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Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen Semesterarbeit am Institut für Strategie- und Unternehmensökonomik (ISU) Universität Zürich Lehrstuhl für Human Resource Management Prof. Dr. Bruno Staffelbach Betreuer: Martin Bannwart Fachgebiet: Betriebswirtschaftslehre I Fach: Human Resource Management (HRM) Verfasserin: Nicole Ziegler Holderbachweg 21a 8046 Zürich [email protected] Matrikelnummer: 01-715-481 Studienfächer: Arbeits- und Organisationspsychologie (Hauptfach), Betriebswirtschaftslehre (1. NF), Arbeitsrecht (2. NF) Abgabedatum: 18. Juli 2008

Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

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Page 1: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

Das Management psychologischer Verträge

als HRM-Instrument zur

Institutionalisierung von Ethik in

Unternehmen

Semesterarbeit

am

Institut für Strategie- und Unternehmensökonomik (ISU)

Universität Zürich

Lehrstuhl für Human Resource Management

Prof. Dr. Bruno Staffelbach

Betreuer: Martin Bannwart

Fachgebiet: Betriebswirtschaftslehre I

Fach: Human Resource Management (HRM)

Verfasserin: Nicole Ziegler

Holderbachweg 21a

8046 Zürich

[email protected]

Matrikelnummer: 01-715-481

Studienfächer: Arbeits- und Organisationspsychologie (Hauptfach),

Betriebswirtschaftslehre (1. NF), Arbeitsrecht (2. NF)

Abgabedatum: 18. Juli 2008

Page 2: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

I

Abstract

Unternehmen sind immer häufiger aufgefordert, neben der Verfolgung von Gewinnzielen

auch soziale Verantwortung gegenüber vielfältigen Stakeholdern zu übernehmen. Die vorlie-

gende Arbeit untersucht auf theoretischer Basis, welchen Beitrag das Management psycholo-

gischer Verträge, verstanden als Ethikmassnahme, an die Institutionalisierung von Ethik in

Unternehmen liefert. Zwei Sichtweisen werden unterschieden: die Verantwortung „gegen in-

nen“, gegenüber den Mitarbeitenden als internen Stakeholdern, und die Verantwortung „ge-

gen aussen“, gegenüber externen Stakeholdern. Der Beitrag des Managements

psychologischer Verträge an die Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen besteht vor

allem darin, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer fortwährend über gegenseitige Angebote und

Erwartungen kommunizieren. Zudem wird aufgezeigt, wie das Management psychologischer

Verträge konkret als HRM-Instrument konzipiert werden kann. Es wird vorgeschlagen, ein

Online-Tool einzuführen, das Geschäftsleitung, Führungskräften und Mitarbeitenden eine

Austauschplattform bezüglich ihrer Erwartungen und Angebote bietet.

Nowadays, corporations are more frequently expected not only to pursuit the highest benefits

possible, but also to adopt social responsibility towards various stakeholders. The present pa-

per examines theoretically, how the management of the psychological contract, seen as an

ethics measure, contributes to the institutionalization of ethics in businesses. Two perspectives

are distinguished: the corporate responsibility “towards inside”, which considers the employ-

ees as internal stakeholders, and the corporate responsibility “towards outside”, which means

towards the external stakeholders. The contribution of the management of psychological con-

tracts to the institutionalization of ethics in businesses is mainly that it enables employer and

employee to communicate continually about reciprocal offers and expectations. Moreover it is

presented how the management of psychological contracts can be designed as a HRM tool. It

is suggested to introduce an online tool which offers the top management, the line managers

and the employees a platform to discuss their expectations and offers.

Page 3: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

II

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung .................................................................................................... 1

1.1. Ausgangslage ............................................................................................................1

1.2. Ziele und Kernfragen ................................................................................................2

1.3. Vorgehen ..................................................................................................................3

1.4. Abgrenzungen ...........................................................................................................4

2. Das Konzept des psychologischen Vertrages ............................................ 5

2.1. Definition .................................................................................................................5

2.2. Entstehung und Veränderung psychologischer Verträge ............................................6

2.3. Inhalte psychologischer Verträge ..............................................................................8

2.4. Der „neue Deal“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ........................................9

2.5. Das Management psychologischer Verträge ............................................................ 11

3. Ethik in Unternehmen.............................................................................. 14

3.1. Ansätze und Betrachtungsebenen ............................................................................ 14

3.1.1. Makroebene: Wirtschaftsethik ......................................................................................... 15

3.1.2. Mesoebene: Unternehmensethik ...................................................................................... 16

3.1.3. Mikroebene: Individualethik ............................................................................................ 18

3.1.4. Abschliessende Bemerkungen.......................................................................................... 19

3.2. Institutionalisierung von Unternehmensethik .......................................................... 20

3.2.1. Verankerung ethischer Werte in der Unternehmenskultur: „Compliance“ vs. „Integrity“ .. 21

3.2.2. Verankerung ethischer Werte in der Unternehmensstruktur: Ethikmassnahmen und -

programme ...................................................................................................................... 23

3.2.3. Stakeholderdialog ............................................................................................................ 24

3.2.4. Die Rolle des HRM bei der Institutionalisierung von Unternehmensethik......................... 25

Page 4: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

III

4. Der psychologische Vertrag aus einer unternehmensethischen

Perspektive ............................................................................................... 27

4.1. Die soziale Verantwortung von Unternehmen ......................................................... 27

4.2. Verantwortung der Unternehmen „gegen innen“ ..................................................... 29

4.2.1. Pflichten des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitenden ............................................. 29

4.2.2. Wahrnehmung sozialer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden ............................ 31

4.3. Verantwortung der Unternehmen „gegen aussen“ ................................................... 33

4.3.1. Ausgestaltung einer Ethikkomponente im psychologischen Vertrag ................................. 34

4.3.2. Wahrnehmung sozialer Verantwortung gegenüber den externen Stakeholdern.................. 35

4.4. Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument ........................... 36

4.4.1. Konzeption als Online-Tool ............................................................................................. 37

4.4.2. Anwendung in verschiedenen HR-Bereichen ................................................................... 38

5. Diskussion ................................................................................................. 41

5.1. Beantwortung der Kernfragen ................................................................................. 41

5.2. Zusammenfassung .................................................................................................. 43

5.3. Kritische Würdigung und Ausblick ......................................................................... 45

6. Literaturverzeichnis ................................................................................. 48

Page 5: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

IV

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1: Die vier Hauptkomponenten psychologischer Verträge ........................................... 6

Abb. 2: Die vier Stufen psychologischer Vertragsbildung.................................................... 7

Abb. 3: Ebenen der wirtschaftsethischen Verantwortung ................................................... 15

Abb. 4 Möglichkeiten der Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen ....................... 21

Abb. 5 Wahrnehmung von Verantwortung „gegen innen“ mittels Management der .......... 28

psychologischen Verträge

Abb. 6 Wahrnehmung von Verantwortung „gegen aussen“ mittels Management der ........ 28

psychologischen Verträge

Tab. 1 Traditioneller vs. neuer psychologischer Vertrag .................................................. 10

Page 6: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

V

Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung

Anm. d. Verf. Anmerkung der Verfasserin

bzw. beziehungsweise

CSR Corporate Social Responsibility

d.h. das heisst

EAV Einzelarbeitsvertrag

Ed. Editor

Eds. Editors

et al. et alii

GAV Gesamtarbeitsvertrag

HR Human Resources

HRM Human Resource Management

Hrsg. Herausgeber

No. Number

pp. pages

S. Seite

SGP Schweizerische Gesellschaft für Personalfragen

Sp. Spalten

Übers. d. Verf. Übersetzung der Verfasserin

usw. und so weiter

vgl. vergleiche

vs. versus

VSB Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken

VSKP Verein Schweizerische Kurse für Personalmanagement

z.B. zum Beispiel

zit. zitiert

Page 7: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

1

1. Einleitung

1.1. Ausgangslage

Unternehmen sind dem Gewinnprinzip unterworfen. Um im Wettbewerb bestehen zu können,

muss die Unternehmensführung die richtigen strategischen Entscheide treffen und sich klar

am Markt positionieren. Immer häufiger wird aber der Ruf laut, dass Unternehmen auch sozi-

ale Verantwortung übernehmen sollen: für die Umwelt, die Gesellschaft, ihre Kunden, Mitar-

beitenden usw. Sie sollen nicht nur im Sinne des Shareholder Value ihren Eigentümern

dienen. Kaum ein Unternehmen kommt darum herum, sich mit der Frage auseinanderzuset-

zen, wie es mit den Ansprüchen unterschiedlicher Stakeholdergruppen (zum Stakeholder-

Konzept vgl. z.B. Donaldson & Preston, 1995) umgehen soll.

Eine der wichtigsten Stakeholdergruppen eines Unternehmens ist diejenige der Mitar-

beitenden (vgl. z.B. Staffelbach, 1991, zit. nach Wittmann, 1997). Im heutigen, durch intensi-

ven Wettbewerb geprägten Marktumfeld stellen sie eine zentrale Ressource dar, anhand derer

ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten geschaffen werden kann (vgl. Wittmann,

1997). Mitarbeitende sind ökonomisch betrachtet ein Mittel zum Zweck, „Humanressourcen“,

die, analog zu den anderen Produktionsfaktoren (Kapital, Rohstoffe usw.), zur Erreichung der

Unternehmensziele beitragen sollen (vgl. Göbel, 2003). Sie unterscheiden sich aber massgeb-

lich von anderen Produktionsfaktoren, da sie einen Selbstwert und einen eigenen Willen ha-

ben (vgl. Wittmann, 1997). Sie verfügen über einen psychologischen Vertrag mit dem

Unternehmen, für das sie arbeiten. Psychologische Verträge beinhalten die Wahrnehmung

von gegenseitigen Erwartungen und Angeboten der beiden Parteien Arbeitnehmer und Ar-

beitgeber und sind oft implizit, d.h. unbewusst oder stillschweigend (z.B. Raeder & Grote,

2001). Sie bestehen unabhängig davon, ob ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden dar-

über redet oder verhandelt. So erwarten Mitarbeitende vom arbeitgebenden Unternehmen z.B.

eine faire Bezahlung, interessante Tätigkeiten und Unterstützung für die Weiterentwicklung

ihrer Kompetenzen und Loyalität. Arbeitgeber erwarten von ihren Mitarbeitenden im Gegen-

zug z.B. Leistung, Flexibilität und Identifikation mit dem Unternehmen (vgl. z.B. von Cra-

nach, 2005; Raeder & Grote, 2001).

Einige Autoren setzten sich bereits mit der Fragestellung auseinander, wie sich das

Konzept des psychologischen Vertrages in eine unternehmensethische Perspektive einfügt

(z.B. Sims, 1991; Van Buren III, 2000; von Cranach, 2005; Thompson & Hart, 2006; Witt-

mann, 2006). Mit der vorliegenden Arbeit soll ein weiterer Anknüpfungspunkt von Unter-

Page 8: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

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nehmensethik und psychologischen Verträgen unternommen werden, indem untersucht wird,

wie das Management psychologischer Verträge, als HRM-Instrument konzipiert, zur Institu-

tionalisierung ethischen Verhaltens in Unternehmen beitragen kann. Diese Vorgehensweise

wird im nächsten Abschnitt erläutert und begründet.

1.2. Ziele und Kernfragen

In der vorliegenden Arbeit werden psychologische Verträge aus einer unternehmensethischen

Perspektive betrachtet. Dabei soll untersucht werden, welchen Beitrag das aktive Manage-

ment psychologischer Verträge durch das HRM, im Sinne einer Ethikmassnahme, an die Um-

setzung von Ethik in Unternehmen leisten kann. Es werden zwei grundlegende Sichtweisen

aufgezeigt: Einerseits sind Mitarbeitende Stakeholder des Unternehmens, für das sie arbeiten.

Sie haben Ansprüche und Bedürfnisse (Erwartungen aus dem psychologischen Vertrag), die,

falls sie vernünftig sind und das Unternehmen die Ressourcen dazu hat, möglichst befriedigt

werden sollten (vgl. Van Buren III, 2000). Ansonsten sollte den Mitarbeitenden zumindest

plausibel aufgezeigt werden, weshalb bestimmte Erwartungen nicht erfüllt werden können.

Psychologische Verträge sollen demnach möglichst fair bzw. tragfähig sein (vgl. Raeder &

Grote, 2004). Diese erste Sichtweise thematisiert die Verantwortung des Unternehmens ge-

genüber den Mitarbeitenden und wird nachfolgend als Verantwortung gegen innen1 bezeich-

net.

Andererseits sind Mitarbeitende aber auch Agenten des Unternehmens. Sie prägen die

Unternehmenskultur und vertreten die Werte eines Unternehmens gegen aussen, gegenüber

anderen Stakeholdern (z.B. Kunden, Eigentümer, Lieferanten, der Gesellschaft als Ganzes).

Sie machen ein Unternehmen letztendlich aus. In dieser zweiten Sichtweise können psycho-

logische Verträge dazu dienen, den Mitarbeitenden die Erwartungen des Unternehmens be-

züglich ethischen Verhaltens aufzuzeigen, einzufordern, und veränderte Anforderungen zu

thematisieren. Die Erwartungen des Unternehmens bezüglich des ethischen Verhaltens der

Mitarbeitenden können verglichen werden mit dem, was die Mitarbeitenden in diesem Be-

reich zu bieten bereit sind. Dabei wird dem psychologischen Vertrag, wie von Sims (1991)

vorgeschlagen, eine eigentliche Ethikkomponente beigefügt. Diese zweite Sichtweise wird

nachfolgend als Verantwortung gegen aussen bezeichnet.

1 Es ist zu beachten, dass die Eigentümer eines Unternehmens auch als interne Stakeholder angesehen werden

können (vgl. z.B. Thommen, 2003). In dieser Arbeit werden aber nur die Mitarbeitenden eines Unternehmens

als interne Stakeholder bezeichnet.

Page 9: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

3

In beiden Sichtweisen spielt das HRM eine tragende Rolle. Die Adressaten des HRM sind die

Mitarbeitenden, und diese stehen im Mittelpunkt beider Perspektiven. Das HRM hat das Po-

tenzial, als Mittler zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeitenden zu wirken, indem es

das Management des psychologischen Vertrages der beiden Parteien übernimmt.

Die Kernfragen der vorliegenden Arbeit lauten somit:

1) Wie trägt das Management der psychologischen Verträge zwischen Arbeitgeber und

Arbeitnehmer zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen bei?

2) Wie kann das Management psychologischer Verträge konkret als HRM-Instrument

zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen konzipiert werden?

1.3. Vorgehen

Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit werden die Grundlagen für die Behandlung der Kern-

fragen erarbeitet, indem das Konzept des psychologischen Vertrages (Kapitel 2) und die

Thematik Ethik in Unternehmen (Kapitel 3) dargestellt werden. Es wird ausgeführt, was psy-

chologische Verträge sind, wie sie entstehen und welchen Veränderungen sie unterliegen. Des

Weiteren werden die Inhalte im psychologischen Vertrag, insbesondere auch der „neue Deal“

zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und das Management psychologischer Verträge er-

läutert. Im Kapitel 3 zur Thematik Ethik in Unternehmen werden drei Ebenen der wirt-

schaftsethischen Verantwortung unterschieden (Mikro-, Meso- und Makroebene). Zudem

wird erläutert, wie Ethik in Unternehmen institutionalisiert werden kann, indem die Veranke-

rung ethischer Werte in Unternehmenskultur und -struktur und der Stakeholderdialog thema-

tisiert werden.

Im zweiten Teil dieser Arbeit wird der psychologische Vertrag aus einer unternehmens-

ethischen Perspektive betrachtet. Dabei wird thematisiert, wie Unternehmen mit Hilfe des

Managements psychologischer Verträge Verantwortung „gegen innen“ (gegenüber den Mit-

arbeitenden) und „gegen aussen“ (gegenüber den externen Stakeholdern) wahrnehmen kön-

nen. Zudem wird erläutert, wie das Management psychologischer Verträge konkret als HRM-

Instrument zur Umsetzung ethischen Verhaltens institutionalisiert werden kann. Abschlies-

send erfolgt eine kritische Diskussion der theoretisch erlangten Erkenntnisse zur Thematik.

Die Arbeit basiert auf theoretischen Überlegungen und Literaturstudium und beinhaltet kei-

nerlei empirische Forschung.

Page 10: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

4

1.4. Abgrenzungen

Unternehmensethik ist ein weitläufiges Themengebiet mit vielen verschiedenen Facetten.

Grundlegend wird die Individual- von der Institutionenethik unterschieden (vgl. z.B. Göbel,

2003). Auf der Ebene der Institutionenethik können wiederum die Wirtschaftsethik („Ord-

nungsverantwortung von Unternehmen“, vgl. z.B. Homann, 2004) und die Unternehmens-

ethik (z.B. Löhr, 2004) voneinander abgegrenzt werden. Diese Betrachtungsebenen werden in

Kapitel 3 als Mikro- (Individualethik), Meso- (Unternehmensethik) und Makroebene (Wirt-

schaftsethik) dargestellt.

In dieser Arbeit stehen der Mitarbeitende und sein psychologischer Vertrag mit dem ar-

beitgebenden Unternehmen im Mittelpunkt, jedoch auf Ebene der Unternehmensethik. Des-

halb wird der theoretischen Untersuchung dieser Arbeit die Institutionenethik zugrunde

gelegt, welche die Förderung ethischen Verhaltens durch Unternehmen bzw. Institutionen

zum Gegenstand hat. Zuerst geht es um die Verantwortung des Unternehmens gegenüber sei-

nen Mitarbeitenden („Verantwortung gegen innen“). In der zweiten Sichtweise geht es nicht

um die moralische Gesinnung und Verantwortung einzelner Mitarbeitender, sondern darum,

wie diese vom Unternehmen aktiviert werden zur Umsetzung von Ethik bzw. Wahrnehmung

sozialer Verantwortung gegenüber den externen Stakeholdern („Verantwortung gegen aus-

sen“). Zudem wird nicht die Notwendigkeit ethischen Verhaltens von Unternehmen an sich

thematisiert - diese wird als gegeben erachtet - sondern die Frage, wie solches Verhalten insti-

tutionalisiert werden kann. Das Management psychologischer Verträge wird in dieser Hin-

sicht als eine mögliche Ethikmassnahme verstanden.

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2. Das Konzept des psychologischen Vertrages

2.1. Definition

Guest und Conway (2002) definieren den psychologischen Vertrag in Anlehnung an Herriot

und Pemberton (1997) als

„the perceptions of both parties to the employment relationship - organisation and indivi-

dual - of the reciprocal promises and obligations implied in that relationship“ (S. 22).

Während einige Forscher (z.B. Guest und Conway, 2002; Rousseau, 1989) die Begriffe „Ver-

sprechen“ und „Verpflichtungen“ verwenden, bezeichnen andere die Inhalte psychologischer

Verträge als „Angebote“ und „Erwartungen“ (z.B. Herriot & Pemberton, 1997; Raeder &

Grote, 2001). Die Begriffe „Angebote“ und „Erwartungen“ sind weniger juristisch geprägt als

etwa die Bezeichnung „Verpflichtung“ (vgl. Raeder, 2007b). Da psychologische Verträge im

Gegensatz zu juristischen, schriftlich abgefassten und damit expliziten Arbeitsverträgen meist

impliziter Natur sind und daraus keine verbindlichen Pflichten abgeleitet werden können, bie-

ten sich diese Bezeichnungen an (Raeder, 2007b) und werden auch in der vorliegenden Arbeit

verwendet.

Auch bezüglich der Parteien im psychologischen Vertrag besteht Uneinigkeit. So ar-

gumentiert Rousseau (1989), durch deren Arbeit das Konzept des psychologischen Vertrages

erst grössere Beachtung erlangte (vgl. Roehling, 1997), dass sich psychologische Verträge

nur auf Individuen und nicht auf Unternehmen als abstrakte Gebilde beziehen können. Ande-

re Autoren gehen davon aus, dass auch Unternehmen einen psychologischen Vertrag ausbil-

den können (z.B. Schein, 1965, zit. nach Roehling, 1997; Raeder & Grote, 2001; Guest &

Conway, 2002; Tekleab & Taylor, 2003). Sie betonen die Gegenseitigkeit der Arbeitgeber-

Arbeitnehmer-Beziehung und die Wichtigkeit, Erwartungen und Angebote beider Parteien zu

berücksichtigen.

In dieser Arbeit wird von der zweiten Annahme ausgegangen, welche beinhaltet, dass

sowohl die Mitarbeitenden als auch Unternehmen über einen psychologischen Vertrag verfü-

gen. Psychologische Verträge beinhalten demnach vier Hauptkomponenten (vgl. Abb. 1): die

Erwartungen des Mitarbeitenden mit den dazugehörigen Angeboten des Unternehmens und

die Erwartungen des Unternehmens mit den dazugehörigen Angeboten des Mitarbeitenden

(z.B. Raeder, 2007b). Stimmen die Erwartungen der einen Partei mit den Angeboten der an-

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deren Partei überein, wird von Vertragserfüllung bzw. einem fairen psychologischen Vertrag

gesprochen (z.B. Raeder, 2007b). Demgegenüber wird von Vertragsbruch bzw. -verletzung2

gesprochen, wenn die Erwartungen einer Partei nicht eingehalten wurden.

2.2. Entstehung und Veränderung psychologischer Verträge

Psychologische Verträge entstehen meist vor Eingehen eines Arbeitsverhältnisses, etwa wäh-

rend des Rekrutierungsprozesses (vgl. z.B. Robinson & Morrison, 2000). HR-

Verantwortliche und Linienführungskräfte repräsentieren das Unternehmen, zeigen potenziel-

len Mitarbeitenden auf, was das Unternehmen ihnen bieten kann und was es im Gegenzug

von ihnen erwartet, stellen Karrieremöglichkeiten in Aussicht usw. Nicht nur das Unterneh-

men macht explizite und implizite Versprechen, sondern auch der Mitarbeitende (vgl. Con-

way & Briner, 2005). Wichtig ist allerdings nicht, was tatsächlich versprochen wurde,

sondern was von beiden Vertragsparteien als versprochen wahrgenommen wird (Conway &

Briner, 2005). Psychologische Verträge sind keine statischen Gebilde, sie können sich wäh-

rend eines Arbeitsverhältnisses verändern (Levinson, Price, Munden, Mandl & Solley, 1962,

zit. nach Roehling, 1997). Diese Veränderungen sind auch im Modell psychologischer Ver-

tragsbildung von Herriot und Pemberton (1997), welches nachfolgend erläutert wird (vgl.

Abb. 2), vorgesehen.

2 Morrison und Robinson (1997, zit. nach Conway & Briner, 2005) unterscheiden Vertragsbruch („breach“) von

Vertragsverletzung („violation“). Demnach beschreibt der Vertragsbruch die Diskrepanz zwischen Erwartun-

gen und Angeboten, während die Vertragsverletzung die emotionalen Reaktionen (Ärger, Enttäuschung usw.)

auf den Vertragsbruch beinhaltet.

Erwartungen des

Mitarbeitenden

Angebote des Unternehmens

Erwartungen des

Unternehmens

Angebote des Mitarbeitenden

Abb. 1: Die vier Hauptkomponenten psychologischer Verträge

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7

Während die Inhalte psychologischer Verträge je nach Kontext (Unternehmen, Branche usw.)

variieren, läuft der Prozess der Vertragsbildung gemäss Herriot und Pemberton (1997) immer

ähnlich ab. Das wirtschaftliche Umfeld beeinflusst die Erwartungen und Angebote der Orga-

nisation (bzw. des Unternehmens), während das soziale Umfeld die Erwartungen und Ange-

bote der Person beeinflussen. Einflussfaktoren auf Seiten der Organisation hängen somit stark

davon ab, wie sich das Marktumfeld präsentiert. So fordert ein Unternehmen von Mitarbei-

tenden Kompetenzen, die es ihm erlaubt, sich am Markt gut zu positionieren. Diese Forde-

rungen fallen tendenziell höher aus, wenn das wirtschaftliche Umfeld ungünstig ist für die

Arbeitnehmer, beispielsweise in einer Rezession, und die Organisation daher über mehr Ar-

beitsmarktmacht verfügt (vgl. Herriot & Pemberton, 1997). Schein (1965, zit. nach Roehling,

1997) nennt Einflussfaktoren auf die Erwartungen der Mitarbeitenden wie z.B. eigene innere

Bedürfnisse, Beobachten des Verhaltens der Organisation gegenüber anderen Personen (z.B.

Arbeitskollegen), Traditionen und Normen, eigene Erfahrungen in der Vergangenheit usw. So

können Mitarbeitende aufgrund einer bestimmten Leistung ihrerseits eine besondere Aner-

kennung durch das arbeitgebende Unternehmen erwarten, da sie dieses Verhalten schon ge-

genüber Arbeitskollegen beobachtet haben.

Abb. 2: Die vier Stufen psychologischer Vertragsbildung (Herriot & Pemberton, 1997; Dar-

stellung von Raeder, 2007a, S. 296)

Herriot und Pemberton schlagen in ihrem Modell der psychologischen Vertragsbildung vier

Schritte vor: Erstens sollen sich die beiden Parteien gegenseitig über ihre Erwartungen und

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Angebote informieren. Zweitens soll über die Angebote verhandelt werden. Drittens sollen

sich sowohl die Organisation als auch der betreffende Mitarbeitende darüber klar werden, ob

sich ihre Erwartungen verändert haben und überprüfen, ob der psychologische Vertrag (d.h.

die in Schritt 2 ausgehandelten gegenseitigen Angebote) eingehalten wurde. Viertens wird

entweder neu über die gegenseitigen Angebote verhandelt oder aus dem Vertrag ausgestie-

gen, was bedeutet, dass die Organisation dem Mitarbeitenden kündigt oder dieser die Organi-

sation verlässt. Für Herriot und Pemberton stellt Kommunikation das zentrale Element im

Vertragsbildungsprozess dar. Der Prozess kann von vorne beginnen, wenn sich im wirtschaft-

lichen und sozialen Umfeld genügend grosse Veränderungen zutragen (Howard & Bray,

1988, zit. nach Herriot & Pemberton, 1997). Das Modell setzt voraus, dass jede Vertragspar-

tei sich zumindest teilweise bewusst ist, was sie von der anderen Partei erwartet und was sie

ihrerseits anzubieten bereit ist. So kann sichergestellt werden, dass jede Partei von der ande-

ren weiss, was sie vom Vertragspartner erwarten kann und was dieser von ihr erwartet und zu

bieten bereit ist (Herriot & Pemberton, 1997).

2.3. Inhalte psychologischer Verträge

Es gibt eine Vielzahl denkbarer Inhalte von psychologischen Verträgen. Levinson et al.

(1962, zit. nach Roehling, 1997) unterscheiden bewusste und unbewusste Erwartungen auf

Seiten der Mitarbeitenden (vgl. Roehling, 1997). Unbewusste Erwartungen sind z.B. die Für-

sorge des Arbeitgebers, während die Leistung bei der Arbeit, der Gebrauch spezifischer Fä-

higkeiten, soziale Beziehungen am Arbeitsplatz, Arbeitsplatzsicherheit und Entlöhnung zu

den bewussten Erwartungen zählen (vgl. Roehling, 1997).

Eine andere Kategorisierung von Inhalten betrifft die Unterscheidung von transaktional

und relational geprägten psychologischen Verträgen (vgl. z.B. Raja, Johns & Ntalianis, 2004;

Conway & Briner, 2005). Thompson und Bunderson (2003, zit. nach Thompson & Hart,

2006) schlagen einen dritten Vertragstyp, ideologisch geprägte psychologische Verträge, vor.

Psychologische Verträge mit vorwiegend transaktionalen Inhalten sind oft kurzfristig ausge-

richtet, haben einen klar materialistischen Fokus (Arbeit gegen Bezahlung) und sowohl Ar-

beitgeber als auch Arbeitnehmer sind wenig interessiert an einer gegenseitigen Beziehung.

Relational geprägte psychologische Verträge haben einen langfristigen Zeithorizont und

beinhalten neben materialistischen Inhalten auch Erwartungen wie Sicherheit (gegen Loyali-

tät) und Karrieremöglichkeiten (vgl. Raja, Johns & Ntalianis, 2004). Arbeitsverhältnisse, wo

psychologische Verträge vorwiegend ideologische Inhalte aufweisen, zeichnen sich dadurch

aus, dass Mitarbeitende denken, dass sie vor allem durch das ideologische Ziel an das Unter-

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nehmen gebunden sind. Sie erwarten vom Unternehmen, dass es direkt zur Erreichung dieses

Ziels beiträgt (z.B. Schutz der Umwelt). Gleichzeitig sind die Mitarbeitenden ihrerseits bereit,

sich für dieses Ziel einzusetzen (Thompson & Bunderson, 2003, zit. nach Thompson & Hart,

2006). Wird ein solcher psychologischer Vertrag verletzt, sind gravierendere negative Folgen

zu erwarten als bei den anderen beiden Vertragstypen, da der gemeinsame Einsatz für das de-

finierte ideologische Ziel zu einer stärkeren Verpflichtung führt (Thompson & Hart, 2006).

Erwartungen und Angebote variieren zwischen verschiedenen Mitarbeitenden, aber

auch zwischen Mitarbeitenden und arbeitgebender Organisation (Herriot & Pemberton,

1997). Die Erwartungen der Mitarbeitenden variieren tendenziell mehr als die Erwartungen

der arbeitgebenden Organisation (Guest, 1998). So ist es gemäss Millward und Brewerton

(2000) wahrscheinlich, dass unter dem heutigen wirtschaftlichen Klima Unternehmen von ih-

ren Mitarbeitenden vor allem Leistung, Flexibilität und die Fähigkeit, sich Veränderungen

schnell und effektiv anzupassen erwarten, während die Erwartungen der Mitarbeitenden sehr

unterschiedlich und subjektiv sein können. Schein (1993, zit. nach Millward & Brewerton,

2000) schlägt acht Kategorien von sogenannten Karriereankern bzw. Arbeitswert-Kategorien

vor: Sicherheit; Autonomie und Unabhängigkeit; Technik/Funktionalität; Führung; Unter-

nehmertum; Einsatz und Engagement; Herausforderung; Integration des Lebensstils. Die Ka-

tegorisierung nach Schein impliziert wiederum, dass die Bedürfnisse bzw. die Erwartungen

der Mitarbeitenden an ihren Arbeitgeber sehr vielfältig sind.

2.4. Der „neue Deal“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Im Zuge der Arbeitsflexibilisierung verändern sich auch die psychologischen Verträge zwi-

schen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (z.B. Millward & Brewerton, 2000; Raeder & Grote,

2001). Betont die traditionelle Sichtweise des psychologischen Vertrages noch Inhalte wie

Arbeitsplatzsicherheit, lebenslange Beschäftigung und gegenseitige Loyalität und Identifika-

tion, umfasst der „neue Deal“ Eigenverantwortung für Beschäftigung und Entwicklung, eine

starke Ziel- und Leistungsorientierung und Flexibilität (Raeder & Grote, 2001). Millward und

Brewerton (2000) stellen dem traditionellen psychologischen Vertrag bzw. dem „alten Deal“

einen neuen psychologischen Vertrag bzw. einen „neuen Deal“ gegenüber (vgl. Tab. 1).

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Tab. 1: Traditioneller vs. neuer psychologischer Vertrag (Darstellung nach Millward &

Brewerton, 2000, S. 6)

„Alter Deal“ „Neuer Deal“ $

langfristige Sicherheit

keine Sicherheit

faire Bezahlung für gute Leistung

hohe Bezahlung für hohe Leistung

strukturiertes, vorhersehbares Arbeits-

szenario

flexibles und unklares Arbeitsszenario

Karrieremanagement erfolgt durch die Orga-

nisation

Eigenverantwortung des Mitarbeitenden für

Karrieremanagement

Organisation vergütet aufgrund Arbeitszeit

und Bemühungen

Organisation vergütet aufgrund Leistung und

Resultaten

Einkommen abhängig von Erfahrung/Status

Einkommen abhängig von Leistung

Beförderung in Aussicht gestellt und unter-

stützt für „extra Aufwand“

„Wie du mir so ich dir“-Mentalität

gegenseitiges Vertrauen und Ineinander-

Investieren

wenig Vertrauen und viel Zynismus

Der „alte Deal“ zeichnet sich gemäss Millward und Brewerton (2000) durch langfristige Si-

cherheit, faire Bezahlung für gute Leistung, ein strukturiertes und vorhersehbares Arbeitssze-

nario, Karrieremanagement durch die Organisation, Vergütung aufgrund Arbeitszeit und

Bemühungen, von Erfahrung und Status abhängigem Einkommen, Beförderung für einen

„extra Aufwand“ und gegenseitiges Vertrauen und Ineinander-Investieren aus. Zum „neuen

Deal“ gehören demgegenüber der Verzicht auf Sicherheit, hohe Bezahlung für hohe Leis-

tung, ein flexibles und unklares Arbeitsszenario, Eigenverantwortung für das Karrieremana-

gement, Vergütung aufgrund Leistung und Resultaten, Abhängigkeit des Einkommens von

der Leistung, eine „Wie du mir so ich dir“- Mentalität, wenig Vertrauen und viel Zynismus.

Beim Wechsel vom „alten“ zum „neuen Deal“ besteht die Gefahr, dass eine Verletzung

der psychologischen Verträge wahrgenommen wird. Dies insbesondere auf Seiten der Mitar-

beitenden, da der Vertrag meist von Seiten der Organisation verändert wird (vgl. Wittmann,

2006). So kann es vorkommen, dass Mitarbeitende plötzlich Tätigkeiten ausführen müssen,

die nicht in ihrer Rollenbeschreibung enthalten sind und auch nicht vom arbeitgebenden Un-

ternehmen anerkannt werden. Dieses Phänomen wird als „job creep“ bezeichnet und als „the

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11

slow and subtle expansion of employee job duties that is not officially recognized by the or-

ganization“ (Van Dyne & Butler Ellis, 2004, zit. nach Conway & Briner, 2005, S. 165) um-

schrieben.

Rousseau (1998, zit. nach Conway & Briner, 2005) schlägt vier Stufen vor, die von ei-

nem Unternehmen durchlaufen werden sollten, um eine erfolgreiche Transformation des alten

psychologischen Vertrages in einen „neuen Deal“ zu gewährleisten. Unternehmen sollen ers-

tens den alten Vertrag in Frage stellen und die anstehenden Veränderungen den Mitarbeiten-

den gegenüber umfassend begründen. Zweitens sollen die Mitarbeitenden auf die

Veränderungen vorbereitet werden. Drittens soll der neue psychologische Vertrag eingeführt

werden. Viertens sollen die neuen psychologischen Verträge gelebt werden, was sich durch

eine konsistente Behandlung der Mitarbeitenden, kontinuierliche Kommunikation und durch

das Einhalten der neuen Angebote ausdrückt. Raeder und Grote (2001) empfehlen Unterneh-

men: dass den Mitarbeitenden die Gelegenheit gegeben wird, den Wandel hin zum neuen

psychologischen Vertrag nachzuvollziehen und sich darauf vorzubereiten; dass ihnen die

notwendigen Informationen (Veränderung Organisation, Arbeitsplatz, Berufsbild etc.) zur

Verfügung stehen; dass sie darin unterstützt werden, die für ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu-

kunftsfähigen Kompetenzen zu definieren und zu erwerben (z.B. durch Arbeitsgestaltung

oder Weiterbildung).

Gemäss dem „Schweizer Human Relations Barometer“, einer Studie zur Befindlichkeit

von Schweizer Arbeitnehmern, ist es in Schweizer Studien noch nicht gelungen, einen durch-

gängig neuen psychologischen Vertrag bzw. einen „neuen Deal“ nachzuweisen (vgl. Grote &

Staffelbach, 2007). So nehmen die Unsicherheit auf Seiten der Arbeitnehmer und die Anfor-

derungen an die Flexibilität von Mitarbeitenden zwar zu, doch ist Loyalität bzw. Arbeitssi-

cherheit in der Schweiz vergleichsweise immer noch sehr wichtig (vgl. Grote & Staffelbach,

2007).

2.5. Das Management psychologischer Verträge

Das Management psychologischer Verträge ist eine Kernaufgabe für Unternehmen, um ein

Organisationsklima zu erzielen, das „people-building“ statt „people-using“ ist (Schalk &

Rousseau, 2001, zit. nach Guest & Conway, 2002 S. 22). Den psychologischen Vertrag zu

managen impliziert, dessen Inhalte zu beeinflussen bzw. zu verändern (Conway & Briner,

2005). Neue Inhalte können dazukommen, bestehende wegfallen oder die Wichtigkeit einzel-

ner Inhalte kann sich verändern (z.B. kann Qualität an Bedeutung gewinnen; Conway & Bri-

ner, 2005). Raeder und Grote (2001) fanden dieses aktive Management (bzw. die Gestaltung)

Page 18: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

12

der psychologischen Verträge in den wenigsten von ihnen untersuchten Schweizer Unter-

nehmen vor. Die Studie von Guest und Conway (2002), in der 1306 HR-Fachleute in Gross-

britannien zum psychologischen Vertrag befragt wurden, ergab, dass immerhin 36% diesen

explizit für das Management der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung nutzten. Conway und

Briner (2005) nennen drei Arten, wie psychologische Verträge durch die Organisation gema-

nagt werden können:

1) Die Organisation ändert einzelne Inhalte im psychologischen Vertrag einseitig ab und

erzwingt somit eine Veränderung, welche der Mitarbeitende zu akzeptieren hat. Im schlech-

testen Fall erfolgt diese Änderung ohne Erklärung.

2) Angebote und Erwartungen werden von der Organisation effektiv und konsistent

kommuniziert, so dass Mitarbeitende ein klares Verständnis davon erhalten, was die Organisa-

tion ihnen bietet und im Gegenzug von ihnen erwartet.

3) Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandeln über den psychologischen Vertrag. Dies

bedingt, dass sich beide Vertragspartner im Klaren über ihre Angebote und Erwartungen sind

(vgl. Kapitel 2.2).

Nicht nur das Unternehmen kann mittels seiner Agenten (Führungskräfte, HR-Fachleute

usw.) die psychologischen Verträge managen, sondern auch der Mitarbeitende selbst (Con-

way & Briner, 2005). Eine Art, wie Mitarbeitende den psychologischen Vertrag mit dem Un-

ternehmen aktiv managen können, ist das Verhandeln über Angebote und Erwartungen

gemäss dem Modell psychologischer Vertragsbildung nach Herriot und Pemberton (1997;

vgl. Kapitel 2.2). Mitarbeitende können ihren psychologischen Vertrag überwachen, indem

sie z.B. aufmerksam Emotionen und Verhaltensweisen der Führungskräfte beobachten und

daraus Rückschlüsse auf den Zustand ihres psychologischen Vertrages ziehen (Conway &

Briner, 2005). Für Mitarbeitende, die aufgrund ihrer Leistung oder ihres Fachwissens beson-

ders bedeutend sind, besteht die Möglichkeit, das Unternehmen auf ihren Arbeitsmarktwert

hinzuweisen und dadurch höhere Erwartungen und Forderungen zu stellen (Rousseau, 2001,

zit. nach Conway & Briner, 2005). Eine weitere Möglichkeit ergibt sich durch das Phänomen

des „job crafting“ (vgl. Wrzesniewski & Dutton, 2001, zit. nach Conway & Briner, 2005).

„Job crafting“ meint, dass ein Mitarbeitender seine eigentliche Tätigkeit in Bezug auf Um-

fang, Anzahl der ausgeführten Arbeiten und Art der Arbeit verändert (Conway & Briner,

2005). Da „Job Crafter“ ihre Tätigkeiten für ein Unternehmen verändern, beeinflusst dies

auch die psychologischen Verträge der betroffenen Mitarbeitenden (Conway & Briner, 2005).

So ist es denkbar, dass Mitarbeitende, die freiwillig eine Tätigkeit ausführen, die vom Arbeit-

Page 19: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

13

geber eigentlich nicht erwartet wird aber dem Unternehmen dient, dafür auch mehr erwarten,

z.B. eine höhere Entlöhnung.

In der vorliegenden Arbeit wird das Management der psychologischen Verträge durch

das HRM thematisiert. Das HRM hat das Potenzial, als Mittler zwischen Arbeitgeber und Ar-

beitnehmer zu wirken. Auf diese Rolle des HRM wird im nächsten Kapitel zu Ethik in Unter-

nehmen eingegangen. Die Konzeption des Managements psychologischer Verträge als HRM-

Instrument wird in Kapitel 4 behandelt.

Page 20: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

14

3. Ethik in Unternehmen

In diesem Kapitel wird zunächst ausgeführt, was unter Ethik in Unternehmen zu verstehen ist.

Der Begriff der Unternehmensethik wird in eine Drei-Ebenen-Betrachtung eingebettet, jede

Ebene wird erläutert und es werden ihr Ethik-Ansätze zugeordnet. In einem zweiten Teil wird

darauf eingegangen, wie Ethik in Unternehmen konkret institutionalisiert werden kann. Dabei

wird auf die Verankerung ethischer Werte in der Unternehmenskultur und -struktur, auf den

Stakeholderdialog und auf die Rolle des HRM bei der Institutionalisierung von Unterneh-

mensethik eingegangen.

3.1. Ansätze und Betrachtungsebenen

Zum Thema Ethik in Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Ansätzen und Begriffen sowohl

aus dem englischen Sprachraum (z.B. Business Ethics, Business and Society, Corporate So-

cial Responsibility, Corporate Citizenship; vgl. Staffelbach, 2002) als auch aus dem deut-

schen (z.B. Ansatz der Unternehmensethik von Steinmann, Integrative Wirtschaftsethik nach

Ulrich; vgl. Staffelbach, 1994). Löhr (2004) schlägt vor, den Begriff der Unternehmensethik

im Rahmen einer Drei-Ebenen-Betrachtung in eine umfassendere Perspektive einzubetten

(vgl. Abb. 3). Er unterscheidet zwischen einer Makro-, einer Meso- und einer Mikroebene

ethischen Handelns (vgl. auch Eigenstetter & Hammerl, 2005). Für Eigenstetter und Hammerl

sind Wirtschafts- und Unternehmensethiken angewandte Ethiken, die auf unterschiedlichen

Ebenen angesiedelt sind und dementsprechend verschiedene Schwerpunkte aufweisen.

In der vorliegenden Arbeit geht es um die Umsetzung von Ethik auf der Mesoebene, al-

so in den einzelnen Unternehmen. Trotzdem sollen nachfolgend alle drei Ebenen kurz erläu-

tert werden, um ein besseres Verständnis für die Thematik der wirtschafts- bzw.

unternehmensethischen Verantwortung zu schaffen.

Page 21: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

15

3.1.1 Makroebene: Wirtschaftsethik

3.1.1. Makroebene: Wirtschaftsethik

Auf der Makroebene geht es um die „Ordnungsverantwortung“ von Unternehmen bzw. um

die Thematik der wirtschaftlichen Rahmenordnung (z.B. Homann, 2004). Diese beinhaltet die

gesetzlichen, wirtschaftspolitischen und branchenspezifischen Regelungen für das wirtschaft-

liche Handeln unter Marktbedingungen (Eigenstetter & Hammerl, 2005). Hier bewegen wir

uns demnach auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene, und ethisches Handeln erfolgt im

Rahmen einer Wirtschaftsethik.

Nach Homann und Blome-Drees (1992, zit. nach Eigenstetter & Hammerl, 2005) be-

fasst sich Wirtschaftsethik „mit der Frage, welche moralischen Normen und Ideale unter den

Bedingungen der modernen Wirtschaft und Gesellschaft (von den Unternehmen; Anm. der

Verf.) zur Geltung gebracht werden können“ (S. 13). Es geht dabei u.a. um die Einhaltung

gesetzlicher Vorschriften (Compliance), welche auf einer überbetrieblichen Ebene definiert

werden. Diese Vorschriften umfassen z.B. die Produktepalette, Produktionsverfahren, Marke-

tingmethoden, Entlassungen, Standortentscheidungen, den Führungsstil aber auch vom Un-

ternehmen angebotene Kinderkrippen oder die Unterstützung humanitärer Organisationen

(vgl. Homann, 2004). Homann und Blome-Drees (1992, zit. nach Löhr, 2004) verwenden in

Anlehnung an den Sport die Bezeichnungen „Spielregeln“ und „Spielzüge“. Folglich braucht

es „Spielregeln“ (die wirtschaftliche Rahmenordnung), innerhalb derer Unternehmen ihre

„Spielzüge“ (alle unternehmerischen Aktivitäten) ausführen können. Sie argumentieren, dass

es in modernen Gesellschaften, die durch eine hohe Anonymität und Arbeitsteilung gekenn-

zeichnet sind, zwingend eine Rahmenordnung brauche, da nicht erwartet werden dürfe, dass

Mikroebene: Individual-

ethik

Makroebene: Wirtschafts-

ethik

Mesoebene: Unterneh-

mensethik

Abb. 3: Ebenen der wirtschaftsethischen Verantwortung (Darstellung nach Eigenstetter &

Hammerl, 2005 und Löhr, 2004)

Page 22: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

16

sich eine Einzelperson oder ein Unternehmen freiwillig moralisch verhalte (Homann & Blo-

me-Drees, 1992, zit. nach Eigenstetter & Hammerl, 2005).

Homann und Suchanek (2000, zit. nach Eigenstetter & Hammerl, 2005) sind der An-

sicht, dass Unternehmen die Pflicht haben, aktiv an der Gestaltung einer sinnvollen Rahmen-

ordnung mitzuarbeiten, z.B. durch branchenweite Ethikkodizes („Code of Conduct“) oder der

Förderung von entsprechenden Gesetzgebungen. Ein Unternehmen kann gemäss Homann und

Suchanek nur in den Bereichen eigene Regelungen in Kraft setzen, wo es noch keine oder

ungenügende Gesetze gibt.

Auf Ebene der Wirtschaftsethik bzw. auf überbetrieblicher Ebene finden sich auch

Branchenregelungen bzw. Standesregeln (z.B. die Vereinbarung über die Standesregeln zur

Sorgfaltspflicht der Banken, VSB, vgl. Staffelbach 1994; EthikManagementSystem der Bau-

wirtschaft in Deutschland, vgl. Ethikmanagement der Bauwirtschaft e.V., 19993).

Zudem lässt sich die Theorie des Sozialvertrages auf der Makroebene ethischen Han-

delns ansiedeln (Thompson & Hart, 2006). Sozialvertragstheoretiker argumentieren, dass es

möglich sei, ein Set von universellen Vereinbarungen festzulegen, welche die Grundregeln

für ethisches Verhalten bilden. Die „moralische Autorität“ („moral authority“) ergibt sich aus

der Annahme, dass Menschen, die rational handeln, bestimmten gesellschaftlichen Vereinba-

rungen zustimmen würden (Dunfee & Donaldson, 1995, zit. nach Thompson & Hart, 2006;

vgl. auch Scherer, 2003). Donaldson & Dunfee (1994, zit. nach Thompson & Hart, 2006)

schlagen hierzu die Bestimmung sogenannter „hypernorms“ vor. Hierbei handelt es sich um

universelle Prinzipien, an die sich alle Menschen zu halten haben (z.B. Menschenrechtserklä-

rung von 1948; vgl. Scherer, 2003). Ein wichtiges Merkmal der Theorie des Sozialvertrages

ist, dass sie kontextunabhängig ist und deshalb breit angewandt werden kann (Thompson &

Hart, 2006). Dies führt aber auch dazu, dass sie oft eine „theory in search of application“

bleibt (Thompson & Hart, 2006, S. 229).

3.1.2. Mesoebene: Unternehmensethik

Die Ansätze auf der Mesoebene befassen sich mit dem ethischen Handeln einzelner Unter-

nehmen. Die oben erwähnten Ansätze von Steinmann et al. zu „Unternehmensethik“ (z.B.

Steinmann und Löhr, 1992, zit. nach Eigenstetter & Hammerl, 2005; Steinmann & Oppenrie-

der, 1985, zit. nach Staffelbach, 1994) und Peter Ulrichs „Integrative Wirtschaftsethik“ (vgl.

Staffelbach, 1994; Eigenstetter & Hammerl, 2005) lassen sich auf der Mesoebene ethischen

3 Neue Bezeichnung seit März 2007: EMB-Wertemanagement Bau e.V. (vgl. http://www.bauindustrie-

bayern.de/fileadmin/docs_pub/emb/docs/weidinger_emb07.pdf [07.06.2008]).

Page 23: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

17

Handelns ansiedeln. Zudem kann das aus dem englischen Sprachraum stammende Konzept

der „Corporate Social Responsibility“ (CSR) ebenfalls der Mesoebene zugeordnet werden.

Nachfolgend werden diese drei Ansätze kurz dargestellt. Steinmann und Löhr (1989, zit. nach

Staffelbach, 1994) definieren Unternehmensethik wie folgt:

„Unternehmensethik umfasst alle durch dialogische Verständigung mit den (von

den unternehmerischen Entscheidungen, Anm. der Verf.) Betroffenen begründe-

ten bzw. begründbaren prozessualen und materialen Normen, die von einer Un-

ternehmung zum Zwecke der Selbstbindung verbindlich in Kraft gesetzt werden,

um die konfliktrelevanten Auswirkungen des Gewinnprinzips bei der Steuerung

der konkreten Unternehmensaktivitäten zu begrenzen“ (S. 189).

Steinmann und Löhr (1989, zit. nach Staffelbach, 1994) verstehen Unternehmensethik dem-

nach als „Korrektiv“, womit unethischen Folgen wirtschaftlicher Tätigkeit entgegengewirkt

werden kann (vgl. Eigenstetter & Hammerl, 2005).

Ulrich (z.B. 1999) schlägt in seiner „Integrativen Wirtschaftsethik“ vor, die beiden oft

als unvereinbar eingestuften Pole Markt und Moral zusammenzuführen (vgl. Eigenstetter &

Hammerl, 2005). Für Ulrich ist Ethik die Voraussetzung unternehmerischer Tätigkeit (vgl.

Ulrich, 1999). Er plädiert für eine „lebensdienliche Ökonomie“, die beinhaltet, dass bei allen

unternehmerischen Entscheidungen auch ethische Gesichtspunkte berücksichtigt werden sol-

len (vgl. Eigenstetter & Hammerl, 2005; Ulrich, 1999). Ulrichs Ansatz ist nicht eindeutig der

Mesoebene wirtschaftsethischer Verantwortung zuzuordnen, da er auch eine „ordnungspoliti-

sche Mitverantwortung der Unternehmer“ (Ulrich, 1999, S. 22) fordert und somit auch die

Makroebene tangiert. Staffelbach (1994) hebt denn auch hervor, dass Ulrichs Ansatz drei

Ebenen, die personale, organisatorische und ordnungspolitische Ebene kombiniert.

Ein Ansatz, der ursprünglich aus dem englischen Sprachraum stammt, sich aber mitt-

lerweile auch im deutschsprachigen Bereich etabliert hat, ist das Konzept der „Corporate So-

cial Responsibility“ (CSR). CSR umfasst die ökonomische, ökologische und soziale

Verantwortung von Unternehmen, was sich in der sogenannten „Triple-Bottom-Linie“ aus-

drückt (vgl. Eigenstetter & Hammerl, 2005; Sims, 2003; Staffelbach, 2002). Der Begriff CSR

beinhaltet, dass ein Unternehmen zu internen und externen Stakeholdern vielfältige Bezie-

hungen unterhält und demnach nicht einfach Privatsache seiner Eigentümer ist (vgl. Sims,

2003; Staffelbach, 2002). Daraus ergeben sich bestimmte Verantwortungen in inhaltlicher

(„Triple-Bottom-Line“), organisatorischer (Führungsstrukturen und -prozesse) und personel-

ler Hinsicht (Staffelbach, 2002). Bei Letzterem geht es um die Einstellung und Haltung der

Page 24: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

18

Mitarbeitenden eines Unternehmens, im Besonderen um ihre Integrität und Glaubwürdigkeit

(Staffelbach, 2002). Der CSR-Ansatz hat auch Eingang in die wirtschaftliche Praxis gefun-

den. So verfügen viele Unternehmen, vor allem grössere, über ein CSR-Programm. Für

Orange z.B. bedeutet CSR „den Erwartungen ethischer, rechtlicher, wirtschaftlicher Natur

und im öffentlichen Interesse, die die Gesellschaft an unser Unternehmen stellt, gerecht wer-

den und diese übertreffen“ (Orange CSR-Bericht 2006, S. 5).

Andere Autoren sprechen im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Verantwortung

von Unternehmen z.B. von „Corporate Citizenship“ (z.B. Leisinger, 2004; Matten & Crane,

2005) oder unterscheiden verschiedene Kategorien unternehmerischer Verantwortung (z.B.

„Pyramid of corporate social responsibility“ nach Carroll, 1991).

Bei allen drei dargestellten Ethik-Ansätzen auf der Mesoebene stellt der Stakeholder-

Dialog ein wichtiges Prinzip dar. Demnach sollen möglichst alle von einer unternehmerischen

Entscheidung Betroffenen mittels eines Dialogs beteiligt werden (vgl. z.B. Ulrich, 1999;

Steinmann & Löhr, 1989, zit. nach Staffelbach, 1994). Der Stakeholderdialog wird in Kapitel

3.2.3 als eine Möglichkeit der Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen erläutert.

3.1.3. Mikroebene: Individualethik

Auf der Mikroebene ethischen Handelns geht es um die Pflichten, das Gewissen und die Ver-

antwortung des einzelnen Individuums, was als Individualethik bezeichnet wird (vgl. Göbel,

2003). Für Göbel erscheint klar, dass sich Ethik zunächst einmal auf den einzelnen Menschen

bezieht, da nur das Individuum über eine moralische Gesinnung verfügt und nach jener han-

deln kann. Löhr (2004) führt an, dass eine Wirtschafts- bzw. Unternehmensethik massgeblich

davon abhängt, wie einzelne Individuen miteinander umgehen. Weitere Ansätze auf dieser

Ebene sind die Tugendethik (z.B. Klose, 1988, zit. nach Löhr, 2004), die Theorie der morali-

schen Entwicklung nach Jean Piaget (z.B. 1983, zit. nach Eigenstetter & Hammerl, 2005)

und die Theorie der moralischen Urteilskompetenz nach Lawrence Kohlberg (z.B. 1977, zit.

nach Eigenstetter & Hammerl, 2005).

Die Theorie der moralischen Entwicklung von Jean Piaget (z.B. 1983, zit. nach Ei-

genstetter & Hammerl, 2005) beruht auf dessen Beobachtungen von Kindern beim Spiel mit

Murmeln, wo die Regeln von den Kindern ohne das Zutun von Erwachsenen selber entwi-

ckelt und über Generationen weitergegeben werden. Aufgrund dieser Beobachtungen kam Pi-

aget zur der Auffassung, dass die Moralentwicklung zweistufig verläuft: Die erste Stufe,

heteronome Moral genannt, verläuft asymmetrisch und ist gekennzeichnet durch einen tiefen

Page 25: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

19

Respekt vor den Regeln anderer (z.B. Erwachsener), welche fix sind und nicht verändert wer-

den dürfen. Auf der zweiten Stufe, der autonomen Moral, werden die Regeln gemeinsam

ausgehandelt und gestaltet. Es entstehen Situationen, wo kooperiert wird, wo sich soziale Be-

ziehungen bilden, wo die Perspektive anderer eingenommen werden kann. Beide Moralstufen

können sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen vorkommen. Bei der autonomen Moral

scheint wiederum das Prinzip des Dialogs bzw. der Diskursethik, des Einbezugs anderer Per-

spektiven, durch (vgl. Eigenstetter & Hammerl, 2005).

3.1.4. Abschliessende Bemerkungen

Für das Verständnis von Ethik in Unternehmen und deren Umsetzung ist es wichtig, sich auch

der anderen Ebenen wirtschaftsethischer Verantwortung bewusst zu sein. Die einzelnen Be-

trachtungsebenen können nicht in jedem Fall klar getrennt werden, die Übergänge sind

manchmal fliessend, und so sind auch nicht alle Ethik-Ansätze klar einer Ebene zuzuordnen

(z.B. „Integrative Wirtschaftsethik“ nach Ulrich). Zudem sind die Ebenen ineinander „ver-

schachtelt“ (vgl. Abb. 3). So hat die Makroebene Einfluss auf die Mesoebene und diese wie-

derum auf die Mikroebene. Unternehmen sind demnach in ihrem Handeln durch

überbetriebliche Vorschriften und Gesetze Grenzen gesetzt. Sie bestimmen aber auch die

„Spielregeln“ für ihre Mitarbeitenden. So kann ethisches Verhalten ermöglicht oder aber eher

verhindert werden. Die Einflüsse finden auch von „innen“ (Mikroebene) nach „aussen“

(Makroebene) statt: Handlungen auf der Mikroebene wirken sich auf die Mesoebene aus,

welche wiederum die Makroebene beeinflusst. Wie ethisch das Unternehmen als Ganzes han-

delt, hängt von den Handlungen seiner Mitarbeitenden ab. Die Handlungen des Unterneh-

mens haben zudem Einfluss auf die Ebene der wirtschaftlichen Rahmenordnung, welche nur

dann einen Beitrag an Ethik im Gesamt-Wirtschaftsystem leisten kann, wenn die einzelnen

Unternehmen sich ethisch verhalten.

In den nachfolgenden Ausführungen zur Institutionalisierung von Unternehmensethik

geht es in erster Linie um die Mesoebene wirtschaftsethischer Verantwortung, d.h. um die

konkrete Umsetzung von Ethik im einzelnen Unternehmen. In Anlehnung an die oben erfolg-

ten Ausführungen wird unter Ethik in Unternehmen die Wahrnehmung sozialer unternehme-

rischer Verantwortung gegenüber den internen und externen Stakeholdern verstanden.

Page 26: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

20

3.2. Institutionalisierung von Unternehmensethik

Alle theoretischen Überlegungen zu den verschiedenen Ethik-Ansätzen und Betrachtungs-

ebenen erscheinen zwecklos, wenn nicht auch die konkrete Umsetzung von Ethik in Unter-

nehmen thematisiert wird. Unternehmen sollen sich aktiv damit auseinandersetzen, wie sie

ethisches Verhalten bei ihren Führungskräften und Mitarbeitenden nachhaltig fördern können.

Es geht demnach um die Thematik der Institutionalisierung von Unternehmensethik. Nach

Sims (2003) handelt es sich bei einer institutionalisierten Handlung um „ein von zwei oder

mehr Personen gezeigtes Verhalten, das über die Zeit hinweg anhält und einen Teil des all-

täglichen Funktionierens einer Organisation darstellt“ (S. 242; Übers. d. Verf.). Bezogen auf

Unternehmensethik bedeutet dies, ethisches Verhalten formal und explizit im Geschäftsalltag

zu verankern (vgl. Sims, 2003).

Wie soll nun aber ethisches Verhalten in und durch die Unternehmen hervorgebracht

werden? Es gibt grundsätzlich zwei Formen der Institutionalisierung ethischen Verhaltens:

Durchsetzen und Ermöglichen. Diese beiden Formen können sich sowohl auf der Ebene des

Individuums ( Individualethik) als auch auf der Ebene der Organisation ( Institu-

tionenethik) zeigen (vgl. Abb. 4)4. Da dieser Arbeit die Institutionenethik zugrunde liegt, wird

nur die Ebene der Organisation betrachtet. Werden Richtlinien unter Sanktionsandrohung ein-

fach durchgesetzt, handelt es sind um heteronome Moral. Die Mitarbeitenden haben kein Mit-

spracherecht und keinen Gestaltungsspielraum, sie müssen sich einfach an die Regeln halten.

Die andere Form, ethisches Verhalten zu erzielen, beinhaltet, dass die Unternehmenskultur

und -struktur so ausgestaltet sind, dass es den Mitarbeitenden ermöglicht wird, sich ethisch zu

verhalten.

Nachfolgend werden drei Ansatzpunkte bezüglich Institutionalisierung von Unterneh-

mensethik erläutert: Die Verankerung ethischer Werte in der Unternehmenskultur („Compli-

ance“ vs. „Integrity“), in der Unternehmensstruktur (konkrete Ethikmassnahmen und -

programme) und die Wahrnehmung sozialer Verantwortung mittels Stakeholderdialog. Zu-

dem wird auf die Rolle des HRM bei der Institutionalisierung von Unternehmensethik einge-

gangen.

4 Argumentation und Abbildung nach Vorlesung HRM I, Universität Zürich, Dozent Prof. Dr. B. Staffelbach,

im Wintersemester (WS) 2005/2006, Vorlesung 10 Folie 10.

Page 27: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

21

3.2.1. Verankerung ethischer Werte in der Unternehmenskultur: „Compliance“

vs. „Integrity“

Thommen (2003) versteht die Unternehmenskultur als informales Instrument zur Beeinflus-

sung ethischen Verhaltens. Er ist der Meinung, dass die unzähligen Umschreibungen des

Begriffs der Unternehmenskultur einen gemeinsamen Nenner aufweisen: die geteilten Werte.

Nach Peters und Waterman (1982, zit. nach Thommen, 2003) sind Klarheit über die eigenen

Werte, und dass ein Unternehmen die richtigen Werte vertritt, kritisch für den Unternehmens-

erfolg. Obwohl eine Unternehmenskultur auch Werte umfasst, die nicht direkt ethischer Natur

sind, dürfen diese den eigentlichen unternehmensethischen Werten nicht widersprechen

(Thommen, 2003).

Paine (1994) nahm bezüglich der Unternehmenskultur die Unterscheidung „Complian-

ce“ und „Integrity“ vor. Ursprünglich aus dem englischen Sprachraum stammend, wurde

diese Unterscheidung 1998 von Steinmann und Olbrich in die deutschsprachige Diskussion

um Unternehmensethik übertragen (vgl. Thielemann, 2005). Gemäss Paine bewirkt eine fehl-

geleitete Unternehmenskultur, d.h. falsche „Werte, Einstellungen und Überzeugungen“

(S. 106; Übers. der Verf.), dass bei Führungskräften und Mitarbeitenden eines Unternehmens

Fehlverhalten entsteht. Ein compliance-basierter Ansatz der Unternehmensethik beruht auf

Individuum

Organisation

Ebene

Durchsetzen Ermöglichen

heteronome

Moral

autonome

Moral

Form

Individualethik

Institutionenethik

Abb. 4: Möglichkeiten der Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen

Page 28: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

22

der Kontrolle der Mitarbeitenden, Fehlverhalten zieht entsprechende Sanktionen nach sich

(Paine, 1994). Bei diesem Ansatz geht es darum, dass Verletzungen rechtlicher Bestimmun-

gen vermieden, aufgedeckt und gegebenenfalls bestraft werden (vgl. Thielemann, 2005). Das

Menschenbild, das dem Compliance-Ansatz zugrunde liegt, ist ein negatives, da Mitarbeiten-

de als reine Nutzenmaximierer betrachtet werden, für die Moral keine Rolle spielt (vgl. Paine,

1994). Während die Mitarbeitenden in einer Compliance-dominierten Unternehmenskultur

versuchen, Sanktionen zu vermeiden - Thielemann spricht diesbezüglich von „Abreizen“5 -

soll der Integrity-Ansatz ein Umfeld bewirken, welches ethisches Verhalten unterstützt und

unter den Mitarbeitenden ein Gefühl von gemeinsamer Verantwortlichkeit fördert (vgl. Paine,

1994). Auch bei einer integrity-basierten Unternehmenskultur gibt es Richtlinien - Paine

nennt sie „guidelines“ - welche die Mitarbeitenden zu befolgen haben. Hier aber soll die

Ethik als treibende Kraft wirken und bei Individuen und Gruppen verschiedener Hierachiestu-

fen, Abteilungen und Funktionen einen gemeinsamen „frame of reference“, d.h. geteilte Wer-

te, ermöglichen. Dies wiederum stiftet Identität und Zweck (vgl. Paine, 1994). In diesem

Sinne ist Paines Compliance-Ansatz auf der heteronomen Moralstufe angesiedelt (vgl. Abb.

4), da er ethisches Verhalten vorschreibt. Währenddessen zielt der Integrity-Ansatz in Rich-

tung autonome Moral, da er anhand geteilter Werte ethisches Verhalten bei den Mitarbeiten-

den ermöglichen und fördern soll.

Es stellt sich die berechtigte Frage, ob eine integrity-basierte Kultur alleine ausreicht,

damit sich die Mitarbeitenden eines Unternehmens ethisch verhalten. Während die Unter-

nehmenskultur zwar die generelle Richtung angibt und den Mitarbeitenden somit eine Orien-

tierung bezüglich ihres Verhaltens geben kann, braucht es ebenso die konkrete

Ausformulierung von Massnahmen, da sonst die Gefahr besteht, dass das Thema Ethik zu va-

ge bleibt und die Umsetzung ausbleibt. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich daher mit kon-

kreten Ethikmassnahmen bzw. -programmen im Rahmen der Unternehmensstruktur.

5 Unter „Abreizen“ versteht Thielemann (2005) das Gegenteil von Anreizen. Sie sollen Mitarbeitende unter

Sanktionsandrohung davon abhalten, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen (z.B. gegen bestimmte Richtlinien zu

verstossen).

Page 29: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

23

3.2.2. Verankerung ethischer Werte in der Unternehmensstruktur: Ethikmass-

nahmen und -programme

Ethikmassnahmen werden von Unternehmen ergriffen, um ethisches Verhalten bei den Mit-

arbeitenden zu erreichen. Sie haben nach Ulrich, Lunau und Weber (1999) grundsätzlich zwei

Funktionen: eine „öffnende“ und eine „schliessende“. „Öffnend“ sollen Ethikmassnahmen

deswegen sein, weil sie die Reflexion und Argumentation bezüglich möglichst aller unter-

nehmerischen Entscheidungsprozesse, Führungssysteme und Handlungsweisen zulassen und

diese als „normalen“ Aspekt im alltäglichen Geschäftsleben institutionalisieren sollen. Die

„schliessende“ Funktion von Ethikmassnahmen beinhaltet, dass Unternehmen bestimmte un-

ethische Entscheidungs- und Handlungsalternativen verbieten. Somit sind gewisse ethische

Standards einzuhalten, welche nicht hinterfragt werden dürfen. Unternehmen müssen gemäss

Ulrich et al. zwingend beide Funktionen von Ethikmassnahmen institutionell verankern. So-

wohl fixe, top-down-befohlene Handlungsanweisungen ohne das Wahrnehmen ethischer Mit-

verantwortung aller Mitarbeitenden als auch eine einseitig offene Reflexions- und

Argumentationskultur würden zur Folge haben, dass einzelne Mitarbeitende im Unternehmen

opportunistisch handeln und sich nicht an die ethischen Unternehmensgrundsätze halten (vgl.

Ulrich et al., 1999). Die „öffnende“ Funktion entspricht in etwa dem Ansatz „Ermöglichen“

und somit der „Integrity“-Strategie, die „schliessende“ Funktion lehnt sich an den Ansatz

„Durchsetzen“ und an die „Compliance“-Strategie an.

Eine bekannte und weit verbreitete Ethikmassnahme ist der Ethikkodex bzw. Code of

Conduct (vgl. Thommen, 2003; Ulrich et al., 1999). Schlegelmilch (1990, zit. nach Ulrich et

al., 1999) definiert den Ethikkodex in Anlehnung an Melrose-Woodman und Kverndal (1976,

zit. nach Ulrich et al., 1999) als „Schriftstück, das Unternehmensprinzipien, ethische Grund-

sätze, Verhaltensregeln oder die Unternehmensphilosophie beschreibt, soweit diese die Ver-

antwortung gegenüber Angestellten, Aktionären, Kunden, der Umwelt oder irgendwelchen

anderen unternehmensexternen gesellschaftlichen Aspekten betrifft“ (S. 140). Thommen

(2003) erachtet den Ethikkodex als Gegenstück zur Unternehmenskultur. Er versteht den

Ethikkodex als formales Mittel und die Unternehmenskultur als informales Mittel zur Beein-

flussung ethischen Verhaltens in Unternehmen. Weitere Ethikmassnahmen sind z.B. die Ein-

richtung spezieller Ethikstellen (z.B. Ethikkomitee, Ethikberatungsstelle, Ombudsmann,

Ethikadvokat; vgl. Thommen, 2003), die Einführung von Zertifizierungsinitiativen (z.B. So-

cial Accountability 8000; vgl. Thommen, 2003), die Verpflichtung zur Einhaltung der Prinzi-

Page 30: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

24

pien des Global Compact (vgl. z.B. Williams, 2004) oder der OECD Prinzipien für

onale Unternehmen (vgl. Thommen, 2003).

Um eine höhere Wirksamkeit zu erzielen, ist es sinnvoll, einzelne Ethikmassnahmen

aufeinander abzustimmen und in ein Ethikprogramm zu integrieren (vgl. Thommen, 2003).

Wichtig dabei ist, dass ein Programm zur Umsetzung ethischen Handelns in Unternehmen

von den Schlüsselfiguren eines Unternehmens, insbesondere der Geschäftsleitung, getragen

wird (vgl. Thommen, 2003). Ein Beispiel für ein solches Ethikprogramm ist das

EthikManagementSystem der Bauwirtschaft in Deutschland (vgl. Ethikmanagement der Bau-

wirtschaft e.V., 1999). Es ist unternehmensübergreifend (alle Unternehmen der Baubrache

und einzelne Niederlassungen können sich beteiligen) und unterliegt der Selbstbindung. Es

beinhaltet zwei Stufen: Das verpflichtende Werteprogramm, welches die „Bewahrung und

Förderung integrer Geschäftspraktiken in der Bauwirtschaft“ (S. 242) zum Ziel hat und das

freiwillige Wertesystem, welches auf dem Werteprogramm aufbaut, ein internes und externes

Kontrollsystem und intensive Trainingsprogramme für die Mitarbeitenden vorsieht, eher mit-

tel- und langfristig wirkt und insbesondere für grössere Unternehmen gedacht ist. Das Beson-

dere am EthikManagementSystem der Bauwirtschaft in Deutschland ist, dass es „von unten“

her entstanden ist, also durch die aktiven Beiträge von Mitarbeitenden und Führungskräften

aus der Baubranche (vgl. Ethikmanagement der Bauwirtschaft e.V., 1999).

Der folgende Abschnitt zum Stakeholderdialog als einem weiteren Ansatzpunkt zur

Institutionalisierung von Unternehmensethik soll diese „Entstehung von unten“, die letztlich

auch beim Management psychologischer Verträge eine bedeutende Rolle spielt, verdeutli-

chen.

3.2.3. Stakeholderdialog

Unternehmen sind mit den Ansprüchen und Erwartungen unterschiedlichster Gruppierungen

konfrontiert. Sie stehen in vielfältigen Beziehungen zu diesen Gruppierungen. Zur Analyse

und zum Umgang mit diesen Beziehungen eignet sich das Stakeholder-Konzept (vgl. Thom-

men, 2003). Der Begriff „stake“ kann sowohl mit „Anspruch“, „Forderung“, „Erwartung“,

„Interesse“ oder auch „Recht“ übersetzt werden (Thommen, 2003, S. 22). Somit ist gemäss

Thommen ein Stakeholder „jede Person oder Institution, die einen Anspruch an ein Unter-

nehmen hat, weil sie selbst oder Dritte durch das Handeln des Unternehmens direkt oder in-

direkt betroffen sind. Dabei ist unerheblich, ob die Ansprüche an das Unternehmen

Page 31: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

25

tatsächlich gestellt (aktiver Anspruch) oder gestellt werden können (passiver Anspruch)“

(S. 22).

Um im heutigen Geschäftsumfeld, welches sich durch eine hohe Komplexität und Dy-

namik auszeichnet, erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen die Interessen und Erwartungen

der Stakeholdergruppen in unternehmerische Entscheidungen miteinbeziehen (Sims, 2003).

So hängt der Erfolg eines Unternehmens massgeblich vom Erkennen der Stakeholderansprü-

che und vom richtigen Umgang mit ihnen ab (vgl. Thommen, 2003).

Eine Möglichkeit, die Ansprüche an ein Unternehmen zu erfassen und mit ihnen umzu-

gehen, ist es, mit den relevanten Stakeholdergruppen in einen Dialog zu treten. So schlägt

Thommen vor, mit den betroffenen Stakeholdern gemeinsam die vorhandenen Schwierigkei-

ten zu thematisieren und einen Konsens zu finden. Dies wiederum sichert einem Unterneh-

men die Unterstützung und Akzeptanz der beteiligten Stakeholder (vgl. Thommen, 2003).

In der vorliegenden Arbeit werden interne und externe Stakeholder unterschieden. Die

internen Stakeholder sind die Mitarbeitenden eines Unternehmens, während alle übrigen

Gruppierungen und Institutionen, die Ansprüche an ein Unternehmen stellen, den externen

Stakeholdern zugeordnet werden. Es ist für ein Unternehmen unerlässlich, sich möglichst al-

ler Stakeholder bewusst zu sein und deren Ansprüche in seine Entscheidungen mit einzube-

ziehen. Da aber die psychologischen Verträge zwischen den Mitarbeitenden und dem

arbeitgebenden Unternehmen im Fokus der Betrachtung stehen, ist an dieser Stelle nur der

Stakeholderdialog mit den Mitarbeitenden relevant. Im Sinne eines „Konsensus-

Managements“ (Ulrich, 1983, zit. nach Wittmann, 1997, S. 446) soll ein Unternehmen seinen

Mitarbeitenden „Rede und Antwort stehen“ (Wittmann, 1997, S. 446) und diese somit in die

unternehmerischen Entscheidungen einbinden (vgl. Wittmann, 1997).

In der zweiten Sichtweise des psychologischen Vertrages aus einer unternehmensethi-

schen Perspektive, welche in Kapitel 4.3 thematisiert wird, geht es um das Verhalten der Mit-

arbeitenden gegenüber den externen Stakeholdern und somit indirekt auch um deren

Erwartungen. Der direkte Dialog mit den externen Stakeholdern ist allerdings nicht Thema

dieser Arbeit.

3.2.4. Die Rolle des HRM bei der Institutionalisierung von Unternehmensethik

Wittmann (1997) zeigt, dass das HRM nach der Geschäftsleitung die wichtigste Instanz

betreffend Institutionalisierung von Unternehmensethik ist. So zitiert er u.a. die Studie von

Staffelbach (1991), wonach ein Drittel der Unternehmen angaben, Ethik zu institutionalisie-

Page 32: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

26

ren, indem sie ihren Mitarbeitenden eine Ethik-Ausbildung anbieten. Gemäss der Studie

„Corporate Institutionalization of Ethics in the United States and Great Britain“ liegt die

Hauptverantwortung für die Kommunikation und Weiterverbreitung eines Ethikkodex für et-

was mehr als ein Drittel der Befragten in den USA beim HRM (vgl. Robertson & Schlegel-

milch, 1993, zit. nach Wittmann, 1997). Wittmann erwähnt auch, dass das HRM eine Reihe

von Strategien und Instrumenten zur Verfügung hat, die zur Institutionalisierung von Ethik in

Unternehmen geeignet sind. Allerdings werde noch nicht die gesamte Breite der zur Verfü-

gung stehenden Verfahren genutzt, so Wittmann. So berichteten in der Studie „Ethik und Er-

folg“ des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen 52% der befragten

Führungskräfte, dass vor allem bei der Rekrutierung und Entwicklung von Mitarbeitenden auf

ethische Aspekte geachtet wird (Ulrich & Thielemann, 1992, zit. nach Wittmann, 1997).

In der Studie „Die soziale Verantwortung der Wirtschaft“ von Lunau und Wettstein

(2004) spielen neben der Rekrutierung und der Personalentwicklung noch weitere HRM-

Themen bezüglich Wahrnehmung sozialer Verantwortung durch Unternehmen eine Rolle,

nämlich die Freisetzung von Personal und Leistungsbeurteilung und -vergütung. Dies impli-

ziert, dass das HRM eine wichtige Rolle einnimmt bei der Institutionalisierung von Unter-

nehmensethik, da die verschiedenen HR-Bereiche (Rekrutierung, Personalentwicklung usw.)

eine Chance bieten, einerseits Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden wahrzunehmen

und diese andererseits dahingehend zu sensibilisieren, dass ethisches Verhalten ihrerseits sehr

erwünscht ist. Dies wird im nächsten Kapitel bezüglich der beiden Sichtweisen Verantwor-

tung „gegen innen“ und „gegen aussen“ ausführlich dargestellt.

Page 33: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

27

4. Der psychologische Vertrag aus einer unternehmensethischen Perspek-

tive

Nach den Erläuterungen zum psychologischen Vertrag und Ethik in Unternehmen rücken

nachfolgend erneut die Kernfragen dieser Arbeit ins Zentrum, indem die Anknüpfungspunkte

des Konzepts des psychologischen Vertrages und der Unternehmensethik thematisiert wer-

den. Einerseits werden die zwei genannten Sichtweisen, „Verantwortung des Unternehmens

gegen innen“ und „Verantwortung des Unternehmens gegen aussen“, dargestellt. Dabei wird

für beide Sichtweisen erläutert, wie das Management psychologischer Verträge zur Wahr-

nehmung sozialer unternehmerischer Verantwortung beitragen kann. Abschliessend wird die

Konzeption des aktiven Managements psychologischer Verträge als HRM-Instrument und die

Anwendung in verschiedenen HR-Bereichen erläutert.

4.1. Die soziale Verantwortung von Unternehmen

Wie oben erwähnt, werden in der vorliegenden Arbeit bezüglich Wahrnehmung von sozialer

Verantwortung mittels Management des psychologischen Vertrages zwei grundlegende

Sichtweisen unterschieden: Erstens ist ein Unternehmen aufgefordert, gegenüber seinen Mit-

arbeitenden soziale Verantwortung zu übernehmen. In diversen Studien wurden Mitarbeiten-

de als eine der wichtigsten Stakeholdergruppen unternehmerischer Verantwortung genannt

(z.B. Staffelbach, 1991; Schlegelmilch, 1990; beide zit. nach Wittmann, 1997). Bezogen auf

die psychologischen Verträge der Mitarbeitenden mit ihrem Arbeitgeber sollten Unternehmen

diese weitgehend einhalten bzw. sollten sie fair sein. Dieser Ansatz wird nachfolgend als

„Verantwortung des Unternehmens gegen innen“ bezeichnet (vgl. Abb. 5).

Zweitens tragen Unternehmen neben den Mitarbeitenden aber auch noch gegenüber an-

deren Stakeholdern Verantwortung, so z.B. gegenüber Eigentümern, Kunden, Lieferanten,

politischen Gruppierungen und nicht zuletzt gegenüber „unpersönlichen“ Stakeholdern wie

der Umwelt, der Gesellschaft als Ganzes und zukünftigen Generationen (vgl. z.B. Thommen,

2003; Sims, 2003; Donaldson & Preston, 1995). In dieser zweiten Perspektive sind die Mitar-

beitenden nicht mehr die Adressaten unternehmerischer Verantwortung, sondern übernehmen

als Agenten des Unternehmens eine tragende Rolle in der Umsetzung ethischen Verhaltens

bzw. sozialer Verantwortung gegenüber den genannten Stakeholdern. Hier kann der psycho-

logische Vertrag dazu dienen, die Erwartungen der Unternehmen bezüglich ethischen Verhal-

tens zu kommunizieren bzw. abzurufen, wie ethisch sich die Mitarbeitenden tatsächlich zu

Page 34: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

28

verhalten bereit sind (im Sinne eines Angebots im psychologischen Vertrag). Dieser Ansatz

wird in der Folge als „Verantwortung des Unternehmens gegen aussen“ bezeichnet (vgl.

Abb. 6). Es sind noch andere Sichtweisen denkbar, z.B. spielt das Verhalten der Mitarbeiten-

den untereinander, in den einzelnen Teams, Abteilungen und zwischen Teams und Abteilun-

gen eine wichtige Rolle.

Nachfolgend soll aufgezeigt werden, wie das Management des psychologischen Vertra-

ges, bezogen auf die beiden erwähnten Sichtweisen, der Umsetzung ethischen Verhaltens in

Unternehmen dienen kann.

Angebote

Erwartungen

Unternehmen Mitarbeitende

Abb. 5: Wahrnehmung von Verantwortung „gegen innen“ mittels Management der psy-

chologischen Verträge

Ethisches Verhalten / Verantwortung

Unternehmen Externe Stakeholder

Mitarbeitende

Verantwortung

Angebote

bezüglich

ethischem

Verhalten

Erwartungen

bezüglich

ethischem

Verhalten Ethisches

Verhalten

Abb. 6: Wahrnehmung von Verantwortung „gegen aussen“ mittels Management der

psychologischen Verträge

Page 35: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

29

4.2. Verantwortung der Unternehmen „gegen innen“

Dass sich ein Unternehmen gegenüber seinen Mitarbeitenden ethisch verhalten sollte, er-

scheint klar. Schliesslich sollen die Mitarbeitenden zufrieden sein und motiviert, herausra-

gende Leistungen zu erbringen und zudem einen Beitrag zum ethischen Verhalten des

Gesamtunternehmens zu leisten (siehe dazu auch Kapitel 4.3). Thompson und Hart (2006) ar-

gumentieren, dass sich die psychologischen Verträge der Mitarbeitenden eines Unternehmens

und das ethische Klima in der Gesamtorganisation wechselseitig beeinflussen. Es ist gemäss

den beiden Forschern wahrscheinlich, dass Mitarbeitende, welche sich von ihrem Arbeitgeber

ungerecht behandeln fühlen, versuchen, dem Unternehmen in irgendeiner Form zu schaden.

Dies impliziert wiederum, dass die Verantwortung „gegen innen“ mit der Verantwortung

„gegen aussen“ in Zusammenhang steht. Konkret: Nimmt ein Unternehmen seine Verantwor-

tung „gegen innen“, d.h. gegenüber seinen Mitarbeitenden, wahr, sind diese auch eher bereit,

das Unternehmen in seiner Verantwortung „gegen aussen“ zu unterstützen (vgl. dazu auch

Sims, 1991).

Bezüglich der Verantwortung eines Unternehmens „gegen innen“, d.h. gegenüber seinen Mit-

arbeitenden, stellen sich u.a. folgende zwei Fragen:

1) Welche Verantwortung bzw. Pflichten hat ein Unternehmen gegenüber seinen Mitar-

beitenden?

2) Wie soll ein Unternehmen seine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden wahr-

nehmen?

Auf diese beiden Fragen sollen in den beiden folgenden Abschnitten mögliche Antworten ge-

geben werden.

4.2.1. Pflichten des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitenden

Das Thema „Pflichten des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitenden“ knüpft an die Aus-

führungen über die Inhalte im psychologischen Vertrag, insbesondere an die Erwartungen der

Mitarbeitenden, an (vgl. Kapitel 2.3).

In der Schweiz sind viele Pflichten des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitenden

in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder in einem Einzelarbeitsvertrag (EAV) geregelt.

Die Einhaltung der Bestimmungen aus GAV und EAV bilden die Grundlage ethischen Ver-

haltens gegenüber den Mitarbeitenden (vgl. von Cranach, 2005). Von Cranach betont, dass

nicht alle Unternehmen einem GAV unterstehen, und dass sich auch über den GAV hinaus

Page 36: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

30

weitere Pflichten ergeben können. Die wohl grundsätzlichste Pflicht eines Unternehmens ge-

genüber seinen Mitarbeitenden ist eine angemessene Bezahlung für die geleisteten Arbeitsbei-

träge (vgl. von Cranach, 2005). Diese stellt auch einen zentralen Inhalt im psychologischen

Vertrag zwischen Mitarbeitenden und der arbeitgebenden Organisation dar (vgl. Herriot,

Manning & Kidd, 1997, zit. nach Conway & Briner, 2005).

Das Human Relations Barometer 20086 ermittelte allerdings, dass Mitarbeitende von ih-

rem Arbeitgeber vor allem flexible Arbeit, Verantwortung und Entscheidungsspielraum er-

warten und dass die Entlöhnung allein nicht ausschlaggebend dafür ist, ob sich Mitarbeitende

für eine bestimmte Stelle entscheiden oder länger in einer Unternehmung verbleiben.

HRM-Fachleute sind sich weitgehend einig darin, dass das Management der psycholo-

gischen Verträge den vielfältigen Charakteren innerhalb der Belegschaft und der Anforderung

an Unternehmen, innovativ und anpassungsbereit zu sein, Rechnung tragen muss (Guest,

1998). Folglich sollten die Bedürfnisse möglichst aller Mitarbeitenden berücksichtigt werden.

Organisationen tendieren dazu, die Vielfalt der Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden zu unter-

schätzen, indem sie annehmen, dass die kulturellen und persönlichen Werte unter den Mitar-

beitenden weitgehend homogen sind (Millward & Brewerton, 2000). Vor allem Mitarbeitende

auf einer tieferen Hierarchiestufe werden häufig in ihren Bedürfnissen übergangen (Millward

& Brewerton, 2000), oder die Bedürfnisse älterer Mitarbeitender nicht ausreichend berück-

sichtigt (vgl. Schalk, 2007).

Ein Beispiel aus Grossbritannien zeigt, dass es sich lohnt, die Individualität von Mitar-

beitenden zu berücksichtigen. Die Firma Vauxhall Motors führte ein individuelles Entwick-

lungsangebot ein, das den Mitarbeitenden erlaubte, ihre persönlichen

Entwicklungsbedürfnisse sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Unternehmens zu verfol-

gen. Seit der Einführung dieses Angebotes gab es bedeutend weniger Kündigungen (Millward

& Brewerton, 2000). Analog dazu könnte ein Unternehmen bezüglich der Wahrnehmung so-

zialer Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitenden verfahren, indem es ermittelt, welche

Bedürfnisse bzw. Erwartungen die Mitarbeitenden generell haben.

Wie in Kapitel 2.3 ausgeführt wurde, können Unternehmen Informationen über die Be-

dürfnisse ihrer Angestellten gewinnen, indem sie ermitteln, welchem Vertragstyp (transaktio-

nal, relational, ideologisch) diese unterstehen. Jedoch verfügt jeder Mitarbeitende über einen

individuellen psychologischen Vertrag mit dem Unternehmen, und seine Wahrnehmung der

Pflichten des Arbeitgebers ihm gegenüber können von der Perspektive des Unternehmens

6 vgl. Medienmitteilung Universität Zürich vom 26.3.2008

(http://www.mediadesk.unizh.ch/mitteilung.php?text_id=284&grp=aktuell [29.4.2008]).

Page 37: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

31

abweichen (vgl. Herriot & Pemberton, 1997). Zudem ist es wahrscheinlich, dass sich psycho-

logische Verträge über die Zeit hinweg verändern (Levinson et. al, 1962, zit. nach Roehling,

1997; Herriot & Pemberton, 1997). Deshalb ist es wichtig, dass sich Unternehmen über die

Erwartungen und Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden laufend informieren.

Wie soll ein Unternehmen nun mit den Erwartungen, die Mitarbeitende an ihren Arbeit-

geber stellen, umgehen? Ist jede Forderung automatisch legitim, da die Erfüllung der psycho-

logischen Verträge mit den Mitarbeitenden ethisch verbindlich ist? Welche

Beurteilungskriterien gibt es bezüglich der Verantwortung eines Unternehmens gegenüber

seinen Mitarbeitenden? Was sollte bezüglich Wahrnehmung der Verantwortung „gegen in-

nen“ zusätzlich beachtet werden? Der nächste Abschnitt gibt auf diese Fragen mögliche Ant-

worten.

4.2.2. Wahrnehmung sozialer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden

Da ein psychologischer Vertrag ein hypothetisches Konstrukt ist und durch die Wahrnehmung

des jeweiligen Mitarbeitenden geprägt wird (z.B. Raeder, 2007b), stellt sich zu Recht die Fra-

ge, wie verbindlich psychologische Verträge für Unternehmen sein sollen (vgl. Van Buren III,

2000) und nach welchen Kriterien psychologische Verträge beurteilt werden können.

Van Buren III (2000) hebt hervor, dass psychologische Verträge auch unrealistisch sein

können. Er nennt als Beispiel einen Mitarbeitenden, der nicht viel leistet, und trotzdem An-

spruch auf Beförderung und Lohnerhöhung erhebt. Solche Ansprüche würde ein Aussenste-

hender mit objektiver Sicht auf die Situation wohl ablehnen. Van Buren III schlägt

demzufolge auch vor, die Verbindlichkeit impliziter Verträge anhand eines „reasonable third

party standard“ zu beurteilen (vgl. Bok, 1978, zit. nach Van Buren III, 2000, S. 208). Hierbei

würde eine nicht involvierte, neutrale Partei die streitige Situation betreffend Angeboten und

Erwartungen im psychologischen Vertrag von aussen betrachten und eine Entscheidung fäl-

len. Neutrales Verhalten der aussen stehenden Beurteilungsinstanz dürfte allerdings schwierig

zu gewährleisten sein.

Als weiteres Beurteilungskriterium der Verbindlichkeit psychologischer Verträge führt

Van Buren III (2000) Ressourcenknappheit („resource munificence“; vgl. dazu auch Klein,

1990) in einem Unternehmen an. Entlässt ein Unternehmen z.B. Mitarbeitende einzig, um

noch höhere Gewinne zu erwirtschaften, macht Van Buren III eine höhere Haftbarkeit bezüg-

lich der psychologischen Verträge aus, als wenn Entlassungen aufgrund verschärftem Wett-

bewerb oder technologischen Veränderungen zwingend zum Überleben eines Unternehmens

Page 38: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

32

nötig sind (Van Buren III, 2000). In letzterem Fall wären die psychologischen Verträge mit

den Mitarbeitenden nach der Argumentation von Van Buren III für das Unternehmen nicht

verbindlich und würden demnach auch nicht Teil der Verantwortung „gegen innen“ sein.

Offen bleibt bei Van Buren III die Frage, worin sich die Haftbarkeit des Unternehmens

bezüglich der psychologischen Verträge seiner Mitarbeitenden konkret zeigen soll. Es ist

denkbar, dass von einem Unternehmen gefordert werden kann, den Mitarbeitenden angemes-

sene zusätzliche Angebote zu unterbreiten, wenn ein Angebot wegfällt oder nicht mehr in

gleichem Umfang geboten werden kann. (vgl. Wittmann, 2006). Was der Situation angemes-

sen ist, könnte im Dialog mit den betreffenden Mitarbeitenden und gegebenenfalls unter Mit-

einbezug einer externen Partei ermittelt werden.

In der Theorie des Sozialvertrages gilt Fairness als Beurteilungskriterium für die Gül-

tigkeit eines Vertrages (vgl. Rawls, 1971, zit. nach Raeder, 2007b). Da es in psychologischen

Verträgen, analog zum Sozialvertrag, ebenfalls ein Machtungleichgewicht gibt (zwischen Ar-

beitgeber und Arbeitnehmer; im Sozialvertrag zwischen dem Souverän und dem Volk; vgl.

Lessnoff, 1990, zit. nach Raeder, 2007b), legt Raeder (2007b) diesen ebenfalls Fairness als

Kriterium der Gültigkeit zugrunde. In Anlehnung an Cropanzano und Randall (1992, zit. nach

Raeder, 2007b) unterscheidet sie die Dimensionen distributive, prozedurale und interaktionale

Fairness. Diese beinhalten, dass der Austausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im

psychologischen Vertrag fair sein soll (distributive Fairness), dass den Mitarbeitenden klar

ist, wie die Angebote und Erwartungen des Arbeitgebers zustande gekommen sind (prozedu-

rale Fairness) und dass über diese kommuniziert und verhandelt werden kann (interaktionale

Fairness).

Ein besonders heikler Punkt ist der Übergang vom traditionellen zum neuen psychologi-

schen Vertrag, wo Vereinbarungen vor allem von Seiten des Unternehmens oft verletzt wer-

den (vgl. Kapitel 2.4; Wittmann, 2006). Gemäss Wittmann haben es Unternehmen

offensichtlich verpasst, den Mitarbeitenden als Gegenleistung für erhöhte Leistungsbereit-

schaft und Flexibilität angemessene Angebote zu unterbreiten. Er sieht den Hauptgrund für

die Brüchigkeit des psychologischen Vertrages in der weit verbreiteten Misstrauens- und

Angstkultur in Unternehmen. So führt er an, dass Mitarbeitende grundsätzlich Verständnis

dafür haben, dass ihnen ihr Arbeitgeber keine Arbeitsplatzsicherheit mehr gewähren kann, al-

lerdings in Restrukturierungssituationen ein faires und verantwortungsvolles Vorgehen erwar-

ten. Wittmann erachtet beispielsweise die Beschäftigung langjähriger Mitarbeitender bis zur

Pensionierung als Ansatzpunkt einer sozialen und verantwortlichen Personalpolitik. Damit

verbindet er das Konzept des psychologischen Vertrages mit der Unternehmensethik.

Page 39: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

33

Raeder (2007a) schlägt vor, den psychologischen Vertrag gezielt zur Thematisierung

sich verändernder Angebote (z.B. Arbeitsplatzsicherheit, Laufbahnentwicklung) und Erwar-

tungen (z.B. Leistung, Eigenverantwortung) zu nutzen. Von besonderer Bedeutung ist dies im

Zuge von Reorganisationen, die oft mit Personalabbau verbunden sind. Es können nicht im-

mer optimale Bedingungen für alle Mitarbeitenden geschaffen werden, doch kann sicherge-

stellt werden, dass Möglichkeiten und Grenzen für jeden einzelnen bekannt sind und in die

individuelle Berufs- und Lebensplanung miteinbezogen werden (vgl. Grote, 2006). Lunau

und Wettstein (2004) schlagen deshalb vor, dass Unternehmen keinen „Masterplan“ anstreben

müssen, der die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden im Detail regelt. Vielmehr ge-

nüge hier eine Liste gut begründeter Prioritäten, welche sich daraus ergibt, dass sich ein Un-

ternehmen auf die Anliegen seiner Mitarbeitenden ernsthaft und konkret einlässt.

4.3. Verantwortung der Unternehmen „gegen aussen“

Ein Unternehmen kann sich als Ganzes gegenüber den externen Stakeholdern nur ethisch

verhalten, wenn seine Mitarbeitenden ethisches Verhalten zeigen. Deshalb erscheint es nahe

liegend, dass Mitarbeitende von dem Unternehmen, für welches sie arbeiten, angehalten wer-

den, sich moralisch korrekt und integer zu verhalten. In Kapitel 3 wurde ausgeführt, mit wel-

chen Massnahmen dies erreicht werden könnte. Grundsätzlich braucht es eine

Unternehmenskultur, welche ethisches Verhalten fördert und erlaubt. Zudem braucht es aber

auch gezielte Forderungen des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitenden. Einerseits

sind dies rechtliche Vorgaben, die, unter Strafandrohung, eingehalten werden müssen (vgl.

Ausführungen zum Compliance-Ansatz, Kapitel 3.2.1). Andererseits sollte ein Unternehmen

seinen Mitarbeitenden signalisieren, welche Verhaltensweisen über die rechtlichen Vorgaben

hinaus erwünscht sind, insbesondere im Hinblick auf die Wahrnehmung sozialer Verantwor-

tung gegenüber externen Stakeholdern. Zwischen dem vertraglich vereinbarten Verhalten und

den gesetzlichen Vorschriften, die eingehalten werden müssen und dem zusätzlichen intege-

ren Verhalten, welches Mitarbeitende zeigen sollen, klafft eine Lücke.

Analog zum Transformationsproblem7 bezüglich der unvollständigen Arbeitsverträge mit

Mitarbeitenden (Wieland, 1996, zit. nach Wittmann, 1997) kann ein Unternehmen seinen An-

gestellten nicht verordnen, wie sie sich genau zu verhalten haben. Das aktive Management

7 Das Transformationsproblem beinhaltet, dass Unternehmen bezüglich ihren Mitarbeitenden mittels eines Ar-

beitsvertrages lediglich ein gesetzlich und zeitlich beschränktes Verfügungsrecht erwerben, die Arbeitsleistung

hinsichtlich Qualität und Quantität aber nicht eindeutig bestimmbar ist. Eine Hauptaufgabe des HRM besteht

demnach darin, dazu beizutragen, dass das durch den Arbeitsvertrag erworbene Nutzungsrecht an Wissen und

Fähigkeiten der Mitarbeitenden in Leistung transformiert wird, welche dem Unternehmen dient.

Page 40: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

34

des psychologischen Vertrages hat das Potenzial, diese Lücke zu füllen, indem es systema-

tisch dafür eingesetzt wird, Erwartungen und Angebote bezüglich ethischem Verhalten zu

kommunizieren, zu kontrollieren und „Trends“ von der Basis zu erfassen und diesen Rech-

nung zu tragen. Es wird vorgeschlagen, dem psychologischen Vertrag eine eigentliche Ethik-

komponente beizufügen, wie dies Sims (1991) vorgeschlagen hat. Sims betont, dass auch die

Einhaltung der psychologischen Verträge gegenüber den Mitarbeitenden von grosser Bedeu-

tung ist, da diese ein zentraler Bestimmungsfaktor ethischen Verhaltens seitens der Mitarbei-

tenden sein könnte (vgl. dazu Kapitel 4.2).

Nachfolgend werden Ansatzpunkte zur Ausgestaltung einer Ethikkomponente im psy-

chologischen Vertrag erläutert, und es wird dargestellt, wie das Management der psychologi-

schen Verträge das Unternehmen darin unterstützen kann, soziale Verantwortung „gegen

aussen“ hin wahrzunehmen.

4.3.1. Ausgestaltung einer Ethikkomponente im psychologischen Vertrag

Vor allem die Arbeitgeberseite im psychologischen Vertrag hat aus oben genannten Gründen

ein Interesse, dem psychologischen Vertrag eine Ethikkomponente beizufügen. Dies erfor-

dert, dass sich ein Unternehmen einerseits darüber bewusst ist, was es von seinen Mitarbei-

tenden bezüglich Moral und integerem Verhalten erwartet und dass es dies andererseits auch

in einer geeigneten Form kommuniziert und deren Umsetzung sicherstellt.

Aber auch Mitarbeitende haben in der Regel bestimmte ethische Erwartungen an das

Unternehmen, für das sie arbeiten. Insbesondere bezüglich Rekrutierung von High Potentials

spielt das ethische Image eine wichtige Rolle (Köhler, 2007). Gemäss der Cone Millennial

Cause Study 2006 (zit. nach Köhler, 2007) achten insbesondere Mitarbeitende der Jahrgänge

ab 1979 darauf, ob ihr zukünftiger Arbeitgeber gesellschaftliche Verantwortung übernimmt

(vgl. Köhler, 2007).

Sims (1991) misst der Übereinstimmung der Erwartungen von Arbeitgeber und Arbeit-

nehmer bezüglich ethischen Verhaltens eine grosse Bedeutung zu. So argumentiert er, dass

die Institutionalisierung von Unternehmensethik umso besser gelingt, je eher die Erwartungen

beider Parteien bezüglich ethischem Verhalten übereinstimmen. Dabei sei es wichtig, so

Sims, dass die beiden Parteien die Erwartungen der Gegenpartei möglichst gut nachvollzie-

hen können. Dies impliziert, dass es auch wichtig ist, die Erwartungen der Mitarbeitenden an

das Unternehmen bezüglich Ethik zu kennen und diese bewusst zu managen. Dieser Punkt

wurde in der vorliegenden Arbeit bereits unter der ersten Sichtweise, „Verantwortung des Un-

Page 41: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

35

ternehmens gegen innen“ (vgl. Kapitel 4.2), abgehandelt. Die Erwartungen der Mitarbeiten-

den bezüglich Ethik können demzufolge analog zu den generellen Erwartungen der

tenden im psychologischen Vertrag nach den Kriterien des „reasonable third party standards“,

der Ressourcenknappheit und der Fairness beurteilt werden.

In diesem und im nachfolgenden Abschnitt wird auf die Erwartungen des Unterneh-

mens bezüglich ethischen Verhaltens fokussiert (vgl. oben S. 28, Abb. 6). Demgegenüber ste-

hen die Angebote der Mitarbeitenden bezüglich ethischen Verhaltens. Dies bedeutet, dass ein

Unternehmen nicht automatisch von seinen Mitarbeitenden erwarten kann, dass diese mit al-

len Beiträgen an die Institutionalisierung von Ethik, die es von ihnen fordert, einverstanden

sind und diese blind erbringen. Vielmehr besteht die Idee des psychologischen Vertrages ja

gerade darin, dass den Erwartungen der einen Partei die Angebote der anderen Partei gegen-

übergestellt werden. So beinhaltet das Management psychologischer Verträge bezüglich Ver-

antwortung „gegen aussen“ neben der Kommunikation der Erwartungen des Unternehmens

auch den Abgleich mit den Angeboten der Mitarbeitenden. Es ist denkbar, dass ein Unter-

nehmen von seinen Mitarbeitenden ein Verhalten erwartet, welches diese unmöglich zeigen

können. Ein Beispiel dafür ist die Einhaltung von Mindeststandards in der Zusammenarbeit

mit Entwicklungsländern. So könnten unternehmerische Bestrebungen in Sachen Unterneh-

mensethik den lokalen Gegebenheiten an einem bestimmten Produktionsstandort zuwider lau-

fen, womit dieses eher schadet als nützt, so zum Beispiel wenn Familien darauf angewiesen

sind, dass ihre Kinder bereits ab 14 Jahren arbeiten, damit sie ihren Lebensunterhalt finanzie-

ren können, anstatt erst ab 16 Jahren, wie dies evtl. eine Unternehmung aus moralischen

Überlegungen (Bekämpfung von Kinderarbeit) vorschreiben möchte. Mitarbeitende haben

mittels Management der psychologischen Verträge die Möglichkeit, ihrem Arbeitgeber eine

Rückmeldung zu geben, ob die ethischen Erwartungen, welche es an sie richtet, auch gerecht-

fertigt und sinnvoll sind. Diese Rückmeldungen spiegeln sich in den Angeboten der Mitarbei-

tenden bezüglich ethischem Verhalten im psychologischen Vertrag wider.

4.3.2. Wahrnehmung sozialer Verantwortung gegenüber den externen Stakehol-

dern

Damit das Management des psychologischen Vertrages einen sinnvollen Beitrag an die

Wahrnehmung sozialer Verantwortung gegenüber externen Stakeholdern leisten kann, ist es

angezeigt, die Erwartungen bezüglich ethischen Verhaltens an die Mitarbeitenden zu struktu-

rieren. Eine mögliche Struktur ist die Unterteilung nach Stakeholdern. Dabei wird schriftlich

festgehalten, welchen Stakeholdern gegenüber das Unternehmen welches Verhalten von sei-

Page 42: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

36

nen Mitarbeitenden erwartet. Zum Beispiel erwartet ein Unternehmen, dass seine Mitarbei-

tenden mit Lieferanten nur faire Verträge abschliessen, die deren Existenz sichern und damit

diese wiederum ihren Mitarbeitenden angemessene Löhne zahlen können.

Es ist auch denkbar, generelle Verhaltensweisen gegenüber den Stakeholdern im Rah-

men einer Ethikkomponente im psychologischen Vertrag zu verankern, z.B. Ehrlichkeit,

Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft usw. Zur Evaluation, wie ethisch sich die Mitarbeitenden ei-

nes Unternehmens verhalten, können die Stakeholder, z.B. die Lieferanten, befragt werden.

Auf diese Weise könnten Rückschlüsse über deren ethisches Verhalten gezogen werden. Ver-

fügt das Unternehmen über einen Ethikkodex, können einzelne Punkte daraus über die Ethik-

komponente im psychologischen Vertrag konkretisiert und so klarer kommuniziert und auch

eingefordert werden (vgl. Ulrich et al., 1999). Gemäss Mathews (1987) und Snell und Hern-

don (2004; beide zit. nach Rasche, 2007) ist die inkonsistente Interpretation und Anwendung

von Ethikkodizes einer der Hauptgründe für deren Ineffektivität. Das explizite Management

des psychologischen Vertrages könnte demnach auch dazu dienen, schon bestehende Ethik-

massnahmen zu unterstützen, indem das Unternehmen seine Erwartungen und die Mitarbei-

tenden ihre Angebote kommunizieren und so ersichtlich wird, ob diese übereinstimmen und

ob bei bestimmten Themen Handlungsbedarf besteht. Bei letzterem müssten entweder das

Unternehmen seine Erwartungen oder die Mitarbeitenden ihre Angebote anpassen.

Zusätzlich sollte in Anlehnung an Ulrich et al. (1999) durch das Unternehmen klar ab-

gegrenzt werden, welche Ethikthemen „geschlossen“ sind - hier ist keine Diskussion mög-

lich, z.B. bei ganz grundsätzlichen Werten, die das Unternehmen von den Mitarbeitenden

einfordert - und welche „offen“ (vgl. Kapitel 3.2.2.). Trotzdem sollte das Unternehmen flexi-

bel genug bleiben, Ethikthemen, die „geschlossen“ sind, wieder der Diskussion zu „öffnen“,

und umgekehrt „offene“ Ethikthemen zu „schliessen“, wenn gute Gründe dafür vorliegen.

4.4. Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument

In den vorangegangen Kapiteln wurde bereits erwähnt, dass das HRM das Management der

psychologischen Verträge zwischen dem Unternehmen und seinen Mitarbeitenden überneh-

men könnte. Bei den beiden dargestellten Sichtweisen, der Verantwortung „gegen innen“ und

der Verantwortung „gegen aussen“, stehen Mitarbeitende und ihre psychologischen Verträge

mit dem Unternehmen, für welches sie arbeiten, im Mittelpunkt. Das HRM, dessen Adressa-

ten die Mitarbeitenden sind, erscheint deshalb prädestiniert für die Rolle des Mittlers zwi-

schen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (vgl. Kapitel 3.2.4).

Page 43: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

37

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Management psychologischer Verträge als HRM-

Instrument zu konzipieren. In der vorliegenden Arbeit kann nur auf eine Möglichkeit detail-

liert eingegangen werden, nämlich auf die Konzeption als Online-Tool. Anschliessend wird

kurz auf die Anwendung des Managements psychologischer Verträge bzw. der Informationen

zu Erwartungen und Angeboten aus dem Online-Tool in verschiedenen HR-Bereichen einge-

gangen.

4.4.1. Konzeption als Online-Tool

Damit das Management des psychologischen Vertrages zu einem eigentlichen HRM-

Instrument zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen wird, muss es analog anderer

Ethikmassnahmen in der Unternehmensstruktur verankert werden. Deshalb bietet es sich an,

eine Plattform zu schaffen, auf der sich Geschäftsleitung, Führungskräfte und Mitarbeitende

über ihre Erwartungen und Angebote fortwährend austauschen können. Somit könnte sicher-

gestellt werden, dass laufend über Erwartungen und Angebote kommuniziert werden kann,

und nicht nur punktuell z.B. einmal pro Jahr im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs. Konkret

würde sich als Austauschforum ein Online-Tool eignen, welches vom HRM verwaltet wird.

In diesem Online-Tool könnten alle Parteien eintragen, wie es um ihre Erwartungen und

Angebote, insbesondere auch im Bereich Ethik, steht. Ein Online-Tool hat den Vorteil, dass

es direkt anzeigen kann, welche Erwartungen der Parteien erfüllt sind und bei welchen Inhal-

ten Angebote und Erwartungen in welchem Ausmass auseinander fallen. Das Online-Tool

hätte somit auch die Funktion eines Frühwarnsystems bzw. „Seismographen“ (vgl. Lunau &

Wettstein, 2004, S. 116).

Um der Individualität der Mitarbeitenden Rechnung zu tragen, müsste das Tool flexibel

genug sein, die spezifischen Bedürfnisse und Erwartungen erfassen zu können. Denkbar ist

es, ein Set von Erwartungen und Angeboten seitens des Unternehmens fix im Tool zu veran-

kern, während aber noch Platz für individuelle Erwartungen und Angebote bleibt, die von je-

dem einzelnen Mitarbeitenden ergänzt werden können. Dabei wäre wiederum die

Unterscheidung der Verantwortung „gegen innen“ und „gegen aussen“ notwendig. Den indi-

viduellen Bemerkungen von Mitarbeitenden sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt

werden, da diese auf Handlungsbedarf bezüglich bestimmter Themen hinweisen könnten. So

könnten auf den Wunsch der Mitarbeitenden hin z.B. neue Angebote und Erwartungen (z.B.

Unterstützung bei der Gestaltung der Work-Life-Balance der Mitarbeitenden) in das Tool

aufgenommen werden, oder bestehende in Zukunft weggelassen werden (z.B. Bezahlung ei-

Page 44: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

38

nes bestimmten Betrages an das Abonnement eines Fitnesscenters), da sie nicht mehr relevant

sind.

Es müsste zudem festgelegt werden, wer die Angebote und Erwartungen von Seiten des

Unternehmens definiert und vertritt. Nach Möglichkeit sollte es kein HRM-Verantwortlicher

sein, da dieser „neutral“ sein sollte und als Vertreter der Geschäftsleitung leicht in einen Ro l-

lenkonflikt geraten kann. Das Unternehmen sollte möglichst von einem Mitglied der Ge-

schäftsleitung vertreten werden. Dies steigert die Glaubwürdigkeit des ganzen Prozesses.

HRM-Vertreter sollten aber trotz ihrer Vermittlerrolle die Möglichkeit haben, ihre Wahrneh-

mung von Angeboten und Erwartungen seitens der drei involvierten Parteien mit einzubrin-

gen. Dies ist besonders dann sinvoll, wenn es um noch nicht berücksichtigte Aspekte (z.B. ein

neues, wichtiges Angebot, dessen sich die involvierten Parteien nicht bewusst sind) geht.

Die Informationen über die Wahrnehmung der Angebote und Erwartungen seitens der

Mitarbeitenden, der Führungskräfte und der Geschäftsleitung könnten zusammengetragen und

in definierten zeitlichen Abständen (z.B. alle 3 Monate) in Anwesenheit von HRM-Vertretern

diskutiert werden. Dabei könnte auch festgelegt werden, ob bei den fest im Tool verankerten

Angeboten und Erwartungen eine Änderung nötig ist.

Es müsste klar deklariert werden, wozu die Daten verwendet werden, ob sie z.B. zum

Zweck der Selbstbindung der Mitarbeitenden bzw. des Unternehmens veröffentlicht werden

(vgl. Ulrich et al., 1999) oder in Analysen durch bestimmte interne Stellen einfliessen. Zu-

sätzlich müsste definiert werden, wer welchen Zugriff auf das Online-Tool erhält. Es ist

denkbar, dass nur für HRM-Vertreter, die das Tool verwalten, die Namen der betreffenden

Mitarbeitenden ersichtlich sind. Eine Alternative dazu wäre, dass die Mitarbeitenden selber

entscheiden können, welche Angaben sie anonym geben wollen (dies empfiehlt sich insbe-

sondere bei heiklen Themen, wo evtl. die Geschäftsleitung anderer Meinung ist) und welche

Angaben für alle Beteiligten ersichtlich sein sollen.

4.4.2. Anwendung in verschiedenen HR-Bereichen

Neben der Diskussion von Vertretern der beteiligten Parteien (Geschäftsleitung, Führungs-

kräfte, Mitarbeitende) bezüglich Anpassung der im Online-Tool verankerten Angebote und

Erwartungen, sollten die Informationen im Tool auch in die verschiedenen HR-Bereiche ein-

fliessen. Bei der Rekrutierung, wo noch keine Informationen bezüglich Angeboten und Er-

wartungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, sollte mit deren

Page 45: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

39

Gewinnung begonnen werden bzw. sollten dort die psychologischen Verträge bereits aktiv

gemanagt werden. Nachfolgend werden diesbezüglich Empfehlungen gegeben.

Rekrutierung

Da psychologische Verträge oft schon während des Rekrutierungsprozesses entstehen (vgl.

z.B. Robinson & Morrison, 2000; Rousseau, 1990, zit. nach Millward & Brewerton, 2000) ist

es von grosser Bedeutung, dass Erwartungen und Angebote generell, und auch bezüglich

ethischen Verhaltens, schon in dieser Phase thematisiert werden. Aus ethischer Sicht spielen

„realistic job previews“ (z.B. Wanous, Poland, Premack & Davis, 1992, zit. nach Guest &

Conway, 2002) eine wichtige Rolle. Demnach sollen Unternehmen klar kommunizieren, was

die Bewerber erwarten können (z.B. bezüglich Karrieremöglichkeiten und Weiterbildung)

und keine falschen Versprechen machen. Letzteres würde die Gefahr erhöhen, dass Vertrags-

bruch wahrgenommen wird, weil das Unternehmen bei den Mitarbeitenden Erwartungen ge-

weckt hat, welches es nicht erfüllen kann. Das Unternehmen hat zudem bereits während der

Rekrutierungsphase die Gelegenheit, seine Erwartungen an die Bewerber bezüglich ethischen

Verhaltens klar zu formulieren und zu überprüfen, ob diese bereit sind, diese Erwartungen zu

erfüllen. Bei der Einstellung von Bewerbern empfiehlt es sich, Angebote und Erwartungen

bereits im Online-Tool zu erfassen und so den psychologischen Vertrag explizit zu machen.

Personalentwicklung

Die Informationen aus dem Online-Tool über Erwartungen und Angebote zeigen auf, wo ein

allfälliger Entwicklungsbedarf bei den Mitarbeitenden besteht. Ein spezielles Augenmerk

sollte dabei auf die Erwartungen des Unternehmens bezüglich ethischem Verhalten, welches

es als Pflicht bzw. als Grundlage für den Geschäftserfolg erachtet („geschlossene“ Ethikthe-

men; vgl. Kapitel 3.2.2), gerichtet werden. Es könnte sein, dass Mitarbeitende ein bestimmtes

Verhalten gerne zeigen möchten, dass ihnen dazu aber das Wissen - das Know-how - fehlt.

Die Diskussionplattform bietet die Möglichkeit, Gründe für die Nicht-Erfüllung von unter-

nehmensseitigen Erwartungen zu ermitteln und hier allenfalls mit geeigneten Entwicklungs-

massnahmen anzusetzen.

Page 46: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

40

Leistungsbeurteilung und -vergütung

Ethisches Verhalten sollte beurteilt und belohnt werden, z.B. im Rahmen eines „Ethik-

Bonus“8. Erwartungen und Angebote aus dem psychologischen Vertrag bieten hierzu eine

Beurteilungsgrundlage. Mit Hilfe der Informationen aus dem Online-Tool kann das Unter-

nehmen einige Ansatzpunkte bzw. Verhaltensindikatoren definieren, aufgrund derer integeres

Verhalten bei den Mitarbeitenden beurteilt werden kann.

Es sollte aber sichergestellt werden, dass grundsätzliche Verhaltensweisen beurteilt und

vergütet werden („geschlossene“ Ethikthemen, vgl. Kapitel 3.2.2), und nicht umstrittene

Themen („offene“ Ethikthemen; vgl. Kapitel 3.2.2), über die ja auch diskutiert werden soll.

Demnach soll für jeden Mitarbeitenden transparent sein, wie er den Ethik-Bonus erhalten

kann. Ansonsten könnte die Gefahr bestehen, dass Mitarbeitende nicht mehr offen über ihre

Angebote im Bereich Ethik kommunizieren, sondern sich möglichst „unternehmenskonform“

verhalten, damit sie den Ethik-Bonus erhalten. Der „Ethik-Bonus“ könnte auch immateriell

entrichtet werden, z.B. auch durch das Gewähren dreier zusätzlicher Ferientage oder eine

Städtereise. Es ist auch denkbar, die Mitarbeitenden im Sinne eines Cafeteria-Systems ihre

Ethik-Prämie selbst wählen zu lassen.

Freisetzung von Personal

Bei der Freisetzung von Personal, dem wohl heikelsten HRM-Thema, spielen Angebote und

Erwartungen, insbesondere bezüglich Verhalten des Unternehmens im Entlassungsprozess,

eine zentrale Rolle. Hier können wiederum Informationen aus dem Online-Tool dazu dienen,

die Bedürfnisse von Mitarbeitenden bezüglich Entlassungsprozess zu ermitteln und diese,

falls möglich, zu berücksichtigen.

8 Es wird empfohlen, eine allfällige Vergütung ethischen Verhaltens als Bonus- und nicht als Malus-System zu

konzipieren. Es sollten demnach Anreize und nicht Abreize (vgl. dazu Thielemann, 2005) gesetzt werden.

Page 47: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

41

5. Diskussion

5.1. Beantwortung der Kernfragen

1) Wie trägt das Management der psychologischen Verträge zwischen Arbeitgeber und

Arbeitnehmer zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen bei?

Der Beitrag des Managements psychologischer Verträge an die Institutionalisierung von

Ethik in Unternehmen besteht darin, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer gezielt über gegen-

seitige Erwartungen und Angebote kommunizieren. Die Besonderheit des psychologischen

Vertrages, dass Erwartungen der einen Partei Angeboten der anderen Partei und umgekehrt

gegenüberstehen, birgt eine grosse Chance für die Umsetzung von Ethik in Unternehmen. So

erhalten Mitarbeitende das von Unternehmensethikern so oft geforderte Mitspracherecht; es

wird in Betracht gezogen, dass sie bezüglich der Wichtigkeit integeren Verhaltens eine andere

Sichtweise haben können, und die eigene Meinung wird ihnen zugestanden (vgl. Wittmann,

1997). Zugleich definiert das Unternehmen, welche Ethikthemen „geschlossen“ sind, d.h.

hier handelt es sich um verbindliche ethische Richtlinien, an welche sich Mitarbeitende halten

müssen. Bei den „offenen“ Themen können Mitarbeitende hingegen ihre Meinung einbringen

und je nachdem selber entscheiden, welche Verhaltensweisen sie für sinnvoll und der Situati-

on angemessen halten.

Die Unterscheidung der beiden Sichtweisen „Verantwortung gegen innen“ und „Ver-

antwortung gegen aussen“ ermöglicht es dem Unternehmen zudem, eine gewisse Struktur in

das Management der psychologischen Verträge zu bringen. Es ist von grosser Bedeutung,

dass das Unternehmen die Rolle der Mitarbeitenden in beiden Sichtweisen - in der ersten

Sichtweise sind sie die Adressaten sozialer Verantwortung, in der zweiten Sichtweise unter-

stützen sie als Agenten des Unternehmens dieses in der Wahrnehmung sozialer Verantwor-

tung gegenüber externen Stakeholdern - anerkennt und sich derer bewusst ist.

Bezüglich der Verantwortung „gegen innen“ gilt es zunächst, die Bedürfnisse bzw. Er-

wartungen der Mitarbeitenden zu ermitteln und diese mit den Angeboten des Unternehmens

zu vergleichen. Daneben stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen gegenüber seinen Mitar-

beitenden, bezogen auf deren psychologische Verträge, konkret soziale Verantwortung über-

nehmen kann. Gemäss Van Buren III (2000) sind psychologische Verträge für ein

Unternehmen nicht in jedem Fall verbindlich. Haben Mitarbeitende nach Einschätzung einer

Page 48: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

42

neutralen, aussenstehenden Beurteilungsinstanz unvernünftige Erwartungen oder ist ein Un-

ternehmen z.B. aufgrund verschärftem Wettbewerb gezwungen, Mitarbeitende zu entlassen,

wären laut Van Buren III die psychologischen Verträge zwischen Arbeitgeber und Arbeit-

nehmer nicht verbindlich. Somit würde die soziale Verantwortung des Unternehmens redu-

ziert. Psychologische Verträge sollten zudem nach Möglichkeit fair sein.

2) Wie kann das Management psychologischer Verträge konkret als HRM-Instrument

zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen konzipiert werden?

Bezüglich Konzeption als HRM-Instrument wurde die Einführung eines Online-Tools vorge-

schlagen. Das Online-Tool wird vom HRM verwaltet und bietet Geschäftsleitung, Führungs-

kräften und Mitarbeitenden eine Plattform, um sich über ihre Erwartungen und Angebote

auszutauschen. Der Vorteil des Tools besteht darin, dass laufend neue Informationen einge-

tragen werden können, und somit ein eigentlicher Dialog zwischen den Parteien stattfinden

kann.

Bezüglich „Verantwortung gegen innen“ kann ermittelt werden, ob das Unternehmen

seinen Mitarbeitenden die richtigen Angebote im richtigen Ausmass macht, oder ob hierbei

allenfalls eine Anpassung notwendig ist (z.B. Identifikation von neuen Erwartungen seitens

der Mitarbeitenden und nicht mehr relevanten Angeboten des Unternehmens). Bei der „Ver-

antwortung gegen aussen“ können Erwartungen bezüglich ethischen Verhaltens mit Angebo-

ten diesbezüglich verglichen und ein allfälliger Handlungsbedarf (z.B. Vermittlung des

nötigen Know-how als Entwicklungsmassnahme) kann ermittelt werden.

Das Online-Tool bzw. die Informationen zu Angeboten und Erwartungen können in

den verschiedenen HR-Bereichen (Rekrutierung, Personalentwicklung usw.) genutzt werden,

wobei darauf geachtet werden muss, für welche Personen bzw. Stellen im Unternehmen die

Namen der betreffenden Mitarbeitenden bekannt sind. Zudem können die involvierten Partei-

en regelmässigen Zeitabständen (z.B. alle 3 Monate) über den psychologischen Vertrag und

die Verantwortung „gegen innen“ und „gegen aussen diskutieren. Diese Diskussion könnte

durch das HRM moderiert werden, und gleichzeitig sollten HRM-Vertreter auch ihre Sicht-

weise einbringen können. Dies würde sich gerade bei Aspekten bezüglich gegenseitiger Er-

wartungen und Angebote, derer sich die involvierten Parteien nicht oder zu wenig bewusst

sind, anbieten.

Page 49: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

43

5.2. Zusammenfassung

Basierend auf theoretischen Überlegungen wurde in der vorliegenden Arbeit das Konzept des

psychologischen Vertrages aus einer unternehmensethischen Perspektive betrachtet. Dabei

wurden zwei Sichtweisen („Verantwortung gegen innen“ und „Verantwortung gegen aussen“)

dargestellt und für beide untersucht, wie das Management der psychologischen Verträge, ver-

standen als HRM-Instrument, zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen beitragen

kann.

Bezüglich Verantwortung eines Unternehmens „gegen innen“ wurden die Pflichten des

Unternehmens und die Wahrnehmung sozialer Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeiten-

den thematisiert. Da die Erwartungen und Bedürfnisse von Mitarbeitenden sehr vielfältig sein

können, ist es wichtig, dass sich ein Unternehmen laufend darüber informiert. Das Manage-

ment der psychologischen Verträge bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, sich verän-

dernde Angebote und Erwartungen, gerade auch im Zusammenhang mit der grundlegenden

Veränderung hin zu „neuen Deals“, gezielt zu thematisieren und mit den Mitarbeitenden dar-

über zu kommunizieren (z.B. darüber, weshalb keine Arbeitsplatzsicherheit mehr geboten

werden kann). Dies ist vor allem auch deshalb von Bedeutung, da es sich beim psychologi-

schen Vertrag um ein Konstrukt handelt, das grundsätzlich in den Köpfen der Mitarbeitenden

entsteht bzw. besteht und sich auch dann verändert und weiterentwickelt, wenn es nicht ge-

zielt gemanagt wird.

Wie ein Unternehmen soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden überneh-

men kann, wurde aufgrund von zwei Kriterien der Verbindlichkeit („reasonable third party

standard“ und „resource munificience“; Van Buren III, 2000) und drei Aspekten der Fairness

(distributive, prozedurale und interaktionale Fairness; Cropanzano & Randall, 1992, zit. nach

Raeder, 2007b) zu beantworten versucht.

Bei der Verantwortung eines Unternehmens „gegen aussen“, d.h. gegenüber den exter-

nen Stakeholdern, wurde aufgezeigt, dass das aktive Management des psychologischen Ver-

trages das Potenzial hat, die Lücke zwischen dem vertraglich vereinbarten Verhalten und dem

wünschenswerten zusätzlichen integeren Verhalten der Mitarbeitenden zu schliessen. Konkret

wurde in Anlehnung an Sims (1991) vorgeschlagen, eine eigentliche Ethikkomponente in den

psychologischen Vertrag zu integrieren. Den Erwartungen des Unternehmens bezüglich ethi-

schen Verhaltens können die Angebote der Mitarbeitenden gegenüber gestellt werden. So

wird ersichtlich, in welchen Bereichen Erwartungen und Angebote voneinander abweichen,

und im Dialog kann auf die Suche nach dem Grund für diese Abweichung gegangen werden.

Page 50: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

44

Ein Unternehmen hat im Rahmen der Ethikkomponente im psychologischen Vertrag die

Möglichkeit, das erwünschte Verhalten von Mitarbeitenden nach Stakeholdern zu strukturie-

ren. Es können aber auch ganz generelle Erwartungen in die Ethikkomponente mit einge-

schlossen werden, z.B. die Einhaltung des Ethikkodex, falls das Unternehmen einen solchen

in Kraft gesetzt hat. Mittels Management des psychologischen Vertrages kann sehr detailliert

über die einzelnen Bestandteile des Ethikkodex kommuniziert und über allfällige Abwei-

chungen zwischen Erwartungen und Angeboten diskutiert werden.

Es konnte nur auf eine Möglichkeit, wie das Management psychologischer Verträge als

HRM-Instrument zur Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen konzipiert werden kann,

eingegangen werden. Es wurde vorgeschlagen, ein Online-Tool einzuführen, welches eine

Austauschplattform für die Geschäftsleitung, Führungskräfte und Mitarbeitende bietet. Dabei

könnten alle Parteien laufend über ihre Erwartungen und Angebote, insbesondere auch im Be-

reich Ethik, diskutieren. Die Struktur „Verantwortung gegen innen“ und „Verantwortung ge-

gen aussen“ sollte beibehalten werden. Dieses Online-Tool würde vom HRM verwaltet und

es müsste geregelt werden, wer Zugriff darauf erhält, damit gegebenenfalls Anonymität ge-

währleistet wird wenn die Daten aus dem Tool in die verschiedenen HR-Bereiche einfliessen

oder als Diskussionsgrundlage in der Geschäftsleitung verwendet werden. Anschliessend

wurde die Anwendung des Managements psychologischer Verträge bzw. der Information zu

Angeboten und Erwartungen aus dem Online-Tool in den verschiedenen HR-Bereichen (Rek-

rutierung, Personalentwicklung usw.) thematisiert.

Page 51: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

45

5.3. Kritische Würdigung und Ausblick

Ethisches Engagement von Unternehmen umfasst viele Aspekte. Wie oben dargestellt kann

das explizite Management psychologischer Verträge bzw. der Austausch eines Unternehmens

mit seinen Mitarbeitenden bezüglich der Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen be-

reits wertvolle Beiträge leisten. Es ist aber nur ein Puzzleteil von vielen.

Die Drei-Ebenen-Betrachtung (Makro-, Meso-, Mikroebene) in Kapitel 3.1 hat aufge-

zeigt, dass auf allen Ebenen verantwortungsvoll gehandelt werden muss, und dass sich diese

drei Ebenen aber auch wechselseitig beeinflussen. Je mehr Unternehmen (auf der Mesoebene)

bereit sind, soziale Verantwortung zu übernehmen, desto höher ist das ethische Bewusstsein

und Engagement auf der Makroebene bzw. auf Ebene der wirtschaftlichen Rahmenordnung.

Gleichzeitig müssen auf der Makroebene die Bedingungen geschaffen werden, die es Unter-

nehmen ermöglichen, sich sozial zu engagieren, ohne dass ihnen dabei Nachteile gegenüber

ihren Konkurrenten erwachsen. Deshalb braucht es zwingend auch überbetriebliche Regelun-

gen, „Spielregeln“ eben, wie Homann und Blome-Drees (1992, zit. nach Löhr, 2004) diese

nennen.

Ethisches Engagement von Unternehmen sendet aber auch „gegen unten“ Signale (Mik-

roebene). Gerade jüngeren, gut qualifizierten Mitarbeitenden ist es wichtig, dass ihr zukünfti-

ger Arbeitgeber auch soziale Verantwortung übernimmt (vgl. Cone Millenial Cause Study

2006, zit. nach Köhler, 2007). Dieses Wissen sollte in das University Marketing und in die

Gewinnung und Retention von High Potentials einfliessen. Bereits in der Phase der Rekrutie-

rung von High Potentials sollte ein gezielter Dialog über Erwartungen und Angebote geführt

werden. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass das soziale Engagement von Unter-

nehmen nicht zu einer reinen Marketingmassnahme wird, sondern wirklich ernst gemeint und

Teil der Unternehmenskultur ist.

Bezüglich Stakeholderdialog wurde nur ein Ausschnitt aufgegriffen, nämlich der Dialog

mit den Mitarbeitenden. Ein Unternehmen sollte aber einen breiten Dialog mit möglichst al-

len Stakeholdern führen. Deshalb würde es sich anbieten, im beschriebenen Online-Tool auch

externe Stakeholder mitdiskutieren zu lassen. Dies allerdings nur im Bereich „Verantwortung

gegen aussen“, und allenfalls nur bei denjenigen Belangen, die sie auch wirklich betreffen.

Auch hier müsste die Möglichkeit bestehen, dass externe Stakeholder neue Aspekte mit ein-

bringen können, im Sinne von Erwartungen an das Unternehmen, aber auch Angebote bzw.

Beiträge, die sie für das Unternehmen erbringen, deren sich dieses noch nicht bewusst ist.

Page 52: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

46

Der Stakeholderdialog müsste bezüglich der „Verantwortung gegen aussen“ aber nicht

nur verbreitert (Einbezug externer Stakeholder), sondern auch vertieft (Erweiterung der Inhal-

te) werden. So unterliegen Mitarbeitende gemäss Ulrich et al. (1999) einem Konflikt zwischen

integerem Handeln und dem Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele. Über diesen

Konflikt sollte gegebenenfalls auch diskutiert werden. So könnten das Unternehmen und sei-

ne Mitarbeitenden gemeinsam im Dialog den Spielraum festlegen, innerhalb dessen Mitarbei-

tende die Freiheit haben, ethisch zu handeln, ganz im Sinne der „schliessenden“ (Leitplanken

festlegen) und der „öffnenden“ Funktion (Freiheit zum ethischen Handeln) von Ethikmass-

nahmen (vgl. Ulrich et al. 1999; vgl. Kapitel 3.2.2) sowie des Compliance- und Integrity-

Ansatzes von Paine (1994; vgl. Kapitel 3.2.1).

Bezüglich des Managements der psychologischen Verträge durch das HRM stellt sich

die Frage, ob das HRM die nötige Unabhängigkeit besitzt, um diese Aufgabe zu übernehmen.

In der Studie „Der Personalchef von heute“ des VSKP (Verein Schweizerische Kurse für Per-

sonalmanagement) wurden interne Stakeholder (Mitarbeitende, Führungskräfte, Geschäftslei-

tung, Betriebskommission) befragt, welche Interessen das HRM ihrer Meinung nach vertritt

(vgl. SGP, 1984, zit. nach Wittmann, 1997). Dabei wich das Selbstbild der obersten HR-

Verantwortlichen beträchtlich vom Fremdbild, d.h. von den Einschätzungen der internen Sta-

keholder, ab. Während von den Mitarbeitenden nur 17% angaben, dass das HRM als Vermitt-

ler zwischen den Standpunkten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer agiert, waren es bei den

HR-Verantwortlichen rund 43%, die sich vor allem in dieser Rolle sehen. Beim Ist-Soll-

Vergleich gab es zwischen den 43% der Befragten, die sich tatsächlich vorwiegend als Ver-

mittler wahrnahmen, gegenüber 59%, die in ihrer Wahrnehmung Vermittler sein sollten (vgl.

SGP, 1984, zit. nach Wittmann, 1997), wiederum eine Diskrepanz. Dies impliziert, dass sich

das HRM in einem „Person-Rollen-Konflikt“ befindet (Katz & Kahn, 1978, zit. nach Witt-

mann, 1997), da HR-Verantwortliche glauben, ihr Handeln hauptsächlich nach den Erwartun-

gen der Geschäftsleitung ausrichten zu müssen. Demzufolge wäre es allenfalls sinnvoll,

bezüglich Management der psychologischen Verträge eine externe (Kontroll-) Stelle beizu-

ziehen. So könnte z.B. eine externe Consultingfirma den Prozess des Managements der psy-

chologischen Verträge und deren Inhalte regelmässig prüfen. Eine Alternative wäre, dass die

Geschäftsleitung dem HRM (evtl. schriftlich) zusichert, ihm bezüglich Management der psy-

chologischen Verträge die Vermittler-Rolle wirklich zuzugestehen und lediglich bestimmte

Rahmenbedingungen vorgibt.

Das explizite Management der psychologischen Verträge birgt gewisse Risiken (vgl.

Conway & Briner, 2005). Wird explizit über Erwartungen und Angebote im psychologischen

Page 53: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

47

Vertrag kommuniziert, wird dieser verbindlicher und einem juristischen Vertrag ähnlich. Es

sind gravierende Folgen zu erwarten, wenn Angebote seitens des Unternehmens nicht erfol-

gen. Andererseits wird der psychologische Vertrag nicht nur für das Unternehmen verbindli-

cher, sondern auch für die Mitarbeitenden. Dies stellt wiederum einen Vorteil für das

Unternehmen dar.

Welchen Beitrag an die Institutionalisierung von Ethik in Unternehmen das Manage-

ment psychologischer Verträge tatsächlich liefert, müsste anhand eines Business Case eruiert

werden. Wie Raeder und Grote (2001) und auch Guest und Conway (2002) feststellten, ma-

nagen noch nicht besonders viele Unternehmen die psychologischen Verträge ihrer Mitarbei-

tenden explizit. Am effektivsten wäre eine Langzeitstudie mit ex ante und ex post Messungen

bezüglich Einführung des Managements psychologischer Verträge. Empfehlenswert wäre,

wie in der vorliegenden Arbeit vorgeschlagen, die Einführung eines Online-Tools, welches

den verschiedenen Parteien (Mitarbeitende, Führungskräfte, Geschäftsleitung) als Kommuni-

kationsplattform dient. Somit bestünden schon schriftliche, für die Studie verwendbare Daten.

Zusätzlich gemessen werden könnten beispielsweise das ethische Klima im untersuchten Un-

ternehmen, die Motivation und Arbeitszufriedenheit, das Engagement und der Stolz, für das

betreffende Unternehmen zu arbeiten und die Leistung der Mitarbeitenden. Neben den Mitar-

beitenden könnten auch die Stakeholder in die Untersuchung mit eingeschlossen werden. Sie

könnten Auskunft darüber geben, wie ethisch sich die Mitarbeitenden ihnen gegenüber ver-

halten, ob sie gerne mit dem betreffenden Unternehmen zusammenarbeiten usw. Es empfiehlt

sich, die Fragen wiederum in Verantwortung „gegen innen“ und „gegen aussen“ einzuteilen

und beide Bereiche zu untersuchen. Interessant wäre auch, den erwähnten Zusammenhang

zwischen der Verantwortung „gegen innen“ und der Bereitschaft der Mitarbeitenden, ihrer-

seits als Agenten des Unternehmens zur „Verantwortung gegen aussen“ beizutragen, zu un-

tersuchen. Ganz im Sinne von: „Wem Gutes getan wird, der tut selber auch Gutes“.

Page 54: Das Management psychologischer Verträge als HRM-Instrument zur

48

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