangshalle von Gerhard Merz unter dem Werknamen Rot Blau Gelb zwischen Kunst und Architektur gestaltet (Abb.2). Auf insgesamt 4000 qm sind dabei sehr teure (OZ:

9 Wolfgang Ullrich, Mit dem Rcken zur Kunst. Die neue Statussymbole der Macht. 2000 10 Wolfgang Ullrich, 2000, S.62 11 http://www.autostadt.de/de/ort/kunst/ingo-guenther-world-processor-globenfeld.html

sndhaft teuer)12, exquisite Farben aus Asien (Kadmiumrot), Amerika (Kobaltblau) und England (Kadmiumgelb) mit einer aufwndigen Stucktechnik aufgetragen, es soll an brillanten Autolack erinnern und vor allem den hohen Qualittsanspruch von VW reprsentieren. Der Anblick erinnert auch an den VW New Beetle (Abb.3), welcher vor allem das neue trendbewusste, erlebnisorientierte Image von VW trgt. Wie andere Kunstwerke der Autostadt so erweckt auch dieses den Anschein von berdimensionalem Art Dco, welches dem Design und der Funktionalitt nahe ist. In der Autostadt vereint sich leichte, unterhaltsame, unaufdringliche, erlebnisorientierte Kunst. Andere Beispiele sind Matt Mullicans plakative Bannerinstallation im Kundencenter (Abb.4), Peter Koglers dynamische Raumgestaltung im Zeithaus (Abb.5), Anselm Rayles Lichtmobile im Clubhouse (Abb.6) oder Hendrik Schrats Technikkunst (Abb.7,8). Besonders hervorzuheben ist zudem Olafur Eliassons Dufttunnel. Der begehbare Blumenkastentunnel des vielleicht bekanntesten Knstlervertreters in der Autostadt kombiniert die Erlebnisorientierung zwischen Touristenattraktion und Kunst im besonderen Mae. Alle Kunstwerke der Autostadt sollen den dynamischen, innovativen und besonderen Charakter VW's darstellen. Wolfgang Ullrich verweist darauf, dass schon Pierre Bourdieu fest stellte, da in der modernen Gesellschaft gerade die Kunst das eigene Persnlichkeitsprofil sichtbar machen kann: Kunstwerken als >>vergegenstndlichen Zeugnissen des >persnlichen Geschmacks< werde fast so viel Aussagekraft eingerumt wie der Zurschaustellung bestimmter Eigenschaften oder Fhigkeiten im Handeln