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vier Valenzen behalten. Die randstän- digen, überflüssigen Drahtstücke wer- den am Schluss abgeschnitten. Zunächst müssen die Sechsecke gebildet werden. Das ist, wie beschrie- ben [2], recht einfach. Jetzt aber folgt ein wichtiger Hinweis. Der Mittelsteg zwischen den angrenzenden Quadra- ten muss nach einem durchgängigen Muster durchtrennt werde, also in der ersten Reihe jeweils oben. Der lose Steg wird später senkrecht nach oben gebogen. In der zweiten, versetzten Reihe wieder oben schneiden und nach oben biegen.Auf diese Weise entstehen die Ebenen aus Sechsecken, bei denen jeweils in meta-Position die Stege nach oben weisen. Die zweite, dritte und weitere Ebenen werden auf die gleiche Weise her- gestellt. Bevor mit dem Löten begonnen wird, ist noch eine wichtige Frage zu klären.Wir wissen aus den Lehr- büchern, dass das Diamant-Gitter aus lauter Cyclohexan-Ringen in der Ses- sel-Form besteht. Ehrlich gesagt, das exakte Biegen in die Sesselform ist sehr, sehr mühsam.Also wurde ver- sucht, auf dieses Detail weitgehend zu verzichten. Zur großen Überra- schung lässt sich das Gitter auch oh- ne diese Feinheit herstellen. Ansatz- weise ergeben sich beim Zusammen- löten angedeutete Strukturen in diese Richtung (Abbildung 4). Die intellek- tuelle Redlichkeit verlangt jedoch, darauf hinzuweisen, dass es sich um ein Modell und keine Nachbildung handelt. Die eindrucksvolle Schön- heit, die vielfältigen Durchblicke und die überraschende Festigkeit zeugen dennoch von der Einmaligkeit dieser Struktur. Noch ein Wort zum Löten. Zu- nächst ein struktureller Hinweis: Die Ebenen müssen versetzt zusammen- gelötet werden.Als Zwischenhalte- rung hat sich ein Batzen Knetgummi für die ersten zwei bis drei Lötungen bewährt. Dann hält das Gitter fest ge- nug für die weiteren Lötstellen. Der traditionelle Lötkolben erwies sich als zu umständlich. Komfortabler ist die kleine spitze Flamme von Sturmfeuer- zeugen oder von Flambier-Brennern. MODELLE Das Diamant-Gitter, Kristallstrukturen und Molekül-Modelle Die Bemühungen, kostengünstige Molekül-Modelle für Schule und Studium zu entwerfen, haben zu un- gewöhnlichen Ergebnissen geführt [1]. Das Ziel ist einfach und klar: Junge Menschen sollen sich eigene Modelle bauen können, die das räumliche Vorstel- lungsvermögen fördern und fordern. Die Wege von den anfänglichen DNA-Modellen zu einer Reihe von interessanten, jedermann zugänglichen Konzepten verliefen – und das ist charakteristisch für Inno- vationen – alles andere als geradlinig. In dem vorgängigen Artikel [2] wurde das Moletomics-™-Konzept vorge- stellt. Dieses begann mit dem Para- digmenwechsel, den üblichen Auf- bauweg zum Molekül von Atom zu Atom zu verlassen. Stattdessen wurde zunächst das „Skelett“ des Moleküls erstellt und die Atome nachträglich hinzugefügt. Dabei erwiesen sich qua- dratische Drahtgitter als günstige Aus- gangsmaterialien. In den Knotenpunk- ten sitzt quasi jeweils ein Kohlenstoff- atom gefangen in den zwei Ebenen und wartet auf die Befreiung in den Raum. Für Systeme mit Sechsecken erwies sich auch der sechseckige Git- terdraht (sog. Kaninchen-Draht) als hilfreich. Es konnte gezeigt werden, wie selbst das schwierige C60-Fulle- ren relativ einfach als Modell gebaut werden kann.Auch für die Struktur des Graphits aus quadratischem Git- terdraht wurde ein Beispiel gezeigt. Das weckte den Wunsch, die „Kö- nigsstruktur“ des Diamanten aufzu- bauen (Abbildungen 1 und 2). Nach- dem der Weg von den quadratischen Gittern zu Sechsecken schon be- schritten worden war, musste dieser nur konsequent weiterverfolgt wer- den.Auch hier bestand der Trick dar- in, große Teilbereiche in einem Stück zu fertigen, nämlich die Ebenen in der gewünschten Größe. Damit das Modell nicht zu mickerig aussieht, be- ginne man mit einem nicht zu kleinen TREFFPUNKT FORSCHUNG | Abb. 1 Ein Brillant ist ein geschliffener Diamant. Abb. 2 Das Diamant-Gitter. Abb. 3 Die erste Ebene des Diamant- Gitters. Abb. 4 Diamant-Gitter mit 6 Ebenen. 60 | © 2011 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2011, 45, 60 – 63 Drahtstück (z.B. 7 x 6 Reihen (Abbil- dung 3)). Dabei ist so zu schneiden, dass alle „Kohlenstoff-Atome“ ihre

Das Diamant-Gitter, Kristallstrukturen und Molekül-Modelle

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Page 1: Das Diamant-Gitter, Kristallstrukturen und Molekül-Modelle

vier Valenzen behalten. Die randstän-digen, überflüssigen Drahtstücke wer-den am Schluss abgeschnitten.

Zunächst müssen die Sechseckegebildet werden. Das ist, wie beschrie-ben [2], recht einfach. Jetzt aber folgtein wichtiger Hinweis. Der Mittelstegzwischen den angrenzenden Quadra-ten muss nach einem durchgängigenMuster durchtrennt werde, also in derersten Reihe jeweils oben. Der loseSteg wird später senkrecht nach obengebogen. In der zweiten, versetztenReihe wieder oben schneiden undnach oben biegen.Auf diese Weiseentstehen die Ebenen aus Sechsecken,bei denen jeweils in meta-Position die Stege nach oben weisen. Diezweite, dritte und weitere Ebenenwerden auf die gleiche Weise her-gestellt.

Bevor mit dem Löten begonnenwird, ist noch eine wichtige Frage zuklären.Wir wissen aus den Lehr-büchern, dass das Diamant-Gitter auslauter Cyclohexan-Ringen in der Ses-sel-Form besteht. Ehrlich gesagt, dasexakte Biegen in die Sesselform istsehr, sehr mühsam.Also wurde ver-sucht, auf dieses Detail weitgehendzu verzichten. Zur großen Überra-schung lässt sich das Gitter auch oh-ne diese Feinheit herstellen.Ansatz-weise ergeben sich beim Zusammen-löten angedeutete Strukturen in dieseRichtung (Abbildung 4). Die intellek-tuelle Redlichkeit verlangt jedoch,darauf hinzuweisen, dass es sich umein Modell und keine Nachbildunghandelt. Die eindrucksvolle Schön-heit, die vielfältigen Durchblicke unddie überraschende Festigkeit zeugendennoch von der Einmaligkeit dieserStruktur.

Noch ein Wort zum Löten. Zu-nächst ein struktureller Hinweis: DieEbenen müssen versetzt zusammen-gelötet werden.Als Zwischenhalte-rung hat sich ein Batzen Knetgummifür die ersten zwei bis drei Lötungenbewährt. Dann hält das Gitter fest ge-nug für die weiteren Lötstellen. Dertraditionelle Lötkolben erwies sich alszu umständlich. Komfortabler ist diekleine spitze Flamme von Sturmfeuer-zeugen oder von Flambier-Brennern.

M O D E L L E

Das Diamant-Gitter, Kristallstrukturen undMolekül-ModelleDie Bemühungen, kostengünstige Molekül-Modellefür Schule und Studium zu entwerfen, haben zu un-gewöhnlichen Ergebnissen geführt [1]. Das Ziel isteinfach und klar: Junge Menschen sollen sich eigeneModelle bauen können, die das räumliche Vorstel-lungsvermögen fördern und fordern. Die Wege vonden anfänglichen DNA-Modellen zu einer Reihe voninteressanten, jedermann zugänglichen Konzeptenverliefen – und das ist charakteristisch für Inno-vationen – alles andere als geradlinig.

In dem vorgängigen Artikel [2] wurdedas Moletomics-™-Konzept vorge-stellt. Dieses begann mit dem Para-digmenwechsel, den üblichen Auf-bauweg zum Molekül von Atom zuAtom zu verlassen. Stattdessen wurdezunächst das „Skelett“ des Molekülserstellt und die Atome nachträglichhinzugefügt. Dabei erwiesen sich qua-dratische Drahtgitter als günstige Aus-gangsmaterialien. In den Knotenpunk-ten sitzt quasi jeweils ein Kohlenstoff-atom gefangen in den zwei Ebenenund wartet auf die Befreiung in denRaum. Für Systeme mit Sechseckenerwies sich auch der sechseckige Git-terdraht (sog. Kaninchen-Draht) alshilfreich. Es konnte gezeigt werden,wie selbst das schwierige C60-Fulle-ren relativ einfach als Modell gebautwerden kann.Auch für die Strukturdes Graphits aus quadratischem Git-terdraht wurde ein Beispiel gezeigt.

Das weckte den Wunsch, die „Kö-nigsstruktur“ des Diamanten aufzu-bauen (Abbildungen 1 und 2). Nach-dem der Weg von den quadratischenGittern zu Sechsecken schon be-schritten worden war, musste diesernur konsequent weiterverfolgt wer-den.Auch hier bestand der Trick dar-in, große Teilbereiche in einem Stückzu fertigen, nämlich die Ebenen inder gewünschten Größe. Damit dasModell nicht zu mickerig aussieht, be-ginne man mit einem nicht zu kleinen

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Abb. 1 Ein Brillant ist ein geschliffenerDiamant.

Abb. 2 Das Diamant-Gitter.

Abb. 3 Die erste Ebene des Diamant-Gitters.

Abb. 4 Diamant-Gitter mit 6 Ebenen.

60 | © 2011 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2011, 45, 60 – 63

Drahtstück (z.B. 7 x 6 Reihen (Abbil-dung 3)). Dabei ist so zu schneiden,dass alle „Kohlenstoff-Atome“ ihre

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Diese sind derzeit „in“ und daherleicht erhältlich. Die Technik istschnell erlernt. Der Berührungspunktzwischen Steg und Gitter wird kurz(!) erhitzt, wobei der dünne Löt-Drahtan diese Stelle gehalten wird. Das Löt-zinn verläuft sofort und ergibt nachkurzer Abkühlzeit eine feste Verbin-dung.Auch versehentlich falsch abge-schnittene Stege lassen sich auf dieseWeise wieder fixieren.

Modelle ohne Löten und KlebenJe nach Alter der Lernenden kann beiden Quadratgittern ein, wenn auchgeringes, Risiko nicht ausgeschlossenwerden. Mit den Drahtstiften kannman sich unter unglücklichen Um-ständen stechen. Dieses Problem be-steht nicht bei den mit Kunststoff be-schichteten Quadratgittern, da dieKunststoff-Umhüllung die Drahten-den stumpf macht. Solche Drähte las-sen sich nicht löten, sondern nur kle-ben. Bei geschickter Vorarbeit kannsogar dieses vermieden werden.

Als Beispiel sei das Modell für einquartäres Kohlenstoffatom (vier ver-schiedene Liganden) beschrieben. Eswird ein Stück mit drei mal drei Kreu-zungspunkten ausgeschnitten (Abbil-dung 5). Der mittlere Knotenpunktstellt das Kohlenstoff-Atom dar. Dievier Liganden werden an den daranhängenden Kreuzungspunkten befes-tigt. Der mittlere Draht wird durchdie Perle geführt und umgebogen. Diebeiden anderen Stege fixieren diePerle. Sie können so weit abgeschnit-ten werden, dass die Perle nicht überden Kreuzungspunkt rutschen kann.Das Modell der Essigsäure wurde aufdie gleiche Weise hergestellt (Abbil-dung 6). Dort wo die OH-Gruppesitzt, kam ein weiterer Knotenpunkthinzu. Die Bohrung der roten Sauer-stoff-Perle muss so groß sein, dass sieüber den zusammengebogenen Kno-tenpunkt gesteckt werden kann. Dader Sauerstoff größer ist (Verhältnisetwa 1: 2), gelingt das in der Regel.Auf diese Weise lassen sich viele Mo-lekülmodelle ohne großen Aufwandherstellen.Allerdings erfordern dieSchnittmuster Aufmerksamkeit undSorgfalt.

Das Platinen-Konzept für Kristall-StrukturenBei der Suche nach Materialien fürMolekül-Modelle wurden auch Steck-Platinen geprüft. Diese werden ingroßem Umfang in der Elektronikeingesetzt. Sie bestehen aus einerdünnen, aber belastbaren Epoxyharz-Platte, die auf der einen Seite ver-kupfert ist. Die gängigen Platten sindin rechteckigem Muster mit kleinenLöchern versehen, durch die soge-nannter Leitungsdraht hindurchpasst.Dieser lässt sich auf der verkupfer-ten Rückseite einfach anlöten. DerAbstand zwischen zwei Löchernbeträgt standardisiert 2.54 mm,zwischen vier Löchern somit1.016 cm. Daher eignen sich Perlenmit 1 cm Durchmesser. Der geringeSpielraum erleichtert den Bau derModelle.

Nun gibt es im Bereich von einemZentimeter eine Vielzahl von Perlenjeglicher Art.Als Material für Molekülekommen die Platinen nur in Spezial-fällen in Betracht. Hervorragend ge-eignet sind sie jedoch für Kristall-Modelle; der Kochsalz-Kristall mögedas zeigen. Die Platinen lassen sichdurch kräftiges Anritzen mit einemscharfen Messer entlang der Bruch-linien zu passenden Stücken brechen.Dann werden die Drähte an einemEnde kurz rechtwinklig umgebogenund durch die Löcher geführt. DerAbstand beträgt jeweils 1 cm, alsodrei Löcher zwischen jedem Draht-stück. Rückseitig werden die Drähtemit der Kupferschicht verlötet.Wirdder Draht zu einer U-Form gebogen,deren Basis 1 cm beträgt, lässt er sichdurch die Platine drücken. Der Drahtist auf diese Weise so fixiert, dass ersich auch mit Heiß-Kleber endgültigbefestigen lässt.

Dann werden Perlen mit einemDurchmesser von einem und 0.5 cmabwechselnd übereinander aufgezo-gen (Abbildung 7). Das Verhältnis vonNa und Cl beträgt 200pm zu 360pm,also etwa 0.5 zu 1. So entsteht daskubische Ionengitter von Kochsalzals dichteste Kugelpackung (Abbil-dung 8). Magnesiumoxid hat die glei-che Gitterstruktur.

Abb. 5 Chirales C-Atom ohne Hilfs-mittel.

Abb. 6 Essigsäure-Modell.

Abb. 7 Kubisch-flächenzentriertesGitter im Entstehen.

Abb. 8 Kochsalz-Modell.

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Elemente haben natürlich auchcharakteristische Gitterstrukturen. Soweisen z.B. Lithium, Natrium, Eisen,Chrom und Wolfram raumzentrierteKugelpackungen (kubisch innenzen-triert) auf. Kupfer, Silber und Goldsind kubisch flächenzentriert.Allediese Strukturen lassen sich aus Plati-nen und Draht leicht nachbauen. Esist dann eine persönliche Entschei-dung, ob die Modelle oben offen blei-ben (wobei man die Drähte durchSchaumstoff abdeckt) oder geschlos-sen werden. Dazu kann man wieder-um Platinen verwenden.

Eine besondere Herausforderungsind hexagonale Strukturen. Platinengibt es nur in quadratischen Mustern(Abbildung 9).Wie kommt man zuhexagonalen Anordnungen? Hierzuist wieder ein Paradigmenwechselnotwendig. Die quadratische Vorgabegilt nur für die zwei Dimensionender Fläche. Die Modelle werden je-doch in den drei Dimensionen desRaumes erstellt. Somit kann die dritteDimension genutzt werden, um demSystem eine hexagonale Struktur auf-zuprägen.Was heißt das? Ganz ein-fach: Nach dem Festlöten werden diesenkrecht stehenden Drähte alle um30° in die gleiche Richtung geneigt,sprich verbogen. Gegen die Ebenebilden sie einen Winkel von 60°.Wer-den dann Perlen von gleicher Größeaufgezogen, entstehen von selbst he-xagonal dichteste Kugelpackungen(Abbildung 10). Magnesium und Zinkkristallisieren in dieser Form. In an-organischen Lehrbüchern kann sichjeder Salze oder Elemente heraussu-chen und nach Maßgabe von Größeder Ionen und Art der Kristallgitterdie entsprechenden Modelle bauen.

Das Platinen-Modell bietet denVorteil, dass die Abstände relativ freigewählt werden können.Weiterhinbesteht die Möglichkeit, die Höheder einzelnen Atome anzupassen.Allerdings müssen diese dann fixiertwerden, wobei sich das Kleben be-sonders eignet. Kugeln aus gepressterBaumwolle halten auch ohne Kleberund sind zudem leicht einzufärben.Ein nicht zu unterschätzender Vorteilist die Verfügbarkeit einer vielfältigen

Auswahl an Größe und Farbe vonPerlen. Eine Sammlung unterschiedli-cher Kristallgitter in ansprechendenFarben bildet einen Blickfang für je-de naturwissenschaftliche Sammlung.

Die einfachste Methode – mitModeschmuck zur WissenschaftAls Modeschmuck erfreuen sich Ket-ten und Armbänder aus Kunststoff-Perlen großer Beliebtheit. Diese Per-len gibt es in unzähligen Farben undFormen. Die Herstellung erfolgtdurch Spritzguss der Perlen um einenFaden herum.Wenn der Faden einmalreißt, rollen die Perlen nicht davon.Einzelne Perlen lassen sich mit eini-ger Kraft vom Faden abreißen; dannverbleibt in der Perle ein dünner Ka-nal. Man kann die Perle jedoch auchmit einer Schere herausschneiden;der Kanal enthält dann noch dasReststück des Fadens.Was hat das mitMolekül-Modellen zu tun?

Nun, überraschenderweise eig-nen sich diese Perlen sehr gut für dasMoletomics™ -Konzept (Abbildun-gen 11 und 12). Natürlich passt keinDraht durch die Quasi-Bohrung. Dadie Perlen jedoch aus schmelzbaremKunststoff bestehen, bahnt sich jederheiße Draht seinen Weg in die Perle.Ja, mehr noch, es lässt sich leicht be-stimmen, wie tief der Draht hineinge-führt werden soll. Beim Abkühlen,was relativ rasch erfolgt, härtet derKunststoff wieder, und der Drahtbleibt eingeschmolzen.Auf diese Wei-se werden an allen Enden der Draht-Modelle ganz einfach die Wasserstof-fatome angebracht. Eindrucksvoll ein-fach entsteht z. B. auch ein Enantio-meren-Paar aus Perlen in vier ver-schiedenen Farben (Liganden). EineAngelegenheit von wenigen Minuten.

Die Frage des Erhitzens mussnoch geklärt werden. Es gilt, nur diefreie Spitze des Drahtes möglichsthoch zu erhitzen. Mit einem Feuer-zeug oder den beliebten Flambier-Brennern ist das kein Problem (Abbil-dung 13). Es geht allerdings auch vieleinfacher: mit Kerzen und Teelichtern(Abbildung 14).Wer Wert auf Schön-heit legt, muss jedoch die direkteFlamme meiden, weil der Draht dort

Abb. 9 Vorbereitete Platine.

Abb. 10 Hexagonales Gitter durchBiegen der Führungsdrähte um 30°.

Abb. 11 Von der einfachen Perlenkettezu stabilen Molekülmodellen.

Abb. 12 Es eignen sich vielerlei Perlen.

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Ruß ansetzt. Das schadet nicht, siehtaber, insbesondere bei weißen Per-len, nicht optimal aus.Also den Drahtdirekt über und nicht in die Flammehalten. Stellt sich heraus, dass derDraht nicht heiß genug war, schnellwieder herausziehen, bevor derKunststoff wieder hart wird. Ist dasmal passiert, den Draht dicht an derKunststoff-Perle mit spitzer Flammeerwärmen. Die Wärme überträgt sich,und der Draht kann wieder heraus-gezogen werden.

Es gibt auch das umgekehrte Pro-blem, wenn nämlich die Bohrung derKunststoff-Perle größer ist als derDurchmesser des Drahtes. Dannmuss das Ende des Drahtes dicker ge-staltet werden.Als einfache Lösungbietet sich an, am Ende ein kleinesStück mit der Zange einfach umzu-biegen.Auch eine kleine Öse eignetsich. Das so präparierte Ende wirdgut erhitzt und in die Öffnung derPerle gedrückt.Wenn die gewünschteTiefe erreicht ist, wird der Draht fest-gehalten und die Perle ein wenig ge-dreht. Dadurch verankert sich dasDrahtende in dem fest werdendenKunststoff. Diese Methode hat einenenormen Spielraum. Zunächst gibt esdiese Perlen in fast beliebiger Vielzahlvon Formen, Größen und Farben. DieKosten für eine ausreichende Zahlvon „Wasserstoffatomen“ liegen imEuro-Bereich. Zu Weihnachten undanderen Festen sind zusätzlich beson-dere Ketten erhältlich. Der Phantasiesind also fast keine Grenzen gesetzt(Abbildung 15).

Für den Bau von Molekül-Model-len stehen die praktischen Vorteileim Vordergrund. Die auf diese Weisebefestigten Atome halten belastbar,die Modelle sind somit robust.An dengrößeren Sauerstoff- oder Stickstoff-atomen lassen sich mit entsprechen-den Drahtstegen noch die Wasser-stoffatome im richtigen Winkel ein-schmelzen. Schließlich eignet sichdie Methode, um Metallspitzen allerArt zu verzieren oder die Verletzungs-gefahr zu vermeiden. Die Vielzahl vonIdeen geht über den Bau von Mole-kül-Modellen hinaus. So können zumBeispiel langweilige Stecknadeln in-

teressant gestaltet werden, indem dieNadelköpfe in ansprechende Kunst-stoff-Perlen eingeschmolzen werden.Diese Nadeln eignen sich wiederumfür Modelle aus Styropor-Kugeln.

Bei Wattekugeln (gepresste Baum-wolle) mit Vertiefungen und Perlenmit weiten Bohrungen werden diesemit Heißkleber gefüllt. Ist dieser er-kaltet, werden Drahtenden von oderfür die Substituenten (Atome) an derSpitze erhitzt. Dann lassen sie sich inder Heißklebemasse winkelgerechtfixieren. Diese Methode ist breit an-wendbar.

FazitHier endet (vorerst?) das Projekt„Molekül-Modelle“. Entstanden ist ein

anschauliches Beispiel für ein Phäno-men, das Innovation genannt wird.Am Anfang einer Innovation stehtmeist eine Invention, also eine Erfin-dung. Die Innovation ist der Prozess,der daraus eine Problemlösung ent-stehen lässt. Bei Innovationen kön-nen jedoch nicht nur Erfindungen,sondern auch Fragen den Prozess an-stoßen. So war es hier der Fall.Warumhat die DNA noch eine Überstrukturin Form der großen und der kleinenFurchen? Gab es einfache Modelle,die dieses Verhalten zeigten? Die ho-hen Kosten für gute Modelle forder-ten heraus, erschwingliche Lösungenzu suchen. Beim Testen zahlreicherMaterialien zeigten quadratischeDrahtgitter besondere Vorteile. EinParadigmenwechsel, nämlich dasKonzept des Aufbaus von Molekülenüber Atom zu Atom zu verlassen,brachte den Durchbruch. „Gestaltezuerst das Skelett des Moleküls undfüge später die Atome hinzu“, stelltesich als neue Herausforderung. Die„Befreiung“ des Kohlenstoffatomsaus dem zweidimensionalen Gefäng-nis der quadratischen Drahtgitter er-wies sich dabei als Patentrezept. Dasberührt eine weitere Frage: die derPatentierung. Da es darum geht, dieChemie anschaulicher und modell-haft erfahrbarer zu machen, solltejeder, der Freude daran hat, frei undbedingungslos „experimentieren“können. Daher wurde, bis auf denNamensschutz für „Moletomics“, aufjegliche Patentierung verzichtet.Waszählen soll, sind Freude und Spaß ander Chemie auf der Ebene der Mole-kül-Modelle.

Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger,Bad Dürkheim

Literatur [1] H.-J. Quadbeck-Seeger, Biol. Unserer Zeit

2008,, 3, 150 sowie 2008, 6, 365 und 2009,2, 79; als auch Chem. Unserer Zeit 2008,, 4,292; und 2008,, 2, 433.

[2] H.-J. Quadbeck- Seeger, Chem. Unserer Zeit2010,, 3, 230.

[3] weitere Beispiele und Hinweise unterwww.quadbeck-seeger.de/bilder/mole-tomics

Abb. 13 Erhitzen des Drahtendes miteinem Flambier-Brenner.

Abb. 14 Erhitzen des Drahtendes miteinem Teelicht und Fixierung der Kunst-stoff-Perle.

Abb. 15 Kunststoff-Perlen jeder Artlassen der Phantasie viel Spielraum(individuelles Benzol-Modell im Ent-stehen).