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Das ausländische Strafrecht der Gegenwart Herausgegeben von Edmund Mezger Adolf Schönke Hans-Heinrich Jescheck Vierter Band Amerika . Norwegen . Türkei Duncker & Humblot . Berlin

Das ausländische Strafrecht der Gegenwart...Das ausländische Strafrecht der Gegenwart Herausgegeben von Edmund Mezger †Adolf Schönke †Hans-Heinrich Jescheck Vierter Band Amerika

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  • Das ausländische Strafrechtder Gegenwart

    Herausgegeben von

    Edmund Mezger †Adolf Schönke †

    Hans-Heinrich Jescheck

    Vierter Band

    Amerika . Norwegen . Türkei

    Duncker & Humblot . Berlin

  • M e z g e r t — S c h ö n k e t — J e s c h e c k

    Das ausländische Strafrecht der Gegenwart

    V i e r t e r B a n d

  • Das ausländische Strafrecht der Gegenwart

    Herausgegeben von

    E d m u n d M e z g e r t

    A d o l f S c h ö n k e t

    H a n s - H e i n r i c h J e s c h e c k

    V i e r t e r B a n d

    Amerika · Norwegen · Türkei

    D U N C K E R & H U M B L O T / B E R L I N

  • © 1962 Duncker & Humblot, Berlin

    Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der

    photomechanischen Wiedergabe und der Ubersetzung, vorbehalten

    Gedruckt 1962 bei Hans Winter Buchdruckerei, Berlin SW 61

  • Inhalt

    Prof. Dr. Richard M. Honig, USA:

    Das amerikanische Strafrecht 7

    Prof. Dr. Johs. Andenaes, Oslo:

    Das norwegische Strafrecht 263

    Dr. Ayhan önder, Istanbul:

    Das türkische Strafrecht 417

  • Das amerikanische Strafrecht

    Von Professor Dr. Richard M. H o n i g , Göttinger

  • Inhalt

    V o r w o r t

    E r s t e s K a p i t e l :

    G r u n d b e g r i f f e

    I. Elemente der Straftat: overt act und criminal intent unter dem prin-ciple of concurrence. 1. Tragweite des Begriffs ,criminal intent4, a) criminal intent umfaßt neben vorsätzlichem Handeln gross negligence oder reck-lessness. b) Parallelität zwischen der Unterscheidung: gross negligence und mere negligence und dem Gegensatz von culpa lata und culpa levis, α) Fahrlässigkeit im Straßenverkehr bewertet als recklessness, β) Gleichbewer-tung grobfahrlässigen Verhaltens und vorsätzlichen Handelns, c) Moralischer Unwert (moral blameworthiness) als Grundlage des amerikanischen Schuld-vorwurfs. d) Gesinnungsmerkmale als Kennzeichen der Schuld, e) der specific intent. 2. Verzicht auf criminal intent im statutory law: principle of strict liability. I I . Die Quellen der Strafgerichtsbarkeit: common law und statutory law. 1. Ursprung und Geltungsgrund des common und des statu-tory law. 2. Geltungsbereich des common law im Verhältnis zu dem des statutory law. 3. Auswirkung des principle of legality auf den Grundsatz »nullum crimen sine lege4, a) die saving clause im statutory law. b) die For-derung der strict construction im statutory law. I I I . Mala in se und mala prohibita. IV. Klassifizierung der Straftaten: felonies, misdemeanors, police oder welfare offenses. 1. Unterscheidungsmerkmale nach statutory law: Art der Strafdrohung, verhängte Strafe, Begünstigung strafbar nur bei felonies. 2. Auswirkung der Unterscheidung auf Rechtfertigungsgründe und Erschei-nungsformen des Verbrechens. 3. Police (welfare) offenses und der Grund-satz ,ne bis in idem'. V. Gegensatz zwischen Straftat (crime) und Zivilunrecht (tort).

    Z w e i t e s K a p i t e l :

    D i e T a t

    I. Fehlen des Begriffs »Tatbestandsmäßigkeit'. 1. Das Bemühen um einen umfassenden ontologischen Handlungsbegriff. 2. der Mangel eines norma-tiven Handlungsbegriffs. 3. tatbestandlich nicht begrenzte Delikte (insbe-sondere assault). I I . Der Kausalzusammenhang. A. Das Kriterium des Kau-salzusammenhanges: the proximate cause. 1. Kausalzusammenhang bei fahr-lässigen Straftaten entsprechend a) der natural or probable consequence (Adaequanztheorie) b) dem „had not test" (Aequivalenztheorie). c) kein Kau-

  • 10 Inhal t

    salzusammenhang nach Ablauf von Jahr und Tag („year and day rule"). 2. Kausalzusammenhang bei contributory causes: a) volle Verantwortung mehrerer Täter für contributory causes, b) contributory negligence des Ver-letzten hat keine strafrechtlichen Folgen. B. Unterbrechung des Kausalzu-sammenhanges. 1. der Kausalzusammenhang ist unterbrochen. 2. der Kau-salzusammenhang ist nicht unterbrochen. 3. Sonderfälle nicht unterbro-chenen Kausalzusammenhanges infolge a) des Zustandes des Verletzten b) des Verhaltens des Verstorbenen c) des Selbstmordes des Verletzten. I I I . Die Unterlassung. 1. der Kreis der Unterlassungsdelikte. 2. Kausalität der Unterlassung. 3. Pflicht zum Handeln, a) kraft Gesetzes, b) aufgrund vorausgegangenen Tuns, c) aufgrund Vertrages. 4. Versuch der Unterlassung.

    D r i t t e s K a p i t e l :

    D e r T ä t e r

    I. Kinder. I I . Jugendliche. I I I . Geisteskranke. A. Beweislast betreffend Geisteskrankheit. B. Feststellung der Verantwortlichkeit: legal test of re-sponsibility. 1. der Right and Wrong Test (McNaghten Rule). 2. Anwend-barkeit des test bei insane delusions (partial insanity). 3. der Irresistible Impulse Test, a) Täter hat die Fähigkeit, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden, aber nicht die Willenskraft, danach zu handeln, b) Unwider-stehlicher psychischer Zwang hebt die Unterscheidungsfähigkeit auf. c) Gründe gegen den Irresistible Impulse Test. 4. die Durham Rule. IV . Trun-kene. 1. bei bewußt herbeigeführter Trunkenheit (voluntary intoxication) beruht die strafrechtliche Verantwortlichkeit auf der Vermutung des Wis-sens und Wollens der Tat. 2. bei unfreiwilliger Trunkenheit keine Verant-wortlichkeit. 3. specific intent mit Trunkenheit nicht vereinbar. 4. Trunken-heit in ihrer Wirkung auf zeitweilige Störung der Geistestätigkeit (tem-porary insanity). V. Ehefrauen. V I . Körperschaften.

    V i e r t e s K a p i t e l :

    D i e S c h u l d

    I. Begriffsinhalt des criminal intent (umfaßt nicht das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit). I I . Der overt act als Indiz des criminal intent. 1. criminal intent wird bei vorsätzlich begangenen schlichten Tätigkeits- und Erfolgs-delikten aus dem Sachverhalt geschlossen. 2. Vermutung des criminal intent nicht ausreichend, wenn ein specific intent zum Tatbestand gehört. 3. Ver-mutung des criminal intent ausgeschlossen, sofern der Gesetzgeber bei mala prohibita vom Schulderfordernis absieht. 4. criminal intent wird aus wan-ton or reckless conduct (strafbar fahrlässigem Verhalten) geschlossen, a) der intent (natürlicher Vorsatz) ist auf eine erlaubte Handlung gerichtet, b) der intent ist auf eine Handlung gerichtet, zu der der Täter verpflichtet war. I I I . Doctrine of transferred (constructive) intent. 1. bei felony-murder und -manslaugther. 2. bei Delikten ohne Angriffscharakter. 3. bei aberratio ictus und error in obiecto. 4. bei Mehrheit von Beteiligten. IV. Der Irrtum. A. I r r -tum über Tatmerkmale (Tatbestandsirrtum). 1. Irrtum über ein Tatmerkmal

  • Inhal t

    eines malum in se. 2. Irrtum über ein Tatmerkmal eines malum prohibitum. 3. Tatirrtum bei bigamy. Β . Irrtum über Rechtsfolgen (Rechtsirrtum). 1. Ver-botsirrtum. 2. Irrtum über die Rechtslage, a) Irrtum über die Auslegung außerstrafrechtlicher Vorschriften, b) I rr tum über Befugnis zum Handeln.

    F ü n f t e s K a p i t e l :

    U n r e c h t s - u n d S c h u l d a u s s c h l i e ß u n g s g r ü n d e

    I. Übersicht über die Ausschließungsgründe. I I . Acts in furtherance of public justice. I I I . Acts in furtherance of domestic authority. IV . Exemp-tions from responsibility aufgrund der Begleitumstände des Falles. 1. Not-wehr (self-defense), a) Putativnotwehr, b) Notwehrüberschreitung, c) Pflicht, dem Angriff auszuweichen (duty to retreat), d) Angriffe auf das Eigentum. 2. Nothilfe (defense of others). 3. Notstand und Nötigungsstand, a) Nöti-gungsstand (duress, compulsion, coercion), α) Begrenzung der zulässigen Schädigung eines Unbeteiligten, ß) Zwangslage entschuldigt — außer bei Tötungsdelikten, γ) Verhältnis des Genötigten zum Nötigenden, b) Notstand (necessity). 4. Handeln auf Befehl (command or order). 5. Einwilligung des Verletzten (consent of the injured person), a) Grenzen der Wirksamkeit der Einwilligung, b) wirksame Einwilligung schließt Vorsatz aus. c) Voraus-setzungen der Wirksamkeit. 6. Verzeihung (condonation).

    S e c h s t e s K a p i t e l :

    D e r V e r s u c h , d a s z u - b e s t i m m e n - V e r s u c h e n , d e r L o c k s p i t z e l , d i e V e r a b r e d u n g

    I. Gemeinsame Merkmale. I I . Der Versuch (attempt). Α. Die Merkmale des Versuchs. 1. subjektive Merkmale. 2. objektive Merkmale. B. Grenze zwi-schen Vorbereitung und Versuch. 1. der subjektive Standpunkt. 2. der ob-jektive Standpunkt. 3. der vermittelnde Standpunkt. 4. zeitlicher Zusammen-hang und örtliche Nähe (dangerous proximity). 5. Vorbereitungshandlungen im Hinblick auf 4. als Ausführungshandlungen gewertet. 6. nicht unmittel-bar vorgelagerte Vorbereitungshandlungen als Versuch gewertet. 7. der locus poenitentiae. C. Untauglichkeit des Versuchs: absolute — relative Un-tauglichkeit (manifestly unsuitable — apparently suitable); rechtliche — faktische Untauglichkeit (legal — factual impossibility). 1. legal impossibility, a) aufgrund persönlicher Eigenschaften des Täters, b) aufgrund persön-licher Eigenschaften des Angegriffenen, c) aufgrund Spezifizierung des Handlungsobjekts, d) Irrtum des Täters über die rechtliche Tragweite seines Verhaltens. 2. factual impossibility, a) das Handlungsobjekt befindet sich nicht da, wo der Täter es vermutete, b) dem Handlungsobjekt fehlen die vom Täter erwarteten Eigenschaften, c) der Täter verwendet ungeeignete Mittel. D. Bestrafung des Versuchs. E. Rücktritt vom Versuch. I I I . Soli-citation (das zu-bestimmen-Versuchen). 1. solicitation als eigenständiges Delikt. 2. Tatmerkmale der solicitation. 3. keine feste Begrenzung des An-wendungsbereichs. 4. Strafbarkeit der solicitation unter rechtspolitischen Gesichtspunkten. 5. Strafbarkeit der solicitation nach statutory law. IV . En-

  • 12 Inhal t

    trapment (der agent provocateur). Α. Unterscheidung zwischen entrapment und detection. Β. Arten der Betätigung des Lockspitzels. 1. der Lockspitzel bietet dem Verdächtigen Gelegenheit zur Tat. 2. der Lockspitzel beteiligt sich an der Tat zwecks Überführung des Täters. 3. der Lockspitzel veranlaßt den Täter zur Tat. V. Conspiracy (die Verabredung). 1. Parallelen und Ge-gensätze zwischen § 49 a (2) StGB und der conspiracy des amerikanischen Rechts. 2. Erfordernis zusätzlicher Betätigung als Voraussetzung der Straf-barkeit der conspiracy. 3. die Beteiligten. 4. conspiracy als delictum sui generis ohne greifbare Grenzen hinsichtlich der objektiven Merkmale. 5. malice (Arglist) als Kriterium der Strafbarkeit der conspiracy.

    S i e b e n t e s K a p i t e l :

    D i e T e i l n a h m e

    I. Terminologie. 1. Klassifizierung der „parties to crime". 2. der accom-plice. 3. Unterscheidung der Teilnehmer nur bei felonies. I I . Prozeßrecht-liche Stellung der Teilnehmer. 1. des accomplice. 2. der parties to crime, a) unter der Herrschaft des common law. α) Gleichordnung des principal 2. Grades, d.h. des accessory at the fact mit dem principal 1. Grades, β) Unterordnung des accessory before the fact unter den principal, b) unter der Herrschaft des statutory law: Gleichordnung aller Teilnehmer. I I I . Die Teilnehmer. A. Der Täter (principal in the first degree). 1. Zusammenwir-ken mehrerer principals in the first degree. 2. mittelbare Täterschaft. Β. Der principal in the second degree und der accessory before the fact. 1. die gemeinsamen objektiven Merkmale, a) Gleichbewertung von Anstiftung und Beihilfe, b) die vom Teilnehmer angewandten Mittel, c) Teilnahme durch Unterlassung bei Verhinderungspflichten, d) Teilnahme durch Unterlassung ohne Verhinderungspflicht: misprision. 2. die unterscheidenden objektiven Merkmale, a) actual presence: der accessory ist principal in the second degree, b) bei constructive presence wird der accessory als principal in the second degree angesehen, c) der abwesende Teilnehmer: accessory before the fact. IV. Der accessory after the fact: Begünstiger. 1. tätiges Erschweren der Strafverfolgung. 2. strafbar nur bei felonies. 3. strafbar als felony; nicht auch bei Angehörigen. V. Rücktritt des Teilnehmers.

    A c h t e s K a p i t e l :

    Z u s a m m e n t r e f f e n m e h r e r e r S t r a f t a t e n

    I. Strafanwendung bei Real-und Idealkonkurrenz. I I . Bei Gesetzeskonkur-renz: merger. I I I . Nach common law merger bei Tatmehrheit. 1. verfahrens-rechtlicher Anlaß. 2. conspiracy und solicitation absorbiert durch die sie verwirklichende Tat. 3. Änderung des Standpunktes: conspiracy ist gegen-über der sie durchführenden Tat ein selbständiges Delikt. Hieraus folgt: a) Freispruch wegen der verabredeten Tat steht der Verurteilung wegen conspiracy nicht entgegen, b) kumulative Bestrafung wegen conspiracy und der sie durchführenden Tat verstößt nicht gegen das Gebot: „ne bis in idem". IV. Wirkung des merger nach statutory law bei Tateinheit. 1. beim Verhältnis des Versuchs zur Vollendung. 2. bei Spezialität der leichteren gegenüber der schwereren Straftat.

  • Verzeichnis der Abkürzungen der Ländernamen

    Alabama, Ala. Montana, Mont. Alaska Nebraska, Neb. Arizona, Ariz. Nevada, Nev.

    Arkansas, Ark. New Hampshire, N. H.

    California, Cal. New Jersey, N. J. Colorado, Colo. New Mexico, N. M. Connecticut, Conn. New York, N .Y . Delaware, Del. North Carolina, N. C.

    Florida, Fla. North Dakota, N .D.

    Georgia, Ga. Ohio, Ohio Hawaii Oklahoma, Okla. Idaho, Ida. Oregon, Ore.

    Illinois, III. Pennsylvania, Pa. Indiana, Ind. Rhode Island, R. I . Iowa, Iowa South Carolina, S. C. Kansas, Kan. South Dakota, S.D.

    Kentucky, Ky. Tennessee, Tenn.

    Louisiana, La. Texas, Tex.

    Maine, Me. Utah, Utah Maryland, Md. Vermont, Vt.

    Massachusetts, Mass. Virginia, Va.

    Michigan, Mich. Washington, Wash.

    Minnesota, Minn. West Virginia, W. Va.

    Mississippi, Miss. Wisconsin, Wis.

    Missouri, Mo. Wyoming, Wyo.

  • Vorwort

    Das Wesen des amer ikan ischen Strafrechts ist aus der höchst-r ich ter l i chen Rechtsprechung der fün fz ig Einzelstaaten v o n N o r d -amer i ka sowie der Ve re in i g ten Staa ten als solcher erkennbar . G i l t doch f ü r das amer ikanische Straf recht genau das, w o r i n Wieacker das Charakter is t ische des römischen Rechts erb l i ck t : Es ist „wesent l i ch Jur is tenrecht , seine geist ige Ersche inung n ich t Rechtswissenschaft, sondern Ju r i sp rudenz" 1 . I n w i e w e i t das amer ikanische S t ra f recht un te r d iesem Gesichtspunkt als Erbe des engl ischen Rechts anzusehen ist , seine höchstr ichter l ichen Entscheidungen der v o n den engl ischen Ge-r i ch ten gewiesenen R ich tung folgen, so l l h ie r n icht gezeigt werden, w e i l andernfa l ls Überschneidungen m i t Grünhuts Da rs te l l ung des eng-l ischen Strafrechts ( im d r i t t e n B a n d dieser Sammlung) unve rme idba r wären . A l s Ganzes genommen t räg t das amer ikanische Straf recht jedenfa l ls unve rkennba r den Charak te r des angl ikanischen, auf Grund lage v o n L a i e n v e r d i k t e n ge fo rmten Jur istenrechts. Z u m angel-sächsischen Rechtskreis gehörend is t das amerikanische Strafrecht , w i e Jescheck dies t re f fend f o r m u l i e r t h a t 2 , „n i ch t so sehr Gegenstand a l l -gemeiner dogmatischer Über legungen" , sondern muß „ r e i n un te r dem prak t ischen Gesichtspunkt des Dienstes an der öf fent l ichen Sicherhei t , O r d n u n g u n d W o h l f a h r t vers tanden" werden.

    Diese Tatsache is t f ü r d ie Da rs te l l ung des amer ikanischen S t ra f -rechts bes t immend: Es k a n n n ich t aus a l lgemeingü l t igen P r i nz ip i en deduzier t , sondern n u r i n d u k t i v anhand der i n die Entscheidungs-sammlungen aufgenommenen höchstr ichter l ichen U r te i l e erfaßt w e r -den. Mosa i ka r t i g aneinander gefügt u n d e inander ergänzend gewähren sie i n i h r e r Gesamthei t e inen E inb l i ck i n das heute i n den Vere in ig ten Staaten gel tende Strafrecht . H i e r e rwe is t sich der Satz Essers i n v o l l e m U m f a n g als w a h r : „ E r s t d ie K a s u i s t i k t e i l t uns m i t , was rechtens i s t 3 . "

    Indes, was aus de r Kasu i s t i k eines oder selbst mehrerer Gl ieder der Ve re in i g ten Staaten als rechtens e r kann t ist , da r f i n Anbe t rach t der

    1 Wieacker, Vom römischen Recht, 2. Aufl. 1961, 128. 2 Jescheck, Die Behandlung der Personenverbände im Strafrecht, Schweizer

    Zeitschrift für Strafrecht, 70. Jahrg. 1955, 256. 8 Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privat-

    rechts, 1956, 151.

  • 16 Das amerikanische Strafrecht

    ju r is t ischen Selbständ igke i t der Einzels taaten keineswegs als f ü r das Gesamtgebiet der Ve re in ig ten Staaten a l lgemein ge l tend un te rs te l l t werden. Daher sol l te der Rechtszustand, w i e er, gestützt auf höchst-r ichter l iche Entscheidungen, h ie r dargeste l l t ist , n u r als d ie he r r -schende, v o n der Meh rzah l der Ju r i sd ik t ionsbez i rke ver t retene, keines-wegs jedoch v o n den Ger ichten a l ler Staaten getei l te Rechtsauffassung angesehen werden. Is t das case law einés jeden Einzelstaates das E r -gebnis seiner rechtsstaat l ichen Selbständigkei t , ergänzt u n d ve re in -he i t l i ch t das bundesstaat l iche Straf recht d ie Rechtsordnungen der Einzelstaaten n u r zu e inem verschwindend ger ingen Te i l , d a n n is t es unverme idbar , daß Entscheidungen der Einzelstaaten zu e in- u n d der -selben Rechtsfrage v o n e inander abweichen; dann muß es ζ. B . als Tatsache h ingenommen werden, daß Be ih i l f e z u m Se lbs tmord i n Texas als straf los, i n Massachusetts h ingegen als s t ra fbar angesehen w i r d , obgleich h ie r w i e do r t der Selbstmordversuch als solcher n ich t m i t Strafe bedroht ist. B e i der Versch iedenar t igke i t der Bevö lkerungs-elemente der erst i m vo r igen Jah rhunde r t i n den B u n d aufgenom-menen Te r r i t o r i en d ü r f e n d ie i n den Einzelstaaten geltenden, v o n e in -ander abweichenden Rechtsanschauungen n ich t als r i ch t ig oder u n -r i ch t i g gegeneinander ausgespielt werden. V i e l m e h r sol l te m a n sich b e i m E ind r i ngen i n e in fremdes Recht bewußt b le iben, daß v o m heimischen Recht abweichende Anschauungen durch w e i t zurück-reichende, vo lks tüml i che Auf fassungen u n d durch d ie verschieden-a r t i gen S t r u k t u r e n des Gemeinschaftslebens bes t immt werden. L o -gische E rwägungen müssen h i n t e r und isku t ie rbarem, v ie l fach durch rel ig iöse B indungen bes t immtem Rechtsgefühl zurückt reten.

    D a r i n f re i l i ch s t immen die Jur isd ik t ionsbez i rke i n i h re r Auf fassung v o m Verbrechen übere in , daß sie den criminal act, d ie schuldhaf t be-gangene rechtswidr ige Tat , als e inhe i t l i chen Vorgang, als „compound conceptauffassen. Dies steht e iner scharfen begr i f f l i chen T r e n n u n g der sub jekt iv -psychischen Grund lage v o n dem tatsächl ichen V e r h a l t e n u n d dessen Fo lgen entgegen. H ie rau f dü r f te le tz ten Endes zurück-zu füh ren sein, daß be i S i t t l i chke i ts - u n d Personenstandsdel ik ten b is-l ang dem Schuldbewußtse in des Täters ger ingere Bedeu tung be i -gemessen w u r d e als den mora l ischen Grundsätzen der Gemeinschaft , welche dem Tä te r n ich t unbekann t sein konn ten ; daß m. a.W. be i den v o m S i t t l i chke i t ss tandpunk t aus ve rwer f l i chen Hand lungen e in Schuld-v o r w u r f a l l e in schon i m H i n b l i c k auf den unmora l i sch erscheinenden Charak te r der H a n d l u n g gerecht fer t ig t erscheint. A l s Folge h i e r v o n gelangen die Ger ichte selbst be i entschuldbarem I r r t u m des Täters über den Sachverhal t oder über die Rechtslage insbesondere i n bigamy- Fällen zu Entscheidungen, welche gegenüber e iner konsequent

  • Vorwor t 17

    durchgeführ ten Schuldtheor ie n ich t s tandha l ten 4 . W e n n ferner be i Verkehrs- u n d gesundhei tspol ize i l ichen Vorschr i f ten d ie Ger ichte „strict liability" des Täters statu ieren, so w i r d auch h ie r d e m Ge-meinschaftsinteresse der V o r r a n g v o r dem Grundsatz „ ke ine Strafe ohne Schuld" e ingeräumt . Doch möchte ich schon an dieser Ste l le me inen Z w e i f e l darüber z u m Ausd ruck br ingen, daß die einschlägigen Vorschr i f ten i m Sinne eines Absehens v o m Schulder fordern is ausge-leg t w e r d e n müssen u n d n ich t v i e l m e h r v o n dem Außeracht lassen der Sorg fa l t ausgehen, d ie v o n dem i n Bet racht kommenden Personen-kre is e rwa r te t w e r d e n k a n n 5 .

    A u f die das Bedür fn is nach begr i f f l i cher Ana lyse überschattende Auf fassung der S t ra f ta t als e inhe i t l i chen Vo rgang dü r f t e sodann der M a n g e l eines der „Ta tbes tandsmäßigke i t " entsprechenden Begr i f f s w i e auch eines bewußten Erfassen s des den einzelnen Unrechtsausschl ie-ßungsgründen zugrunde l iegenden Begr i f fs der Rech tsw id r igke i t zu-rückzu führen sein. De r letztere M a n g e l w i r k t auf die Grenzz iehung zwischen Unrechts- u n d Schuldausschl ießungsgründen zurück: Ob das V e r h a l t e n des Täters „ just i f ied " oder n u r „excusable " ist, darüber gehen selbst d ie höchsten Ger ichte of t m i t le ichter H a n d h i n w e g 6 . Werden doch d ie Begr i f fe „ just i f iable " u n d „excusable " sogar f ü r s y n o n y m e r k l ä r t 7 . — Das Feh len der Ka tegor ie Ta tbes tandsmäßig -ke i t ' macht sich i n dem M a n g e l fo rma l -begr i f f l i cher Untersche idungen i nne rha lb der Erscheinungsformen des Verbrechens bemerkbar : b e i m Versuch i n der Unsicherhei t der Abg renzung der Vorbere i tungshand-l u n g v o m A n f a n g der Aus füh rung , be i der Te i l nahme i n der Zusam-menfassung v o n A n s t i f t u n g u n d Be ih i l fe , be i der Verbrechenskonkur -renz i n der Vernachläss igung der Frage, ob Hand lungsmehrhe i t oder Hand lungse inhe i t gegeben is t u n d be i der Sche inkonkur renz i n dem Außeracht lassen der Versch iedenar t igke i t der Bez iehungen der Ge-setzesvorschri f ten zue inander 8 .

    Diese Bemerkungen s ind als e in führende Vorschau, n ich t als K r i t i k gedacht. Jedoch mögen sie zugle ich als E r k l ä r u n g da fü r dienen, wes-ha lb d ie Verfasser der Lehrbücher (textbooks) u n d noch v i e l m e h r d ie der Fa l l sammlungen (casebooks) sich i m a l lgemeinen m i t e iner Z u -sammenfassung der Lei tsätze der zu den einzelnen D e l i k t e n w i e auch zu den Prob lemen des A l l g e m e i n e n Tei ls ergangenen höchstr ichter-l i chen Entscheidungen begnügen. Demgegenüber t r i t t die Ana lyse der den st raf recht l ichen Haup tp rob lemen zugrunde l iegenden P r i nz i p i en

    4 s. 4. Kapitel unter IV. 5 s. 1. Kapitel unter I, 2. 6 s. 5. Kapitel unter IV. 7 Vgl. Miller, Justin, Handbook of Criminal Law, 1934, 199. 8 s. 6. Kapitel unter I I , B; 7. Kapitel unter I I I , B, 1; 8. Kapitel unter I I I

    und IV.

    2 Ausländisches Strafredit IV